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Vollständige Fertigstellung ist Abnahmereife

Ein neues Eigenheim – der Traum vieler, doch was, wenn bei der Übergabe noch Mängel bestehen und die letzte Rate fällig wird? Gerade bei Bauträger-Wohnungen stellt sich oft die Frage: Muss wirklich alles perfekt sein, damit die Schlusszahlung fließt? Ein aufsehenerregendes Urteil des Kammergerichts Berlin klärt nun, wann ein Bauwerk als „vollständig fertiggestellt“ gilt und welche Rechte Käufern bei kleineren Schönheitsfehlern bleiben.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 44/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: KG
  • Datum: 27.05.2025
  • Aktenzeichen: 21 U 44/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Bauträgervertrag, Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV), Werkvertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Bauträgerin, die eine Wohnanlage errichtete und von der Käuferin die Zahlung der ausstehenden Schlussrate forderte.
  • Beklagte: Die Käuferin einer Wohnung in der von der Klägerin errichteten Wohnanlage, die die Zahlung der Schlussrate aufgrund behaupteter Mängel verweigerte und sich auf ein Zurückbehaltungsrecht berief.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Klägerin, eine Bauträgerin, errichtete eine Wohnanlage, in der die Beklagte eine Wohnung erwarb. Der notarielle Bauträgervertrag sah eine Ratenzahlung vor, wobei die letzte Rate nach „vollständiger Fertigstellung“ fällig wurde. Die Beklagte nahm ihr Sondereigentum und das Gemeinschaftseigentum unter Vorbehalt von Mängeln ab und weigerte sich, die volle Schlussrate wegen dieser Mängel zu zahlen, woraufhin die Klägerin Klage erhob.
  • Kern des Rechtsstreits: Im Zentrum stand die Frage der Fälligkeit der Schlussrate aus dem Bauträgervertrag. Es ging insbesondere um die Auslegung des Begriffs „vollständige Fertigstellung“ im Zusammenhang mit bestehenden Mängeln am Sonder- und Gemeinschaftseigentum und ob diese die Fälligkeit der Rate hindern.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Kammergericht änderte das landgerichtliche Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Großteils der ausstehenden Schlussrate an die Klägerin. Ein Teilbetrag der Rate wurde jedoch nur Zug um Zug gegen die Beseitigung konkreter Mängel am Sondereigentum der Beklagten zugesprochen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Schlussrate fällig ist, da die „vollständige Fertigstellung“ des Objekts erreicht ist, sobald es abgenommen oder abnahmereif ist. Unwesentliche Mängel (sogenannte Protokollmängel) hindern die Fälligkeit nicht, sondern berechtigen den Käufer lediglich zu einem Zurückbehaltungsrecht, welches eine Zug-um-Zug-Verurteilung rechtfertigt.
  • Folgen: Die Entscheidung verdeutlicht, dass selbst bei noch vorhandenen unwesentlichen Mängeln die Schlussrate eines Bauträgervertrags fällig werden kann. Käufer können in solchen Fällen die Zahlung eines Teils der Rate nur Zug um Zug gegen Mangelbeseitigung verlangen. Die Revision wurde zugelassen.

Der Fall vor Gericht


Ein neues Zuhause mit Fehlern: Wann muss die letzte Rate gezahlt werden?

Wer eine Wohnung direkt vom Bauträger kauft, also von dem Unternehmen, das das Gebäude errichtet, kennt die Situation: Der Kaufpreis wird nicht auf einmal, sondern in Raten je nach Baufortschritt bezahlt. Die letzte Rate wird fällig, wenn alles „vollständig fertiggestellt“ ist. Doch was passiert, wenn bei der Übergabe noch Mängel vorhanden sind? Ein Kratzer im Fenster, eine klemmende Tür, unsaubere Fugen im Bad? Muss die letzte Rate trotzdem in voller Höhe gezahlt werden? Genau diese Frage musste das Kammergericht Berlin in einem Urteil klären.

Der Weg vor Gericht: Vom Kaufvertrag zur Zahlungsklage

Junge Frau mit Mängelliste in neuer Wohnung, kritischer Blick auf Bauträger, Fensterkratzer sichtbar
Käuferin verweigert Zahlung bei Wohnungsabnahme wegen Mängeln wie Kratzer und unsauberen Fugen. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Käuferin erwarb von einer Bauträgerin eine neu gebaute Wohnung in Berlin für rund 376.000 Euro. Im notariellen Kaufvertrag war, wie üblich, eine Ratenzahlung vereinbart. Die letzte Rate in Höhe von 3,5 Prozent des Kaufpreises, hier rund 13.000 Euro, sollte „nach vollständiger Fertigstellung“ fällig werden. Als die Wohnung schließlich übergeben wurde, erklärte die Käuferin die sogenannte Abnahme. Die Abnahme ist der rechtliche Akt, bei dem der Käufer die Immobilie entgegennimmt und bestätigt, dass sie im Wesentlichen vertragsgemäß errichtet wurde.

