OLG Stuttgart – Az.: 10 U 70/16 – Urteil vom 31.01.2017
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Landgerichts Heilbronn vom 12.5.2016, Az.: 21 O 93/08 KfH abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Widerklage wird insoweit abgewiesen, als festgestellt wurde, dass die von der Gemeinschuldnerin … mit Schreiben vom 16.7.2007 ausgesprochene Kündigung des Generalunternehmervertrages vom 2.6./ 27.6.2006 ihrer Natur nach eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ist.
2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 12.5.2016, Az.: 21 O 93/08 KfH wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Widerklage insoweit als derzeit unbegründet abgewiesen wird, als die Klägerin verurteilt wird, an den Beklagten 1.199.786,81 € nebst Zinsen i. H. von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 27.5.2008 zu bezahlen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.621.839,97 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Bauträgerin und errichtet u.a. Seniorenwohnheime schlüsselfertig. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter der Fa. …. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin , die in … eine Bauunternehmung betrieb, wurde während des laufenden Rechtsstreits das Insolvenzverfahren eröffnet.
Zwischen den Parteien kam im Frühjahr 2006 ein Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Errichtung des Bauprojekts „ …“ zustande. Die Klägerin war beauftragt, dieses Projekt für die Betreiberin „… AG“ zu realisieren. Nach einer ersten Kontaktaufnahme im Jahr 2005 wurden in der Folgezeit verschiedene Angebotsunterlagen von der Klägerin an die Gemeinschuldnerin übersandt. Ein erstes Gespräch in den Geschäftsräumen der Klägerin in … fand am 02.03.2006 statt. Auf der Grundlage dieses Gesprächs erarbeitete die Gemeinschuldnerin das Angebotsschreiben vom 29.03.2006 ( K135a bzw. B 34).
Am 30.03.2006 fand ein weiteres Gespräch in den Geschäftsräumen der Klägerin statt. Zu diesem Termin ist auf der Basis des vorherigen schriftlichen Angebots vom 29.03.2006 eine mündliche Auftragserteilung an die Schuldnerin erfolgt, die von Letzterer mit Schreiben vom 03.04.2006 (Anlage B 29) bestätigt wurde. Das Schreiben der Schuldnerin vom 03.04.2006 wurde sodann mit handschriftlicher Ergänzung der Klägerin hinsichtlich des Vertragspreises zurückgesandt. Zum Zeitpunkt 30.03./03.04.2006 war unstreitig der Leistungsinhalt festgelegt. Der mündlichen Einigung lagen die Genehmigungsplanung der Klägerin sowie 34 weitere Anlagen zugrunde (die Anlagen sind in der Auflistung B 31 als Übersicht zusammengestellt und befinden sich im separaten Anlagenordner B 33 bzw. K 135 b), die Vertragsinhalt wurden.
Unter dem Datum des 02.06.2006 (Unterschrift der Schuldnerin unter den schriftlichen Generalunternehmervertrag, künftig: GUV) bzw. 27.06.2006 (Unterschrift der Klägerin unter den schriftlichen GUV) wurde die so gefundene mündliche Einigung schriftlich fixiert ( Anl. K1).
Vertraglich vereinbart sind in § 4 GUV eine „pauschale Vergütung von 4.142.870,00 netto“ zzgl. ges. Mehrwertsteuer, abzüglich 3% Skonto. In § 7 GUV sind als Baubeginn „Mai 2006“ und als „Gesamte Fertigstellung und Betriebsbeginn: 29.6.2007“ vorgesehen, § 13 GUV enthält einen Zahlungsplan für Abschlagszahlungen und § 14 GUV Kündigungsbestimmungen. Zu den weiteren Regelungen des GUV wird auf Anl. K1 verwiesen.
Nach teilweiser Leistungserbringung erklärte die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 (Anlage K 8 bzw. B 74) die außerordentliche fristlose Kündigung des Generalunternehmervertrags. Die Klägerin widersprach der Kündigung und setzte der Schuldnerin eine Frist zur Wiederaufnahme der niedergelegten Arbeiten mit Schreiben vom 20.07.2007 (Anlage K 9 bzw. B 230). Schließlich kündigte die Klägerin ihrerseits den Bauvertrag mit Schreiben vom 01.08.2007 (Anlage K 11). Eine gemeinsame Abnahme der bis dahin fertiggestellten Leistungen der Schuldnerin fand nicht statt. Ein gemeinsames Aufmaß zum Kündigungszeitpunkt wurde nicht genommen.
Mit Anschreiben vom 03.08.2008 übersandte die Gemeinschuldnerin der Klägerin die Schlussrechnung über 1.199.786,81 €. Die Schlussrechnung wurde der Klägerin am 26.03.2008 zugestellt.
Mit Schreiben vom 11.04.2008 (Anlage B 38) wies die Klägerin die Schlussrechnung zurück und rügte u.a. die fehlende Prüffähigkeit. Dieses Schreiben ging bei der Gemeinschuldnerin am 14.04.2008 ein (B 38).
Mit der Klage hatte die Klägerin zunächst Herausgabe zweier Bürgschaftsurkunden … über 3.200.000,00 € und der … über 240.000,00 € sowie die Zahlung von Avalzinsen i.H. von 107.088,69 €, die Zahlung von Vertragsstrafe für Bauverzögerungen, Fertigstellungsmehrkosten und Mehrkosten wegen Erhöhung des Umsatzsteuersatzes sowie Kosten wegen verspäteter Rückgabe einer Bürgschaft i.H. von insgesamt 650.276,56 € verlangt sowie ergänzend Feststellung begehrt, dass die Schuldnerin verpflichtet sei, den der Klägerin aus der unberechtigten Kündigung der Schuldnerin erwachsenen Schaden zu ersetzen ( Bl. 1340 d.A.).
Die Klägerin hält die Schlussrechnung der Gemeinschuldnerin für nicht prüffähig und für inhaltlich überhöht. Die Kündigung vom 16.7.2007 sei rechtswidrig gewesen. Die Klägerin ihrerseits habe den Vertrag zu Recht gekündigt, weshalb der Beklagte zum Ersatz der geltend gemachten Fertigstellungsmehrkosten und Schäden verpflichtet sei. Weitere Zahlungsansprüche stünden dem Beklagten nicht mehr zu, weshalb auch die Sicherheiten herauszugeben seien.
Mit der Widerklage hat die Gemeinschuldnerin Zahlung restlichen Werklohns für die bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachten Leistungen und Schadensersatz i. H. v. insgesamt 1.199.786,81 € verlangt. Die mit Widerklageantrag Ziff. 1 geltend gemachte Restwerklohnforderung der Schuldnerin setzt sich zusammen aus den unter Titel 1 – 4 der Schlussrechnung abgerechneten Vergütungen für bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachte Vertragsleistungen und enthält in Titel 5 – 7 Vergütungsforderungen für Nachträge i. H. von insg. 224.060,12 €. Mit Titel 8 der Schlussrechnung werden Mehrkosten aufgrund zeitweiliger Baueinstellung im Dezember 2006 geltend gemacht (16.702,00 €), die im Zusammenhang mit der Anforderung einer Bauhandwerkersicherungshypothek erfolgt war. In Titel 9 der Schlussrechnung werden Mehrkosten infolge kündigungsbedingter Baustellenräumung abgerechnet (9.486,41 €), in Titel 10 der Schlussrechnung Mehrkosten wegen Bauzeitverlängerung (12.413,10 €).
Die Widerklage wurde schließlich um den Antrag erweitert festzustellen, dass die von der Schuldnerin am 16.07.2006 ausgesprochene Kündigung eine berechtigte Kündigung gemäß § 9 VOB/B gewesen sei.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der Antragstellung in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
Mit Beschluss vom 1.7.2010 wurde über das Vermögen der … das Insolvenzverfahren eröffnet ( Bl. 1524 d. A.).
Nach zeitweiliger Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 ZPO hat der Beklagte als Insolvenzverwalter der Schuldnerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 15.09.2010 (Bl. 1538 d. A.) bezüglich der Widerklage wieder aufgenommen.
Das Landgericht hat über die Widerklage durch Teilurteil entschieden.
Es hat den Restwerklohnanspruch des Beklagten als (endgültig) unbegründet abgewiesen und im Übrigen festgestellt, dass die von der Schuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 ausgesprochene Kündigung des Generalunternehmervertrags ihrer Rechtsnatur nach eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ist.
Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Erlass eines Teilurteils lediglich über die Widerklage sei zulässig, insbesondere bestehe die Gefahr eines Widerspruchs zu einem späteren Schlussurteil nicht. Eine Gefahr divergierender Entscheidungen ergebe sich nur dann, wenn Klage und Widerklage denselben Gegenstand beträfen bzw. von derselben Vorfrage abhingen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar sei die mit Widerklageantrag Ziff. 2 begehrte Feststellung bezüglich der Qualifikation der Kündigung als berechtigte außerordentliche Kündigung eine Vorfrage, die im Rahmen der mit der Klage geltend gemachten Fertigstellungs-(mehr-)kosten zu prüfen sei. Der demgegenüber mit der Widerklage geltend gemachte Zahlungsanspruch bezüglich der restlichen Werklohnforderung betreffe jedoch nur die Abrechnung bereits erbrachter Leistungen. Der Bestand dieser Forderung sei damit unabhängig von der Begründetheit der Klageforderung und insbesondere unabhängig von der Qualifikation der Rechtsnatur der Kündigung. Gerade mit der begehrten Feststellung, dass es sich bei der Kündigung um eine berechtigte außerordentliche Kündigung gehandelt habe, könne rechtskräftig eine auch für die Klageanträge relevante Vorfrage geklärt und damit die Gefahr divergierender Entscheidungen gerade ausgeräumt werden. Im Übrigen bestehe im Hinblick auf den nach Unterbrechung gem. § 240 ZPO nur hinsichtlich der Widerklage wieder angerufenen Rechtsstreit eine Sondersituation. Die Parteien wären in der Lage gewesen, den Rechtsstreit auch im Übrigen wieder aufzunehmen, was eben nicht erfolgt sei. Wäre in einer solche Situation eine Sachentscheidung über den aufgenommenen Teil nicht möglich, so wäre das Gericht zur Untätigkeit veranlasst, obwohl Aussetzungsgründe gem. § 148 ZPO nicht vorlägen.
Die Widerklage des Beklagten sei zulässig. Das gemäß § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse liege vor. Dieses sei nicht isoliert in Bezug auf die Widerklageforderungen zu prüfen, vielmehr sei hierbei auch die – wegen Unterbrechung des Rechtsstreits – insoweit derzeit nicht betriebene Klageforderung in den Blick zu nehmen. Im Hinblick darauf, dass es nicht als ausgeschlossen erscheine, dass das Verfahren auch in Bezug auf die Klageforderung in Zukunft wieder aufgenommen werden könne, bestehe ein berechtigtes Interesse des Beklagten daran, die für die dort erhobenen Forderungen relevante Vorfrage der Berechtigung einer außerordentlichen fristlosen Kündigung einer Klärung zuzuführen. Zwar seien Zwischenfeststellungsklagen allgemein dann nicht zulässig, wenn mit ihnen die Klärung bloßer rechtlicher Vorfragen erstrebt werde. Da vorliegend die einzelnen Forderungen der Klage in Form von Teilurteilen beschieden werden könnten, komme der Entscheidung über das vorgreifliche und sämtlichen Ansprüchen zugrunde liegende Rechtsverhältnis auch für nachfolgende Teilurteile und das Schlussurteil Bedeutung zu. Hieraus ergebe sich das erforderliche Feststellungsinteresse. Zwar sei im Feststellungsantrag des Beklagten nur die Berechtigung der Kündigung gemäß § 9 VOB/B ausdrücklich genannt. Es ergäbe sich dann, würde die Kündigung allein am getrennten Maßstab des § 9 VOB/B gemessen, eine mangelnde Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage, denn dann würde der Beklagte die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage begehren, was als Gegenstand einer Feststellungsklage ausgeschlossen sei. Allerdings griffen die Regelung des § 9 VOB/B und des § 14 GUV ergänzend ineinander und seien nicht als zwei unabhängige, gleichrangige Regelungen anzusehen. § 9 VOB/B werde durch die Regelung des schriftlichen Generalunternehmervertrages in § 14 GUV modifiziert. Die Kündigungstatbestände des § 14 GUV einerseits und des § 9 VOB/B stünden nicht gleichberechtigt und gleichrangig nebeneinander, vielmehr ergänze § 14 GUV die Grundsätze des § 9 VOB/B und § 9 VOB/B bleibe nach wie vor Anknüpfungspunkt für die Begründetheit der außerordentlichen Kündigung insgesamt, so dass über die Rechtsmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung hinsichtlich aller in Betracht kommender Kündigungstatbestände zu entscheiden und der Antrag auch dahingehend zu verstehen sei.
Die auf Zahlung gerichtete Widerklage sei (endgültig) unbegründet. Die Schlussrechnung der Schuldnerin sei bereits nicht prüffähig, darüber hinaus jedoch auch nicht schlüssig dargelegt.
Die fehlende Prüffähigkeit stehe hinsichtlich der Schlussrechnungspositionen 05, 06 und 07 über insgesamt 217.338,31 € bereits aufgrund der vom erkennenden Gericht schon im Beschluss vom 04.11.2014 ausgeführten Gründe fest, auf welche Bezug genommen werde. An dieser prozessualen Bewertung habe sich durch den weiteren Prozessvortrag der Parteien nichts geändert, jedenfalls habe sich eine Prüffähigkeit daraus ergänzend nicht ergeben. Die Schlussrechnung sei auch hinsichtlich der übrigen Positionen insgesamt nicht prüffähig. Dies ergebe sich aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen …. Der Sachverständige habe nur diejenigen Schlussrechnungspositionen als prüfbar angesehen, für die Pläne bei der Akte lagen, was lediglich in Bezug auf 7,11 % der Abrechnungssumme der Fall gewesen sei. Dieser Bruchteil präge die gesamte Abrechnung und lasse damit die Prüffähigkeit insgesamt in Wegfall geraten. Die Prüffähigkeit sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil der Klägerin die vom Sachverständigen vermissten Pläne ohnehin vorgelegen hätten. Dies habe nämlich die Klägerin wirksam bestritten. Sofern das Gericht das diesbezügliche Bestreiten zu einem früheren Prozesszeitpunkt noch für unsubstantiiert und damit unbeachtlich gehalten habe, so habe sich diese Bewertung insbesondere nach den Angaben des für die Schuldnerin im Termin vom 14.10.2014 als Parteivertreter erschienen Bauleiters … geändert. Während nämlich der Beklagte bis dahin vorgetragen habe, die tatsächlich erbrachten Leistungen seien vor Ort durch ein Aufmaß festgestellt worden, und zwar durch Erstellung von Aufmaßblättern individuell für jeden Raum und jeden Bereich gesondert, so habe sich durch die Angaben des Bauleiters … in der mündlichen Verhandlung gerade das Gegenteil ergeben. Damit sei der Vortrag der Klägerin, solche vor Ort gemessenen Aufmaßpläne bzw. Aufmaßblätter gerade nicht vorliegen zu haben, i. S. eines Geständnisses gemäß § 292 ZPO erwiesen. Damit sei nach dem Ergebnis der letzten mündlichen Verhandlung festzustellen gewesen, dass die Klägerin zulässigerweise bestritten habe, diejenigen Pläne in Besitz zu haben, die nach dem überzeugenden Befund des Sachverständigen … notwendig gewesen wären, um den Inhalt der Rechnung der Schuldnerin prüfen zu können. Dass die Klägerin tatsächlich doch über die erforderlichen Pläne verfügt habe, habe der insoweit beweisbelastete Beklagte nicht unter Beweis gestellt.
Darüber hinaus sei die Schlussrechnung deshalb nicht prüfbar, weil sie nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen basiere. Der Sachverständige habe insoweit überzeugend angegeben, dass dann, wenn in der Vorkalkulation wesentliche Vertragsleistungen nicht eingepreist seien, der Prüfung der Preisgestaltung die Grundlage entzogen sei. Dem schließe sich das Gericht an. Bei den in der Urkalkulation ausgewiesenen Preisen handele es sich in der Sache um „Mondpreise“. Der Bauleiter…, welcher die Schlussrechnung selbst erstellt habe, habe angegeben, es sei das abgerechnet worden, was von Seiten der Schuldnerin als auf diese Position geschuldet und erbracht angesehen worden sei, weitergehende Leistungen seien demgegenüber als Nachtrag gesondert aufgeführt worden. Damit habe insbesondere für die sog. Nachträge eine vollkommene Loslösung der Schlussrechnung von den vertraglichen Grundlagen stattgefunden, so dass es insbesondere für die Nachträge an jeglicher Rückkoppelung zum Vertragsinhalt fehle. Da jedoch die in den Nachträgen enthaltenen Leistungen mit den vertraglich geschuldeten verzahnt, wenn nicht gar identisch seien, sei die Einordenbarkeit sämtlicher abgerechneter Leistungen in den Vertragskontext aufgehoben. Damit sei der Prüfung der Preisgestaltung der Schlussrechnung insgesamt die Grundlage entzogen. Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung sei auch nicht deshalb zu bejahen, weil möglicherweise die Klägerin tatsächlich eine Prüfung derselben vorgenommen habe. Die Klägerin habe vielmehr lediglich eine gesonderte, eigene Rechnung aufgemacht, um die aufgewendeten Fertigstellungskosten zu ermitteln. Diese Vorgehensweise bewirke jedenfalls nicht, dass die Schlussrechnung für die Klägerin tatsächlich als prüfbar anzusehen sei. Mit ihrem Schreiben vom 11.04.2008 habe die Klägerin die mangelnde Prüffähigkeit wirksam und rechtzeitig gerügt. In diesem Schreiben sei insgesamt eine nicht nachvollziehbare Massen- und Mengenermittlung beanstandet worden. Damit seien die Grundsätze der Abrechnung und damit die Schlussrechnung in ihrer Gesamtheit angegriffen. Dem Mangel der fehlenden Prüffähigkeit habe der Beklagte auch nicht im Laufe des Prozesses abgeholfen durch Nachschieben einer eigenen, ergänzenden Berechnung.
Unabhängig von der fehlenden Prüffähigkeit sei die Klage jedoch wegen fehlender Schlüssigkeit als unbegründet abzuweisen. Auf den weiteren Punkt der Schlüssigkeit der Klageforderung sei deshalb gesondert einzugehen, da die mangelnde Prüffähigkeit lediglich zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet führe, während die mangelnde Schlüssigkeit zur uneingeschränkten Klageabweisung führe. Da die Klägerin im Fall der Abweisung der (Wider-)Klage lediglich als derzeit unbegründet im Vergleich zu einer endgültigen Klageabweisung beschwert wäre, müsse das Gericht insofern auch über die ausreichende Darlegung des Widerklageanspruchs entscheiden. Das Landgericht war davon überzeugt, dass es sich bei der der Schlussrechnung zugrunde gelegten Urkalkulation um eine fiktive „Scheinkalkulation“ der Schuldnerin handle, die inhaltlich nicht die tatsächlich bei der Preisbestimmung zugrunde gelegten Parameter enthalte, sondern vielmehr nicht nur nachträglich erstellt, sondern inhaltlich bewusst zu dem Zweck fingiert worden sei, um zu einer möglichst hohen Entlohnung für die erbrachten Leistungsteile zu gelangen. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass die Schuldnerin die Schlussrechnung in treuwidriger Vorgehensweise mit der tatsächlich erst im Nachhinein erstellten sog. „ Urkalkulation“ zum Zwecke des Schönrechnens der Preisgestaltung unterlegt habe und diese „Urkalkulation“ wahrheitswidrig als ursprüngliche und bereits beim Zustandekommen der Vertrages vorhandene Kalkulation bezeichnet habe. Wenn aber die „Urkalkulation“ in Wahrheit nachträglich und zwar zum Zwecke der Täuschung und zur Generierung eines möglichst hohen Werklohns für die erbrachten Leistungen manipulativ zusammengestellt worden sei, so fehle es wegen treuwidriger Vorgehensweise insgesamt an einer schlüssigen Darlegung des mit der Schlussrechnung geltend gemachten Werklohnanspruchs. Es sei eine nicht hinnehmbare Manipulation erfolgt, die den Vortrag des Beklagten insgesamt in nicht nachbesserungsfähiger Art und Weise unschlüssig mache. Dass die Urkalkulation zu Manipulations- und Täuschungszwecken und zur Generierung eines möglichst hohen Werklohns nachträglich zusammengestellt worden sei, ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts aus folgenden Umständen: Zunächst habe der Beklagte zu wesentlichen Elementen der Schlussrechnung in mehrfacher Hinsicht unzutreffend vorgetragen: Weder seien die Aufmaßblätter bzw. Aufmaßpläne wie zunächst behauptet vor Ort Raum für Raum angefertigt worden noch beruhe das Aufmaß mit den Feststellungen zum Leistungsstand im Abrechnungszeitpunkt auf den Feststellungen des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen …. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme ergebe sich für das Gericht ein überzeugendes Gesamtbild dahingehend, dass einer oder mehrere Verantwortliche der Schuldnerin nachträglich alles unternommen hätten, um mit möglichst geringem finanziellem Aufwand eine möglichst überzeugende „Legende“ zu erschaffen. Damit habe sich die Abrechnung, von der ursprünglich behauptet worden war, sie sei auf der Basis eines vor Ort durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen genommenen Aufmaßes erstellt worden, tatsächlich als willkürliche nachträgliche Aufstellung nach dem Gutdünken eines oder mehrerer Mitarbeiter der Schuldnerin entpuppt. Unabhängig vom Ergebnis der Zeugenangaben sei die durchgeführte Manipulation aber auch aus der Schlussrechnung selbst heraus erkennbar. So hält es das Gericht nicht für eine zufällige Übereinstimmung, sondern für ein Anzeichen bewusster Manipulation, dass vielfach Ansätze in der Urkalkulation und die Abrechnung der entsprechenden Position in der Schlussrechnung identisch dieselben Größen aufweisen. Auch die Kalkulation für den Leistungsteil „Rohbau“ spreche ihrer Struktur nach für ein manipulatives Vorgehen.
Den Feststellungsantrag der Widerklage sah das Landgericht als begründet an. Die Berechtigung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund folge für die Schuldnerin aus § 9 VOB/B i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 des Generalunternehmervertrages. Neben den in § 9 VOB/B geregelten Kündigungsgründen bestünden auch diejenigen allgemeinen Kündigungsgründe weiter, die sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergäben. Hierzu zählten insbesondere schwerwiegende Verletzungen von Vertragspflichten und Obliegenheiten, die zu einem endgültigen Vertrauensverlust zwischen den Parteien führten und die Fortsetzung des Vertrages als objektiv unzumutbar erscheinen lassen. Hierher zähle insbesondere der Fall des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage gemäß §§ 242, 313 BGB, wenn sich ein Vertragspartner weigere, dem berechtigten Verlangen des anderen Vertragspartners auf Anpassung des Vertrages wegen Änderung der Geschäftsgrundlage zu entsprechen oder jedenfalls in Verhandlungen darüber einzutreten. Hierunter sei auch der Fall zu fassen, dass der Auftraggeber die Beauftragung eines Nachtragsangebots zu Unrecht verweigere.
