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Nachunternehmervertrag – Auslegung Angebot auf Abschluss Vertrag

OLG Celle – Az.: 4 U 141/19 – Urteil vom 07.04.2020

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 24. September 2019 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf eine Gebührenstufe bis 30.000 €.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Nachunternehmervertrag auf Zahlung einer weiteren Vergütung für behauptete zusätzliche Leistungen in Anspruch.

Die Parteien streiten über Fahrbahnmarkierungsarbeiten des Klägers. Vor Abschluss des streitbefangenen Vertrages änderte der Hauptauftraggeber die der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen zur Leistungsbeschreibung, indem er Seite 20 der – unstreitig von der Beklagten an den Kläger übersandten – Baubeschreibung unter Ziff. 3.5.1.9 „Markierung“ mit einem ergänzenden Zusatz versah. Soweit für das Berufungsverfahren relevant, haben die Parteien erstinstanzlich insbesondere darüber gestritten, ob diese ergänzende Leistungsvorgabe – die sog. „Nachsendung Nr. 1“ – von der Beklagten an den Kläger weitergeleitet und in den streitbefangenen Vertrag einbezogen wurde. Auch die Berechnung der zusätzlichen Vergütung hat im Streit gestanden.

Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die sonstigen tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 24. September 2019, insbesondere auf die Wiedergabe des Parteivortrages und die gestellten Anträge, Bezug genommen. Das Landgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. August 2019 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin T. sowie der Zeugen W. und L. (Bl. 150 ff. d. A.).

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme mit Grundurteil vom 24. September 2019 entschieden, dass der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Werklohnforderung als zusätzliche Leistung dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Dem Kläger stehe ein Anspruch zu aus § 2 Abs. 6 VOB/B. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die fraglichen Arbeiten nicht bereits vom ursprünglichen Bau-Soll erfasst gewesen seien. Die „Nachsendung Nr. 1“ sei in den Nachunternehmervertrag nicht einbezogen worden. Sie sei zwar der Preisanfrage der Beklagten an den Kläger vom 7. Mai 2015, aber weder dem daraufhin erstellten Leistungsangebot des Klägers an die Beklagte vom 11. Mai 2015 noch dem mit der Annahmeerklärung der Beklagten vom 16. Juni 2015 übersandten Nachunternehmervertrag beigefügt gewesen. Dies habe die Vernehmung der Zeugin T. ergeben, deren Aussage – unter näherer Darlegung im Einzelnen – nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewesen sei. Die Aussage sei durch die gegenteilige Aussage des Zeugen W. nicht widerlegt worden sei. Der Zeuge W. habe seine subjektive Gewissheit, die fragliche Anlage beigefügt zu haben, nicht begründen können. Auch weitere Unterlagen, die er angehängt haben wolle, sei nicht mitübersandt worden.

Die zusätzlichen Markierungsarbeiten bildeten eine zusätzliche Leistung im Sinne des § 2 Abs. 6 VOB/B. Sie seien auch auf Verlangen der Beklagten erfolgt. Denn die Beklagte habe den Kläger zur Leistungserbringung aufgefordert, nachdem sich herausgestellt habe, dass die Kalkulation des Klägers mit der eigenen nicht übereinstimmte. Das Leistungsverlangen der Beklagten sei zudem verbindlich gewesen. Schließlich habe der Kläger die nunmehr geforderte Mehrvergütung der Beklagten mit Schreiben vom 13. August 2015 (Anlage K 7, Anlagenband Kläger) ordnungsgemäß angekündigt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie die Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör rügt. Ihrer Auffassung nach habe das Landgericht es rechtsfehlerhaft unterlassen, den in der I. Instanz angetretenen Beweis zur Ermittlung des Erklärungsinhalts des Angebots des Klägers vom 11. Mai 2015 unter Berücksichtigung des Verständnisses der beteiligten Verkehrskreise zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Rechtsfehlerfrei habe das Landgericht festgestellt, dass die „Nachsendung Nr. 1“ der Preisanfrage der Beklagten vom 7. Mai 2015 beigefügt gewesen sei. Rechtsfehlerhaft aber habe das Landgericht den Inhalt des Angebots des Klägers vom 11. Mai 2015 nicht ermittelt. Die „Nachsendung Nr. 1“ sei Bestandteil dieser Angebotserklärung und auch der Annahmeerklärung der Beklagten gewesen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtenen Urteil des Landgerichts Verden vom 24. September 2019 – 7 O 351/18 -, abzuändern und die Klage abzuweisen; hilfsweise das beanstandete Urteil aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Verden zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuverweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung sowie die weiteren zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B steht dem Kläger nicht zu. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht die zum Vertragsschluss vom 11. Mai/16. Juni 2015 führenden Willenserklärungen der Parteien zum Teil gar nicht und im Übrigen fehlerhaft ausgelegt, §§ 133, 157 BGB. In der Folge hat es den vereinbarten Vertragsinhalt falsch bestimmt. Eine nachträgliche Änderung des vertraglichen Leistungssolls liegt entgegen der Annahme des Landgerichts nicht vor.

