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Verlust von Gewährleistungsansprüchen durch vorbehaltlose Abnahme

Der Traum von der eigenen Neubau-Eigentumswohnung kann schnell platzen, wenn Mängel am Bau auftauchen. Besonders knifflig wird es, wenn das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, etwa bei der Barrierefreiheit oder Technik im Keller. Ein Urteil des OLG Brandenburg stärkt nun die Käufer: Sie können vom Bauträger auch allein einen hohen Vorschuss für solche Reparaturen verlangen. Das gilt selbst dann, wenn die Eigentümergemeinschaft noch keinen gemeinsamen Weg zur Mängelbeseitigung gefunden hat – und die Umsatzsteuer ist auch fällig.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 U 54/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Brandenburg
  • Datum: 10.04.2025
  • Aktenzeichen: 10 U 54/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Bauvertragsrecht, Werkvertragsrecht, Wohnungseigentumsrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Erwerber einer Eigentumswohnung von einem Bauträger. Sie verlangten Vorschuss für die Mangelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum, insbesondere für eine unzureichende Entrauchungsanlage im Keller und fehlende Barrierefreiheit der Terrassenzugänge, sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer.
  • Beklagte: Der Bauträger, der die Eigentumswohnung an die Kläger verkauft hat. Er bestritt die Mängel und die Höhe der Vorschussansprüche und erhob Widerklage auf Zahlung restlichen Kaufpreises.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Die Kläger kauften vom Beklagten, einem Bauträger, eine neu errichtete Eigentumswohnung. Es gab Streitigkeiten über Mängel am Gemeinschaftseigentum. Die Kläger verlangten Vorschuss für die Beseitigung dieser Mängel, während der Beklagte restlichen Kaufpreis forderte.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die einzelnen Erwerber einer Eigentumswohnung Vorschuss für Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend machen können, auch wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Mängelrechte nicht selbst verfolgt, und ob die Umsatzsteuer im Vorschuss enthalten ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht hat das Urteil der Vorinstanz teilweise geändert. Der Beklagte wurde verurteilt, den Klägern zusätzlich zum bereits zugesprochenen Betrag einen weiteren Vorschuss für die Mangelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum (Entrauchung, Barrierefreiheit) in Höhe von 21.551 Euro an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die einzelnen Erwerber grundsätzlich befugt sind, Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen und die Höhe des Vorschusses geschätzt werden kann. Die Mangelhaftigkeit der Terrassenzugänge ergab sich aus der vertraglichen Baubeschreibung zur Barrierefreiheit. Der Vorschuss umfasst auch die anfallende Umsatzsteuer.
  • Folgen: Der Beklagte muss die zusätzliche Vorschusszahlung leisten. Der Gesamtbetrag des Vorschusses für Mangelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum erhöht sich entsprechend. Die Kosten des Rechtsstreits wurden neu verteilt und eine Revision wurde nicht zugelassen.

Der Fall vor Gericht


OLG Brandenburg: Bauträger muss Vorschuss für Mängel an Kellerentrauchung und Barrierefreiheit zahlen – Auch ohne WEG-Beschluss und inklusive Umsatzsteuer

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg (Az.: 10 U 54/24) vom 10. April 2025 stärkt die Rechte von Käufern einer Neubau-Eigentumswohnung gegenüber Bauträgern.

Käufer zeigt Mängel bei Neubauwohnung: Kellerentrauchung und barrierefreier Zugang
Bauträger übergibt Neubau-Eigentumswohnung mit Mängeln: unzureichende Kellerentrauchung und barrierefreier Terrassenzugang. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht entschied, dass Wohnungseigentümer auch dann Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum verlangen können, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Geltendmachung der Mängelrechte nicht förmlich an sich gezogen hat. Zudem bestätigte das OLG den Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer auf den Vorschussbetrag. Im konkreten Fall ging es um eine unzureichende Entrauchungsanlage im Keller und fehlende Barrierefreiheit der Terrassenzugänge.

Der Ausgangspunkt: Streit um Mängel an Neubau-Eigentumswohnung und Gemeinschaftseigentum

Die späteren Käufer erwarben im Jahr 2020 von einem Bauträger eine neu zu errichtende Erdgeschosswohnung in einer Wohnanlage. Der Bauträger hatte für die Bauausführung eine Generalunternehmerin beauftragt. Bereits während und nach der Errichtung des Gebäudes kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen über die Mangelfreiheit sowohl des Sondereigentums (also der Wohnung selbst) als auch des Gemeinschaftseigentums (Teile des Gebäudes, die allen Eigentümern gemeinsam gehören).

Die Käufer rügten diverse Mängel und forderten vom Bauträger einen Vorschuss zur Mangelbeseitigung, Schadensersatz sowie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Sie machten außerdem ein Zurückbehaltungsrecht am Kaufpreis geltend. Der Bauträger wiederum forderte per Widerklage die Zahlung des restlichen Kaufpreises.