Die Kündigung habe im vorliegenden Fall keiner vorhergehenden Fristsetzung bzw. Abmahnung bedurft. Durch die vertragliche Regelung der außerordentlichen Kündigung im Generalunternehmervertrag in § 14 seien die formellen Voraussetzungen für das außerordentliche Kündigungsrecht weniger hoch angesetzt worden, als sie für den Ausnahmefall der Kündigung ohne vorherige Androhung nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen angenommen würden, wonach eine Kündigung ohne vorhergehende Androhung nur bei schwersten Vertragsverstößen statthaft wäre. In § 14 Abs. 1 S. 1 des Generalunternehmervertrags sei die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung ohne Fristsetzungserfordernis statuiert. Auch hinsichtlich der Kündigungsgründe enthalte der vorliegende Generalunternehmervertrag in § 14 eine Modifikation gegenüber den allgemeinen Kündigungsgrundsätzen der VOB/B und des BGB. Im vorliegenden Fall nämlich sei der Schuldnerin nicht allein für den Fall die Kündigung ermöglicht, dass der wichtige, zur Kündigung führende Grund vom Vertragsgegner zu vertreten sei. Nach alldem sei eine außerordentliche fristlose Kündigung für die Schuldnerin im vorliegenden Fall dann berechtigt gewesen, wenn zwar keine schuldhaften Pflichtverletzungen der Klägerin, jedoch gleichwohl nach verständiger Würdigung aller Umstände unter Einbeziehung der widerstreitenden Interessen ganz einschneidende objektive Umstände vorlagen, die ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machten und die jedenfalls nicht überwiegend aus der eigenen Sphäre des Kündigenden stammten. Diese Umstände sah das Landgericht vorliegend darin gegeben, dass bereits aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien ersichtlich sei, dass sich bereits vor dem Abschluss des schriftlichen Vertrages und in der Folgezeit durch beidseitiges Fehlverhalten eine sich ständig vertiefende Disharmonie bis hin zur vollkommenen Zerrüttung des Vertragsverhältnisses ergeben habe, das jedenfalls nicht derart eindeutig zulasten der Gemeinschuldnerin gehe, dass dieser eine Kündigung nach Treu und Glauben verwehrt gewesen wäre. Das Landgericht war nach Würdigung aller Umstände überzeugt, dass die Disharmonie nicht allein von der Schuldnerin verursacht war und somit eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt war. Die Argumente hierfür ergaben sich für das Landgericht aus Folgendem:
Es hätten sich von Anfang an Verzögerungen im Bauablauf ergeben, die nicht allein in den Verantwortungsbereich der Schuldnerin gefallen sein könnten. Auch aus den Vorgängen um die Einforderung einer Bauhandwerkersicherheit durch die Schuldnerin ergebe sich zumindest keine alleinige oder überwiegende Verursachung durch die Schuldnerin. Die Einforderung einer Bauhandwerkersicherheit sei das gute Recht der Schuldnerin gewesen. Ob die Schuldnerin damit letztendlich das Ziel verfolgt habe, die Klägerin zur Anerkennung bis dahin abgelehnter Nachtragsforderungen zu bewegen, könne dahingestellt bleiben, da nicht einmal die Klägerin die Überschreitung der Schikaneverbotsgrenze behauptet bzw. hinreichend dargelegt habe. Schließlich habe die Klägerin die geforderte Sicherheit auch erbracht. Die bis dahin eingetretenen Verzögerungen und Fristüberschreitungen seien der Klägerin zur Last zu legen. Da andererseits jedoch auch die grundsätzliche Bereitschaft der Klägerin zur Gestellung der geforderten Bauhandwerkersicherheit jedenfalls ab dem Schreiben vom 01.12.2006 (Anlage K 2, B 16) erkennbar gewesen sei, habe auch die Schuldnerin nicht die Arbeitseinstellung verfügen dürfen. Vielmehr hätten die formellen Mängel der von der Klägerin angekündigten Bürgschaftsurkunde kooperativ beseitigt werden müssen, solange keine grundsätzliche Weigerung der Klägerin zur Gestellung der angeforderten Sicherheit mehr ersichtlich gewesen sei. Auch die Höhe der Bürgschaftssumme, die von der Klägerin herabgesetzt worden sei, habe die Schuldnerin ja schließlich akzeptiert, so dass ihre vorhergehende Forderung übersetzt gewesen sei. Die Gestellung der Bürgschaft über den reduzierten Betrag sei von Seiten der Klägerin fristgerecht erfolgt. Die Fristsetzung der Schuldnerin hingegen, die sich noch auf den übersetzten Betrag von 4,3 Mio. € bezogen habe, sei hierfür nicht ausschlaggebend. Kein zu Lasten der Klägerin gehender wichtiger Kündigungsgrund habe sich für die Schuldnerin aus dem Zahlungsverhalten der Klägerin bezüglich der 14. und 15. Abschlagsberechnung ergeben. Deren vollständige Bezahlung sei durch die Klägerin zu Recht verweigert worden. Die genannten Abschlagsrechnungen seien nicht fällig gewesen. Aus diesen Abschlagsrechnungen resultierten Forderungen i. H. v. insgesamt 361.301,77 €. Hierauf habe die Klägerin unstreitig 214.162,15 € bezahlt. Der Restbetrag von 147.139,62 € sei bereits wegen von der Schuldnerin selbst zugestandener bzw. unstreitiger Mängel nicht fällig gewesen. Vor diesem Hintergrund könne unberücksichtigt bleiben, ob der gemäß § 13 des Generalunternehmervertrags i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B erforderliche Nachweis der entsprechenden Leistungserbringung für die jeweilige Abschlagsrechnung von der Schuldnerin überhaupt geführt worden sei. Allerdings ergebe sich zu Lasten der Klägerin ein deutlicher Beitrag in Richtung Zerrüttung der Vertragsbeziehung und damit der Berechtigung der Kündigung aus ihrer grundsätzlichen Weigerung, Nachträge zu akzeptieren. Der vorliegende Generalunternehmervertrag sei als Global-Pauschal-Vertrag konzipiert. Auch in diesem Rahmen könnten die Vertragsparteien Grenzen für die gegenseitigen Leistungspflichten definieren. Dies sei vorliegend in Form der Vertragsinhalt gewordenen Vertragsunterlagen gemäß Anlage K135b geschehen. Mit den dort enthaltenen, detaillierten Leistungsbeschreibungen seien zugleich die Grenzen der Leistungspflichten der Schuldnerin definiert worden. Tatsächlich seien durch die Ausführung des vorliegenden Bauvorhabens diese Grenzen jedenfalls im Falle des Einbaus einer Kapelle überschritten gewesen. Die Weigerung der Klägerin, Leistungen für die zusätzlich angeordnete Kapelle gesondert zu vergüten, sei vertragswidrig gewesen (§ 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B).
Insgesamt ergebe sich bereits aus dem unstreitigen Sachvortrag das Bild einer Vertragsbeziehung mit fortwährenden gegenseitigen, teils berechtigten und teils unberechtigten Schuldzuweisungen, die zu einer stetig tiefer greifenden Zerrüttung der Vertragsbeziehung in einem Maß geführt habe, welches keiner der beiden Parteien ein Festhalten am Vertrag mehr zumutbar gemacht habe und welches jedenfalls nicht eindeutig auf die alleinige Verursachung durch die Schuldnerin zurückzuführen sei. Nachdem sich diese Situation durch die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien über die Zahlungspflichten der Klägerin nach Erhalt der 14. und 15. Abschlagsrechnung Ende Juni/Anfang Juli 2007 noch zugespitzt habe, sei die sofortige Beendigung der Vertragsbeziehung auch ohne vorherige Fristsetzung durch die Schuldnerin unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile zulässig gewesen.
Das Urteil wird von beiden Parteien mit der Berufung angegriffen.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Feststellung des Landgerichts, dass die Kündigung des Generalunternehmervertrags durch die Schuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund (Kündigung durch den Auftragnehmer gemäß § 9 VOB/B) ist.
Das Landgericht habe die in § 14 des Generalunternehmervertrags enthaltene Kündigungsbestimmung falsch ausgelegt. Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, dass § 14 GUV gegenüber den Kündigungsbestimmungen der VOB/B bzw. den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Kündigung weniger strenge inhaltliche und formale Anforderungen aufstelle. Tatsächlich seien mit § 14 GUV richtigerweise nicht die Tatbestandsvoraussetzungen einer fristlosen Kündigung abgemildert worden. Vielmehr enthalte die Vertragsklausel nur eine Einschränkung des nach VOB und BGB-Werkvertragsrecht freien Kündigungsrechts des Auftraggebers und bestimme, dass auch der Auftraggeber nur, wie der Auftragnehmer ohnehin, aus wichtigem Grund kündigen könne. Deshalb sei die Schuldnerin vorliegend bereits deshalb nicht zur außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags berechtigt gewesen, da es an einer vorherigen Fristsetzung unstreitig fehle. Fehlerhaft seien auch die Ausführungen des Landgerichts zu den zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Gründen. Insbesondere sei es nicht zutreffend, aus § 14 Abs. 3 GUV abzuleiten, dass bereits bei einem objektiv wichtigen Grund und nicht allein bei einem erheblichen Verschulden des Vertragsgegners gekündigt werden könne. Tatsächlich enthalte § 14 Abs. 3 GUV keine Antwort auf die Frage, aus welcher Sphäre die Kündigungsgründe stammen müssten, sondern regle nur, was passiere, wenn tatsächlich aus wichtigem Grund berechtigt gekündigt worden sei. Der genannten Vertragsklausel sei jedenfalls nicht zu entnehmen, dass die Vertragsparteien hiermit eine Kündigung durch den Auftragnehmer hätten akzeptieren wollen, deren Gründe vom Auftraggeber nicht zu vertreten seien. Tatsächlich sei auch vor dem Hintergrund der Regelungen des vorliegenden Generalunternehmervertrags nur dann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zulässig, wenn ein Fehlverhalten des Vertragsgegners vorliege, welches gewichtig genug sei, um dem Kündigenden das Festhalten am Vertrag unzumutbar zu machen. Darüber hinaus sei dieses außerordentliche Kündigungsrecht binnen einer angemessenen Frist nach Eintreten der Kündigungsgründe bzw. der Kenntnis hiervon auszuüben. Von diesen allgemeinen Grundsätzen mache der vorliegende Generalunternehmervertrag keine Ausnahme. Der Ausgangspunkt des Landgerichts zu den Kündigungsvoraussetzungen sei damit sowohl in formaler als auch in materiell-inhaltlicher Hinsicht falsch.
Die Feststellung des Landgerichts, bereits vom Beginn des Vertragsabschlusses an sei es zu einer sich ständig vertiefenden Disharmonie zwischen den Parteien gekommen, die schließlich zu einer vollkommenen Zerrüttung des Vertragsverhältnisses geführt habe, ohne dass ein eindeutiger Schwerpunkt der Verursachung hierfür bei der Schuldnerin lokalisiert werden könne, sei zu pauschal und erfolge ohne eine wirkliche Auseinandersetzung mit den detailliert vorgetragenen 79 Kündigungsgründen der Schuldnerin, zu welchen die Klägerin Punkt für Punkt und detailliert Stellung bezogen und diese insbesondere vom tatsächlichen Ablauf her bestritten habe. Insoweit bleibe das Landgericht vor der eigentlichen Auseinandersetzung mit diesen Kündigungsgründen stehen, wobei eine Begründung der Behauptung, die Diskrepanzen zwischen den Parteien seien insgesamt nicht allein durch eine der Vertragsparteien verursacht worden, nicht erfolge. Ohne Beweisaufnahme zu den umfangreich bestrittenen Einzelbehauptungen der Beklagten habe jedenfalls kein Kündigungsgrund zugunsten der Schuldnerin angenommen werden dürfen.
Die Behauptung des Landgerichts, es hätten sich von Anfang an Verzögerungen im Bauablauf ergeben, die nicht alleine in den Verantwortungsbereich der Schuldnerin gefallen sein könnten, werde nicht begründet und sei unzutreffend. Jedenfalls jedoch habe sich ein etwaiger Kündigungsgrund, der sich aus verspätet vorliegenden Baufreigaben und einer entsprechenden Bauverzögerung möglicherweise ergeben haben könnte, nach Ablauf eines Jahres verbraucht. Im Sommer 2007, mithin nach einem Jahr, könne jedenfalls wegen anfänglicher Bauverzögerungen im Sommer 2006 nicht mehr gekündigt werden. Zunächst enthalte § 648 a BGB im Hinblick auf Bauhandwerkersicherungen ein besonderes Kündigungsrecht. Wenn davon kein Gebrauch gemacht werde, so könne jedenfalls nicht ein halbes Jahr später wegen der Vorgänge um die Stellung dieser Bauhandwerkersicherheit ein zur fristlosen Kündigung berechtigender Grund konstruiert werden. Im Übrigen habe das Landgericht den vorgetragenen Schriftverkehr der Parteien zur Diskussion um die Bauhandwerkersicherheit nicht gewürdigt. Immerhin habe die Klägerin bereits mit Schreiben vom 01.12.2006 (Anlage K 2) auf die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit reagiert. Schließlich sei die Bürgschaft in zutreffender Höhe anstandslos geleistet worden Dass ein Zahlungsverzug der Klägerin als klassischer Fall einer fristlosen Kündigung nicht vorgelegen habe, erkenne das Landgericht zutreffend. Allerdings sei die Bewertung, wonach die Klägerin grundsätzlich und generell sämtliche Nachträge abgelehnt habe und dies zu Unrecht erfolgt sei, von der tatsächlichen Feststellung wie auch von der rechtlichen Bewertung her fehlerhaft. Das Landgericht habe die verschiedenen Typen eines „Global-Pauschalvertrags“ nicht hinreichend differenziert und das globale Element der Leistungsbeschreibung und des geschuldeten Erfolgs der schlüsselfertigen Errichtung zugunsten detaillierter Baubeschreibungen ausgeblendet. Eine Überschreitung des vertraglich geschuldeten Leistungssolls durch nachträgliche Anordnungen lasse sich jedenfalls nicht am Beispiel der Kapelle belegen. Eine generelle Weigerungshaltung der Klägerin, überhaupt Nachträge zu akzeptieren, lasse sich jedenfalls an keiner Stelle erkennen. Unzutreffend sei auch der Standpunkt des Landgerichts, die Kapelle sei vertraglich nicht geschuldet gewesen. Von einer Zuspitzung der Zerrüttungssituation im Juli 2007 angesichts unterschiedlicher Vorstellungen über die Zahlungspflichten der Klägerin könne nicht gesprochen werden, da immerhin die Schuldnerin im Hinblick auf die auf die Abschlagsrechnungen Nr. 14 und 15 erbrachte Zahlung ausdrücklich zugesagt habe, dass weitergebaut werde, wenn eine weitere Abschlagszahlung erbracht werde, was schließlich von Klägerseite dann auch erfolgt sei. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Parteien zu diesem Zeitpunkt eigentlich dahingehend verabredet waren, ihre Streitigkeiten einvernehmlich zu lösen und die Baustelle jedenfalls fortzusetzen, sei eine Kündigung zu diesem Zeitpunkt jedenfalls unberechtigt gewesen.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
Das Urteil des Landgerichts Heilbronn (Teil – Urteil) zum Az.: 21 O 93/08 KfH wird aufgehoben und die Widerklage auch insoweit abgewiesen, als festgestellt worden ist, dass die von der Schuldnerin – … – mit Schreiben vom 16.7.2007 ausgesprochene Kündigung des Generalunternehmervertrages vom 2.6. / 27.6.2006 ihrer Rechtsnatur nach eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund ist.
Der Beklagte beantragt zur Berufung der Klägerin:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Zur Berufung der Klägerin trägt die Beklagte vor, es sei nicht zutreffend, dass § 14 GUV lediglich eine Einschränkung des Kündigungsrechts zu Lasten des Auftraggebers enthalte. Zu Recht habe das Landgericht der Kündigungsbestimmung in § 14 GUV entnommen, dass der Auftragnehmer auch dann kündigen könne, wenn der wichtige, zur Kündigung führende Grund vom Auftraggeber nicht zu vertreten sei. Auf diese Positionierung des Landgerichts komme es jedoch im Ergebnis nicht an, da ein derartiger Kündigungsgrund nicht zum Tragen gekommen und vom Landgericht seiner Prüfung auch nicht zugrunde gelegt worden sei. Das Landgericht stütze seine Auffassung, die Kündigung sei eine berechtigte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gewesen, nämlich zutreffend vor allem darauf, dass die Klägerin es grundsätzlich abgelehnt habe, Nachträge für geänderte bzw. zusätzliche Leistungen zu akzeptieren. Diese generelle und grundsätzliche Weigerung sei insbesondere im Fall des Einbaus der Kapelle schuldhaft und vertragswidrig gewesen. Auf die weiteren Ausführungen zur Zerrüttung des Vertragsverhältnisses im Übrigen habe das Landgericht seine Entscheidung nicht gestützt. Daher komme es auf die angeblichen Bauverzögerungen ebenso wenig an wie auf die Nichtzahlung fälliger Abschlagsrechnungen bzw. die Probleme bei der Stellung einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648 a BGB. Ungeachtet der weiteren vertraglichen Differenzen zwischen den Parteien habe allein die vertragswidrige Haltung der Klägerin zur Nachtrags-Frage die außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt. Dass eine solche Kündigung gemäß § 14 GUV entgegen der Vorschriften der VOB/B sowie der allgemeinen Regelungen des BGB-Werkvertragsrechts keiner vorhergehenden Fristsetzung bedurfte, habe das Landgericht zu Recht festgestellt.
Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung den mit Ziff. 1 der Widerklage geltend gemachten Anspruch i. H. v. 1.199.786,81 € weiter.