1. Die Klägerin stützt den Anspruch auf zusätzliche Vergütung auf § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B, hilfsweise auf § 2 Abs. 5 VOB/B. Gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer, sofern eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert wird, – nach Ankündigung – Anspruch auf besondere Vergütung. Nach § 2 Abs. 5 VOB/B ist in den Fällen, in denen durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden, ein neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.

Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Mehrvergütung im Sinne des § 2 Abs. 5, Abs. 6 Nr. 1 VOB/B ist der Auftragnehmer (Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel/Kues, VOB/B 5. Aufl. § 2 Rn. 318, 403; zu § 2 Abs. 6 VOB/B: BeckOK VOB/B/Kandel, 37. Edition § 2 Abs. 6 Rn. 63).

2. Rechtsfehlerfrei und zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der streitbefangene Nachunternehmervertrag (Anlage K 4, Anlagenband Kläger) durch die Angebotserklärung des Klägers vom 11. Mai 2015 (Anlage K 3, Anlagenband Kläger) und die – als solche nicht vorliegende – Annahmeerklärung der Beklagten vom 16. Juni 2015 zustande gekommen ist.

a) Bei der sog. Preisanfrage der Beklagten vom 7. Mai 2015, mit der sie den Kläger um ein Angebot für die streitbefangenen Markierungsarbeiten bat, handelte es sich lediglich um eine rechtlich unverbindliche Aufforderung zur Angebotsabgabe (invitatio ad offerendum; Anlage B 1 = Bl. 33 d. A.). Ausweislich der noch am selben Tag übersandten Lesebestätigung hat der Kläger die Preisanfrage auch erhalten (Anlage B 5 = Bl. 143 d. A.).

aa) Der Preisanfrage als Anlage beigefügt waren sämtliche Unterlagen, die für die Leistungsbestimmung und Preiskalkulation des Klägers maßgeblich waren, u.a. die sog. Nachsendung Nr. 1 (Anlagen K 5, K 6, Anlagenband Kläger). Dies ergibt sich unmittelbar aus dem als Anlage B 1 eingereichten Ausdruck der E-Mail, in dem unter „Anlagen“ das Dokument „Nachsendung Nr. 1.pdf“ aufgelistet ist. Entsprechend hat das Landgericht auf Seite 6 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass mit der E-Mail auch die fragliche Nachsendung übersandt worden war.

Zwar hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 (Seite 2 oben = Bl. 42 d. A.) bestritten, die Anlage K 5 am 7. Mai 2015 erhalten zu haben. Dieses pauschale Bestreiten war aber angesichts der Aussagekraft der Preisanfrage der Beklagten (Anlage B 1) nicht hinreichend substantiiert. Auch konnte sich die – zu der Frage, welche Anlagen dem Nachunternehmervertrag vom 16. Juni 2015 beigefügt waren (vgl. Bl. 137 d. A.) – als Zeugin vernommene Mitarbeiterin des Klägers, Frau T., im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. August 2019 aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr erinnern, welche Anhänge der E-Mail anhingen (Verhandlungsprotokoll Seite 2 = Bl. 151 d. A.). Sie sagte lediglich aus, dass sich die „Nachsendung Nr. 1“ nicht bei dem Ausdruck des von der Beklagten per E-Mail übersandten „Angebots“ befunden habe, weshalb ihrem Chef und ihr die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Übersendung als nachträgliche Abweichung von dem Nachunternehmervertrag erschienen sei (vgl. Verhandlungsprotokoll Seite 3 = Bl. 153 d. A.). Dies schließt nicht aus, dass sie das entsprechende Dokument mit der E-Mail erhalten, jedoch – z.B. aufgrund der nicht sehr aussagekräftigen Bezeichnung – übersehen und deshalb versehentlich nicht gleichfalls ausgedruckt hatte (vgl. Verhandlungsprotokoll Seite 4 oben: „Ich drucke auf jeden Fall immer das LV aus und die Baubeschreibung. […] Ich drucke nicht immer alles aus, sondern von der Baubeschreibung immer nur den Teil, der für uns relevant ist. […]“).