Das Landgericht Potsdam hatte in erster Instanz der Widerklage des Bauträgers vollumfänglich stattgegeben und der Klage der Käufer nur teilweise. Es sprach den Käufern zwar einen Vorschuss in Höhe von 79.100 Euro zu, jedoch ohne die darauf entfallende Umsatzsteuer. Zwei wesentliche Mängel am Gemeinschaftseigentum, für die die Käufer ebenfalls Vorschuss forderten, blieben unberücksichtigt: die Entrauchungsöffnung im Keller und die Barrierefreiheit der Terrassenzugänge.

Die Knackpunkte im Berufungsverfahren: Vorschuss für Kellerentrauchung und barrierefreie Terrassenzugänge sowie Umsatzsteuer

Die Käufer legten gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein und verfolgten ihre abgewiesenen Vorschussansprüche weiter. Konkret forderten sie:

  1. 2.500 Euro für die Herstellung einer ordnungsgemäßen Entrauchungsöffnung im Keller.
  2. 3.300 Euro für die Beseitigung der fehlenden Barrierefreiheit der Terrassenzugänge, die entgegen der Baubeschreibung mit 8 cm hohen Schwellen ausgeführt worden waren.
  3. Die auf den gesamten Vorschussbetrag (inklusive der bereits erstinstanzlich zugesprochenen Summe) entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 15.751 Euro.

Die Käufer hatten dem Bauträger bereits im September 2021 eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt, die dieser erfolglos verstreichen ließ. Sie argumentierten, das Landgericht hätte bezüglich der Entrauchung entweder einen Sachverständigen hinzuziehen oder zumindest einen Mindestbetrag schätzen müssen. Hinsichtlich der Barrierefreiheit sei diese vertraglich in der Baubeschreibung zugesichert gewesen. Die Umsatzsteuer sei vom Landgericht schlicht übersehen worden.

Der Bauträger verteidigte sich damit, dass die Mängel und die Kostenhöhe nicht zuträfen. Bezüglich der Barrierefreiheit meinte er, die Käufer hätten ihre Mängelrechte durch eine Abnahme in Kenntnis des Mangels gemäß § 640 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verloren. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die WEG die Mängel überhaupt beseitigen wolle. Auch die Forderung nach Umsatzsteuer sei in erster Instanz nicht korrekt geltend gemacht worden.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg: Zusätzlicher Vorschuss für Wohnungskäufer, zahlbar an die WEG

Das Oberlandesgericht Brandenburg gab der Berufung der Käufer statt und änderte das Urteil des Landgerichts Potsdam teilweise ab. Der Bauträger wurde verurteilt, zusätzlich zu den bereits zugesprochenen 79.100 Euro weitere 21.551 Euro an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 2.500 Euro für die Entrauchungsanlage, 3.300 Euro für die Herstellung der Barrierefreiheit der Terrassenzugänge und 15.751 Euro Umsatzsteuer auf den gesamten Nettovorschussbetrag. Damit beläuft sich der gesamte Vorschussanspruch nun auf 100.651 Euro zuzüglich Zinsen.

Die Kosten des Rechtsstreits wurden neu verteilt. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Die Urteilsbegründung des OLG Brandenburg im Detail

Das OLG begründete seine Entscheidung ausführlich und ging auf alle strittigen Punkte ein.

Klagebefugnis einzelner Eigentümer: Ja, auch ohne WEG-Beschluss zur Mängelverfolgung am Gemeinschaftseigentum

Ein zentraler Punkt war die Frage, ob die Käufer als einzelne Wohnungseigentümer überhaupt berechtigt waren, die Vorschussansprüche für Mängel am Gemeinschaftseigentum gerichtlich geltend zu machen (Aktivlegitimation). Das OLG bejahte dies klar. Der Anspruch auf Nacherfüllung, und damit auch der Vorschussanspruch zur Mangelbeseitigung nach §§ 650u, 637 Abs. 3, 633 BGB, steht jedem Erwerber individuell aus seinem Vertrag mit dem Bauträger zu. Dieses Recht fällt nicht automatisch unter die alleinige Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 9a Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG).

Zwar kann die WEG die Durchsetzung solcher Rechte durch einen Mehrheitsbeschluss an sich ziehen („Ansichziehungsbeschluss“). Im vorliegenden Fall hatten die Käufer jedoch vorgetragen, dass ein entsprechender Beschlussantrag von der Gemeinschaft abgelehnt worden war. Solange kein solcher Beschluss vorliegt, der die Gemeinschaft zur alleinigen Verfolgung ermächtigt, können einzelne Eigentümer ihre Rechte selbstständig verfolgen. Die Zahlung des Vorschusses muss dann allerdings korrekterweise an die WEG erfolgen, da das Geld für die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gedacht ist.

Auch das Argument des Bauträgers, eine Mangelbeseitigung durch die Gemeinschaft sei möglicherweise gar nicht beabsichtigt, ließ das Gericht nicht gelten. Sollte die WEG den Vorschuss erhalten, die Mängel aber nicht beseitigen, steht dem Bauträger ein Rückforderungsanspruch gemäß § 637 Abs. 3 Fall 2 BGB (analog) zu. Die ursprüngliche Formulierung des Berufungsantrags der Käufer auf Zahlung an sich selbst sei auslegungsfähig gewesen; es war offensichtlich, dass – wie schon in der ersten Instanz – die Zahlung an die WEG erfolgen sollte.

