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Baugrenzenüberschreitung durch Terrasse im Garten

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – Az.: 5 S 2083/17 – Beschluss vom 14.08.2018

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2017 – 3 K 2390/16 – zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladenen sind Erbbauberechtigte eines Grundstücks, das mit einem Wohnhaus nebst Terrasse bebaut ist. Der Kläger ist Eigentümer eines rückwärtig angrenzenden Wohnhausgrundstücks. Beide Grundstücke liegen im Gebiet des am 24. Oktober 1961 vom Gemeinderat der Stadt Karlsruhe als Satzung beschlossenen, am 14. Dezember 1961 vom Regierungspräsidium Karlsruhe genehmigten und am 5. Januar 1962 in Kraft getretenen Bebauungsplans “Erweiterung der Hungerlach“, der aus einem Baufluchtenplan, einem Aufbauplan sowie Bauvorschriften besteht. Der Baufluchtenplan setzt u.a. hintere Baugrenzen fest.

Die Beigeladenen errichteten im Garten ihres Grundstücks unter Überschreitung der hinteren Baugrenze eine weitere Terrasse mit Stützmauer entlang der Grenze zum Grundstück des Klägers sowie einen aufblasbaren Swimmingpool auf der Terrasse. Der Kläger beantragte, den Abbruch dieser Anlagen anzuordnen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab; die Errichtung der Anlagen sei verfahrensfrei zulässig und verletze keine nachbarschützenden Vorschriften. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Verpflichtungsklage des Klägers mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. Juli 2017 nach Einnahme eines Augenscheins abgewiesen. Die Terrasse mit Stützmauer und Swimmingpool, sofern dieser als bauliche Anlage anzusehen sei, sei als Sonderfall i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO nicht abstandsflächenpflichtig. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO sei nicht einschlägig. Die weitere Terrasse sei kein Teil des Wohngebäudes der Beigeladenen, da sie keinen wesentlichen (funktionalen und optischen) räumlichen Bezug zum Wohngebäude habe. Allein die Verbindung durch eine Brüstungsmauer genüge nicht. Die Terrasse könne ohne Verlassen des Wohngebäudes nicht genutzt werden. Auch optisch vermittle sie den Eindruck, dem Wohngebäude vor- bzw. nachgelagert zu sein. Ihr Standort lasse erkennen, dass sie nicht dem Wohngebäude angegliedert, sondern eigenständig nutzbar sei. Allerdings überschritten Terrasse und Stützmauer die hintere Baugrenze, die zum Zweck eines beruhigten Blockinnenbereichs auch dem Schutz des Nachbargrundstücks diene. Insoweit könnten rechtmäßige Zustände nicht auf andere Weise hergestellt werden. Eine Zulassung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 5 BauNVO sei nicht möglich, weil der Bebauungsplan vor Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung wirksam geworden sei. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheide aus, weil sie einen Grundzug der Planung berührte. Das Gebot der Rücksichtnahme sei aber nicht verletzt. Wegen der Überschreitung der hinteren Baugrenze seien die Voraussetzungen für eine Abbruchanordnung zwar erfüllt. Gleichwohl habe der Kläger keinen Anspruch auf ein Einschreiten der Beklagten, denn das stehe nach § 65 Satz 1 LBO in ihrem Ermessen. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null scheide aus, weil der Rechtsverstoß nicht besonders intensiv oder unzumutbar beeinträchtigend und kein wesentliches Rechtsgut des Klägers gefährdet sei. Die Anlagen seien wegen einer auf dem Grundstück des Klägers an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen gepflanzten hohen Hecke sowie einer dort ferner errichteten hohen Grenzmauer nicht einsehbar. Zudem habe das Wohnhaus des Klägers einen deutlichen Abstand zum Grundstück der Beigeladenen. Auch liege die Terrasse seines Wohnhauses deutlich höher und werde die Terrasse der Beigeladenen nur in den warmen Sommermonaten genutzt. Der von ihrer Nutzung ausgehende Lärm sei kaum von jenem Lärm unterscheidbar, der von der Nutzung der Wohnhausterrasse der Beigeladenen ausgehe. Nicht zuletzt sei auch dem Kläger für die Errichtung seiner mit 3,35 m Länge und 3,03 m Höhe äußerst massiven Grenzmauer eine Befreiung von der hinteren Baugrenze erteilt worden. Zudem sei einzubeziehen, dass die Anlagen nach heutiger Rechtslage nach § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen werden könnten. Das Urteil wurde dem Kläger am 3. August 2017 zugestellt.