Ungeachtet dessen hat der Kläger einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands im Sinne des § 320 Abs. 1 ZPO nicht gestellt. Die mit der Berufungserwiderung erhobene „Rüge“ der Rechtsfehlerhaftigkeit dieser Feststellung läuft leer (Bl. 199 d. A.).

bb) Die dem Kläger mit der Preisanfrage vom 7. Mai 2015 zugeleiteten Unterlagen zur Beschreibung des Leistungssolls waren in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Insbesondere kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die Beklagte die mit der „Nachsendung Nr. 1“ übersandte Änderung der Seite 20 der Baubeschreibung nicht schon in dieselbe eingepflegt, sondern als gesondertes Dokument übersandt hatte. Denn nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten bestand die „Nachsendung Nr. 1“ aus zwei Seiten, den hier als getrennte Anlagen eingereichten Anlagen K 5 und K 6 (Schriftsatz vom 25. März 2019, Seite 1 = Bl. 59 d. A.). Damit war für den Kläger als Empfänger ersichtlich, dass die „Nachsendung Nr. 1“ eine vorrangig vor der unveränderten Seite 20 der Baubeschreibung zu berücksichtigende Leistungsvorgabe enthielt.

Zugleich war für den Kläger deutlich erkennbar, dass die „Nachsendung Nr. 1“ eine Leistungsvorgabe enthielt, welche den technischen Standard der ZTV M 13 entweder präzisierte oder veränderte, jedenfalls aber als spezielleres Leistungssoll vorrangig vor dem allgemeinen technischen Regelwerk gelten sollte.

b) Der Kläger unterbreitete sein Angebot zum Vertragsschluss, § 145 BGB, mit Schreiben vom 11. Mai 2015 (Anlage K 3, Anlagenband Kläger). Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks waren dem Schreiben 19 Seiten beigefügt. Hierbei handelte es sich um die übrigen 19 Seiten der Anlage K 3, welche sämtlich Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis bildeten, die der Kläger um die angebotenen Einheitspreise vervollständigt hatte.

Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht diese Willenserklärung nicht ausgelegt. Gemäß §§ 133, 157 BGB sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Bei der Auslegung dürfen (nur) solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren. Auf seinen „Horizont“ und seine Verständnismöglichkeiten ist die Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Der Empfänger ist nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umständen mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (Palandt/Ellenberg, BGB 79. Aufl. § 133 Rn. 9).

Danach ist das Vertragsangebot des Klägers vom 11. Mai 2015 dahin auszulegen, dass der Kläger der Beklagten den Abschluss eines Nachunternehmervertrages gemäß deren Vorgaben und Gestaltungswünschen antrug. Denn die Beklagte durfte auf der Grundlage ihrer Preisanfrage vom 7. Mai 2015 davon ausgehen, dass der Kläger sämtliche der Anfrage beigefügte Unterlagen zur Kenntnis genommen und bei der Angebotsgestaltung berücksichtigt hatte sowie mit ihrer vertraglichen Einbeziehung einverstanden war.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob sich der Kläger dieses Verständnisses von seinem Vertragsangebot bewusst war. Unerheblich für die Bestimmung des objektiven Empfängerhorizonts ist ferner, dass der Kläger seiner schriftlichen Vertragsofferte nur die relevanten Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis und nicht auch die übrigen Unterlagen aus der Preisanfrage beigefügt hatte.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist sein Vertragsangebot auch nicht wegen Eindeutigkeit der Auslegung entzogen. Zwar hatte der Kläger in dem Leistungsverzeichnis einen Einheitspreis je Arbeitseinheit, d.h. hier je Meter Längsmarkierung (unterbrochen) anzugeben. In welcher Ausführungsart jeder Markierungsstrich herzustellen sei – konkret: ob der einzelne Markierungsstrich, wie vom Kläger angenommen, in einem einzelnen Arbeitsgang oder aber, wie seitens der Beklagten mit der geänderten Seite 20 der Baubeschreibung gemäß „Nachsendung Nr. 1“ gefordert, in insgesamt drei Arbeitsgängen (Freigabemarkierung zzgl. zwei Arbeitsgänge Spritzplastik) aufzubringen sei -, ergibt sich aber erst im Wege der Bestimmung des Inhalts der wechselseitigen Willenserklärungen mittels Auslegung. Eines Sachverständigenbeweises bedarf es hierzu nicht.