Er trägt hierzu vor, das Landgericht habe die Prüffähigkeit der Schlussrechnung zu Unrecht verneint. Die Feststellung der mangelnden Prüffähigkeit sei im Urteil unzureichend begründet, beruhe auf einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung und fehlerhaften Beweiswürdigung, außerdem sei die Feststellung inhaltlich unzutreffend, was an einzelnen beispielhaften Schlussrechnungspositionen ergänzend dargestellt wird. Zudem wird die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt, da das Landgericht, welches noch im Laufe des Prozesses ausdrücklich von der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgegangen sei, nicht ohne Erteilung eines rechtlichen Hinweises von dieser Rechtsauffassung hätte abrücken dürfen. Der Beklagte führt aus, was er für den Fall eines rechtzeitigen rechtlichen Hinweises ergänzend vorgetragen hätte und inwieweit sich hieraus die tatsächliche Prüffähigkeit der Schlussrechnung ergeben hätte. Die pauschalen Verweise auf Akteninhalte außerhalb der Urteilsbegründung und die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht ausreichend. Mit dem Sachvortrag des Beklagten, insbesondere in den Schriftsätzen vom 17.04.2014 und vom 23.07.2014 habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Die Schlussrechnungspositionen 05, 06 und 07 seien prüffähig abgerechnet. Die Preise dieser erst nachträglich erforderlich gewordenen Leistungen seien nachvollziehbar aus der Urkalkulation entwickelt. Die abgerechneten Mengen und Massen ergäben sich aus den Plänen, wobei es sich bei dieser Fragestellung ohnehin nicht um eine Frage der Prüffähigkeit, sondern der inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung handele. Die zusätzliche Abrechnung der Nachtragspositionen sei dem Grunde nach gerechtfertigt, da diese Leistungen in den Vertragsplänen nicht enthalten gewesen seien, jedoch in den Ausführungsplänen der Klägerin, nach denen dann gebaut worden sei. Dies rechtfertige die Stellung eines Nachtrags dem Grunde nach. Im Einzelnen geht der Beklagte zur Verdeutlichung der Nachvollziehbarkeit der Abrechnung auf folgende Positionen ein: Pos. 5.10.010, 5.10.015, 5.10.020, 5.10.060. Die jeweiligen Einheitspreise seien den inhaltlich identischen, nur anders nummerierten Positionen der Urkalkulation entnommen. Die Notwendigkeit der weitergehenden Leistungen sei erst nachträglich aufgefallen. Damit sei die Stellung eines Nachtrags vom Grunde her berechtigt. Dessen Preis ergebe sich nachvollziehbar auf der Basis des entsprechenden Urkalkulationspreises für eine inhaltlich vergleichbare Position. So verhalte es sich im Übrigen für sämtliche Nachtragspositionen. Beispielhaft werden die Schlussrechnungspositionen 07.39.015, 07.39.060, 07.39.065 genannt, denen identische Vergleichspositionen aus der Urkalkulation in Pos. 01.39.060 und 01.39.045 entsprächen. Hinsichtlich der örtlichen Nachvollziehbarkeit der abgerechneten Nachtragspositionen sei beispielhaft in Nachtragsposition 06.30 (Innentüren) die jeweilige Raumnummer angegeben, bei Nachtragsposition 05.11 sei auf den entsprechenden Plan in der Nachtragsposition verwiesen. Eine nachvollziehbare Darstellung der Nachträge sei damit nachgewiesen. Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, der Klägerin hätten die zur Prüfung der Schlussrechnungspositionen erforderlichen Pläne nicht vorgelegen. Das Landgericht habe verkannt, dass sämtliche zur Prüfung der Schlussrechnungspositionen erforderlichen Pläne bereits deshalb bei der Klägerin vorlagen, da sie diese Pläne selbst angefertigt habe. Im Übrigen habe das Landgericht die Hinweispflicht verletzt. Im Falle gebotener rechtzeitiger Hinweiserteilung hätte der Beklagte ergänzend vorgetragen, dass die Bauakte der Stadt … beizuziehen sei, da sich aus den darin enthaltenen 13 Prüfberichten des öffentlich-rechtlichen Prüfingenieurs ergebe, dass die Schuldnerin exakt nach den Plänen der Klägerin gebaut habe, die ausweislich der zitierten vertraglichen Vereinbarungen von ihr selbst erstellt worden seien. Somit wäre nachgewiesen worden, dass tatsächliche Bauausführung und von der Klägerin selbst vorgenommene Planung miteinander übereinstimmen und ein Verweis auf die Pläne als Mengen- und Massenachweis genüge. Die Feststellung des Landgerichts, wonach die Schlussrechnung „Mondpreise“ enthalte und bereits deshalb nicht prüffähig sei, da sie nicht auf den vertraglichen Vereinbarungen basiere, weil wesentliche Vertragsleistungen gar nicht eingepreist seien, sei fehlerhaft. Die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Landgericht sei fehlerhaft und nicht nachvollziehbar. Verkannt habe das Landgericht, dass die Klägerin mit dem Einwand mangelnder Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgeschlossen gewesen sei. Die Klägerin habe die Schlussrechnung tatsächlich sachlich geprüft. Sie habe selbst eine Rechnung aufgestellt, die im Urteil auch erwähnt werde. Darin habe die Klägerin sogar eigene Feststellungen zum Bautenstand bei Kündigung zugrunde gelegt und dadurch gezeigt, dass sie sich mit der Schlussrechnung der Beklagten tatsächlich auseinandergesetzt, diese geprüft und eine eigene Gegenrechnung aufgemacht habe. Die Klägerin habe genau gewusst, welche Mengen und Massen sie in ihrer eigenen Gegenrechnung abrechnen könne und habe insoweit in inhaltlicher Hinsicht keiner weiteren Erläuterungen aus der Schlussrechnung durch die Schuldnerin bedurft. Ein weitergehendes, von der aufgestellten Schlussrechnung nicht ohnehin schon befriedigtes Prüfinteresse sei auf Klägerseite nicht vorhanden gewesen. Die Prüffähigkeitsrüge der Klägerin vom 11.04.2008 (Anlage B 38) sei inhaltlich unzureichend. Sie bezeichne nicht die Teile der Rechnung und die Gründe, die angeblich zur fehlenden Prüffähigkeit führen, so dass die Schuldnerin vor dem Hintergrund des Schreibens vom 11.04.2008 nicht in die Lage versetzt worden sei, die beanstandete fehlende Prüffähigkeit noch ergänzend herzustellen. Die vorgelegte Schlussrechnung genüge den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen. Die Anforderung einer prüffähigen Darstellung diene dazu, den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, sich hinsichtlich der abgerechneten Positionen inhaltlich sachgerecht zu verteidigen. Dies ermögliche die Schlussrechnung. Sie enthalte lediglich Restwerklohn für tatsächlich ausgeführte Leistungen. Hierzu habe die Schuldnerin die Gesamtleistung in Einzelleistungen aufgeteilt und diese bewertet. Diese Bewertung sei auf der Grundlage der dem Vertrag zugrunde liegenden Urkalkulation erfolgt. Jede einzelne Leistungsposition sei durch Aufmaße hinterlegt. Die Vorlage von „Lieferscheinen für Materiallieferungen“ oder „Wiegescheinen“ , wie von der Klägerin gefordert, sei ebenso unnötig wie die Vorlage von „Aufmaßplänen der Einzelgewerke“. Die Schuldnerin sei zu einer Abrechnung auf der Grundlage des Teils 5 der DIN 18299 (VOB/C i. V. m. § 14 Nr. 2 S. 2 VOB/B) verpflichtet gewesen. Diesen Anforderungen genüge die Schlussrechnung. Die örtliche Zuordenbarkeit der abgerechneten Mengen und Einzelleistungen aus den Aufmaßen sei durch die vom Sachverständigen … gefertigte Fotodokumentation gewährleistet. Jedem einzelnen Aufmaß sei eine entsprechende Lichtbilddokumentation zugeordnet. Die entsprechende Systematik hierzu sei eindeutig. Es sei unzutreffend, dass in der Schlussrechnung wesentliche vertraglich geschuldete Leistungen fehlen würden bzw. solche in der Vorkalkulation bereits nicht eingepreist seien. Vielmehr seien solche Leistungen auch nicht abgerechnet worden. Insgesamt habe die Klägerin die fehlende Prüffähigkeit in nicht wirksamer Weise mit angeblichen Mängeln begründet, die entweder nicht vorhanden seien, der Sache nach keine Mängel darstellten und jedenfalls von der Klägerin nicht in einer Art und Weise begründet seien, dass die Schuldnerin hierdurch in den Stand versetzt worden wäre, die Prüffähigkeit aufgrund der vorgebrachten Einwände durch nachträgliche Ergänzungen tatsächlich herzustellen. Nachdem das Landgericht noch in seinem Hinweisbeschluss vom 04.11.2014 davon ausgegangen sei, dass wesentliche Teile der Schlussrechnung prüfbar seien, hätte ein Hinweis ergehen müssen, bevor überraschend im Urteil die Prüffähigkeit verneint wurde. Das Landgericht setzte sich in Widerspruch zur eigenen fehlerhaften Prozessführung, wenn sodann im Urteil gerügt werde, die Schuldnerin habe das erkannte Manko der Schlussrechnung auch nicht durch eigenständige Nachberechnungen und ergänzende Nachweise behoben. Mit der Urteilsbegründung, wonach die Schlussrechnung nicht nur nicht prüffähig, sondern auch der Sachvortrag des Beklagten unschlüssig sei, habe sich das Landgericht außerdem zur eigenen Prozessführung insoweit in Widerspruch gesetzt, als nach dieser Rechtsauffassung das zuvor eingeholte kostspielige Sachverständigengutachten zur Prüffähigkeit nicht erforderlich gewesen wäre wenn auch die Schlüssigkeit ohnehin verneint werde. Selbst wenn man von einer fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung ausgehen wolle, hätte die Klage allenfalls als derzeit unbegründet abgewiesen werden dürfen. Der geltend gemachte Restwerklohnanspruch sei vom Beklagten schlüssig dargelegt. Das Landgericht stelle fehlerhaft fest, bei der Urkalkulation handele es sich um eine in Manipulationsabsicht erstellte fingierte Nachkalkulation zur Erzielung eines möglichst hohen Werklohns. Zu Unrecht gehe das Landgericht von einer Gleichstellung zwischen Ausführung und Kalkulation am Beispiel einzelner Positionen aus. Die in der Urkalkulation angenommenen Mengen und Massen hätten insoweit 1:1 in die Schlussrechnung übernommen werden können, als sie vollständig erbracht wurden, auch wenn tatsächlich geringere Mengen und Massen angefallen seien. Dies sei das Wesen des Pauschalvertrages und damit nicht zu beanstanden. Wo Leistungen nicht vollständig erbracht worden seien, habe die Schuldnerin dies aufgegliedert. Insgesamt sei der Versuch des Landgerichts, nach 8 Jahren Prozessdauer einen 10 Jahre zurückliegenden Sachverhalt durch Zeugenaussagen aufklären zu wollen, gescheitert, da das Landgericht die hierbei vermeintlich aufgetretenen Widersprüche nicht mit den Parteien erörtert habe und diesen nach entsprechenden Hinweisen keine Gelegenheit zu ergänzenden Ausführungen gegeben habe. Damit sei die Sachverhaltsaufklärung insgesamt unvollständig, es seien unzutreffende tatsächliche Schlussfolgerungen aus den Zeugenaussagen abgeleitet und das Urteil sei unter Verstoß gegen den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs zustande gekommen.
Der Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Heilbronn wird aufgehoben und die Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Berufungskläger 1.199.786,81 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.5.2008 zu bezahlen.
2. Den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen gem. § 538 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.
Die Klägerin beantragt zur Berufung des Beklagten:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Zur Berufung des Beklagten führt die Klägerin aus, das Urteil des Landgerichts sei hinsichtlich der Feststellung einer fehlenden Prüffähigkeit der Schlussrechnung sowie der fehlenden Schlüssigkeit des eingeklagten Restwerklohnanspruchs nicht überraschend. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Das Landgericht habe Hinweispflichten nicht verletzt. Grundsätzlich sei das Gericht weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch sei. Dass die Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung und der Schlüssigkeit des Sachvortrags problematisch sei, sei von Anfang an Thema des Schriftverkehrs der Parteien gewesen und von der Klägerin umfangreich schriftsätzlich angegriffen. Auch habe ein Sachverständigengutachten die überwiegend fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung festgestellt. Eines weiteren gerichtlichen Hinweises zur Prüffähigkeit der Nachträge habe es ebenfalls nicht bedurft. Die Behauptung des Beklagten in seiner Berufungsbegründung, bei rechtzeitigem Hinweis einen anderen und ergänzenden Vortrag gehalten zu haben, sei unglaubwürdig. Der Vortrag in der Berufungsbegründung zeige im Übrigen, dass dieser inhaltlich irrelevant sei. Dass das Landgericht die Nachtragspositionen 05, 06 und 07 in einer Gesamtsumme von 217.338,81 € für nicht prüffähig halte, habe das Landgericht im Übrigen in mehreren vorangegangenen Hinweisverfügungen angedeutet. Dem habe der Beklagte im Prozessverlauf an keiner Stelle widersprochen. Einer diesbezüglichen vertiefenden Begründung im Urteil habe es deshalb nicht bedurft. Sofern der Beklagte in der Berufungsbegründung zu einigen wenigen Positionen der Schlussrechnung ergänzenden Vortrag halte, so stütze auch dieser die Berufung nicht. Der Vortrag der Berufungsbegründung zur Nachtragsposition 05 werde insgesamt hinsichtlich aller dort enthaltenen Einzelangaben bestritten. Wenn der Beklagte sich in der Berufungsbegründung zum wiederholten Male darauf berufe, Massen und Mengen würden sich aus den vorhandenen Plänen ergeben, so werde zum wiederholten Mal gerügt, dass nicht nachvollziehbar erläutert sei, um welche Pläne es sich diesbezüglich handeln solle. Wiederholt habe die Klägerin bereits erstinstanzlich darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn all diese (ungenannten) Pläne bei der Klägerin tatsächlich vorgelegen hätten, damit nicht eine Prüfbarkeit der Schlussrechnung gewährleistet sei. Aus den Ausführungsplänen lasse sich die richtige Abrechnung bzw. der richtige Rechenweg der tatsächlich ausgeführten Leistungen nicht ersehen. Aus diesen Mengen ergäben sich nicht die abgerechneten Mengen und Massen. Aus den Plänen seien die Maßketten und Ableitungen der verschiedenen Zahlen der Gemeinschuldnerin in der Schlussrechnung nicht erkennbar. Da die Pläne sämtlich keine Positionsnummern enthielten, sei mit dem pauschalen Verweis auf angeblich aus den Plänen ermittelbare und nachvollziehbare Mengenermittlungen nichts gewonnen. Auch seien aus den Plänen allenfalls Maße hinsichtlich ausgeführter oder auszuführender Bauteile erkennbar, für die jedoch unterschiedlichste Bauleistungen zu erbringen gewesen seien. Diese Bauleistungen seien einem Rohbaumaß in einem Ausführungsplan jedoch nicht zu entnehmen. Um von den nicht mit Positionsnummern versehenen Plänen auf die in der Schlussrechnung aufgeschriebenen Zahlenketten rückzuschließen, seien umfangreiche und intensive Denk- und Nachweisoperationen nötig, die die Schuldnerin selbst im zurückliegenden Prozessverlauf an keiner Stelle nachvollziehbar habe darstellen können. Daran leide die Nachvollziehbarkeit und damit die Prüffähigkeit der Schlussrechnung. Auch mit den von der Schlussrechnung in Bezug genommenen Fotos des Sachverständigen … sei in diesem Zusammenhang nichts anzufangen. Aus den Bildern und dem unzureichenden Sachvortrag der Schuldnerin dazu sei eine Vertragsänderung oder eine zusätzliche Leistung nicht nur an dieser Position schlicht nicht prüfbar. Zu keinem Zeitpunkt habe der Beklagte zudem die nach den Ausführungen des zuvor angehörten Sachverständigen fehlenden Unterlagen und Pläne vorgelegt. Die ergänzenden Ausführungen der Berufung des Beklagten dazu, dass die Klägerin sämtliche zur Prüfung der Schlussrechnung erforderlichen Pläne in Händen gehabt habe, führten in der Sache hierbei auch nicht weiter. Wenn dann noch berücksichtigt werde, dass die Beklagte mit ihren Nachtragspositionen ja behaupte, in erheblichem Umfang geänderte Leistungen erbracht zu haben, so seien zu deren Nachweis die Vertragspläne ohnehin ungeeignet. Nachweise für Nachträge gebe es bis heute nicht. Wenn die Beklagte einerseits vortrage, hinsichtlich der gegenständlich abgerechneten Nachtragspositionen gar nicht nach Plan gebaut zu haben, könne schwerlich ein bei der Klägerin vorhandener Vertragsplan die Prüffähigkeit der Schlussrechnung auf Klägerseite ermöglichen. Wenn außerdem der Beklagte behaupte, nach den Plänen, die Vertragsgrundlage waren, sei gebaut worden, so breche ohnehin das ganze Gebäude der Nachtragsforderungen zusammen, ohne dass es eigentlich noch auf die Prüffähigkeit überhaupt ankäme. Zu keinem Zeitpunkt habe im Übrigen die Schuldnerin dem Sachverständigen die fortwährend in Bezug genommenen Pläne tatsächlich zur Verfügung gestellt, obwohl sie hierzu wiederholt aufgefordert worden sei. Insgesamt habe sich durch die erfolgte Beweisaufnahme bestätigt, dass tatsächlich die Schlussrechnung völlig losgelöst von den vertraglichen Grundlagen aufgestellt worden sei. Soweit der Beklagte die Berufung auf eine fehlende Prüffähigkeit mit dem Hinweis für unzulässig halte, dass die Klägerin selbst eine Rechnung aufgemacht habe, wird auf den Sachvortrag erster Instanz verwiesen. Die Klägerin habe keine eigene Rechnung aufgemacht, sondern vielmehr die durch die Fertigstellung des abgebrochenen Pauschalvertrags hervorgerufenen Mehrkosten beziffert. Für diese Berechnungen sei die Schlussrechnung der Schuldnerin weder geprüft noch sei diese Ausgangspunkt der Rechnung der Klägerin geworden. Die Rüge der Klägerin genüge den Anforderungen der Rechtsprechung. Es seien die Punkte im Einzelnen benannt, die für defizitär gehalten worden seien. Möglicherweise seien Bestandszeichnungen und Revisionspläne nicht nach § 14 VOB/B als erforderliche Abrechnungsunterlage, die der Schlussrechnung beizufügen sei, anzusehen. Andere Belege sowie Mengenberechnungen seien jedoch beizufügen. Diese fehlten im vorliegenden Fall. Der Beklagte zitiere Teil 5 der DIN 18299 der VOB/C falsch. Auch dieser Norm zufolge seien Zeichnungen beizulegen, die man benötige, um die in der Schlussrechnung angesetzten Mengen und Massen nachzuvollziehen. Die in der vorliegenden Schlussrechnung beigegebenen Lichtbilder seien insoweit unzureichend. Eine Fotodokumentation des Bauwerks stelle nicht die Abrechnung dar. Auch die Vorlage von Lieferscheinen und Wiegescheinen ergebe sich aus § 14 Nr. 2 S. 2 VOB/B i. V. m. DIN 18299. Diese Vorschrift werde vom Beklagten im Übrigen unvollständig zitiert. Eine Leistung könne nur dann aus den Plänen ermittelt werden, wenn nach diesen Plänen ausgeführt worden sei. Wenn hingegen nicht nach den Plänen ausgeführt worden sei, sei die Leistung aufzumessen. Daran fehle es hier. Im Übrigen habe sich der Beklagte zu entscheiden: entspreche die Leistung den Plänen, dann gebe es keine Nachträge, entspreche sie hingegen nicht den Plänen, dann gebe es zwar nicht spiegelbildlich automatisch Nachträge, aber jedenfalls fehle es an der Prüffähigkeit. Schließlich seien teilfertige Leistungen, wie sie vorliegend abgerechnet würden, in keinem Fall der Ausführungsplanung der Klägerin, möge diese auch mangelhaft oder unvollständig gewesen sein, zu entnehmen.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze im Berufungsverfahren sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 verwiesen.
II.
Die Berufungen der Klägerin und des Widerbeklagten sind gemäß § 511 ZPO statthaft sowie form – und fristgerecht eingelegt und begründet.
Teilurteil und Feststellungswiderklage sind zulässig ( unten A.).
In der Sache ist die Berufung der Klägerin hinsichtlich des Feststellungsantrags erfolgreich und führt zur teilweisen Abweisung der Widerklage. Die Kündigung vom 16.7.2007 war nicht rechtmäßig ( unten B.).
Die Berufung des Beklagten hat insoweit teilweise Erfolg, als eine Abweisung der Restwerklohnforderung als derzeit unbegründet an die Stelle der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung als (endgültig) unbegründet tritt. Die geltend gemachte Forderung des Beklagten ist nicht fällig ( unten C.).
A.
1.) Der Erlasses eines Teil-Urteils ist zulässig
Die Zulässigkeit des Erlasses eines Teil-Urteils bestimmt sich nach § 301 ZPO. Es ist zulässig, wenn es über einen Teil eines teilbaren Streitgegenstandes ergeht, dieser – und nur dieser – entscheidungsreif ist, und wenn außerdem die Unabhängigkeit des Teil-Urteils von der Entscheidung des Rest-Rechtsstreits gewährleistet ist (Widerspruchsfreiheit zum Schluss-Urteil, wobei bei letztgenanntem Kriterium streitig ist, ob es sich hierbei um eine selbstständige Zulässigkeitsvoraussetzung handeln soll, was von der herrschenden Meinung allerdings bejaht wird: Münchener Kommentar zur ZPO/Musielak, § 301 Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 301 Rn. 2; BGH, Urteil vom 11.01.2012 – XII ZR 40/10; BGH, Beschluss vom 27.03.2013 – III ZR 367/12).
a) Teilurteil über den Feststellungsantrag
Im Hinblick auf den widerklagend geltend gemachten Feststellungsantrag ist die Zulässigkeit eines Teil-Urteils unproblematisch. Wird, wie im vorliegenden Fall mit dem Feststellungsantrag, über ein vorgreifliches Rechtsverhältnis entschieden, so beugt die mit einer insoweit zulässigen Zwischenfeststellungsklage ermöglichte rechtskräftige Entscheidung durch ihre Bindungswirkung gerade Widersprüchen durch ihr widersprechende andere Entscheidungen vor. Daher kann über die Zwischenfeststellungswiderklage vorab durch Teil-Urteil entschieden werden (BGH NJW 2013, 1744). Dazu, dass die Zwischenfeststellungsklage im vorliegenden Fall gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig ist, noch unten unter II. A. 2.)
b) Teilurteil über die Restwerklohnforderung
Der Rechtsstreit bzgl. der klägerischen Forderung auf Fertigstellungsmehrkosten und Schadensersatz ist gemäß § 240 ZPO seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin (Beschluss vom 23.11.2011, Bl. 1605 d.A.) unterbrochen. Lediglich die Widerklage war vom Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin mit Schriftsatz vom 15.09.2010 (Bl. 1534 d.A.) gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 InsO aufgenommen worden. Diese – nur teilweise – Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter war zulässig (Stackmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 240 Rn. 31; BGH, Beschluss vom 07.07.1994 – V ZR 270/93). Derzeit wird nur der Widerklageteil des Rechtsstreit betrieben.
In Bezug auf den Restwerklohnanspruch des Beklagten ist die Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schluss-Urteil problematisch. Dem Restwerklohnanspruch des Beklagten steht auf der anderen Seite ein aus demselben Werkvertrag resultierender Fertigstellungs(mehr-)kostenerstattungsanspruch und Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber. Zwar sind die gegenseitigen Ansprüche, solange der Kläger nicht ausdrücklich die Aufrechnung erklärt hat, woran es vorliegend fehlt ( vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.4.2015, Bl. 2293: den Hinweis des Gerichts, die Klägerin habe bislang nicht aufgerechnet, was sie noch könne, nimmt die Klägerin unwidersprochen hin. Eine Aufrechnung ist im Folgenden nicht erklärt worden), nicht automatisch im Sinne eines Verrechnungsverhältnisses zu saldieren (der Bundesgerichtshof hat der „Verrechnungstheorie“ im Urteil vom 23.06.2005 – VII ZR 197/03 – BGHZ 163, 274 ausdrücklich eine Absage erteilt; vgl. hierzu: Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil, Rn. 264 m.w.N.), allerdings sind die wechselseitig erhobenen Ansprüche der Parteien auf eine einheitliche Abrechnung des Werkvertrags bezogen und daher inhaltlich voneinander abhängig. Auch könnte die Klägerin noch immer die Verrechnung durch Erklärung der Aufrechnung herbeiführen, woran die Abhängigkeit besonders deutlich wird.
Eine Gefahr widersprechender Entscheidungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann gegeben, wenn in einem Teil-Urteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden ( BGH, Beschluss vom 27.03.2013, a.a.O., Rn. 12, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 04.10.2000 – VIII ZR 109/99; BGH, Urteil vom 13.07.2011 – VIII ZR 243/09). In diesem Sinn sind die einander gegenüber stehenden Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Werkvertrag voneinander abhängig, da zwingend der Bestand des einen Anspruchs die Höhe bzw. u.U. sogar den Bestand des anderen Anspruchs determiniert, bzw. umgekehrt die von jeder Partei behaupteten Abrechnungsguthaben zu ihren Gunsten aus demselben Werkvertrag nicht gleichzeitig in beantragter Höhe bestehen können.
Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof das Teil-Urteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht ausnahmslos angewandt. Vielmehr hat das Teil-Urteilsverbot dann zurückzutreten, wenn der Anspruch einer Prozesspartei auf effektiven Rechtsschutz überwiegt. So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise eine Ausnahme vom Teil-Urteilsverbot dann anerkannt, wenn es zu einer Unterbrechung oder Aussetzung eines Prozesses gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen infolge dessen Todes oder einer Insolvenz kommt und dadurch eine Prozesssituation eintritt, die zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Der Bundesgerichtshof hat in diesen Fällen den Erlass eines Teil-Urteils bzgl. der weiteren Streitgenossen gestattet, da es dem Rechtsschutzanspruch der übrigen Prozessbeteiligten entgegenstünde, wenn der sie betreffende Rechtsstreit für eine längere und ungewisse Dauer verzögert würde, ohne dass sie selbst hierauf Einfluss nehmen könnten (BGH, Urteil vom 19.12.2002 – VII ZR 176/02; BGH, Urteil vom 07.11.2006 – X ZR 149/04; BGH, Urteil vom 16.06.2010 – VIII ZR 62/09; BGH, Urteil vom 11.05.2011 – VIII ZR 42/10; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 301 Rn. 2 und 7). Der Bundesgerichtshof hat den Grundsatz des Teil-Urteilsverbots wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen allerdings dann aufrecht erhalten, wenn die eintretende Verzögerung dem Willen der Prozessparteien entsprach, so beispielsweise im Fall des jederzeit beendbaren, einverständlichen Ruhenlassens eines abtrennbaren Teils eines Rechtsstreits (BGHZ 189, 356; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 301 Rn. 7), oder auch im Fall der willkürlichen Teilaufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits bei zusammenhängenden Ansprüchen (BGH, Beschluss vom 27.03.2013 – III ZR 367/12, Rn. 17, zitiert nach juris). Im letztgenannten Fall hatte der Kläger einen durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits lediglich hinsichtlich der Hauptforderung, nicht jedoch hinsichtlich des Zinsanspruchs wieder aufgenommen, was ihm jedoch ohne weiteres möglich gewesen wäre. In diesem Fall sollte der Justizgewährungsanspruch zugunsten des Klägers nicht über das grundsätzliche Teil-Urteilsverbot bei Gefahr einander widersprechender Entscheidungen überwiegen, da es der Kläger selbst in der Hand hatte, durch Gesamtaufnahme des Rechtsstreits bzgl. Hauptforderung und Zinsanspruch diesem Verbot zu ergehen.
Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall.
Weder kann der Insolvenzverwalter der Beklagten gemäß §§ 85, 86 InsO den gesamten Rechtsstreit, einschließlich des gegen ihn gerichteten Passivprozesses (der Klageforderung des Klägers) wiederaufnehmen, noch hat der Kläger die Möglichkeit zur Aufnahme des seine Forderungen betreffenden Rechtsstreits gemäß § 86 Abs. 1 InsO, da jedenfalls seine Zahlungsklage weder ein Aussonderungs- noch ein Absonderungsrecht betrifft. Nachdem die Klägerin allerdings, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angab, die Klageforderung zur Insolvenztabelle angemeldet hat und der Feststellung vom Insolvenzverwalter widersprochen wurde, könnte sie ihre Klage auf Feststellung zur Insolvenztabelle umstellen ( §§ 179, 180 Abs.2 InsO). Die Klägerin ist daher in der Lage, ein Teilurteil zu verhindern. Daher hat hier das an sich geltende Teilurteilsverbot wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zurückzutreten, da dem Rechtsgewährungsanspruch des Insolvenzverwalters der Vorrang gebührt. Der Kläger, der seine Forderung zur Insolvenztabelle nicht anmeldet oder einen Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Anmeldung zur Insolvenztabelle nicht gerichtlich klären lassen will, ist demgegenüber nicht schutzbedürftig.
2.) Die Feststellungswiderklage ist zulässig gem. § 256 Abs. 2 ZPO.
a) Die Rechtsnatur der Kündigung vom 16.7.2007 und damit die Frage, ob ein zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund vorliegt, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 223/11, Rn. 16, zitiert nach juris), die ein subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können (Zöller/Greger, a.a.O., § 256 Rn. 3). Davon abzugrenzen sind Tatsachen oder abstrakte Rechtsfragen sowie bloße Vorfragen oder einzelne Elemente einer Rechtsbeziehung, die anders als einzelne rechtliche Folgen oder rechtliche Qualifikationen einer Beziehung nicht feststellungsfähig sind (BGH, Urteil vom 16.02.1967 – II ZR 171/65).
Ein Kündigungsgrund kann allein das „Rechtsverhältnis“ darstellen, wenn die Rechtsnatur der Kündigung selbst bereits zu bestimmten Rechtsfolgen führt (BGH, Urteil vom 07.03.2013, a.a.O., Rn. 16, zitiert nach juris). Von der Frage, ob die Kündigung der Beklagten vom 16.7.2007 eine berechtigte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund war, hängt im vorliegenden Fall zwar nicht die vom Beklagten gleichzeitig geltend gemachte Restwerklohnforderung aus dem Widerklageantrag Ziff. 1 ab ( Teile Pos. 1-7 der Schlussrechnung), wohl aber die mit der Schlussrechnung in Pos. 09 verlangten Schadensersatzansprüche auf Zahlung von Baueinstellungs- und Baustellenräumungskosten sowie die Fertigstellungsmehrkosten – und Schadensersatzansprüche der Klägerin, die mit der Hauptklage geltend gemacht werden. Insoweit handelt es sich bei der Rechtsnatur der Kündigung vom 16.7.2007 ( Kündigung aus wichtigem Grund oder freie Kündigung) um ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis, weil hiervon im Hinblick auf § 8 Nr.3 VOB/B einerseits und auf §§ 8 Nr.1 VOB/B, 649 BGB andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen abhängen ( BGH, Urteil vom 7.3.2013 – VII ZR 223/11).
Die in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2016 erfolgte Änderung des Antrags der Klägerin, die zum Entfallen des ursprünglich in Klammern gestellten Zusatzes „Kündigung durch den Auftraggeber gem. § 9 VOB/B“ führte, war lediglich eine Präzisierung in der Formulierung und damit als bloße Klarstellung nicht als Klageänderung anzusehen und ohne weiteres zulässig. Ob eine bestimmte Rechtsnorm tatbestandlich erfüllt ist, wäre zwar als bloße abstrakte Rechtsfrage nicht feststellungsfähig. Richtigerweise war der Antrag allerdings schon durch das Landgericht dahingehend ausgelegt worden, dass über die genannte Norm hinaus allgemein die rechtliche Qualifikation der Kündigung in Rede steht. Dahingehend wurde der Antrag von der Klägerin dann in der Berufungsverhandlung konkretisiert.
In der Sache hat nach alldem eine Prüfung der Kündigung vom 16.07.2007 an den vertraglichen Bestimmungen des Generalunternehmervertrags, den Regelungen der VOB/B sowie den allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu erfolgen. Danach ergibt sich, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung nicht vorlag und auch die formellen Kündigungsvoraussetzungen nicht vorlagen.
b) Das Feststellungsinteresse ist gegeben.
Ein solches liegt lediglich dann vor, wenn die begehrte Feststellung sich auf einen Gegenstand bezieht, der über den der Rechtskraft fähigen Gegenstand des Rechtsstreits hinausgeht. Daran fehlt es, wenn mit dem Urteil über den Hauptantrag die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden oder aber dieser völlig unabhängig von der begehrten Feststellung zu beantworten ist ( BGH, Urteil vom 28.9.2006 – VII ZR 247/05; Zöller / Greger, a.a.O. § 256 Rdn.26). Dieser Ausgangspunkt ist von der Rechtsprechung in zweifacher Hinsicht aufgebrochen worden. Zunächst ist eine Zwischenfeststellungsklage auch dann für zulässig gehalten worden, wenn mit der Hauptklage mehrere selbstständige Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis verfolgt werden, und zwar auch dann, wenn diese in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus diesem Rechtsverhältnis überhaupt ergeben können ( RGZ 144, 59; RGZ 170, 328, 330). Eine weitere Ausdehnung hat der Bundesgerichtshof sodann für die Situation von Klage und Widerklage vorgenommen. Eine Zwischenfeststellungsklage soll danach auch dann zulässig sein, wenn die Parteien nicht mit der Hauptklage, sondern mit Klage und Widerklage in einer Gesamtschau mehrere selbstständige Ansprüche verfolgen, für die das streitige Rechtsverhältnis vorgreiflich ist, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus dem Rechtsverhältnis überhaupt ergeben können (BGH, Urteil vom 07.03.2013, a.a.O., Rn. 19, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 13.10.1967 – V ZR 83/66; BGH, Urteil vom 02.03.1979 – V ZR 102/76). Zwar war in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.03.2013 die Rechtsnatur der Kündigung sowohl für die Klage bzw. die mit der Klage geltend gemachten mehreren Ansprüche als auch für die Widerklage vorgreiflich, was im vorliegenden Fall im Hinblick auf den Zahlungsantrag der Widerklage wie bereits gezeigt nur hinsichtlich der Schadensersatzpositionen zutrifft. Die Widerklage ist allerdings auch im vorliegenden Fall zulässig. Dies deshalb, weil es sich bei den Leistungsanträgen in Klage und Widerklage wie oben bereits ausgeführt um Abrechnungsguthaben aus demselben Rechtsverhältnis handelt. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 07.03.2013 (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 223/11, Rn. 20, zitiert nach juris) darauf hingewiesen, dass die Gefahr der Widersprüchlichkeit einer Teilentscheidung gerade dadurch beseitigt werden kann, dass über eine für Klage und Widerklage vorgreifliche Vorfrage ein Zwischenfeststellungs-Urteil gemäß § 256 Abs. 2 ZPO ergeht. Wenn man oben die insolvenzrechtliche Unmöglichkeit, den gesamten aus Klage und Widerklageanspruch bestehenden Rechtsstreit aufzunehmen, für den Erlass eines Teil-Urteils für ausreichend ansieht, ergibt sich für das Feststellungsinteresse entsprechendes. Es ist ausreichend, dass der Feststellungsantrag der Widerklage für die klageweise geltend gemachten Ansprüche und den Schadensersatzteil der Beklagtenansprüche vorgreiflich ist und deren Bestand wiederum, quasi indirekt, den Bestand der mit der Widerklage geltend gemachten Werklohnforderung bestimmt.
B.
Die Berufung der Klägerin ist in der Sache erfolgreich. Die Kündigung vom 16.7.2007 ist nicht rechtmäßig.
1)
§ 14 GUV enthält keine abschließende, die übrigen Kündigungsbestimmungen der VOB/B und des BGB verdrängende oder ausschließende Regelung. Vielmehr beschränkt sich der Regelungsgehalt des § 14 Abs. 1 GUV darauf, eine Kündigung ohne wichtigen Grund und damit eine Auftragsentziehung nach § 649 BGB, § 8 Nr.1 VOB/B auszuschließen. § 14 Abs. 2 und Abs. 3 GUV sind inhaltlich und sprachlich offen gefasst. In inhaltlicher Hinsicht sind beispielsweise diejenigen Gründe, die als „wichtiger Grund“ im Sinne von § 14 Abs. 1 GUV gelten sollen, in § 14 Abs. 2 GUV nicht abschließend geregelt („ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn…“). Sodann verweist § 14 Abs. 3 GUV an mehreren Stellen auf jenseits des Generalunternehmervertrages geltende Regelungen. Wenn es beispielsweise in § 14 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. GUV heißt: „Sonstige Schadensersatzansprüche bleiben unberührt“, so sind diese in Bezug genommenen Ansprüche ersichtlich nicht im Generalunternehmervertrag, sondern in den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen oder der VOB/B geregelt. Außerdem verweist § 14 Abs. 3 Satz 3 GUV ausdrücklich auf die dann geltenden „gesetzlichen Regelungen“. Für die Frage, welche Anforderungen an den Kündigungsgrund zu stellen sind ( unten a) und für die formellen Voraussetzungen der Kündigung ( unten b) bleiben neben § 14 GUV sowohl die Bestimmungen der VOB/B als auch diejenigen des BGB anwendbar.
Ob es sich bei § 14 GUV um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt, kann hierbei dahinstehen. Für die Kündigungsvoraussetzungen kommt dieser Frage keine relevante Bedeutung zu. Keine der Parteien macht im Übrigen die Unwirksamkeit der Bestimmung geltend.
2)
Die Kündigungstatbestände der §§ 8 und 9 VOB/B sind nicht abschließend (Kapellmann/Messerschmidt, VOB Teile A und B, 5. Aufl., 2015, VOB/B § 9 Rn. 43; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 13. Aufl., 2002, Einführung zu VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 5 und 6). Vielmehr kann, abgesehen von den bereits in den §§ 8 und 9 VOB/B geregelten Fällen, sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer den Bauvertrag kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, §§ 241, 280 BGB (ständige Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 21.03.1974 – VII ZR 139/71; BGH, BauR 1996, 704). Voraussetzung dieses Kündigungsrechts wegen Pflichtverletzung ist hierbei eine schwere Vertragsverletzung (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zu VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 11). Daneben ist auch die Kündigung aus wichtigem Grund für Bauverträge von längerer Dauer entsprechend § 314 BGB zulässig. Die Regelungen der §§ 313 ff. BGB geben einen inzwischen gewohnheitsrechtlich anerkannten, allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, dass Dauerschuldverhältnisse auch ohne ausdrückliche spezialgesetzliche oder vertragliche Regelung immer aus wichtigem Grund außerordentlich kündbar sind. Diese Regelungen gelten neben den Bestimmungen der VOB/B (h.M.: Kniffka/Koeble, a.a.O., 8. Teil Rn. 33 und 34; Werner/Pastor, a.a.O. Rn. 1773; Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., VOB/B § 9 Rn. 1; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., vor VOB/B §§ 8 und 9, Rn. 13, 15). Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist hierbei zulässig, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien durch das Verhalten eines Vertragspartners so empfindlich gestört ist, dass die Erreichung des Vertragszwecks konkret gefährdet wird und der anderen Vertragspartei die Fortsetzung des Vertrages nach Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der gegenseitigen Interessen nicht mehr zuzumuten ist. Eines schuldhaften Verhaltens bedarf es hierbei nicht, das Verschulden ist lediglich ein Gesichtspunkt innerhalb der Zumutbarkeitsbewertung.
Sowohl das Kündigungsrecht wegen schwerer Vertragspflichtverletzung gemäß §§ 241 Abs. 2, 280 BGB als auch die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB erfordern, dass zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ein schwerwiegender absoluter Vertrauensverlust bzw. eine Vertragszielgefährdung entstanden ist, deren Verursachung im Falle einer Kündigung durch den Auftragnehmer zulasten des Auftraggebers geht und aus dessen Verantwortungsbereich stammt, sodass dem Auftragnehmer nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten. Im Falle der schweren Vertragspflichtverletzung ist ein Verschulden des Kündigungsgegners erforderlich, während eine Kündigung aus wichtigem Grund nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen bzw. § 314 BGB ein Verschulden des Kündigungsgegners grundsätzlich nicht voraussetzt, sondern dieses Verschulden lediglich einer der im Rahmen der Zumutbarkeitsbewertung zu berücksichtigenden Umstände ist (BGH, Urteil vom 10.03.1976 – VIII ZR 268/74; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., VOB/B § 9 Rn. 5).
3)
Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz (beispielhaft zum Ausdruck gekommen in den §§ 326 Abs. 1, 553, 314 Abs. 2 BGB), dass eine Loslösung vom Vertrag insbesondere wenn es sich um ein langfristiges Dauerschuldverhältnis oder einen sonstigen auf Dauer angelegten Vertrag handelt, grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 10.03.1976 – VIII ZR 268/74, Rn. 8, zitiert nach juris; Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zu VOB/B, § 8 und 9 Rn. 11).
In Rechtsprechung und Literatur ist es darüber hinaus anerkannt, dass es einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung ausnahmsweise dann nicht bedarf, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vornherein keinen Erfolg verspricht (BGH, Urteil vom 08.03.2012 – VII ZR 118/10, dort unter Hinweis auf §§ 323 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 BGB), da dann eine solche Abmahnung nur noch bloße Förmelei wäre. Zum anderen ist die vorherige Kündigungsandrohung bzw. Abmahnung auch dann für entbehrlich gehalten worden, wenn sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, noch weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten, noch weiteren Zeitspanne abzuwarten (BGH, Urteil vom 23.05.1996 – VII ZR 140/95). Dazu ist Voraussetzung, dass der Kündigungsgegner schwerwiegend und schuldhaft gegen seine vertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat, so dass die dem Bauvertrag innenwohnende und für seine Durchführung erforderliche Vertrauensgrundlage so nachhaltig erschüttert ist, dass den Interessen des Kündigenden nur durch eine sofortige Loslösung vom Vertrag angemessen genügt ist. Dabei muss ein objektiver Betrachter bei verständiger Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis kommen, dass es dem Kündigenden schlechthin nicht mehr anzusinnen ist, noch länger am Vertrag festzuhalten, weil bereits zum jetzigen Zeitpunkt die vertragliche Vertrauensgrundlage derart schwer erschüttert ist, dass sie auch durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt und dem Kündigenden ein weiteres Zuwarten nicht zugemutet werden kann (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung zur VOB/B, §§ 8 und 9, Rn. 11).
Diese allgemeinen Vorgaben haben durch § 14 GUV keine abweichende Regelung erfahren. Auch für das streitgegenständliche Vertragsverhältnis ist damit eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ohne vorherige Abmahnung nur unter den o.g. Ausnahmefällen zulässig.
Außerdem bedarf es einer hinreichenden zeitlichen Nähe zwischen Kündigungsgrund und Kündigungserklärung. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist der Zeitpunkt der Kündigungserklärung (Werner/Pastor, a.a.O., Rn. 1780). Darüber hinaus muss die Kündigung innerhalb angemessener Frist erfolgen, nachdem der Kündigende vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, § 314 Abs. 3 BGB. Das hat seinen Grund zum einen darin, dass der andere Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht werde, zum anderen gibt der Kündigungsberechtigte mit einem längeren Zuwarten zu erkennen, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz Vorliegens eines Kündigungsgrundes nicht unzumutbar ist. Ein nach Kenntniserlangung vom Kündigungsgrund erfolgendes, längeres Zuwarten durch den Kündigenden kann daher dazu führen, dass eine erst später erfolgende Kündigung verwirkt ist (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., Einführung vor VOB/B, §§ 8 und 9 Rn. 29). Feste Fristen, innerhalb welcher die Kündigungserklärung spätestens zu erfolgen hat, gibt es nicht. Dies ist je nach den gegebenen Umständen anhand der Art des Vertragsverhältnisses im Einzelfall zu bestimmen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 314 Rn. 10).
Abschließend bleibt festzuhalten, dass auch vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelung zwischen den Parteien eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB möglich ist, eine Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis einer vorherigen Abmahnung jedoch nur unter den im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen aufgestellten Grundsätze ausnahmsweise zulässig ist und außerdem die Kündigungserklärung innerhalb angemessener Frist nach Entstehung des Kündigungsgrundes und Kenntniserlangung durch den Kündigenden möglich ist.
4)
Diesen Anforderungen genügt die Kündigung der Gemeinschuldnerin vom 16.7.2007 nicht. Sie war nicht rechtmäßig.
a)
Eine Abmahnung bzw. Kündigungsandrohung hat die Gemeinschuldnerin unstreitig zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen, sondern lediglich Arbeitseinstellungen angekündigt. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die eine Abmahnung oder Kündigungsandrohung im vorliegenden Fall entbehrlich werden ließen. Schon vor diesem Hintergrund ist die fristlose Kündigung der Insolvenzschuldnerin unwirksam.
b)
Außerdem fehlt es im relevanten zeitlichen Vorfeld der Kündigungserklärung vom 16.7.2007 an einem zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund.
In der Kündigung vom 16.07.2007 werden unter Ziff. 1 – 79 einzelne Kündigungsgründe aufgelistet. Abgesehen davon, dass die einzelnen Nummern häufig gar keinen konkreten Pflichtverstoß der Klägerin enthalten, sondern insgesamt eher eine Ablaufschilderung der Vertragsbeziehungen aus Sicht der Gemeinschuldnerin darstellen, würde, nähme man jede Einzelziffer als einzelnen Kündigungsgrund, die Rechtmäßigkeit einer Kündigung wegen derjenigen „Gründe“, die sich im Jahr 2006 und auch noch bis ins Frühjahr 2007 hinein abgespielt haben, bereits am Erfordernis der zeitlichen Nähe zwischen Entstehung des Kündigungsgrunds und Kündigungserklärung scheitern.
Auch die Gemeinschuldnerin selbst geht nicht davon aus, dass jeder einzelne der in 79 Ziffern aufgelisteten Vorgänge für sich genommen einen zur Kündigung berechtigenden Grund darstellt. Vielmehr versteht sie ihre Kündigung vom 16.07.2007 so, dass nach Anhäufung der genannten 79 Einzelvorgänge in Summe betrachtet das Vertragsverhältnis endgültig und nachhaltig so schwerwiegend zerrüttet und die Vertrauensgrundlage so elementar zerstört war, dass zum Kündigungszeitpunkt – und erst dann – eine sofortige Loslösung vom Vertrag, auch ohne vorherige Abmahnung, zulässig war.
Grundsätzlich ist es zulässig, einen Kündigungsgrund aus der Gesamtheit mehrerer Einzelvorgänge abzuleiten. Dann kommt es nicht darauf an, ob jeder einzelne Grund für sich genommen bereits eine Kündigung rechtfertigen würde, vielmehr ist bei der Bewertung der Unzumutbarkeit auf die Gesamtsumme der Umstände abzustellen. Außerdem ist das Erfordernis, in angemessener zeitlicher Nähe zum Auftreten des Kündigungsgrundes die Kündigung erklären zu müssen, dann ab demjenigen „Letztauslöser“-Vorgang zu bemessen, welcher die Grenzüberschreitung von der Zumutbarkeit zur Unzumutbarkeit kennzeichnet. Es ist allerdings auch dann erforderlich, dass zumindest kurz vor dem Ausspruch der Kündigung ein deutlicher Auslöser i.S. eines nicht notwendig schulhaften, aber doch objektiv gravierenden Fehlverhaltens der Klägerin feststellbar ist, durch den in Zusammenschau mit den vorangegangenen Faktoren die Zumutbarkeitsschwelle – dann erst – endgültig überschritten ist und zwar derart deutlich, dass es auch einer hier ja fehlenden Abmahnung nicht mehr bedurfte, sondern die Gemeinschuldnerin berechtigt war, wegen dieses „Letztverstoßes“ sofort zu kündigen. Hieran fehlt es im Ergebnis jedoch.
aa)
Aus den letzten Abschlagsrechnungen vor Kündigungsausspruch ( Abschlagsrechnungen Nr. 14 vom 12.6.2007 über 262.301,77 € und Nr. 15 vom 19.6.2007 über 99.000,00 €) stand im Kündigungszeitpunkt kein einredefreier, berechtigter Forderungsteil mehr offen, dessen Zahlung die Klägerin zu Unrecht verweigert hätte.
Voraussetzung für die Fälligkeit von Abschlagszahlungen ist u.a., dass die vereinbarten Leistungen gemäß Zahlungsplan in § 13 GUV erbracht sind und die Abschlagsrechnungen prüfbar sind. An letztgenannter Voraussetzung scheitert die Fälligkeit jedenfalls nicht, da die Klägerin eine etwa fehlende Prüffähigkeit nicht gerügt hat. Ob Abschlagsforderungen fällig waren, richtet sich nach § 13 des Vertrags und dem Zahlungsplan für die Abschlagszahlungen.
Zwar wurde mit der 14. und 15. Abschlagsrechnung nicht die 14. und 15. Abschlagszahlung gemäß dem Zahlungsplan aus § 13 GUV geltend gemacht, sondern verschiedene, nicht nach dem Zahlungsplan geordnete Abschlagsforderungen. Nach Zahlung von 214.463,15 € waren aus der 15. Abschlagsrechnung von hinten her gerechnet die letzten Positionen bis zur Position 0.00.170 (Fenstermontage …) nicht und die Position „Rohinstallation Heizung“ nur teilweise bezahlt.
Auf die Abschlagsforderung aus den beiden Rechnungen i. H. von insgesamt 361.301,77 € hatte die Klägerin bis zur Kündigungserklärung unstreitig unter Vorbehalt 214.463,15 € bezahlt, so dass noch 146.838,62 € offen waren.
