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Widerruf Werkvertrag Fassadensanierung

Ein Handschlag an der Haustür besiegelte vermeintlich ein Geschäft über eine Fassadensanierung. Doch ein Gericht machte dem nun einen Strich durch die Rechnung – dank des Widerrufsrechts.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 113/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Offenburg
  • Datum: 30.12.2021
  • Aktenzeichen: 3 O 113/21
  • Verfahrensart: Urteil

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Unternehmen, das seine Vergütung aus einem Vertrag über die Sanierung einer Hausfassade sowie Teilen des Daches einklagt.
  • Beklagte: Hausbesitzer, der den Auftrag zur Sanierung am 18.12.2019 unterzeichnete.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Sanierung (Reinigung, Ausbesserung, Grundierung, Beschichtung) der Putzfassade an beiden Giebelseiten seines Hauses, der Sockel sowie dem Streichen des Holzes am Dach und an fünf Dachgauben. Als Vergütung wurde ein Pauschalfestpreis von 19.000 Euro vereinbart. Der Vertrag wurde unterzeichnet, nachdem ein Handelsvertreter der Klägerin den Beklagten unaufgefordert zu Hause aufgesucht hatte. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob dem Beklagten bei Vertragsschluss das Auftragsformular mit der auf der Rückseite abgedruckten Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wird abgewiesen.
  • Folgen: Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar, wenn er eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Streitwert wurde auf 5.268,91 Euro festgesetzt.

Der Fall vor Gericht


Fassadensanierung endet vor Gericht: Firma scheitert mit Zahlungsforderung

Das Landgericht Offenburg hat die Klage eines Unternehmens auf Zahlung von Werklohn für eine Fassadensanierung abgewiesen.

Handschlag zur Fassadensanierung. Werkvertrag und Widerrufsrecht wichtig.
Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der beklagte Hauseigentümer muss die geforderte Summe von über 5.000 Euro nicht zahlen. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob ein wirksamer Vertrag zustande kam und ob der Beklagte korrekt über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Der Fall begann im Dezember 2019, als ein Handelsvertreter der Klägerin den Beklagten unaufgefordert zu Hause besuchte. Dort unterzeichnete der Beklagte einen Auftrag zur Sanierung der Giebelfassaden seines Wohnhauses. Die Arbeiten sollten Reinigung, Rissausbesserung, Grundierung und Beschichtung umfassen, sowie Arbeiten am Sockel und am Dachholz. Ein Pauschalpreis von 19.000 Euro brutto wurde vereinbart.

Der umstrittene Vertragsschluss

Die Umstände des Vertragsschlusses waren zwischen den Parteien heftig umstritten. Die Klägerin behauptete, ihr Handelsvertreter habe dem Beklagten eine Durchschrift des Auftragsformulars (Anlage K 1) ausgehändigt. Dieses Formular enthielt auf der Rückseite eine Widerrufsbelehrung. Es sei kein Druck ausgeübt worden, und der Beklagte sei voll geschäftsfähig gewesen.

Der Beklagte widersprach dieser Darstellung vehement. Er sei davon ausgegangen, lediglich einen unverbindlichen Kostenvoranschlag zu unterzeichnen. Eine Kopie des Dokuments oder eine Widerrufsbelehrung habe er bei dem Termin nicht erhalten. Erst Monate später, im April 2020, habe er von dem angeblich verbindlichen Vertrag erfahren.

Kernpunkt: Das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

Da der Vertrag in der Privatwohnung des Beklagten nach einem unaufgeforderten Besuch geschlossen wurde, handelt es sich um ein sogenanntes „Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Geschäft„. Bei solchen Verträgen steht Verbrauchern ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Dieses Recht soll vor Überrumpelung schützen.

Entscheidend für den Fall war daher, ob der Beklagte ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Nach dem Gesetz muss diese Belehrung klar und verständlich sein und dem Verbraucher in Textform zur Verfügung gestellt werden. Nur bei korrekter Belehrung beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen.

Die Widerrufsbelehrung auf dem Prüfstand

Die Klägerin war der Ansicht, die auf der Rückseite ihres Auftragsformulars abgedruckte Belehrung sei korrekt gewesen. Sie entspreche den gesetzlichen Vorgaben und sei nicht irreführend, auch wenn sie von der Abholung von „Waren“ spreche, da ja Materialien wie Farbe geliefert würden.

Die Klägerin führte zudem an, dass der Beklagte sein Widerrufsrecht ohnehin nie ausgeübt habe. Das Schreiben des Beklagten vom April 2020 wertete sie als fristlose Kündigung, nicht als Widerruf.

Die Positionen der Parteien im Detail

Argumentation der Klägerin

Die Klägerin forderte Werklohn in Höhe von 5.268,91 Euro. Dieser Betrag errechnete sich aus dem vereinbarten Pauschalpreis abzüglich ersparter Aufwendungen. Sie legte dar, welche Kosten (Provisionen, variable Kosten, Gewinnmarge) sie durch die Nichtausführung des Auftrags eingespart habe und welche nicht. Sie betonte die Gültigkeit des Vertrages und die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung.

Argumentation des Beklagten

Der Beklagte beantragte die vollständige Abweisung der Klage. Er bestritt das Zustandekommen eines wirksamen Vertrages, da er von einem Kostenvoranschlag ausging. Sein Hauptargument war jedoch die fehlende oder zumindest fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Da er nie korrekt belehrt worden sei, habe die Widerrufsfrist nicht begonnen, und er könne den Vertrag faktisch jederzeit widerrufen.

