Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Bedeutung des selbstständigen Beweisverfahrens im Zivilprozessrecht verdeutlicht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt ein Selbstständiges Beweisverfahren als beendet?
- Welche Rechtsmittel stehen gegen die Beendigung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Verfügung?
- Welche Bedeutung hat ein deklaratorischer Beschluss im selbstständigen Beweisverfahren?
- Was passiert mit offenen Beweisfragen nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens?
- Wie werden die Kosten nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens verteilt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 21.05.2024
- Aktenzeichen: 9 W 705/24 Bau e
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im selbständigen Beweisverfahren
- Rechtsbereiche: Beweisrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Streithelferin der Antragsgegnerin Fa. W.D. GmbH: Die Streithelferin reichte eine sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des Landgerichts München I ein, der das selbständige Beweisverfahren für beendet erklärte. Sie forderte eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens. Ihre Hauptargumente waren, dass die Beweisfragen nicht vollständig beantwortet seien und dass sie ein Recht auf eine weitere Gutachtensergänzung habe.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Das Landgericht München I hatte in einem seit 2018 laufenden selbständigen Beweisverfahren Beweise durch Gutachten erhoben. Nach einer Anhörung des Sachverständigen sah das Gericht das Verfahren als abgeschlossen an und wies den Antrag der Streithelferin auf weitere Ergänzung des Gutachtens ab. Dagegen legte die Streithelferin Beschwerde ein.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits lag darin, ob das selbständige Beweisverfahren mit der Anhörung des Sachverständigen endgültig beendet ist oder ob eine weitere Ergänzung des Gutachtens verlangt werden kann.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht München verwarf die sofortige Beschwerde der Streithelferin als unzulässig.
- Begründung: Die Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens stellt lediglich eine deklaratorische Entscheidung dar und lässt keine Beschwerde zu. Eine weitere Gutachtenergänzung ist im selbständigen Beweisverfahren grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Streithelferin hatte auch zum Anhörungszeitpunkt keine weiteren Fragen oder Anträge gestellt, weswegen die Beweisaufnahme sachlich als beendet angesehen wurde.
- Folgen: Die Streithelferin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Das Verfahren ist somit abgeschlossen, und weitere rechtliche Mittel stehen der Streithelferin nicht offen.
Bedeutung des selbstständigen Beweisverfahrens im Zivilprozessrecht verdeutlicht
Im Zivilprozessrecht spielen Beweisverfahren eine zentrale Rolle, um Rechtssicherheit und eine faire Verfahrensgestaltung zu gewährleisten. Das selbstständige Beweisverfahren ist dabei ein bedeutendes Instrument, das Parteien ermöglicht, vor einem eigentlichen Klageverfahren Klarheit über entscheidende Beweismittel zu erlangen.
Die Komplexität gerichtlicher Verfahren erfordert präzise Mechanismen zur Beweisaufnahme und Beweiswürdigung. Ein Deklaratorischer Beschluss kann dabei helfen, Unsicherheiten zu beseitigen und den Prozess zu optimieren, indem er zentrale Aspekte des Beweisverfahrens verbindlich feststellt. Im Folgenden wird ein konkreter Fall näher beleuchtet, der die Bedeutung und Anwendung dieser Verfahrensart verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Beweisverfahren im Baumängelstreit nach fünf Jahren beendet

Das Oberlandesgericht München hat die sofortige Beschwerde eines Streithelfers gegen die Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig verworfen. Das seit 2018 laufende Verfahren hatte sich mit Baumängeln befasst und war durch umfangreiche Beweiserhebungen gekennzeichnet.
Detaillierte Begutachtung durch Sachverständige
Im Zentrum des Verfahrens stand die fachliche Begutachtung durch den Diplom-Ingenieur K., der ein schriftliches Gutachten vorlegte. Nach einer verlängerten Stellungnahmefrist bis zum 30. Juni 2023 fand am 28. Juli 2023 eine mündliche Anhörung statt. Dabei beantwortete der Sachverständige zahlreiche Fragen der Streithelferin, die auf einem sechsseitigen Privatgutachten basierten. Nach Ausschöpfung aller Fragen erklärte das Landgericht München I die sachliche Beendigung des Beweisverfahrens.