Baugrenzenüberschreitung durch Terrasse im Garten
(Symbolfoto: Alexander Raths/Shutterstock.com)

Am 1. September 2017 hat der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Mit seiner am 2. Oktober 2017 eingegangenen Begründung des Antrags legt er dar: Die Richtigkeit des Urteils sei ernstlich zweifelhaft. Die Terrassenkonstruktion verstoße entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch gegen Abstandsflächenrecht. Ein Sonderfall nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO scheide aus. Denn die Terrasse sei ein Gebäudeteil im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO, da sie die Wohnhausterrasse erweitere. Das Verwaltungsgericht nehme den räumlichen, insbesondere funktionalen Zusammenhang mit dem Wohngebäude selbst an, soweit es ausführe, der von der Nutzung beider Terrassen ausgehende Lärm sei kaum unterscheidbar. Als Gebäudeteil sei die Terrasse mit der nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts mehr als einen Meter hohen Stützmauer nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO privilegiert. Das Verwaltungsgericht habe bei seiner Überprüfung, ob der geltend gemachte Anspruch auf Einschreiten rechtmäßig versagt worden sei, einen falschen Maßstab angelegt. Das Abstellen auf eine nicht zu beseitigende Gefahr für höherrangige Rechtsgüter und auf eine Abwägung der Interessen sei nicht nach Art. 14 GG geboten. Gemessen an Maßstäben im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 1994 – 4 B 129.94 – und im Senatsurteil vom 20. Mai 2003 – 5 S 2750/01 – griffen die „Ermessenserwägungen des Gerichts“ zu kurz und seien in sich widersprüchlich. Die Heranziehung der Hecke auf dem Grundstück des Klägers sei untauglich, da die Hecke jederzeit gekürzt werden oder untergehen könnte. Auch das Abstellen auf den Abstand der Terrassen des Klägers und der Beigeladenen sowie auf die Unmöglichkeit der Unterscheidung zwischen dem Lärm von den beiden Terrassen auf dem Grundstück der Beigeladenen sei nicht überzeugend. Widersprüchlich sei es, wenn das Gericht einerseits zutreffend die Unanwendbarkeit von § 23 Abs. 5 BauNVO feststelle, andererseits aber darauf abstelle, dass die Anlagen nach dieser Vorschrift zulässig wären. Der drittschützende Zweck der Baugrenze, einen beruhigten Blockinnenbereich zu schaffen, bedeute im Umkehrschluss, dass ein Verstoß gegen diese Festsetzung den Nachbarn unzumutbar beeinträchtige. Die Terrasse verschiebe die bauliche Nutzung nicht nur geringfügig in den rückwärtigen Grundstücksbereich. Das Gericht habe auch verkannt, dass der Kläger die erforderliche Befreiung von der Festsetzung der hinteren Baugrenze, hätte die Beklagte sie erteilt, mit Erfolg hätte anfechten können, da die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB, wie das Gericht selbst zutreffend erkannt habe, nicht erfüllt seien. In diesem Falle hätte er einen auf Abbruch gerichteten Folgenbeseitigungsanspruch, wie sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 1994 – 4 B 129.94 – ergebe. Es dürfe aber im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob sich der Nachbar gegen eine seine Rechte verletzende Baugenehmigung zur Wehr setze oder ein Einschreiten der Baurechtsbehörde wegen Verletzung seiner Rechte begehre, wie dies auch im Senatsurteil vom 20. Mai 2003 – 5 S 2750/01 – ausgeführt werde. Das Gericht habe ferner verkannt, dass Bundesrecht nicht zur Disposition des Landesgesetzgebers stehe, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. Dezember 1985 – 7 C 65.82 – und in seinem Beschluss vom 17. April 1998 – 4 B 144.97 – festgestellt und worauf auch der Senat in seinem Urteil vom 20. Mai 2003 – 5 S 2750/01 – abgestellt habe. Vorliegend werde aber durch die Anwendung von § 65 LBO über Bundesrecht disponiert, da die Terrasse gegen Festsetzungen des Bebauungsplans verstoße und eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht erteilt werden könnte. Die Berufung sei auch wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten und grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob der Baurechtsbehörde ein Entscheidungsermessen nach § 65 LBO zustehe, wenn nachbarschützende bauplanungsrechtliche Vorschriften verletzt seien und wie dieses Ermessen gegebenenfalls auszuüben sei. Soweit diese Frage durch die zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats beantwortet wären, wiche das Urteil von ihnen tragend ab, so dass die Berufung wegen Divergenz zuzulassen wäre.