Allerdings machte die Käuferin bei der Abnahme einen wichtigen Vorbehalt. Das bedeutet, sie listete eine Reihe von Mängeln auf, die ihrer Meinung nach noch bestanden. Dies betraf sowohl ihr Sondereigentum, also die Räume ihrer eigenen Wohnung, als auch das Gemeinschaftseigentum, also Bereiche des Gebäudes, die alle Eigentümer gemeinsam nutzen, wie das Treppenhaus, die Tiefgarage oder die Außenanlagen. Als die Bauträgerin die Rechnung für die letzte Rate schickte, weigerte sich die Käuferin, den vollen Betrag zu zahlen. Sie behielt wegen der Mängel einen Betrag von 12.800 Euro zurück. Daraufhin zog die Bauträgerin vor Gericht und verklagte die Käuferin auf Zahlung.

Die Kernfrage des Streits: Was bedeutet „vollständig fertiggestellt“?

Das ganze Verfahren drehte sich um die Auslegung zweier kleiner Worte im Vertrag: „vollständig fertiggestellt“. Aber warum ist das so entscheidend? Weil von dieser Definition abhängt, ob die letzte Rate überhaupt fällig ist.

Die Bauträgerin argumentierte, die Wohnung sei fertig, und die Käuferin müsse zahlen. Die Käuferin hingegen sagte: Solange auch nur kleine Mängel bestehen, ist die Wohnung nicht „vollständig fertiggestellt“, und daher muss ich die letzte Rate noch nicht bezahlen. Es geht hier nicht nur darum, ob gezahlt wird, sondern vor allem wann. Ist der Bauträger vorleistungspflichtig, muss er also erst alle Mängel restlos beseitigen, bevor er sein Geld verlangen kann?

Das erste Urteil: Warum das Landgericht die Klage zunächst abwies

In der ersten Instanz gab das Landgericht Berlin der Käuferin recht. Die Richter dort waren der Meinung, dass die noch vorhandenen Mängel am Gemeinschaftseigentum – zum Beispiel fehlende Klingelschilder oder scharfe Kanten an Metallpodesten – einer vollständigen Fertigstellung im Weg stehen. Die Folge: Die letzte Rate war nach Ansicht des Gerichts noch gar nicht fällig. Die Klage der Bauträgerin wurde daher als „derzeit unbegründet“ abgewiesen. Das bedeutete, die Bauträgerin hätte erst alle Mängel beseitigen und dann erneut klagen müssen.

Die Wende im Berufungsverfahren: Eine neue Sicht auf Mängel und Fälligkeit

Die Bauträgerin war mit diesem Urteil nicht einverstanden und legte Berufung ein. Das ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine Entscheidung von der nächsthöheren gerichtlichen Instanz, hier dem Kammergericht, überprüfen lassen kann. Und dieses Gericht kam zu einem ganz anderen Ergebnis. Um das zu verstehen, müssen wir uns die juristische Logik des Kammergerichts genau ansehen.

„Vollständig fertiggestellt“ bedeutet „abnahmereif“

Das Kammergericht stellte klar, dass „vollständig fertiggestellt“ nicht „absolut perfekt und mängelfrei“ bedeutet. Stattdessen sei damit die sogenannte Abnahmereife gemeint. Abnahmereif ist ein Bauwerk dann, wenn es keine wesentlichen Mängel mehr aufweist. Ein wesentlicher Mangel wäre zum Beispiel ein undichtes Dach oder eine nicht funktionierende Heizung – also Fehler, die die Nutzung des Gebäudes erheblich beeinträchtigen oder unmöglich machen.

Kleinere Mängel, wie die von der Käuferin aufgelisteten Kratzer, klemmenden Türen oder Farbfehler, sind zwar ärgerlich und müssen behoben werden, sie machen die Wohnung aber nicht unbewohnbar. Sie stehen der Abnahmereife und damit der „vollständigen Fertigstellung“ nicht im Weg. Da die Käuferin die Wohnung sogar – wenn auch unter Vorbehalt – abgenommen hatte, bestätigte sie damit selbst, dass keine wesentlichen Mängel vorlagen. Somit war die Schlussrate nach Ansicht des Gerichts fällig geworden.

Das Zurückbehaltungsrecht: Ein Schild, aber kein Schwert

Aber was ist mit den Mängeln? Bleibt die Käuferin darauf sitzen? Nein. Das Gesetz gibt ihr ein mächtiges Werkzeug in die Hand: das Zurückbehaltungsrecht. Das bedeutet, sie darf einen Teil des Kaufpreises zurückhalten, bis die Mängel beseitigt sind. Wie ein Pfand oder eine Sicherheitsleistung. Das Gericht erklärte, dass dieses Recht den Käufer ausreichend schützt.

Der entscheidende Unterschied zur Ansicht des Landgerichts ist: Das Vorhandensein kleinerer Mängel führt nicht dazu, dass die gesamte Schlussrate nicht fällig wird. Stattdessen wird die Rate fällig, aber der Käufer kann einen angemessenen Teil davon als Druckmittel zurückbehalten. In der Regel ist das etwa das Doppelte der voraussichtlichen Reparaturkosten.

