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Werklohnforderung – Nichtvertretenmüssen einer verspäteten Leistungserbringung

Ein Brandenburger Gericht bestätigt den Anspruch einer Baufirma auf vollen Werklohn für eine verspätet errichtete Trafostation. Der Auftraggeber hatte die Zahlung verweigert und Schadensersatz gefordert, doch die Richter stellten klar, dass die Verzögerung in seiner Verantwortung lag. Die spannende Kernfrage: Wann beginnt die vertraglich vereinbarte Frist für die Fertigstellung eines Bauwerks?

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin verlangte offenen Werklohn für die Planung und Errichtung einer Trafostation.
  • Die Beklagte erhob Widerklage und machte Schadensersatzansprüche wegen Verzögerungen geltend.
  • Das Landgericht entschied, dass die Klägerin Anspruch auf die Restvergütung hat und die Widerklage unbegründet ist.
  • Der Aufrechnungsverbot im Vertrag der Klägerin war unwirksam, beeinträchtigte jedoch nicht die Klageforderung.
  • Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass die Klägerin in Verzug geraten war, da es keine eindeutige Mahnung gab.
  • Die im Vertrag festgelegte Frist zur Fertigstellung der Trafostation begann erst nach Erhalt der Baugenehmigung.
  • Die Beklagte trug die Verantwortung für die Beschaffung der erforderlichen Genehmigungen, was sie versäumt hatte.
  • Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung der Beklagten zurück.
  • Die Beklagte muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
  • Das Urteil hat Klarheit geschaffen, dass ohne Mahnung und klare Fristen keine Verzugsschäden geltend gemacht werden können.

Verspätete Leistung: Wann Auftragnehmer trotzdem Anspruch auf Bezahlung hat

Wer eine Leistung erbringt, hat Anspruch auf Bezahlung. Doch was passiert, wenn die Leistung nicht fristgerecht erbracht wird und der Auftraggeber den Werklohn dennoch einfordert? In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob der Auftragnehmer, der die Leistung zu spät erbringt, Anspruch auf die volle Vergütung hat. Die Rechtsprechung beschäftigt sich mit dieser Frage häufig, denn die Grenzen zwischen rechtmäßiger Verzögerung und einem Verstoß gegen die vereinbarte Frist sind fließend.

Das Nichtvertretenmüssen einer verspäteten Leistungserbringung ist ein komplexes Thema, das den Leistungszeitpunkt und die Gründe für die Verspätung berücksichtigt. Dabei spielt die Frage eine Rolle, ob der Auftragnehmer die Verspätung zu vertreten hat oder ob es sich um unvorhersehbare Umstände handelt, die ihn an der rechtzeitigen Erbringung der Leistung hinderten. Im folgenden Fall eines Gerichtsurteils wird diese Thematik näher beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Werklohnforderung für verspätet errichtete Trafostation rechtmäßig

Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Brandenburg hat in einem Rechtsstreit zwischen einem Unternehmen und seinem Auftraggeber über die Zahlung von Werklohn für eine verspätet errichtete Trafostation entschieden. Das Gericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz und wies die Berufung des Auftraggebers zurück.

Hintergrund des Rechtsstreits um ausstehenden Werklohn

Im Zentrum des Falls stand ein Werkvertrag über die Planung und Errichtung einer Trafostation. Die klagende Firma forderte die Zahlung des noch ausstehenden Werklohns in Höhe von 40.247,12 Euro. Der beklagte Auftraggeber verweigerte die Zahlung und machte Schadensersatzansprüche wegen verzögerter Leistungserbringung geltend. Er berief sich dabei auf eine vertraglich vereinbarte Fertigstellungsfrist von 18 Wochen, die seiner Ansicht nach nicht eingehalten wurde.

Ein zentraler Streitpunkt war die Auslegung einer Vertragsklausel zur Fertigstellungsfrist. Der Auftraggeber argumentierte, dass die Frist ab Vertragsschluss zu laufen begann. Die ausführende Firma hingegen vertrat die Auffassung, dass der Fristbeginn von weiteren Faktoren abhängig war, insbesondere von der Erteilung notwendiger Genehmigungen.

Gerichtliche Bewertung der Verzögerung bei der Leistungserbringung

Das Oberlandesgericht kam zu dem Schluss, dass die ausführende Firma sich nicht in Verzug befand. Entscheidend war, dass der Auftraggeber selbst für die Beschaffung bestimmter öffentlich-rechtlicher Genehmigungen verantwortlich war. Diese Genehmigungen, insbesondere für die Zuwegung zum Baugrundstück, lagen erst zu einem späteren Zeitpunkt vor.

Das Gericht stellte klar, dass die vereinbarte Fertigstellungsfrist erst beginnen konnte, nachdem alle vom Auftraggeber zu erbringenden Vorleistungen abgeschlossen waren. Da die notwendigen Genehmigungen erst Ende September/Anfang Oktober 2019 vorlagen, konnte die Firma ihre Leistung nicht früher erbringen. Nach Vorliegen der Genehmigungen wurde die Trafostation innerhalb der vereinbarten 18 Wochen fertiggestellt.

Rechtliche Einordnung des Gerichtsurteils zur Werklohnforderung

Das Oberlandesgericht bestätigte, dass der Werklohnanspruch in voller Höhe besteht. Ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen verzögerter Leistung wurde verneint, da die Verzögerung nicht von der ausführenden Firma zu vertreten war.