Mangel an Kellerentrauchung: Gericht schätzt Kosten für Nachbesserung auf 2.500 Euro

Das Gericht stellte fest, dass ein Mangel an der Entrauchungsanlage im Keller vorliegt, da diese nach den Feststellungen eines Sachverständigen unzureichend dimensioniert ist. Den Vorschussanspruch in Höhe von 2.500 Euro hielt das OLG für gerechtfertigt. Die Höhe des Vorschusses bemisst sich nach den voraussichtlich erforderlichen Kosten und kann vom Gericht gemäß § 287 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) geschätzt werden. Genauere Feststellungen sind für einen Vorschussanspruch entbehrlich, da über den Vorschuss nach erfolgter Mangelbeseitigung ohnehin abgerechnet werden muss.

Die Käufer hatten die Summe von 2.500 Euro unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten genannt. Ein solches Privatgutachten stellt zwar formal nur substantiierten Parteivortrag dar, liefert aber bei den gelockerten Anforderungen an die Darlegung eines Vorschussanspruchs eine ausreichende Grundlage für die richterliche Schätzung. Das Landgericht hätte hier, anders als von ihm angenommen, eine Schätzung vornehmen können und müssen. Wenn feststeht, dass ein erheblicher Schaden entstanden ist, die genaue Höhe aber nicht bestimmbar ist, kann ein Mindestschaden geschätzt werden. Angesichts des lediglich einfachen Bestreitens durch den Bauträger war die Schätzung von 2.500 Euro nicht zu beanstanden.

Barrierefreiheit der Terrassenzugänge: Vertragliche Zusage im Bauträgervertrag entscheidend, 3.300 Euro Vorschuss

Auch den Vorschussanspruch für die Herstellung der Barrierefreiheit der Terrassenzugänge in Höhe von 3.300 Euro sprach das OLG den Käufern zu.
Zunächst verneinte das Gericht einen Ausschluss der Mängelrechte nach § 640 Abs. 3 BGB wegen einer angeblich unbedingten Abnahme durch die Käufer. Für einen solchen Ausschluss wäre erforderlich gewesen, dass die Käufer bei der Abnahme positive Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Werks hatten. Die bloße Wahrnehmung des äußeren Erscheinungsbildes, also der 8 cm hohen Türschwellen, reicht hierfür nicht aus. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Käufer zum Zeitpunkt der Abnahme wussten, dass diese Schwellenhöhe einen Mangel im Hinblick auf die geschuldete Barrierefreiheit darstellt.

Ein Mangel im Sinne des § 633 BGB liegt nach Ansicht des Gerichts vor. Die Terrassenschwellen sind dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen. Die Mangelhaftigkeit ergibt sich hier direkt aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. In der Baubeschreibung, die wesentlicher Bestandteil des Bauträgervertrags ist, war unter Ziffer 3.9 ausdrücklich festgehalten, dass die Erdgeschosswohnungen „barrierefrei geplant“ sind. Eine solche Ankündigung in der Baubeschreibung begründet eine vertragliche Verpflichtung des Bauträgers zur barrierefreien Errichtung. Die unstreitig vorhandenen 8 cm hohen Türschwellen zu den Terrassen entsprechen dieser vertraglichen Anforderung an die Barrierefreiheit nicht. Ob zusätzlich ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften wie die Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) vorliegt, war für die Frage des vertraglichen Mangels nicht entscheidend.

Die Höhe des Vorschussanspruchs von 3.300 Euro konnte das Gericht ebenfalls nach § 287 Abs. 2 ZPO auf Basis des von den Käufern vorgelegten Privatgutachtens schätzen.

Vorschuss inklusive Umsatzsteuer: Käufer haben Anspruch auf Bruttobetrag in Höhe von 15.751 Euro

Das OLG Brandenburg bestätigte auch den Anspruch der Käufer auf Zahlung der Umsatzsteuer auf den Vorschuss. Der Vorschussanspruch umfasst die zukünftig bei der Mangelbeseitigung durch Fachfirmen anfallende Umsatzsteuer, da die Käufer als Privatpersonen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dass über den Vorschuss nach Durchführung der Mangelbeseitigung abgerechnet werden muss und der Bauträger eventuell zu viel gezahlte Beträge zurückfordern kann, benachteiligt ihn nicht unangemessen.

Die Käufer hatten die Umsatzsteuer bereits in erster Instanz ausdrücklich („insgesamt brutto“) geltend gemacht. Aber selbst wenn sie dies erstmalig in der Berufung getan hätten, wäre dies laut OLG gemäß § 533 ZPO zulässig gewesen, da die Klärung dieser Frage sachdienlich war.
Die Höhe der Umsatzsteuer von 15.751 Euro errechnete sich aus dem bereits erstinstanzlich zugesprochenen Nettobetrag (79.100 Euro abzüglich eines bereits mit Umsatzsteuer zugesprochenen Teilbetrags von 2.000 Euro für Schallisolierung, also 77.100 Euro) zuzüglich der im Berufungsverfahren neu zugesprochenen Nettobeträge von 5.800 Euro (2.500 Euro + 3.300 Euro). Auf die Gesamtsumme von 82.900 Euro netto entfallen 19 % Umsatzsteuer, was 15.751 Euro ergibt.