Die Beklagte ist dem Zulassungsantrag entgegengetreten. Sie hält die geltend gemachten Zulassungsgründe für nicht gegeben. Die nicht anwaltlich vertretenen Beigeladenen haben sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert. Der Kläger hat auf die Entgegnung der Beklagten erwidert.

II.

1. Der form- und fristgerecht gestellte und begründete Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2017 – 3 K 2390/16 – zuzulassen, ist zulässig, aber nicht begründet. Die Berufung ist aus den in der Antragsbegründung dargelegten – und allein maßgebenden (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) – Gründen nicht zuzulassen.

a) Aus den in der Antragsbegründung dargelegten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind dann zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, <Kammer->Beschluss vom 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.) und ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 – 7 AV 2.03 – NVwZ 2004, 744). Das ist nach der Antragsbegründung nicht der Fall.

aa) Der Einwand des Klägers, die Terrasse mit Stützmauer sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts abstandsflächenpflichtig, greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat überzeugend begründet, warum die Voraussetzungen eines Sonderfalls nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO erfüllt sind und warum die weitere Terrasse mit Stützmauer mangels eines wesentlichen räumlichen Bezugs kein Gebäudeteil des Wohnhauses der Beigeladenen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO ist. Die Richtigkeit dieser Begründung wird entgegen der Ansicht des Klägers nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die Überschreitung der Baugrenze zu Lasten des Klägers besonders intensiv, unzumutbar beeinträchtigend oder ein wesentliches Rechtsgut gefährdend ist, ausgeführt hat, der von der Nutzung der weiteren Terrasse ausgehende Lärm sei kaum von jenem Lärm unterscheidbar, der von der vorhandenen Wohnhausterrasse ausgehe. Denn die mangelnde Unterscheidbarkeit der mit der Nutzung beider Terrassen einhergehenden Immissionen ist für ihre räumliche Beziehung zum Wohnhaus nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO nicht erheblich. Ob eine Terrasse im Garten eines Wohnhausgrundstücks noch ein Gebäudeteil des Wohnhauses im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO ist, beurteilt sich allein nach ihrer räumlichen Beziehung zum Wohnhaus unter baulich-konstruktiven Gesichtspunkten (vgl. auch Sauter, LBO, 3. Auflage, § 6 Rn. 9). Davon geht das angefochtene Urteil aus, soweit es den räumlichen Bezug sowohl funktional wie optisch verneint. Damit setzt sich die Antragsbegründung indes nicht auseinander.

