Stundenlohnverträge für Bauleistungen geringeren Umfangs
Im Bauhandwerk ist sehr häufig scherzhaft davon die Rede, dass Handwerker mit einer etwas langsameren Arbeitsgeschwindigkeit naturgemäß auf Stundenbasis bezahlt werden und sich deshalb bei der Arbeit Zeit nehmen würden. Obgleich diese Ansicht selbstverständlich nicht verallgemeinert werden darf, ist es jedoch ein Faktum, dass Stundenlohnvereinbarungen bei Werkverträgen auf der Grundlage der VOB/B durchaus vorkommen. Diese Stundenlohnvereinbarungen müssen jedoch gemäß dem § 2 Nr. 2 der VOB/B ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen und auch die Abrechnung darf nicht einfach willkürlich erfolgen.
Stundenlohnverträge in der VOB eher eine Seltenheit
Vorweggeschickt werden muss an dieser Stelle auch, dass die reinen Stundenlohnverträge in der gängigen Praxis als echte Seltenheit angesehen werden müssen. Für gewöhnlich wird eine derartige Vereinbarung lediglich bei sehr kleinen Baumaßnahmen, deren Arbeitsumfang im Vorfeld sehr genau überschaut werden kann, zur Anwendung gebracht.
Sollte es aber dennoch dazu kommen muss der Auftraggeber natürlich wissen, was genau der § 2 Nr. der VOB/B besagt. Als Grundvoraussetzung für einen Stundenlohnvertrag wird die gegenseitige ausdrücklich ausformulierte Vereinbarung beider Vertragsparteien angesehen.
Die sogenannten stillschweigenden Vereinbarungen sind für einen Vergütungsanspruch auf Stundenlohnvertragsbasis nicht ausreichend.
In dieser Vereinbarung müssen zwingend vorhanden sein:
- die Bezeichnung, dass die Arbeiten auf Stundenlohnvertragsbasis erfolgen
- die Höhe des Stundenlohns
Bei Stundenlohnverträgen, in denen keine Stundenlohnansätze auf der Grundlage des § 15 Nr. 1 I VOB/B vereinbart wurden, wird der § 15 Nr. 1 II angewandt. Der Auftragnehmer ist dann berechtigt, die allgemeinen ortsüblichen Stundenlohnsätze abzurechnen. Mit dieser Regelung orientiert sich der § 15 Nr. 1 II VOB/B an dem § 632 II des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Die Abrechnung muss jedoch auf der Basis
- ortsüblicher Stundenlohn der jeweiligen Branche
- bei einem vergleichbaren Gewerk
- bei einem vergleichbaren Ausführungszeitpunkt
erfolgen. Sollte eine derartige Abrechnung unmöglich sein hat die VOB/B eine anderweitige Abrechnung vorgesehen. In diesem Fall erfolgt die Abrechnung auf der Grundlage zweier Ansatzpunkte:
- die realen verauslagten Aufwendungen des Auftragnehmers
- angemessene Zuschläge für Gewinn sowie Gemeinkosten
Die realen verauslagten Aufwendungen des Auftragnehmers
In der gängigen Praxis beinhalten die real verauslagten Aufwendungen des Auftragnehmers für gewöhnlich sieben Punkte:
- Lohn- sowie Gehaltskosten des Bauprojekts
- Lohn- sowie Gehaltsnebenkosten des Bauprojekts
- Materialkosten für das Bauprojekt
- Maschinen sowie Gerätschaften nebst maschineller Anlagen des Bauprojekts
- die Kosten der Einrichtung
- Sonderkosten sowie Sozialkassenbeiträge
- Lade-, Fuhr- sowie Frachtkosten
Aus diesen Punkten ermittelt der Auftragnehmer dann den tatsächlich entstandenen Aufwand für das Projekt. Auf diese Kosten werden dann die angemessenen Zuschläge aufgeschlagen. Die Zuschläge werden aus den Punkten
- Unternehmenswagnis zuzüglich Umsatzsteuer
- Gewinnzuschlag
- Gemeinkostenzuschlag
gebildet. Aus diesen beiden Ansätzen bildet sich dann letztlich der Ansatz für den Stundenlohn.