Weitere Aspekte: Zinsen und Kosten des Rechtsstreits

Die Zinsansprüche der Käufer ergeben sich aus den gesetzlichen Regelungen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB). Die Kostenentscheidung der ersten Instanz musste aufgrund des zusätzlichen Erfolgs der Käufer in der Berufung angepasst werden. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Bauträger als unterlegene Partei vollständig zu tragen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da der Fall keine grundsätzliche Bedeutung habe und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des obersten deutschen Zivilgerichts erfordere.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Brandenburg-Urteil stärkt Wohnungseigentümer, indem es ihnen erlaubt, Vorschüsse für Mängel am Gemeinschaftseigentum (wie fehlerhafte Kellerentrauchung und nicht barrierefreie Terrassenzugänge) auch ohne WEG-Beschluss direkt vom Bauträger einzufordern. Die Entscheidung bestätigt zudem, dass der Vorschuss die Umsatzsteuer einschließen muss, da private Eigentümer nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind. Für Käufer von Eigentumswohnungen bedeutet dies eine wesentliche Vereinfachung bei der Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber Bauträgern, da sie nicht auf einen möglicherweise schwierig zu erlangenden WEG-Beschluss angewiesen sind.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Bedeutung hat die „vorbehaltlose Abnahme“ im Zusammenhang mit Gewährleistungsansprüchen bei Bauleistungen?

Im Baurecht bedeutet die Abnahme im Grunde, dass der Bauherr (oder Auftraggeber) das erstellte Bauwerk oder die erbrachten Leistungen als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein Haus oder lassen Ihr Bad renovieren: Die Abnahme ist der Moment, in dem Sie sagen: „Ja, das ist so weit in Ordnung und ich übernehme es.“ Mit der Abnahme beginnen wichtige Fristen zu laufen, zum Beispiel die für die Gewährleistung (die Haftung des Bauunternehmers für Mängel).

Eine „vorbehaltlose Abnahme“ liegt vor, wenn Sie die Bauleistung annehmen, ohne gleichzeitig bestimmte Mängel oder Probleme zu benennen und deren Behebung einzufordern. Sie erklären die Leistung also als vollständig und ohne Einwände angenommen.

Der springende Punkt bei der vorbehaltlosen Abnahme ist, ob Ihnen Mängel bereits zum Zeitpunkt der Abnahme bekannt waren. Wenn Sie bei der Abnahme einen bestimmten Mangel sehen oder davon wissen (z.B. ein Kratzer im Fenster, eine undichte Stelle, eine schiefe Wand) und die Leistung trotzdem vorbehaltlos abnehmen, also keinen Vorbehalt bezüglich dieses spezifischen Mangels äußern, kann das gravierende Folgen haben.

Die Konsequenz einer vorbehaltlosen Abnahme für bekannte Mängel ist: Sie verlieren in der Regel Ihre Gewährleistungsrechte bezüglich dieser Mängel. Das bedeutet, Sie können vom Bauunternehmer später nicht mehr verlangen, dass er genau diesen Mangel kostenlos repariert. Es wird davon ausgegangen, dass Sie den Mangel in Kauf genommen haben, als Sie die Leistung ohne Vorbehalt akzeptiert haben.

Für Mängel, die Ihnen bei der Abnahme nicht bekannt waren (sogenannte „versteckte Mängel“), behalten Sie Ihre Gewährleistungsansprüche in der Regel weiterhin. Die Gewährleistungsfrist, innerhalb derer solche Mängel gerügt werden können, beginnt mit der Abnahme zu laufen.

Zusammengefasst ist die vorbehaltlose Abnahme bei bekannten Mängeln so etwas wie eine stillschweigende Akzeptanz des Mangels, die dazu führt, dass der Bauherr sein Recht verliert, dessen spätere Beseitigung im Rahmen der Gewährleistung zu verlangen. Daher ist es wichtig, bei der Abnahme alle sichtbaren Mängel genau zu dokumentieren und die Abnahme gegebenenfalls nur unter Vorbehalt dieser Mängel zu erklären.


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Was ist der Unterschied zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum und warum ist diese Unterscheidung relevant für Mängelansprüche?

Wenn Sie eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus kaufen, das nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufgeteilt ist, erwerben Sie zwei Arten von Eigentum: Sondereigentum und einen Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, besonders wenn es um Mängel geht.

Sondereigentum

Sondereigentum ist im Grunde Ihr persönlicher Bereich innerhalb des Gebäudes. Stellen Sie sich das wie Ihre abgeschlossene Wohnung vor. Es gehört nur Ihnen allein. Typischerweise gehören dazu die Innenräume Ihrer Wohnung:

  • die Wände (aber nicht die tragenden Teile)
  • die Böden (aber nicht der darunterliegende Estrich oder die Decke des Nachbarn)
  • die Decken (aber nicht die darüberliegende Decke oder der Boden des Nachbarn)
  • Türen innerhalb Ihrer Wohnung
  • Fenster und Balkone, soweit sie nicht die äußere Gestaltung des Gebäudes betreffen (z.B. der reine Innenrahmen eines Fensters oder der Bodenbelag auf dem Balkon, aber nicht die Fassade oder das Geländer).