bb) Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Verwaltungsgericht bei seiner Überprüfung, ob das wegen des Verstoßes gegen die nach seiner Ansicht drittschützende Festsetzung über die hintere Baugrenze zu Gunsten des Klägers nach § 65 Satz 1 LBO eröffnete Entschließungsermessen der Beklagten im Sinne eines Rechtsanspruchs auf ein Einschreiten auf Null reduziert sei, keinen fehlerhaften Maßstab angelegt.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das bei der Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift zu Gunsten des Nachbarn eröffnete Entschließungsermessen der Baurechtsbehörde nach § 65 Satz 1 LBO sei (nur dann) im Sinne einer Pflicht zum Einschreiten auf Null reduziert, wenn der Rechtsverstoß besonders intensiv sei oder ein wesentliches Rechtsgut des Nachbarn gefährde und er sich nicht anders als durch den vom Nachbarn beantragten Abbruch der Anlage beseitigen lasse; dies könne auch bei unzumutbaren Beeinträchtigungen des Nachbarn der Fall sein. Dieser Maßstab entspricht der Rechtsprechung der mit Baurechtssachen befassten Senate des beschließenden Gerichtshofs. Danach hat die Baurechtsbehörde bei der Verletzung nachbarschützender Vorschriften auf Antrag des Nachbarn gemäß § 65 Satz 1 LBO in Ausübung des ihr nach dieser Vorschrift eröffneten Ermessens über ein Einschreiten zugunsten des Nachbarn zu entscheiden. Dabei hat sie das öffentliche Interesse an der Wahrung und Wiederherstellung der baurechtlichen Ordnung, das entgegengesetzte Interesse des Bauherrn an der Erhaltung des beanstandeten Bauwerks und das rechtlich geschützte Interesse des Nachbarn zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Insoweit kann sich der Anspruch des Nachbarn auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens ausnahmsweise zu einem Anspruch auf Einschreiten der Baurechtsbehörde verdichten („Ermessensreduzierung auf Null“), wenn jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft wäre. Eine solche Ausnahme kommt aber grundsätzlich nur bei hoher Intensität der Störung oder Gefährdung eines wesentlichen Rechtsguts sowie dann in Betracht, wenn die verletzte drittschützende Vorschrift unzumutbare Beeinträchtigungen verbietet, es sei denn, der Baurechtsbehörde stehen sachliche Gründe für eine Untätigkeit zur Seite (VGH Bad.-Württ.; Urteil vom 27.1.1978 – III 1891/75 – ESVGH 28, 146, 148, juris >nur LS>, Beschluss vom 13.12.1991 – 3 S 2358/91 – VBlBW 1992, 148, juris Rn. 3; Urteile vom 5.2.1992 – 3 S 3102/91 – NVwZ 1992, 992, juris Rn. 22, vom 25.5.1992 – 5 S 2775/91 – VBlBW 1993, 19, vom 20.5.2003 – 5 S 2750/01 – VBlBW 2003, 470, juris Rn. 21 und vom 24.3.2014 – 8 S 1938/12 – VBlBW 2015, 31, juris Rn. 50; anders nur bei Verhinderung von Baubeginn oder bei Baueinstellung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 BaufreistVO: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.10.1994 – 8 S 2763/94 – VBlBW 1995, 320, juris Rn. 6).

(1) Dieser Maßstab widerspricht entgegen der Antragsbegründung zunächst nicht der Aussage im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 1994 – 4 B 129.94 – (NVwZ 1995, 272, juris), die Bauaufsichtsbehörde sei in einem Rechtsstaat verpflichtet, für baurechtmäßige Zustände zu sorgen, und verweise damit nur jene, die Begünstigte des rechtswidrigen Zustands seien, in ihre gesetzlichen Schranken. Denn die Baurechtsbehörde ist dazu nur – so ausdrücklich auch der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts – nach Maßgabe der landesgesetzlichen Ermächtigung verpflichtet. Diese Pflicht beschränkt sich nach § 65 Satz 1 LBO auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens (§ 40 LVwVfG). Dazu, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich dieses Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 14 Abs. 1 GG, zu einer Pflicht zum Einschreiten verdichtet, enthält der Beschluss vom 13. Juli 1994 keine Maßgaben. Er bestätigt für den Fall eines mit einer Klage gegen eine Baugenehmigung erfolgreichen Nachbarn lediglich die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass sich aus einer an Art. 14 Abs. 1 GG auszurichtenden Auslegung der landesrechtlichen Ermächtigungsnorm ein Anspruch des Nachbarn gegen die Bauaufsichtsbehörde auf Erlass einer Beseitigungsanordnung ergeben k a n n.

(2) Der vom Verwaltungsgericht angelegte Maßstab widerspricht entgegen den Darlegungen des Klägers auch nicht dem Senatsurteil vom 20. Mai 2003 – 5 S 2750/01 – (a.a.O.), soweit der Senat zugunsten eines durch ein Vorhaben in seinen Rechten verletzten Nachbarn eine Verpflichtung der Baurechtsbehörde zum Einschreiten nach § 65 Satz 1 LBO angenommen hat. Denn der Senat hat diese Verpflichtung davon abhängig gemacht, dass das Vorhaben gegen eine nachbarschützende Vorschrift verstößt, die unzumutbare Beeinträchtigungen verbietet. Das entspricht dem oben dargelegten und auch vom Verwaltungsgericht angelegten Maßstab.