Warum diese Auslegung? Die praktischen Gründe des Gerichts

Das Kammergericht begründete seine Entscheidung auch mit praktischen Erwägungen. Würde man bei jedem kleinen Mangel die Fälligkeit der gesamten Schlussrate verneinen, könnte ein Käufer die Zahlung über lange Zeit blockieren. Der Bauträger müsste wegen jeder Kleinigkeit erneut klagen. Die Auslegung des Kammergerichts ist effizienter: In einem einzigen Prozess wird geklärt, welche Mängel tatsächlich bestehen und wie viel Geld der Käufer dafür zurückhalten darf. Der Rest muss aber bezahlt werden. Das sorgt für einen fairen Ausgleich der Interessen beider Seiten.

Die Aufrechnung der Käuferin: Ein separates Manöver

Im Laufe des Berufungsverfahrens brachte die Käuferin ein weiteres Argument vor. Sie erklärte die Aufrechnung. Aufrechnung bedeutet, dass man eine eigene Forderung gegen die Forderung des anderen „verrechnet“. Die Käuferin behauptete, ihre Wohnung sei in Wirklichkeit über vier Quadratmeter kleiner als im Vertrag angegeben, und forderte dafür eine Kaufpreisminderung von über 14.000 Euro. Mit diesem Betrag wollte sie die Forderung der Bauträgerin quasi ausgleichen. Dieser Versuch hatte jedoch im Ergebnis keinen Erfolg, die Hauptforderung der Bauträgerin zu Fall zu bringen.

Die konkrete Entscheidung: Zahlung nur Schritt für Schritt gegen Reparatur

Am Ende fällte das Kammergericht ein sehr differenziertes Urteil. Es änderte die Entscheidung des Landgerichts ab und verurteilte die Käuferin zur Zahlung. Allerdings nicht auf einmal. Das Urteil ist ein klassisches Beispiel für eine Zug-um-Zug-Verurteilung.

Das bedeutet:

  1. Einen Betrag von knapp 7.000 Euro musste die Käuferin sofort an die Bauträgerin zahlen.
  2. Die restlichen rund 5.800 Euro wurden auf die einzelnen, vom Gericht anerkannten Mängel aufgeteilt. Zum Beispiel muss die Käuferin 2.023 Euro erst dann zahlen, wenn die Kratzer an der Wohnzimmerscheibe beseitigt sind. Weitere 952 Euro werden erst fällig, wenn die Farbfehler an den Sockelleisten im Flur repariert wurden.

Jede Zahlung ist also direkt an die Beseitigung eines bestimmten Mangels gekoppelt. So ist sichergestellt, dass die Bauträgerin ihr Geld erhält, die Käuferin aber nicht auf den Kosten für die Mängelbeseitigung sitzen bleibt.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass bei Bauträgerverträgen die letzte Kaufpreisrate auch dann fällig wird, wenn noch kleinere Mängel an der Wohnung vorhanden sind – solange diese die Nutzbarkeit nicht wesentlich beeinträchtigen. Der Begriff „vollständige Fertigstellung“ im Vertrag bedeutet nicht absolute Perfektion, sondern lediglich, dass das Gebäude abnahmereif ist und keine schwerwiegenden Fehler aufweist. Käufer sind jedoch nicht schutzlos: Sie können einen angemessenen Teil des Kaufpreises zurückbehalten, bis die Mängel behoben sind, müssen aber den Rest bezahlen. Diese Entscheidung schafft einen praktikablen Ausgleich zwischen den Interessen von Bauträgern und Käufern und verhindert, dass die Kaufpreiszahlung wegen jeder Kleinigkeit komplett blockiert werden kann.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss ich die letzte Rate zahlen, auch wenn meine neue Wohnung noch Mängel hat?

Die Zahlung der letzten Rate für Ihre neue Wohnung hängt entscheidend davon ab, ob die Wohnung als „abnahmereif“ gilt. Es ist ein häufiges Missverständnis, dass eine Wohnung erst dann abnahmereif oder „vollständig fertiggestellt“ ist, wenn sie absolut mängelfrei ist. Das ist in der Regel nicht der Fall.

Was bedeutet „Abnahmereife“?

Eine neu gebaute Wohnung gilt als abnahmereif, wenn sie im Wesentlichen fertiggestellt ist und keine wesentlichen Mängel mehr aufweist, die ihre Nutzung oder Bewohnbarkeit stark beeinträchtigen. Die letzte Rate wird meist nach der Abnahme fällig. Für Sie als Käufer bedeutet das: Selbst wenn noch kleinere Mängel vorhanden sind, kann die Wohnung bereits als abnahmereif gelten und die Zahlungspflicht für die letzte Rate auslösen.

Wesentliche versus unwesentliche Mängel

Der Unterschied zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln ist entscheidend für die Frage der Zahlungspflicht:

  • Wesentliche Mängel: Dies sind gravierende Fehler, die die Tauglichkeit der Wohnung zum Wohnen oder ihre Sicherheit erheblich beeinträchtigen. Stellen Sie sich vor, die Heizung funktioniert gar nicht, das Dach ist undicht und es regnet herein, oder wichtige Installationen fehlen komplett. Solche Mängel verhindern normalerweise die Abnahme und damit die Fälligkeit der letzten Rate. Solange wesentliche Mängel bestehen, ist die Wohnung nicht abnahmereif.
  • Unwesentliche Mängel: Hierbei handelt es sich um kleinere Schönheitsfehler, Bagatellen oder geringfügige Restarbeiten, die die Nutzung der Wohnung nicht maßgeblich stören. Beispiele hierfür sind kleine Kratzer im Parkett, eine schlecht gestrichene Wand an einer unauffälligen Stelle, eine fehlende Steckdosenabdeckung oder eine klemmende Schublade in der Küche. Solche Mängel hindern die Abnahme in der Regel nicht. Die Wohnung gilt trotzdem als abnahmereif, und die letzte Rate wird fällig.

