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Konkludente Abnahme scheidet aus wenn die Parteien förmliche Abnahme vereinbart haben

Risse, Pfützen, Ärger: Baumängel an den Carports einer Wohnanlage trieben die Eigentümer zum Äußersten. Sie zogen gegen ihren Bauträger vor Gericht und forderten zehntausende Euro für die Reparatur. Ein oberes Gericht hat nun darüber entschieden, wer dafür aufkommen muss.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 797/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Nürnberg
  • Datum: 25.06.2024
  • Aktenzeichen: 6 U 797/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Gewährleistungsansprüche, Schadensersatz

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Vielzahl von Ersterwerbern von Eigentumswohnungen und deren Rechtsnachfolger (Zweitkäufer, Erben, Abtretungsempfänger). Sie machten Ansprüche auf Mangelbeseitigungsvorschuss, Schadensersatz und Feststellung von Mängeln geltend.
  • Beklagte: Die Rechtsnachfolgerin der Bauträgerin, die die Carportanlage errichtete. Sie bestritt die Ansprüche, die Aktivlegitimation der Kläger und das Vorliegen einer Abnahme.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Bauträgerin errichtete eine Eigentumswohnungsanlage mit Carports. Es traten Mängel an der Carportanlage auf, die die Erwerber und deren Nachfolger rügten. Zuvor wurde ein selbständiges Beweisverfahren durchgeführt, um die Mängel festzustellen.
  • Kern des Rechtsstreits: Zentrale Fragen waren, wer genau auf Klägerseite anspruchsberechtigt ist und ob das Werk abgenommen wurde. Weiter ging es um das Bestehen und die Höhe der Mängel sowie die Frage der Verjährung der Ansprüche. Streitgegenstand waren Ansprüche auf Mangelbeseitigungsvorschuss und Schadensersatz.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht hielt das Urteil der Vorinstanz im Wesentlichen aufrecht, passte es jedoch bezüglich der anspruchsberechtigten Kläger an. Die Beklagte wurde zur Zahlung eines Vorschusses für Mangelbeseitigung und bestimmter Schadensersatzkosten verurteilt. Eine der ursprünglichen Klägerinnen erhielt keine Ansprüche zugesprochen.
  • Begründung: Das Gericht bestätigte, dass keine Abnahme des Werkes erfolgt war, wodurch die Regeln für das Stadium vor Abnahme gelten. Es bejahte die Zulässigkeit der Parteiwechsel auf Klägerseite im Berufungsverfahren, da dies sachdienlich war und auf unbestrittenen Tatsachen beruhte. Die Höhe der zugesprochenen Beträge stützte sich auf das Sachverständigengutachten.
  • Folgen: Die Beklagte muss die festgestellten Mängel auf eigene Kosten beseitigen lassen oder den Vorschuss zahlen. Die Verantwortung und das Mängelrisiko verbleiben beim Unternehmer, solange keine Abnahme vorliegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Fall vor Gericht


OLG Nürnberg: Bauträger haftet für Carport-Mängel – Kein Abzug Neu für Alt ohne Abnahme, Klärung der Aktivlegitimation bei Eigentümerwechsel

Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat in einem Beschluss vom 25. Juni 2024 (Az.: 6 U 797/23) wichtige Fragen im Werkvertragsrecht bei Baumängeln geklärt.

Bauträger mit verschränkten Armen vor Carport mit Rissen und Pfützen, Eigentümer kritisieren Mängel
Mangelhafte Carports: Risse, Pfützen und Schäden bei Neubauten – Eigentümer fordern Qualität vom Bauträger. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Mittelpunkt stand die Haftung eines Bauträgers für Mängel an einer Carportanlage einer Eigentumswohnungsanlage. Das Gericht bestätigte im Wesentlichen ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth und verurteilte den Rechtsnachfolger des ursprünglichen Bauträgers zur Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung sowie zu Schadensersatz. Besonders relevant waren die Entscheidungen zur Frage der Abnahme des Bauwerks, zum Abzug „Neu für Alt“ und zur Aktivlegitimation einer Vielzahl von klagenden Wohnungseigentümern und deren Rechtsnachfolgern.

Ausgangssituation: Mängel an Carportanlage einer Neubau-Wohnanlage

Der Fall betraf eine von der P. GmbH errichtete Eigentumswohnungsanlage samt zugehöriger Carportanlagen in F. Die P. GmbH war die Rechtsvorgängerin der späteren beklagten Firma, mit der sie verschmolzen war. Die streitgegenständliche Carportanlage befand sich hauptsächlich auf einem Grundstück, das im Miteigentum der meisten klagenden Parteien stand, und zu einem kleinen Teil auf einem Nachbargrundstück, für das entsprechende Grunddienstbarkeiten eingetragen waren.

In den ursprünglichen Bauträgerverträgen war eine spezifische Regelung zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums enthalten. Vorgesehen war eine gemeinsame Besichtigung mit Erstellung und Unterzeichnung eines Abnahmeprotokolls. Für das Gemeinschaftseigentum sollte die Abnahme nach Fertigstellung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen erfolgen. Solche Abnahmeprotokolle wurden jedoch nie erstellt.

Zwischen Februar 2019 und März 2020 begannen die Wohnungseigentümer, Mängel an der Carportanlage zu rügen und forderten den Bauträger zur Beseitigung auf. Nachdem dies offenbar nicht zur Zufriedenheit der Eigentümer erfolgte, schalteten diese einen Anwalt ein. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 forderten sie die Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 68.922,42 Euro für die Behebung von insgesamt 27 gerügten Mängeln. Gleichzeitig erklärten die Eigentümer unmissverständlich, dass sie nicht mehr bereit seien, mit dem Bauträger zusammenzuarbeiten und eine Nacherfüllung, also eine Mangelbeseitigung durch den Bauträger selbst, ernsthaft und endgültig ablehnten.