Das Gericht betonte, dass bei der Auslegung von Vertragsklauseln nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Gesamtzusammenhang des Vertrages zu berücksichtigen ist. Im konkreten Fall mussten die vereinbarte Fertigstellungsfrist und die Verantwortlichkeiten beider Vertragsparteien in Einklang gebracht werden. Die Richter legten die Vertragsbestimmungen so aus, dass die Frist erst zu laufen begann, nachdem alle erforderlichen Voraussetzungen – einschließlich der vom Auftraggeber zu beschaffenden Genehmigungen – vorlagen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Vertragsauslegung unter Berücksichtigung aller relevanten Klauseln und Verantwortlichkeiten. Für den Beginn einer Fertigstellungsfrist sind nicht nur der Vertragsschluss, sondern auch die Erfüllung aller vertraglichen Vorleistungen maßgeblich. Verzögern sich diese Vorleistungen durch den Auftraggeber, kann der Auftragnehmer nicht in Verzug geraten und bleibt berechtigt, den vollen Werklohn zu fordern.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Auftraggeber eine Leistung in Auftrag geben, müssen Sie den vollen Werklohn zahlen, auch wenn die Fertigstellung später als ursprünglich geplant erfolgt – solange die Verzögerung auf Ihre eigenen Versäumnisse zurückzuführen ist. Beispielsweise wenn Sie für notwendige Genehmigungen verantwortlich sind, diese aber nicht rechtzeitig beschaffen. In solchen Fällen beginnt die vereinbarte Fertigstellungsfrist erst zu laufen, wenn Sie alle erforderlichen Vorleistungen erbracht haben. Sie können dann keine Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung geltend machen oder den Werklohn kürzen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten Sie die vertraglichen Pflichten und Fristen genau prüfen und Ihre eigenen Aufgaben rechtzeitig erfüllen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben eine Werk- oder Dienstleistung in Auftrag gegeben, diese wurde jedoch verspätet erbracht und nun stellen Sie sich die Frage, ob Sie trotzdem den vollen Werklohn zahlen müssen? Oder ob Sie sogar Schadenersatzansprüche geltend machen können? In unserem FAQ-Bereich finden Sie Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um das Thema Versteckte Mängel, Werklohnanspruch und verspätete Leistungserbringung.


Welche Rechte habe ich, wenn die Leistung verspätet erbracht wird?

Bei verspäteter Leistungserbringung stehen dem Auftraggeber verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Die verspätete Erbringung der Leistung stellt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar. Der Auftraggeber behält zunächst seinen Erfüllungsanspruch gegenüber dem Auftragnehmer.

Eine zentrale Rolle spielt die Fälligkeit der Leistung. Erst nach Eintritt der Fälligkeit kann der Auftraggeber seine Rechte geltend machen. In vielen Fällen ist eine Mahnung erforderlich, um den Schuldner in Verzug zu setzen. Die Mahnung muss eine bestimmte, eindeutige Aufforderung zur Leistung enthalten.

In bestimmten Fällen ist eine Mahnung jedoch entbehrlich. Dies gilt beispielsweise, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist oder wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.

Der Auftraggeber hat grundsätzlich die Möglichkeit, Ersatz des Schadens zu verlangen, der ihm durch die verzögerte Leistungserbringung entsteht. Hierzu gehören etwa Mehrkosten für eine Ersatzbeschaffung oder entgangener Gewinn bei verzögerter Fertigstellung von Mietwohnungen.

Um Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer in der Regel eine angemessene Nachfrist zur Leistungserbringung setzen. Diese Frist soll dem Auftragnehmer eine letzte, aber faire Gelegenheit geben, die begonnene Leistung zu vollenden.

Nach erfolglosem Ablauf der Nachfrist kann der Auftraggeber Schadensersatz statt der Leistung vom Auftragnehmer fordern. Der Auftraggeber ist dabei so zu stellen, wie er vermögensmäßig bei rechtzeitiger Leistung des Unternehmers stehen würde. Dies kann beispielsweise Zinsaufwendungen umfassen, die dem Besteller bei längerer Inanspruchnahme von Krediten entstehen.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Bauherr beauftragt einen Handwerker mit der Renovierung seiner Mietwohnung. Der vereinbarte Fertigstellungstermin wird nicht eingehalten. Der Bauherr setzt eine angemessene Nachfrist. Verstreicht auch diese erfolglos, kann er Schadensersatz für entgangene Mieteinnahmen geltend machen.

Neben dem Schadensersatzanspruch hat der Auftraggeber unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten. Für das Rücktrittsrecht bei einem BGB-Vertrag ist es unerheblich, ob der Auftragnehmer die Verzögerung verschuldet hat. Die bloße Tatsache der Verspätung reicht aus.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Auftraggeber gesetzlich verpflichtet ist, den entstehenden Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies bedeutet, dass er zumutbare Maßnahmen ergreifen muss, um den Schaden zu begrenzen.

Die genauen Rechte und Ansprüche des Auftraggebers hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Faktoren wie die Art des Vertrages, die Schwere der Verzögerung und das Verhalten beider Parteien spielen eine wichtige Rolle. In komplexen Fällen kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die eigenen Rechte optimal durchzusetzen.

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Muss ich den vollen Werklohn zahlen, wenn die Leistung verspätet erbracht wurde?

Bei einer verspäteten Leistungserbringung durch den Auftragnehmer besteht grundsätzlich die Pflicht zur Zahlung des vollen Werklohns. Der Auftraggeber kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen eine Kürzung oder Verweigerung der Zahlung geltend machen.

