VG Braunschweig, Az.: 2 A 197/09, Urteil vom 12.08.2010
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.209,30 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Wiedererrichtung eines Einfamilienhauses und wendet sich gegen den bei Versagung der begehrten Baugenehmigung ergangenen Kostenbescheid.
Der Kläger ist Eigentümer des bei C. im Außenbereich gelegenen Flurstücks D.. Im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs durch den Kläger im Jahre 1998 war das Grundstück mit einem etwa im 18. Jahrhundert errichteten Fachwerkhaus bebaut, das zu Wohnzwecken genutzt wurde. Die an dem Wohnhaus vorhandenen kleinen Dachgauben baute der Kläger nach eigenen Angaben ca. im Jahre 1999 aus. Diese Baumaßnahme erfolgte ohne Baugenehmigung. Am 28. August 2003 erteilte die Beklagte ihm eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Doppelgarage im nördlichen Anschluss an das Wohnhaus. Abweichend von der erteilten Baugenehmigung errichtete der Kläger die Garage nicht mit einem flachgeneigten Dach, sondern im Sinne eines früheren, vom Kläger auf einen Hinweis der Beklagten zurückgenommenen Bauantrages mit einem Satteldach mit einer Dachneigung von etwa 30 Grad. Im Obergeschoss der Garage richtete er einen Lager-/Abstellraum ein. In westlicher Richtung grenzt das Grundstück des Klägers an das Flurstück E. an, zu dem das Wohnhaus einen Abstand von 1,20 bis 4 m hielt. Im Süden schließt sich das Flurstück F. an, zu dem der Grenzabstand des Wohnhauses 1,60 m betrug. Die südlich gelegenen Flurstücke sind mit einem großen Scheunengebäude bebaut, das im nördlichen Bereich zu Wohnzwecken genutzt wird. Die Scheune steht unter Denkmalschutz. Der Flächennutzungsplan weist den betroffenen Bereich als Fläche für die Landwirtschaft aus.
Am 03. März 2008 kam es im Wohnzimmer des Wohnhauses des Klägers zu einem Schwelbrand. Die Feuerwehr öffnete die Zwischendecke des Wohnhauses und löschte die vorhandenen Glutnester. Der Kläger nahm den Brand zum Anlass, die Bausubstanz des Wohnhauses weitgehend abzutragen. Die Doppelgarage blieb bestehen. Nachdem der Kläger im Oktober 2008 mit dem Wiederaufbau des Wohnhauses begonnen hatte, verfügte die Beklagte die Stilllegung der Bauarbeiten. Im November 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Bauantrag für den Wiederaufbau der durch Brand zerstörten Bauteile des Wohnhauses. Die Wiedererrichtung soll im Wesentlichen in der Gestalt erfolgen, in der sich das Wohnhaus vor dem Brand zuletzt befunden hat, einschließlich der ca. im Jahre 1999 ohne Baugenehmigung errichteten Dachgauben, deren Gestaltung bei etwa gleichbleibender Größe in den Bauzeichnungen in geänderter Form vorgesehen ist.