Streitpunkte vor Gericht: Aktivlegitimation, Abnahme, Mängelhöhe und Nebenkosten

Vor dem eigentlichen Gerichtsverfahren wurde ein selbständiges Beweisverfahren (Az. 1 OH 2076/20) durchgeführt. In diesem Verfahren erstellte ein Sachverständiger zwei schriftliche Gutachten zu den behaupteten Mängeln und wurde später auch im Hauptprozess mündlich angehört. Im Rahmen dieses Beweisverfahrens entstanden Kosten für notwendige Bauteilöffnungen in Höhe von 1.599,95 Euro, um die Mängel untersuchen zu können.

Die Klägerseite setzte sich aus einer großen Gruppe von Personen zusammen: Ersterwerber der Eigentumswohnungen, aber auch deren Rechtsnachfolger, wie Zweitkäufer, Erben oder Personen, an die Gewährleistungsansprüche abgetreten worden waren. Ihre Hauptforderungen waren:

  1. Ein Mangelbeseitigungsvorschuss von 68.922,42 Euro zur Deckung der Kosten für die Reparatur der 27 Mängel an der Carportanlage.
  2. Schadensersatz für die Kosten der Bauteilöffnungen aus dem Beweisverfahren (1.599,95 Euro).
  3. Schadensersatz für besondere Verwalterleistungen der Hausverwaltung im Zusammenhang mit der Mängelverfolgung (818,13 Euro).
  4. Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die sowohl vor dem Beweisverfahren (5.258,49 Euro) als auch vor dem Klageverfahren selbst (5.784,71 Euro) angefallen waren.
  5. Die gerichtliche Feststellung, dass der Bauträger verpflichtet ist, für die festgestellten Mängel einzustehen (Feststellung der Mangelverpflichtung).

Der beklagte Bauträger (bzw. dessen Rechtsnachfolger) wehrte sich gegen die Ansprüche mit einer Reihe von Argumenten:

  • Er bestritt teilweise die Aktivlegitimation der Kläger, also deren Berechtigung, die Ansprüche überhaupt geltend zu machen. Insbesondere wurde das Bestehen der Ansprüche bei Zweiterwerbern und anderen Rechtsnachfolgern in Frage gestellt, teilweise nur pauschal „mit Nichtwissen“.
  • Die Existenz und der Umfang der Mängel wurden bestritten. Einige Mängel seien nur geringfügig (im Toleranzbereich), andere auf fehlende Wartung durch die Eigentümer oder auf Einwirkungen Dritter zurückzuführen.
  • Es wurde bestritten, dass bestimmte Bauteile wie eine Grenzmauer und eine Pflasterung überhaupt zum vertraglich geschuldeten Leistungsumfang gehörten.
  • Der Bauträger argumentierte, das Werk sei durch Ingebrauchnahme der Carportanlage durch die Eigentümer bereits abgenommen worden. Dies hätte wichtige rechtliche Konsequenzen, insbesondere für die Beweislast.
  • Sollten Mängel bestehen, müsse ein Abzug „Neu für Alt“ vorgenommen werden, da die Reparatur zu einer Wertverbesserung gegenüber dem Zustand bei Fertigstellung führe.
  • Die geforderten Mangelbeseitigungskosten seien unverhältnismäßig hoch.
  • Die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Nebenkosten (Verwalter, Anwälte) wurde bestritten.
  • Im Berufungsverfahren erhob der Bauträger zudem erstmals die Einrede der Verjährung, allerdings nur für den Fall, dass die Eigentümer noch Erfüllung (also die Mangelbeseitigung durch den Bauträger selbst) verlangen könnten.

Entscheidung des Landgerichts: Überwiegend zugunsten der Wohnungseigentümer

Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab den Wohnungseigentümern in seinem Urteil vom 15. März 2023 weitgehend Recht. Es verurteilte den Bauträger zur Zahlung des geforderten Vorschusses von 68.922,42 Euro und des Schadensersatzes für die Bauteilöffnungen (1.599,95 Euro). Außerdem stellte es die grundsätzliche Verpflichtung des Bauträgers zur Mangelbeseitigung fest. Lediglich ein behaupteter Mangel wurde nicht anerkannt, und die Klage bezüglich der Anwalts- und Verwaltungskosten wurde abgewiesen.

Das Landgericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die Aktivlegitimation der Kläger gegeben sei. Ein pauschales Bestreiten „mit Nichtwissen“ durch den Bauträger sei hier unzureichend. Eine Abnahme des Werkes habe nicht stattgefunden, weder förmlich (mangels Protokoll) noch stillschweigend (konkludent) durch Ingebrauchnahme, da vertraglich eine förmliche Abnahme vereinbart war. Durch die endgültige Ablehnung der Nacherfüllung seitens der Eigentümer sei ein Abrechnungsverhältnis entstanden, das den Anspruch auf Vorschuss begründe. Das Vorliegen und die Höhe der Mängel stützte das Gericht maßgeblich auf das Sachverständigengutachten. Einen Abzug „Neu für Alt“ lehnte das Gericht ebenso ab wie den Einwand der Unverhältnismäßigkeit. Die Kosten der Bauteilöffnungen seien als notwendiger Schadensersatz erstattungsfähig, die Anwalts- und Verwaltungskosten jedoch nicht, da sie vor dem anspruchsbegründenden Ereignis (Verzug oder endgültige Ablehnung) entstanden seien.

Berufung des Bauträgers und Klärung der Parteien im Berufungsverfahren

Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Bauträger Berufung ein. Er wiederholte und vertiefte seine bisherigen Argumente, insbesondere zur Aktivlegitimation (er sei als Rechtsnachfolger ohne Detailkenntnis zum Bestreiten mit Nichtwissen berechtigt), zur Abnahme (Ingebrauchnahme sei ausreichend, förmliche Abnahme betreffe nur Sondereigentum, ein Beweisangebot durch Augenschein sei übergangen worden), zum Abzug „Neu für Alt“ (besonders bei optischen Mängeln) und zur Verjährung. Er rügte auch eine unvollständige Beweisaufnahme und eine Überraschungsentscheidung bezüglich der Abnahme.