Eine Kürzung des Werklohns ist möglich, wenn dem Auftraggeber durch die Verspätung ein Schaden entstanden ist. Hierfür muss er den konkreten Schaden nachweisen, etwa durch Belege für Mehrkosten oder entgangenen Gewinn. Die Höhe der Kürzung richtet sich nach dem tatsächlichen Schaden.

Eine vollständige Verweigerung der Zahlung kommt nur in Betracht, wenn die verspätete Leistung für den Auftraggeber wertlos geworden ist. Dies kann der Fall sein, wenn ein fester Termin vereinbart war und die Leistung nur zu diesem Zeitpunkt sinnvoll genutzt werden konnte. Der Auftraggeber muss dann darlegen, warum die Leistung für ihn nun ohne Wert ist.

Wichtig ist, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer vor einer Kürzung oder Verweigerung der Zahlung in Verzug setzen muss. Dies geschieht in der Regel durch eine Mahnung nach Ablauf der vereinbarten Leistungsfrist. Bei einem kalendermäßig bestimmten Leistungstermin tritt der Verzug automatisch ein.

Der Auftragnehmer hat die Möglichkeit, sich zu entlasten, indem er nachweist, dass er die Verspätung nicht zu vertreten hat. In diesem Fall bleibt der volle Werklohnanspruch bestehen. Gründe können etwa unvorhersehbare Lieferengpässe oder höhere Gewalt sein.

Für eine Kürzung des Werklohns muss der Auftraggeber folgende Nachweise erbringen: Dokumentation der vereinbarten Leistungsfrist, Nachweis der tatsächlichen Leistungserbringung, Beleg für die erfolgte Mahnung sowie Nachweise über den entstandenen Schaden. Bei einer Zahlungsverweigerung ist zusätzlich die Wertlosigkeit der Leistung zu belegen.

In der Praxis empfiehlt es sich, Leistungsfristen und mögliche Konsequenzen bei Verspätung bereits im Vertrag klar zu regeln. Dies schafft Rechtssicherheit für beide Seiten und erleichtert die Durchsetzung von Ansprüchen im Streitfall.

Bei komplexeren Fällen oder größeren Summen ist es ratsam, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein Fachanwalt für Baurecht oder Vertragsrecht kann die individuelle Situation prüfen und die optimale Vorgehensweise empfehlen.

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Was muss ich tun, wenn der Auftragnehmer die vertraglich vereinbarte Frist nicht einhält?

Bei Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Frist durch den Auftragnehmer stehen dem Auftraggeber verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung.

Der erste Schritt besteht in der Mahnung des Auftragnehmers. Diese muss nach Eintritt der Fälligkeit erfolgen und den Schuldner ausdrücklich zur Leistungserbringung auffordern. Die Mahnung sollte eindeutig formuliert sein und klar angeben, welche Leistung gefordert wird. Eine bloße Feststellung der Fälligkeit reicht nicht aus.

Nach erfolgter Mahnung tritt der Verzug ein. Der Auftraggeber kann nun Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung verlangen. Dies umfasst beispielsweise Zinsaufwendungen für längere Kreditinanspruchnahmen, Kosten für Ersatzwohnungen oder entgangene Mieteinnahmen bei verzögerter Fertigstellung von Mietobjekten. Auch die Kosten der Rechtsverfolgung, insbesondere Anwaltskosten, sind vom Auftragnehmer zu ersetzen.

Für weitergehende Ansprüche ist in der Regel eine Fristsetzung zur Nacherfüllung erforderlich. Diese Frist muss angemessen sein und dem Auftragnehmer die Möglichkeit geben, die Leistung noch zu erbringen. Die Länge der Frist hängt vom Einzelfall ab.

Verstreicht auch diese Nachfrist erfolglos, kann der Auftraggeber Schadensersatz statt der Leistung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten. Der Schadensersatz statt der Leistung schließt die Forderung nach Fertigstellung aus. Beim Rücktritt wird der Vertrag rückabgewickelt, was bei Bauverträgen oft problematisch sein kann, da bereits erbrachte Leistungen nicht einfach rückgängig gemacht werden können.

In bestimmten Fällen kann eine Fristsetzung entbehrlich sein, etwa wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

Bei Bauverträgen nach VOB/B gelten teilweise abweichende Regelungen. Hier ist ein Rücktritt wegen Sachmängeln ausgeschlossen, da Mängelbeseitigung und Minderung Vorrang haben.

Es ist zu beachten, dass der Auftragnehmer für Verzögerungen, die er nicht zu vertreten hat, nicht haftet. Dies können beispielsweise Verzögerungen durch höhere Gewalt, Streiks oder vom Auftraggeber zu vertretende Umstände sein. In solchen Fällen kann der Auftragnehmer unter Umständen sogar eine Verlängerung der Ausführungsfrist beanspruchen.

Die genaue Vorgehensweise hängt stark vom Einzelfall ab. Faktoren wie der Grad der Verzögerung, die Art des Vertrages und die konkreten Umstände spielen eine wichtige Rolle. Ein Beispiel: Bei der verspäteten Fertigstellung eines Einfamilienhauses um wenige Wochen können andere Maßstäbe gelten als bei der monatelangen Verzögerung eines gewerblichen Großprojekts.

Aufgrund der Komplexität der Materie und der potenziell weitreichenden Folgen empfiehlt sich in vielen Fällen die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts. Dieser kann die konkrete Situation beurteilen und eine auf den Einzelfall zugeschnittene Strategie entwickeln.

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Kann ich Schadensersatz verlangen, wenn die Leistung verspätet erbracht wird?