Das Urteil des Landgerichts Offenburg: Klageabweisung

Das Gericht folgte der Argumentation des Beklagten und wies die Klage der Baufirma vollständig ab (Az.: 3 O 113/21). Die Klägerin muss zudem die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen. Der genaue Urteilstext mit der detaillierten Begründung liegt zwar nicht vollständig vor, die Entscheidung lässt jedoch klare Rückschlüsse zu.

Die Abweisung der Klage deutet stark darauf hin, dass das Gericht entweder Zweifel am Zustandekommen des Vertrages selbst hatte oder – was wahrscheinlicher ist – die Information über das Widerrufsrecht als unzureichend ansah. Konnte die Klägerin nicht beweisen, dass sie den Beklagten korrekt und nachweislich über sein Widerrufsrecht belehrt hat, konnte dieser den Vertrag auch noch Monate später wirksam widerrufen.

Ein Mangel in der Widerrufsbelehrung führt dazu, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Das Widerrufsrecht erlischt dann spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Da der Beklagte im April 2020 reagierte, lag dies innerhalb dieser verlängerten Frist, falls die Belehrung fehlte oder fehlerhaft war. Das Gericht hat offenbar die Voraussetzungen für einen wirksamen Widerruf als gegeben angesehen.

Bedeutung für Betroffene: Schutz bei Verträgen an der Haustür

Dieses Urteil hat erhebliche Bedeutung für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen abschließen, insbesondere bei Handwerkerleistungen, die an der Haustür angebahnt werden.

Es unterstreicht die Wichtigkeit des gesetzlichen Widerrufsrechts. Dieses Recht soll Verbraucher vor übereilten Entscheidungen in ungewohnten Situationen schützen. Unternehmen sind verpflichtet, aktiv, klar und nachweisbar über dieses Recht zu informieren.

Für Verbraucher bedeutet dies: Unterschreiben Sie nichts unter Zeitdruck. Bestehen Sie darauf, Vertragsunterlagen und insbesondere die Widerrufsbelehrung sofort ausgehändigt zu bekommen. Lesen Sie alles sorgfältig durch.

Die Beweislast für die korrekte Belehrung liegt beim Unternehmer. Kann dieser nicht nachweisen, dass der Kunde ordnungsgemäß informiert wurde, kann der Kunde den Vertrag unter Umständen auch noch sehr viel später widerrufen.

Fehlt die Belehrung ganz oder ist sie fehlerhaft (z.B. unvollständig, schwer verständlich, nicht in Textform übergeben), verlängert sich die Widerrufsfrist erheblich. Ein Widerruf kann dann oft noch nach Monaten erklärt werden, was zur Rückabwicklung des Vertrages führt. Bereits erbrachte Leistungen müssen dann ggf. nicht oder nur anteilig bezahlt werden (Wertersatz), wobei auch hier strenge Regeln gelten.

Das Urteil stärkt somit die Position von Verbrauchern gegenüber Unternehmen, die Verträge im Rahmen von Hausbesuchen abschließen, und mahnt diese Unternehmen zur strikten Einhaltung der Informationspflichten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass für einen wirksamen Widerruf keine besonderen Formulierungen nötig sind – auch die Verwendung des Wortes „Kündigung“ statt „Widerruf“ ist ausreichend, solange der Wille erkennbar ist, nicht am Vertrag festzuhalten. Die Gerichte stellen keine hohen Anforderungen an die Form der Widerrufserklärung. Für Verbraucher bedeutet dies eine wichtige Schutzmöglichkeit bei unerwünschten Haustürgeschäften oder Verträgen, die unter Druck zustande gekommen sind, da sie sich nicht an spezifische juristische Formulierungen halten müssen.

Benötigen Sie Hilfe?

Unsicher nach Vertragsabschluss an der Haustür?

Haben Sie einen Vertrag für Handwerkerleistungen oder Ähnliches nach einem unaufgeforderten Besuch bei Ihnen zu Hause abgeschlossen? Waren Sie sich unsicher, ob Sie alles richtig verstanden haben oder fühlten Sie sich unter Druck gesetzt? Das Gesetz sieht in solchen Fällen ein Widerrufsrecht vor, um Verbraucher vor übereilten Entscheidungen zu schützen.

Wenn Sie Zweifel an der Gültigkeit des Vertrags haben oder unsicher sind, ob Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden, ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen. Wir prüfen Ihren Fall sorgfältig und individuell und unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen. So gewinnen Sie Klarheit und können die nächsten Schritte fundiert entscheiden.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was genau bedeutet „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Geschäft“ und warum ist das für mein Widerrufsrecht wichtig?

Ein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Geschäft“ liegt vor, wenn Sie als Verbraucher einen Vertrag nicht in den festen oder üblichen Verkaufsräumen eines Unternehmens abschließen. Stattdessen kommt der Vertrag an einem Ort zustande, an dem Sie normalerweise nicht mit einem Vertragsangebot rechnen und sich möglicherweise überrumpelt fühlen könnten.

Typische Beispiele für solche Situationen

Stellen Sie sich vor, ein Vertrag wird geschlossen:

  • An Ihrer Haustür: Ein Vertreter klingelt unangekündigt und verkauft Ihnen etwas oder schließt einen Dienstleistungsvertrag (z.B. für Telekommunikation, Energie) ab.
  • In Ihrer Privatwohnung: Sie laden einen Handwerker für ein Angebot ein, und er legt Ihnen sofort einen umfassenden Vertrag zur Unterschrift vor, oder es findet eine organisierte Verkaufsveranstaltung (z.B. „Tupperparty“, aber vom Verkäufer initiiert) statt.
  • Auf der Straße, in der Fußgängerzone oder an anderen öffentlichen Orten: Sie werden direkt angesprochen und schließen dort einen Vertrag ab (z.B. für ein Zeitungsabo, eine Mitgliedschaft).
  • An Ihrem Arbeitsplatz.
  • Während einer Freizeitveranstaltung oder eines Ausflugs, der vom Unternehmer (mit-)organisiert wurde, um Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen (Beispiel: „Kaffeefahrt“ mit Verkaufspräsentation).
  • Auch relevant: Wenn Sie unmittelbar nachdem Sie außerhalb der Geschäftsräume persönlich angesprochen wurden, in die Geschäftsräume des Unternehmers oder mittels Telefon/E-Mail den Vertrag abschließen. Der vorherige Kontakt außerhalb ist hier entscheidend.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig für Ihr Widerrufsrecht?