Die Wohnungseigentümer verteidigten das Urteil. Gleichzeitig nutzten sie das Berufungsverfahren, um die Klägerliste zu aktualisieren. Aufgrund von Verkäufen, Erbfällen und Abtretungen, die teilweise schon vor Prozessbeginn, teilweise erst während des laufenden Verfahrens stattgefunden hatten, beantragten sie eine Korrektur des Rubrums (der Parteibezeichnung im Urteilskopf) bzw. erklärten eine subjektive Klageänderung (Austausch von Klägern). Sie legten dazu neue Listen und Urkunden vor.

Entscheidung des OLG Nürnberg: Bestätigung der Haftung mit Anpassungen bei den Klägern

Das OLG Nürnberg wies die Berufung des Bauträgers im Wesentlichen zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts mit bestimmten Maßgaben, die vor allem die korrekte Bezeichnung der anspruchsberechtigten Personen betrafen.

  1. Die Verurteilung zur Zahlung des Vorschusses und des Schadensersatzes erfolgte nun zugunsten der jeweiligen Rechtsnachfolger für die Eigentümer, die ihre Ansprüche nach Beginn des Rechtsstreits übertragen hatten (z.B. durch Verkauf oder Erbschaft). Dies betraf drei Klägergruppen namentlich.
  2. Die Klage einer ursprünglichen Klägerin (E. R.) wurde abgewiesen, da sie ihre Ansprüche bereits vor Klageerhebung an ihren Ehemann abgetreten hatte und somit nicht mehr anspruchsberechtigt war.
  3. Im Übrigen blieb das Urteil des Landgerichts bestehen. Der Bauträger muss also weiterhin den Vorschuss von 68.922,42 Euro und den Schadensersatz von 1.599,95 Euro zahlen, und seine grundsätzliche Haftung für die Mängel wurde bestätigt – nunmehr gegenüber der korrekt bezeichneten Klägergemeinschaft.
  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Bauträger tragen.
  5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Begründung des OLG: Klärung von Aktivlegitimation, Parteiwechsel und zentraler Rechtsfragen

Das OLG Nürnberg begründete seine Entscheidung ausführlich:

Aktivlegitimation und Parteiwechsel im Berufungsverfahren zulässig geklärt

Das Gericht stellte klar, dass die von den Klägern beantragten Änderungen der Parteien meist keine einfache Rubrumsberichtigung (Korrektur eines Schreibfehlers) darstellten, sondern echte Parteiwechsel bzw. Korrekturen der Klägerliste waren. Solche subjektiven Klageänderungen sind im Berufungsverfahren nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (analog § 263 ZPO), erfordern aber in der Regel die Zustimmung des Gegners oder müssen sachdienlich sein. Das OLG bejahte hier die Sachdienlichkeit. Die Änderungen dienten der Prozessökonomie, da viele Kläger identisch blieben, die Beweisergebnisse weiterverwendbar waren und so weitere Prozesse vermieden wurden. Die Änderungen waren auch zulässig, weil die zugrundeliegenden Tatsachen (Verkäufe, Erbfälle, Abtretungen) vom Bauträger unbestritten blieben und unstreitiger Vortrag auch in der Berufung zu berücksichtigen ist (§ 529 ZPO).

Für die Fälle, in denen Eigentümer ihre Ansprüche nach Klageerhebung übertragen hatten, griff § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO. Obwohl ein Parteiwechsel auf den neuen Eigentümer mangels Zustimmung des Bauträgers nicht direkt möglich war, konnte der ursprüngliche Kläger den Prozess für den Rechtsnachfolger weiterführen (sog. Prozessstandschaft). Dies führte zur Verurteilung „zugunsten“ der neuen Berechtigten. Die Klage der Frau E. R. wurde abgewiesen, da sie schon bei Klageerhebung nicht mehr anspruchsberechtigt war.

Keine Abnahme der Carportanlage erfolgt: Folgen für Beweislast und Ansprüche im Werkvertragsrecht

Das OLG bestätigte die zentrale Feststellung des Landgerichts: Eine Abnahme des Werkes hat nicht stattgefunden. Die vertragliche Vereinbarung einer förmlichen Abnahme mit Protokoll schließe eine stillschweigende Abnahme durch bloße Ingebrauchnahme grundsätzlich aus. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien diese Vereinbarung stillschweigend aufgehoben hätten. Die Nutzung der Carports sei der Parksituation geschuldet gewesen, nicht einer Billigung des Werkes als vertragsgemäß. Zudem habe der Bauträger nicht nachgewiesen, das Werk überhaupt als fertiggestellt angeboten zu haben.

Die Konsequenz ist entscheidend: Ohne Abnahme befindet sich der Werkvertrag noch im Erfüllungsstadium. Der Bauträger schuldet weiterhin die Herstellung eines mangelfreien Werkes. Das Risiko für Mängel und die Darlegungs- und Beweislast für die Mangelfreiheit liegen bis zur Abnahme vollständig beim Bauträger.

Abrechnungsverhältnis statt Nacherfüllung: Anspruch auf Kostenvorschuss (§ 637 Abs. 3 BGB) bestätigt

Da die Wohnungseigentümer die Nacherfüllung durch den Bauträger endgültig und ernsthaft abgelehnt und stattdessen Zahlung eines Vorschusses verlangt hatten, entstand ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis vor Abnahme. Dies wandelte den ursprünglichen Anspruch auf Herstellung eines mangelfreien Werkes in einen Anspruch auf Zahlung der voraussichtlich erforderlichen Mangelbeseitigungskosten als Vorschuss gemäß § 637 Abs. 3 BGB um. Die Eigentümer können das Geld nun verwenden, um die Mängel selbst beseitigen zu lassen.