Bei einer verspäteten Leistungserbringung kann der Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen. Die rechtliche Grundlage dafür bilden die §§ 280 und 286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine verspätete Leistung stellt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar. Allerdings reicht die bloße Verspätung für einen Schadensersatzanspruch nicht aus.

Der Schuldner muss sich zusätzlich im Verzug befinden. Der Verzug tritt in der Regel durch eine Mahnung des Gläubigers nach Fälligkeit der Leistung ein. In bestimmten Fällen ist eine Mahnung jedoch entbehrlich, etwa wenn für die Leistung eine kalendermäßig bestimmte Zeit vereinbart wurde. Der Schuldner kommt dann automatisch mit Ablauf des festgelegten Termins in Verzug.

Wichtig ist, dass der Schuldner die Verspätung zu vertreten haben muss. Dies wird gesetzlich vermutet, der Schuldner kann sich aber entlasten, wenn er nachweist, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Gründe dafür können beispielsweise höhere Gewalt oder unvorhersehbare Ereignisse sein, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen.

Liegen die Voraussetzungen des Verzugs vor, kann der Gläubiger zunächst Schadensersatz neben der Leistung verlangen. Dies betrifft Schäden, die trotz späterer Leistungserbringung entstanden sind. Ein typisches Beispiel wäre die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs, wenn das bestellte Auto nicht rechtzeitig geliefert wurde.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, unter weiteren Voraussetzungen Schadensersatz statt der Leistung zu fordern. Dafür muss der Gläubiger dem Schuldner in der Regel eine angemessene Nachfrist zur Leistung setzen. Verstreicht diese Frist erfolglos, kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Der Gläubiger ist so zu stellen, als wäre die Leistung rechtzeitig erbracht worden. Dabei können sowohl der entgangene Gewinn als auch Mehrkosten für eine Ersatzbeschaffung ersatzfähig sein.

Ein anschauliches Beispiel verdeutlicht die Anwendung dieser Regelungen: Ein Unternehmer beauftragt einen Handwerker mit der Renovierung seiner Geschäftsräume. Es wird ein fester Fertigstellungstermin vereinbart. Der Handwerker erscheint jedoch nicht zum vereinbarten Zeitpunkt und reagiert auch nicht auf Kontaktversuche. Der Unternehmer setzt daraufhin eine Nachfrist von zwei Wochen. Nachdem auch diese Frist verstrichen ist, beauftragt er ein anderes Unternehmen mit der Renovierung zu einem höheren Preis. In diesem Fall kann der Unternehmer vom ursprünglichen Vertrag zurücktreten und vom ersten Handwerker Schadensersatz in Höhe der Mehrkosten für die Ersatzvornahme verlangen.

Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen setzt voraus, dass der Gläubiger den eingetretenen Schaden konkret darlegen und beweisen kann. Es empfiehlt sich daher, entstandene Schäden sorgfältig zu dokumentieren und alle relevanten Belege aufzubewahren.

Bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen verspäteter Leistung ist zu beachten, dass der Schuldner möglicherweise Einwände erheben kann. Er könnte beispielsweise argumentieren, dass die Verzögerung auf Umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat. In solchen Fällen kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die eigenen Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.

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Welche Pflichten habe ich als Auftraggeber, um Verzögerungen zu vermeiden?

Als Auftraggeber haben Sie verschiedene Pflichten, um Verzögerungen bei der Durchführung von Bauvorhaben zu vermeiden. Eine zentrale Aufgabe besteht darin, rechtzeitig alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen einzuholen und dem Auftragnehmer zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst insbesondere die Baugenehmigung, ohne die mit den Arbeiten nicht begonnen werden darf.

Eine weitere wichtige Pflicht ist die Bereitstellung der notwendigen Ausführungsunterlagen. Dazu gehören detaillierte Baupläne, technische Zeichnungen und Spezifikationen. Diese Unterlagen müssen vollständig, fehlerfrei und rechtzeitig übergeben werden, damit der Auftragnehmer seine Arbeiten ordnungsgemäß planen und durchführen kann. Es empfiehlt sich, im Vertrag konkrete Fristen für die Übergabe der Unterlagen zu vereinbaren.

Der Auftraggeber muss zudem sicherstellen, dass das Baugrundstück in einem Zustand ist, der die Durchführung der Arbeiten ermöglicht. Dazu gehört beispielsweise das Abstecken der Hauptachsen des Bauwerks sowie die Bereitstellung von Lager- und Arbeitsplätzen auf der Baustelle. Auch Zufahrtswege und Anschlüsse für Wasser und Energie müssen vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden.

Bei Bauvorhaben mit mehreren beteiligten Unternehmen obliegt dem Auftraggeber die Koordination der verschiedenen Gewerke. Er muss dafür sorgen, dass die Arbeiten in der richtigen Reihenfolge ausgeführt werden können und keine gegenseitigen Behinderungen auftreten. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und Abstimmung der Bauabläufe.

Eine oft unterschätzte Pflicht des Auftraggebers ist die rechtzeitige Entscheidungsfindung bei Fragen, die während der Bauausführung auftreten. Verzögerungen können entstehen, wenn der Auftraggeber auf Anfragen des Auftragnehmers nicht zeitnah reagiert oder erforderliche Freigaben nicht erteilt. Es ist ratsam, im Vertrag Fristen für solche Entscheidungen festzulegen.

Der Auftraggeber muss außerdem die vereinbarten Abschlagszahlungen pünktlich leisten. Verzögerungen bei der Zahlung können dazu führen, dass der Auftragnehmer die Arbeiten einstellt oder das Tempo reduziert, was wiederum den Baufortschritt beeinträchtigt.