Ihre Rechte bei unwesentlichen Mängeln

Auch wenn unwesentliche Mängel die Fälligkeit der letzten Rate nicht verhindern, verlieren Sie als Käufer Ihre Rechte nicht. Im Gegenteil: Sie haben weiterhin einen Anspruch darauf, dass der Verkäufer oder Bauträger diese Mängel beseitigt. Für Sie bedeutet das, dass Sie in der Regel ein Rückbehaltungsrecht an einem Teil der letzten Rate haben. Dieses Rückbehaltungsrecht ermöglicht es Ihnen, einen angemessenen Teil der fälligen Zahlung einzubehalten, bis die Mängel behoben sind. Die Höhe des einbehaltenen Betrags muss dabei in einem vernünftigen Verhältnis zum Umfang der Mängel und den voraussichtlichen Kosten ihrer Beseitigung stehen. Es ist nicht erlaubt, die gesamte letzte Rate wegen kleiner Mängel einzubehalten. Die Hauptzahlungspflicht für die letzte Rate bleibt bestehen, sobald die Abnahme erfolgt ist.


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Was kann ich tun, wenn der Bauträger die letzte Zahlung verlangt, aber Mängel nicht behoben sind?

Wenn Sie als Käuferin oder Käufer feststellen, dass an Ihrem Bauobjekt Mängel bestehen, der Bauträger aber dennoch die letzte Rate fordert, sind Sie nicht schutzlos. Ein wichtiges Instrument, um in dieser Situation Druck auf den Bauträger auszuüben und die Behebung der Mängel zu erreichen, ist das sogenannte Zurückbehaltungsrecht.

Das Zurückbehaltungsrecht: Ein wichtiges Instrument

Das Zurückbehaltungsrecht ist ein allgemeiner Grundsatz im Vertragsrecht. Es besagt, dass eine Partei ihre eigene Leistung – in diesem Fall die Zahlung des Restkaufpreises – vorübergehend verweigern darf, wenn die andere Partei ihre vertraglich geschuldete Leistung (hier: die mangelfreie Herstellung des Bauobjekts) noch nicht erbracht hat.

Für Sie bedeutet das: Sie können einen Teil der letzten Zahlung vorübergehend einbehalten, um den Bauträger zur Mängelbeseitigung zu bewegen. Dieses Recht ist ein Druckmittel, das sicherstellt, dass der Bauträger ein Interesse daran hat, die Mängel schnell und ordnungsgemäß zu beheben. Es ist, als ob Sie einen Teil des Geldes „auf die Seite legen“, bis die vereinbarte Leistung vollständig und fehlerfrei erbracht wurde.

Voraussetzungen für das Zurückbehaltungsrecht

Damit Sie das Zurückbehaltungsrecht wirksam ausüben können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Bestehende Mängel: Es müssen tatsächlich Mängel am Bauobjekt vorhanden sein. Diese sollten konkret beschrieben und nachweisbar sein, idealerweise durch eine Dokumentation (Fotos, Zeugen, Mängelprotokoll). Es handelt sich nicht um eine subjektive Unzufriedenheit, sondern um objektiv feststellbare Abweichungen vom vertraglich vereinbarten Zustand oder den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
  • Mängelanzeige und Fristsetzung: Sie müssen den Bauträger über die Mängel informieren und ihm eine angemessene Frist zur Behebung setzen. Dies sollte schriftlich erfolgen, um den Zugang und den Inhalt der Mitteilung später belegen zu können. Nur wenn der Bauträger die Chance zur Nachbesserung hatte und diese Frist ungenutzt verstreichen lässt oder die Nachbesserung fehlschlägt, können Sie das Zurückbehaltungsrecht ausüben.
  • Verhältnismäßigkeit des zurückbehaltenen Betrags: Dieser Punkt ist von großer Bedeutung. Sie dürfen nicht die gesamte letzte Zahlung zurückhalten, sondern nur einen Betrag, der in einem angemessenen Verhältnis zu den Mängeln steht. Als Faustregel gilt oft, dass der zurückbehaltene Betrag deutlich höher sein sollte als die geschätzten Kosten der Mängelbeseitigung, um ausreichend Druck zu erzeugen (oft das Zwei- bis Dreifache der voraussichtlichen Beseitigungskosten). Dies berücksichtigt auch den Aufwand und die Unsicherheit, die mit der Mängelbeseitigung verbunden sind. Halten Sie einen unverhältnismäßig hohen Betrag zurück, können Sie selbst in Zahlungsverzug geraten.