Höhe des Mangelbeseitigungsvorschusses: Sachverständigengutachten maßgeblich

Das OLG bestätigte die vom Landgericht auf Basis des Sachverständigengutachtens festgesetzte Höhe des Vorschusses von 68.922,42 Euro. Die Einwände des Bauträgers gegen das Gutachten wurden zurückgewiesen. Insbesondere sei eine Schätzung von Kosten (wie bei Mangel 2, Dachundichtigkeit) für einen Vorschussanspruch unschädlich, da über die endgültigen Kosten ohnehin nach der Mangelbeseitigung abgerechnet werden müsse. Für die Behauptung, bestimmte Bauteile (Mauer, Pflasterung) gehörten nicht zum Vertragsumfang, blieb der Bauträger beweisfällig.

Kein Abzug „Neu für Alt“ bei Mängeln vor Abnahme

Ein Abzug „Neu für Alt“ kommt laut OLG nicht in Betracht. Da das Werk mangels Abnahme noch nicht fertiggestellt im Rechtssinne ist, zielt der Anspruch auf die erstmalige Herstellung des geschuldeten Neuzustands. Ein Abzug würde diesem Ziel widersprechen. Auch wenn der Unternehmer selbst nachbessert, ist ein solcher Abzug nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.

Schadensersatz für Bauteilöffnungskosten, aber nicht für Anwalts- und Verwaltungskosten

Die Kosten für die Bauteilöffnungen im selbständigen Beweisverfahren (1.599,95 Euro) sind als Schadensersatz nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB erstattungsfähig, da sie zur Mangelaufklärung notwendig waren. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten und die Verwaltungskosten wurden jedoch zu Recht abgewiesen. Der Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten entsteht erst, wenn der Schuldner in Verzug ist oder die Leistung endgültig verweigert – dies war hier erst nach Beauftragung der Anwälte der Fall. Verwaltungskosten sind keine direkt erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten.

Einrede der Verjährung und Rüge der Überraschungsentscheidung erfolglos

Die vom Bauträger erhobene Einrede der Verjährung ging ins Leere. Sie bezog sich nur auf den (nicht geltend gemachten) Erfüllungsanspruch, nicht aber auf den hier verfolgten Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB. Für diesen hatte der Bauträger keine Verjährung eingewandt. Auch die Rüge einer Überraschungsentscheidung bezüglich der fehlenden Abnahme überzeugte das Gericht nicht. Angesichts der klaren Vertragsklausel zur förmlichen Abnahme musste der Bauträger mit einer Prüfung und Verneinung der Abnahme rechnen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des OLG Nürnberg verdeutlicht, dass ein Bauträger ohne förmliche Abnahme noch immer zur Herstellung eines mangelfreien Werkes verpflichtet ist und die Beweislast für die Mangelfreiheit trägt. Wohnungseigentümer können nach ernsthafter Ablehnung der Nacherfüllung einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen, wobei ein Abzug „Neu für Alt“ vor der Abnahme nicht erfolgt. Das Urteil stärkt die Position von Immobilienkäufern, die Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend machen, und präzisiert, dass auch Rechtsnachfolger (neue Eigentümer) diese Ansprüche durchsetzen können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet eine förmliche Abnahme im Baurecht und warum ist sie so wichtig?

Die Abnahme im Baurecht ist ein entscheidender Schritt. Stellen Sie sich vor, ein Handwerker hat Arbeiten an Ihrem Haus abgeschlossen. Die Abnahme ist im Grunde Ihre Bestätigung, dass Sie das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß fertiggestellt anerkennen. Es ist der Moment, in dem Sie sagen: „Okay, so wie es da steht, passt es für mich.“

Es gibt verschiedene Arten der Abnahme. Die förmliche Abnahme ist dabei die geregeltste Form. Sie findet in der Regel als gemeinsamer Termin auf der Baustelle statt. Der Bauherr (oder sein Vertreter) und der Bauunternehmer (oder sein Vertreter) gehen das fertiggestellte Werk gemeinsam durch. Das Besondere an der förmlichen Abnahme ist, dass über diesen Termin ein schriftliches Protokoll erstellt wird. In diesem Protokoll werden Anwesende, Datum, der Zustand des Werkes und insbesondere alle festgestellten Mängel genau dokumentiert. Beide Parteien unterschreiben dieses Protokoll. Dies unterscheidet die förmliche Abnahme von einer stillschweigenden Abnahme (die allein durch die Nutzung des Werkes geschehen kann) oder einer konkludenten Abnahme (die sich aus dem Verhalten ergibt, z.B. durch Begleichung der Schlussrechnung ohne Vorbehalt).

Die förmliche Abnahme ist aus mehreren Gründen enorm wichtig:

  1. Übergang der Verantwortung (Gefahrübergang): Mit der Abnahme geht grundsätzlich das Risiko für das Werk auf den Bauherrn über. Wenn danach unverschuldet etwas mit dem Bauwerk passiert (z.B. durch Sturm beschädigt wird), tragen Sie als Bauherr das Risiko.
  2. Fälligkeit der Schlusszahlung: Nach der Abnahme wird in der Regel die Schlussrechnung des Bauunternehmers fällig.
  3. Übergang der Beweislast für Mängel: Dies ist einer der wichtigsten Punkte. Vor der Abnahme muss der Bauunternehmer beweisen, dass seine Arbeit mangelfrei ist. Nach der förmlichen Abnahme kehrt sich dies um: Wenn Sie später einen Mangel entdecken, müssen Sie als Bauherr beweisen, dass dieser Mangel bereits bei der Abnahme vorhanden war oder dass er auf einer fehlerhaften Leistung des Bauunternehmers beruht. Dieser Beweislastübergang kann sehr entscheidend sein.
  4. Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche: Mit der förmlichen Abnahme beginnt die gesetzliche Frist zu laufen, innerhalb derer Sie Mängel am Bauwerk gegenüber dem Bauunternehmer geltend machen können (die sogenannte Verjährungsfrist). Ist das Werk abgenommen, wissen beide Seiten genau, wann diese Frist gestartet ist.