Rechtliche Grundsätze zur Verfahrensbeendigung
Das Oberlandesgericht München stützte seine Entscheidung auf etablierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach endet ein selbständiges Beweisverfahren mit seiner sachlichen Erledigung. Ein entsprechender Beschluss hat lediglich deklaratorische, keine konstitutive Wirkung. Die sachliche Erledigung tritt nach einer mündlichen Erläuterung des schriftlichen Gutachtens grundsätzlich mit dem Verlesen des Sitzungsprotokolls oder dessen Vorlage zur Durchsicht ein.
Zurückweisung der Beschwerde
Das Gericht erklärte die Beschwerde für unzulässig, da sie weder nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO noch nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft sei. Die sachliche Erledigung war bereits am 28. Juli 2023 eingetreten, nachdem sowohl schriftliche als auch mündliche Sachverständigengutachten eingeholt worden waren und keine weiteren Ergänzungsfragen oder Anträge mehr vorlagen. Der nachträgliche Antrag der Streithelferin vom 29. August 2023 auf Einholung eines weiteren schriftlichen Ergänzungsgutachtens wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das Gericht betonte, dass die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren nicht weiter gehen als im Hauptsacheverfahren.
Rechtsmittel und Kosten
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Streithelferin der Antragsgegnerin auferlegt. Das Gericht ließ keine Rechtsbeschwerde zu, da die Voraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen. Das Gericht wies darauf hin, dass die Partei nicht rechtlos gestellt sei, da sie die Gründe für die Einholung eines weiteren Gutachtens im Hauptsacheverfahren vortragen und dort die Anordnung einer erneuten Begutachtung beantragen könne.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass ein selbständiges Beweisverfahren automatisch mit der sachlichen Erledigung endet, sobald das Gutachten erstellt und mündlich erläutert wurde. Ein richterlicher Beschluss zur Beendigung hat nur deklaratorische Wirkung. Gegen die Ablehnung weiterer Gutachten gibt es keine Rechtsmittelmöglichkeit. Dies stärkt die Effizienz des Verfahrens und verhindert eine unnötige Verlängerung durch wiederholte Gutachtenanfragen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie an einem selbständigen Beweisverfahren beteiligt sind, sollten Sie alle relevanten Fragen bereits während der Gutachtenerstellung und spätestens bei der mündlichen Erläuterung durch den Sachverständigen klären. Sobald das Gutachten vorliegt und mündlich erläutert wurde, können Sie keine weiteren Ergänzungen mehr verlangen. Nutzen Sie daher die Gelegenheit zur Fragestellung während der Anhörung des Sachverständigen intensiv. Eine sorgfältige Vorbereitung auf den Anhörungstermin ist entscheidend, da Sie später keine zweite Chance bekommen werden.
Benötigen Sie Hilfe?
Klarheit im selbstständigen Beweisverfahren
Die Beendigung eines selbstständigen Beweisverfahrens wirft oft Fragen auf und kann für Verunsicherung sorgen. Gerade wenn es um komplexe Sachverhalte wie Baumängel geht, ist es wichtig, die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen zu kennen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte im selbstständigen Beweisverfahren optimal wahrzunehmen. Dabei legen wir Wert auf eine umfassende Beratung, die Ihnen hilft, bereits im Vorfeld der Begutachtung die richtigen Schritte zu setzen und Ihre Interessen effektiv zu vertreten. Sprechen Sie mit unseren Rechtsanwälten, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und gemeinsam die beste Strategie für Ihr Verfahren zu entwickeln.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt ein Selbstständiges Beweisverfahren als beendet?
Ein selbstständiges Beweisverfahren gilt als beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Die sachliche Erledigung tritt in folgenden Fällen ein:
Reguläre Beendigung durch Gutachtenabschluss
Die Beendigung erfolgt grundsätzlich nach Übersendung des schriftlichen Gutachtens an die Parteien, wenn innerhalb einer angemessenen Frist keine weiteren Anträge gestellt werden. Wenn Sie als Verfahrensbeteiligter ein Gutachten erhalten, sollten Sie daher zeitnah prüfen, ob Ergänzungsfragen notwendig sind.
Beendigung nach Fristsetzung
Setzt das Gericht eine Frist zur Stellungnahme zum Gutachten, endet das Verfahren nach Ablauf dieser Frist, sofern keine Einwendungen oder Ergänzungsfragen eingereicht werden. Die Frist beträgt in der Regel maximal drei Monate, kann aber je nach Einzelfall auch kürzer oder länger sein.