Bei Änderungswünschen oder zusätzlichen Leistungen ist der Auftraggeber verpflichtet, diese rechtzeitig anzuordnen und die entsprechenden Vereinbarungen mit dem Auftragnehmer zu treffen. Kurzfristige Änderungen können den Bauablauf erheblich stören und zu Verzögerungen führen.

Eine oft vernachlässigte Pflicht des Auftraggebers ist die Mitwirkung bei der Bemusterung von Materialien und Ausstattungselementen. Werden Entscheidungen über Farben, Oberflächen oder Qualitäten nicht rechtzeitig getroffen, kann dies den Baufortschritt behindern.

Der Auftraggeber muss zudem dafür sorgen, dass eventuell erforderliche Vorleistungen anderer Unternehmen rechtzeitig erbracht werden. Dies betrifft beispielsweise Erdarbeiten oder die Installation von Versorgungsleitungen, die vor Beginn bestimmter Bauleistungen abgeschlossen sein müssen.

Eine wichtige rechtliche Verpflichtung des Auftraggebers besteht darin, den Auftragnehmer über mögliche Risiken oder Besonderheiten des Baugrundstücks zu informieren. Dies umfasst etwa Informationen über die Bodenbeschaffenheit, mögliche Altlasten oder archäologische Fundstellen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Werkvertrag: Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem sich ein Unternehmer zur Herstellung eines Werkes verpflichtet und der Besteller dafür eine Vergütung zahlt. Im Fall der Trafostation bedeutet das, dass die Firma die Station plant und baut und der Auftraggeber dafür bezahlt. Ein typisches Beispiel ist der Bau eines Hauses, bei dem der Bauunternehmer das Haus errichtet und der Auftraggeber die Baukosten zahlt.
  • Verzug: Verzug tritt ein, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht rechtzeitig erbringt. Im Kontext des Bauprojekts bedeutet dies, dass die Baufirma die Trafostation nicht innerhalb der vereinbarten Frist fertigstellt. Voraussetzung für den Verzug ist in der Regel eine Mahnung des Auftraggebers, außer es wurde ein festes Datum vereinbart.
  • Schadensersatz: Schadensersatz ist ein Anspruch, der entsteht, wenn eine Partei durch das Verhalten einer anderen einen Schaden erleidet. Hier könnte der Auftraggeber Schadensersatz verlangen, wenn die verspätete Fertigstellung der Trafostation zu finanziellen Verlusten geführt hat. Dieser Anspruch setzt voraus, dass die Baufirma die Verzögerung verschuldet hat.
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB): AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt. Sie regeln verschiedene Vertragsinhalte, müssen aber fair sein und dürfen die andere Partei nicht unangemessen benachteiligen. Im Fall der Trafostation wird geprüft, ob die AGB der Baufirma, insbesondere das Aufrechnungsverbot, wirksam sind.
  • Aufrechnungsverbot: Ein Aufrechnungsverbot in den AGB kann unwirksam sein, wenn es verhindert, dass der Auftraggeber seine Gegenforderungen mit den Forderungen der Baufirma verrechnet. Im Kontext des Bauprojekts könnte der Auftraggeber z.B. nicht die Kosten für die verspätete Fertigstellung gegen die Forderung der Baufirma aufrechnen, wenn das Verbot unwirksam ist.
  • Fertigstellungsfrist: Die Fertigstellungsfrist ist der Zeitraum, innerhalb dessen das Werk fertiggestellt sein muss. Diese Frist beginnt oft erst, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, wie z.B. die Erteilung notwendiger Genehmigungen. Im Fall der Trafostation war umstritten, wann die Frist begann, was für die Frage der rechtzeitigen Fertigstellung entscheidend war.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 631 BGB (Werkvertrag): Der Werkvertrag ist ein Vertragstyp, bei dem sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Im vorliegenden Fall wurde ein Werkvertrag über die Planung und Errichtung einer Trafostation geschlossen. Die Klägerin (Unternehmer) hat die Trafostation errichtet, und die Beklagte (Besteller) ist zur Zahlung des Werklohns verpflichtet.
  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Verletzt eine Partei eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann die andere Partei Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall macht die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen verzögerter Leistungserbringung geltend. Das Gericht prüfte, ob die Klägerin eine Pflicht verletzt hat, indem sie die Trafostation nicht fristgerecht fertigstellte.
  • § 286 BGB (Verzug des Schuldners): Gerät der Schuldner mit der Leistung in Verzug, so kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Klägerin mit der Fertigstellung der Trafostation in Verzug geraten ist und ob die Beklagte deshalb Schadensersatz verlangen kann.
  • § 307 BGB (Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen): Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt. AGB dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob das im Vertrag enthaltene Aufrechnungsverbot eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten darstellt.
  • § 309 Nr. 3 BGB (Aufrechnungsverbot): Ein Aufrechnungsverbot in AGB ist unwirksam, wenn es die Aufrechnung mit Gegenforderungen verbietet, die aus demselben Vertragsverhältnis stammen. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob das Aufrechnungsverbot im Vertrag der Klägerin gegen § 309 Nr. 3 BGB verstößt und daher unwirksam ist.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 79/21 – Urteil vom 11.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 01.04.2021 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 31 O 15/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.359,64 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Zahlung offenen Werklohns für die Planung und Errichtung einer Trafostation auf einem von der Beklagten bereit zu stellenden Grundstück. Die Beklagte rechnet mit Schadensersatzansprüchen wegen verzögerter Leistungserbringung für den Zeitraum 01.01.2019 bis 05.12.2019 auf und erhebt wegen der überschießenden Forderungen Widerklage. Dabei besteht insbesondere Streit über die Wirksamkeit und Auslegung der Ankreuzoption in Ziffer 5 des Vertrages vom 27.07.2018.

