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Bauvertrag – Ansprüche des Bestellers vor Abnahme

LG Oldenburg, Az.: 5 O 327/09, Urteil vom 25.02.2010

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.409,33 Euro als Vorschuss zur Mängelbeseitigung zu zahlen. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1.650 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.03.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 15% und der Beklagte 85%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf einen Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln an einer von dem Beklagten erbrachten Werkleistung.

Bauvertrag - Ansprüche des Bestellers vor Abnahme
Symbolfoto: 88studio/Bigstock

Die Klägerin beauftragte den Beklagten als Miteigentümerin eines Einfamilienhauses mit der Erstellung einer Granittreppe nebst Geländer sowie mit Lieferung und Einbau einer Granitarbeitsplatte für die Küche. Der Beklagte erteilte zwei Rechnungen über Materialkosten vom 24.09.2008 in Höhe von 3.000 Euro bzw. vom 18.11.2008 in Höhe von 4.075,75 Euro (Anlagen K2, K3). Die Klägerin hat unstreitig die Rechnung über 3.000 Euro bezahlt.

Der Beklagte führte die Arbeiten durch. Eine Abnahme erfolgte nicht. Die Klägerin rügt das Bestehen von Mängeln an den Arbeiten des Beklagten. Bei der Treppenanlage weiche die Steigungshöhe der obersten Stufe von den übrigen Steigungshöhen ab. Die verwendeten Tragbolzenverbindungen entsprächen nicht den anerkannten Regeln der Technik. Gleiches gelte für den Umstand, dass nicht jede Stufe mit einem Wandanker befestigt sei. Bei einer Stufe (12. Stufe) sei eine Riefe unfachmännisch ausgebessert worden. Eine andere Stufe (5. Stufe) sei nicht winkelgerecht eingebaut worden. Das Geländer sei nicht lotgerecht eingebaut gewesen. Die Küchenarbeitsplatte habe ein Gefälle und müsse ausgebaut werden.

Die Klägerin beauftragte den Sachverständigen Hoppe u.a. wegen der vorgenannten Mängel mit der Erstellung eines Gutachtens. Der Sachverständige führte einen Ortstermin in Anwesenheit auch des Beklagten durch und ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass Mängel vorhanden seien, deren Beseitigung einen Aufwand von 9.409,33 Euro erfordere. Wegen der Einzelheiten wird auf das als Anlage K4 vorgelegte Gutachten vom 16.12.2008 (Bl. 13 ff d.A.) Bezug genommen. Für die Erstattung des Gutachtens musste die Klägerin eine Vergütung von 3.235,25 Euro gemäß der als Anlage K5 vorgelegten Rechnung vom 16.12.2008 (Bl. 36) zahlen.

Der Beklagte hat das Treppengeländer wieder demontiert und mitgenommen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.01.2009 setzte die Klägerin dem Beklagten eine „letzte Nachfrist“ zur Mängelbeseitigung bis zum 09.01.2009 (Bl. 41 d.A.). Mit Schreiben vom 27.01.2009 (Bl. 49 d.A.) bot der Beklagte an, das Treppengeländer gegen Zahlung von 4.075,75 Euro wieder einzubauen.

Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung, die Erstattung der Kosten für das Gutachten und für den weiteren Ortstermin gemäß der in Kopie vorgelegten Rechnung des Sachverständigen … vom 14.05.2009 (Bl. 82 d.A.) sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gemäß der als Anlage K6 vorgelegten Rechnung vom 16.01.2009.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.409,33 Euro als Vorschuss zur Mängelbeseitigung zu zahlen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.235,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2008 zu zahlen

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 Euro zu zahlen

4. den Beklagten zu verurteilen, am die Klägerin weitere 505,75 Euro zu zahlen, hilfsweise sie von diesem Betrag aus der Rechnung des Sachverständigen Hoppe vom 14.05.2009 freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die abweichende Steigungshöhe der obersten Stufe beruhe auf einer Anordnung der Klägerin nach dem Einbau von Laminat oberhalb der Treppe. Er meint, die montierte Tragbolzenverbindung entspreche den allgemeinen Zulassungsbestimmungen. Die Nachbesserung der 12. Auftrittstufe sei auf Veranlassung der Klägerin und ordnungsgemäß erfolgt. Der Winkel der 5. Treppenstufe sei fachmännisch ausgeführt. Auch bestreitet der Beklagte, dass die Küchenarbeitsplatte ein Gefälle habe; jedenfalls sei er dafür nicht verantwortlich.

