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Bauhandwerkersicherung bei Vormerkung: Warum sie oft nicht genügt

Ein Bauherr bot zur Sicherung seiner Bauverpflichtungen eine Vormerkung im Grundbuch an, während der Bauunternehmer auf einer vollständigen Bauhandwerkersicherung bestand. Das Kammergericht Berlin musste nun klären, welche dieser Sicherheiten tatsächlich zählt – und ob eine davon überflüssig war.

Zum vorliegenden Urteil 7 U 41/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Kammergericht Berlin
  • Datum: 19. Februar 2025
  • Aktenzeichen: 7 U 41/23
  • Verfahren: Beschlussverfahren
  • Rechtsbereiche: Bauvertragsrecht, Sicherungsrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Ein Bauunternehmer verlangte vom Besteller eine Sicherheit für seine Bezahlung. Der Besteller war der Meinung, er habe bereits ausreichend Vorkehrungen getroffen.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Bauunternehmer eine weitere Sicherheit für seine Bezahlung erhalten, obwohl der Bauherr bereits Geld hinterlegt oder eine Vormerkung im Grundbuch eintragen ließ?
  • Die Antwort: Ja, eine hinterlegte Geldsumme zur Abwendung der Zwangsvollstreckung oder eine bloße Vormerkung im Grundbuch reichen in der Regel nicht aus. Der Bauunternehmer hat in solchen Fällen trotzdem Anspruch auf eine zusätzliche, vollwertige Sicherheit.
  • Die Bedeutung: Bauunternehmer können trotz bestehender, aber schwächerer Sicherheiten weiterhin eine vollwertige Bauhandwerkersicherung fordern. Bauherren müssen beachten, dass eine Vormerkung im Grundbuch allein oft nicht genügt, um eine solche Forderung abzuwehren.

Der Fall vor Gericht


Wie ein juristisches Schachspiel um Sicherheiten am Bau entschieden wurde

Ein Streit zwischen einem Bauunternehmer und seinem Auftraggeber eskalierte zu einem komplexen juristischen Schachspiel. Der Bauherr machte zwei Züge, um sich abzusichern.

Ein Bauunternehmer fordert Sicherheit. Er präsentiert die Sicherungshypothek und prüft Belege am Bauplan des Bestellers.
Hinterlegung und Vormerkung reichen nicht; Kammergericht fordert Sicherheit nach §650f BGB, Löschung Zug um Zug. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Er hinterlegte fast 860.000 Euro bei Gericht, um eine drohende Zwangsvollstreckung abzuwehren. Zusätzlich ließ er ein rechtliches „Reserviert-Schild“ – eine Vormerkung – auf seinem Grundstück eintragen. Er schien den Forderungen des Bauunternehmers den Wind aus den Segeln genommen zu haben. Doch der Unternehmer machte einen Gegenangriff. Er verlangte eine andere, weitaus stärkere Form der Sicherheit. Das Kammergericht Berlin musste als Schiedsrichter in dieser Partie die Regeln klären – und entscheiden, wann eine Sicherheit eine andere aussticht.

Warum war der Bauherr überzeugt, bereits genug getan zu haben?

Der Bauherr stützte seine Verteidigung auf zwei Säulen. Die erste war die massive Geldsumme von 859.210,60 Euro, die er bei Gericht hinterlegt hatte. Dieser Schritt war eine Reaktion auf ein früheres Urteil, um dessen zwangsweise Durchsetzung zu verhindern. Aus seiner Sicht war damit ein großer Teil der Forderung des Bauunternehmers bereits greifbar gesichert.

Die zweite Säule war eine Vormerkung im Grundbuch in Höhe von 790.000 Euro. Diese Vormerkung diente der Sicherung eines Anspruchs des Bauunternehmers auf eine sogenannte Sicherungshypothek nach § 650e des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Im Klartext bedeutet das: Die Vormerkung garantierte dem Unternehmer einen vorderen Rang im Grundbuch, falls er später erfolgreich eine echte Hypothek eintragen lassen könnte. Der Bauherr argumentierte, diese Kombination aus hinterlegtem Geld und reserviertem Platz im Grundbuch müsse genügen. Eine weitere Sicherheitsleistung, die der Unternehmer auf Basis von § 650f BGB forderte, sei überflüssig.