Für Mängel, die ausschließlich Ihr Sondereigentum betreffen, sind in der Regel Sie als Eigentümer selbst verantwortlich. Sie müssen sich um Reparaturen kümmern und die Kosten tragen. Wenn ein Handwerker in Ihrer Wohnung einen Mangel verursacht, können Sie Ansprüche direkt gegen diesen Handwerker geltend machen.

Gemeinschaftseigentum

Gemeinschaftseigentum gehört allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Es sind die Teile des Gebäudes und der Anlage, die für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes notwendig sind oder dem gemeinsamen Gebrauch dienen. Stellen Sie sich das wie die „Außenhaut“ und die Infrastruktur des Hauses vor. Dazu gehören beispielsweise:

  • das Grundstück und die Außenanlagen
  • das Fundament, tragende Wände und Decken
  • das Dach
  • die Fassade
  • Fenster und Balkone in ihrer Funktion als Teil der Gebäudehülle
  • Treppenhaus und Flure
  • gemeinsame Versorgungsleitungen (Wasser, Heizung, Strom) bis zur Abzweigung in die einzelnen Wohnungen
  • Heizungsanlage, Fahrstuhl
  • gemeinsame Kellerräume, Fahrradkeller, Waschküche

Für Mängel am Gemeinschaftseigentum ist die gesamte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (die sogenannte WEG) verantwortlich. Die Kosten für Instandhaltung und Reparatur werden in der Regel von allen Eigentümern gemeinsam getragen, meist entsprechend ihrer Miteigentumsanteile.

Relevanz für Mängelansprüche

Die Unterscheidung ist bei Mängeln entscheidend, denn sie bestimmt, wer für den Mangel zuständig ist und wer Mängelansprüche geltend machen kann:

  • Mängel am Sondereigentum: Ist der Mangel an einem Teil, der eindeutig nur zu Ihrem Sondereigentum gehört (z.B. ein defekter Wasserhahn in Ihrer Küche), dann liegt die Verantwortung und das Recht, Mängelansprüche zu verfolgen, bei Ihnen als Sondereigentümer.
  • Mängel am Gemeinschaftseigentum: Betrifft der Mangel einen Teil, der zum Gemeinschaftseigentum gehört (z.B. ein undichtes Dach, ein Riss in der Fassade, ein defektes Fenster als Teil der Außenhülle), dann ist die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zuständig und hat in der Regel auch die Rechte, Mängelansprüche geltend zu machen. Das bedeutet, einzelne Eigentümer können solche Ansprüche oft nicht alleine verfolgen, sondern die Gemeinschaft muss durch ihren Verwalter oder einen gemeinsamen Beschluss handeln. Dies gilt auch dann, wenn ein Mangel am Gemeinschaftseigentum Auswirkungen auf Ihr Sondereigentum hat (z.B. Wasser, das durch ein undichtes Dach in Ihre Wohnung läuft). Der Mangel ist am Gemeinschaftseigentum, auch wenn der Schaden in Ihrem Sondereigentum auftritt. Die Ansprüche gegen den Verursacher des Mangels am Gemeinschaftseigentum (z.B. Bauunternehmer) stehen der Gemeinschaft zu.

Diese klare Trennung regelt, wer für was zuständig ist, wer die Kosten trägt und wer im Falle von Baumängeln oder Schäden aktiv werden muss.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Wohnungseigentümer Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum verlangen, auch ohne Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)?

Normalerweise werden Entscheidungen über die Reparatur und Instandsetzung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum – also den Teilen des Gebäudes, die allen Wohnungseigentümern gehören (z. B. Dach, Fassade, Treppenhaus) – gemeinsam von der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) getroffen. Dies geschieht in der Regel durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung.

Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen ein einzelner Wohnungseigentümer einen Vorschuss für die Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum verlangen kann, auch ohne dass zuvor ein Beschluss der WEG gefasst wurde. Dies ist dann möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, die ein schnelles Handeln erforderlich machen.

Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind:

  • Es liegt ein Mangel am Gemeinschaftseigentum vor.
  • Dieser Mangel ist so bedeutend oder erfordert sofortiges Handeln, dass dringend Maßnahmen zur Reparatur erforderlich sind, um einen größeren oder weiteren Schaden zu verhindern. Stellen Sie sich zum Beispiel ein undichtes Dach vor, durch das Wasser in die darunterliegenden Wohnungen eindringt.
  • Die Verwaltung der WEG oder die WEG selbst wird nicht rechtzeitig tätig, obwohl die Dringlichkeit offensichtlich ist. Der Eigentümer muss also nicht warten, bis eine ordentliche Eigentümerversammlung einberufen wurde und einen Beschluss gefasst hat, wenn die Gefahr besteht, dass in der Zwischenzeit erhebliche Schäden entstehen.

Liegen diese Umstände vor, kann ein einzelner Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen von der WEG verlangen, dass ihm ein Vorschuss gezahlt wird. Dieser Vorschuss deckt die voraussichtlichen Kosten ab, die für die notwendige, eilige Mängelbeseitigung anfallen. Dies ermöglicht es dem Eigentümer, die erforderlichen Reparaturen selbst in Auftrag zu geben, um den Schaden schnell zu begrenzen.