Grundsätzlich kann zwar die unberechtigte Verweigerung der Bezahlung von Abschlagsrechnungen einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen (BGH, Urteil vom 16.12 1999, Az. VII ZR 392/96 BauR 2000, Seite 592 juris Rn. 19; Urteil vom 19.2.1998, Az. VII ZR 207/96, BauR 1998, Seite 866 juris Rn. 9; Urteil vom 29.6.1989, Az. VII ZR 330/87 BauR 1989,626 juris Rn. 13). Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Klägerin, die ohne Fristsetzung und Abmahnung zu einer Kündigung hätte berechtigen können, lag jedoch nicht vor.
(1)
Der Beklagte hat eingeräumt, dass die geschuldete Wärmerückgewinnungsanlage nicht erbracht wurde. Die Wärmerückgewinnungsanlage war unstreitig vertraglich vereinbart. Die Wärmerückgewinnungsanlage wurde von der Insolvenzschuldnerin gemäß der Position 01.48.007 der Schlussrechnung der Lüftungsinstallation zugeordnet. Diese war daher zum Zeitpunkt der 15. Abschlagsrechnung noch nicht vollständig erbracht, so dass die in Rechnung gestellte Abschlagsforderung für die Rohinstallation Lüftung i.H.v. 81.000 € netto, bei 19% Umsatzsteuer also 96.390 € brutto, noch nicht fällig war. Diese Rate war auch noch nicht vor Fälligkeit von der Klägerin mit vorangegangenen Abschlagszahlungen beglichen, weil die Position 0.00.190 Rohinstallation Lüftung zu den letzten, von den vorherigen Zahlungen nicht abgedeckten Positionen der 15. Abschlagsrechnung gehört.
(2)
Die Gemeinschuldnerin schuldete den Einbau eines Heizkessels, allerdings war der gelieferte und eingebaute Kessel unstreitig mangelhaft und ungeeignet, weshalb ihn die Gemeinschuldnerin unter Position 01.49.277 ihrer Schlussrechnung ( dort S. 37) nicht in Rechnung stellte. Dahinstehen kann hierbei, ob sich das vom Beklagten selbst eingeräumte und der Klägerin zugestandene Zurückbehaltungsrecht wegen unbenannter, verschiedener Mängel im Wert von insg. 20.000,00 € i. H. der im Schreiben vom 9.7.2007 ( Anlage B 78) zugestandenen 60.000,00 € zumindest auch auf den Heizkessel bezog, oder aber letzterer wie in der Schlussrechnung kalkulatorisch ausgewiesen nur mit 13.229,45 € netto, also incl. Umsatzsteuer i.H. von 19 % mit 15.743,05 € anzusetzen ist und damit zu einem Zurückbehaltungsrecht in Höhe des dreifachen (§ 320 BGB i.V.m. § 641 Abs. 3 BGB a. F. analog; vergleiche BGH NJW 2012, 56 juris Rn. 10 und 14) des Werts der Anlage, also i.H. von 47.229,14 € führt. Selbst wenn man, um eine Doppelbewertung des mangelhaften Heizkessels zu vermeiden, nur den letztgenannten Betrag und daneben aus dem Schreiben vom 9.7.2007 ( Anlage B 78) kein weiteres Zurückbehaltungsrecht ansetzt, verbleibt danach zunächst ein fälliger Restbetrag aus beiden Abschlagsrechnungen von nur noch 3.219,48.
(3)
Hinzu kommt ein weiteres Zurückbehaltungsrecht der Klägerin wegen des fehlenden Hausanschlusses an das Stromnetz. Die Klägerin hat moniert, die Hausanschlüsse seien noch nicht vollständig hergestellt, da ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz fehle und die Sicherungsanlagen noch nicht hergestellt seien, dies betreffe die fehlende Fertigstellung der Rohinstallation Elektro – Heizung und Sanitär. Hierzu hat der Beklagte (Bl. 758 ff. d.A.) ausgeführt, diese Leistungen nicht zu schulden, da sie gemäß § 3, Ziff. 3.1.2 GUV als Leistungen der Klägerin oblegen hätten. Dieser Hinweis geht fehl. In § 3 Ziff. 3.1.2 GUV ist als Leistung der Klägerin aufgeführt: „Hausanschlusskosten und Gebühren an öffentliche Versorger wie z.B. Stadtwerke, EVU, Telekom“. Diese Regelung betrifft die Zahlung von Kosten und Gebühren, wie sich dort unmissverständlich findet. Die Vertragsbestimmung hat nichts mit der Erbringung der entsprechenden Werkleistungen zu tun. Diese oblagen der Gemeinschuldnerin. Dass diese Leistungen fehlen und im Übrigen inhaltlich zu der bis zur Abschlagszahlung 14 und 15 an sich zu erbringenden Rohinstallation gehören, stellt der Beklagte nicht in Abrede (Bl. 758 d.A.). Der Wert dieser Leistung war zunächst offen, weshalb ihn das Landgericht ohne Grundlage auf 10.000,00 € geschätzt hat. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien nunmehr diesen Betrag unstreitig gestellt. Der Klägerin, die die Summe sogar für zu niedrig hielt, hat der Beklagte nicht widersprochen, so dass zugunsten des Beklagten und insoweit übereinstimmend von 10.000,00 € ausgegangen werden kann. Hieraus ergibt sich ein weiteres Zurückbehaltungsrecht i. H. des dreifachen Wertes des Hausanschlusses, so dass insgesamt nach Zahlung von 214.463,15 € kein fälliger, einredefreier Restbetrag aus den Abschlagsrechnungen vom 12. und 19.6.2007 mehr offen war.
Selbst ohne Ansatz des sich auf den Hausanschluss Strom beziehenden Zurückbehaltungsrechtes wäre ein Restbetrag von lediglich 3.219,48 € offen gestanden und fällig gewesen, wegen dessen Nichtzahlung eine Kündigung aus wichtigem Grund jedenfalls unverhältnismäßig gewesen wäre. Dies umso mehr, als zwischen den Parteien im Hinblick auf den nicht bezahlten Rest Meinungsunterschiede im Hinblick auf den erreichten Leistungsstand und die Mangelfreiheit bestanden. Vor diesem Hintergrund war nicht ausgeschlossen, dass bei einer Kündigungsandrohung die Klägerin über die bereits erfolgte Zahlung hinaus leistungsbereit gewesen wäre. In Bauverträgen als Langzeitschuldverhältnis gilt, insbesondere wenn die VOB/B einbezogen ist, das Kooperationsgebot. Unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien bestehenden Kooperationspflichten war die Insolvenzschuldnerin gehalten, sich angesichts der bezüglich der Fälligkeit der Restsumme bestehenden Differenzen zunächst um eine einvernehmliche Beilegung des noch bestehenden Konflikts zu bemühen und durfte nicht – erst recht nicht ohne vorherige Abmahnung – fristlos kündigen (BGH Urteil vom 10.5.2007, Az. VII ZR 226/05 BauR 2007, Seite 1404, juris Rn. 27). Es ist nicht vorgetragen und nicht festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin sich ausreichend um eine gemeinsame Bestandsaufnahme der erbrachten Leistungen bemüht hätte, um die Differenzen im Hinblick auf den erbrachten Leistungsstand und die Fälligkeit von Abschlagszahlungen nach dem Ratenplan auszuräumen.
(4)
Ob darüber hinaus die Solaranlage, wie die Klägerin meint, für die Fälligkeit der Abschlagszahlungen (ab) der Rate 13 geschuldet war und damit eingebaut sein musste, kann dahinstehen. Auch auf den weiteren Einwand der Klägerin, die Zargenmontage insbesondere im Küchenbereich und die Innenputzarbeiten, sowie insgesamt die Rohinstallation sei nicht fertiggestellt gewesen, kommt es nicht an.
(5)
Soweit sich der Beklagte außerdem darauf beruft, zum Zeitpunkt der Abschlagsrechnungen 14 und 15 seien 361.301,77 €, aus Nachtragsleistungen 240.000 € und aus sonstigen erbrachten Leistungen 500.000 € erbracht worden, ergibt dies zum einen keine offene Zahlungspflicht der Klägerin von 1,2 Millionen € und steht im Übrigen nicht im Einklang mit dem vertraglich vereinbarten Zahlungsplan unter § 13 GUV. Nur aus diesem Zahlungsplan wurden Abschlagsrechnungen gestellt.
(6)
Im Zusammenhang mit den Vorgängen nach Übersendung der Abschlagsrechnungen Nr. 14 und 15 wirft der Beklagte der Klägerin außerdem vor, unberechtigte Schadensersatzforderungen wegen Bauzeitverlängerung angekündigt zu haben ( so z. B. mit Schreiben der Klägerin vom 29.6.2007 ( K 266 = B 77). Dies bezieht sich auf die zwischen den Parteien streitige Frage, wer die unstreitig tatsächlich eingetretene Bauzeitüberschreitung verursacht und verschuldet hat. Hier zu Unrecht Schadensersatz anzudrohen, wurde, wie der Beklagte selbst vorträgt, von der Gemeinschuldnerin im Verlauf des zurückliegenden Vertragsverhältnisses bereits mehrfach der Klägerin vorgeworfen (Vortrag des Beklagten auf Bl. 274 d.A.). Weder die diesbezügliche Ankündigung von Schadensersatzansprüchen durch die Klägerin ( beispielhaft: Mahnung mit Nachfristsetzung und Ankündigung rechtlicher Konsequenzen wegen verspäteter Planungsleistungen der Gemeinschuldnerin, Schreiben vom 8.12.2006, (K 43; insb. K 47; Ankündigung von Schadensersatzansprüchen mit Schreiben vom 4.12.2006, K 90), noch die streitige Bewertung der verursachten Bauzeitverlängerung war damit im Kündigungszeitpunkt für die Gemeinschuldnerin neu. Wegen des Erfordernisses eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen behauptetem Kündigungsgrund und Kündigungserklärung vermag dieser Gesichtspunkt keine Kündigung gerade zum 16.07.2007 zu rechtfertigen. Bauzeitverzögerungen durch angeblich fehlende Mitwirkungspflichten der Klägerin moniert die Gemeinschuldnerin schon seit Vertragsbeginn (beispielhaft die Behinderungsanzeige vom 20.7.2006, B 9).
bb)
Auch aus den Vorgängen in den Monaten Mai und Juni 2007, aus denen die Beklagte die Kündigungsgründe Ziff. 67 – 77 des Schreibens vom 16.7.2007 ableitet, ergibt sich kein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund.
Inhaltlich beziehen sich diese Kündigungsgründe auf folgende Themenkomplexe: Ausführung der Wandoberflächen; Qualität der Produkte auf der Bemusterungsliste „Elektroinstallationen“, und Fliesen; Solaranlage; Befahrbarkeit der Lichtschächte; Außenentwässerung nicht an den vorhandenen Grundstücksanschluss angeschlossen.
(1) Tapeten / Putz:
Zur Frage, ob die Wände mit Tapeten oder Putz versehen werden sollen, auf dem nur ein Anstrich aufzubringen ist, wird zwischen den Parteien bereits seit Anfang Mai 2007 kontrovers korrespondiert. Die Gemeinschuldnerin brachte am 08.05.2007 eine Behinderungsanzeige an, weil ihr angeblich die Angaben über die Art der Tapete fehlten. Eine weitere Behinderungsanzeige der Gemeinschuldnerin datiert diesbezüglich vom 23.05.2007 (B 159, B 253). Die Parteien streiten darüber, ob die Behinderungsanzeigen der Gemeinschuldnerin unberechtigt waren. Der Beklagte leitet aus der Zurückweisung dieser Behinderungsanzeigen durch die Klägerin ein Kündigungsgrund-Element ab. Die Frage, ob Behinderungsanzeigen zu Recht erfolgt sind, hat unmittelbare rechtliche Bedeutung für die in § 6 VOB/B vorgesehenen Rechtsfolgen, insbesondere § 6 Nr. 6 VOB/B und das Kündigungsrecht aus § 6 Nr. 7 VOB/B. Eine speziellere und damit vorrangige Kündigung aufgrund dieser Vorschriften ist nicht erfolgt. Über das allgemeine Kündigungsrecht aus wichtigem Grund dürfen die Kündigungsgründe der VOB/B nicht ausgehebelt werden. Außerdem hat die Gemeinschuldnerin trotz der genannten Behinderungsanzeigen ihre Bautätigkeit – jedenfalls insgesamt – noch 2,5 Monate weitergeführt. Selbst unterstellt, die genannten Behinderungsanzeigen wegen der Tapeten/Putz-Problematik vom 08. und 23.05.2007 wären von der Gemeinschuldnerin zu Recht erfolgt, so kann sie aus dem von der Klägerin hierzu eingenommenen, ggf. unzutreffenden Rechtsstandpunkt kein Element für eine 7 Wochen später erfolgende fristlose Kündigung ableiten.
(2) Solaranlage:
Auch diese Frage war bereits seit Anfang Mai 2007 zwischen den Parteien streitig. Die Gemeinschuldnerin hat für ihre am 16.7.2007 erklärte fristlose Kündigung das Recht verwirkt, sich kündigungsbegründend noch auf diesen Vorgang zu beziehen.
(3) Anschließbarkeit der Außenentwässerung an die vorhandene Grundstücksleitung:
Diesbezüglich hat die Gemeinschuldnerin am 29.06.2007 ( B 26) eine Behinderungsanzeige angebracht ( Bl. 270 d. A.), aus deren Zurückweisung durch die Klägerin am 02.07.2007 die Gemeinschuldnerin den Kündigungsgrund Nr. 77 ableitet. Insoweit gilt das oben zu den aus angeblich unberechtigten Behinderungsanzeigen ableitbaren Rechtsfolgen Gesagte entsprechend. Auch hier will der Beklagte aus der Behinderungsanzeige vom 29.06.2007 nicht die in § 6 VOB/B vorgesehenen Rechte ableiten. Über die dort vorgesehenen Rechtsfolgen hinaus kommt jedoch dem Behinderungs- bzw. Unterbrechungstatbestand im VOB/B-Vertrag keine Bedeutung zu. Selbst wenn insoweit der Rechtsstandpunkt des Beklagten zutreffen sollte und die Anschlussproblematik auf einen Planungsfehler der Klägerin zurückgegangen wäre, lässt sich aus der Tatsache, dass die Klägerin – möglicherweise unberechtigt – eigene Planungsfehler auf die Gemeinschuldnerin verlagert und Behinderungsanzeigen in diesem Zusammenhang – möglicherweise zu Unrecht – zurückweist, kein Kündigungselement ableiten. Die VOB/B kennt keine Rechtsfolgen für zu Unrecht zurückgewiesene Behinderungsanzeigen, insbesondere nicht diejenige des Rechts zur außerordentlichen fristlosen Kündigung.
(4) Qualität der von der Gemeinschuldnerin in die Bemusterungslisten aufgenommenen Produkte, insbesondere Fliesen bzw. Elektroinstallationselemente:
Diese Problematik ist ebenfalls bereits seit 08.05.2007 zwischen den Parteien virulent. Erneut aufgegriffen wurde die Fliesenbewertungsfrage in dem gemeinsamen Baustellengespräch vom 10.05.2007, über welches die Klägerin am 14.05.2007 ein Protokoll angefertigt hat (Anl. B 153). In dem Protokoll ist auf S. 2 unter Ziff. 2 die Fliesenproblematik thematisiert. Der dort von der Klägerin eingenommene Rechtsstandpunkt, wonach sie die ihr von der Betreiberin des … angekündigten Minderungen bzw. Minderungsbeträge wegen der Fliesen an die Gemeinschuldnerin weiterreichen werde, erscheint bereits nicht schuldhaft vertragswidrig und stellt jedenfalls keine gravierende Pflichtverletzung dar. Auseinandersetzungen um die Qualität der Arbeiten machen ein Festhalten am Vertrag nicht unzumutbar; ggf. muss nach Errichtung des Gebäudes gerichtlich geklärt werden, wer welche Ansprüche hat. Davon abgesehen wird die Gemeinschuldnerin jedoch aus Mitte Mai diskutierten Meinungsverschiedenheiten keinen Grund für eine fristlose Kündigung Mitte Juli 2007 ableiten können.
(5) Befahrbarkeit der Lichtschächte:
In der Baubeschreibung (Nr. 15, Anlage K 135b, dort S. 4, Ziff. 5 „Außenanlage“) findet sich keine Aussage zu dem Detailproblem, ob im Außenbereich angebrachte Lichtschächte überfahrbar ausgestaltet werden müssen oder nicht. Eine weitere Baubeschreibung für die Außenanlagen findet sich in Nr. 14 der Anlagen zum Generalunternehmervertrag (K 135b Nr. 14). Dort wird hinsichtlich der Gestaltung der Außenanlagen auf ein Parallelbauvorhaben in Gaggenau durch Lichtbilddokumentation unter Verweis auf die dortige Leistungsbeschreibung Bezug genommen. Dieser „Leistungsbeschreibung Außenanlage Bauvorhaben …“ kann ebenfalls keine Festlegung bzgl. der Ausführungsqualität von Lichtschächten entnommen werden. Der Beklagte ist der Meinung, die Forderung nach einer Überfahrbarkeit stelle eine Änderungsanordnung der Klägerin dar. Das Verlangen der Klägerin, die Überfahrbarkeit ohne Mehrkosten herzustellen, sei vertragswidrig, die Androhung einer Abnahmeverweigerung für den Fall, dass die Lichtschächte nicht befahrbar ausgestaltet würden, komme einer Nötigung gleich. Die Klägerin hingegen bestreitet eine Änderungsanordnung und sieht die Gemeinschuldnerin bereits auf der vertraglichen Grundlage für verpflichtet an, Zufahrtswege in funktionstauglichem und betriebsbereitem Zustand herzustellen, wozu auch die Gewährleistung der Befahrbarkeit von in diesem Bereich befindlichen Lichtschächten gehöre. Deshalb hält sie Mehrkosten nicht für gerechtfertigt und sieht im Hinweis auf die Herstellung von Befahrbarkeit einen Verweis auf das ohnehin geschuldete Leistungssoll. Diesen Standpunkt legt die Klägerin auch mit ihrem Schreiben vom 14.05.2007, in welchem die Gespräche der Verhandlung am 10.05.2007 aus Klägersicht zusammengefasst sind, nochmals dar (B 153, dort S. 4, Gliederungsziffer 7). Die Gemeinschuldnerin hatte diese Leistung nach alldem entweder aufgrund des Ursprungsvertrages oder aufgrund nachträglicher Anordnung zu erbringen. Letztlich geht es hier nur um die Vergütung nach § 2 Nr.5 oder Nr. 6 VOB/B. Im Übrigen schuldete die Klägerin ein funktionstaugliches Werk. Nachdem die Lichtschächte aufgrund der Gestaltung der Außenanlagen in Zufahrtsbereichen lagen, liegt es nahe, dass sie befahrbar auszugestalten waren. Eine entgegenstehende Planung ist nicht vorgelegt worden. Ein Kündigungsgrund bzw. ein Element eines solchen ergibt sich jedenfalls aus diesen Differenzen nicht. Auch in diesem Fall stellt sich über die inhaltliche Problematik hinaus das Problem der nicht zeitnah erfolgten Reaktion durch die Gemeinschuldnerin. Dass die Klägerin die von der Beklagten noch mit Schreiben vom 23.05.2007 angemeldeten Mehrkosten für den Umbau der Lichtschächte (Anlage B 162) angesichts des bereits in der Verhandlung vom 10.05.2007 (B 153) und im Schreiben vom 09.05.2007 (Anlage B 161) an den Tag gelegten Rechtsansicht nicht anerkennt, kann nicht 6 Wochen später als kündigungsauslösender Gesichtspunkt angeführt werden.
dd)
Die Argumentation unter Punkt 78 des Kündigungsschreibens, die Arbeiten seien viel weiter vorangeschritten und es gebe deshalb keinen Grund, eine Zahlung zu verweigern, ignoriert den vertraglich vereinbarten Zahlungsplan.
Insgesamt sind damit zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigende Gründe nicht gegeben.
C.
Die Berufung des Beklagten ist teilweise erfolgreich. Die Klage auf Zahlung von restlichem Werklohn und von Schadensersatz ist als derzeit unbegründet abzuweisen.
Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen ergibt sich kein fälliger Anspruch des Beklagten auf Zahlung von Werklohn und Schadensersatz gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 VOB/B, § 4 GUV und § 9 Nr.3 VOB/B, i.V.m. §§ 631, 280, 249 ff. BGB, § 10.1.1. Satz 1 GUV.
1)
In den Werkvertrag vom 02.06.2006 / 27.06.2006 (Anlage K 1) der Parteien über die schlüsselfertige und betriebsbereite Erstellung eines … in …, …, Flurstück Nr. 199, bestehend aus dem Neubau eines Pflegeheims ( Bauteile A und B) inklusive der Sanierung eines denkmalgeschützten sog. „ …“ wurde wirksam die VOB/B einbezogen ( § 2 GUV). Diese Einbeziehung bezieht sich auf die zum Vertragszeitpunkt gültige VOB 2002 (in Kraft seit 15.02.2003; künftig zitiert als: VOB/B). Die Nachfolgefassung der VOB/B 2006 trat erst am 01.11.2006, mithin nach dem vorliegenden Vertragsabschluss in Kraft.
Unabhängig vom Kündigungsgrund oder der Berechtigung der Gemeinschuldnerin zur außerordentlichen Kündigung hat der Unternehmer stets Anspruch auf Vergütung für die erbrachten Werkleistungen ( Kniffka/Koeble, a.a.O. 9.Teil, Rdn. 9 und 12). Die Wirkung einer Kündigung beschränkt sich auf die Zukunft, so dass der Anspruch auf Vergütung für die bereits erbrachten Werkleistungen sich aus § 631 BGB i. V. m. den jeweiligen Vertragsregelungen ergibt und durch die Kündigung nicht berührt wird ( BGH Urteil vom 10.5.1990 – VII ZR 45/89; BGH, Urteil vom 12.2.2003 – X ZR 62/01). Auch auf die Frage, ob die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 16.07.2007 (Anlage K 8; B 74) den Bauvertrag berechtigt außerordentlich gekündigt hat, oder ob die Kündigung der Klägerin vom 01.08.2007 (K 11) ihrerseits eine berechtigte außerordentliche Kündigung war, kommt es hier nicht an, da in beiden Fällen die inhaltlichen Prüfbarkeitsanforderungen an die Abrechnung der Vergütung für erbrachte Leistungen dieselben sind (BGH, Urteil vom 11.02.1999, VII ZR 91/98, juris).
Der Werklohn für erbrachte Leistungen wurde damit nach Abnahme des Werks und Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B fällig.
a)
Eine Abnahme fand zwischen den Parteien nicht statt. Ob die Leistungen der Gemeinschuldnerin abnahmefähig waren, ist streitig. Vorliegend kommt es jedoch für die Fälligkeit des Restwerklohnanspruchs der Gemeinschuldnerin auf die Abnahme nicht an, da ein Abrechnungsverhältnis vorliegt (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl. 2014, 5. Teil Rn. 213). Die Klägerin hat nach eigener Kündigung des Bauvertrags vom 01.08.2007 (K 11) das Bauvorhaben anderweitig fertigbauen und in diesem Zusammenhang auch die behaupteten Mängel im Wege der Selbstvornahme beheben lassen. Nacherfüllung wird nicht mehr verlangt (BGH, Urteil vom 10.10.2002, VII ZR 315/01; Senat, BauR 2011, 1824, 1826).
b)
Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B ist die Übergabe einer prüfbaren Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung auch bei vorzeitiger Beendigung des Bauvertrages ( Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15.Auflage 2015, Rn.1864).