Der Beklagte meint, ihm sei eine Mängelbeseitigung hinsichtlich des Geländers, zu der er grundsätzlich bereit gewesen sei, auch nicht zumutbar gewesen; dazu behauptet er, die Klägerin habe die Bezahlung der Rechnung über 4.075,75 Euro mit dem Hinweis abgelehnt, sie habe kein Geld und werde auch keine Zahlungen mehr leisten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund des Beweisbeschlusses vom 14.05.2009 (Bl. 74 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen …vom 03.11.2009 (Bl. 99 ff d,A,) nebst mündlicher Erläuterung im Termin am 11.02.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

I.

Die Klägerin kann von dem Beklagten nach §§ 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1, 3 BGB die Zahlung eines Kostenvorschusses verlangen. Denn die von ihm erbrachte Werkleistung ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit Mängeln behaftet, für die er einzustehen hat und zu deren Beseitigung die Klägerin Kosten aufzuwenden haben wird, nachdem der Beklagte die ihm zur Nachbesserung gesetzte Frist hat verstreichen lassen. Diese Voraussetzung ist spätestens nach der Nichtwahrnehmung des während dieses Verfahrens vereinbarten weiteren Ortstermins mit dem Sachverständigen Hoppe erfüllt.

Der Anwendung der vorgenannten Vorschriften steht dabei nicht entgegen, dass noch keine Abnahme der Arbeiten (§ 640 BGB) erfolgt ist, denn der Besteller kann auch vor der Abnahme Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend machen (PWW-Leupertz, BGB, 3.Aufl., § 633 Rn 6 mwN).

Aus dem Gutachten des Sachverständigen … ergibt sich, dass die Treppenkonstruktion im gegenwärtigen Zustand nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Er hat plausibel ausgeführt, dass die Konstruktionsart „Tragbolzentreppe“ nach DIN 18069 genormt sei und dass bei der hier gegebenen Zweibolzentreppe die verbauten Tragbolzen der Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung entsprechen. Weiter hat er angegeben, dass nach der einschlägigen DIN allerdings jede Trittstufe an der Unterseite fest mit einem Wandanker zu verbinden sei. Das ist bei der streitgegenständlichen Treppe so nicht umgesetzt worden, wobei daneben die lediglich vorhandenen vier Wandanker nicht den Vorgaben der DIN entsprechend in einer Tiefe von 12 cm eingemörtelt seien, sondern wegen der Dicke der vorhandenen Wand nur in einer Tiefe von 11,5 cm.

Bei der mündlichen Erörterung des Gutachtens hat der Sachverständige ergänzt, dass eine Treppenausführung, bei der nicht jede Stufe mit einem Wandanker versehen ist, grundsätzlich möglich ist, jedoch zum einen eine – hier nicht erfolgte – Einzelzulassung der konkreten Treppe und zum anderen die Verwendung anderer Tragbolzen erfordere. Der Sachverständige hat auch erläutert, dass es für diese Beurteilung nicht auf die Dicke der verwendeten Wandanker ankommt.

Das Gericht teilt auch die Einschätzung, dass die Klägerin den optischen Zustand der Stufe, die wegen der Riefe nachgebessert wurde nicht hinnehmen muss, sondern einen Austausch dieser Stufe verlangen kann.

Der Sachverständige hat weiter ermittelt, dass die Ergänzung der fehlenden Wandanker eine vollständige Demontage der Treppe erfordert und dass hierbei überschlägig Kosten in Höhe von 6.307 Euro brutto anfallen werden, wobei darin der Austausch der optisch fehlerhaften Stufe enthalten ist. Eine genauere Ermittlung ist im Rahmen des § 637 Abs. 3 BGB auch nicht erforderlich, weil die Klägerin den Vorschuss zur Nachbesserung verwenden und darüber abrechnen muss.