Praktische Anwendung und wichtige Hinweise

Wenn Sie sich entscheiden, das Zurückbehaltungsrecht auszuüben, gehen Sie wie folgt vor:

  • Schriftliche Mitteilung: Teilen Sie dem Bauträger schriftlich und nachweisbar mit, welche Mängel bestehen und welcher Betrag der fälligen Zahlung aus diesem Grund zurückbehalten wird. Erklären Sie klar, dass der zurückbehaltene Betrag gezahlt wird, sobald die Mängel beseitigt sind.
  • Die Bedeutung der Abnahme: Die letzte Kaufpreisrate wird in der Regel mit der Abnahme des Werks fällig. Die Abnahme ist die Billigung der Bauleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß. Wenn gravierende Mängel vorliegen, können Sie die Abnahme verweigern. Bei kleineren Mängeln ist es auch möglich, die Abnahme unter Vorbehalt der Mängelbeseitigung zu erklären. Auch in diesem Fall bleibt das Zurückbehaltungsrecht bestehen.
  • Ziel des Zurückbehaltungsrechts: Das Ziel ist die Behebung der Mängel, nicht eine dauerhafte Minderung des Kaufpreises. Sobald die Mängel behoben sind, müssen Sie den zurückgehaltenen Betrag an den Bauträger auszahlen.

Das Zurückbehaltungsrecht ist ein starkes Instrument, dessen korrekte Anwendung jedoch eine sorgfältige Einschätzung der Situation erfordert.


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Gibt es einen Unterschied zwischen kleinen und großen Mängeln und welche Auswirkungen hat das auf meine Zahlung?

Ja, es gibt einen grundlegenden und sehr wichtigen Unterschied zwischen kleinen und großen Mängeln. Dieser Unterschied entscheidet darüber, ob Sie eine erbrachte Leistung (zum Beispiel eine Bauleistung oder eine Reparatur) abnehmen müssen und wann die Schlusszahlung fällig wird.

Was ist ein Mangel und wann ist eine Leistung „abnahmereif“?

Ein Mangel liegt vor, wenn die erbrachte Leistung nicht so ist, wie vertraglich vereinbart, oder nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Bevor die volle Zahlung für eine Leistung fällig wird, muss diese in der Regel vom Auftraggeber, also von Ihnen, abgenommen werden. Die Abnahme ist eine Art Bestätigung, dass die Leistung im Wesentlichen mangelfrei erbracht wurde.

Wesentliche („große“) Mängel

Ein Mangel gilt als wesentlich oder „groß“, wenn er die Funktionstauglichkeit der Leistung erheblich beeinträchtigt oder sogar aufhebt. Das bedeutet, die Leistung ist durch den Mangel nicht für ihren vorgesehenen Zweck nutzbar oder ihr Wert ist stark gemindert.

  • Beispiel: Eine neu eingebaute Heizung funktioniert nicht, ein Dach ist undicht und lässt Regenwasser eindringen, oder eine neu verlegte Wasserleitung hat ein Leck.
  • Auswirkungen auf Ihre Zahlung: Liegt ein wesentlicher Mangel vor, gilt die Leistung nicht als abnahmereif. Sie müssen die Leistung nicht abnehmen. Solange die Leistung nicht abgenommen ist, wird die Schlusszahlung grundsätzlich nicht fällig. Sie haben das Recht, die Zahlung der ausstehenden Summe vollständig zu verweigern, bis der Mangel behoben ist und die Leistung ordnungsgemäß abgenommen werden kann.

Unwesentliche („kleine“) Mängel

Ein Mangel gilt als unwesentlich oder „klein“, wenn er die Funktion der Leistung kaum beeinträchtigt oder lediglich eine Schönheitsfehler ist, der die Nutzung nicht behindert. Solche Mängel lassen sich in der Regel mit überschaubarem Aufwand beheben.

  • Beispiel: Eine kleine Schramme an einer Wand, ein nicht richtig angezogenes Kabel, das aber funktioniert, oder ein kleiner Kratzer auf einem neu verlegten Boden, der nicht sofort ins Auge fällt.
  • Auswirkungen auf Ihre Zahlung: Trotz eines unwesentlichen Mangels gilt die Leistung als abnahmereif. Sie sind verpflichtet, die Leistung abzunehmen. Mit der Abnahme wird die Schlusszahlung fällig. Allerdings haben Sie das Recht, einen angemessenen Teil der Zahlung zurückzuhalten, bis der unwesentliche Mangel behoben ist. Dieses Zurückbehaltungsrecht dient als Druckmittel, damit der Auftragnehmer den Mangel beseitigt. Die Höhe des zurückgehaltenen Betrags ist in der Regel das Doppelte der voraussichtlichen Kosten für die Mängelbeseitigung. Zum Beispiel: Wenn die Behebung des kleinen Mangels voraussichtlich 100 Euro kostet, dürfen Sie 200 Euro von der Schlusszahlung zurückhalten.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Art des Mangels – ob wesentlich oder unwesentlich – ist entscheidend dafür, ob Sie die Leistung abnehmen müssen und in welchem Umfang die Schlusszahlung fällig wird oder Sie ein Recht haben, einen Teil der Zahlung zurückzuhalten.


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Welche Rolle spielt die Abnahme meiner Wohnung, wenn Mängel bestehen?