Die Schlussrechnung wurde der Klägerin mit Anschreiben vom 3.8.2008 übersandt. Sie wurde dort unstreitig durch Gerichtsvollzieher am 26.3.2008 zugestellt ( Bl. 99 d. A.; B 37).
aa)
Die Klägerin hat die Prüffähigkeit der Schlussrechnung rechtzeitig gerügt und die Rüge ausreichend begründet.
(1)
Der Einwand der fehlenden Prüfbarkeit als Fälligkeitsvoraussetzung ist fristgebunden. Gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B muss die Rüge fehlender Prüffähigkeit innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung erhoben werden. Mit nicht innerhalb der Frist angebrachten Einwendungen gegen die Prüfbarkeit ist der Besteller im Hinblick auf die Fälligkeit der Forderung auf Werklohn ausgeschlossen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil Rn. 240).
Die Fristbindung dient der Beschleunigung der Abrechnung. Einerseits soll der Besteller angehalten werden, innerhalb angemessener Zeit die Rechnung zu überprüfen. Die dann erhobenen Einwände sollen den Auftragnehmer in die Lage versetzen, die vorgelegte Rechnung unter Berücksichtigung der Beanstandungen nachzubessern bzw. eine neue Rechnung vorzulegen. Hieraus resultieren bestimmte inhaltliche Anforderungen an die Prüfbarkeitsrüge. Die bloße, pauschal gehaltene Rüge, die Rechnung sei nicht prüffähig, genügt nicht, vielmehr müssen die Einwendungen, da sie den Auftragnehmer in die Lage versetzen sollen, die fehlenden Anforderungen an die Prüffähigkeit nachzuholen, die Teile der Rechnung und die Gründe konkret bezeichnen, die nach Auffassung des Auftraggebers zu dem Mangel fehlender Prüffähigkeit führen (BGH, Urteil vom 27.11.2003, VII ZR 288/02, BGHZ 157,118; BGH, Urteil vom 22.04.2010, VII ZR 48/07, BauR 2010,1249). Der Auftragnehmer muss in seiner Rüge substantiiert vortragen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen (Kniffka/Koeble, a.a.O., 5. Teil Rn. 240; Kniffka, Bauvertragsrecht, 2. Aufl. 2016, § 641 Rn. 113). Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Besteller wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen einzusteigen (BGH, Urteil vom 22.04.2010, a.a.O., Rn. 18, zitiert nach juris).
Die Klägerin hat die fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung mit Schreiben vom 11.04.2008 (B 38) gerügt. Dieses Schreiben ist am 14.04.2008 bei der Gemeinschuldnerin eingegangen. Die Schlussrechnung vom 03.03.2008 wurde der Klägerin durch Gerichtsvollzieher unstreitig am 26.03.2008 zugestellt. Die Prüffähigkeitsrüge ist damit rechtzeitig erhoben.
(2)
Die Rüge vom 11.04.2008 genügt den inhaltlichen Anforderungen.
Die Klägerin rügt darin zwar auch die die inhaltliche Richtigkeit von Rechnungspositionen betreffenden Gesichtspunkte, wie beispielsweise, dass vertraglich geschuldete Leistungen in der zugrunde gelegten Urkalkulation fehlten, dass die beigefügte „Urkalkulation“ keine Urkalkulation im eigentlichen Sinn sei und dass die angesetzten Einheitspreise falsch ermittelt seien. Die ansatzweise Auseinandersetzung mit inhaltlichen Kriterien erfolgt jedoch ausdrücklich zusätzlich („darüber hinaus“, „stichprobenartige Prüfung“, „Versuch einer Prüfung“) und ausdrücklich unter dem Vorbehalt der primär gerügten fehlenden Prüfbarkeit. Im Einzelnen werden folgende Prüfbarkeitsmängel konkret benannt:
– Die der Schlussrechnung beiliegenden Aufmaße seien nicht prüfbar, da Mengen und Leistungen örtlich nicht zuordenbar seien;
– die Mengenermittlung sei nicht nachvollziehbar und den vereinzelt beigelegten Plänen nicht zu entnehmen;
– die einzelnen Mengenermittlungen basierten lediglich auf einer Positionsendsumme, ohne dass der Rechenweg dargestellt sei, so dass der Rechenweg nicht nachvollziehbar sei;
– wesentliche Bestandteile und Nachweise bei den Aufmaßunterlagen fehlten, wie z.B. Baustofflieferscheine, Wiegescheine, Aufmaßpläne der Einzelgewerke, dies insbesondere beim Gewerk … und Stahllisten;
– ein detaillierter Nachweis der entstandenen Kosten der Baueinstellung, der Bauzeitverlängerung und der Baustellenberäumung fehle.
Insgesamt wird dem Auftragnehmer durch das Schreiben vom 11.04.2008 hinreichend verdeutlicht, dass die Auftraggeberin mit der vorgelegten Schlussrechnung nicht in der Lage bzw. nicht bereit ist, in eine sachliche Auseinandersetzung bzw. Prüfung der Rechnungspositionen einzutreten.
bb)
Der Klägerin ist die Berufung auf die fehlende Prüfbarkeit nicht nach Treu und Glauben verwehrt.
Selbst wenn die Rüge rechtzeitig und inhaltlich hinreichend substantiiert erhoben ist, kann sich die Rüge als rechtsmissbräuchlich darstellen. Ein Auftraggeber kann sich auf eine objektiv fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung nach Treu und Glauben dann nicht berufen, wenn er zur Beurteilung der geltend gemachten Forderung tatsächlich keiner weiteren Informationen mehr bedarf. Entscheidend ist, ob dem Kontroll- und Informationsinteresse des Auftraggebers im konkreten Fall durch den vorgegebenen Sachverhalt mit der Schlussrechnung ausreichend genüge getan ist ( dazu noch unten unter 4.e) bb)). Hierbei ist kein abstrakt-objektiver Maßstab zu Grunde zu legen. Die Prüffähigkeit ist kein Selbstzweck. Vielmehr bestimmen und begrenzen die individuellen Einsichts- und Prüfmöglichkeiten des konkreten Auftraggebers Umfang und Differenzierungsgrad der Angaben in der Schlussrechnung ( BGH, Urteil vom 26.10.2000 – VII ZR 99/99, BauR 2001,251 ). Die in der VOB/B enthaltenen Anforderungen an die Prüffähigkeit dienen allein dem Schutz des Auftraggebers. Je weniger er erkennbar dieses Schutzes bedarf, desto geringer können im Einzelfall die Anforderungen an die Prüffähigkeit sein ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97 Rn. 10 zitiert nach juris, BGHZ 140,365). Der Auftraggeber kann sich daher z. B. dann nicht auf die fehlende Prüfbarkeit einer Rechnung berufen, wenn er sie tatsächlich mit Erfolg geprüft hat und dadurch gezeigt hat, dass er in der Lage war, trotz eventueller Unklarheiten die inhaltliche Unrichtigkeit der Rechnung nachzuweisen (BGH, Urteil vom 22.11.2001, VII ZR 168/00, Rn. 8, zitiert nach juris, BauR 2002,468).
Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin erstinstanzlich insbesondere mit Schriftsatz vom 10.11.2008 (Bl. 508 ff. d.A.) inhaltlich im Detail mit einzelnen Punkten der Schlussrechnung der Klägerin auseinandergesetzt. Diese inhaltlichen Ausführungen sind jedoch unter der Überschrift („fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung“ – Bl. 509 d.A.) und unter Voranstellung bzw. unter ausdrücklichem Hinweis auf das vorrangige Verdikt der fehlenden Prüffähigkeit erfolgt (so ausdrücklich Bl. 528 d.A.). Die Auseinandersetzung auch mit inhaltlichen Fragestellungen und die Aufstellung einer eigenen Parallelrechnung unter Zugrundelegung eigener Mengenansätze und Mengenberechnungen, wie sie in Anlage K 197 erfolgt ist (auszugsweise enthalten in Bl. 528 ff. d.A.), ist dabei erkennbar aus prozessualen Gründen eines vollständigen Vortrags erfolgt und als Hilfserwägung zu verstehen, die sekundär aus Gründen der Prozessvorsorge nach der primären Rüge fehlender Prüffähigkeit angebracht ist. Dies wird in Anlage K 197 außerdem dadurch verdeutlicht, dass unter der Rubrik „Korrekturkommentar“ in der 1. Zeile der gesamten „Alternativberechnung“ die Überschrift vorangestellt wird: „Alle Massen generell nicht prüfbar“, was sich zu den einzelnen Positionsnummern jeweils in der rechten Spalte fortlaufend wiederholt. Die Klägerin hat damit nicht zu erkennen gegeben, dass ihr Informations- und Kontrollbedürfnis in Wirklichkeit befriedigt war. Sie hat lediglich eine eigene inhaltliche Behauptung der ausdrücklich als nicht nachvollziehbar gerügten Schlussrechnungsbehauptung der Gemeinschuldnerin gegenübergestellt. Auch aus den Anlage K 191 und K 194 ergibt sich insoweit nichts anderes. Sämtliche Positionen in Anlage K 191 tragen den Prüfkommentar „Menge nicht prüfbar“. In Anlage K 194 stellt die Klägerin eine Liste angeblich nicht ausgeführter und zu gering bepreister Leistungen auf, die die Urkalkulation betrifft und dem Nachweis dient, die der Schlussrechnung beigelegte Urkalkulation sei inhaltlich fehlerhaft. Die Liste betrifft nicht die Prüfbarkeit der Schlussrechnung und spricht ebenfalls nicht für eine tatsächlich erfolgte inhaltliche Sachprüfung der von der Gemeinschuldnerin aufgestellten Schlussrechnung. Auch im Rügeschreiben vom 11.4.2008 hat die Klägerin klargestellt, dass sie nur eine stichprobenartige Prüfung hat vornehmen können und eine Prüfung wegen fehlender Unterlagen insgesamt nicht möglich sei.
In der Rechtsprechung ist eine Berufung auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung dann für treuwidrig erachtet worden, wenn der Auftragnehmer selbst eine Abrechnung des Vertrages vorgenommen hat, entweder um seinerseits einen Anspruch auf Rückzahlung angeblich bereits zu viel bezahlten Werklohns geltend zu machen (BGH, Urteil vom 12.01.2006, VII ZR 2/04, Rn. 16, zitiert nach juris, BGHZ 165, 382 – 391 ), oder um seinerseits den Auftrag gegenüber dem eignen Auftraggeber abzurechnen (BGH, Urteil vom 22.12.2005, VII ZR 316/03, Rn. 13, zitiert nach juris, BauR 2006, 678 – 680).
Der Beklagte hat vorgebracht, die Klägerin habe eine dem vergleichbare eigene Abrechnung des Werkvertrags dadurch vorgenommen, dass sie mit ihrer Klage u.a. Fertigstellungsmehrkosten von der Gemeinschuldnerin eingefordert habe, deren Berechnung auf einer eigenen und damit offenkundig möglichen Bewertung der Leistungen der Gemeinschuldnerin beruhe.
Die Geltendmachung von Fertigstellungsmehrkosten ist jedoch mit der Vornahme der Abrechnung des Werkvertrags mit dem Ziel der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen bzw. der Abrechnung des eigenen Werklohns gegenüber dem eigenen Auftraggeber, die sich auch auf die vom eigenen Vertragspartner in der Schlussrechnung geltend gemachten Arbeiten bezieht, nicht vergleichbar. Während das Landgericht noch im Hinweisbeschluss vom 04.11.2014 (Bl. 2259 d.A.) davon ausgegangen war, die Abrechnung der Fertigstellungsmehrkosten bewirke, dass sich die Klägerin wegen tatsächlich durchgeführter eigener endgültiger Abrechnung des Werkvertrags nicht mehr auf die fehlende Prüffähigkeit berufen könne, ist diese Rechtsansicht bis zum Urteil (vgl. die dortige Begründung unter Gliederungsziffer II 1. (4), S. 59 oben des Urteils) wieder aufgegeben worden. Der Standpunkt der Urteilsbegründung ist zutreffend. Die Berechnung der Fertigstellungsmehrkosten ergibt sich aus einer Zusammenstellung der zur Fertigstellung des Werks von der Klägerin selbst vergebenen und noch durchgeführten Leistungen. Eine inhaltliche Nachprüfung der vorangegangenen, von der Gemeinschuldnerin erbrachten Leistungen, war hierfür nicht Grundlage bzw. wurde die eigene Abrechnung hieraus nicht abgeleitet (vgl. die Darlegung des Fertigstellungs(mehr)kostenanspruchs ab Bl. 325 ff. d.A.). Die Klägerin hat insoweit nicht die Leistung der Gemeinschuldnerin selbst endabgerechnet, sondern ergänzende eigene Leistungen berechnet. Auch dass sie dafür eine Bautenstandsfeststellung zum Zeitpunkt der Kündigung vornehmen musste, beruht nicht, wie in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen und vorstehend zitierten Entscheidungen, auf einer tatsächlichen Nachvollziehung der von der Gemeinschuldnerin tatsächlich erbrachten Leistungen, sondern auf einer eigenständigen und hiervon unabhängigen Bewertung.
Insgesamt ist die Klägerin mit der Berufung auf die gerügte fehlende Prüffähigkeit somit nicht ausgeschlossen.
cc)
Nach den Feststellungen des Landgerichts, an dessen Beweisergebnis der Senat gem. § 529 Abs 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, sind die in der Schlussrechnung geltend gemachten Werklohnforderungen der Gemeinschuldnerin in Pos. 01 – 04 überwiegend nicht prüffähig abgerechnet.
aaa)
Bei den von der Klägerin gegen die Schlussrechnung erhobenen Einwänden sind zunächst für die Fragestellung der Prüffähigkeit der Schlussrechnung diejenigen auszuscheiden, die sich nicht auf die technische Prüffähigkeit beziehen, sondern die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung und damit nicht die Fälligkeit, sondern die Schlüssigkeit der Werklohnforderung betreffen:
So hat die Klägerin im Hinblick auf die in Ordner III der Schlussrechnung enthaltenen Aufmaßlisten bemängelt, dass die Aufmaße nicht vor Ort genommen seien, sondern es sich bei den aufgelisteten Mengen- und Massenangaben um bloße aus der Kalkulation abgeleitete Prognosen bzw. um der angeblichen „Urkalkulation“ entnommene Massenschätzungen handle (so mit Schriftsatz vom 10.08.2008, Bl. 508 und 524 d.A.). Damit seien die Aufmaßzahlen letztlich bloße „Fantasiezahlen“. Dieser Einwand betrifft die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung.
Mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 2176 ff. d.A.) stellt die Beklagte dar, die Rohbaupositionen bei der Mengenermittlung seien deshalb zu Recht mit 100 % angesetzt, da der Rohbau ihrer Ansicht nach ohnehin vollständig fertiggestellt worden sei. In diesem Zusammenhang könne man etwa verbleibende lediglich geringfügige Massen- und Mengenabweichungen vernachlässigen. Vor dem Hintergrund einer vollständigen Fertigstellung dürften wegen der vereinbarten Pauschale die einzelnen Positionen ohne zusätzliche Aufmaße zu 100 % aus der Urkalkulation heraus angesetzt werden. Auch dieser Vortrag betrifft im Hinblick auf die von der Klägerin bestrittenen Behauptung einer 100 %igen Fertigstellung sämtlicher rohbaubezogener Einzelleistungen ebenfalls die inhaltliche Richtigkeit.
Hinsichtlich der der Schlussrechnung zugrunde gelegten Urkalkulation rügt die Klägerin, wesentliche Leistungen, die die Gemeinschuldnerin aufgrund des GUV hätte erbringen müssen, seien nicht einkalkuliert. Dadurch seien die ermittelten Einheitspreise zu hoch. Demgegenüber seien nicht erbrachte Leistungen zu gering bepreist, um damit die Vergütung für die erbrachten Leistungen „hochzuschrauben“. Vielfach habe die Gemeinschuldnerin nicht erbrachte Leistungen abgerechnet ( SS der Klägerin v. 10.11.2008, Gliederungsziff. 4.4.10; 4.4.11; 4.4.12; Bl. 516 – 522). Auch insoweit, wie insgesamt bei dem Vortrag der Klägerin, die Urkalkulation sei rein fiktiv im Nachhinein erstellt, um möglichst hohe Preise zu „generieren“, handelt es sich um Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit der Schlussrechnung und nicht um Prüffähigkeitsrügen ( Kniffka/Koeble, a.a.O., 9. Teil, Rdn. 17).
bbb)
Die formalen Anforderungen an die Prüfbarkeit der Abrechnung ergeben sich aus § 14 VOB/B.
Grundsätzlich ist der Auftragnehmer vertraglich verpflichtet, der Schlussrechnung gemäß § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B die „zum Nachweis zu Art und Umfang der Leistung erforderlichen Mengenberechnungen, Zeichnungen und andere Belege“ beizufügen. Die Pflicht zur Beifügung von Nachweisen ist als Bestandteil der Pflicht zur prüfbaren Abrechnung zu verstehen, so dass das Fehlen von Nachweisen im Grundsatz zur fehlenden Prüfbarkeit und damit zu einer fehlenden Fälligkeit der Schlussrechnungsforderung führt (Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB Teile A und B, 20. Auflage 2017, § 14 Abs.1 VOB/B Rn. 13; Ganten/Janssen/Voit, VOB/B, 3. Aufl. 2014, § 14 Rn. 75). Auch Unterlagen, die nicht aus sich heraus verständlich sind, können dazu führen, dass die Schlussrechnung insgesamt nicht prüfbar ist (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, a.a.O., 5. Teil Rn. 220). Außerdem hat die Schlussrechnung gem. § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B übersichtlich aufgestellt zu sein, so dass die vom Auftraggeber durchgeführten Berechnungen der Preise und Zuordnungen zu einzelnen vertraglichen Leistungen nachvollzogen werden können. Welcher Aufwand hierbei im Einzelfall einem Auftraggeber noch zumutbar sein wird, ist eine Frage des Einzelfalls. Zwar sind die Bestimmungen des § 14 Nr. 1 VOB/B zunächst auf den Normalfall des Bauvertrags, nämlich den Einheitspreisvertrag zugeschnitten ( Ingenstau/ Korbion, a.a.O:, § 14 Abs. 1 Rdn. 5). Insbesondere beim gekündigten Pauschalpreisvertrag gelten die Grundsätze zur Aufstellung einer prüfbaren Schlussrechnung jedoch in gleicher Weise. In welchem Umfang die Schlussrechnung gemäß § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B aufgeschlüsselt werden muss und welche weiteren Unterlagen und Belege gemäß § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B der Rechnung beizufügen sind, damit der konkrete Auftraggeber in seiner individuellen Lage im Stande ist, die Rechnung in der gebotenen Weise zu überprüfen, ist eine Frage des Einzelfalls, die maßgeblich von den Kenntnissen und Fähigkeiten des konkreten Auftraggebers und seiner Hilfspersonen abhängt (BGH, Urteil vom 29.04.1999, VII ZR 127/98, Rn. 15, zitiert nach juris). Es kommt damit maßgeblich auf den Empfängerhorizont des Auftraggebers bzw. auf subjektive Elemente auf dessen Seite an (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2015, Rn. 1872).
Inhaltlich muss die Abrechnung dem Grundsatz Rechnung tragen, dass der Unternehmer keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Kündigung ziehen darf. Die Abrechnung muss daher auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Vergütung erfolgen. Der Auftraggeber schuldet die Vergütung die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Die Abrechnung muss den Besteller in die Lage versetzen, die Berechtigung der Forderung auf der Grundlage des Vertrags zu überprüfen ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97, Rdn. 9 zitiert nach juris, BGHZ 140,375-379). Bei einem vorzeitig gekündigten Pauschalpreisvertrag hat der Auftragnehmer hierbei die erbrachten Leistungen zu ermitteln und darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen (BGH BauR 1999, 644, 645). Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Auftragnehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistung zum Pauschalpreis darlegen (BGH, Urteil vom 29.06.1995 – VII ZR 184/94, BauR 1995, 691 – 692; BGH, Urteil vom 07.11.1996 – VII ZR 82/95,BauR 1997, 304 – 305). Soweit zur Bewertung der erbrachten Leistungen Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsabschluss nicht vorhanden oder nicht ergiebig sind, insbesondere für den Fall, dass der Auftragnehmer vor Vertragsabschluss eine (Ur-)Kalkulation der zu erbringenden Bauleistung nicht vorgenommen hat, muss der Unternehmer im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (BGH, Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 227/93, BauR 1996,846-851; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB Teile A und B, 20. Auflage 2017, § 14 Abs.1 VOB/B Rn. 7; Kniffka/Koeble, a.a.O. Teil 9 Rn. 20). Die Abgrenzung zwischen erbrachten und nichterbrachten Leistungen und deren Bewertung muss den Auftraggeber in die Lage versetzen, diese dahin zu überprüfen, ob sie den vertraglichen Grundlagen entsprechen (BGH BauR 2002, 1588, 1589).
Welche inhaltlichen Anforderungen an die Darstellung der Schlussrechnung und die Beifügung von Belegen und sonstigen Unterlagen zur Schlussrechnung im Einzelfall zu stellen sind, hängt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Vertrag, den seinem Abschluss, seiner Durchführung und Abwicklung zugrunde liegenden Umständen und vom Informationsbedürfnis des Bestellers ab. Sie ergeben sich auch daraus, welche Angaben der Besteller zur Wahrung seines Interesses an sachgerechter Verteidigung benötigt (BGH, Urteil vom 14.01.1999, VII ZR 277/97). An die Prüfbarkeit der Schlussrechnung dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine übertriebenen Ansprüche gestellt werden. Sie ist kein Selbstzweck (BGH, Urteil vom 12.01.2006, VII ZR 2/04, Rn. 15, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 27.11.2003, VII ZR 288/02). Die Prüfbarkeit bestimmt sich daher nicht allein nach einem abstrakt-objektiven Maßstab, maßgebend sind vielmehr die individuellen und konkreten Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, die den Umfang und den Grad der Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben in der Schlussrechnung bestimmen und begrenzen (BGH, Urteil vom 26.10.2000, VII ZR 99/99, zitiert nach juris, BauR 2001, 251 – 253). Die Anforderungen können deshalb nicht schematisch etwa in der Weise festgelegt werden, dass die Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen ausschließlich durch ein Aufmaß bzw. die Vorlage von Aufmaßplänen möglich wäre. Vielmehr kann sich die Abgrenzung und die Ermittlung der tatsächlich erbrachten Leistungen auch aus anderen Umständen ergeben, die anderweitig ermittelt oder den Parteien insbesondere dem Besteller beispielsweise aufgrund der eigenen Kenntnis der Baustelle bereits bekannt sind (BGH, Urteil vom 11.02.1999, Az.: VII ZR 91/98, Rn. 11, zitiert nach juris, BauR 1999, 631 – 635; Kniffka/Koeble, a.a.O., 9.Teil,Rdn. 21). Auch eine mit einer Fotodokumentation unterlegte Bestandsaufnahme kann im Grundsatz geeignet sein, hinreichend zu verdeutlichen, welche Leistungen erbracht worden sind.
ccc)
Das Landgericht hat zur Frage der Prüffähigkeit der Schlussrechnung ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen … eingeholt, der sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 erläutert und ergänzt hat. Danach hat die Klägerin die Rüge der fehlenden Prüfbarkeit aus zutreffenden Gründen erhoben. Die Schlussrechnung ist hinsichtlich der Werklohnpositionen nur zu einem Anteil von 7,11 % des Preisvolumens prüfbar, für verbleibende 92,89 % konnte der Sachverständige die Prüffähigkeit hingegen nicht feststellen. An die hierzu getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist der Senat nach § 529 ZPO gebunden.