Besonders in Verträgen mit Bauträgern, bei denen Sie ein fertiges Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen, ist es sehr relevant, dass die Art und Weise der Abnahme im Vertrag klar geregelt ist. Eine vertraglich vereinbarte förmliche Abnahme schafft Klarheit und Rechtssicherheit für beide Vertragspartner über den wichtigen Zeitpunkt, an dem die Verantwortung übergeht, die Schlusszahlung fällig wird, die Beweislast wechselt und die Gewährleistungsfristen beginnen.



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Was bedeutet „Abzug Neu für Alt“ im Zusammenhang mit Mängelbeseitigungskosten?

Stellen Sie sich vor, eine Sache, die Ihnen gehört, wird beschädigt und muss repariert werden. Die Reparatur kostet Geld. Grundsätzlich haben Sie Anspruch darauf, dass diese Kosten erstattet werden, damit Sie so gestellt sind, als wäre der Schaden nie passiert. Das Ziel des Schadenersatzes ist, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Manchmal führt die Reparatur oder der Ersatz eines Teils dazu, dass die beschädigte Sache besser oder mehr wert ist, als sie unmittelbar vor dem Schaden war. Beispielsweise, wenn ein sehr altes, abgenutztes Teil durch ein komplett neues, hochwertiges Teil ersetzt wird, das eine viel längere Lebensdauer hat. In solchen Fällen spricht man vom „Abzug Neu für Alt“.

Der Abzug bedeutet, dass Sie nicht die vollen Kosten für das neue Teil oder die Reparatur erstattet bekommen. Ein Teil der Kosten wird abgezogen, weil Sie durch das neue Teil einen Vorteil erhalten, den Sie ohne den Schaden nicht gehabt hätten: Sie besitzen nun ein Teil, das länger hält oder in besserem Zustand ist als das alte Teil es gewesen wäre. Wichtig ist der Grundsatz: Man soll durch den Schadenersatz nicht reicher werden.

Wann wird ein Abzug Neu für Alt vorgenommen?

Ein solcher Abzug kommt in Betracht, wenn durch den Austausch oder die Reparatur eine deutliche Wertsteigerung der Sache eintritt oder sich ihre Lebensdauer erheblich verlängert. Das ist oft der Fall, wenn das beschädigte Teil bereits alt oder stark abgenutzt war.

Beispiele:

  • Ein alter Reifen an einem Auto wird beschädigt und durch einen neuen Reifen ersetzt. Der neue Reifen hält länger als der alte noch gehalten hätte.
  • Alte Dachziegel werden bei einem Sturmschaden ersetzt. Die neuen Ziegel haben eine längere Lebenserwartung als die alten.
  • Ein alter Teppichboden wird bei einem Wasserschaden durch einen neuen ersetzt.

Entscheidend ist dabei immer der Zustand der Sache unmittelbar vor dem Schaden. Es wird geprüft, wie lange das alte Teil voraussichtlich noch nutzbar gewesen wäre und welchen Vorteil Sie durch das neue, langlebigere Teil erhalten.

Wie wird der Abzug berechnet?

Die Berechnung des Abzugs ist oft nicht einfach und hängt stark vom Einzelfall ab. Es gibt keine einzige feste Formel.

Der Grundsatz der Berechnung: Die Höhe des Abzugs orientiert sich daran, welchen Vorteil Sie durch das neue, länger haltbare oder bessere Teil gegenüber dem alten, abgenutzten Teil haben. Man schätzt also den Wert dieser Besserstellung.

Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie:

  • Das Alter der beschädigten Sache oder des beschädigten Teils.
  • Der Zustand und der Grad der Abnutzung unmittelbar vor dem Schaden.
  • Die erwartete Restnutzungsdauer des alten Teils.
  • Die übliche Lebensdauer des neuen Teils.

Anhand dieser Faktoren wird versucht zu ermitteln, welcher Anteil der Kosten des neuen Teils den „Neu-Wert“ im Vergleich zum „Alt-Wert“ darstellt. Dieser ermittelte Vorteil wird dann von den Reparaturkosten abgezogen. Das Ergebnis sind die Kosten, die erstattet werden.

Für Sie bedeutet das: Wenn Sie eine Reparatur oder einen Ersatz nach einem Schaden benötigen und das neu eingebaute Teil deutlich moderner oder langlebiger ist als das alte, müssen Sie damit rechnen, dass nicht die vollen Kosten des neuen Teils ersetzt werden, sondern ein Abzug vorgenommen wird, der Ihren Vorteil ausgleicht.



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Was bedeutet „Aktivlegitimation“ und warum ist sie bei Wohnungseigentümergemeinschaften wichtig?

Der Begriff „Aktivlegitimation“ kommt aus dem Recht und bedeutet, wer berechtigt ist, einen bestimmten Anspruch vor Gericht geltend zu machen. Einfach gesagt: Wer darf klagen?

Stellen Sie sich vor, es gibt einen Mangel an einem Gebäude. Nicht jeder beliebige Mensch kann diesen Mangel einklagen, sondern nur jemand, der dazu auch das Recht hat. Dieses Recht, aktiv zu werden und den Anspruch durchzusetzen, nennt man Aktivlegitimation.

Wer darf bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum klagen?

Bei Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) ist das besonders wichtig, wenn es um Mängel am sogenannten Gemeinschaftseigentum geht. Das sind Teile des Gebäudes, die allen Eigentümern gemeinsam gehören, wie zum Beispiel das Dach, die Fassade, das Treppenhaus oder die zentrale Heizungsanlage.

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 ist die Situation klarer geregelt: Grundsätzlich hat die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als solche die Aktivlegitimation, Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen. Die WEG ist seitdem eine eigene rechtliche Einheit, die handeln kann, ähnlich wie eine kleine Firma. Sie verwaltet das Gemeinschaftseigentum und ist dafür zuständig, es instandzuhalten und bei Mängeln Ansprüche durchzusetzen.