Der Gesetzgeber erkennt an, dass Sie in solchen Situationen möglicherweise überrascht, überrumpelt oder psychisch unter Druck gesetzt werden könnten. Sie haben oft nicht die Gelegenheit, das Angebot in Ruhe zu prüfen, Preise zu vergleichen oder eine Nacht darüber zu schlafen, wie es in einem normalen Ladengeschäft der Fall wäre.

  • Besonderer Verbraucherschutz: Um Sie in diesen potenziell nachteiligen Situationen zu schützen, sieht das Gesetz bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ein besonderes Widerrufsrecht vor.
  • 14-tägige Bedenkzeit: Für Sie bedeutet das konkret: Sie haben in der Regel das Recht, einen solchen Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Diese Frist beginnt normalerweise erst zu laufen, wenn der Unternehmer Sie korrekt und vollständig über Ihr Widerrufsrecht informiert hat.
  • Grundlegende Voraussetzung: Ob ein Vertrag als „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen“ gilt, ist also eine entscheidende Weichenstellung dafür, ob Ihnen dieses gesetzliche Widerrufsrecht überhaupt zusteht.

Was sind „Geschäftsräume“?

Der Begriff „Geschäftsräume“ umfasst nicht nur feste Ladenlokale. Es können auch bewegliche Verkaufsstände auf Märkten oder Messen sein, wenn der Unternehmer dort dauerhaft oder zumindest üblicherweise seine Tätigkeit ausübt. Entscheidend ist oft, ob Sie als Kunde vernünftigerweise damit rechnen mussten, an diesem Ort mit einem geschäftlichen Angebot konfrontiert zu werden. Ein spontan nur für wenige Stunden aufgebauter Werbestand auf der Straße ist typischerweise kein Geschäftsraum im Sinne des Gesetzes.

Die Kenntnis dieser Definition ist für Sie wichtig, um beurteilen zu können, ob ein Vertrag, den Sie vielleicht in einer ungewöhnlichen Situation geschlossen haben, unter diese Schutzvorschriften fällt und Ihnen somit ein Widerrufsrecht ermöglicht.


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Welche Anforderungen muss eine korrekte Widerrufsbelehrung erfüllen, damit die Widerrufsfrist tatsächlich zu laufen beginnt?

Damit die 14-tägige Widerrufsfrist bei einem Vertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde (umgangssprachlich oft „Haustürgeschäft“ genannt), zu laufen beginnt, muss Ihnen der Unternehmer eine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt haben. Fehlt diese Belehrung oder ist sie fehlerhaft, beginnt die Frist nicht.

Was muss in einer korrekten Widerrufsbelehrung stehen?

Eine Widerrufsbelehrung muss klar, verständlich und vollständig sein. Sie muss Sie über die wichtigsten Aspekte Ihres Widerrufsrechts informieren:

  1. Das Bestehen des Widerrufsrechts: Es muss klar darauf hingewiesen werden, dass Sie den Vertrag widerrufen können.
  2. Die Dauer der Widerrufsfrist: Die Frist beträgt 14 Tage.
  3. Den Beginn der Frist: Es muss erklärt werden, wann genau die Frist beginnt. Bei Verträgen über Waren beginnt die Frist in der Regel erst, wenn Sie die Ware und die korrekte Widerrufsbelehrung erhalten haben. Bei Dienstleistungen beginnt sie oft mit dem Vertragsschluss, aber auch hier erst nach Erhalt der korrekten Belehrung.
  4. Den Adressaten des Widerrufs: Sie müssen wissen, an wen Sie Ihren Widerruf richten müssen. Name und Anschrift des Unternehmers müssen klar genannt sein. Eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse sollte ebenfalls angegeben sein, ist aber für die Wirksamkeit der Belehrung nicht immer zwingend.
  5. Die Form des Widerrufs: Es muss darauf hingewiesen werden, dass der Widerruf keine Begründung braucht. Er muss aber als eindeutige Erklärung erfolgen (z.B. per Brief, Fax oder E-Mail). Der Unternehmer kann hierfür ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen, dessen Nutzung aber nicht vorgeschrieben ist.
  6. Die Folgen des Widerrufs: Die Belehrung muss erklären, was passiert, wenn Sie widerrufen. Das bedeutet:
    • Sie müssen erhaltene Waren zurücksenden.
    • Der Unternehmer muss Ihnen alle Zahlungen (einschließlich der Standard-Lieferkosten) zurückerstatten.
    • Gegebenenfalls müssen Sie die Kosten für die Rücksendung der Ware tragen, aber nur, wenn Sie darüber korrekt belehrt wurden.

Wie und wann muss die Belehrung erfolgen?

Neben dem Inhalt sind auch Form und Zeitpunkt wichtig:

  • Form: Die Widerrufsbelehrung muss Ihnen in Textform zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, sie muss lesbar sein und auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt werden, zum Beispiel auf Papier, per E-Mail oder als PDF-Datei. Eine rein mündliche Belehrung reicht nicht aus.
  • Zeitpunkt: Sie müssen die Belehrung grundsätzlich vor Abgabe Ihrer Vertragserklärung erhalten. Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden (wie an der Haustür), muss Ihnen die Belehrung oft direkt bei Vertragsschluss auf Papier oder zumindest unverzüglich danach auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per E-Mail) zur Verfügung gestellt werden.
  • Klarheit: Die Belehrung muss sich deutlich vom übrigen Vertragstext abheben und darf nicht im Kleingedruckten versteckt sein. Sie muss für einen Laien leicht verständlich formuliert sein.