Weshalb sah das Gericht die Sache anders?

Das Kammergericht zerlegte die Argumentation des Bauherrn Punkt für Punkt. Die Richter stellten klar, dass die beiden Sicherungsversuche des Bauherrn nicht die geforderte Qualität erreichten.

Der erste Punkt betraf das hinterlegte Geld. Das Gericht verwies auf eine klare Linie des Bundesgerichtshofs. Eine Zahlung, die nur dazu dient, eine Zwangsvollstreckung abzuwenden, ist keine Erfüllung der eigentlichen Forderung. Sie dient einem anderen Zweck – der Abwehr einer prozessualen Maßnahme. Sie ersetzt nicht den Anspruch des Bauunternehmers auf eine solide, zukunftssichere Absicherung seiner Vergütung. Die Hinterlegung war damit vom Tisch.

Der zweite, entscheidende Punkt war die Vormerkung. Hier lag der Denkfehler des Bauherrn. Eine Vormerkung ist nicht dasselbe wie eine vollwertige Sicherungshypothek. Die Richter beschrieben die Vormerkung als ein „relativ schwaches Mittel“. Sie sichert lediglich den Rang, also den Platz in der Warteschlange. Sie garantiert aber nicht, dass die Hypothek am Ende tatsächlich ins Grundbuch eingetragen wird. Das ist ein Risiko. Besonders dann, wenn die Vormerkung in einem schnellen Eilverfahren nur auf Basis von Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) erstritten wurde. Im späteren Hauptverfahren gelten strengere Beweisregeln. Dort könnte der Anspruch auf die Hypothek scheitern.

Eine echte Sicherheit im Sinne des Gesetzes, wie sie etwa eine Hypothek nach den Vorschriften der §§ 232 ff. BGB darstellt, muss aber genau das leisten: eine verlässliche, durchsetzbare Garantie. Die Vormerkung war nur ein Versprechen auf eine Sicherheit – nicht die Sicherheit selbst. Der Anspruch des Bauunternehmers aus § 650f BGB blieb bestehen.

Wie löst das Gesetz den Konflikt um doppelte Sicherheiten?

Das Gericht stand nun vor einer kniffligen Situation. Würde es dem Bauunternehmer die stärkere Sicherheit nach § 650f BGB zusprechen, hätte dieser potenziell zwei Sicherheiten: die neue, starke Sicherheit und die alte, schwächere Vormerkung. Das wäre eine Übersicherung.

Hier zeigte das Gericht eine elegante rechtliche Lösung auf. Das Gesetz regelt in § 650f Abs. 4 BGB, dass ein Anspruch auf eine Sicherungshypothek (§ 650e BGB) ausgeschlossen ist, wenn der Unternehmer bereits eine Sicherheit nach § 650f BGB erhalten hat. Im Umkehrschluss bedeutet das: Sobald der Bauunternehmer die stärkere Sicherheit erhält, verliert die schwächere Vormerkung ihren Zweck.

Daraus leiteten die Richter einen Anspruch des Bauherrn auf Löschung der Vormerkung ab. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 BGB), weil der rechtliche Grund für die Vormerkung wegfällt. Diesen Anspruch auf Löschung kann der Bauherr wie eine Waffe einsetzen – in Form eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB.

Das Ergebnis ist eine Verurteilung Zug um Zug, wie es § 274 BGB vorsieht. Der Bauherr muss die vom Gericht angeordnete, starke Sicherheit leisten. Er muss dies aber nur tun, wenn der Bauunternehmer im Gegenzug der Löschung der überflüssig gewordenen Vormerkung im Grundbuch zustimmt. Das System stellt so sicher, dass am Ende ein fairer Ausgleich herrscht. Eine schwache Sicherheit wird durch eine starke ersetzt, ohne dass eine Partei am Ende doppelt belastet oder übervorteilt wird.