Das Recht auf einen solchen Vorschuss ohne vorherigen WEG-Beschluss dient also dazu, Wohnungseigentümern ein Mittel an die Hand zu geben, dringend notwendige Reparaturen am Gemeinschaftseigentum auch dann zu ermöglichen, wenn die WEG untätig bleibt und größere Schäden drohen.


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Inwiefern spielt die Baubeschreibung eine Rolle bei der Beurteilung von Mängeln, insbesondere im Hinblick auf Barrierefreiheit?

Die Baubeschreibung ist ein zentrales Dokument beim Bau oder Kauf einer Immobilie. Stellen Sie sich die Baubeschreibung wie einen detaillierten Plan oder eine genaue Beschreibung dessen vor, was genau gebaut werden soll und welche Merkmale und Qualitäten das fertige Gebäude haben muss. Sie beschreibt zum Beispiel, welche Materialien verwendet werden, wie die Räume aufgeteilt sind, welche Art von Fenstern eingebaut wird oder welche Ausstattung die Bäder haben.

Wenn Sie einen Vertrag über den Bau oder den Kauf einer noch zu bauenden Immobilie abschließen, wird diese Baubeschreibung in der Regel zum festen Bestandteil dieses Vertrages. Das bedeutet, dass die darin enthaltenen Angaben verbindliche Zusagen sind. Der Bauherr oder Verkäufer verpflichtet sich vertraglich, genau das zu liefern, was in der Baubeschreibung steht.

Für Sie als Käufer oder Bauherrn ist das wichtig, weil die Baubeschreibung den vereinbarten Zustand des Gebäudes festlegt. Wenn das fertiggestellte Gebäude dann von dem abweicht, was in der Baubeschreibung beschrieben ist, kann dies einen Mangel darstellen. Ein Mangel liegt also vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit des Gebäudes nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht, die sich maßgeblich aus der Baubeschreibung ergibt.

Barrierefreiheit als Beispiel

Die Bedeutung der Baubeschreibung zeigt sich besonders deutlich bei spezifischen Merkmalen wie der Barrierefreiheit. Wenn in der Baubeschreibung ausdrücklich zugesichert wird, dass das Gebäude oder bestimmte Bereiche barrierefrei sein werden, dann ist dies eine bindende Vereinbarung. Die genauen Anforderungen an die Barrierefreiheit können dabei ebenfalls in der Baubeschreibung spezifiziert sein, zum Beispiel durch Verweise auf bestimmte Normen oder durch die Beschreibung konkreter Details wie Rampen, Türbreiten, höhenverstellbare Waschbecken oder schwellenfreie Zugänge.

Wenn das fertige Gebäude trotz der Zusage in der Baubeschreibung nicht die versprochenen Barrierefreiheitsmerkmale aufweist, stellt dies eine Abweichung dar. Eine solche Abweichung von einer verbindlichen Zusage in der Baubeschreibung wird in der Regel als Mangel angesehen.

Wie Gerichte die Baubeschreibung sehen und wer was beweisen muss

Wenn es zum Streit kommt und Gerichte beurteilen müssen, ob ein Mangel vorliegt, schauen sie sich die Baubeschreibung sehr genau an. Sie legen die Formulierungen darin aus, um herauszufinden, was genau versprochen wurde und was ein Käufer vernünftigerweise aufgrund der Beschreibung erwarten durfte. Dabei spielen oft auch die Umstände bei Vertragsabschluss und eventuelle mündliche Absprachen eine Rolle, auch wenn die Baubeschreibung meist das Wichtigste ist. Unklare Formulierungen können dabei manchmal zum Nachteil des Verfassers ausgelegt werden.

Wer behauptet, dass ein Mangel vorliegt, trägt in der Regel die Beweislast dafür. Das bedeutet: Sie müssten nachweisen, dass das Gebäude nicht so ist, wie es in der Baubeschreibung steht, oder dass es nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht, wenn die Baubeschreibung dazu nichts Konkretes sagt. Bei Abweichungen von der Baubeschreibung ist der Beweis oft einfacher: Sie können die tatsächliche Situation mit der schriftlichen Beschreibung vergleichen.


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Warum ist die Umsatzsteuer bei Vorschusszahlungen für Mängelbeseitigung relevant und wie wird sie berechnet?

Vorschusszahlungen für die Beseitigung von Mängeln, beispielsweise an einem Bauwerk, sind relevant für die Umsatzsteuer, weil sie als Zahlungen für eine zukünftige Leistung (die Reparaturarbeit) gelten. Auch wenn die Reparatur erst später erfolgt, wird die Umsatzsteuer auf solche Vorschüsse grundsätzlich schon bei Zahlung fällig. Dies liegt daran, dass die Umsatzsteuer eine Steuer auf den Leistungsaustausch ist, und eine Zahlung, die für eine bestimmte, wenn auch zukünftige, Leistung geleistet wird, diesen Austausch vorwegnimmt.