Was passiert, wenn die Widerrufsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist?

Ist die Widerrufsbelehrung nicht korrekt (z.B. unvollständig, unverständlich, in falscher Form oder zum falschen Zeitpunkt erteilt) oder fehlt sie ganz, hat das eine wichtige Folge:

  • Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen. Sie können den Vertrag also auch noch deutlich später widerrufen.
  • Dieses verlängerte Widerrufsrecht endet jedoch automatisch spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Zeitpunkt, an dem die Frist normalerweise begonnen hätte (also meist nach Erhalt der Ware oder nach Vertragsschluss).
  • Holt der Unternehmer die korrekte Belehrung innerhalb dieser zwölf Monate nach, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist ab dem Zeitpunkt des Erhalts der korrekten Belehrung zu laufen.

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Gilt das Widerrufsrecht auch für Werkverträge, wie beispielsweise bei Handwerkerleistungen oder Renovierungsarbeiten?

Ja, grundsätzlich kann Ihnen auch bei Werkverträgen ein gesetzliches Widerrufsrecht zustehen. Das betrifft zum Beispiel Verträge über Handwerkerleistungen, Reparaturen oder Renovierungsarbeiten.

Entscheidend ist dabei nicht die Art der Leistung (also ob Sie etwas kaufen oder eine Werkleistung beauftragen), sondern wo und wie der Vertrag zustande gekommen ist. Ein Widerrufsrecht besteht für Verbraucher insbesondere dann, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Handwerkers geschlossen wurde. Man spricht hier von einem „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ (früher oft als „Haustürgeschäft“ bezeichnet).

Wann gilt das Widerrufsrecht bei Werkverträgen?

Ein Widerrufsrecht bei Werkverträgen besteht für Sie als Verbraucher vor allem in diesen Situationen:

  1. Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen:
    • Der Vertrag wird in Ihrer Privatwohnung, am Arbeitsplatz, auf der Straße oder während eines vom Unternehmer organisierten Ausflugs (Kaffeefahrt) geschlossen (§ 312b BGB).
    • Beispiel: Ein Handwerker kommt zu Ihnen nach Hause, um sich etwas anzusehen, macht Ihnen direkt ein Angebot und Sie unterschreiben den Vertrag sofort vor Ort.
    • Auch wenn Sie den Handwerker selbst zu sich nach Hause bestellt haben, um ein Angebot einzuholen, und der Vertrag dann sofort bei diesem ersten Besuch geschlossen wird, handelt es sich oft um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag.
  2. Fernabsatzverträge:
    • Der Vertrag wird ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie Telefon, E-Mail, Brief oder über eine Webseite geschlossen (§ 312c BGB).
    • Beispiel: Sie beauftragen einen Malerbetrieb rein telefonisch oder per E-Mail mit Renovierungsarbeiten, ohne den Vertrag in dessen Geschäftsräumen zu unterschreiben.

Wichtige Voraussetzung: Der Handwerker oder Dienstleister muss Sie korrekt über Ihr Widerrufsrecht belehren. Dazu gehört die Information über das Bestehen des Rechts, die Fristen und wie Sie den Widerruf erklären können. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss. Werden Sie nicht oder fehlerhaft belehrt, verlängert sich Ihr Widerrufsrecht um bis zu zwölf Monate.

Beispiele für anwendbare Situationen

  • Ein Dachdecker klingelt unaufgefordert an Ihrer Tür, weist auf vermeintliche Schäden am Dach hin und schließt direkt vor Ort einen Vertrag über eine teure Reparatur ab.
  • Sie bestellen einen Fensterbauer zu sich nach Hause, um sich beraten zu lassen und ein Angebot einzuholen. Noch während des Termins in Ihrer Wohnung unterschreiben Sie den Auftrag für neue Fenster.
  • Sie fordern per E-Mail ein Angebot für Gartenarbeiten an und erteilen den Auftrag ebenfalls per E-Mail, ohne die Firma persönlich besucht zu haben.

Wichtige Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Es gibt Situationen, in denen das Widerrufsrecht auch bei außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossenen Werkverträgen nicht gilt:

  • Dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten (Notfälle): Wenn Sie den Handwerker ausdrücklich angefordert haben, zu Ihnen zu kommen, um eine dringende Reparatur durchzuführen (z.B. Rohrbruch, Heizungsausfall im Winter, Beseitigung von Sturmschäden), besteht für diesen spezifischen Notdienst-Vertrag kein Widerrufsrecht (§ 312g Abs. 2 Nr. 11 BGB). Aber Achtung: Das gilt nur für die unmittelbar notwendige Notfallmaßnahme. Werden bei dieser Gelegenheit zusätzliche, nicht dringende Arbeiten vereinbart, kann dafür wiederum ein Widerrufsrecht bestehen.
  • Verträge über erhebliche Umbaumaßnahmen: Bei Verträgen über den Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden besteht kein Widerrufsrecht (§ 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Einfache Renovierungs- oder Instandhaltungsarbeiten fallen hier in der Regel nicht darunter. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein.
  • Vertragsschluss im Geschäft: Wenn Sie den Handwerker in seinen Geschäftsräumen (Büro, Werkstatt) aufsuchen und dort den Vertrag abschließen, haben Sie kein gesetzliches Widerrufsrecht.
  • Individuelle Anfertigungen: Wenn eine Werkleistung nach Ihren ganz spezifischen, individuellen Wünschen angefertigt wird (z.B. eine speziell designte Einbautreppe), kann das Widerrufsrecht ausgeschlossen sein (§ 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB). Bei typischen Handwerkerleistungen ist dies aber seltener der Fall.