Beendigung durch Übergang auf das Hauptsacheverfahren
Das selbstständige Beweisverfahren endet auch, wenn die Zuständigkeit für die Beweiserhebung nach Einleitung eines Rechtsstreits in der Hauptsache auf das Prozessgericht übergeht. Der Übergang erfolgt mit der Beiziehung der Akten des selbstständigen Beweisverfahrens durch das Prozessgericht.
Bedeutung der Beendigung
Die Beendigung des Verfahrens hat wichtige rechtliche Konsequenzen:
Die Verjährungshemmung endet sechs Monate nach der Beendigung des Verfahrens. Bei mehreren begutachteten Mängeln gilt die Hemmung für alle Ansprüche bis zum Abschluss des gesamten selbstständigen Beweisverfahrens.
Ein Beschluss des Gerichts über die Beendigung hat dabei nur deklaratorische Wirkung und ist für die tatsächliche Beendigung nicht erforderlich. Wenn Sie als Verfahrensbeteiligter noch Ergänzungsfragen haben, sollten Sie diese daher unbedingt vor der sachlichen Erledigung des Verfahrens stellen.
Welche Rechtsmittel stehen gegen die Beendigung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Verfügung?
Ein selbstständiges Beweisverfahren endet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Dies ist bei einem schriftlichen Sachverständigengutachten der Fall, wenn das Gutachten den Parteien zugestellt wurde und keine weiteren Einwendungen oder Ergänzungsfragen innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden.
Beschwerde gegen den Beendigungsbeschluss
Die sofortige Beschwerde ist das zentrale Rechtsmittel gegen einen Beschluss, der das selbstständige Beweisverfahren für beendet erklärt. Diese muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Gericht eingelegt werden.
Wenn Sie mit der Beendigung des Verfahrens nicht einverstanden sind, können folgende Konstellationen auftreten:
Zulässigkeit der Beschwerde
Die sofortige Beschwerde ist insbesondere dann zulässig, wenn:
- Das Gericht das Verfahren vorzeitig beendet hat, bevor alle relevanten Beweisfragen geklärt wurden
- Eine Partei durch die Beendigung in ihrem rechtlichen Gehör beschnitten wird
- Das Verfahren nur teilweise beendet wurde und noch offene Fragen bestehen
Beschränkungen des Beschwerderechts
Nicht anfechtbar sind hingegen:
- Beschlüsse, durch die die Durchführung oder Fortführung eines selbstständigen Beweisverfahrens angeordnet wird
- Die Ablehnung weiterer Gutachten im laufenden Verfahren
- Entscheidungen über die Einholung zusätzlicher gerichtlicher Anordnungen
Die Beschwerde muss substantiiert begründet werden und darlegen, warum die Beendigung des Verfahrens rechtswidrig ist. Dabei ist zu beachten, dass der Beendigungsbeschluss nur deklaratorische Wirkung hat – das Verfahren endet tatsächlich bereits mit seiner sachlichen Erledigung.
Welche Bedeutung hat ein deklaratorischer Beschluss im selbstständigen Beweisverfahren?
Ein deklaratorischer Beschluss im selbstständigen Beweisverfahren hat lediglich feststellende Wirkung und keine rechtsgestaltende (konstitutive) Wirkung. Dies bedeutet, dass der Beschluss nur einen bereits eingetretenen Zustand formal bestätigt.
Rechtliche Wirkung
Der deklaratorische Beschluss zur Beendigung eines selbstständigen Beweisverfahrens stellt nur fest, dass das Verfahren sachlich erledigt ist. Wenn Sie als Verfahrensbeteiligter einen solchen Beschluss erhalten, bedeutet dies, dass das Gericht das Verfahren als abgeschlossen betrachtet.
Beschwerdezulässigkeit
Eine Beschwerde gegen einen rein deklaratorischen Beschluss ist grundsätzlich nicht zulässig, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen: Wenn der deklaratorische Beschluss vor der tatsächlichen Beendigung des Verfahrens ergeht und dadurch verhindert, dass einer Verfahrenspartei rechtliches Gehör gewährt wird, ist eine sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig.