Die Urteilslogik

Gerichte betonen die Notwendigkeit robuster Sicherheiten im Bauvertrag und grenzen unzureichende Absicherungen klar ab.

  • Vormerkung ist keine vollwertige Sicherheit: Eine bloße Vormerkung im Grundbuch sichert lediglich den Rang eines Anspruchs, nicht jedoch dessen tatsächliche Durchsetzbarkeit als vollwertige Hypothek.
  • Prozedurale Geldhinterlegung ersetzt keine Sach-Sicherheit: Ein hinterlegter Geldbetrag, der lediglich die Zwangsvollstreckung abwehrt, erfüllt nicht die Anforderung an eine materielle Sicherungsleistung für Bauleistungen.
  • Recht vermeidet Übersicherung: Erhält der Bauunternehmer eine stärkere, gesetzlich vorgesehene Sicherheit, entfällt der Rechtsgrund für eine schwächere, vorbestehende Absicherung, wodurch der Bauherr deren Löschung verlangen kann.

Das Gericht stellt damit sicher, dass im Bauvertragsrecht eine faire und effektive Balance zwischen den Sicherungsbedürfnissen der Parteien gewahrt bleibt.


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Experten Kommentar

Manche Bauherren glauben, mit einer Vormerkung im Grundbuch oder einer bloßen Geldhinterlegung ist alles geregelt. Dieses Urteil zeigt aber: Ein „Reserviert-Schild“ für eine Hypothek ist keine vollwertige Bauhandwerkersicherung nach dem Gesetz. Das Kammergericht stellt klar, dass nur eine tatsächlich verlässliche und durchsetzbare Sicherheit den Bauunternehmer schützt. Wer als Bauherr die gesetzlich vorgesehene Absicherung umgehen möchte, lernt hier eines Besseren – eine Vormerkung allein ist für diesen Zweck nicht ausreichend.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie berechnet sich die exakte Höhe meiner Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB?

Die exakte Höhe Ihrer Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB ist nicht das Ergebnis einer komplexen Berechnungsformel, sondern primär an der Höhe der Forderung des Bauunternehmers orientiert. Viel entscheidender als die reine Summe ist jedoch die Qualität der Sicherheit: Gerichte fordern eine „echte“, durchsetzbare Garantie (z.B. eine Bankbürgschaft), nicht nur hohe, aber rechtlich schwache Beträge wie reine Hinterlegungen zur Abwehr der Zwangsvollstreckung oder Vormerkungen im Grundbuch.

Juristen nennen das eine wichtige Nuance. Oft gehen Bauherren davon aus, dass eine bereits hinterlegte hohe Geldsumme oder eine Vormerkung im Grundbuch als ausreichende Sicherheit zählt. Ein Bauherr hinterlegte fast 860.000 Euro, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden. Zusätzlich ließ er eine Vormerkung über 790.000 Euro eintragen. Das Gericht sah diese Versuche kritisch. Richter betonten, dass eine Zahlung zur Abwehr einer Zwangsvollstreckung nicht die eigentliche Forderung erfüllt. Sie dient einem anderen, prozessualen Zweck.

Auch eine Vormerkung, die lediglich den Rang für eine spätere Hypothek sichert, ist kein gleichwertiger Ersatz. Es handelt sich hierbei um ein relativ schwaches Mittel, das keine verlässliche, durchsetzbare Garantie bietet. Eine „echte Sicherheit“ nach § 650f BGB muss den Anforderungen der §§ 232 ff. BGB genügen. Das bedeutet konkret: Es muss eine Absicherung sein, die im Ernstfall tatsächlich greift und nicht erst noch juristisch erstritten werden muss.

Denken Sie an eine Restaurantreservierung: Eine Vormerkung ist wie ein reservierter Tisch. Sie sichert Ihnen zwar einen Platz, aber sie bezahlt noch nicht das Essen. Die eigentliche Sicherheit – die „echte Garantie“ – wäre die im Voraus bezahlte Rechnung, die Ihnen das Gericht als Bankbürgschaft vorschreiben könnte.