c) Dieses Angebot nahm die Beklagte mit Willenserklärung von 16. Juni 2015 inhaltlich unverändert an. Aus der Sicht des objektiven Erklärungsempfängers lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte ihrer Willenserklärung eine von dem zu beantwortenden Angebot abweichende, gemäß § 150 Abs. 2 BGB nicht zum unmittelbaren Vertragsschluss führende Bedeutung geben wollte. Denn immerhin entsprach das Vertragsangebot des Klägers genau ihren Vorgaben und Anforderungen für bzw. an das abzuschließende Rechtsgeschäft. Sie hatte mit ihrer Preisanfrage vom 7. Mai 2015 das abzudeckende Leistungssoll definiert; das ihr von dem Kläger zugesandte (auszugsweise) komplettierte Leistungsverzeichnis genügte dem.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Übersendung des Nachunternehmervertrages diesem – wie von den Zeugen W. und L. bestätigt, von der Zeugin T. jedoch in Abrede gestellt – u.a. die „Nachsendung Nr. 1“ noch einmal beigefügt hatte. Denn selbst wenn diese Anlage – und sei es u. U. als einzige – gefehlt haben sollte, wäre es vom Horizont eines objektiven Erklärungsempfängers ersichtlich, dass die Beklagte nicht auf diese Weise ihre Leistungsvorgaben stillschweigend punktuell ändern und v. a. nicht – wovon unter Zugrundelegung des Vortrags des Klägers zu dessen Preiskalkulation für die behauptete zusätzliche Leistung auszugehen wäre – das Leistungssoll herabsetzen wollte, zumal ohne entsprechende Reduzierung der anteiligen Vergütung. Vom objektiven Empfängerhorizonts aus wäre klar, dass es sich lediglich um ein Versehen gehandelt hätte.

d) Der mit der Berufungsbegründung beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bestimmung des Vertragsinhalts bedarf es – wie oben bereits festgestellt – nicht.

e) Ein versteckter Dissens im Sinne des § 155 Abs. 2 BGB liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor.

Eine versteckte Willensunstimmigkeit ist anzunehmen, wenn die sich zwar äußerlich deckenden Erklärungen der Vertragspartner im Rechtsverkehr dennoch einen mehrdeutigen Sinn haben und jeder Partner, ohne dass der andere dieses erkennt, mit seiner Erklärung einen anderen Sinn verbindet. Ob die Inhalte der beiderseitigen Erklärungen mehrdeutig sind und voneinander abweichen, richtet sich nach objektiven Gesichtspunkten. Jeder Erklärungsinhalt ist deshalb für sich nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte danach auszulegen, in welcher Sinnbedeutung er von der Allgemeinheit verstanden wird und verstanden werden muss. Ergibt die Auslegung, dass die Erklärungen beider Parteien objektiv in einem bestimmten Sinn verstanden werden müssen, so liegt ein eindeutiger Sinn und damit eine Einigung vor. Für die Annahme eines versteckten Einigungsmangels ist dann kein Raum mehr. Die Partei, die ihre Erklärung in einem anderen als dem objektiven Sinn verstanden hat, kann aber gemäß § 119 BGB zur Anfechtung berechtigt sein (BGH, Urteile vom 31. Mai 1961 – VI ZR 28/60, NJW 1961, 1668, 1669; vom 3. Dezember 1992 – III ZR 30/91, zitiert nach juris Rn. 18; Palandt/Ellenberger, BGB 79. Aufl. § 155 Rn. 2; Staudinger/Herrler, Neubearbeitung 2015 § 155 Rn. 5 f.). Wie dargelegt, ergibt hier die Auslegung der wechselseitigen Willenserklärungen, dass beide inhaltlich übereinstimmen.

III.

Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht für das erstinstanzliche Verfahren auf § 91 Abs. 1 ZPO, für das Berufungsverfahren auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, Satz 2 i. V. m. § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) liegen nicht vor. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls unter Berücksichtigung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze.

Maßgeblich für die Bemessung der Beschwer der Beklagten und damit des Streitwertes ist der Wert der bezifferten Klage (Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar 14. Aufl. Rn. 2906).

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