Das bedeutet: Wenn beispielsweise das Dach undicht ist, ist in der Regel nicht jeder einzelne Wohnungseigentümer direkt berechtigt, den Handwerker oder Bauträger auf Mängelbeseitigung oder Schadensersatz zu verklagen. Dieses Recht steht der WEG als Ganzes zu. Die WEG wird dann durch ihren Verwalter oder den Beirat vertreten, wenn es zu einer Klage kommt.

Warum ist das wichtig für Wohnungseigentümer?

Diese Regelung ist für Sie als Wohnungseigentümer relevant, weil sie festlegt, über wen solche wichtigen Angelegenheiten laufen. Sie müssen Mängel am Gemeinschaftseigentum der WEG melden, und die WEG entscheidet dann, wie sie vorgeht und ob sie rechtliche Schritte einleitet.

Auch bei einem Eigentümerwechsel ist diese Regelung praktisch: Da die Aktivlegitimation bei der WEG als Einheit liegt und nicht beim einzelnen Eigentümer, bleibt die Zuständigkeit für die Geltendmachung von Mängeln beim Gemeinschaftseigentum bestehen, auch wenn Wohnungen verkauft werden und neue Eigentümer hinzukommen. Das Recht, bei Mängeln am Dach zu klagen, wechselt also nicht jedes Mal den Eigentümer, sondern verbleibt bei der Gemeinschaft.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Aktivlegitimation bestimmt, wer klagen darf. Bei Mängeln am gemeinsamen Eigentum einer WEG ist dies seit 2020 primär die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst. Dies dient dazu, die Geltendmachung von Ansprüchen zu bündeln und rechtlich zu vereinfachen.



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Welche Möglichkeiten hat ein Bauherr, wenn der Bauträger Mängel nicht beseitigt?

Wenn Sie als Bauherr Mängel an Ihrem Bauwerk feststellen, die vom Bauträger verursacht wurden, haben Sie bestimmte Rechte. Der erste und wichtigste Schritt ist immer, den Mangel dem Bauträger schriftlich mitzuteilen. Beschreiben Sie den Mangel möglichst genau.

Gleichzeitig müssen Sie dem Bauträger eine angemessene Frist setzen, um den Mangel zu beheben. Was „angemessen“ ist, hängt vom Einzelfall und der Art des Mangels ab. Eine sehr kurze Frist für einen komplexen Mangel ist meist nicht angemessen. Wenn Sie dem Bauträger diese Möglichkeit zur Nachbesserung (auch Nacherfüllung genannt) nicht geben, können Sie Ihre weiteren Rechte oft nicht geltend machen.

Was passiert, wenn der Bauträger die Frist verstreichen lässt, ohne den Mangel zu beseitigen oder die Beseitigung ernsthaft verweigert? Dann eröffnen sich für Sie weitere Handlungsoptionen.

Mangel selbst beseitigen lassen (Selbstvornahme)

Eine Möglichkeit ist die Selbstvornahme. Das bedeutet, Sie beauftragen selbst eine andere Firma, den Mangel auf Kosten des Bauträgers zu reparieren. Stellen Sie sich vor, ein Fenster ist undicht und der Bauträger kommt nicht. Sie könnten nach Fristablauf einen Glaser beauftragen und die Rechnung dem Bauträger schicken. Die Kosten, die zur notwendigen Mängelbeseitigung anfallen, kann der Bauträger tragen müssen. Oft ist es ratsam, die voraussichtlichen Kosten dem Bauträger vor der Selbstvornahme anzukündigen.

Preisnachlass verlangen (Minderung)

Eine weitere Option ist die Minderung des Kaufpreises oder Werklohns. Hierbei wird der Preis für das Bauwerk im Verhältnis zum Wert gemindert, den es ohne den Mangel gehabt hätte. Wenn zum Beispiel der Gesamtwert des Hauses durch einen bestimmten Mangel um einen bestimmten Prozentsatz gemindert ist, können Sie den Kaufpreis um diesen Prozentsatz reduzieren. Sie akzeptieren den Mangel quasi, bekommen aber einen Teil des Geldes zurück.

Schadensersatz fordern

Zuletzt können Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Das ist der Fall, wenn Ihnen durch den Mangel oder die Nicht-Beseitigung des Mangels ein Schaden entstanden ist und Sie deswegen nicht mehr am ursprünglichen Vertrag (der Mangel soll behoben werden) festhalten möchten. Stattdessen fordern Sie Geld als Ausgleich für den Schaden, der dadurch entstanden ist, dass der Bauträger seine Leistung nicht wie geschuldet (mangelfrei) erbracht oder den Mangel nicht beseitigt hat. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein schwerwiegender Mangel die Nutzung des Gebäudes unmöglich macht oder zu Folgeschäden führt.

Unterschiede der Optionen

Der Unterschied zwischen diesen Optionen liegt im Ergebnis:

  • Bei der Selbstvornahme wird der Mangel physisch behoben, aber von jemand anderem, und der Bauträger zahlt.
  • Bei der Minderung bleibt der Mangel bestehen, aber Sie zahlen weniger dafür.
  • Bei Schadensersatz fordern Sie einen finanziellen Ausgleich für den Schaden, der durch den unbehobenen Mangel entstanden ist, anstatt auf die Beseitigung des Mangels zu bestehen.

Welche dieser Möglichkeiten im Einzelfall sinnvoll ist oder rechtlich durchsetzbar, hängt immer von den genauen Umständen, der Art des Mangels und den konkreten Vereinbarungen im Bauvertrag ab.



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Welche Kosten können im Zusammenhang mit Baumängeln als Schadensersatz geltend gemacht werden?

Wenn ein Bauwerk Mängel aufweist, kann der Eigentümer unter Umständen Schadensersatz verlangen, um die finanziellen Nachteile, die ihm dadurch entstehen, auszugleichen. Dieser Schadensersatz kann verschiedene Kostenpositionen umfassen, die direkt oder indirekt durch den Mangel verursacht wurden.