Praktische Bedeutung
Der deklaratorische Beschluss markiert einen wichtigen Verfahrensabschnitt. Er kann beispielsweise relevant werden, wenn:
- Sie als Antragsteller den geforderten Auslagenvorschuss nicht eingezahlt haben
- Die Beweiserhebung abgeschlossen ist und keine weiteren Anträge zur Ergänzung des Gutachtens gestellt wurden
- Das Gericht feststellt, dass eine Beweiserhebung nicht möglich ist
Für die weitere Prozessführung ist wichtig: Ein deklaratorischer Beschluss im selbstständigen Beweisverfahren hindert nicht die spätere Durchführung eines Hauptsacheverfahrens. Er klärt lediglich den formalen Abschluss der Beweiserhebung.
Was passiert mit offenen Beweisfragen nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens?
Nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens können offene Beweisfragen im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt werden. Das Prozessgericht muss die Beweisaufnahme im vorgefundenen Stand selbst fortsetzen.
Übergang der Zuständigkeit
Wenn ein Hauptsacheverfahren eingeleitet wird, geht die Zuständigkeit für die weitere Beweiserhebung automatisch auf das Prozessgericht über. Der Übergang erfolgt in dem Moment, in dem das Prozessgericht die Akten des selbstständigen Beweisverfahrens beizieht. Ein gesonderter Beweisbeschluss im Hauptsacheverfahren ist dafür nicht erforderlich.
Verwertung der bisherigen Beweise
Die bereits erhobenen Beweise aus dem selbstständigen Beweisverfahren werden im Hauptsacheprozess so behandelt, als wären sie direkt dort erhoben worden. Dies gilt allerdings nur, wenn die Verfahrensbeteiligten in beiden Verfahren identisch sind.
Neue Beweiserhebungen
Im Hauptsacheverfahren können Sie neue Beweisanträge stellen, wenn bestimmte Fragen im selbstständigen Beweisverfahren nicht ausreichend geklärt wurden. Eine erneute Begutachtung ist jedoch nur möglich, wenn:
- der Sachverständige erfolgreich abgelehnt werden kann
- das bisherige Gutachten als ungenügend bewertet wird
Die Tatsache, dass nicht alle Beweisfragen im selbstständigen Beweisverfahren beantwortet wurden, steht der Einleitung eines Hauptsacheverfahrens nicht entgegen. Das Prozessgericht kann dann selbst entscheiden, welche weiteren Beweiserhebungen für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind.
Wie werden die Kosten nach Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens verteilt?
Im selbstständigen Beweisverfahren erfolgt grundsätzlich keine direkte Kostenentscheidung. Die Kostenverteilung richtet sich nach verschiedenen Szenarien:
Regelfall: Hauptsacheverfahren folgt
Wenn Sie nach dem selbstständigen Beweisverfahren ein Hauptsacheverfahren einleiten, werden die entstandenen Kosten als Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens behandelt. Die endgültige Verteilung erfolgt dann nach dem Ausgang des Hauptsacheprozesses.
Sonderfall: Kein Hauptsacheverfahren
Wenn Sie kein Hauptsacheverfahren einleiten, gibt es mehrere Möglichkeiten der Kostenverteilung:
Sie müssen als Antragsteller die Kosten tragen, wenn:
- Sie den geforderten Auslagenvorschuss trotz Erinnerung nicht einzahlen
- Sie Ihren Antrag auf Durchführung des Beweisverfahrens zurücknehmen
- Sie nach gerichtlicher Fristsetzung keine Hauptsacheklage erheben
Vergleichsregelung
Wenn Sie sich mit der Gegenseite auf einen Vergleich einigen, ist für die Kostenverteilung entscheidend, wie die Vereinbarung formuliert wird. Eine Regelung über die „Kosten des Rechtsstreits“ umfasst nicht automatisch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens. Wenn Sie auch diese Kosten einbeziehen möchten, muss dies ausdrücklich im Vergleich erwähnt werden.
Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Wenn keine prozessuale Kostenentscheidung getroffen wurde, können Sie die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens auch im Wege einer Leistungsklage geltend machen. Dies setzt voraus, dass ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch besteht und weder ein Hauptsacheverfahren geführt wurde noch ein Antrag nach § 494a ZPO gestellt ist.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Selbstständiges Beweisverfahren
Ein spezielles Verfahren im Zivilprozess, bei dem Beweise bereits vor einem möglichen Hauptprozess gesichert werden können. Es dient dazu, den Sachverhalt frühzeitig aufzuklären und Beweismittel zu sichern. Geregelt ist dies in §§ 485-494a ZPO. Typische Anwendungsfälle sind Baumängel oder Verkehrsunfälle, bei denen Beweise gesichert werden müssen, bevor sie verloren gehen. Beispiel: Ein Hauseigentümer lässt Feuchtigkeitsschäden durch einen gerichtlichen Sachverständigen begutachten, bevor Sanierungsarbeiten beginnen.