(1)
Dass sich nachprüfbare Mengen- und Massenermittlungen generell nur aus hier unstreitig fehlenden Aufmaßplänen der Einzelgewerke nachprüfbar entnehmen lassen würden, wie die Klägerin meint, trifft nicht zu. Die gemäß § 2 GUV i.V.m. § 1 Nr. 1 VOB/B ebenfalls Vertragsinhalt gewordene VOB/C sieht in DIN 18299 insoweit vor, dass die Abrechnung generell anhand von Zeichnungen oder Ausführungsplänen erfolgen kann, wenn die Leistung der Ausführungsplanung bzw. Zeichnung vollumfänglich entspricht und der Auftraggeber auf dieser Grundlage die abgerechneten Mengen nachprüfen kann. Dass die Gemeinschuldnerin genau nach diesen Plänen gebaut habe, hat sie so vorgetragen (vgl. insbesondere ihren Sachvortrag im SS v. 23.7. 2014, Bl. 2197 d. A. und in der Berufungsbegründung, Bl. 2591 d. A. unter dd)). Die Klägerin rügt diese Behauptung inhaltlich als falsch und den Sachvortrag als widersprüchlich ( Bl. 2318, 2319 d. A. SS vom 16.6.2015). Die Beklagte könne nicht einerseits behaupten, identisch nach Ausführungsplanung gearbeitet zu haben, andererseits jedoch zahlreiche Ergänzungs- und Nachtragsleistungen abrechnen (so beispielsweise in Bl. 2228, 2246 d.A.). Ob es zutrifft, dass die Beklagte nach den Plänen gebaut hat und die ausgeführte Leistung damit der Planzeichnung vollumfänglich entspricht, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung und betrifft die Prüffähigkeit nicht. Die Frage, ob und aus welchen Nachweisunterlagen, wenn nicht aus Aufmaßplänen, sich die Nachvollziehbarkeit der angesetzten Mengen und Massen ergibt, betrifft hingegen die Prüffähigkeit und ist vom Sachverständigen untersucht worden.
Die weitere Beanstandung geht dahin, die Mengen- und Massenermittlung in den Aufmaßen sei nicht nachvollziehbar, da zum einen eine örtliche Zuordenbarkeit weitgehend nicht gewährleistet sei und zum anderen eine solche insbesondere nicht anhand der Ausführungspläne möglich sei, auf welche die Gemeinschuldnerin insoweit verweise. Auch seien die Ausführungspläne als Abrechnungsgrundlagen bereits im Ansatz hier deshalb untauglich, da die Pläne keine durchgehenden Maßketten enthielten. Einzelangaben dazu, welche Breiten und Höhen an welchen Stellen genau abgemessen worden seien, fehlten, sodass aus Ausführungsplänen z.B. Flächenangaben nicht prüfbar seien. Auch seien den Plänen grundsätzlich nur Maße hinsichtlich ausgeführter oder auszuführender Bauteile zu entnehmen. In diesen Bauteilen steckten jedoch unterschiedlichste Einzelleistungen, wie etwa hinsichtlich einer Wand das Betonieren, Bewehren, Abdichten, Dämmen usw. Mengen und Massen dieser Ausführungsleistungen ließen sich dem Rohbaumaß in einem Ausführungsplan nicht entnehmen. Außerdem rügt die Klägerin, der Schlussrechnung seien Nachweise für Materiallieferungen, Liefer- und Wiegescheine nicht beigefügt, weshalb Mengen und Massen nicht nachprüfbar seien.
Demgegenüber hat der Sachverständige … bestätigt, dass grundsätzlich die Beifügung der Ausführungsplanung, auch beim vorzeitig abgebrochenen Werkvertrag, genügen kann (S. 25 des Gutachtens). Dass sie im vorliegenden Fall tatsächlich genügt hat, hat er dadurch bestätigt, dass er anhand dieser Pläne, soweit sie in der Akte oder der Schlussrechnung vorhanden waren und auf die richtigen Pläne an der richtigen Stelle der Aufmaßliste auch verwiesen war, tatsächlich einzelne Positionen als prüffähig angesehen hat (so z. B. für Pos. Nr. 01.13.070; 01.13.080, S. 112 insb. 114 des Gutachtens). Insgesamt wird deutlich, dass der Sachverständige inhaltlich nachvollziehbar und überzeugend davon ausgeht, dass grundsätzlich auch eine Nachvollziehbarkeit von Mengen und Massen aufgrund von Ausführungsplänen möglich ist und hier möglich war, auch wenn die von der Klägerin beanstandeten Liefer-oder Wiegescheine wie auch sonstige Nachweise für Materiallieferungen fehlen. Wenn dem Sachverständigen wenigstens Planunterlagen in den Akten oder der Schlussrechnung vorlagen und die übrigen genannten Parameter einer lückenlosen Verweiskette vorhanden waren, war ihm eine Prüfung der Positionen möglich. Widerlegt ist damit der Standpunkt der Klägerin, wonach Ausführungspläne als Abrechnungspläne insbesondere bei teilfertiggestellten Leistungen bereits im Grundsatz untauglich seien. Der Sachverständige jedenfalls ist nachvollziehbar von deren grundsätzlicher Tauglichkeit sowie von verschiedenen möglichen Nachweisen über verbaute Mengen und Massen ausgegangen. Hieran ist das Berufungsgericht gebunden.
(2)
Die Klägerin rügt ferner, dass es bei der Schlussrechnung nur vereinzelt Pläne gebe, so einzig in Ordner III unter dem Register „ …“. Diese bereits im Schreiben vom 11.4.2008 gerügte Planvorlage bzw. Planbeifügung wurde im Rechtsstreit dahingehend vertieft, dass gerügt wurde, weitere Pläne seien weder der Schlussrechnung beigefügt noch lägen diese der Klägerin vor, weshalb schon aus diesem Grund die Möglichkeit einer Vornahme örtlicher Zuordnungen und Verknüpfungen zwischen den einzelnen Leistungspositionen und Massenangaben und den Planzeichnungen nicht gegeben sei.
Ob und inwieweit die in den Aufmaßlisten (B 36, Ordner III) in Bezug genommenen Planunterlagen im Einzelnen bei der Klägerin – unabhängig von der Schlussrechnung und deren Inhalt – bereits zuvor vorlagen ( Stichwort: individueller Prüfungshorizont), war zwischen den Parteien streitig. Der Beklagte verweist insofern auf die Vertragsinhalt gewordene Leistungsabgrenzung vom 12.01.2006 (Anl. K 311, bzw. Trenner Nr. 6 in Anlagenordner B 33/K 135 b). Dass die Parteien die dort unter Gliederungspunkt 03 geregelten Architektenleistungen tatsächlich entsprechend der Leistungsabgrenzung durchgeführt haben, war unstreitig. Demnach oblag der Klägerin die Planerstellung für die Leistungsphasen 1 bis einschließlich 5 des § 15 HOAI a.F., der Gemeinschuldnerin oblag die Durchführung der Leistungen aus Leistungsphasen 6 bis 9, wobei die Fachplanungsleistungen für das Gewerk … unter Gliederungsziffer 08 vollständig der Gemeinschuldnerin übertragen waren (lediglich Leistungsphase 4 war der Klägerin vorbehalten). Unstreitig hat dementsprechend die Klägerin die komplette Ausführungsplanung insbesondere für Rohbau, Innenausbau und Außenanlagen selbst erstellt. Gleiches gilt für die unter Gliederungsziffer 06 „Tragwerksplanung“ geregelten Planungsleistungen, von welchen der Klägerin Statik- und Konstruktionsplanung sowie die Erstellung von Schalungs- und Bewehrungsplänen sowie Stahl- und Mattenlisten oblag. Die Klägerin als Planerstellerin verfügt somit über diese Pläne ohnehin, unabhängig davon, ob sie der Schlussrechnung ( nochmals) beigefügt waren. Dies genügt grundsätzlich zur Herstellung der Prüfbarkeit, ausgehend von dem individuellen Erkenntnishorizont des Auftraggebers. Für die anderen in den Leistungsbereich der Gemeinschuldnerin fallenden Pläne, nämlich der …-Planung hat der Beklagte erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, sämtliche Haustechnikpläne seien am 05.10.2006 an die Klägerin übersandt worden (Schriftsatz vom 23.07.2014, Bl. 2201 d.A.). Dies blieb aber streitig.
Der Beklagte hat in Anl. B 10 zum Schriftsatz vom 17.4.2014 ( Bl. 2178 d. A.) eine Liste der Pläne vorgelegt, die seiner Auffassung nach bei der Klägerin vorliegen müssten. Die Klägerin hat dies bestritten.
Zunächst erkennt das Sachverständigengutachten bei der Schlussrechnung verschiedene Arten von Prüffähigkeitsmängeln, die von der Frage, wem welche Nachweispläne zur Prüfung vorlagen, unabhängig sind:
So konnte der Sachverständige für manche Positionen keine Aufmaße finden. Damit war die Prüfung und örtliche Zuordnung der angesetzten Mengen unabhängig vom Vorliegen irgendwelcher Pläne nicht möglich (so beispielsweise S. 59 des Sachverständigengutachtens zu den Schlussrechnungspositionsnummern 01.01.005, 01.01.010, 01.01.025, 01.01.030 – Gerüstbau -; ebenso auf S. 119 ,258, 260, 271, des Sachverständigengutachtens).
Für weitere Positionen waren zwar Aufmaße vorhanden, diese konnten jedoch aufgrund fehlender oder unplausibler Verweise auf Bezugsplanunterlagen nicht bezüglich der angesetzten Mengen und Massen überprüft werden (so beispielsweise für vielfache unter dem Schlussrechnungstitel 01.48 erfasste Leistungen aus dem Gewerk „Lüftung“ im Küchenbereich, S. 225 des Gutachtens; so auch auf S. 234 des Gutachtens oder S. 236, wo ebenfalls beanstandet wird, dass in den zwar vorhandenen Aufmaßen keine Bezugsplanunterlagen oder Raumnummern angegeben seien und damit angesichts nicht weiter spezifizierter Leistungsbeschriebe eine örtliche Zuordnung ebenfalls nicht möglich sei; desgleichen zum Fehlen von Verweisen auf Bezugsplanunterlagen oder Raumnummern S. 245 des Gutachtens). Auch dieser Mangel besteht unabhängig von der Frage, welche Pläne der Klägerin bekannt waren oder sein mussten.
Für eine Vielzahl von Positionen der Schlussrechnung führt allerdings dem Sachverständigen zufolge das Fehlen von Plänen dazu, dass eine Prüfbarkeit dieser Positionen von ihm nicht festgestellt werden kann:
Bezüglich vieler Einzelpositionen beanstandet nämlich der Sachverständige, dass zwar die Nennung in der Aufmaßliste vorhanden ist und die jeweilige Menge mit einem entsprechenden Planverweis versehen ist, dass allerdings die erforderlichen Bezugspläne (dem Sachverständigen) zu einer weiteren Nachprüfung fehlten. Umgekehrt hat der Sachverständige dann, wenn die Nachweiskette vollständig war, d.h. zu den behandelten Schlussrechnungspositionen Aufmaßunterlagen im Ordner III der Schlussrechnung vorhanden waren, diese Aufmaße durch Planverweise, Positions- oder Raumnummern versehen waren und die jeweiligen Bezugsplanunterlagen dazu vorlagen, eine inhaltliche Prüfbarkeit dieser Positionen bestätigt (so beispielsweise auf S. 114 des Gutachtens oder S. 269 des Gutachtens, wobei hier die Bejahung der Prüffähigkeit unter dem Vorbehalt stand, dass die jeweilige Planunterlage jedenfalls dem Sachverständigen nicht vorlag).
(3)
Zur Frage der Relevanz fehlender Pläne hat der Sachverständige … in seinem Gutachten zunächst auf S. 413 eine Liste sämtlicher in den Planverweisen der Aufmaßlisten in Ordner III erwähnter Pläne aufgestellt, wobei der Sachverständige gekennzeichnet hat, welche davon der Schlussrechnung oder den Akten beilagen und welche ihm fehlten. Zusammenfassend ist festzustellen, dass von insgesamt 59 zitierten Plänen lediglich 12 dem Sachverständigen bei der Prüfung vorlagen und 47 fehlten. Zwar hat der Sachverständige „die Position eines zur Prüfung benannten unbeteiligten Dritten“ eingenommen (S. 56 des Gutachtens). Dieser Prüfungshorizont stimmt mit dem oben beschriebenen individuellen Maßstab, der sich nach dem konkreten Kontroll- und Informationsbedarf des jeweiligen Auftraggebers bemisst, inhaltlich zwar nicht überein. Insbesondere kann sich eine Prüffähigkeit in inhaltlicher Hinsicht bejahen lassen, wenn dem Auftraggeber unabhängig von der Schlussrechnung hierzu erforderliche Unterlagen bereits vorliegen, so dass diese der Schlussrechnung nicht erneut beizufügen waren, so dass der Sachverständige, der lediglich die Unterlagen der Schlussrechnung und den restlichen Akteninhalt als Grundlage für seine Prüfung zur Verfügung hat, in diesen Punkten zu einer fehlenden Prüffähigkeit gelangen müsste, die inhaltlich tatsächlich für den Auftraggeber nicht besteht. Von der materiellen Frage der inhaltlichen Prüffähigkeit ist jedoch die prozessuale Frage zu unterscheiden, ob und inwieweit es dem Beklagten gelungen ist, den Beweis für eine tatsächlich vorhandene Prüffähigkeit der Schlussrechnung vor dem Prüfhorizont seines konkreten Auftraggebers zur Überzeugung des Gerichts zu führen. Der insoweit beweisbelastete Beklagte hat nämlich nicht nur nachzuweisen, dass die Klägerin im Besitz der für die Prüfung der Rechnung notwendigen Pläne ist, auf die die Rechnung Bezug nimmt. Er hat weiter nachzuweisen, dass bei Vorliegen dieser Pläne die Rechnung prüfbar ist; dies kann nicht ohne weiteres unterstellt werden.
Da der Beklagte die (Ausführungs-) Pläne, auf die die Schlussrechnung Bezug nimmt, im Prozess nicht vorgelegt hat, konnte der Sachverständige für weite Teile der Schlussrechnung nicht feststellen, ob bei Vorliegen dieser Pläne die Schlussrechnung hinreichend prüfbar ist. Dies geht zulasten des Beklagten.
ddd)
Der Sachverständige hat hinsichtlich einer überwiegenden Anzahl von Schlussrechnungspositionen die mögliche Prüfbarkeit deshalb gar nicht erst prüfen können, weil ihm die in Bezug genommenen Planunterlagen nicht vorlagen. Der Sachverständige hat seine Einschätzung auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung vorhandenen Aktenlage getroffen (S. 57 des Gutachtens). Weitere Unterlagen, die eine weitergehende Aussage zur Prüffähigkeit ermöglicht hätten, wurden auch im weiteren Prozessverlauf vom Beklagten nicht zur Verfügung gestellt.
Bereits vor Erstattung des Gutachtens hat der Sachverständige mit Schreiben vom 06.05.2013 (Bl. 1698 d.A.) darauf hingewiesen, dass aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen eine abschließende Bewertung der Prüfbarkeit der Schlussrechnung noch nicht vollständig möglich sei, da hierzu noch die kompletten Planunterlagen (Auftragsplanung und Ausführungsplanung), auf welche sich die tabellarisch aufgestellten Aufmaße offenbar bezögen, fehlten. Diesen Hinweis aufnehmend wurden beide Parteien mit Verfügung des Landgerichts vom 06.05.2013 (Bl. 1701 d.A.) zur ergänzenden Planvorlage aufgefordert. Dies veranlasste die Klägerin dazu, mit Schriftsatz vom 19.06.2013 darauf hinzuweisen, dass der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der Prüfbarkeit sei (Bl. 1712, 1726 d.A.). Der Beklagte seinerseits hat in der Folge zunächst auf §§ 420, 421 ZPO verwiesen – ohne einen derartigen Antrag aber zu stellen – , da die Pläne vielfach bereits im Besitz der Klägerin seien, im Übrigen bei ihm selbst nicht mehr vollständig vorlägen (Schriftsatz vom 05.07.2013, Bl. 1717 d.A.). Mit Verfügung des Landgerichts vom 18.10.2013 (Bl. 1733 d.A.) wurde der Beklagte erneut zur Vorlage der kompletten Vertragsplanung direkt gegenüber dem Sachverständigen aufgefordert. Weitere Pläne gingen allerdings beim Sachverständigen bis zur Erstattung von dessen Gutachten nicht ein.
Nachdem das Gutachten, in welchem die Unvollständigkeit der Planunterlagen aufgeführt war, bereits vorlag, und darin auf S. 416 nochmals wie bereits im Schreiben vom 6.5.2013 deutlich und unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass erst die Vorlage der kompletten Ausführungsplanunterlagen den Sachverständigen in den Stand versetzen könnte, die abgerechneten Mengen und Massen zum Kündigungszeitpunkt zu prüfen, bat der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 2177 d.A.) zunächst darum, der Sachverständige möge seine im Gutachten enthaltene Planliste hinsichtlich der Bezeichnung der einzelnen Pläne weiter spezifizieren. Aufgrund der vorliegenden Liste sei dem Beklagten eine Identifizierung der einzelnen Pläne, die fehlten, nicht möglich. Der Beklagte bat um Nennung der genauen Fundstelle mit Bezeichnung innerhalb der Aufmaßlisten, damit er von dort ausgehend konkret erkennen könne, um welchen Plan es sich handle. Dies lässt erkennen, dass die Schlussrechnung selbst für den Beklagten nicht bis zu den in Bezug genommenen Plänen nachvollziehbar ist. Der Sachverständige, mit dieser ergänzenden Fragestellung des Beklagten konfrontiert, gab an, in seine Planliste genau die Planbezeichnung aufgenommen zu haben, die er in der Aufmaßliste habe finden können (Bl. 2212 d.A.). Der Sachverständige sah sich außer Stande, eine genauere Planbezeichnung anzugeben, da er aufgrund des Umstandes, dass die genannten Pläne bei ihm nicht vorlagen, auch nicht wissen könne, um welchen konkreten Plan es sich jeweils handle.
Im Ergebnis hat der Beklagte jedenfalls weitere Planunterlagen dem Gericht bzw. dem Sachverständigen zur Ermöglichung einer inhaltlichen Prüfung der Prüffähigkeit der Rechnung nicht vorgelegt.
Der Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 23.07.2014 (Bl. 2197 d.A.) auf den Standpunkt gestellt, die Klägerin ihrerseits sei im Besitz sämtlicher erforderlicher Planunterlagen, weshalb der Beklagte gemäß § 14 VOB/B diese nicht erneut vorzulegen habe. Der Beklagte vertritt in diesem Zusammenhang den Standpunkt, dass jeder, der, wie die Klägerin, sämtliche Planunterlagen zur Verfügung hatte, eine Prüfung der Rechnung vornehmen könne (so insbesondere abschließend auf Bl. 2208 d.A.). Zwar hat der Beklagte mit Anl. B 11 – B 16 weitere Unterlagen zur Herstellung der Prüffähigkeit vorgelegt ( separater Aktenband mit der Überschrift „Anlagen Beklagter B 11 bis B 16“). Dort sind Bautenstandsberichte, Bautagesberichte zuzüglich einer auf CD-ROM enthaltenen Fotodokumentation und Protokolle der Klägerin zum Bautenstand zusammengefasst. Eine Bezugnahme der Schlussrechnung auf diese Unterlagen ist jedoch nicht nachvollziehbar. Selbst wenn diese Anlagen Mengen- und Massenangaben zu einzelnen Rechnungspositionen enthalten würden, läge keine Prüfbarkeit vor, weil eine Zuordnung zu den einzelnen Rechnungspositionen nicht hinreichend möglich ist und damit die Prüffähigkeit fehlt.
Nachdem somit von den nachgeforderten Planunterlagen von der insoweit beweisbelasteten Beklagtenseite kein einziger tauglicher Plan vorgelegt und damit ein ergänzender Beweis durch Vorlage weiterer Pläne auch nach Erstellung des schriftlichen Gutachtens nicht erbracht wurde, war der Beklagte insoweit beweisfällig. Es bleibt damit bei dem inhaltlichen Ergebnis, welches der Sachverständige in seinem Gutachten feststellte. Eine inhaltliche Stellungnahme zur Prüffähigkeit war nicht nur zum damaligen Zeitpunkt der Gutachtenerstattung, sondern endgültig bei der überwiegenden Mehrzahl der abgerechneten Leistungspositionen nicht möglich (S. 416 des Gutachtens). Die in den Ordnern IV bis XI enthaltene Fotodokumentation des Leistungsstandes sah der Sachverständige insoweit als untauglich an. Diese Fotodokumentation lag ihm zwar vor, sie hat den Sachverständigen allerdings nicht in die Lage versetzt, trotz fehlender Planunterlagen zur örtlichen Nachvollziehbarkeit und Zuordenbarkeit der Leistungspositionen Stellung zu nehmen. Bereits abschließend für prüffähig bewerten und bestätigen konnte der Sachverständige lediglich 4,26 % aller Ausführungspositionen, dies entspricht 7,11 % der Abrechnungssumme (S. 418, 419 des Gutachtens). Im restlichen Umfang war eine Aussage über die Prüffähigkeit und damit die Feststellung derselben nicht möglich.
eee)
Im Zusammenhang mit der Beweisführung des Beklagten durch ergänzende Planvorlage liegt keine Hinweispflichtverletzung des Landgerichts vor.