Die Beklagte lehnte die Erteilung einer Baugenehmigung mit Bescheid vom 27. August 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, der dem Fachwerkhaus ursprünglich zukommende Bestandsschutz sei erloschen, indem der Kläger die Bausubstanz bis zur Bodenplatte abgetragen habe. Diese Maßnahme sei nicht erforderlich gewesen, weil der Schwelbrand lediglich einen geringen Teil der Unterseite der Zimmerdecke des Wohnzimmers des Wohnhauses beschädigt habe. Weder sei die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet noch seien die tragenden Außen- und Innenwände sowie das Dachgeschoss von dem Brand erheblich beeinträchtigt gewesen. Wegen der Gefahr des Verlustes des Bestandschutzes sei der Kläger durch den für seine Versicherung tätigen Bausachverständigen ausdrücklich vor dem Abriss des Gebäudes gewarnt worden. Mangels Bestandsschutzes sei die Wiedererrichtung des Wohnhauses den heutigen Anforderungen des Baurechts unterworfen. Als sonstiges Vorhaben sei die Wiedererrichtung des Wohnhauses im Außenbereich unzulässig, weil öffentliche Belange beeinträchtigt seien. Das Vorhaben stehe im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Die überdimensional geplante Dach- und Gaubengestaltung beeinträchtige zudem den Denkmalwert der in unmittelbarer Nähe befindlichen denkmalgeschützten Scheune. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege seien berührt, weil der Kläger die bei der Errichtung der Doppelgarage vorgesehenen Maßnahmen zum Ausgleich des damaligen Eingriffes in die Natur nicht durchgeführt habe. Eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 BauGB komme dem Vorhaben nicht zu. Da die Zerstörung des Wohnhauses nicht durch Brand, sondern durch den Kläger herbeigeführt worden sei, liege der Tatbestand des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB nicht vor. Das Vorhaben erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB, denn das abgebrochene Wohnhaus sei nicht im Sinne dieser Vorschrift zulässigerweise errichtet worden. Daran fehle es, weil der Kläger das ehemals bestandsgeschützte Fachwerkhaus ohne Baugenehmigung durch Baumaßnahmen illegal verändert und erweitert habe. So habe er über der Garage ein Satteldach im Sinne einer Wohnhauserweiterung errichtet, das gesamte Dachgeschoss umgebaut und dabei zwei wesentlich größere Gauben geschaffen, die östliche Gebäudeaußenwand durch den Einbau großflächiger Verglasungen verändert und eine überdachte Unterstellfläche errichtet. Bauordnungsrechtlich widerspreche das Vorhaben den Grenzabstandsvorschriften der § 7 ff. NBauO und wahre nicht die an Brandwände zu stellenden Anforderungen. Den vom Kläger mit Schreiben vom 02. September 2009 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2009 als unbegründet zurück.
Mit Kostenbescheid vom 27. August 2009 setzte sie die vom Kläger zu tragenden Verwaltungskosten auf 831,05 EUR fest, die sich aus Gebühren für die Bearbeitung des Bauantrages in Höhe von 829,– EUR und Auslagen für ein Einschreiben in Höhe von 2,05 EUR zusammensetzen.
Der Kläger hat hinsichtlich der Erteilung der begehrten Baugenehmigung bereits am 12. August 2009 Klage erhoben, die zunächst im Sinne einer Untätigkeitsklage auf die Bescheidung seines Bauantrages gerichtet war. Gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 27. August 2009 hat er am 23. September 2009 Klage erhoben. Die Verfahren wurden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Er habe lediglich die Wände des Wohnhauses beseitigt, die durch den Brand beschädigt worden seien. Die übrigen Wände habe er stehen gelassen, um den Bestandsschutz zu wahren. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Bestandsschutz deshalb erhalten geblieben. Schon vor dem Brand sei die Balkenkonstruktion des Wohnhauses aufgrund ihres Alters, durch Verwurmung, aufsteigende Nässe und Verwitterung stark geschwächt gewesen. Weil das Gebäude in Hanglage und Bergbaunähe errichtet worden sei, sei eine Neigung um etwa 20 cm eingetreten. Auch diese Umstände müssten bei der Wiedererrichtung des Wohnhauses zu seinen Gunsten Berücksichtigung finden und hätten bereits für sich allein einen Ersatzbau gerechtfertigt. Bei der Erweiterung der Dachgauben etwa im Jahre 1999 habe er zugleich das Dach mit neuen Ziegeln eingedeckt, weitere Veränderungen am Dachaufbau aber nicht vorgenommen. Der Aufenthaltsraum über der Garage habe keinen direkten Zugang vom Wohnhaus gehabt und könne deshalb nicht als Erweiterung des Wohnhauses angesehen werden. Die Entstehung, Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, denn bei der Genehmigung der Nutzungsänderung der südlich seines Grundstücks vorhandenen denkmalgeschützten Scheune sei die Beklagte davon ausgegangen, dass der entsprechende öffentliche Belang nicht beeinträchtigt sei. Mit dieser Einschätzung habe sie sich auch hinsichtlich der Beurteilung seines Vorhabens gebunden. Der Denkmalwert der Scheune werde nicht beeinträchtigt, denn deren Fläche und Volumen gingen um etwa das 15-fache über sein Vorhaben hinaus. Der Kostenbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Da die Beklagte den Bauantrag abgelehnt habe, sei sie gemäß § 11 Abs. 3 Nds. Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) gehalten gewesen, die Verwaltungsgebühren auf 1/4 des vollen Betrages zu ermäßigen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2009 zu verpflichten, ihm die mit Bauantrag vom 03. November 2008 beantragte Baugenehmigung für die Wiedererrichtung seines Wohnhauses zu erteilen und den Kostenbescheid der Beklagten vom 27. August 2009 insoweit aufzuheben, als höhere Kosten als 209,30 EUR festgesetzt worden sind.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Insbesondere könne das Wohnhaus bezogen auf den Zeitpunkt vor der Beseitigung durch den Kläger wegen der ohne Baugenehmigung durchgeführten Baumaßnahmen nicht im Sinne von § 35 Abs. 4 BauGB als zulässigerweise errichtet angesehen werden. Die Baumaßnahmen seien nicht genehmigungsfähig gewesen, weil sie das Wohnhaus mehr als geringfügig erweitert hätten. Dabei sei die Schaffung eines Aufenthaltsraums über der Doppelgarage als Erweiterung des Wohnhauses anzusehen. Soweit auch die denkmalgeschützte Scheune in ihrem wohngenutzten Bereich über Dachgauben verfüge, sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine denkmalgerechte, den sog. Lüftergauben nachempfundene Gaubenform handele. Die vom Kläger vorgesehenen Gauben seien der denkmalrechtlichen Situation wegen ihrer Form und ihrer Größe im Verhältnis zum Hauptgebäude nicht angemessen. Sie bestreitet, dass das Wohnhaus schon vor dem Brand Missstände oder Mängel im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB aufgewiesen habe, welche die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes rechtfertigen könnten. Zur Höhe der in dem angegriffenen Kostenbescheid festgesetzten Verwaltungsgebühren legt sie einen internen Vermerk vom 27. August 2009 vor, nach dem trotz Ablehnung des Bauantrages von einer Reduzierung der Gebühren abgesehen worden sei, weil der Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung des Bauantrages besonders groß gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Der Kostenbescheid der Beklagten vom 27. August 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 NBauO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn die genehmigungsbedürftige Baumaßnahme unter anderem dem städtebaulichen Planungsrecht entspricht. Der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes kommt dem Vorhaben in diesem Zusammenhang nicht zugute. Nach den im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Bauzeichnungen hat der Kläger das Wohnhaus nach dem Brand im März 2008 zumindest bis auf Teile der Außenmauern des Erdgeschosses weitgehend abgetragen. Der dem Gebäude zuvor zukommende Bestandsschutz ist damit erloschen. Dem Erhalt von Bestandsschutz steht nicht nur der vollständige Abbruch eines Gebäudes entgegen, sondern auch ein Eingriff in die bauliche Substanz, der so intensiv ist, dass er eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.03.2001 – 4 B 18/01 -, NVwZ 2002, 92). Ein solcher, den früheren Bestandsschutz beseitigender Eingriff ist vorliegend erfolgt. Bis auf Teile der Außenmauern des Erdgeschosses hat der Kläger das Wohnhaus einschließlich des Daches vollständig abgetragen, so dass eine statische Neubewertung des gesamten Gebäudes notwendig ist.
Wegen seiner Lage im Außenbereich ist das Vorhaben bauplanungsrechtlich an den Anforderungen von § 35 BauGB zu messen. Als sonstiges Vorhaben, dem eine Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 BauGB nicht zukommt, kann es nach § 35 Abs. 2 BauGB nur zugelassen werden, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Die Beklagte hat insoweit insbesondere auf den Widerspruch des Vorhabens zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) hingewiesen, der den betroffenen Bereich als Fläche für die Landwirtschaft darstellt, die Beeinträchtigung des Denkmalwertes der südlich des Grundstücks des Klägers gelegenen Scheune angeführt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) sowie den Umstand, dass das Vorhaben die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lasse (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Hinsichtlich der Beeinträchtigung öffentlicher Belange kommt dem Vorhaben nicht zugute, dass sich an gleicher Stelle schon bisher ein Wohnhaus befunden hat. Will der Bauherr ein vorhandenes Gebäude ersetzen, muss er sich im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BauGB so behandeln lassen, als wenn er an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichten wollte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.10.2004, – 4 B 74/04 -, BRS 60 Nr. 108; Urteil vom 19.02.2004 – 4 C 4/03 -, BVerwGE 120, 130 = NVwZ 2004, 982; Urteil vom 13.06.1980, – 4 C 63/77 -, DÖV 1980, 765). Wird in einer Splittersiedlung ein Gebäude beseitigt, kann insbesondere der Grundsatz, dass der Außenbereich von allen Baulichkeiten freigehalten werden soll, die einer geordneten Siedlungsstruktur zuwiderlaufen, wieder Geltung beanspruchen (BVerwG, Beschluss vom 27.10.2004, a. a. O.).