Deklaratorischer Beschluss
Ein Gerichtsbeschluss, der lediglich eine bereits bestehende Rechtslage feststellt oder bekräftigt, ohne neue Rechte oder Pflichten zu begründen. Im Gegensatz zum konstitutiven Beschluss schafft er keine neue Rechtslage, sondern stellt nur fest, was rechtlich bereits eingetreten ist. Beispiel: Die gerichtliche Feststellung, dass ein Beweisverfahren durch Erfüllung aller erforderlichen Schritte bereits beendet ist.
Streithelferin
Eine Person oder Partei, die sich an einem Rechtsstreit beteiligt, ohne selbst Hauptpartei zu sein. Sie unterstützt eine der Hauptparteien im Prozess und hat nach § 67 ZPO bestimmte Verfahrensrechte. Die Streithelferin kann eigene Prozesshandlungen vornehmen, muss sich aber den Handlungen der unterstützten Partei unterordnen. Beispiel: Ein Subunternehmer tritt als Streithelfer einer Baufirma bei, die wegen Mängeln verklagt wird.
Beschwerde
Ein Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen, insbesondere gegen Beschlüsse und Verfügungen. Geregelt in §§ 567-577 ZPO. Die Beschwerde muss innerhalb bestimmter Fristen eingelegt werden und ist nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen zulässig. Sie führt zur Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das nächsthöhere Gericht. Beispiel: Eine Partei legt Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ein.
Rechtsbeschwerde
Ein außerordentliches Rechtsmittel gegen Beschwerdeentscheidungen, das nur unter bestimmten Voraussetzungen nach § 574 ZPO zulässig ist. Sie dient der Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Rechtsbeschwerde muss vom Gericht ausdrücklich zugelassen werden. Beispiel: Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen unterschiedlicher Auslegung einer Rechtsnorm durch verschiedene Oberlandesgerichte.
Hauptsacheverfahren
Das eigentliche Klageverfahren, in dem über den Rechtsstreit endgültig entschieden wird. Es unterscheidet sich von vorgelagerten Verfahren wie dem selbstständigen Beweisverfahren. Im Hauptsacheverfahren werden alle streitigen Ansprüche umfassend geprüft und durch Urteil entschieden. Beispiel: Nach einem selbstständigen Beweisverfahren wegen Baumängeln wird im Hauptsacheverfahren über Schadensersatzansprüche entschieden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 259 – Selbständiges Beweisverfahren: Diese Vorschrift regelt das selbständige Beweisverfahren im Zivilprozess, bei dem die Beweisaufnahme unabhängig vom eigentlichen Streitgegenstand erfolgt. Im vorliegenden Fall wurde dieses Verfahren nach Erstattung und mündlicher Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen beendet, was gemäß § 259 ZPO erfolgt.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 331 – Urteil im selbständigen Beweisverfahren: § 331 ZPO bestimmt die Bedingungen, unter denen ein Gericht ein Urteil im selbständigen Beweisverfahren fällen kann. Das Erstgericht hat nach den erhobenen Beweisen entschieden, dass das Verfahren sachlich erledigt ist, was die Grundlage für den Deklaratorischen Beschluss bildet.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 511 – Rechtsbeschwerde: Diese Vorschrift regelt die Zulässigkeit und das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen. Die nicht zugelassene Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall fällt unter § 511 ZPO, da der Beschluss als deklaratorisch keine konstitutive Wirkung hat.
- Zivilprozessordnung (ZPO) § 343 – Kosten der Rechtsmittel: § 343 ZPO betrifft die Kostentragungspflicht im Falle von Rechtsmitteln. Im Beschluss wurde festgelegt, dass die Streithelferin der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, gemäß den Bestimmungen dieser Vorschrift.
- Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Beendigung des Beweisverfahrens: Mehrere BGH-Urteile, wie z.B. das Urteil vom 21.02.1973 – VIII ZR 212/71, legen fest, dass die sachliche Erledigung eines Beweisverfahrens mit der Verlesung des Protokolls erfolgt. Diese Rechtsprechung ist entscheidend für die Argumentation des Erstgerichts, das das Beweisverfahren als abgeschlossen ansah.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 9 W 705/24 Bau e – Beschluss vom 21.05.2024
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