Prüfen Sie sofort, ob Ihre bestehenden oder geplanten Sicherheiten den hohen Qualitätsanforderungen ‚echter Sicherheiten‘ wie einer unwiderruflichen Bankbürgschaft oder den Vorschriften der §§ 232 ff. BGB genügen. Konzentrieren Sie sich nicht nur auf die reine Geldsumme. Holen Sie hierfür unbedingt rechtlichen Rat ein, um teure Fehler zu vermeiden und Ihre Liquidität zu schützen.


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Welche Risiken oder Nachteile entstehen mir als Bauherr durch diese Sicherheit?

Als Bauherr riskieren Sie, dass vom Gericht bereits erbrachte, aber rechtlich „schwache Sicherheiten“ wie eine Vormerkung oder Hinterlegung zur Zwangsvollstreckungsabwehr nicht anerkannt werden. Dies zwingt Sie zur Stellung einer zusätzlichen, qualitativ hochwertigeren Sicherheit nach § 650f BGB und führt zunächst zu einer erheblichen doppelten Kapitalbindung. Diese Situation belastet Ihre Liquidität und kann unerwartete Kosten verursachen.

Das Kernproblem liegt in der unterschiedlichen Qualität von Sicherheiten. Juristen nennen das „Sicherungsqualität“. Eine Vormerkung im Grundbuch, obwohl sie einen Anspruch sichert, bietet keine sofortige, durchsetzbare Garantie für die Vergütung des Unternehmers. Auch eine reine Hinterlegung zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung erfüllt diesen Zweck nicht. Das Gericht sieht solche Maßnahmen als „relativ schwache Mittel“ an, da sie das eigentliche Risiko des Unternehmers – nämlich seine Vergütung nicht zu erhalten – nicht ausreichend absichern. Der Grund: Der Bauunternehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine „echte Sicherheit“. Diese muss den strengen Anforderungen des § 650f BGB genügen und in der Regel einer Bürgschaft nach §§ 232 ff. BGB gleichen. Wenn Ihre bisherigen Bemühungen diese Qualität nicht erreichen, bleibt der Anspruch des Unternehmers auf eine solche „echte Sicherheit“ bestehen. Sie müssen diese dann zusätzlich erbringen. Dies führt unweigerlich zu einer temporären Übersicherung, da sowohl die alte, nun als unzureichend empfundene Sicherheit als auch die neue, geforderte Sicherheit Kapital binden.

Denken Sie an eine Fahrkarte. Eine Vormerkung ist wie eine Reservierung für einen Sitzplatz im Zug. Sie haben einen Anspruch auf den Platz, aber noch kein Ticket, um tatsächlich zu fahren. Die „echte Sicherheit“ nach § 650f BGB ist hingegen das gültige Ticket selbst, mit dem der Unternehmer reisen, sprich: seine Forderung durchsetzen kann.

Sobald Sie die stärkere Sicherheit nach § 650f BGB leisten, fordern Sie unverzüglich und schriftlich die Zustimmung des Bauunternehmers zur Löschung der überflüssig gewordenen Vormerkung im Grundbuch. Berufen Sie sich dabei gegebenenfalls auf Ihr Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. So vermeiden Sie eine dauerhafte doppelte Kapitalbindung.


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Wie fordere ich als Bauunternehmer meine Bauhandwerkersicherung rechtskonform an?

Als Bauunternehmer fordern Sie Ihre Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB an, indem Sie präzise auf diese gesetzliche Grundlage verweisen und ausschließlich qualitativ hochwertige Sicherungsarten (z.B. unwiderrufliche Bankbürgschaften oder Sicherungshypotheken nach §§ 232 ff. BGB) akzeptieren, die eine verlässliche, durchsetzbare Garantie bieten. Vermeiden Sie die Akzeptanz von „schwachen Mitteln“ wie reinen Vormerkungen. Ihr Anspruch auf eine echte Sicherheit bleibt bestehen, bis diese adäquat geleistet wird.