Wie dargestellt hat das erstinstanzliche Gericht ausreichend und wiederholt auf die Pflicht zur Vorlage ergänzender Ausführungsplanunterlagen hingewiesen und den Beklagten zur Vorlage aufgefordert (Verfügung des Landgerichts vom 18.10.2013). Außerdem waren das Fehlen der Planunterlagen sowie die hieraus abzuleitenden rechtlichen Schlussfolgerungen umfangreich Gegenstand der nach Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze. Eines weiteren gerichtlichen Hinweises darauf, dass von einer Beweisfälligkeit der Beklagtenseite auszugehen sein könnte, falls der Beklagte dem Sachverständigen und dem Gericht zur Bewertung der Prüffähigkeitsfrage keine weiteren (Plan- )Unterlagen vorlegt, bedurfte es nicht. Immerhin hatte bereits die Klägerin ihrerseits auf die Verteilung der Beweislast hingewiesen. Einen förmlichen Antrag gemäß § 421 ZPO hat der Beklagte ausdrücklich nicht gestellt (Schriftsatz des Beklagten vom 05.07.2013, Bl. 17/18 d.A., wo eine entsprechende Antragstellung ausdrücklich vorbehalten bleibt; eine solche ist in der Folgezeit auch nicht erfolgt). Sofern der Beklagte in der Berufungsbegründung darüber hinaus beanstandet, das Landgericht habe insbesondere den nach Eingang des Sachverständigengutachtens gehaltenen Sachvortrag des Beklagten in den Schriftsätzen vom 17.04.2014 und vom 23.07.2014 übergangen, so ergibt sich, wie oben bereits dargestellt, gerade aus den genannten Schriftsätzen, dass der Beklagte zur Planvorlagefrage ausdrücklich einen abweichenden Rechtsstandpunkt einnimmt, nämlich dahingehend, dass es auf eine ergänzende Planvorlage gegenüber Gericht und Sachverständigem bereits deshalb nicht ankomme, da jedenfalls die Klägerin im Besitz der Pläne sei. Hier hat ganz offensichtlich der Beklagte, der angesichts des ausdrücklichen Hinweises von Klägerseite, dass sich insoweit auch das Problem der Darlegungs- und Beweislast ergebe, eine ergänzende Vorlage weiterer Unterlagen (bis auf die Anl. B 11 bis B 16, die tatsächlich nachgereicht wurden), nicht für erforderlich gehalten. Wenn der Beklagte den Rechtsstandpunkt eingenommen hat, auf eine ergänzende Planvorlage komme es nicht an, weil die Klägerin im Besitz der Pläne sei, hat der Beklagte dies auf eigenes prozessuales Risiko getan. Eines weiteren rechtlichen Hinweises des Landgerichts bedurfte es – auch nach Vorlage der Anlagen B 11 bis bis 16 – nicht mehr.
Zwar besteht die gerichtliche Hinweispflicht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei von einem Rechtsanwalt vertreten wird jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage erkennbar falsch beurteilt ( BGH, Urteil vom 27.10.1994 – VII ZR 217/93, Bau R 1995, 126 – 129). Auch bereits erfolgte Hinweise können unter diesem Gesichtspunkt ergänzungs- und präzisierungsbedürftig sein, wenn der vorherige Hinweis missverständlich war und erkennbar auch missverstanden wurde ( BGH, Urteil vom 11.2.1999 – VII ZR 399/97, Rdn. 13,14 zitiert nach juris, BGHZ 140,365-379). Der Bundesgerichtshof hat dies in der zitierten Entscheidung für die Hinweispflicht bei fehlendem Sachvortrag zu ersparten Aufwendungen bei der Abrechnung eines Pauschalpreisvertrages entschieden und damit begründet, dass sich für den Gegner noch nicht allein aus dem substantiierten Bestreiten der Gegenseite ergebe, welcher ergänzende Vortrag erforderlich sei, sondern dies von der Bewertung der Gerichte im Einzelfall abhängt, wie dies dort für die Voraussetzungen des Anspruches nach § 649 Satz 2 BGB oder § 8 Nr.1 Abs.2 VOB/B der Fall sei. Damit ist der vorliegend in Rede stehende (weitere) Hinweis auf die Pflicht zur Vorlage ergänzender Planunterlagen jedoch nicht vergleichbar. Wiederholt war der Beklagte vom Gericht und vom Sachverständigen inhaltlich genau darauf hingewiesen, welche Pläne vorzulegen sind. Der Beklagte konnte also nicht im Unklaren sein, welche Anforderungen an einen ergänzenden Vortrag oder eine ergänzende Beweismittelvorlage hier gestellt werden. Auch die Unterscheidung zwischen inhaltlicher Beurteilung der Prüffähigkeit und deren Nachweis im Prozess war thematisiert. Einer weiteren Konkretisierung bedurfte es nicht mehr. Im übrigen hat der Beklagte selbst eine Liste der vollständigen Planunterlagen und Zeichnungen erstellt ( Anlage B 10), diese allerdings auch in der zweiten Instanz nicht vorgelegt.
Im Übrigen hat der Beklagte den Sachvortrag, den er in der Berufungsbegründung auf S. 7 (Bl. 2591, 2592 d.A.) vorbringt, und von dem er behauptet, ihn schon erstinstanzlich gehalten zu haben, wenn der von ihm vermisste Hinweis des Gerichts erfolgt wäre, erstinstanzlich bereits gehalten (hinsichtlich der Prüfberichte des öffentlich-rechtlichen Prüfingenieurs mit Schriftsatz vom 23.07.2014, Bl. 2203 d.A.). Ausdrücklich auch mit der Berufungsbegründung nicht vorgelegt und auch nicht dem Sachverständigen – weder in digitaler Form noch sonst wie – übermittelt wurden hingegen die in Anl. B 10 aufgelisteten Pläne (nach Bl. 2178 d.A.).
Im Ergebnis ist nach alldem für ein Volumen von 92,89 % der Schlussrechnungssumme kein Nachweis für die Prüfbarkeit der Schlussrechnung erbracht, sodass diese richtigerweise vom erstinstanzlichen Gericht inhaltlich gar nicht geprüft bzw. insbesondere nicht bejaht werden konnte. An dieses Beweisergebnis ist das Berufungsgericht gebunden. Das Ergebnis, dass das Vorhandensein der Prüfbarkeit der Schlussrechnung nicht bewiesen ist, bewirkt nach Beweislastgrundsätzen die für weite Teile der Schlussrechnung geltende fehlende Prüffähigkeit
dd)
Auch bei den in der Schlussrechnung abgerechneten Nachtragspositionen unter Ziff. 05, 06 und 07 hat der Sachverständige die oben bereits aufgelisteten Prüffähigkeitsmängel festgestellt.
Auch hierzu hat der Beklagte den Sachverständigen und das Gericht mangels ergänzender Vorlage der noch fehlenden Ausführungsplanunterlagen inhaltlich nicht in den Stand versetzt, die Prüfbarkeit dieser Positionen tatsächlich zu bewerten. Auf die hiervon unabhängige Frage, ob der Beklagte die Nachträge in inhaltlicher Hinsicht schlüssig dargestellt und korrekt berechnet hat, kommt es somit nicht an.
aaa)
Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 bereits darauf hingewiesen hatte, die Nachvollziehbarkeit von Mengen und Preisermittlung hinsichtlich der Nachträge ergebe sich aus den Nachtragsunterlagen, die der Klägerin übersandt worden seien (Bl. 2243 d.A. unten), gilt hierzu Gleiches wie oben bezüglich des Einwandes des Beklagten, die fraglichen Nachweispläne lägen der Klägerin allesamt vor bzw. seien sogar selbst von dieser erstellt worden, weshalb sie notwendigerweise der Klägerin bekannt sein müssten. Selbst wenn der Klägerin diese Pläne bekannt wären, konnte der Sachverständige und damit das Gericht nicht feststellen, ob bei Kenntnis dieser Pläne eine Prüffähigkeit der Abrechnung der Nachträge in der Schlussrechnung vorgelegen hätte. Außerdem spezifiziert der Beklagte in keiner Weise, um welche konkreten Nachtragsunterlagen es sich hierbei handeln soll. Auch in den Schlussrechnungsunterlagen findet sich kein Verweis auf einzelne konkrete „Nachtragsunterlagen“ zur Ermöglichung einer technischen Nachvollziehbarkeit. Eine Prüfbarkeit von Mengen und Massen ist damit, wie der Sachverständige nachvollziehbar darstellt, entweder wegen fehlender Verweise auf beiliegende (Plan- bzw. sonstige) Unterlagen oder wegen des Fehlens derselben unmöglich.
bbb)
Auch der ergänzende Vortrag in der Berufungsbegründung (dort S. 3, Bl. 2527 d.A.) hilft nicht weiter. Wenn der Beklagte hier ausführt, die vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung beispielhaft untersuchte Pos. 5.010.010 sei in den Ausführungsplänen, nach denen gebaut worden sei, enthalten, namentlich im Plan B/S-001 a vom 26.06.2006 und im Plan A/S-001 vom 13.04.2006, so ist ersterer in der Planliste des Sachverständigen in Zeile 2 eben gerade als nicht vorhanden gekennzeichnet, letztgenannter Plan taucht in der Planliste des Sachverständigen schon gar nicht auf, sodass davon auszugehen ist, dass sich ein auf diesen Plan Bezug nehmender Planverweis in den Aufmaßlisten nicht findet. Darauf, dass, wie die Berufungsbegründung weiter ausführt, die für die Nachtragspositionen im Einzelnen angesetzten Nachtragspreise auf der Basis der Urkalkulation angesetzt worden seien, kommt es als inhaltliche Fragestellung ebenfalls nicht an. Sofern mit der Berufungsbegründung außerdem ergänzend auf die Prüfbarkeit von Pos. 06.27.055 eingegangen wird (Berufungsbegründung S. 4, Bl. 288 d.A.), so findet sich die entsprechende Position im Sachverständigengutachten auf S. 388, 389.Bei der Zuordnung der Nachtragsposition 06.27.055 zu der ursprünglichen Leistungsposition aus der Urkalkulation mit der Nr. 01.27.015 ergeben sich dieselben Schwierigkeiten, welche der Sachverständige beispielhaft in der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2014 für eine Zuordnung der Pos. 05.10.010 zur Pos. 02.01.010 dargestellt hat. Deshalb bleibt fraglich, ob man es als hinreichend nachvollziehbare Darstellung eines Nachtrags anerkennen kann, wenn sich die Suche nach der entsprechenden Ursprungs-Auftragsposition derart schwierig bzw. mehr oder weniger zufällig gestaltet. Aus diesem Grund hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend auch für diese Positionen insgesamt die Einschätzung vertreten, dass sich in den Schlussrechnungsunterlagen (im Übrigen zu sämtlichen Pos. 06.27.005 bis 06.27.165, betreffend Nachtragsleistungen aus dem Gewerk Fensterbau) keine Aufmaße finden und damit eine Prüfung der angesetzten Mengen und Massen nicht möglich ist (Gutachten S. 389 unten).
ccc)
Auch der ergänzende Vortrag zu Nachtragsposition 07 in der Berufungsbegründung S. 5 (Bl. 2589 d.A.) hilft aus den genannten Gründen nicht weiter. Der Beklagte spezifiziert zum wiederholten Mal nicht, aus welchen konkreten Planunterlagen sich die Nachvollziehbarkeit von Mengen und Massen hier ergeben soll, deshalb wird nicht einmal klar, ob die hierfür benötigten Pläne ausweislich der Planliste des Sachverständigen diesem vorlagen oder nicht.
ee)
Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, wie in Positionen 08 – 10 der Schlussrechnung eingestellt.
aaa)
In die Schlussrechnung ist die gesamte Vergütung einschließlich der vergütungsgleichen Ansprüche einzustellen (BGHZ 182, 158 juris Rn. 45). Vergütungsgleiche Ansprüche sind solche, die über die Vergütung für erbrachte Leistungen hinausgehen (§§ 6 Nr. 5 – 7,8 Nr. 1 Abs. 2, 9 Nr. 3 S. 2 VOB/B) (BGH NJW 1987, 382 juris Rn. 9). Die Abrechnung hat demnach alle mit der Bauleistung im Zusammenhang stehende Ansprüche des Auftragnehmers zu enthalten, die ihre Grundlage im Vertrag haben wie z.B. Ansprüche wegen Behinderung und Unterbrechung der Leistungsausführung. Lediglich Forderungen, die bei vertragsgerechtem Verhalten (des Auftragnehmers) nicht in die Schlussrechnung eingestellt werden können, müssen nicht aufgenommen werden (BGHZ 145, 245 juris Rn. 12 zu § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B).
Danach müssen hier die Mehrkosten, wie von der Insolvenzschuldnerin geschehen, in die Schlussrechnung aufgenommen werden. Sie müssen wie die übrigen Positionen der Schlussrechnung prüffähig abgerechnet werden.
bbb) Pos. 08: „Mehrkosten gem. Schreiben vom 15.1.2007 und 14.2.2007“ – 16.702,00 €:
Mit dieser Position werden Mehrkosten verlangt, die der Gemeinschuldnerin entstanden seien, nachdem sie vom 4.12.2006 – 11.12.2006 die Arbeiten vorübergehend eingestellt hatte. Vorangegangen waren Meinungsverschiedenheiten über das Verlangen der Gemeinschuldnerin nach Stellung einer Bauhandwerkersicherung (Vortrag des Beklagten hierzu Bl. 225 ff d. A. ab „Kündigungsgrund“ Nr. 35; Klägerin ab Bl. 301 ff.d. A.; Anl. B 14 ff.).
Gem. § 648a Abs. 2 BGB ist der Unternehmer zur Leistungsverweigerung berechtigt, wenn er vom Besteller ordnungsgemäß und fruchtlos die Sicherheit gem. § 648a Abs. 1 BGB verlangt hat, und der Besteller vertragswidrig die ordnungsgemäß geforderte Sicherheit nicht erbracht hat. Mit Schreiben vom 14.11.2006 ( B 14) hat die Gemeinschuldnerin zur Erbringung einer Sicherheit i. H. von 4,5 Mio.€ unter Fristsetzung und Androhung der Leistungseinstellung aufgefordert. Die Fristsetzung zum 28.11.2006 war zeitlich angemessen ( Schmitz in: Kniffka a.a.O. §648a Rn. 140: 7 – 10 Tage). Die Höhe der Sicherheit richtet sich grds. nach der vertraglich vereinbarten Vergütung. Dies ist beim Pauschalpreisvertrag die vereinbarte Pauschale zzgl. 10 % hieraus für Nebenforderungen. Bereits geleistete Abschlagszahlungen sind abzuziehen. Zum 14.11.2006 waren unstreitig die Abschlagszahlungen Nr. 1 – 5 ( vgl. Zahlungsplan der Klägerin Anl.K 7) i.H.v. insg. 780.000 € erbracht. Die vertragliche Pauschalvergütung i.H. von 4.142.870,00 € +10 % = 4.557.157,00 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen ergibt 3.777.157,00 €. Das Sicherungsverlangen war damit wertmäßig überhöht. Die Tatsache, dass der Unternehmer eine zu hohe Sicherheit verlangt, führt jedenfalls dann noch nicht dazu, dass das Sicherungsverlangen insgesamt unwirksam ist, wenn der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist. Die Wirksamkeit einer Zuvielforderung wird dann bejaht, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch bei einer auf den zutreffend berechneten Rückstand beschränkten Anforderung nicht geleistet hätte ( Schmitz in: Kniffka, Bauvertragsrecht, a.a.O. § 648a Rdn. 74). So liegt der Fall hier. Mit Schreiben vom 1.12.2006 ( B 16) hat die Klägerin, jenseits der zunächst wirksam gesetzten Frist, die Erbringung der Sicherheit von der Leistung der vertraglich vereinbarten Erfüllungsbürgschaft durch die Gemeinschuldnerin abhängig gemacht und die bereits im Betrag reduzierte Sicherheit gerade nicht erbracht, sondern nur angekündigt. Daraus, dass sie später eine Sicherheit in der von ihr errechneten Höhe von 3,2 Mio.€ tatsächlich erbrachte, ergibt sich nichts grundsätzlich anderes. Die wirksam gesetzte Frist zur Erbringung der Sicherheit war zu diesem Zeitpunkt nämlich längst abgelaufen. Zuvor hat die Klägerin das berechtigte Sicherungsverlangen der Schuldnerin allerdings unter unberechtigte Bedingungen gestellt. Die Abhängigmachung der Sicherheit gem. § 648a BGB von einer vorher oder Zug um Zug zu leistenden Vertragserfüllungsbürgschaft im Schreiben vom 1.12.2006 ( B 16) war rechtswidrig. Das Verlangen nach der Bauhandwerkersicherung steht nicht in Abhängigkeit von anderen vertraglich vereinbarten Sicherheiten ( § 648a Abs. 7 BGB; Schmitz in: Kniffka, a.a.O. § 648a Rdn. 137). Der Versuch, dies zu fordern, zeigt die fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin.
Die Forderung nach Erbringung der Sicherheit war entgegen dem Dafürhalten der Klägerin nicht rechtsmißbräuchlich. Mit dem Vortrag der Klägerin, dass das Verlangen hier nur deshalb zu dem damaligen Zeitpunkt erfolgt sein soll, um, wie die Klägerin unterstellt, die Durchsetzung unberechtigter Nachtragsforderungen zu „erpressen“, ist nicht schlüssig vorgetragen. Das Sicherungsverlangen kann jederzeit auch während der Vertragsdurchführung gestellt werden. Der Zeitpunkt war zulässig, auf weitere damit verfolgte Zielsetzungen oder Motive der Gemeinschuldnerin kommt es nicht an.
Die Klägerin befand sich nach alldem bereits mit Ablauf der im Schreiben vom 14.11.2006 auf 27.11.2006 gesetzten Frist in Verzug. Die unstreitig erst am 11.12.2006 bei der Gemeinschuldnerin eingegangene Sicherheit über 3,2 Mio. war verspätet.
Die Höhe der Mehrkosten ist schlüssig dargelegt, weil der Beklagte die Kosten geltend macht, die ihm von dem Subunternehmer in Rechnung gestellt worden sind (Anl. B 68 und 69). Diese Rechnungen wurden unstreitig der Klägerin bereits mit Schreiben vom 15.1.2007 und 14.2.2007 zu Kenntnis gebracht. Aus den Positionstexten in den Rechnungen ergibt sich, dass hier Mehrkosten infolge des Bau- und dadurch verursachten Produktionsstopps bzw. Produktionsausfalls im Dezember 2006 gelten gemacht werden ( Vorfinanzierung von Material, Ausfallstunden für Mitarbeiter, Aufwand für Kommunikation und technische Abklärung, verlängerte Vorhaltung von Gerüst und Kran). Insgesamt ergeben sich schlüssig vorgetragene Mehrkosten der Subunternehmer von 16.702,00 € netto. Die Rechnungspositionen der Subunternehmer stimmen mit den Schlussrechnungspositionen 8.01, 8.02 überein.
Die Klägerin hat diese Kosten nur pauschal und damit unsubstantiiert bestritten
ccc) Pos. 09 : Mehrkosten infolge Baustellenberäumung i. H. von 9.486,41 €:
Hier werden Kosten geltend gemacht, die wegen der vorzeitigen Vertragsbeendigung durch die Kündigung der Gemeinschuldnerin entstanden sind.
Sie sind bereits dem Grunde nach nur erstattungsfähig, wenn die Kündigung nicht nur zu Recht wegen Unzumutbarkeit erfolgt wäre, sondern sogar eine schuldhafte Vertragspflichtverletzung durch die Klägerin festzustellen wäre. Da dies jedoch nicht der Fall ist, sind Schadensersatzansprüche wegen kündigungsbedingter Mehrkosten nicht gegeben.
ddd) Pos. 10: Mehrkosten infolge Bauzeitverlängerung i. H. von 12.413,10 €:
Die Voraussetzungen für eine Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverzögerung ergeben sich aus § 6 Nr. 6 Satz 1 VOB/B. Der Sachverhalt ist umfassend streitig. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen einer Behinderung und eine dadurch entstandene Verzögerung mit Schaden ist der Anspruchsteller, hier der Beklagte. Hinsichtlich der für den Baubeginn und die Monate danach behaupteten Behinderung ist bereits nicht ersichtlich, ob und inwieweit sich diese bis ein Jahr später in den Sommer 2007 kausal ausgewirkt haben soll und nicht zwischenzeitlich durch Kompensationsmaßnahmen auffangbar gewesen wäre.
Letztlich kann dies jedoch vorliegend dahingestellt bleiben.
Wird in einer Schlussrechnung eine Leistung nur teilweise prüffähig abgerechnet, wird der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist. Danach kann Fälligkeit eingetreten sein i.H.v. 7,11 % der Schlussrechnungssumme, unter Berücksichtigung von 3 % Nachlass netto 256.499,88 €. Selbst wenn die Position 08 i.H.v. 16.702 € und die inhaltlich streitige Position 10 i.H.v. 12.413,10 € berücksichtigt würden, liegt nach Abzug der Abschlagszahlungen der Klägerin i.H.v. 2.409.115,02 € ( Schlussrechnung S. 105, Ordner I; B 36) kein positiver Saldo zu Gunsten des Beklagten vor. Die erbrachten Abschlagszahlungen sind der errechneten Gesamtforderung als Rechnungsposten gegenüberzustellen ohne Rücksicht darauf, womit in den Abschlagsrechnungen die betreffenden Abschlagsforderungen begründet wurden (BGH NJW 1997, 1444). Die Widerklage ist daher im Hinblick auf die Zahlung restlichen Werklohns insgesamt als derzeit unbegründet abzuweisen. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern.
ff)
Ist eine Klage auf Werklohn wegen fehlender Prüffähigkeit nicht fällig, findet eine inhaltliche Sachprüfung entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mehr statt. In einem solchen Fall darf die Klage nicht wegen fehlender Substantiierung des Anspruchs als endgültig unbegründet abgewiesen werden.
Insbesondere ist die endgültige Klageabweisung als Sanktion für vermeintlich falschen Vortrag, wie ihn das Landgericht umfangreich erkannt zu haben glaubt, nicht zulässig. Zwar sind materiell-rechtliche Einwendungen oder Einreden denkbar, die unabhängig von der Prüfbarkeit und inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung zur endgültigen Abweisung der Klage als unbegründet führen können, wie etwa die Verjährung oder die fehlende Aktiv- bzw. Passivlegitimation. Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Vielmehr zieht das Landgericht zur endgültigen Abweisung der Klage Umstände heran, die allesamt Fragen der inhaltlichen Richtigkeit der Schlussrechnung betreffen. Diese ist jedoch nach Feststellung fehlender Fälligkeit nicht mehr zu untersuchen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs 2 Nr.1 ZPO. Über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat das Landgericht im Schlussurteil einheitlich zu entscheiden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht auch nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofes ab und beruht auf den Umständen des Einzelfalles.