Wenn Sie einen Werkvertrag wirksam widerrufen, wird dieser rückgängig gemacht. Haben Sie den Handwerker jedoch vor Ablauf der Widerrufsfrist ausdrücklich aufgefordert, mit der Arbeit zu beginnen, und wurden Sie korrekt über das Widerrufsrecht und die möglichen Folgen (Wertersatz) belehrt, müssen Sie unter Umständen für die bereits erbrachten Leistungen einen angemessenen Betrag bezahlen (§ 357 Abs. 8 BGB).


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Was passiert, wenn ich keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten habe? Welche Fristen gelten dann für meinen Widerruf?

Wenn Sie bei einem Vertrag, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde (oft als „Haustürgeschäft“ bezeichnet), keine oder nur eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten haben, hat das direkte Auswirkungen auf Ihr Widerrufsrecht.

Die normale Widerrufsfrist beginnt nicht

Grundsätzlich haben Sie bei solchen Verträgen ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Diese 14-Tage-Frist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.

Fehlt die Widerrufsbelehrung komplett oder ist sie fehlerhaft (zum Beispiel unvollständig, unverständlich oder mit falschen Angaben zur Frist), beginnt die übliche 14-tägige Widerrufsfrist für Sie nicht zu laufen. Sie können den Vertrag also auch noch nach Ablauf von 14 Tagen widerrufen.

Eine deutlich längere Frist für den Widerruf

Anstelle der 14-Tage-Frist gilt in diesem Fall eine wesentlich längere Frist. Ihr Widerrufsrecht erlischt dann spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Zeitpunkt, an dem die Frist normalerweise begonnen hätte. Bei Warenlieferungen ist dies in der Regel der Tag, an dem Sie die Ware erhalten haben; bei Dienstleistungen oder digitalen Inhalten ist es der Tag des Vertragsschlusses.

  • Beispiel: Sie schließen am 10. März an Ihrer Haustür einen Vertrag über eine Dienstleistung ab, erhalten aber keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Ihr Widerrufsrecht erlischt dann nicht schon am 24. März, sondern erst am 24. März des Folgejahres (12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss).

Was passiert, wenn die Belehrung nachgeholt wird?

Es ist möglich, dass der Unternehmer die fehlende oder fehlerhafte Belehrung nachholt und Ihnen eine korrekte Widerrufsbelehrung zukommen lässt. Ab dem Zeitpunkt, an dem Sie die korrekte Belehrung erhalten, beginnt die normale 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen. Sie haben dann also ab Erhalt der korrekten Belehrung noch 14 Tage Zeit, um Ihren Widerruf zu erklären.

Die maximale Frist von zwölf Monaten und 14 Tagen stellt also sicher, dass Ihr Widerrufsrecht nicht unendlich lange bestehen bleibt, auch wenn Sie nie korrekt belehrt werden. Erhalten Sie aber innerhalb dieser Maximalfrist eine korrekte Belehrung, gilt ab diesem Moment wieder die kürzere 14-Tage-Frist.


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Wie widerrufe ich einen Vertrag korrekt und was sind die Konsequenzen eines wirksamen Widerrufs?

Wenn Sie einen Vertrag, der zum Beispiel direkt an Ihrer Haustür geschlossen wurde (ein sogenanntes Haustürgeschäft), rückgängig machen möchten, können Sie Ihr Widerrufsrecht nutzen. Hier erfahren Sie, wie Sie den Widerruf erklären und welche Folgen das hat.

Wie erklären Sie den Widerruf richtig?

Um einen Vertrag wirksam zu widerrufen, müssen Sie dem Unternehmer klar mitteilen, dass Sie den Vertrag nicht mehr wollen.

  • Form: Sie müssen den Widerruf nicht in einer bestimmten Form erklären. Eine E-Mail, ein Brief oder ein Fax reichen aus (sogenannte Textform). Theoretisch ist auch ein Anruf möglich. Wichtig ist aber, dass Sie später nachweisen können, dass und wann Sie den Widerruf erklärt haben. Daher ist eine schriftliche Form oder eine E-Mail empfehlenswert. Manche Unternehmer bieten auch ein Online-Formular für den Widerruf an.
  • Adressat: Richten Sie Ihren Widerruf immer direkt an den Unternehmer, mit dem Sie den Vertrag geschlossen haben. Die Kontaktdaten finden Sie normalerweise in den Vertragsunterlagen oder der Widerrufsbelehrung.
  • Inhalt: Aus Ihrer Erklärung muss eindeutig hervorgehen, dass Sie den Vertrag widerrufen möchten. Sie müssen das Wort „Widerruf“ nicht zwingend verwenden. Eine Formulierung wie „Hiermit trete ich vom Vertrag zurück“ oder „Ich möchte den Vertrag rückgängig machen“ genügt. Eine Begründung für Ihren Widerruf ist nicht erforderlich. Es ist hilfreich, wenn Sie Vertragsdetails wie Ihre Kundennummer, die Bestell- oder Rechnungsnummer und das Datum des Vertragsschlusses angeben, damit der Unternehmer Ihre Erklärung schnell zuordnen kann. Oft stellt der Unternehmer auch ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung, das Sie nutzen können, aber nicht müssen.
  • Frist: Beachten Sie die Widerrufsfrist. Diese beträgt in der Regel 14 Tage. Die Frist beginnt meist erst, wenn Sie die Ware erhalten haben und der Unternehmer Sie korrekt über Ihr Widerrufsrecht informiert hat.