(3) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses rechtlichen Maßstabes ergeben sich entgegen der Antragsbegründung ferner nicht im Vergleich mit der Rechtslage, die bestünde, wenn der Kläger eine isoliert erforderliche Befreiung von der Festsetzung der hinteren Baugrenze (§ 56 Abs. 6 Satz 1 LBO i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB), hätte die Beklagte sie erteilt, mit Erfolg angefochten hätte, weil die Voraussetzungen für die Befreiung, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, nicht erfüllt sind, der beigeladene Bauherr das genehmigte Vorhaben aber bereits – wie hier – ausgeführt hätte. Denn der dem Kläger in diesem Fall zustehende Folgenbeseitigungsanspruch begründete einen Anspruch auf Erlass einer Abbruchanordnung ebenfalls nur nach Maßgabe von § 65 Satz 1 LBO und das Ermessen wäre auch in diesem Fall nicht ohne Weiteres, sondern nur nach demselben Maßstab wie vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt auf Null reduziert.

Wird eine Baugenehmigung auf die Anfechtungsklage des Nachbarn wegen Verletzung seiner Rechte aufgehoben und ist das genehmigte Bauvorhaben bereits ausgeführt, steht dem Nachbarn ein Anspruch auf Erlass einer gegen den Bauherrn gerichteten Abbruchanordnung nicht schon deshalb zu, weil die Baurechtsbehörde ihm gegenüber wegen der Rechtsverletzung zur Folgenbeseitigung verpflichtet ist. Denn der Folgenbeseitigungsanspruch ist auf das Verhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten und der verpflichtenden Behörde beschränkt. Zu einem Eingriff in die Rechte des Bauherrn ist die Behörde auch in diesem Fall nur auf Grund und nach Maßgabe einer im Verhältnis zum Bauherrn wirksamen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage befugt. Das insoweit nach § 65 Satz 1 LBO eröffnete Ermessen ist auch dann nicht allein deshalb auf Null reduziert, weil die Baurechtsbehörde außer der Verletzung des Nachbarrechts auch die gegenüber dem Nachbarn bestehende Folgenbeseitigungspflicht zu berücksichtigen hat. Denn sie hat daneben zu berücksichtigen, dass der Bauherr das Bauvorhaben im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung errichtet hat. Das Erhaltungsinteresse des Bauherrn genießt in diesem Fall zumindest den gleichen Schutz, wie wenn der Bauherr von Anfang an ohne Genehmigung gebaut hätte. Eine Verpflichtung zum Einschreiten besteht für die Baurechtsbehörde daher auch in diesem Fall nur bei hoher Intensität der Störung oder Gefährdung eines wesentlichen Rechtsguts des Nachbarn (st. Rspr. des beschließenden Gerichtshofs, vgl. <zu § 101 Satz 1 LBO 1972> VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.6.1978 – III 2190/77 – ESVGH 28, 234, 235 m.w.N., juris <nur LS>). Dass das Landesrecht das Einschreiten gegen einen auch die Rechte eines Nachbarn verletzenden baurechtswidrigen Zustand in das Ermessen der zuständigen Behörde stellt, verstößt weder gegen das Rechtsstaatsgebot noch gegen Art. 14 GG (BVerwG, Urteil vom 18.8.1960 – I C 42.59 – BVerwGE 11, 95, juris Rn. 10 f.; Beschlüsse vom 8.7.1981 – 4 B 90.81 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 45, juris Rn. 4 und vom 24.5.1988 – 4 B 93.88 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 80 sowie Urteil vom 4.6.1996 – 4 C 15.95 – NVwZ-RR 1997, 271, juris Rn. 17). Nur dann, wenn besonders hochwertige Rechtsgüter gefährdet werden, kann das Ermessen derart schrumpfen, dass nur eine Entscheidung – nämlich ein Einschreiten gegen die Anlage – vom Ermessen gedeckt ist (BVerwG, Beschluss vom 8.7.1981 a.a.O.). Aus dem in der Antragsbegründung zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 1994 – 4 B 129.94 – (NVwZ 1995, 272, juris) ergibt sich kein anderer Maßstab (s.o. (1)). Für den Fall der Aufhebung einer die Rechte des Nachbarn verletzenden isolierten Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans gälte nichts Anderes.

