Skip to content
Menü

Grundstücksanschluss an öffentliche Wasserversorgung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 4 B 22.155 – Urteil vom 24.10.2022

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt den Anschluss seines Grundstücks Fl.Nr. 184/1 der Gemarkung Sünching an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Beklagten.

Das im Oktober 2019 neu gebildete (Buch-)Grundstück, das mit einem Wohnhaus bebaut ist, war seit jeher an die in der Krankenhausstraße befindlichen Ver- und Entsorgungsleitungen angeschlossen. Das Grundstück Fl.Nr. 184 der Gemarkung Sünching, von dem das streitgegenständliche Grundstück abgetrennt wurde und das ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut ist, wird nach wie vor durch eine Hausanschlussleitung auf Höhe des streitgegenständlichen Grundstücks von der Krankenhausstraße her mit Wasser versorgt und ist im Übrigen an den Kanal in der Laberstraße angeschlossen. Im Zuge des Neubaus der Ver- und Entsorgungsleitungen in der Krankenhausstraße wurde der Kanalanschluss zum streitgegenständlichen Grundstück beseitigt und die Hausanschlussleitung für die Wasserversorgung nicht an die neue Versorgungsleitung in der Krankenhausstraße angeschlossen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage des Klägers u.a. auf Anschluss des streitgegenständlichen Grundstücks an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten mit Urteil vom 4. März 2021 ab. Das Grundstück sei bereits an die Versorgungsleitung der Beklagten angeschlossen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf einen Zweitanschluss.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2022 (Az.: 4 ZB 21.922) ließ der Senat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, soweit der Kläger den Anschluss seines Grundstücks Fl.-Nr. 184/1 der Gemarkung Sünching an die Wasserversorgungsanlage der Beklagten begehrt.

Grundstücksanschluss an öffentliche Wasserversorgung
(Symbolfoto: Phongkrit/Shutterstock.com)

Der Begründung der Berufung trägt der Kläger vor, der Senat habe die Berufung zu Recht zugelassen, weil der Kläger hinsichtlich des neugebildetem Grundstücks Fl.-Nr. 184/1 einen Anspruch auf Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten habe, dieser aber noch nicht vollständig hergestellt sei. Dieser Anschluss sei entgegen den Ausführungen des Senats im Zulassungsbeschluss auf Kosten der Beklagten herzustellen. § 8 BGS/WAS sehe vor, dass die Gemeinde durch Vereinbarung ein besonderes Benutzungsverhältnis begründen könne, wenn der Grundstückseigentümer nicht zum Anschluss berechtigt oder verpflichtet sei. Das sei hier jedoch gerade der Fall. Die baulichen Voraussetzungen für die Herstellung einer frostsicheren Übergabestelle könnten geschaffen werden. Für das streitgegenständliche Grundstück habe bereits eine Grundstücksanschlussleitung bis ins Gebäude bestanden. Diese sei jedoch von der Beklagten im Zuge des Neubaus der Leitungen in der angrenzenden Straße als marode eingestuft und nicht erneuert worden, weil die Beklagte den Anspruch des Klägers auf einen gesonderten Anschluss des neugebildeten Grundstücks nicht anerkannt habe. Bis zur Übergabestelle sei die Beklagte unterhaltspflichtig, sie könne nicht einfach Teile, die dazwischenlägen, aus der Unterhaltspflicht herausnehmen und so den Grundstückseigentümer belasten. Die Beklagte könne auch ihre Satzungen nicht ohne weiteres zu ihrem Vorteil ändern. Die Beklagte sei für den Wasseranschluss bis zur Wasseruhr zuständig, da insoweit auch eine technische Einheit vorliege. Die Beklagte habe den Grundstücksanschluss hinsichtlich der Wasserversorgung für das Grundstück Fl.-Nr. 184/1 beseitigt, bzw. die alte Grundstücksanschlussleitung von der Versorgungsleitung getrennt. Die Situation sei also durch eine Fehlentscheidung der Beklagten entstanden, daher müsse sie auch für die Kosten aufkommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. März 2021 zu verpflichten, die Grundstücksanschlussleitung zur Wasserversorgung auf dem Grundstück Fl.-Nr. 184/1 der Gemarkung Sünching auf Kosten der Beklagten ohne Abschluss einer Sondervereinbarung zur Kostenübernahme vollständig herzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts. Das Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück habe keinen Anschlussbedarf, da es marode sei. Es könne auch keine Übergabestelle erstellt werden, da es bereits an einem adäquaten frostsicheren Bereich fehle. Das Klagebegehren eines Grundstücksanschlusses auf Kosten der Beklagten entbehre im Hinblick auf die Aufwandserstattungsregelung in § 8 BGS/WAS der Beklagten vom 22. September 2021 jeglicher Rechtfertigung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Wie im Zulassungsbeschluss des Senats vom 18. Januar 2022 (a.a.O.) dargelegt, hat der Kläger zwar einen Anspruch auf Anschluss seines neugebildeten Grundstücks Fl.-Nr. 184/1 der Gemarkung Sünching an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Beklagten; jedoch kann der Kläger nicht verlangen, dass der Grundstücksanschluss, soweit er in seinem Grundstück zu liegen kommt, „kostenlos“, also ohne Erstattung der Kosten durch den Grundstückseigentümer gemäß § 8 BGS/WAS, von der Beklagten erstellt wird.