Das Gericht folgt den eingehenden und sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen in vollem Umfang. Sie sind fundiert, von Sachkenntnis getragen und überzeugend. Das Gutachten ist sorgfältig ausgeführt, nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet. Der Sachverständige hat sich seine Erkenntnisse vor Ort verschafft. Er hat sich auch überzeugend mit Einwendungen auseinandergesetzt und diese in der Anhörung am 11.02.2010 in vollem Umfang entkräftet. Der Sachverständige verfügt über eine langjährige Berufserfahrung und großes Fachwissen hinsichtlich der hier betroffenen Sachfragen. Seine ergiebigen Ausführungen beantworten die Beweisfragen, gehen von einer zutreffenden Tatsachenbasis und einem richtigen Verständnis der Fragestellungen aus. Die Schlussfolgerungen sind verständlich und für das Gericht in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Die Parteien haben keine überzeugungskräftigen Vorhalte vorbringen können, welche die Feststellungen oder deren Beurteilung in begründete Zweifel ziehen könnten. Unter Würdigung des gesamten Prozessstoffes und unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung ist der Beweis der Mangelhaftigkeit der Treppe mit einem jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Grad von Wahrscheinlichkeit (vgl. BGHZ 53, 245 [246]; BGH, NJW 1993, 935 [937]) geführt.

Aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen … ergibt sich hinsichtlich des Treppengeländers, dass die demontierten Teile zu entsorgen sind, also nicht wiederverwendet werden können, und dass für die ordnungsgemäße Herstellung des Geländers 3.200 Euro netto aufzuwenden sind. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.

Insgesamt ergeben sich damit alleine hinsichtlich der Neumontage der Treppe einschließlich des Austauschs der optisch fehlerhaften Stufe und hinsichtlich des Treppengeländers notwendige Aufwendungen in Höhe von mehr als 9.500 Euro, so dass es im Hinblick auf den Klageantrag zu 1) nicht mehr auf das Bestehen der weiteren gerügten Mängel ankommt.

Dem Beklagten war es auch nicht unzumutbar, hier Mängelbeseitigungsarbeiten durchzuführen. Das Gericht konnte sich nicht die Überzeugung davon verschaffen, dass die Klägerin angekündigt hätte, auch bei Fertigstellung der Arbeiten keine Zahlungen mehr leisten zu wollen. Der Beklagte konnte die Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten nicht von der Bezahlung der Rechnung vom 18.11.2008 abhängig machen. Er ist als Werkunternehmer vorleistungspflichtig (§ 641 BGB); eine davon abweichende Vereinbarung ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die Klägerin das Zahlungsverlangen des Beklagten zurückwies, konnte ihr demnach nicht zum Nachteil gereichen.

II.

Die Klägerin kann daneben nach § 635 Abs. 2 BGB dem Grunde nach auch die Kosten geltend machen, die ihr durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen …entstanden sind. Denn zu den Kosten, die der Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift zu tragen hat, gehören auch Aufwendungen des Bestellers zur Vorbereitung der Nacherfüllung. Dies schließt die Kosten für einen Sachverständigen ein, der Mangelursachen untersucht und eine Lösung für die Nachbesserung erarbeitet (PWW-Leupertz aaO § 635 Rn 5 mN).

Allerdings bezieht sich das Gutachten auch auf Mängel an dem der Klägerin (mit)gehörenden Einfamilienhaus, die mit dem Gewerk des Beklagten nichts zu tun haben und nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen. Es ist deshalb nicht der volle Betrag aus der Rechnung vom 16.12.2008 erstattungsfähig.

Da die Klägerin nicht spezifiziert hat, in welchem Umfang sich die abgerechnete gutachterliche Tätigkeit auf die Mängel an der Treppe und die Küchenarbeitsplatte bezieht, kann insoweit nur eine Schätzung erfolgen (§ 287 ZPO). Unter Berücksichtigung der ebenfalls ersatzfähigen Kosten für die weiteren Ortstermine gemäß Rechnung des Sachverständigen vom 14.05.2009 über 505,75 Euro schätzt das Gericht den erstattungsfähigen Aufwand auf insgesamt 1.650 Euro.

III.

Die geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten sind nicht erstattungsfähig, weil nicht hinreichend erkennbar ist, ob sich der Beklagte im Zeitpunkt der mit der Gebührenrechnung vom 18.12.2008 (Anlage K6) abgerechneten Tätigkeit bereits in Verzug befand.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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