Wegen des Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 40.247,12 € nebst Zinsen zu zahlen und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe einen vertraglichen Anspruch auf Restvergütung in Höhe der Klageforderung. Aufrechenbare Gegenansprüche bestünden nicht. So sei gemäß Ziffer 3.3 des Vertrages ein wirksames Aufrechnungsverbot geregelt, das den Anforderungen der §§ 307 ff. BGB gerecht werde. Zudem bestehe kein Schadensersatzanspruch der Beklagten aus §§ 280, 286 BGB. Denn die Klägerin sei mit der betriebsbereiten Übergabe der Trafostation nicht in Verzug geraten. Eine Mahnung nach Fälligkeit liege nicht vor. Ebenso wenig bestehe eine kalendermäßige Bestimmung der geschuldeten Leistung. Mit Blick auf Ziffer 5 Satz 1 des Vertrages sei die Baugenehmigung erst Ende September/Anfang Oktober 2019 erteilt und folglich das Leistungsziel innerhalb der vereinbarten Fristen von 18 Wochen erreicht worden. Selbst wenn die Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen seien, seien diese im Geschäftsverkehr mit Unternehmen wirksam. Denn sie stellten keine unangemessene Benachteiligung der Beklagten dar. Auch im Falle deren Unwirksamkeit würde sich der Vertragsinhalt nach den gesetzlichen Bestimmungen richten und dann etwaige Fristen erst mit Erteilung der Baugenehmigung zu laufen beginnen. Wegen der weitergehenden rechtlichen Ausführungen wird auf die Urteilsgründe verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 06.04.2021 zugestellte Urteil mit am 05.05.2021 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 07.07.2021 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit an diesem Tage eingegangenem Schriftsatz begründet. Zur Begründung führt sie aus, das Aufrechnungsverbot in Ziffer 3.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sei unwirksam. Denn es verstoße gegen §§ 310 Abs. 1 S. 2, 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 309 Nr. 3 BGB. Es handele sich hier um eine synallagmatische Gegenforderung, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Aufrechnungsverbote für unwirksam erklärt worden seien; dies auch in Unternehmerverkehr. Schadensersatzansprüche seien ebenfalls begründet, da die Klägerin mit der betriebsbereiten Übergabe der Trafostation mit Ablauf des vereinbarten Fertigstellungstermins am 26.11.2018 in Verzug gewesen sei. Maßgebend sei die Individualvereinbarung einer Fertigstellungsfrist von 18 Wochen gemäß Ziffer 5 Satz 1 des Vertrages. Die weitergehenden Regelungen Ziffer 5 Sätze 2 und 3 seien AGB-rechtlich unwirksam, berührten die Wirksamkeit der Regelung in Satz 1 jedoch nicht. Da nach Sätzen 2 und 3 der Beginn des Fristenlaufes von einem Ereignis im Bereich des Verwenders abhänge, sei eine Berechenbarkeit der Frist für den Vertragspartner nicht möglich. Eine solche Regelung sei nach AGB-Recht ausgeschlossen. Insbesondere das Einholen der Baugenehmigung habe ausschließlich in der Hand der Klägerin gelegen. Für die Frage der Wirksamkeit sei es deshalb ohne Belang, dass auch sie, die Beklagte, Handlungen hätte vornehmen müssen. Im Übrigen habe die Klägerin die Einholung der Baugenehmigung nicht verzögern dürfen. Wäre sie ihrer Verpflichtung frühzeitig nachgekommen, hätte auch die Beklagte rechtzeitig tätig werden und die Fertigstellungsfrist eingehalten werden können.

Soweit für den Fall der Wirksamkeit des Aufrechnungsverbotes nicht mit der Klageforderung aufgerechnet werden könne, werde der gesamte Schaden im Rahmen der zulässigen Erweiterung der Widerklage geltend gemacht.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 01.04.2021, Az. 31 O 15/20, abzuändern, die Klage abzuweisen und auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 33.112,52 € nebst jährlichen Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise für den Fall der Wirksamkeit des Aufrechnungsverbots beantragt sie, die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag i.H.v. 73.359,64 € nebst jährlichen Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung und die hilfsweise erhobene Erweiterung der Widerklage zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Zutreffend und von der Berufung unbeanstandet geht das Landgericht vom Bestehen der Werklohnforderung in Höhe der Klageforderung aus dem Werkvertrag der Parteien über die Errichtung einer Trafostation in … vom 27.07.2018 i.V.m. § 631 BGB aus.

2. Der Werklohnanspruch ist, wie das Landgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, nicht durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch der Beklagten erloschen.

2.1. Der Aufrechnung steht allerdings ein Aufrechnungsverbot nicht entgegen.

a) Auch wenn – wie nachfolgend auszuführen sein wird – ein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten nicht besteht, ist wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils die Wirksamkeit des in Ziffer 3.3. des Vertrages vereinbarten Aufrechnungsverbotes zu prüfen (vgl. RG, Urteil vom 21.04.1931 – II 241/30 –, RGZ 132, 305-311; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 145 ZPO, Rn. 14).

b) Das Aufrechnungsverbot in der Regelung in Ziffer 3.3 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin benachteiligt die Beklagte gemäß § 307 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist deshalb unwirksam.