Grundsätzlich sind die Gemeinden frei, wie sie ihre Versorgungseinrichtungen finanzieren. Hinsichtlich beitragsfähiger Investitionen können sie sich für eine Beitragsfinanzierung nach Art. 5 KAG, aber auch für eine Finanzierung über Gebühren gemäß Art. 8 KAG entscheiden. Sie bestimmen das durch Erlass einer entsprechenden Satzung. Darin können sie auch Art und Umfang der Einrichtung bestimmen. Dabei können die Gemeinden auch generell Grundstücksanschlüsse ganz oder teilweise zum Bestandteil der Wasserversorgungseinrichtung erklären und über Beiträge und Gebühren finanzieren. Sie können jedoch Grundstücksanschlüsse, soweit sie sich nicht im öffentlichen Straßengrund befinden, entgegen der Berufungsbegründung des Klägers auch einem gesonderten Erstattungsregime unterwerfen. Nach Art. 9 Abs. 1 KAG können die Gemeinden bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des Teils eines Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungseinrichtungen, der sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindet, in der tatsächlichen Höhe oder nach Einheitsbeträgen erstattet wird. Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte durch § 8 ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 22. September 2021 Gebrauch gemacht. Danach ist der Aufwand für die in Art. 9 Abs. 1 KAG beschrieben Maßnahmen vom Eigentümer des Grundstücks (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 2 BGS/WAS) in der jeweils tatsächlichen Höhe zu erstatten.

Gemäß § 3 der Wasserabgabesatzung (WAS) der Beklagten vom 22. September 2021 sind Grundstücksanschlüsse (Hausanschlüsse) die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zur Übergabestelle; sie beginnen mit der Anschlussvorrichtung und enden mit dem Ausgangsventil. Nach § 9 Abs. 1 WAS wird zwar der Grundstücksanschluss nur, „soweit er nach § 1 Abs. 3 WAS Bestandteil der Wasserversorgungseinrichtung ist“, von der Gemeinde hergestellt, angeschafft, verbessert, erhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt. Der ausdrückliche Verweis auf die Zugehörigkeit zur öffentlichen Einrichtung nach § 1 Abs. 3 WAS lässt aber nicht den Umkehrschluss zu, dass die Gemeinde im Übrigen, also außerhalb des öffentlichen Straßengrunds, nicht für die Herstellung und Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse zuständig wäre. Im Regelfall besteht vielmehr auch insoweit eine Baulast der Gemeinde. Für dieses Verständnis spricht vor allem § 9 Abs. 1 Satz 3 WAS. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde, soweit der Grundstücksanschluss nicht nach § 1 Abs. 3 WAS Bestandteil der Wasserversorgungseinrichtung ist, „auf Antrag zulassen oder von Amts wegen anordnen“, dass der Grundstückseigentümer den Grundstücksanschluss – mit Ausnahme des Wasserzählers – ganz oder teilweise herstellt, anschafft, verbessert, unterhält, erneuert, ändert, abtrennt und beseitigt. Fehlt es an einem solchen Antrag oder einer solchen Anordnung, bleibt es bei der gemeindlichen Herstellungs- und Unterhaltungspflicht.