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 20. Mai 2003 (a.a.O.) keine andere Schlussfolgerung. Zwar hat der Senat in diesem Urteil einen Anspruch des klagenden Nachbarn auf Einschreiten der Baurechtsbehörde nach § 65 Satz 1 LBO gegen eine ohne erforderliche Baugenehmigung auf der nicht überbaubaren Grundstücksfläche errichtete Holzhütte bejaht. Tragender Grund dafür war ein Verstoß gegen das nachbarschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (§ 15 Abs. 1 BauNVO <analog>, § 31 Abs. 2 BauGB). Der Senat hatte einen solchen Verstoß wegen unzumutbarer Beeinträchtigung der nachbarlichen Interessen des Klägers und eine damit einhergehende Reduzierung des Ermessens nach § 65 Satz 1 LBO auf Null auch mit der Erwägung bejaht, dass der Nachbar in einem solchen Fall nicht schlechter als im Fall einer erfolgreichen Klage gegen eine erteilte Baugenehmigung stehen könne (a.a.O. juris Rn. 28). Das entspricht der oben dargelegten Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs. Anders als in jenem Fall hat das Verwaltungsgericht im Fall des Klägers einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen nachbarlicher Interessen des Klägers verneint. Dagegen bringt die Antragsbegründung nichts Durchgreifendes vor (siehe auch nachfolgend cc)).

(4) Das Verwaltungsgericht hat mit dem von ihm zugrunde gelegten Maßstab entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht verkannt, dass das materielle Bauplanungsrecht nicht zur Disposition des Landesgesetzgebers steht, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. Dezember 1985 – 7 C 65.82 – (BVerwGE 72, 300, juris Rn. 54 <zu § 29 BBauG>) und daran anknüpfend in seinem Beschluss vom 17. April 1998 – 4 B 144.97 – (BauR 1999, 735, juris, Rn. 13 <zu § 34 Abs. 1 und 2 BauGB>) festgestellt und worauf auch der Senat in seinem Urteil vom 20. Mai 2003 (a.a.O.) in Bezug auf das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme abgestellt hat. Denn die Versagung eines Anspruchs auf Einschreiten wegen Verletzung der nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nachbarschützenden Festsetzung einer hinteren Baugrenze im Baufluchtenplan des Bebauungsplans “Erweiterung der Hungerlach“ vom 24. Oktober 1961 disponiert nicht über Bundesrecht. Zwar ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der als Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB anzusehenden Terrasse mit Stützmauer objektivrechtlich an § 30 Abs. 1 oder jedenfalls Abs. 3 BauGB zu messen. In Bezug auf die hier in Rede stehende Begrenzung der überbaubaren Fläche durch Festsetzung einer hinteren Baugrenze begründet § 30 BauGB aus sich heraus aber kein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn. Ob eine Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) auch darauf gerichtet ist, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträgerin ab (BVerwG, Urteile vom 9.6.1978 – IV C 54.75 – BVerwGE 56, 71, juris Rn. 18, und vom 18.10.1985 – 4 C 19.82 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 66; Beschluss vom 19.10.1995 – 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888, juris Rn. 3 m.w.N.). Für den nach Inkrafttreten der bauplanungsrechtlichen Vorschriften des Bundesbaugesetzes (30.6.1961, vgl. § 189 Abs. 1 BBauG), aber vor Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1962 (1.8.1962) am 24. Oktober 1961 beschlossenen Bebauungsplan „Erweiterung der Hungerlach“, der in seinem Baufluchtenplan die überbaubare Fläche durch Festsetzung einer hinteren Baugrenze – wohl in entsprechender Anwendung bisheriger landesrechtlicher Vorschriften (vgl. § 173 Abs. 5 BBauG i.V.m. § 8 Abs. 2 e) des Aufbaugesetzes vom 18. August 1948 <Reg.Bl. S. 127>; vgl. auch § 25 BauNVO 1962) – begrenzt, gilt nichts Anderes. Ergibt sich das verletzte subjektiv-öffentliche Nachbarrecht hiernach allein aus dem Ortsrecht der Beklagten, disponiert die Versagung eines Anspruchs auf Einschreiten nach § 65 Satz 1 LBO jedenfalls dann nicht über bundesrechtliches Nachbarrecht, wenn damit – wie vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Antragsbegründung nicht in Frage gestellt – kein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme einhergeht. Ob das vom Verwaltungsgericht keiner bestimmten bundesrechtlichen Norm zugeordnete bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme bei einem vor Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1962 nach bisherigen landesrechtlichen Vorschriften beschlossenen Bebauungsplan überhaupt bundesrechtlicher Natur ist, kann insoweit dahinstehen. § 31 Abs. 2 BauGB vermittelt darüber hinaus keine weitergehenden subjektiven Rechte des Klägers.