Juristen nennen die Absicherung Ihrer Vergütung am Bau eine Bauhandwerkersicherung. Ihre Forderung muss sich klar auf § 650f BGB stützen, denn entscheidend ist dabei die Qualität der Sicherheit. Das Kammergericht Berlin hat deutlich gemacht: Eine bloße Vormerkung im Grundbuch, die nur den Rang für eine mögliche spätere Hypothek sichert, oder eine Hinterlegung zur reinen Abwehr der Zwangsvollstreckung reichen nicht aus.

Solche „schwachen Mittel“ bieten keine verlässliche, durchsetzbare Garantie. Sie garantieren nicht, dass Ihre Forderung im Ernstfall auch tatsächlich bedient wird. Stattdessen benötigen Sie eine „echte Sicherheit“, die den strengen Anforderungen der §§ 232 ff. BGB entspricht. Oft ist dies eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse. Sobald Sie eine solche qualifizierte Sicherheit erhalten, erlischt übrigens der Anspruch auf schwächere Sicherheiten wie die Vormerkung, sodass keine doppelte Absicherung entsteht.

Denken Sie an die Situation eines Restaurantbesuchers: Eine Reservierung (Vormerkung) sichert Ihnen einen Platz, aber sie garantiert noch kein Essen auf dem Tisch. Eine vorab bezahlte und bestätigte Essenslieferung (echte Sicherheit) ist das, was Sie tatsächlich satt macht. Sie wollen eine konkrete Lieferung, keine bloße Platzgarantie.

Formulieren Sie Ihr Sicherungsverlangen schriftlich und unmissverständlich. Nennen Sie die exakte Höhe Ihrer Forderung und beziehen Sie sich klar auf § 650f BGB. Fordern Sie explizit eine „echte Sicherheit“ – beispielsweise eine unwiderrufliche Bankbürgschaft nach §§ 232 ff. BGB. Setzen Sie dem Bauherrn eine angemessene Frist zur Leistung. Weisen Sie außerdem auf die Konsequenzen einer Nichtleistung hin, wie die mögliche Einstellung der Bauarbeiten oder die Kündigung des Vertrages.


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Was passiert, wenn ich als Bauherr die angeordnete Sicherheit nicht stellen kann?

Wenn Sie als Bauherr eine gerichtlich angeordnete, qualifizierte Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB nicht stellen können, entfällt der Schutz durch frühere, qualitativ unzureichende Sicherungsversuche. Die Hauptforderung des Bauunternehmers wird unmittelbar durchsetzbar, was direkt zur Zwangsvollstreckung führen kann. Es droht die Pfändung von Vermögenswerten bis hin zur Zwangsversteigerung Ihres Grundstücks, da das Gericht Ihre Argumente bereits zerlegt hat.

Juristen nennen das eine ernste Lage. Ihre vorherigen Versuche, die Durchsetzung der Forderung abzuwenden – sei es durch Hinterlegung zur Zwangsvollstreckungsabwehr oder andere „schwache Mittel“ – sind in diesem Kontext rechtlich irrelevant. Diese ersetzen keineswegs die Notwendigkeit einer soliden, zukunftssicheren Absicherung, welche das Gesetz fordert. Eine reine Zahlung zur Abwehr der Zwangsvollstreckung erfüllt einen anderen Zweck. Sie ist keine Erfüllung der eigentlichen Forderung des Bauunternehmers.

Das Gericht hat Ihre Argumentation bereits detailliert geprüft. Es hat klargestellt, dass Ihre bisherigen Sicherungsversuche die geforderte Qualität nicht erreichten. Eine weitere Verweigerung der qualifizierten Sicherheit führt dazu, dass der ursprüngliche Anspruch des Unternehmers auf Zahlung ohne weitere Absicherung durchgesetzt werden kann. Das bedeutet, der Bauunternehmer kann unmittelbar Schritte zur Zwangsvollstreckung einleiten.

Denken Sie an die Situation, in der Sie eine kaputte Bremse am Auto nur mit Klebeband flicken wollen. Das mag kurzfristig eine Fahrt ermöglichen, aber es ist keine echte Reparatur und bietet keine Sicherheit für die nächste Fahrt. Ähnlich verhält es sich mit den „schwachen“ Sicherheiten: Sie verzögern vielleicht kurzfristig die Vollstreckung, bieten aber keine dauerhafte Absicherung im Sinne des § 650f BGB.