Sollte das Bauprojekt gem. § 15 Nr. 2 der VOB/B eine Aufsichtsperson erfordern, so ist der Auftraggeber zur Vergütung dieser Person verpflichtet.
Pflichten des Auftragnehmers
Sofern ein Einsatz auf der Grundlage eines Stundenlohnvertrages erfolgt ist der Auftragnehmer verpflichtet, dem Auftraggeber sowohl den Beginn der Tätigkeit als auch die Beendigung anzuzeigen. Die Abrechnungen der geleisteten Stunden müssen bei längerfristigen Maßnahmen im Abstand von vier Wochen eingereicht werden. Bei kurz- und mittelfristigen Projekten sind die Abrechnungen der geleisteten Stunden spätestens unmittelbar nach Beendigung der Arbeitstätigkeit vorzulegen. Die Abrechnung der geleisteten Stunden erfolgt auf der Basis des § 16 der VOB/B.
Der Auftragnehmer ist gemäß der VOB/B dazu verpflichtet, eine Transparenz auf der Stundenlohnabrechnung herzustellen. Die geleisteten Stunden müssen hierbei getrennt von den Kosten für Material etc. aufgeführt werden. Überdies müssen auch die geleisteten Tätigkeiten sehr klar formuliert aufgeführt werden.
Pflichten des Auftraggebers
Ein Auftraggeber ist dazu verpflichtet, die vorgelegten Stundenlohnnachweise innerhalb einer Frist von 6 Werktagen an den Auftragnehmer zurückzugeben. Bei der Rückgabe innerhalb dieser Frist muss der Auftraggeber auch etwaige Vorbehalte benennen. Erfolgt dies nicht so gilt die Abrechnung rechtlich gesehen als genehmigt bzw. anerkannt. Dieses Anerkenntnis bezieht sich allerdings alleinig auf die Angaben des Auftragnehmers. Weitergehende Vorbehalte im Hinblick auf die Notwendigkeit von Maßnahmen etc. können von dem Auftraggeber auch nach dem Ablauf der 6-Werktage-Frist vorgebracht werden.
Der Bundesgerichtshof hat in der NZBau aus dem Jahr 2004 die Auffassung veröffentlicht, dass eine nachträgliche Stundenlohnvereinbarung in konkludenter Form rechtsgeschäftliche Willenserklärungen benötigen. Diese Willenserklärungen ergeben sich nicht allein aus dem Umstand, dass der Stundenlohnnachweis von einem Bauleiter unterschrieben wurde.
Der Unterzeichner der nachträglichen Stundenlohnvereinbarung muss auf der Grundlage einer erteilten Vollmacht der Person erstellt worden sein, welche anschließend die Stundenlohnnachweise auch unterzeichnet. Sollte ein Bauleiter oder auch ein Architekt eine Vollmacht zur Unterzeichnung der Stundenlohnnachweise erteilen, so stellt dies nicht automatisch eine Vollmacht für einen Stundenlohnvertrag dar.
Das Oberlandesgericht München hat festgestellt, dass die Abrechnung der Stundenlohnarbeiten weitergehende Belege erfordert. Diese Belege belaufen sich auf die Darlegung der Tätigkeiten, insbesondere dann, wenn die Tätigkeiten
- nicht im ursprünglich vereinbarten Pauschal- oder Einheitspreis enthalten sind
- die ausdrücklich als Stundenlohntätigkeit bezifferte Zusatzleistung vor Tätigkeitsbeginn vereinbart wurde
- der entsprechende Auftrag von einem Vollmachtsinhaber ausgegeben wurde
Durch die Bestätigung von entsprechenden Stundenlohnzetteln gilt rechtlich gesehen als deklaratorisches Anerkenntnis, sodass lediglich die Beweislast sowie die Darlegungslast umgekehrt wird. Der Auftraggeber hat jedoch dann immer noch die Möglichkeit, die fehlende Richtigkeit der Nachweise durch Vorlage von entsprechenden Belegen nachzuweisen und somit die Abrechnung anzuzweifeln. Mitunter ist jedoch der Gang zu einem Rechtsanwalt erforderlich, welcher über die entsprechende Fachkompetenz und Erfahrung verfügt. Wir stehen hierfür sehr gern zur Verfügung.