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte zu Recht angenommen, dass das Vorhaben des Klägers die Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Das Wohnhaus würde zu den sich in dem betroffenen Teil des Außenbereichs befindenden wenigen Wohnnutzungen hinzutreten und den Vorgang der Zersiedlung des Außenbereichs, dem durch den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegengewirkt werden soll, verstärken. Soweit der Kläger unter Vorlage eines von der Beklagten erteilten Bauvorbescheides vom 26. September 1997 geltend macht, die Beklagte habe für die Nutzungsänderung der südlich seines Grundstücks gelegenen Scheune ausdrücklich ausgeführt, dass die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht zu befürchten sei, ist zu beachten, dass die Beklagte entsprechend dem erlassenen Bauvorbescheid für dieses Vorhaben von einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB ausgegangen ist. Teilprivilegierten Vorhaben kann nach dem Wortlaut des Gesetzes, auf den der Bauvorbescheid Bezug nimmt, die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung aber gerade nicht entgegengehalten werden. Im Gegensatz zum Vorhaben des Klägers war der betroffene öffentliche Belang deshalb bei der Genehmigung der Nutzungsänderung der Scheune nicht zu prüfen.
Die Beklagte hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass das Vorhaben nicht nur den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, sondern auch Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigt. Die Entfernung des Wohnhauses des Klägers zu der südlich gelegenen denkmalgeschützten Scheune soll bei seiner Wiedererrichtung – wie zuvor – nur etwa 5 bis 9,50 m betragen. Wie die Beklagte überzeugend dargelegt hat, beeinträchtigen die großen an der West- und Ostseite des Wohnhauses des Klägers vorgesehenen Gauben mit jeweils fünf Fenstern den Denkmalwert der Scheune. Nach der Art der Gestaltung und ihrer Dimensionierung vermitteln die Dachgauben dem Vorhaben den Eindruck eines modernen, zeitgemäßen Einfamilienhauses und werden in dieser Gestalt dem früheren Charakter des Wohngebäudes, wie er auf Fotoaufnahmen aus dem Jahre 1997 erkennbar ist (vgl. etwa Bl. 101 Beiakte A) und sich gegenüber dem südlichen Scheunengebäude in seiner baulichen Gestaltung zurücknahm, nicht gerecht. Dass der wohngenutzte nördliche Teil der Scheune ebenfalls mit Dachgauben versehen ist, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Die Beklagte hat insoweit nachvollziehbar und überzeugend darauf hingewiesen, dass die Gauben der Scheune eine denkmalgerechte, den sog. Lüftergauben nachempfundene Gaubenform aufweisen, die vom Nds. Landesamt für Denkmalschutz im Hinblick auf die gewünschte Erhaltung der Scheune für zulässig erachtet worden sei. Die vom Kläger gewählte Gaubenform weicht von der Gestaltung der Gauben der Scheune nach den vorliegenden Fotoaufnahmen (vgl. etwa Bl. 60 der Gerichtsakte) und den Bauzeichnungen deutlich ab und kann der Gaubengestaltung der Scheune nicht gleichgesetzt werden. Dies gilt auch, soweit der Kläger nicht mehr beabsichtigt, die früheren sog. Schwalbenschwanzgauben zu errichten. Insoweit haben die Vertreter der Beklagten zutreffend ausgeführt, dass die nach den im Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Bauzeichnungen geplante Gaubengestaltung noch deutlicher hervortritt, weil sie zu den Seiten nicht abgeflacht ist und in einem höheren Bereich des Daches ansetzt. Schließlich lässt auch der Umstand, dass die Scheune insgesamt – wie vom Kläger geltend gemacht – wesentlich größer als das geplante Wohnhaus ist, die Beeinträchtigung des Denkmalwertes der Scheune nicht entfallen, die hier wegen der unmittelbaren räumlichen Nähe der Gebäude anzunehmen ist.
