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Baugenehmigung für Aufstockung einer Doppelhaushälfte

Oberverwaltungsgericht NRW, Az.: 7 A 1830/16, Beschluss vom 03.08.2017

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

G r ü n d e:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Baugenehmigung für Aufstockung einer Doppelhaushälfte
Symbolfoto:Minerva Studio/Bigstock

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Baugenehmigung vom 4.12.2013 sei nicht zulasten der Kläger nachbarrechtswidrig. Eine unzulässige Veränderung eines Doppelhauses sei nicht gegeben. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei unter diesem Gesichtspunkt bereits deshalb ausgeschlossen, weil für das Grundstück eine offene Bauweise nicht vorgegeben sei. Mangels eines Bebauungsplans richte sich die Bauweise nach § 34 Abs. 1 BauGB. Die für die Grundstücke der Kläger und der Beigeladenen maßgebliche Umgebung sei nicht allein durch offene Bauweise geprägt. Auch im Übrigen sei ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht erkennbar, das gelte insbesondere unter dem Aspekt der befürchteten Verschattung, da eine solche allein im Bereich der aufgemauerten Außenwände im ersten Obergeschoss entstehe und den Klägern zumutbar sei. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 BauO NRW liege nicht vor, da gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 b) BauO NRW auf die Grundstücksgrenze gebaut werden dürfe. Eine nachbarrechtsrelevante Unbestimmtheit sei auch nicht mit Blick auf die Giebelwand festzustellen.

Das dagegen gerichtete Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Urteilsrichtigkeit (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Soweit die Kläger eine unzumutbare Verschattung durch das Vorhaben der Beigeladenen beklagen (vgl. Abschnitt II. 2.1.1 der Antragsbegründung), wird dadurch die gegenteilige erstinstanzliche Würdigung nicht erschüttert. Eine entsprechende Verschattung muss in einem bebauten innerstädtischen Bereich grundsätzlich hingenommen werden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.10.2015 – 7 B 1031/15 -, juris.

Ebenso wenig ergibt sich aus den Ausführungen der Kläger der von ihnen bemängelte Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot unter dem Aspekt des Brandschutzes (vgl. Abschnitt II. 2.1.2 der Antragsbegründung); sie meinen, es liege ein hier zu berücksichtigender offensichtlicher Verstoß gegen Anforderungen des Brandschutzes vor, weil sich aus der Genehmigung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergebe, dass die gemeinsame Nachbarwand als Brandwand ausgeführt werde und weil auch nicht sichergestellt sei, dass die Außenbekleidungen den Anforderungen der Zeile 5 der Tabelle in § 29 Abs. 1 BauO NRW genügten. Dass eine von den maßgeblichen Anforderungen in Bezug auf den Brandschutz für Gebäude geringer Höhe abweichende Ausführung des Vorhabens durch die angefochtene Genehmigung zugelassen wird, erscheint indes keineswegs offensichtlich; das ergibt sich – mangels entgegen stehender Anhaltspunkte im Bauschein und den in Bezug genommenen Bauvorlagen – schon aus der vorliegenden Entwurfsverfassererklärung gemäß § 68 Abs. 6 BauO NRW. Aus dem von den Klägern angesprochenen Berufungsverfahren des OVG NRW – 10 A 1797/15 – lässt sich nichts für eine andere Beurteilung entnehmen. Im Übrigen betraf dieses Verfahren auch kein Gebäude geringer Höhe (vgl. Spalte 2 bzw. 3 der Tabelle zu § 29 Abs. 1 BauO NRW), sondern ein anderes Gebäude, für das die genannte Tabelle in Spalte 4 Zeile 5 – anders als bei Gebäuden geringer Höhe – uneingeschränkt eine Brandwand (vgl. dazu § 33 BauO NRW) fordert.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 24.5.2017 – 10 A 1797/15 -, juris.