Ebenso wie in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 07. April 2011 (BGH, Urteil vom 07.04.2011 – VII ZR 209/07 –, juris) entschiedenen Fall umfasst das Aufrechnungsverbot in Ziffer 3.3 des Vertrages unterschiedslos auch in einem engen synallagmatischen Verhältnis zur Entgeltforderung stehende Ersatzansprüche. Die Klausel führt daher aus den in der Entscheidung weiter dargelegten Gründen zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bestellers. Dabei kann auch hier dahinstehen, ob die Schadensersatzforderungen der Beklagten ebenfalls einem solchen synallagmatischen Verhältnis zuzuordnen sind. Denn jedenfalls umfasst die Klausel alle Gegenansprüche unterschiedslos. Sie kann nicht hinsichtlich des Ausschlusses der Aufrechnung von unbedenklichen Gegenforderungen aufrechterhalten werden. Dies ist wegen des für Allgemeine Geschäftsbedingungen allgemein zu beachtenden Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion unzulässig (BGH, a.a.O., Rn. 20 – 21, juris).

Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senates auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmern anzuwenden. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs betrifft die generelle Möglichkeit der Aufrechnung mit synallagmatischen Gegenforderungen, die nicht durch einschränkende Klauseln verhindert werden kann. Zudem ist § 309 Nr. 3 BGB auch im Verkehr zwischen Unternehmern als konkretisierte Ausformung von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anwendbar [OLG Nürnberg, Urteil vom 20.08.2014 – 12 U 2119/13 –, Rn. 83 – 102, juris; ebenso Staudinger/Coester-Waltjen (2019) BGB § 309 Nr 03, Rn. 6; Schäfer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 309 BGB, Rn. 12; BeckOGK/Weiler, 01.06.2021, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 70, 84; MüKoBGB/Wurmnest, 8. Aufl. 2019 Rn. 10, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 10; Lapp/Salamon in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 309 BGB (Stand: 15.09.2020), Rn. 44)].

2.2. Aufrechenbare Gegenansprüche der Beklagten bestehen jedoch nicht. Insoweit ist auch die Widerklage unbegründet.

Einen Anspruch auf Schadensersatz vermag die Beklagte allein unter dem Gesichtspunkt der verzögerten Leistungserbringung der Klägerin aus §§ 280 Abs. 1, 286, 252 BGB herzuleiten.

a) Allerdings befand sich die Klägerin mit ihrer Leistungserbringung nicht in Verzug i.S.d. § 286 Abs. 1 BGB. Dass die Beklagte die Klägerin nach Eintritt der Fälligkeit verzugsbegründend gemahnt hätte, ist nicht ersichtlich. Vortrag zu konkreten Mahnschreiben findet sich nicht. Es wird lediglich allgemein auf mehrfache Mahnungen abgestellt. Dieser Vortrag genügt, worauf bereits das Landgericht abgestellt und worauf auch der Senat in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat, den Substantiierungsanforderungen nicht.

b) Auch im Anwendungsbereich des § 286 Abs. 2 Nrn. 1, 2 BGB – für die anderen Alternativen der Vorschrift ist der Anwendungsbereich offensichtlich nicht eröffnet – kann die Beklagte einen Verzugsschaden nicht begründen.

aa) Es fehlt bereits an der Vereinbarung einer eindeutigen Leistungszeit bzw. an einem eindeutigen Ereignis, das der mittelbaren kalendarischen Bestimmung der Leistungszeit im Sinne von § 286 Absatz 2 Nr. 2 BGB vorausgeht. Zwar stellt Ziffer 5 Satz 1 d.V. auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab, soweit die weiteren Voraussetzungen wie die Festlegung der technischen Details und die Bestätigung der Ausführungsunterlagen – wie hier – gegeben waren. Damit scheint eine Berechenbarkeit der Leistungszeit gegeben zu sein. Allerdings ist die Leistungszeit daneben von weiteren Faktoren abhängig. So wird der Beginn der Leistungserbringung der Klägerin ebenfalls von der Zahlung eines Teilbetrages nach Ziffer 3 d.V. abhängig gemacht. Der Fristbeginn gemäß Satz 2 war dabei für die Beklagte berechenbar und lag nicht allein in der Einfluss- oder Kenntnissphäre des Verwenders (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1988 – III ZR 21/87, NJW 1988, 2106, beck-online), nachdem bereits im Vertrag (Ziffer 3) Fälligkeit und Höhe der Teilleistung festgelegt waren. Bedenken gegen die Zulässigkeit im Rahmen der Prüfung der §§ 307 ff BGB bestehen insoweit nicht. Mangels substantiiertem Bestreiten der Beklagten ist von einer Zahlung des ersten Teilbetrages erst am 16.10.2018 auszugehen. Ferner ist Ziffer 1.7 d.V., nach dem die Auftraggeberin für in ihrem Risikobereich liegende öffentlich-rechtliche Genehmigungen Sorge zu tragen hat, zu berücksichtigen, dessen Voraussetzungen zu einem wesentlich späteren, nicht näher bezeichneten Zeitpunkt vorlagen.