Das Vorhaben des Klägers zählt auch nicht zu den nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB teilprivilegierten Vorhaben, denen ein Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans, die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht entgegengehalten werden darf. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Tatbestand des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB nicht erfüllt, der die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle zulässt. Die Zerstörung eines Gebäudes durch Brand setzt voraus, dass das Gebäude vollständig oder in seinen wesentlichen Teilen in seiner baulichen Substanz so geschädigt ist, dass es nicht mehr zweckentsprechend genutzt werden kann. Nicht ausreichend ist, wenn der Brand lediglich einen Instandsetzungsbedarf begründet, außer das Gebäude kann auch im Verhältnis zu einem Ersatzbau nicht durch wirtschaftlich vertretbare Instandsetzungsmaßnahmen wiederhergestellt werden (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: April 2010, § 35 Rdnr. 151).
Nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten der Bausachverständigen G. vom 01. Juli 2008 ist das Wohnhaus durch den im März 2008 im Wohnzimmer aufgetretenen Schwelbrand weder vollständig noch in seinen wesentlichen Teilen erheblich beschädigt worden. Zur Sanierung und Beseitigung des Brandschadens sieht das Gutachten lediglich den Abbruch von 47 m² nicht tragender Innenwände vor (S. 1/2 der Anlage 1 des Gutachtens). Das Erfordernis eines Abbruchs auch wesentlicher Teile der Außenwände und des Daches, wie ihn der Kläger vorgenommen hat, folgt aus dem Gutachten nicht. Vielmehr ist danach davon auszugehen, dass es zur Beseitigung des Brandschadens ausreichend gewesen wäre, die Deckenbalken abzubeilen (vgl. S. 29 der Anlage 1 des Gutachtens). Dies deckt sich mit den Angaben des Dipl.-Ing. H. gegenüber der Beklagten, wie sie aus einem Telefonvermerk der Beklagten vom 02. April 2009 folgen (Beiakte A, Bl. 104). Danach hat der Bausachverständige bekräftigt, dass der Brandschaden auf einen Teilbereich der Wohnzimmerdecke begrenzt war und das Gebäude bis auf Einschränkungen im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Erneuerung der betroffenen Deckenteile uneingeschränkt bewohnbar gewesen sei. Die Standsicherheit des Wohnhauses sei nicht gefährdet gewesen. Der Brand habe sich auf die Außen- und die Dachkonstruktion des Gebäudes nicht ausgewirkt. Chemische Analysen hätten gezeigt, dass an dem Gebäude keine Rückstände von gefährlichen Stoffen (Rußanhaftungen oder brandbedingte Verklebungen) vorhanden gewesen seien. Ein vollständiger oder teilweiser Abriss des Gebäudes sei brandbedingt nicht erforderlich gewesen, worauf der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden sei. Angesichts des vergleichweise geringen Umfangs der danach durch den Brand verursachten Schäden kann trotz des für die Versicherung berechneten wirtschaftlichen Schadens von jeweils netto 186.000,– EUR Neuwert bzw. rund 152.500,– EUR Zeitwert nicht angenommen werden, die Instandsetzung des Wohnhauses sei wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen.
Die Voraussetzungen einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB sind gleichfalls nicht gegeben. Danach ist die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter anderem dann bevorzugt zulässig, wenn das vorhandene Gebäude Missstände oder Mängel aufweist (Buchst. b). Mängel in diesem Sinn liegen insbesondere vor, wenn durch Abnutzung, Alterung oder Einwirkungen Dritter die bestimmungsgemäße Nutzung der baulichen Anlage nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (vgl. Söfker, a. a. O., § 35 Rdnr. 41; Rieger in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 35 Rdnr. 139). Mängel oder Missstände, die ein vernünftiger Eigentümer durch Modernisierung oder Instandsetzung beheben würde, sind demgegenüber nicht geeignet, einen Ersatzbau zu rechtfertigen (vgl. Rieger, a. a. O.).