Kosten der Mangelbeseitigung

Die offensichtlichsten Kosten sind die Aufwendungen, die nötig sind, um den Mangel zu beheben und das Bauwerk in den vertraglich vereinbarten Zustand zu bringen. Dazu gehören die Kosten für die notwendigen Arbeiten, Materialien und eventuell anfallende Nebenkosten direkt im Zusammenhang mit der Reparatur oder Erneuerung des mangelhaften Bauteils.

Weitere direkt mit dem Mangel verbundene Kosten

Neben den reinen Reparaturkosten können auch andere Ausgaben erstattungsfähig sein, die erforderlich waren, um den Mangel festzustellen, seine Ursache zu finden oder weitere Schäden zu verhindern. Dazu zählen beispielsweise:

  • Kosten für Sachverständige oder Gutachter: Wenn ein Fachmann eingeschaltet werden muss, um den Mangel, seine Ursache oder den Umfang der erforderlichen Reparaturen zu beurteilen, können diese Kosten unter bestimmten Voraussetzungen Teil des Schadens sein.
  • Kosten für notwendige Untersuchungen: Hierzu gehören auch Kosten für Maßnahmen wie das Öffnen von Wänden oder Decken (Bauteilöffnungen), die notwendig sind, um den Mangel oder die Schadensursache überhaupt erst zu identifizieren.
  • Kosten zur Abwendung oder Minderung des Schadens: Ausgaben, die getätigt wurden, um einen größeren Schaden durch den Mangel zu verhindern (z.B. Notabdichtungen bei einem undichten Dach), können ebenfalls ersatzfähig sein.

Folgeschäden und Nutzungsausfall

Ein Mangel kann auch dazu führen, dass weitere Schäden entstehen (sogenannte Mangelfolgeschäden) oder dass das Bauwerk oder Teile davon nicht genutzt werden können.

  • Kosten für Folgeschäden: Wenn der ursprüngliche Mangel zu weiteren Schäden führt (z.B. ein undichtes Fenster verursacht Wasserschäden an der Wand), können die Reparaturkosten für diese Folgeschäden ebenfalls als Schadensersatz geltend gemacht werden.
  • Nutzungsausfallschaden: Kann das Bauwerk oder ein wesentlicher Teil davon wegen des Mangels nicht bewohnt oder wie vorgesehen genutzt werden, kann der dadurch entstandene finanzielle Verlust (z.B. entgangene Mieteinnahmen oder die Kosten für eine notwendige Ersatzunterkunft) als Nutzungsausfallschaden erstattungsfähig sein.

Anwaltskosten

Auch Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts können unter Umständen als Teil des Schadensersatzes geltend gemacht werden, allerdings nicht uneingeschränkt. In der Regel sind dies Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit, die notwendig war, um den Mangelanspruch geltend zu machen oder durchzusetzen. Die Erstattungsfähigkeit hängt hier stark vom Einzelfall ab.

Wichtige Voraussetzungen für die Geltendmachung

Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle potenziellen Kosten automatisch erstattet werden. Der Geschädigte muss grundsätzlich folgende Punkte beachten:

  • Nachweis: Alle geltend gemachten Kosten müssen nachgewiesen werden können, z.B. durch Rechnungen, Quittungen oder Gutachten.
  • Kausalität: Die Kosten müssen direkt durch den Baumangel verursacht worden sein.
  • Notwendigkeit und Angemessenheit: Die entstandenen Kosten müssen notwendig und im Verhältnis zum Mangel angemessen gewesen sein. Luxuriöse oder überteuerte Reparaturen werden in der Regel nicht vollständig erstattet.
  • Schadensminderungspflicht: Es besteht eine allgemeine Pflicht, den entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Das bedeutet, man sollte nicht untätig bleiben, wenn durch einfache Maßnahmen größere Schäden verhindert werden könnten.

Die Frage, welche Kosten im Detail erstattungsfähig sind, hängt immer vom konkreten Mangel, seiner Ursache, den entstandenen Auswirkungen und den getroffenen Maßnahmen ab.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aktivlegitimation

Aktivlegitimation bezeichnet das Recht einer Person oder Partei, einen bestimmten Anspruch vor Gericht geltend zu machen – also die Frage, wer klagen darf. Im Fall von Wohnungseigentümergemeinschaften ist seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) 2020 vor allem die Gemeinschaft selbst aktivlegitimiert, etwa bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum. Das heißt, nicht jeder einzelne Eigentümer kann einfach klagen, sondern die WEG als juristische Einheit. Im vorliegenden Fall war die Klärung der Aktivlegitimation wichtig, weil mehrere Eigentümer und deren Rechtsnachfolger Ansprüche geltend machten.

Beispiel: Wenn an einem gemeinsam genutzten Carport Mängel auftreten, sind nicht alle Eigentümer einzeln klageberechtigt; vielmehr klagt die Wohnungseigentümergemeinschaft oder deren bevollmächtigte Vertreter.


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Abnahme

Die Abnahme ist die förmliche Bestätigung, dass ein Werk – z. B. ein Bau – im Wesentlichen fertiggestellt und vertragsgemäß erbracht wurde. Vertraglich kann sie als gemeinsamer Termin mit Protokoll erfolgen; das ist die förmliche Abnahme. Mit der Abnahme gehen wichtige Rechtsfolgen einher: Das Risiko für das Werk geht auf den Besteller über, die Beweislast für Mängel kehrt sich um und die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt. Im vorliegenden Fall wurde entschieden, dass eine Abnahme der Carportanlage nicht förmlich oder stillschweigend erfolgt ist, was Konsequenzen für die Haftung hatte.

Beispiel: Ein Bauherr und Handwerker gehen gemeinsam die Baustelle ab, besprechen und protokollieren den Zustand; danach gilt das Werk als abgenommen.