Ob auch die Regelung in Satz 3 vor § 307 BGB Bestand haben kann, die weitere Einschränkungen vorsieht, mag dahinstehen. Denn es bleibt insgesamt unklar, welches Ereignis für den Beginn der Fertigstellungsfrist von 18 Wochen maßgebend werden sollte.

bb) Selbst wenn man hier von einer Berechenbarkeit der Frist ausgehen sollte, läge zwar mit Ziffer 5 Satz 1 des Vertrages eine vereinbarte Leistungszeit vor. Ein Schuldner kommt aber gemäß § 286 Abs. 4 BGB nicht in Verzug, wenn die Leistung ohne sein Verschulden aus allgemeinen Gründen oder aus in seiner Person liegenden oder auf den Gläubiger zurückzuführenden Gründen nicht zur vorgesehenen Leistungszeit erbracht werden kann (BeckOK BGB/Lorenz, 59. Ed. 01.08.2021, BGB § 286 Rn. 56). Hierbei kann es sich um tatsächliche und rechtliche Hindernisse handeln. Die Vorschrift geht von der Erwägung aus, dass der Schuldner, der für die Verzögerung der geschuldeten Leistung nach allgemeinen Vorschriften nicht einzustehen hat, auch nicht in Verzug gerät und daher für die Folgen der verspäteten Leistung nicht aufzukommen braucht (MüKoBGB/Ernst, 8. Aufl. 2019, BGB § 286 Rn. 112). So liegt der Fall hier. Nach Ziffer 1.7 des Vertrages gehört zum Leistungsumfang der Klägerin nicht die Bereitstellung der öffentlich-rechtlichen und privaten Zustimmungen zum Stationsstandort. Vielmehr lag es in der Verantwortung der Beklagten, die entsprechenden Voraussetzungen für einen reibungslosen Ablauf zu schaffen. Dies findet zudem seinen Ausdruck in Ziffer 5.6 Satz 1 der AGB der Klägerin, nach der der Auftraggeber verpflichtet ist, die notwendigen behördlichen Genehmigungen rechtzeitig zu beschaffen.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel bestehen nicht. Insbesondere ist die Klausel mit Blick auf die von der Klägerin zu beschaffende Baugenehmigung weder unklar noch benachteiligt sie die Beklagte unangemessen. Denn es ist das legitime Recht der Klägerin, auch die der Beklagten obliegenden Leistungspflichten, ohne die sie selbst nicht leistungsfähig ist, einzufordern.

Dem ist die Beklagte nicht gerecht geworden, da sie die erforderlichen Voraussetzungen für die Zuwegung erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt erbracht hat. So lange diese nicht vorlagen, fehlt es an einem der Klägerin vorzuwerfenden und für einen etwaigen Schaden der Beklagten kausalen Pflichtverstoß.

Dass ggf. im Rahmen der Baugenehmigung Hinweispflichten der Klägerin begründet sein könnten, denen sie nicht nachkam, bleibt ebenfalls folgenlos. Denn bereits im Vertrag hat die Beklagte ausdrücklich die entsprechende Leistungspflicht und auch das entsprechende Risiko übernommen. Es lag daher allein in ihrer Hand, den Ablauf durch Vorlage der entsprechenden Zustimmungen/Genehmigungen zu befördern.

Jedenfalls käme eine Schadensersatzpflicht der Klägerin für den Zeitraum nicht in Betracht, den die Beklagte für die ihr obliegende Leistung, nämlich die Klärung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung der Zuwegung (Ziffer 1.7 des Vertrages) benötigte, mithin von Anfang April 2019 bis Ende September/Anfang Oktober 2019. Denn in diesem Zeitraum war der Klägerin eine weitere Leistung aus Gründen unmöglich, die sie nicht zu vertreten hatte. Zu Recht hat das Landgericht im Weiteren darauf abgestellt, dass die Klägerin nach Vorliegen der von der Beklagten zu schaffenden Voraussetzungen ihre Leistungen innerhalb der vereinbarten Fristen erbracht hat.

c) Dieses Ergebnis stellt sich gleichermaßen, wenn – wie die Beklagte behauptet und zugunsten der Klägerin zu unterstellen ist – Ziffer 5 Satz 1 des Vertrages eine Individualabrede darstellt und daher nicht dem Recht der AGB zu unterstellen ist, § 305 b BGB. In diesem Fall ist der Inhalt der Vereinbarung nicht allein nach dem Wortlaut, sondern im Rahmen der Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB zu bestimmen. Dabei ist die Klausel ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BGH, Urteil vom 23. August 2018 – III ZR 192/17 –, Rn. 16, juris). Danach gelten die vereinbarten 18 Wochen Fertigstellungsfrist nicht losgelöst von den übrigen Vertragsinhalten. Denn sowohl in den Sätzen 2 und 3 der Ziffer 5 als auch in Ziffer 1.7 des Vertrages und Ziffer 5, insbesondere Ziffer 5.6 der AGB der Klägerin in den Blick zu nehmen. Danach kann die Klausel nur so verstanden werden, dass die Fertigstellungsfrist erst mit Fertigstellung aller von der Beklagten zu erbringenden Vorleistungen überhaupt beginnt. Hierauf muss sich die Beklagte auch redlicherweise einlassen. Denn es obliegt ihr, die entsprechenden Leistungsvoraussetzungen zu schaffen. Insoweit gelten die gleichen Voraussetzungen, wie sie – nach oben bb) – gegen ein Verschulden der Leistungsverzögerung sprechen. Mithin kann in diesem Fall erst recht die Frist erst ab Vorliegen der grundbuchlich gesicherten Genehmigung der Zuwegung zu laufen beginnen und ist eingehalten worden.

3.

Ein von der Klägerin beantragter Schriftsatznachlass ist nicht zu gewähren, weil der Senat im Verhandlungstermin keine Hinweise erteilt hat, die nach dem bisherigen Parteivorbringen neu oder überraschend gewesen wären und auf die sich die Partei nicht sofort hätte erklären können. Auch der Schriftsatz vom 05.11.2021 gibt keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

4.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat. Der Senat weicht auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts ab, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.


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