Soweit die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht habe die nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB unzutreffend abgegrenzt (vgl. Abschnitt II. 2.1.3 der Antragsbegründung), maßgeblich sei die Abgrenzung nach der eingereichten Anlage 5 (Ausdruck aus dem Geodatenportal mit der handschriftlichen Kennzeichnung Anlage 5), fehlt es schon an der Darlegung der Entscheidungsrelevanz des damit behaupteten Mangels; das Verwaltungsgericht hat in einer selbständig tragenden Begründung auf die Abgrenzung der Umgebung nach der von den Klägern mit Schriftsatz vom 23.12.2015 eingereichten Abgrenzung (Ausdruck aus dem Geodatenportal mit der handschriftlichen Kennzeichnung Anlage 2) abgestellt, die fast vollständig mit der genannten Anlage 5 übereinstimmt; soweit die Kläger mit der im Zulassungsverfahren präsentierten Anlage 5 ihre eigene erstinstanzliche Abgrenzung im nördlichen Bereich bzw. im östlichen Bereich (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz vom 23.12.2015) um die Gebäude M bzw. C erweitern, ist weder dargetan noch ersichtlich, dass dies mit Blick auf die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts von entscheidungserheblicher Bedeutung wäre.

Die Kläger rügen ebenso ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe die nähere Umgebung hinsichtlich der Bauweise unzutreffend bewertet (vgl. Abschnitt II. 2.1.4 der Antragsbegründung), sie sei tatsächlich durch offene Bauweise geprägt.

  1. Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang tragend ausgeführt, auch innerhalb der maßgeblichen Umgebung des Vorhabengrundgrundstücks, wie sie die Kläger mit der Karte Anlage 2 zum Schriftsatz vom 23.12.2015 beschrieben hätten, sei weder offene noch geschlossene Bebauung prägend, dort befänden sich viele prägende bauliche Anlagen, namentlich die Häuser M. Weg…………….., die nicht in offener Bauweise errichtet seien, weil sie nicht mehr Doppelhäuser bzw. ohne ausreichenden seitlichen Grenzabstand errichtet seien.
  1. die Kläger in Bezug auf die Häuser M (gemeint ist offenbar das Gebäude auf dem Grundstück M. , das südlich an das Grundstück M angrenzt – ein Grundstück mit der Bezeichnung M. Weg findet sich auf den vorgelegten Karten nicht) rügen, diese seien zu Unrecht in die Betrachtung einbezogen worden (vgl. S. 19 der Antragsbegründung), mangelt es an einer hinreichenden Darlegung schon deshalb, weil diese auch nach der von den Klägern im Zulassungsverfahren vorgelegten Anlage 5 innerhalb der von ihnen für maßgeblich erachteten Umgebung gelegen sind.
  2. Bewertung des Verwaltungsgerichts, die Häuser M. seien keine Doppelhäuser im Rechtssinne mehr, wird durch das Zulassungsvorbringen nicht erschüttert. Es fehlt nach Maßgabe der den Klägern bekannten Grundsätze der „Doppelhausrechtsprechung“,

vgl. BVerwG, Urteil vom 5.12.2013 – 4 C 5.12 -, BRS 81 Nr. 108 = BauR 2014, 658, sowie Urteil vom 19.3.2015 – 4 C 12.14 -, BRS 83 Nr. 114 = BauR 2015, 1309,

an der erforderlichen Darlegung, weshalb es sich ungeachtet der vom Verwaltungsgericht näher beschriebenen Abweichungen der jeweiligen Gebäudekörper (vgl. Seite 9, zweiter Absatz bzw. dritter Absatz) noch um Doppelhäuser im Sinne dieser Grundsätze handeln soll.

Soweit die Kläger die Situation des Hauses M bewerten (vgl. S. 20 f. der Antragsbegründung), ist dies unerheblich, weil das Verwaltungsgericht darauf nicht abgestellt hat; dies ergibt sich ausdrücklich aus dem entsprechenden Hinweis in der Urteilsbegründung (vgl. Seite 10 dritter Absatz des Urteils).

Soweit sie den rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichts kritisieren und behaupten, für eine offene Bauweise reiche es aus, dass überhaupt ein seitlicher Grenzabstand eingehalten werde, es komme nicht darauf an, welcher Abstand eingehalten werde (vgl. S. 21 der Antragsbegründung), trifft dies nicht zu.