Handeln Sie jetzt sofort. Suchen Sie umgehend das persönliche Gespräch mit Ihrem Bauunternehmer. Ihr Anwalt sollte ebenfalls eingebunden werden, um offene und transparente Lösungen zu verhandeln. Denken Sie dabei an Optionen wie eine Stundung der Forderung, eine Ratenzahlung oder alternative, vom Bauunternehmer akzeptierte Sicherheitsleistungen. Dies ist entscheidend, bevor gerichtliche Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden, welche noch drastischere Konsequenzen hätten.


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Gibt es alternative Sicherheiten, die ich als Bauherr proaktiv anbieten kann?

Ja, Sie können als Bauherr proaktiv anerkannte Sicherheiten nach § 650f BGB anbieten. Dazu gehören qualifizierte Bankbürgschaften oder eine feste Hinterlegung in gerichtskonformer Form, die den Anforderungen der §§ 232 ff. BGB genügen. Das Kammergericht Berlin hat klargestellt, dass lediglich Vormerkungen oder zweckgebundene Hinterlegungen nicht als ‚echte‘ und verlässliche Sicherheit ausreichen.

Juristen nennen das eine „echte Sicherheit“. Der Kern liegt in der Qualität der Absicherung, nicht nur in der Höhe des Betrags. Das Gesetz verlangt hier eine „verlässliche, durchsetzbare Garantie“. Eine Vormerkung im Grundbuch sichert Ihnen zwar einen Rang, garantiert aber nicht, dass der Bauunternehmer am Ende auch tatsächlich eine Hypothek erhält. Sie ist eher ein Platzhalter. Eine Hinterlegung, die nur dazu dient, eine Zwangsvollstreckung abzuwenden, erfüllt ebenfalls nicht den Zweck einer Bauhandwerkersicherung. Solche Maßnahmen gelten als „relativ schwache Mittel“.

Um rechtlichen Konflikten vorzubeugen, sollten Sie eine Form wählen, die explizit den Vorschriften der §§ 232 ff. BGB entspricht. Typischerweise handelt es sich dabei um eine unwiderrufliche Bankbürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse. Eine solche Bürgschaft bietet dem Bauunternehmer die Sicherheit, dass er im Falle einer Nichtzahlung des Werklohns direkt auf die Bank zugreifen kann, ohne weitere langwierige gerichtliche Schritte einleiten zu müssen.

Denken Sie an die Situation eines Restaurantbesuchs: Ein Gutschein sichert zwar zu, dass Sie irgendwann essen können, aber eine Kreditkarte ist die sofortige, unzweifelhafte Zahlungsgarantie. Der Bauunternehmer braucht die Kreditkarte, nicht den Gutschein.

Vereinbaren Sie umgehend einen Termin mit Ihrer Hausbank oder einem spezialisierten Anwalt für Baurecht. Besprechen Sie die Ausstellung einer Bankbürgschaft gemäß §§ 232 ff. BGB oder andere anerkannte Sicherungsformen. Anschließend unterbreiten Sie dem Bauunternehmer ein konkretes, schriftliches Angebot dieser rechtlich einwandfreien Sicherheit. So vermeiden Sie teure Streitigkeiten und zeigen sich als verlässlicher Partner.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bauhandwerkersicherung (§ 650f BGB)

Die Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB gibt Bauunternehmern das Recht, von ihrem Auftraggeber eine finanzielle Absicherung für ihre Werklohnforderung zu verlangen. Dieses Gesetz schützt Bauunternehmer vor dem Risiko, dass sie Vorleistungen erbringen, aber am Ende leer ausgehen. Sie soll eine schnelle und unbürokratische Liquiditätssicherung gewährleisten.

Beispiel: Der Bauunternehmer forderte vom Bauherrn eine Bauhandwerkersicherung, weil dieser bereits erbrachte Leistungen nicht vollständig bezahlt hatte und weitere Arbeiten noch anstanden.