Selbst wenn die Balkenkonstruktion des Wohnhauses – wie vom Kläger geltend gemacht – schon vor dem Brandereignis aufgrund ihres Alters von etwa 200 Jahren, durch Verwurmung, aufsteigende Nässe und Verwitterung beeinträchtigt und eine Neigung des Gebäudes um etwa 20 cm vorhanden gewesen sein sollte, ist das Vorliegen derart erheblicher Missstände oder Mängel nicht ersichtlich. Der Annahme einer mehr als nur unerheblichen Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung des Wohnhauses schon vor Auftreten des Schwelbrandes stehen nicht nur die vorliegenden Fotoaufnahmen des Wohnhauses, sondern auch die Angaben des Bausachverständigen H. entgegen, nach denen das Gebäude sogar nach dem Brand unschwer so hätte hergerichtet werden können, dass es uneingeschränkt bewohnbar gewesen wäre. Eine durch die angeführten Beeinträchtigungen der Bausubstanz eingetretene wesentliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung der baulichen Anlage hat im Übrigen auch der Kläger nicht substantiiert geltend gemacht. Der Brandschaden kann in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung finden, weil der Gesetzgeber insoweit mit § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine speziellere Vorschrift geschaffen hat.
Aber auch dann, wenn zu Gunsten des Klägers eine Teilprivilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB angenommen würde, steht der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens die Beeinträchtigung der Belange des Denkmalschutzes im Hinblick auf die benachbart gelegene Scheune als Baudenkmal entgegen. Bei der Teilprivilegierung eines Vorhabens nach § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB können dem Vorhaben lediglich die in der Vorschrift ausdrücklich genannten öffentlichen Belange nicht entgegengehalten werden. Zu diesen gehören die Belange des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB jedoch nicht, weshalb ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung auch bei Annahme des Vorliegens einer Teilprivilegierung nicht begründet ist.
Ist das Vorhaben damit bereits bauplanungsrechtlich unzulässig, kann offen bleiben, ob auch Vorschriften des Bauordnungsrechts der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen.
Wie die Versagung der Baugenehmigung ist auch der dazu ergangene Kostenbescheid der Beklagten vom 27. August 2009 rechtlich nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage von § 1 Abs. 2 Satz 1 der Nds. Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Bauaufsicht (Baugebührenordnung) i. V. m. § 11 Abs. 3 NVwKostG lässt die Entscheidung der Beklagten, die Verwaltungsgebühren trotz Versagung der begehrten Baugenehmigung nicht zu ermäßigen, Ermessensfehler nicht erkennen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift kann die Gebühr bis auf ein Viertel des vollen Betrages ermäßigt werden, wenn ein Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung ganz oder teilweise abgelehnt wird. Die Norm eröffnet der Behörde die Möglichkeit, im Einzelfall der Enttäuschung des Antragstellers über den Misserfolg im Verwaltungsverfahren durch eine Reduzierung der Gebühren Rechnung zu tragen, was vor allem dann angemessen erscheint, wenn der entstandene Verwaltungsaufwand im Vergleich zu dem bei einer Stattgabe des Antrags zu erwartenden Aufwand relativ gering war (vgl. Loeser/Barthel, NVwKostG, Stand: Juli 2010, § 11, Anm. 5).
Dass der Beklagten bei der Bearbeitung des Bauantrages des Klägers nur ein vergleichsweise niedriger Verwaltungsaufwand entstanden wäre, ist nicht zu erkennen. Unter Berücksichtigung des Verwaltungsvorgangs überzeugt vielmehr der Vortrag der Beklagten, dass wegen eines intensiven Schriftwechsels, verschiedener Gespräche mit dem Kläger und der Beteiligung unterschiedlicher Ebenen der Beklagten ein Verwaltungsaufwand angefallen ist, der deutlich über das bei vergleichbaren Vorhaben im Falle der Versagung der begehrten Baugenehmigung entstehende Maß hinausgeht. Vor diesem Hintergrund begegnet die vor Erlass des Kostenbescheides getroffene Entscheidung der Beklagten, die Gebühren nicht zu ermäßigen, keinen rechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
In Anlehnung an den Streitwertkatalog des Nds. Oberverwaltungsgerichts (abgedruckt in: Nds. VBl. 2002, 192) wird der Wert des Streitgegenstandes gemäß § 52 Abs. 1 GKG hinsichtlich der Erteilung der begehrten Baugenehmigung mit 15.000,– EUR angenommen. Dieser Betrag ist wegen der vom Kläger begehrten Ermäßigung der Verwaltungsgebühren des angegriffenen Kostenbescheides um 209,30 EUR zu erhöhen (829,– EUR Verwaltungsgebühren x 1/4 zzgl. 2,05 EUR Auslagen).