cc) Sollte der Kläger mit seinen Darlegungen, die „Ermessenserwägungen des Gerichts“ griffen zu kurz und seien in sich widersprüchlich, sinngemäß fürsorglich geltend machen, die Verneinung einer Ermessensreduzierung auf Null werde auch dem vom Verwaltungsgericht – zutreffend (siehe oben) – zugrunde gelegten Maßstab nicht gerecht, ergeben sich auch daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat eingehend begründet, warum sich die Überschreitung der hinteren Baugrenze als nicht besonders intensiv, unzumutbar beeinträchtigend oder ein wesentliches Rechtsgut des Klägers gefährdend erweise. Die diesbezüglichen Rügen des Klägers sind unbegründet. Ob der Verweis des Verwaltungsgerichts auf eine mangelnde Einsehbarkeit der Terrasse infolge der hohen Hecke auf dem Grundstück des Klägers ungeeignet ist, weil die Hecke jederzeit gekürzt werden oder untergehen könnte, kann dahinstehen. Denn zum einen hat das Verwaltungsgericht auch auf den Sichtschutz durch die hohe Grenzmauer auf dem Grundstück des Klägers abgestellt. Zum anderen legt die Antragsbegründung nicht schlüssig dar, warum die Einsehbarkeit der Terrasse vom Grundstück des Klägers die Annahme eines besonders intensiven Verstoßes gegen die Festsetzung über die hintere Baugrenze rechtfertigen oder mit unzumutbaren Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks des Klägers oder einer Gefährdung eines wesentlichen Rechtsguts des Klägers einhergehen könnte. Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Klägers ist es auch durchaus überzeugend, wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf den Abstand der Terrassen des Klägers und der Beigeladenen sowie auf die Unmöglichkeit der Unterscheidung zwischen dem Lärm von den beiden Terrassen auf dem Grundstück der Beigeladenen abstellt. Nicht widersprüchlich ist es schließlich, wenn das Gericht, obwohl es die Unanwendbarkeit von § 23 Abs. 5 BauNVO feststellt, in seine Prüfung, ob das Ermessen der Baurechtsbehörde auf Null reduziert ist, schließlich einbezieht, dass es sich um nach heutiger Rechtslage auf der nicht überbaubaren Grundstücksfläche zulassungsfähige bauliche (Neben-)Anlagen handelte. Denn in dieser Überlegung sieht das Gericht erkennbar lediglich eine Bestätigung seiner zuvor mit anderen Erwägungen begründeten Auffassung, dass der Verstoß gegen die hintere Baugrenze kein erhebliches Gewicht zu Lasten der Nutzung des Nachbargrundstücks hat. Diese Vergleichsbetrachtung ist trotz der Unanwendbarkeit des § 23 Abs. 5 BauNVO rechtlich nicht zu beanstanden.

Nicht gefolgt werden kann dem Kläger auch in seiner Überlegung, der vom Verwaltungsgericht festgestellte drittschützende Zweck der hinteren Baugrenze, einen „beruhigten Blockinnenbereich“ zu schaffen, bedeute im Umkehrschluss, dass ein Verstoß gegen diese Festsetzung den Nachbarn unzumutbar beeinträchtige. Denn nicht jedwede bauliche Nutzung in einem solchen Bereich muss die geschützten Nachbarn zwangsläufig tatsächlich unzumutbar beeinträchtigen. Allein der vom Kläger hervorgehobene Umstand, die Terrasse verschiebe die bauliche Nutzung nicht nur geringfügig in den rückwärtigen Grundstücksbereich, belegt das nicht. Die Begründung des Verwaltungsgerichts für den drittschützenden Charakter der Baugrenze zwingt insbesondere auch nicht zu dem Schluss, dass der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe angenommen hat, Errichtung und Nutzung baulicher Nebenanlagen wie einer Terrasse mit Stützmauer außerhalb der hinteren Baugrenze beeinträchtigten die Nachbarn in dem konkreten Baugebiet regelmäßig tatsächlich unzumutbar. Anhaltspunkte für eine solche Zielrichtung der Festsetzung legt auch die Antragsbegründung nicht dar; die entsprechende Annahme des Klägers ist spekulativ.