Für Sie bedeutet das, dass der Betrag, der für die Reparatur benötigt wird, sich nicht nur aus den reinen Material- und Arbeitskosten zusammensetzt. Die Handwerker oder Unternehmen, die die Mängel beseitigen, müssen auf ihre Arbeit und das Material Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Diese Steuer ist Teil der Gesamtkosten der Mängelbeseitigung.

Die Berechnung der Umsatzsteuer folgt dem gesetzlichen Steuersatz, der zum Zeitpunkt der Zahlung des Vorschusses gilt. Wenn Sie zum Beispiel einen Vorschuss von 1.000 Euro netto (also ohne Umsatzsteuer) für die Reparatur zahlen, und der aktuelle Umsatzsteuersatz beträgt 19 %, dann kommt die Umsatzsteuer hinzu.

Die Berechnung sieht vereinfacht so aus: Umsatzsteuerbetrag = Netto-Vorschussbetrag × Umsatzsteuersatz Beispiel: Umsatzsteuerbetrag = 1.000 Euro × 19 % = 190 Euro Der gesamte Vorschuss inklusive Umsatzsteuer wäre dann 1.000 Euro + 190 Euro = 1.190 Euro.

Falls ein Betrag als Brutto (inklusive Umsatzsteuer) verstanden wird, kann man den Netto-Betrag und die Steuer herausrechnen: Netto-Vorschussbetrag = Brutto-Vorschussbetrag ÷ (1 + Umsatzsteuersatz in Dezimalform) Beispiel: Netto-Vorschussbetrag = 1.190 Euro ÷ (1 + 0,19) = 1.190 Euro ÷ 1,19 = 1.000 Euro Der Umsatzsteuerbetrag = Brutto-Vorschussbetrag – Netto-Vorschussbetrag. Beispiel: Umsatzsteuerbetrag = 1.190 Euro – 1.000 Euro = 190 Euro.

Es ist wichtig zu wissen, dass der Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Mängelbeseitigung in der Regel den Ersatz der voraussichtlichen Kosten der Reparatur umfasst. Da die Kosten der Reparatur auch die Umsatzsteuer beinhalten, die der reparierende Betrieb abführen muss, muss der Betrag für die Umsatzsteuer oft gesondert mit geltend gemacht werden, um die vollen voraussichtlichen Kosten abzudecken. Dies stellt sicher, dass der Vorschuss ausreicht, um die Reparatur tatsächlich bezahlen zu können, inklusive der darauf anfallenden Steuer.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vorschussanspruch zur Mangelbeseitigung

Ein Vorschussanspruch zur Mangelbeseitigung ist das Recht eines Wohnungseigentümers, vom Bauträger vorab Geld zu verlangen, damit dieser Mängel am Gemeinschaftseigentum reparieren kann. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 650u, 637 Abs. 3 und 633 BGB, die die Rechte des Bestellers bei mangelhaften Bauleistungen regeln. Das bedeutet: Selbst bevor die Mängel vollständig behoben sind, kann ein Eigentümer einen angemessenen Kostenanteil als Vorschuss fordern, um eine zügige Mangelbeseitigung zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall erlaubt das Urteil auch einzelnen Eigentümern, ohne WEG-Beschluss diesen Vorschuss zu verlangen, wenn dringende Reparaturen notwendig sind.

Beispiel: Sie entdecken einen Wasserschaden im Treppenhaus, der dringend behoben werden muss. Damit die Reparatur nicht unnötig verzögert wird, können Sie vom Bauträger einen Vorschuss für die Kosten verlangen, auch wenn die Eigentümergemeinschaft noch keinen Beschluss gefasst hat.


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Gemeinschaftseigentum

Gemeinschaftseigentum beschreibt die Teile einer Wohnanlage, die allen Wohnungseigentümern gemeinsam gehören, wie Dach, Fassade, Treppenhaus oder Kellerräume (§§ 1, 5 WEG). Diese Teile dienen dem gemeinsamen Gebrauch oder sind für die Substanz und Sicherheit des Gebäudes notwendig. Für Mängel am Gemeinschaftseigentum ist die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) verantwortlich, und in der Regel werden Reparaturen und Entscheidungen darüber gemeinschaftlich getroffen. Im Urteil war entscheidend, dass Mängel an der Entrauchungsanlage im Keller und den Terrassenzugängen zum Gemeinschaftseigentum gehören.

Beispiel: Ist das Treppenhaus defekt oder eine Heizanlage funktioniert nicht, betrifft das das Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer, die sich gemeinsam um die Reparatur kümmern müssen.


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Aktivlegitimation

Aktivlegitimation bezeichnet im Zivilrecht die Befugnis, ein bestimmtes Recht vor Gericht geltend zu machen. Im Fall vor dem OLG Brandenburg bedeutet das, dass einzelne Wohnungseigentümer berechtigt sind, Mängelansprüche gegen den Bauträger selbstständig einzuklagen, auch wenn kein förmlicher Beschluss der WEG vorliegt. Diese rechtliche Stellung hängt davon ab, ob der Anspruch ihr eigenes Recht aus dem Kaufvertrag ist. Das Gericht bestätigte, dass einzelne Eigentümer den Vorschussanspruch für Gemeinschaftseigentum durchsetzen können, solange die WEG die Rechte nicht durch Beschluss an sich gezogen hat (§ 9a Abs. 2 WEG).