Was passiert nach einem wirksamen Widerruf?

Ein wirksamer Widerruf führt dazu, dass der Vertrag rückgängig gemacht wird. Beide Seiten müssen die bereits erhaltenen Leistungen zurückgeben.

  • Pflichten des Unternehmers:
    • Rückzahlung: Der Unternehmer muss Ihnen alle Zahlungen, die er von Ihnen erhalten hat, zurückzahlen. Dazu gehören auch die Standard-Lieferkosten (nicht jedoch zusätzliche Kosten für eine teurere Versandart, die Sie gewählt haben).
    • Frist für Rückzahlung: Die Rückzahlung muss unverzüglich erfolgen, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen, nachdem der Unternehmer Ihre Widerrufserklärung erhalten hat.
    • Zahlungsmittel: Für die Rückzahlung muss der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden, das Sie bei der ursprünglichen Zahlung genutzt haben (z.B. Rücküberweisung auf Ihr Konto), es sei denn, Sie haben ausdrücklich etwas anderes vereinbart und Ihnen entstehen dadurch keine zusätzlichen Kosten.
    • Zurückbehaltungsrecht: Der Unternehmer darf die Rückzahlung verweigern, bis er entweder die Ware von Ihnen zurückerhalten hat oder Sie nachgewiesen haben, dass Sie die Ware abgeschickt haben.
  • Pflichten des Verbrauchers (also Ihre Pflichten):
    • Rücksendung der Ware: Sie müssen die erhaltene Ware unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 14 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufserklärung an den Unternehmer zurücksenden oder ihm übergeben.
    • Kosten der Rücksendung: Die direkten Kosten für die Rücksendung der Ware tragen normalerweise Sie als Verbraucher. Voraussetzung ist aber, dass der Unternehmer Sie vor Vertragsschluss darüber informiert hat. Hat er das nicht getan, muss er die Rücksendekosten tragen.
    • Besonderheit bei Haustürgeschäften: Wenn die Ware zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu Ihnen nach Hause geliefert wurde und sie aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht normal per Post zurückgesendet werden kann (z.B. große Möbelstücke), muss der Unternehmer die Ware auf seine Kosten bei Ihnen abholen.

Wann müssen Sie Wertersatz leisten?

Sie dürfen die Ware prüfen, wie es auch in einem Ladengeschäft möglich wäre. Wenn die Ware jedoch durch einen Umgang an Wert verliert, der über diese Prüfung hinausgeht, kann der Unternehmer unter Umständen Wertersatz von Ihnen verlangen.

  • Voraussetzungen: Ein Anspruch auf Wertersatz besteht nur, wenn
    1. der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise nicht notwendig war (Beispiel: Sie tragen eine bestellte Jacke einen Tag lang draußen statt sie nur anzuprobieren) und
    2. der Unternehmer Sie vor Vertragsschluss korrekt über Ihr Widerrufsrecht und die Möglichkeit des Wertersatzes informiert hat.

Das bloße Auspacken und Ausprobieren der Ware führt also in der Regel nicht zu einer Pflicht, Wertersatz zu leisten. Haben Sie den Artikel aber darüber hinaus genutzt, könnte ein Anspruch bestehen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Werklohn

Der Werklohn ist die Vergütung, die ein Unternehmer für die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder für einen anderen durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführenden Erfolg erhält. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in § 631 BGB für den Werkvertrag, geregelt. Im konkreten Fall forderte die Baufirma den vereinbarten Werklohn für die geplante Fassadensanierung. Da der Vertrag aber möglicherweise wirksam widerrufen wurde und die Arbeiten nicht ausgeführt wurden, scheiterte die Firma mit ihrer Zahlungsforderung vor Gericht.

Beispiel: Wenn Sie Ihr Auto zur Reparatur in die Werkstatt bringen, ist der Betrag auf der Rechnung der Werklohn für die erbrachte Reparaturleistung.


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Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Geschäft

Ein „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag“ liegt vor, wenn ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher nicht in den ständigen Geschäftsräumen des Unternehmers (z. B. Ladenlokal), sondern zum Beispiel in der Privatwohnung des Verbrauchers geschlossen wird (§ 312b BGB). Dies war hier der Fall, da der Handelsvertreter der Baufirma den Hausbesitzer unaufgefordert zu Hause besuchte und dort der Vertrag unterzeichnet wurde. Solche Verträge gelten als potenziell überrumpelnd für den Verbraucher. Deshalb stehen ihm bei solchen Geschäften besondere Schutzrechte wie das Widerrufsrecht zu.

Beispiel: Ein Vertreter klingelt unerwartet an Ihrer Tür und verkauft Ihnen einen Staubsauger oder, wie im Text, eine Handwerkerleistung. Der Vertrag wird direkt in Ihrer Wohnung unterschrieben – das ist ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenes Geschäft.


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Widerrufsrecht

Das Widerrufsrecht gibt Verbrauchern bei bestimmten Vertragsarten, wie den hier vorliegenden „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Geschäften“, die Möglichkeit, sich innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen wieder vom Vertrag zu lösen (§§ 312g, 355 BGB). Es dient dem Schutz vor übereilten Entscheidungen, insbesondere in Situationen, in denen der Verbraucher überrascht oder unter Druck gesetzt werden könnte (z.B. an der Haustür). Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht wirksam aus, ist der Vertrag von Anfang an unwirksam, und bereits ausgetauschte Leistungen müssen zurückgewährt werden. Im Fall argumentierte der Hausbesitzer erfolgreich, dass er den Vertrag noch widerrufen konnte.