Die Abnahme Ihrer neu gebauten Wohnung durch einen Bauträger ist ein zentraler und rechtlich sehr wichtiger Schritt. Sie ist der Moment, in dem Sie das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennen. Stellen Sie sich vor, es ist wie die offizielle Übergabe und Ihr „Okay“ für das, was gebaut wurde. Gerade wenn Mängel vorhanden sind, hat die Abnahme weitreichende Konsequenzen für Ihre Rechte als Käufer.

Die Bedeutung der Abnahme

Die Abnahme ist der Zeitpunkt, an dem das Bauvorhaben, also Ihre Wohnung, als fertiggestellt und vertragsgemäß angesehen wird. Auch wenn kleinere Mängel vorhanden sind, kann eine Abnahme stattfinden, sofern diese Mängel die Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigen. Es ist der Schritt, der den Bauträger von der Bauphase in die Phase der Mängelbeseitigung und Gewährleistung überführt.

Rechtliche Folgen der Abnahme

Mit der Abnahme sind wichtige rechtliche Weichenstellungen verbunden:

  • Beginn der Gewährleistungsfrist: Die Abnahme ist der Startschuss für die Verjährungsfrist Ihrer Mängelansprüche. Das bedeutet, ab diesem Zeitpunkt läuft die Frist, innerhalb derer Sie Mängel, die am Bauwerk auftreten, gegenüber dem Bauträger geltend machen können. Bei Bauwerken beträgt diese Frist in der Regel fünf Jahre. Wenn Sie die Wohnung also ohne Mängel abnehmen, beginnt ab diesem Tag diese Frist zu laufen.
  • Umkehr der Beweislast: Dies ist einer der kritischsten Punkte. Vor der Abnahme muss der Bauträger beweisen, dass die Bauleistung mangelfrei ist. Wenn Sie einen Mangel feststellen, muss der Bauträger nachweisen, dass dieser Mangel nicht von ihm stammt oder nicht seine Verantwortung ist. Nach der Abnahme kehrt sich dies um: Wenn ein Mangel neu auftritt oder sich erst nach der Abnahme zeigt, müssen Sie als Käufer beweisen, dass dieser Mangel bereits bei der Abnahme vorhanden war oder durch eine mangelhafte Bauausführung des Bauträgers verursacht wurde. Dies kann sehr schwierig sein, insbesondere bei versteckten Mängeln.
  • Fälligkeit der Schlusszahlung: Oftmals wird mit der erfolgreichen Abnahme ein wesentlicher Teil oder die gesamte Restzahlung für die Wohnung fällig. Wenn Sie die Abnahme erklären, obwohl Mängel bestehen und Sie keinen Vorbehalt erklären, kann der Bauträger die Zahlung einfordern.

Mängel bei der Abnahme – So sichern Sie Ihre Rechte

Gerade weil die Abnahme so weitreichende Folgen hat, ist ein sorgfältiges Vorgehen bei festgestellten Mängeln unerlässlich:

  • Mängel detailliert dokumentieren: Es ist von größter Bedeutung, alle sichtbaren Mängel akribisch zu erfassen. Erstellen Sie ein detailliertes Protokoll, am besten mit Fotos und genauen Beschreibungen der betroffenen Stellen. Notieren Sie auch kleinste Abweichungen von der vereinbarten Qualität oder den Bauplänen. Eine genaue Dokumentation hilft Ihnen später beim Nachweis, dass der Mangel bereits bei der Abnahme vorhanden war.
  • Vorbehalt erklären: Wenn Sie trotz vorhandener Mängel die Abnahme erklären (was zum Beispiel geschehen kann, wenn die Mängel die Nutzung der Wohnung nicht wesentlich beeinträchtigen, aber dennoch behoben werden sollen), ist es essenziell, dass Sie einen sogenannten Vorbehalt erklären. Dies bedeutet, dass Sie die Abnahme nur unter dem ausdrücklichen Hinweis auf die konkret benannten Mängel erklären und festhalten, dass Sie Ihre Rechte bezüglich dieser Mängel weiterhin geltend machen werden. Für die Mängel, die Sie bei der Abnahme schriftlich vorbehalten, bleibt die Beweislastverteilung zugunsten des Käufers bestehen, auch nach der Abnahme. Der Bauträger muss weiterhin beweisen, dass der Mangel nicht von ihm stammt. Dies ist ein entscheidender Punkt, um die Beweislastumkehr zu vermeiden und Ihre Position bei der späteren Mängelbeseitigung zu stärken.

Das Wissen um die Bedeutung der Abnahme und die korrekte Handhabung von Mängeln bei diesem Termin kann Ihnen helfen, Ihre Interessen als Wohnungskäufer wirksam zu schützen.


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Kann ich die Zahlung für Mängel so lange zurückhalten, bis alle behoben sind?

Grundsätzlich können Sie die vollständige Zahlung für Mängel in den meisten Fällen nicht unbegrenzt zurückhalten, bis wirklich jeder Mangel behoben ist. Das Recht, die Zahlung zurückzuhalten, ist ein wichtiges Instrument, um die Mängelbeseitigung zu beschleunigen, hat aber klare Grenzen.