Beispiel: Wenn Sie als Eigentümer bemerken, dass das gemeinsame Dach undicht ist und die Gemeinschaft nicht aktiv wird, dürfen Sie selbst rechtlich gegen den Bauträger vorgehen, um die Behebung zu erzwingen.


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Abnahme gemäß § 640 Abs. 3 BGB

Die Abnahme ist im Baurecht der Moment, in dem der Besteller die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß erkennt (§ 640 BGB). Nach § 640 Abs. 3 BGB führt eine vorbehaltlose Abnahme, also die Annahme ohne Mängelvorbehalt, dazu, dass der Auftraggeber Mängelansprüche bezüglich bekannter Mängel grundsätzlich verliert. Das bedeutet: Wenn der Käufer bei der Abnahme von einem Mangel wusste, diesen aber nicht gerügt hat, kann er später keine kostenlose Nachbesserung mehr verlangen. Im beschriebenen Fall stellte das OLG klar, dass die Käufer keine Kenntnis von der mangelnden Barrierefreiheit (8 cm hohe Schwellen) zum Abnahmezeitpunkt hatten, weshalb ihre Mängelrechte nicht ausgeschlossen sind.

Beispiel: Sie lassen Ihr neues Bad renovieren und akzeptieren die Arbeit ohne Einschränkung, obwohl Ihnen eine undichte Stelle auffällt, erklären aber keinen Vorbehalt. Dann verlieren Sie das Recht, die Behebung dieses Mangels kostenlos zu verlangen.


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Baubeschreibung als vertragliche Zusage

Die Baubeschreibung ist ein zentrales Vertragsdokument beim Kauf einer Neubauimmobilie, das detailliert festhält, welche Leistungen und Merkmale der Bauträger liefern muss. Sie ist Bestandteil des Kaufvertrags und damit rechtlich verbindlich. Abweichungen zwischen der tatsächlichen Ausführung und der Baubeschreibung begründen einen Mangel (§ 633 BGB). Im vorliegenden Fall wurde die Barrierefreiheit der Terrassenzugänge explizit in der Baubeschreibung zugesichert, sodass die vorhandenen Schwellen einen Vertragsmangel darstellen. Die Baubeschreibung ist somit eine wichtige Grundlage zur Beurteilung von Mängelansprüchen.

Beispiel: Wenn in der Baubeschreibung steht, dass eine Wohnung „barrierefrei geplant“ ist, aber tatsächlich hohe Türschwellen eingebaut wurden, kann der Käufer verlangen, dass der Bauträger dies korrigiert, da hier eine vertragliche Zusage verletzt wurde.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 650u BGB (Vergütung bei Werkverträgen): Regelt den Anspruch auf Vorschusszahlungen für angefangene oder abgeschlossene Werkleistungen, um den Werkunternehmer finanziell zu unterstützen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käufer können vom Bauträger einen Vorschuss zur Mangelbeseitigung verlangen, da es sich um werkvertragliche Ansprüche auf Instandsetzung handelt.
  • § 633 BGB (Sach- und Rechtsmängel): Beschreibt die Mangelfreiheit des Werks und die Rechte des Bestellers bei Mängeln, einschließlich Nachbesserung und Minderung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mängel an der Entrauchung und Barrierefreiheit stellen Sachmängel dar, welche die Käufer berechtigen, Nachbesserung zu verlangen.
  • § 640 Abs. 3 BGB (Abnahme und Ausschluss von Mängelrechten): Besagt, dass ein unbedingter Abnahmewille sowie Kenntnis eines Mangels die Mängelrechte ausschließen können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG verneinte hier das Wissen der Käufer über die Mängel bei Abnahme, weshalb deren Mängelrechte nicht ausschlossen sind.
  • § 9a Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Regelt, dass die WEG Mängel am Gemeinschaftseigentum per Mehrheitsbeschluss an sich ziehen kann, um einheitlich zu handeln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Einzelne Wohnungseigentümer dürfen auch ohne WEG-Beschluss Vorschussansprüche geltend machen, da kein Ansichziehungsbeschluss vorlag.
  • § 287 Abs. 2 ZPO (Beweiserleichterung durch Schätzung): Ermöglicht dem Gericht die Schätzung eines Schadens, wenn dieser nicht genau bestimmt werden kann, aber feststeht, dass ein Schaden besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht nutzte diese Vorschrift, um den Vorschuss für Entrauchung und Barrierefreiheit auf Grundlage privater Gutachten zu schätzen.
  • Umsatzsteuergesetz (UStG) und § 533 ZPO: Die Umsatzsteuer ist in Vorschusszahlungen auf Werkleistungen einzuschließen und auch in der Berufungsinstanz nachträglich geltend machbar, wenn sachdienlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigte den Anspruch der Käufer auf Bruttobeträge inklusive Umsatzsteuer, da diese nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und die Steuerzahlung Teil der Mangelbeseitigungskosten ist.

Das vorliegende Urteil


OLG Brandenburg – Az.: 10 U 54/24 – Urteil vom 10.04.2025


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