dd) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben sich schließlich auch nicht aus den Darlegungen der Antragsbegründung zu den Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 VwGO. Denn diese Darlegungen entsprechen im Wesentlichen den Einwendungen des Klägers gegen den vom Verwaltungsgericht in Bezug auf die Ausübung des Ermessens nach § 65 Satz 1 LBO angelegten rechtlichen Maßstab. Aus diesen Einwendungen ergeben sich indes – wie dargelegt (s.o. bb)) – keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

b) Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich ferner nicht, dass die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder eine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO).

Die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Vielmehr muss sich der konkret zu entscheidende Fall in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungs-gerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle abheben, das heißt, er muss überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.7.2017 – 5 S 2393/16 – juris Rn. 10). Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfeststellungen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes des erstinstanzlichen Urteils eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt, das heißt benannt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragend war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Senatsbeschluss vom 28.3.2017 – 5 S 2427/15 – VBlBW 2017, 463, juris Rn. 12).

Ausgehend hiervon weist die Rechtsache aus den in der Antragsbegründung dargelegten Gründen weder eine besondere rechtliche Schwierigkeit noch eine grundsätzliche Bedeutung auf.

Der Kläger hält die Rechtsache für besonders schwierig und für grundsätzlich klärungsbedürftig, weil es um die Beantwortung der Frage gehe, „ob der Baurechtsbehörde auch dann ein Entscheidungsermessen nach § 65 LBO zusteht, wenn nachbarschützende bauplanungsrechtliche Vorschriften verletzt sind und wie dieses ggf. auszuüben ist“. Diese landesrechtliche Frage ist in der Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs geklärt, wie oben ausgeführt (a) bb)). Warum der Fall des Klägers gleichwohl in rechtlicher Hinsicht überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende rechtliche Schwierigkeiten verursacht oder warum diese Rechtsfrage – auch unter Berücksichtigung entscheidungserheblichen Bundesrechts – weiterer Klärung bedarf, legt die Antragsbegründung nicht – wie geboten – in Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichtshofs dar. Das gilt aus den obigen Erwägungen (1) bis (4) unter a) bb) auch unter Berücksichtigung der zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegten Einwendungen des Klägers.

c) Die schließlich behauptete Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist schon formell nicht hinreichend dargelegt.

Eine Divergenz in diesem Sinne setzt voraus, dass das angefochtene Urteil von einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden Rechtssatz von einem in der divergenzfähigen Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht, wobei die Darlegung dessen die Herausarbeitung und Gegenüberstellung der divergierenden Rechtssätze erfordert (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.03.2007 – 9 S 2107/06 – VBlBW 2008, 109).

Eine solche entscheidungserhebliche Divergenz legt die Antragsbegründung nicht dar. Sie meint, das angefochtene Urteil weiche vom Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 1998 – 4 B 144.97 – (a.a.O.) und vom Senatsurteil vom 20. Mai 2003 – 5 S 2750/01 (a.a.O.) ab. Der Kläger legt jedoch nicht dar, von welchem die genannten Entscheidungen tragenden Rechtssatz das angefochtene Urteil in Anwendung derselben Rechtsvorschrift tragend abgewichen sein soll. Dafür ist, wie sich aus den obigen Ausführungen zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergibt, auch sonst nichts ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es besteht kein Anlass, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger aus Gründen der Billigkeit aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da sie das Verfahren nicht wesentlich gefördert haben (vgl. BayVGH, Beschluss vom 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – NVwZ-RR 2002, 786, juris Rn. 10 ff.).

Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit dem von den Beteiligten nicht beanstandeten Ansatz des Verwaltungsgerichts.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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