Vgl. Schilder, in Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, Kommentar, 1. Auflage 2014, § 22, Rn. 16 m. w. N.

Dass die genannten Häuser entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts einen solchen nach dem Bauordnungsrecht ausreichenden seitlichen Abstand aufweisen, ist nicht hinreichend aufgezeigt.

Soweit die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht habe das Vorhandensein mehrerer Hausgruppen übersehen (M —— und ——) und maßgebliche Bebauung am E.——— bzw. der C.———– nicht einbezogen (vgl. S. 22 der Antragsbegründung), wird auch dadurch die erstinstanzliche Begründung nicht erschüttert. Dass – abgesehen von den ausdrücklich behandelten sechs Gebäudekomplexen – offene Bauweise in der Umgebung nach Maßgabe der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 23.12.2015 vorhanden ist und quantitativ überwiegt, hat das Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellt, das schließt auch die von den Klägern bezeichneten zwei Hausgruppen und die Häuser am ein. Dass sich mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht nicht betrachteten Häuser C… hier eine andere Beurteilung ergäbe, ist nicht hinreichend aufgezeigt.

Sind mithin nach den nicht hinreichend erschütterten Feststellungen des Verwaltungsgerichts in dem von den Klägern für maßgeblich erachteten engeren Bereich der Umgebung sechs prägende Gebäudekomplexe in abweichender Bauweise vorhanden, ist die planungsrechtliche Zulässigkeit des genehmigten Vorhabens der Beigeladenen unter dem Aspekt der Bauweise nicht zweifelhaft und mithin auch der Anwendungsbereich der „Doppelhausrechtsprechung“ nicht eröffnet. In einem unbeplanten Gebiet mit teils offener, teils geschlossener Bebauung sind regelmäßig beide Bauweisen planungsrechtlich zulässig, daran ändert sich nichts, wenn die eine Bauweise zahlenmäßig überwiegt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.3.1994 – 4 B 53.94 -, BRS 56 Nr. 65 = BauR 1994, 494.

Entsprechendes gilt in einer gegebenen Gemengelage aus offener und abweichender Bauweise; in einem bei quantitativer Betrachtung überwiegend in offener Bauweise bebauten Bereich fügt sich eine abweichende Bebauung ein, wenn dafür – wie hier aus den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gründen – in der maßgeblichen Umgebung (prägende) Vorbilder vorhanden sind, bei denen es sich nicht nur um Fremdkörper handelt.

Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.6.2015 – 4 C 5.14 – (BRS 83 Nr. 74 = BauR 2015, 1958) rügen, die genannten Gebäude müssten außer Betracht bleiben, weil sie nicht maßstabbildend für eine angemessene Fortentwicklung des Gebiets im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien (vgl. Abschnitt II. 2.2 der Antragsbegründung), greift auch diese Rüge nicht durch. Die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betraf die Frage, welche Gebäude überhaupt zu dem Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 BauGB gehören (das wurde für die in Rede stehenden Gewächshäuser verneint), nicht aber die Frage, ob Gebäuden die – wie hier die genannten Gebäude – unstreitig Teil des Bebauungszusammenhangs ist, in Bezug auf einzelne Merkmale des § 34 BauGB prägende Wirkung für die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne des § 34 BauGB zukommt.

Aus den vorstehenden Gründen kommt auch eine Zulassung wegen besonderer Schwierigkeiten der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht in Betracht.

Ebenso wenig ist mit Blick auf die Darlegungen der Kläger eine Zulassung wegen Divergenz (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) gerechtfertigt.

Schließlich haben die Kläger auch die Voraussetzungen für eine Berufungszulassung wegen eines Verfahrensfehlers (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht hinreichend dargelegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die den Beigeladenen im Zulassungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht von ihnen selbst getragen, sondern den Klägern auferlegt werden, denn die Beigeladenen haben im Zulassungsverfahren einen prozessualen Antrag gestellt und sich damit auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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