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Abzug „Neu für Alt“

Der Abzug „Neu für Alt“ ist eine Kürzung bei der Erstattung von Reparaturkosten, wenn durch die Mangelbeseitigung ein Teil des Bauwerks besser oder wertvoller wird als vor dem Schaden. Das Ziel ist, den Geschädigten nicht besser zu stellen, als er ohne den Schaden gewesen wäre. Typischerweise wird dieser Abzug geltend gemacht, wenn alte, abgenutzte Teile durch neue ersetzt werden, die eine längere Lebensdauer oder besseren Zustand haben. Im Fall entschied das OLG, dass ein solcher Abzug vor der Abnahme nicht greift, weil der Anspruch auf das ursprünglich geschuldete mangelfreie Werk gerichtet ist.

Beispiel: Wird ein altes Dach mit neuer, langlebigerer Eindeckung repariert, wird ein Teil der Mehrkosten als Abzug „Neu für Alt“ abgezogen, um keine ungerechtfertigte Wertsteigerung zu schaffen.


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Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung (§ 637 Abs. 3 BGB)

Der Kostenvorschuss ist ein Anspruch des Bestellers, den voraussichtlich notwendigen Aufwand für eine Mangelbeseitigung bereits vor deren Durchführung vom Unternehmer zu verlangen, wenn die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig abgelehnt wird. Nach § 637 Abs. 3 BGB entsteht dadurch ein Abrechnungsverhältnis, bei dem der Besteller selbst tätig werden und die Aufwendungen erstattet bekommen kann. Im konkreten Fall hatten die Wohnungseigentümer die Nacherfüllung durch den Bauträger abgelehnt und stattdessen einen Vorschuss zur selbstständigen Mangelbeseitigung verlangt.

Beispiel: Ein Bauherr weist einen Bauträger auf Mängel hin, lehnt aber dessen Nachbesserung ab und fordert stattdessen eine Abschlagszahlung für ein beauftragtes Reparaturunternehmen.


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subjektive Klageänderung (Parteiwechsel)

Eine subjektive Klageänderung bezeichnet die Änderung der Person des Klägers (oder Beklagten) im laufenden Verfahren, zum Beispiel durch den Austausch eines Klägers gegen dessen Rechtsnachfolger. Dies ist im Berufungsverfahren nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und oft an die Zustimmung des Gegners gebunden (§ 263 ZPO). Im vorliegenden Fall hatten sich Eigentumsverhältnisse durch Verkäufe oder Erbschaften geändert, was eine Anpassung der Klägerliste erforderlich machte. Das OLG bestätigte, dass solche Parteiwechsel zulässig sind, wenn sie sachdienlich sind und keine neue Hauptsache eingeführt wird.

Beispiel: Wenn ein Wohnungseigentümer seine Wohnung während eines laufenden Prozesses verkauft, kann der neue Eigentümer seine Rechte im Verfahren übernehmen, indem die Klägerpartei entsprechend geändert wird.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 631 BGB (Werkvertrag): Regelt den Werkvertrag, bei dem der Unternehmer verpflichtet ist, ein Werk herzustellen, und der Besteller die vereinbarte Vergütung zu zahlen hat. Maßgeblich ist insbesondere die mangelfreie Herstellung des Werkes bei Fertigstellung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Bauträger schuldet nach wie vor die fehlerfreie Herstellung der Carportanlage, da keine Abnahme erfolgte und der Werkvertrag somit noch im Erfüllungsstadium ist.
  • § 640 BGB (Abnahme): Die Abnahme erklärt die vertragsgemäße Fertigstellung des Werkes und verschiebt die Beweislast für mögliche Mängel auf den Besteller. Ohne Abnahme bleibt der Unternehmer in der Beweispflicht für Mangelfreiheit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da keine Abnahme stattgefunden hat und diese vertraglich ausdrücklich vorgesehen war, trägt der Bauträger das Risiko der Mängel und die volle Darlegungs- und Beweislast.
  • § 637 Abs. 3 BGB (Vorschuss auf Mangelbeseitigungskosten): Wenn der Besteller die Nacherfüllung endgültig ablehnt, kann er einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung verlangen. Dieses Abrechnungsverhältnis ersetzt den ursprünglichen Werkvertrag hinsichtlich der Mangelbeseitigung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wohnungseigentümer haben die Nacherfüllung abgelehnt und sind berechtigt, einen Kostenvorschuss in Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten vom Bauträger zu verlangen.
  • §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Sachmangel): Bei Mängeln kann der Besteller Schadensersatz für erforderliche Untersuchungen oder Maßnahmen verlangen, wenn der Unternehmer den Mangel zu vertreten hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kosten für die notwendigen Bauteilöffnungen im selbständigen Beweisverfahren sind als Schadensersatz anzuerkennen, da sie zur Aufklärung der Mängel erforderlich waren.
  • § 265 Abs. 2 ZPO (Prozessstandschaft und Parteiwechsel im Verfahren): Regelt die Möglichkeit, den Prozess bei Eigentums- oder Rechtsnachfolgeänderungen fortzuführen, auch ohne Zustimmung des beklagten Teils, wenn dies sachgerecht ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klagen der Rechtsnachfolger der Wohnungseigentümer sind zulässig fortgesetzt worden, da der Parteiwechsel sachdienlich war und die Tatsachen unbestritten blieben.
  • Grundsatz „Abzug Neu für Alt“ im Werkvertragsrecht: Üblich ist eine Minderung des Anspruchs bei Mängelbeseitigung, um eine Wertverbesserung gegenüber dem alten Zustand auszuschließen, jedoch nur nach Abnahme und im Rahmen der Endabrechnung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Ein Abzug „Neu für Alt“ wurde abgelehnt, weil das Werk mangels Abnahme nicht als fertiggestellt gilt und der Anspruch auf die vollständige Herstellung eines mangelfreien Neuzustands abzielt.

Das vorliegende Urteil


OLG Nürnberg – Az.: 6 U 797/23 – Beschluss vom 25.06.2024


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