Das Zurückbehaltungsrecht: Ein Schutz für Sie

Wenn bei einer erbrachten Leistung (z.B. einer Handwerksarbeit, einem Kauf) Mängel auftreten, steht Ihnen als Besteller oder Käufer ein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht zu. Dieses Recht erlaubt es Ihnen, einen Teil der fälligen Zahlung zurückzuhalten. Es dient als Druckmittel, damit der andere Teil die Mängel beseitigt. Für Sie bedeutet dies, dass Sie nicht die volle Summe zahlen müssen, solange die Leistung nicht wie vereinbart erbracht wurde.

Die Grenzen des Zurückbehaltungsrechts

Das Zurückbehaltungsrecht ist jedoch nicht unbegrenzt und darf nicht missbraucht werden. Sie dürfen nicht die gesamte Zahlung für einen beliebigen Zeitraum zurückhalten. Der Betrag, den Sie einbehalten dürfen, richtet sich nach dem Ausmaß der Mängel. Eine wichtige Faustregel, die oft angewendet wird, besagt:

Sie dürfen in der Regel nur einen Betrag zurückhalten, der das Doppelte der voraussichtlichen Kosten zur Mängelbeseitigung ausmacht.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine neue Küche einbauen lassen, und es fehlt noch eine Schublade, deren Nachlieferung und Einbau 50 Euro kosten würde. Dann könnten Sie – als Druckmittel – bis zu 100 Euro der noch offenen Rechnung zurückhalten. Ziel ist es, dem Auftragnehmer einen Anreiz zu geben, den Mangel zu beheben, ohne Sie als Auftraggeber zu übervorteilen.

Gerichtliche Praxis: Die „Zug-um-Zug“-Lösung

Gerichte neigen dazu, eine sogenannte „Zug-um-Zug-Verurteilung“ auszusprechen. Das bedeutet, ein Gericht ordnet an, dass die Zahlung nur dann fällig wird, wenn der andere Teil seine Leistung (also die Mängelbeseitigung) gleichzeitig oder vorher erbringt.

Was bedeutet das für Sie?

  • Wenn der Handwerker einen Mangel beseitigt hat, wird in der Regel der Teil der Zahlung, der auf diesen Mangel entfällt, fällig.
  • Es ist also keine dauerhafte, vollständige Zahlungsverweigerung für alle Mängel möglich, bis der letzte kleinste Mangel behoben ist. Vielmehr ist es ein „Schritt-für-Schritt“-Prinzip: Je mehr Mängel behoben werden, desto mehr Zahlung wird fällig.

Dieses Prinzip soll ein Gleichgewicht herstellen: Sie sind geschützt, weil Sie nicht für mangelhafte Leistung vollständig zahlen müssen, aber der andere Teil ist auch geschützt, indem er nicht unbegrenzt auf sein Geld warten muss, wenn er bereits Teile der Mängel behoben hat.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Abnahme

Die Abnahme ist der rechtliche Vorgang, bei dem der Käufer ein Bauwerk oder eine Leistung offiziell entgegennimmt und bestätigt, dass diese im Wesentlichen vertragsgemäß erbracht wurde. Sie markiert den Übergang vom Bau- oder Herstellungsprozess in die Gewährleistungsphase. Mit der Abnahme wird üblicherweise die Fälligkeit der Schlusszahlung ausgelöst, auch wenn kleinere Mängel bestehen, solange diese die Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigen. Zudem beginnt mit der Abnahme die Verjährungsfrist für Mängelansprüche, und die Beweislast kehrt sich um, das heißt, der Käufer muss ab diesem Zeitpunkt beweisen, dass Mängel bereits bei der Abnahme vorlagen.

Beispiel: Sie nehmen eine neu gebaute Wohnung ab und stellen dabei fest, dass die Heizung funktioniert, aber einige Türgriffe locker sind. Sie können die Abnahme unter Vorbehalt erklären, um Ihre Rechte für die Behebung der kleineren Mängel zu wahren.


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Vorbehalt

Ein Vorbehalt ist die Möglichkeit, bei der Abnahme Mängel ausdrücklich zu benennen und die Abnahme trotzdem zu erklären. Dadurch wird dem Verkäufer signalisiert, dass Sie die Leistung zwar grundsätzlich akzeptieren, jedoch die Erfüllung hinsichtlich der aufgeführten Mängel noch aussteht. Der Vorbehalt schützt Sie davor, Ihre Rechte auf Mängelbeseitigung und Gewährleistung zu verlieren und bewirkt, dass die Beweislast für diese Mängel zugunsten des Käufers erhalten bleibt.

Beispiel: Sie nehmen Ihre Wohnung ab und listen darin eine klemmende Tür sowie Kratzer am Parkett auf. Diese Mängel werden mit dem Vorbehalt festgehalten, damit Sie später eine Nachbesserung verlangen können.


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Abnahmereife

Abnahmereife bedeutet, dass eine Bauleistung oder ein Bauwerk in einem Zustand vorliegt, der es erlaubt, die Abnahme durchzuführen, weil keine wesentlichen Mängel vorhanden sind, die die Nutzung erheblich beeinträchtigen. Kleiner Fehler oder Schönheitsmängel schließen die Abnahmereife nicht aus, solange das Bauwerk im Wesentlichen vertragsgemäß und funktionstüchtig ist. Die Abnahmereife ist entscheidend für den Fälligkeitszeitpunkt von Schlusszahlungen beim Kauf oder Auftrag.