Dementsprechend hat der Kläger hier grundsätzlich die Wahl, den Grundstücksanschluss soweit er in seinem Grundstück zu liegen kommt, von der Beklagten herstellen zu lassen oder bei der Beklagten zu beantragen, den Grundstücksanschluss selbst herzustellen zu dürfen. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 WAS bestimmt die Gemeinde Zahl, Art, Nennweite und Führung der Grundstücksanschlüsse sowie deren Änderung. Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 WAS ist der Grundstückseigentümer vorher zu hören, seine berechtigten Interessen sind nach Möglichkeit zu wahren. Da ein Grundstücksanschluss von der Versorgungsleitung in der angrenzenden Straße in das streitgegenständliche Grundstück bereits verlegt ist, hätte der Kläger sich dazu äußern können, in welcher Weise diese Leitung, die von diesem Grundstück ins benachbarte Grundstück des Klägers abzweigt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück bis zu einer Übergabestelle, zu deren Lage er sich ebenfalls hätte äußern können, fortgeführt werden soll. Einen Anspruch auf kostenlose Erstellung des Grundstücksanschlusses hat er, wie ausgeführt, jedoch nicht, da die Beklagte die Kosten der Grundstücksanschlüsse, soweit sie nicht im öffentlichen Straßengrund liegen, gemäß Art. 9 Abs. 1 KAG i.V.m. § 8 BGS/WAS einem Sondererstattungsregime unterworfen hat.

Eine ausnahmsweise Kostenübernahme durch die Beklagte ist hier auch nicht deshalb veranlasst, weil sie den früheren Grundstücksanschluss zum streitgegenständlichen Grundstück im Zuge des Neubaus der Versorgungsleitung abgeklemmt hat. Die Beklagte hat vom Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass diese Grundstücksanschlussleitung marode war. Nach § 8 Abs. 1 BGS/WAS hat der Kläger somit entsprechend der Ermächtigungsgrundlage in Art. 9 Abs. 1 KAG auch die Kosten für eine Erneuerung des Grundstücksanschlusses zu erstatten. Eine Änderung der satzungsrechtlichen Grundlagen zulasten des Klägers durch den Erlass der WAS und der BGS/WAS jeweils vom 22. September 2021 ist nicht ersichtlich, zumal bereits § 1 Abs. 3 WAS der Beklagten vom 22. November 2012 vorsah, dass zur Wasserversorgungseinrichtung (nur) die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse gehören, was dafür spricht, dass auch die frühere BGS/WAS der Beklagten eine gesonderte Erstattungsregelung für Grundstücksanschlüsse gemäß Art. 9 Abs. 1 KAG vorsah. Im Übrigen steht es den Gemeinden grundsätzlich frei, das Finanzierungssystem hinsichtlich ihrer öffentlichen Einrichtung zu ändern.

Die Ausführungen des Klägers zu Erschließungsbeiträgen nach Art. 5a KAG und zu Herstellungsbeiträgen nach Art. 5 KAG entsprechend den Grundstücks- und Geschossflächen liegen neben der Sache. Erschließungsbeiträge werden für die Herstellung von Straßen erhoben, Herstellungsbeiträge für die gemeindlichen Investitionen in leitungsgebundene Ver- und Entsorgungseinrichtungen; Grundstücksanschlüsse, soweit sie nicht der Anliegerregie gemäß Art. 9 Abs. 5 KAG (also der Herstellung, Unterhaltung usw. durch den Grundstückseigentümer) unterliegen, können dagegen, wie ausgeführt, einem gesonderten Erstattungsregime unterworfen werden. Einer Sondervereinbarung zur Regelung von Anschluss und Anschlusskosten bedarf es hier ohnehin nicht, weil der Kläger als Anschlussberechtigter den satzungsrechtlichen Regelungen der Beklagten unterliegt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG).

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Baurecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Baurecht. Von der Baugenehmigung über Leistungsverzögerungen bis hin zu Baumängel.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Baurecht

Urteile aus dem Baurecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!