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Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO)

Mit Glaubhaftmachung genügt es im Prozess, wenn man dem Gericht seine Behauptung überwiegend wahrscheinlich macht, statt sie streng zu beweisen. Diese Regelung kommt oft in Eilverfahren zum Einsatz, wo es schnell gehen muss und keine Zeit für eine aufwendige Beweisaufnahme bleibt. So können Gerichte zügig einstweilige Anordnungen treffen.

Beispiel: Die Vormerkung wurde im vorliegenden Fall nur aufgrund von Glaubhaftmachung im Eilverfahren erstritten, was ihre Stärke im späteren Hauptverfahren reduzieren könnte.

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Hinterlegung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung

Eine Hinterlegung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist die Einzahlung einer Geldsumme bei Gericht, um eine vom Gläubiger drohende Vollstreckungsmaßnahme vorübergehend zu stoppen. Sie dient dazu, Zeit zu gewinnen und akute Vollstreckungsmaßnahmen zu verhindern, bis die Rechtslage abschließend geklärt ist. Sie erfüllt aber nicht die eigentliche Forderung.

Beispiel: Der Bauherr hinterlegte fast 860.000 Euro bei Gericht, um die Zwangsvollstreckung aus einem früheren Urteil zu umgehen, aber das Gericht sah dies nicht als echte Sicherheit an.

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Sicherungshypothek (§ 650e BGB)

Eine Sicherungshypothek ist ein Grundpfandrecht im Grundbuch eines Grundstücks, das einem Bauunternehmer eine sehr starke Absicherung seiner Werklohnforderung bietet. Sie gibt dem Unternehmer das Recht, das Grundstück im Ernstfall verwerten zu lassen, falls der Bauherr seine Rechnungen nicht bezahlt. Dies schützt den Unternehmer vor Zahlungsausfällen bei Großprojekten.

Beispiel: Der Bauunternehmer wollte eine Sicherungshypothek im Grundbuch des Bauherrn eintragen lassen, um seine Forderungen gegen mögliche Zahlungsunfähigkeit abzusichern.

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Übersicherung

Juristen sprechen von einer Übersicherung, wenn die gewährte Sicherheit den tatsächlich gesicherten Anspruch des Gläubigers deutlich übersteigt. Das Gesetz will eine ungerechtfertigte Belastung des Schuldners vermeiden und sicherstellen, dass Sicherheiten in einem angemessenen Verhältnis zur Forderung stehen. Ein Schuldner soll nicht mehr Sicherheiten stellen müssen, als nötig.

Beispiel: Das Gericht sah eine potenzielle Übersicherung, wenn der Bauunternehmer sowohl die Vormerkung als auch die neue Bauhandwerkersicherung behalten würde.

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Verurteilung Zug um Zug (§ 274 BGB)

Eine Verurteilung Zug um Zug bedeutet, dass das Gericht eine Partei zu einer Leistung verurteilt, die sie aber nur erbringen muss, wenn die Gegenseite gleichzeitig eine Gegenleistung erbringt. Diese Art der Verurteilung schafft einen fairen Interessenausgleich und verhindert, dass eine Partei in Vorleistung gehen muss, ohne Gewissheit über die Gegenleistung zu haben. So wird ein Gleichgewicht hergestellt.

Beispiel: Das Kammergericht Berlin verurteilte den Bauherrn Zug um Zug zur Leistung der Bauhandwerkersicherung, wenn der Bauunternehmer im Gegenzug der Löschung der Vormerkung zustimmt.

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Vormerkung

Eine Vormerkung ist ein im Grundbuch eingetragener Vermerk, der einen Anspruch auf eine zukünftige Rechtsänderung an einem Grundstück vor Rangverlust schützt. Sie reserviert sozusagen einen „Platz“ im Grundbuch für einen späteren Anspruch, beispielsweise die Eintragung einer Hypothek, und schützt diesen Platz vor anderen Eintragungen, die dazwischenkommen könnten.

Beispiel: Der Bauherr ließ eine Vormerkung für eine Sicherungshypothek im Grundbuch eintragen, um dem Bauunternehmer einen vorderen Rang zu sichern.

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Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 7 U 41/23 – Beschluss vom 19.02.2025


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