Beispiel: Die Wohnung hat noch einen kleinen Kratzer am Fensterrahmen, das Dach ist aber dicht und die Heizung funktioniert – die Wohnung gilt als abnahmereif, weil die wesentliche Nutzbarkeit gegeben ist.


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Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht erlaubt es dem Käufer, einen angemessenen Teil der fälligen Zahlung einzubehalten, wenn Mängel an der Leistung bestehen und die vollständige Erfüllung noch aussteht. Es dient als Druckmittel, um den Verkäufer zur Mängelbeseitigung zu bewegen, ohne dass der Käufer die gesamte Zahlung verweigern darf. Die Höhe des zurückbehaltenen Betrags muss in einem vernünftigen und angemessenen Verhältnis zu den voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung stehen, üblicherweise etwa das Doppelte der Reparaturkosten.

Beispiel: Für eine Tür, die nachgebessert werden muss, werden voraussichtlich 500 Euro Reparaturkosten geschätzt. Der Käufer darf dann bis zu 1.000 Euro von der Schlusszahlung zurückhalten, bis die Reparatur abgeschlossen ist.


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Zug-um-Zug-Verurteilung

Die Zug-um-Zug-Verurteilung ist ein gerichtliches Rechtsmittel, das vorsieht, dass die Zahlung nur erfolgen muss, wenn gleichzeitig die Gegenleistung (zum Beispiel die Mängelbeseitigung) erbracht wird. Das schützt beide Parteien: der Käufer zahlt nur für mangelfreie Leistungen, und der Verkäufer erhält sein Geld schrittweise, sobald er die jeweiligen Mängel beseitigt hat. So wird die Zahlung in Teilbeträgen fällig, die an den Fortschritt der Mängelbeseitigung gekoppelt sind, und eine vollständige Zahlungsverweigerung bis zur vollständigen Mängelbeseitigung ist ausgeschlossen.

Beispiel: Der Käufer zahlt 2.000 Euro für behobene Kratzer im Wohnzimmer erst, nachdem die Reparaturen abgeschlossen und bestätigt wurden, und weitere Zahlungen folgen, sobald andere Mängel beseitigt sind.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 640 BGB – Abnahme bei Werkvertrag: Die Abnahme ist der Zeitpunkt, zu dem der Auftraggeber das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt, auch wenn noch unwesentliche Mängel bestehen. Sie markiert den Übergang der Gefahr und ist Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlusszahlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käuferin erklärte die Abnahme unter Vorbehalt, was bestätigt, dass das Bauwerk abnahmereif ist und somit die letzte Rate grundsätzlich fällig wird, obwohl kleinere Mängel bestehen.
  • § 641 BGB – Fälligkeit der Vergütung: Die Schlussrate wird mit der Abnahme fällig, selbst wenn noch geringfügige Mängel vorliegen, es sei denn, der Vertrag regelt etwas anderes. Das Zurückbehaltungsrecht ermöglicht es dem Käufer, einen angemessenen Betrag bis zur Mängelbeseitigung offen zu halten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schlussrate ist nach dem Kammergericht trotz kleiner Mängel fällig, die Käuferin kann jedoch einen Teil als Druckmittel zurückbehalten, um die Bauträgerin zur Mängelbeseitigung zu verpflichten.
  • § 320 BGB – Einrede des nicht erfüllten Vertrags: Der Käufer kann die Leistung des Verkäufers (Zahlung) verweigern, solange dessen Gegenleistung (Mängelbeseitigung) nicht erbracht ist, dies ist aber durch das Zurückbehaltungsrecht eingeschränkt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käuferin kann nicht die gesamte Schlusszahlung verweigern, sondern nur einen angemessenen Teil zurückhalten, da das Werk bereits abgenommmen (abnahmereif) ist.
  • § 273 BGB – Aufrechnung: Wer Forderungen gegen einen Vertragspartner hat, kann diese mit dessen Forderungen verrechnen, sofern die Forderungen erfüllbar und gleichartig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käuferin versuchte, mit einer Kaufpreisminderung wegen verminderter Wohnungsgröße gegen die Zahlungsforderung der Bauträgerin aufzurechnen, blieb damit aber erfolglos.
  • Teilungseigentumsgesetz (TEG) in Verbindung mit Gemeinschaftseigentum: Regelt die Unterscheidung und Rechte an Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft, auch bezüglich Mängeln an gemeinschaftlichen Anlagen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mängel betrafen sowohl Sondereigentum als auch Gemeinschaftseigentum, was die Abnahme und die Verantwortlichkeiten bei der Mängelbeseitigung komplexer macht.
  • EU-Richtlinie über Wohnimmobilienkaufverträge (2011/83/EU – Verbraucherschutz): Diese Richtlinie stärkt die Rechte von Verbrauchern beim Kauf neuer Wohnungen, insbesondere durch Transparenz und klare Zahlungsmodalitäten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl nicht explizit genannt, stärkt die Richtlinie die Schutzrechte der Käuferin, indem sie sorgt, dass Zahlungen nur nach bestimmtem Baufortschritt fällig werden, was die vertragliche Auslegung der „vollständigen Fertigstellung“ beeinflusst.

Das vorliegende Urteil


KG – Az.: 21 U 44/22 – Urteil vom 27.05.2025


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