Beispiel: Sie bestellen Kleidung online. Nach der Lieferung stellen Sie fest, dass sie nicht passt. Dank des Widerrufsrechts können Sie die Kleidung innerhalb von 14 Tagen zurücksenden und erhalten Ihr Geld zurück, ohne einen Grund angeben zu müssen.


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Widerrufsbelehrung

Die Widerrufsbelehrung ist die gesetzlich vorgeschriebene Information, die ein Unternehmer einem Verbraucher über dessen Widerrufsrecht geben muss (§ 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB). Sie muss klar und verständlich sein, über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren (z.B. an wen der Widerruf zu richten ist). Zudem muss sie dem Verbraucher in Textform (z.B. auf Papier, per E-Mail) zur Verfügung gestellt werden. Im Fall war entscheidend, ob die Belehrung auf der Rückseite des Auftragsformulars korrekt war und ob der Hausbesitzer sie tatsächlich erhalten hat, da eine fehlerhafte oder fehlende Belehrung den Beginn der Widerrufsfrist verhindert.

Beispiel: Bei einem Online-Kauf oder einem Vertragsschluss an der Haustür erhalten Sie ein Dokument oder einen Abschnitt in den Vertragsunterlagen, der genau erklärt, wie lange und auf welche Weise Sie den Vertrag rückgängig machen können. Das ist die Widerrufsbelehrung.


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Widerrufsfrist

Die Widerrufsfrist ist der gesetzlich festgelegte Zeitraum, innerhalb dessen ein Verbraucher sein Widerrufsrecht ausüben kann. Sie beträgt im Regelfall 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB). Ganz entscheidend ist jedoch: Die Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und die Belehrung auch erhalten hat. Im Fall des Hausbesitzers war dies der Knackpunkt: Da das Gericht offenbar davon ausging, dass er nicht korrekt belehrt wurde, hatte die 14-tägige Frist nie begonnen. Das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss, selbst wenn die Belehrung fehlerhaft war oder fehlte (§ 356 Abs. 3 BGB).

Beispiel: Sie schließen am 10. Mai an der Haustür einen Vertrag und erhalten sofort eine korrekte Widerrufsbelehrung auf Papier. Die 14-tägige Frist beginnt am 11. Mai und endet am 24. Mai um Mitternacht. Versäumen Sie es, die Belehrung auszuhändigen, beginnt die Frist nicht.


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Beweislast

Die Beweislast beschreibt die rechtliche Verpflichtung einer Partei in einem Gerichtsverfahren, das Vorliegen einer bestimmten, für sie günstigen Tatsache zu beweisen. Kann die Partei, die die Beweislast trägt, den Beweis nicht erbringen, geht das Gericht davon aus, dass die Tatsache nicht vorliegt – dies wirkt sich dann zum Nachteil dieser Partei aus (Grundsatz: „Wer etwas behauptet, muss es beweisen“). Im vorliegenden Fall trug die Baufirma (Klägerin) die Beweislast dafür, dass sie den Hausbesitzer (Beklagten) ordnungsgemäß und nachweisbar über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Da sie diesen Beweis anscheinend nicht führen konnte, entschied das Gericht zugunsten des Hausbesitzers.

Beispiel: Wenn Sie jemanden auf Schadensersatz verklagen, weil er Ihr Auto beschädigt hat, müssen Sie beweisen, dass genau diese Person den Schaden verursacht hat. Gelingt Ihnen dieser Beweis nicht, tragen Sie die negativen Folgen (Ihre Klage wird abgewiesen), auch wenn der Schaden tatsächlich existiert.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 312b BGB (Verträge außerhalb von Geschäftsräumen): Diese Norm regelt Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen werden. Dazu gehören Situationen, in denen der Verbraucher, wie im vorliegenden Fall, unaufgefordert in seiner Privatwohnung vom Unternehmer aufgesucht wird und dort ein Vertrag geschlossen wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Handelsvertreter den Beklagten unaufgefordert zu Hause aufsuchte, könnte es sich um einen Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen handeln, was dem Beklagten ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB einräumen könnte.
  • § 355 BGB (Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen): Verbrauchern steht bei bestimmten Vertragstypen, insbesondere bei Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen, ein Widerrufsrecht zu. Dieses Recht erlaubt es dem Verbraucher, sich innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zu lösen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Sollte § 312b BGB einschlägig sein, hätte der Beklagte grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Die fristlose Kündigung des Beklagten könnte als Ausübung dieses Widerrufsrechts interpretiert werden, falls die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen war oder fehlerhaft belehrt wurde.
  • Art. 246a Abs. 1 Nr. 1 EGBGB i.V.m. Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB (Informationspflichten bei Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen und Fernabsatzverträgen): Diese Normen verpflichten den Unternehmer, den Verbraucher klar und verständlich über sein Widerrufsrecht zu informieren und ihm ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Die korrekte Belehrung ist entscheidend für den Beginn der Widerrufsfrist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wirksamkeit des Widerrufsrechts und der Beginn der Widerrufsfrist hängen maßgeblich davon ab, ob der Beklagte ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Die im Auftragsschreiben abgedruckte Widerrufsbelehrung ist daher zentral für die Beurteilung des Falls.
  • § 631 BGB (Werkvertrag): Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, hier die Fassadensanierung, und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Dies begründet das Grundverhältnis zwischen Klägerin und Beklagtem. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch der Klägerin auf Vergütung basiert auf dem Werkvertrag. Ob dieser Anspruch besteht, hängt jedoch davon ab, ob der Vertrag wirksam widerrufen oder gekündigt wurde und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.
  • § 648 BGB (Kündigungsrecht des Bestellers): Der Besteller kann einen Werkvertrag jederzeit bis zur Vollendung des Werkes kündigen. Im Falle einer Kündigung stehen dem Unternehmer gemäß § 648 Satz 2 BGB jedoch grundsätzlich Vergütung für die erbrachten Leistungen und Ersatz für sonstige Aufwendungen zu, wobei er sich das anrechnen lassen muss, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kündigung des Beklagten vom 17.04.2020 ist grundsätzlich wirksam. Die Klage der Klägerin zielt auf die Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen, was den Rechtsfolgen einer Kündigung nach § 648 BGB entspricht, auch wenn der Beklagte die Kündigung als „fristlos“ bezeichnet hat, was im Werkvertragsrecht so nicht vorgesehen ist, aber als ordentliche Kündigung ausgelegt wird.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Hausbesitzer zum Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften

Ein Handwerker klingelt unerwartet und bietet eine günstige Dachreinigung an. Oder ein Vertreter verspricht die schnelle Sanierung der Fassade zu Sonderkonditionen direkt vor Ort. Solche Situationen an der eigenen Haustür können schnell zu einem Vertragsschluss führen, dessen Konditionen und Notwendigkeit man später vielleicht bereut.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Seien Sie bei unaufgeforderten Angeboten an der Haustür vorsichtig.
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, wenn Handwerker oder Vertreter unangekündigt bei Ihnen klingeln und Dienstleistungen (wie Fassaden- oder Dachsanierungen) anbieten. Nehmen Sie sich Zeit, Angebote in Ruhe zu prüfen und gegebenenfalls Vergleichsangebote einzuholen, bevor Sie etwas unterschreiben.


Tipp 2: Prüfen Sie Ihr Widerrufsrecht bei Verträgen am Wohnort.
Bei Verträgen über Handwerkerleistungen (z. B. Sanierungen), die Sie als Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers schließen – also typischerweise bei Ihnen zu Hause nach einem unaufgeforderten Besuch – steht Ihnen in der Regel ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Sie können den Vertrag innerhalb dieser Frist ohne Angabe von Gründen widerrufen.

⚠️ ACHTUNG: Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn Sie vom Unternehmer korrekt und nachweisbar über Ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.


Tipp 3: Bestehen Sie auf einer korrekten und nachweisbaren Widerrufsbelehrung.
Der Unternehmer ist verpflichtet, Sie vor Vertragsschluss klar und verständlich über Ihr Widerrufsrecht zu informieren. Diese Belehrung muss Ihnen auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger (z. B. PDF) zur Verfügung gestellt werden. Achten Sie darauf, dass Ihnen die Belehrung tatsächlich ausgehändigt wird und bewahren Sie diese gut auf.

Beispiel: Im beschriebenen Fall war strittig, ob der Hausbesitzer das Auftragsformular mit der Widerrufsbelehrung auf der Rückseite bei Vertragsschluss überhaupt erhalten hat. Dies wurde dem Unternehmen zum Verhängnis.

⚠️ ACHTUNG: Unterschreiben Sie keine Bestätigung über den Erhalt der Widerrufsbelehrung, wenn Sie diese nicht tatsächlich erhalten und verstanden haben. Eine fehlende oder fehlerhafte Belehrung kann weitreichende Folgen haben (siehe Tipp 4).


Tipp 4: Kennen Sie die Folgen einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung.
Wenn der Unternehmer Sie nicht oder fehlerhaft über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen. Ihr Widerrufsrecht erlischt in diesem Fall erst zwölf Monate und 14 Tage nach dem eigentlichen Vertragsschluss. Das bedeutet, Sie können unter Umständen auch noch sehr lange nach Abschluss des Vertrags (und ggf. sogar nach Ausführung der Arbeiten) den Vertrag widerrufen.

⚠️ ACHTUNG: Wenn Sie erst nach Beginn der Arbeiten widerrufen, können komplexe Fragen bezüglich bereits erbrachter Leistungen und eventueller Wertersatzpflichten entstehen. Hier ist eine rechtliche Prüfung dringend anzuraten.


Tipp 5: Widerrufen Sie fristgerecht und nachweisbar.
Möchten Sie einen an der Haustür geschlossenen Vertrag widerrufen, erklären Sie den Widerruf gegenüber dem Unternehmen. Eine Begründung ist nicht nötig. Wichtig ist, dass Sie den Widerruf innerhalb der Frist absenden. Nutzen Sie hierfür am besten eine Versandart mit Nachweis (z. B. Einschreiben oder E-Mail mit Sende-/Lesebestätigung), um die fristgerechte Absendung belegen zu können.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Auch wenn ein Widerruf erfolgreich war, wie im geschilderten Fall, kann es im Nachgang zu Streitigkeiten kommen, etwa über den Zustand des Hauses nach teilweiser Leistungserbringung oder über die Rückabwicklung bereits erfolgter Zahlungen oder Leistungen. Dokumentieren Sie den Zustand vor und während der Arbeiten (z. B. durch Fotos), wenn möglich.

Checkliste: Widerruf bei Haustürgeschäften (z. B. Sanierungsvertrag)

  • Wurde der Vertrag bei Ihnen zu Hause nach einem unaufgeforderten Besuch des Unternehmers/Vertreters geschlossen?
  • Haben Sie vor Ihrer Unterschrift eine schriftliche Widerrufsbelehrung erhalten?
  • Ist die Belehrung klar, verständlich und vollständig (nennt sie Frist, Adressat, Folgen)?
  • Ist die Widerrufsfrist (14 Tage ab Belehrung / max. 12 Monate + 14 Tage ohne korrekte Belehrung) noch offen?
  • Wenn Sie widerrufen wollen: Haben Sie den Widerruf nachweisbar (z. B. per Einschreiben) an das Unternehmen gesendet?

Das vorliegende Urteil


LG Offenburg – Az.: 3 O 113/21 – Urteil vom 30.12.2021


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