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Abbruchunternehmer – Prüfungspflichten vor und während der Arbeiten

OLG Celle, Az.: 13 U 112/14, Urteil vom 06.10.2016

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. Juni 2015 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover ab-geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 15.049,52 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.239,60 € seit dem 16. Dezember 2011 sowie aus weiteren 6.809,92 € seit dem 8. April 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin ¼ und die Beklagten als Gesamtschuldner ¾ zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die jeweils gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für beide Instanzen – zugleich in Abänderung der Festsetzung des Landgerichts im Beschluss vom 25. Juni 2015 – festgesetzt auf die Wertstufe bis 40.000,00 €.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Zahlung restlichen Werklohns.

Abbruchunternehmer - Prüfungspflichten vor und während der ArbeitenDie Klägerin führte im Auftrag der Beklagten zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, Abbrucharbeiten aus. U.a. waren große Steingebäude von einem angrenzenden Gebäude zu trennen. Hierbei wurde aus im Einzelnen streitigen Gründen die Giebelwand des Nachbargebäudes beschädigt. Die Beklagte zu 1 ließ die Beschädigung beseitigen. Nach Abschluss der Arbeiten stellte die Klägerin der Beklagten zu 1 eine restliche Werklohnforderung von 8.239,60 € und weitere 13.000 € zzgl. Umsatzsteuer für einen Zusatzauftrag über Baggerarbeiten in Rechnung. Die Gesamtforderung in Höhe von 23.709,60 € hat die Klägerin mit der Klage geltend gemacht.

Die Beklagte hat die Erteilung und Ausführung des Zusatzauftrages bestritten und hat die Aufrechnung erklärt mit ihren behaupteten Aufwendungen von 17.892,26 € für die Sanierung der Giebelwand zzgl. vorgerichtlicher Anwaltskosten von 1.789,60 €, mithin insgesamt in Höhe von 19.681,86 €.

Wegen der näheren Einzelheiten und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil (Bl. 389 ff. d. A.) verwiesen, mit dem das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt hat. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Klageforderung sei in voller Höhe begründet, weil die Beklagten die Voraussetzungen eines Skontoabzuges nicht bewiesen und die Erteilung des Zusatzauftrages nicht ausreichend bestritten hätten. Die Erbringung der Zusatzleistungen stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Ein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten bestehe aus eigenem Recht mangels eines Schadens der Beklagten nicht. Auch aus abgetretenem Recht der Nachbarin stehe der Beklagten zu 1 kein Anspruch zu, weil die Klägerin mangels Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis vom Grenzverlauf kein Verschulden an der Beschädigung der Giebelwand treffe. Ein Schuldanerkenntnis der Klägerin liege nicht vor.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgen. Die Beklagten erkennen die Hauptforderung nunmehr in Höhe des restlichen Werklohns von 8.239,60 € an und stellen die Erteilung des Zusatzauftrages für Baggerarbeiten – nicht jedoch die Höhe der daraus folgenden Vergütung – unstreitig. Die Beklagten sind allerdings weiterhin der Auffassung, dass der Beklagten zu 1 wegen der Beschädigung der Giebelwand des Nachbargebäudes ein eigener – im Wege der Aufrechnung geltend gemachter – Ersatzanspruch unter Berücksichtigung der Grundsätze der Drittschadensliquidation sowie wegen der Verletzung drittschützender Schutzpflichten zustehe.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat den Geschäftsführer der Klägerin persönlich angehört und hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J., S., G. und S. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und Zeugenbeweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 9. Juni 2015 (Bl. 560 ff. d. A.) und vom 8. September 2015 (Bl. 610 ff. d. A.) Bezug genommen. Ferner hat der Senat Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. D. H. erhoben, wegen dessen Ergebnisses auf das schriftliche Gutachten vom 2. Juni 2016 (lose im Aktendeckel) verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann von den Beklagten die Zahlung von 15.049,52 € zzgl. Zinsen verlangen, nachdem ihr Anspruch auf Zahlung von 21.239,60 € (dazu nachfolgend 1.) aufgrund der Hilfsaufrechnung der Beklagten in Höhe von 6.190,08 € erloschen ist (dazu nachfolgend 2.).

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung restlichen Werklohns gemäß § 631 Abs. 1 BGB ist in Höhe von 21.239,60 € begründet. Diese Forderung setzt sich zusammen aus einem in zweiter Instanz anerkannten Betrag von 8.239,60 € (dazu im Folgenden unter a) sowie einem Anspruch für die Baggerarbeiten gemäß Rechnung vom 8. März 2012 in Höhe von 13.000,00 € (dazu im Folgenden unter b).

a) Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz eine Hauptforderung aus dem ursprünglichen Werkvertrag vom 30. Mai/3. Juni 2011 in Höhe von 8.239,60 € anerkannt und die in erster Instanz hiergegen geltend gemachten Einwände nicht mehr aufrechterhalten.

b) Darüber hinaus steht der Klägerin eine weitere Hauptforderung in Höhe von 13.000,00 € aus dem Zusatzauftrag betreffend die mit Rechnung vom 8. März 2012 abgerechneten Baggerarbeiten zu.

Dass die Beklagte zu 1 der Klägerin insoweit einen zusätzlichen, vergütungspflichtigen Werkauftrag erteilt hat, ist jedenfalls in der Berufungsinstanz unstreitig geworden.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auch der Höhe nach überwiegend in dem geltend gemachten und vom Landgericht zuerkannten Umfang – nämlich berechnet nach Tagessätzen – zu (dazu nachfolgend aa). Lediglich im Hinblick auf die geltend gemachte Umsatzsteuer ist die Klage unbegründet (dazu nachfolgend bb).

aa) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, haben die Parteien jedenfalls konkludent eine Vergütungsabrede entsprechend der in der „Auftragsbestätigung“ der Klägerin vom 15. Februar 2012 (Anlage K 16, Anlagenband Klägerin) genannten Abrechnungsmaßstäbe – An- bzw. Abtransport Bagger je 500 €; Geräteeinsatz inkl. Maschinist pro Tag 1.500 € – getroffen.

Zwar ist dieser Werkvertrag nicht bereits durch die „Auftragsbestätigung“ der Klägerin vom 15. Februar 2012 zustande gekommen. Dass zuvor ein annahmefähiges Angebot der Beklagten zu 1 vorgelegen hätte, welches durch diese Auftragsbestätigung angenommen worden wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil hat die Klägerin in der „Auftragsbestätigung“ die Arbeiten angeboten und ihrerseits um Auftragsbestätigung gebeten. Hierfür hat sie eine Annahmefrist nach § 148 ZPO bis 15:00 Uhr gesetzt. Dass eine Annahme innerhalb dieser Frist erfolgt wäre, hat sie nicht dargelegt.

Jedenfalls dadurch, dass ihr Mitarbeiter sodann aber am Folgetag arbeitsbereit auf der Baustelle erschienen ist, hat er für die Klägerin konkludent erneut den Abschluss eines Werkvertrages angeboten. Ersichtlich sollte dies zu den Konditionen erfolgen, die in der „Auftragsbestätigung“ vom Vortrag genannt waren. Dadurch, dass der Bauleiter der Beklagten zu 1 die Arbeitsleistungen widerspruchslos entgegengenommen hat, hat er dieses Angebot konkludent angenommen.

Der Annahme eines jedenfalls konkludenten Vertragsschlusses zu den in der Auftragsbestätigung vom 15. Februar 2012 genannten Bedingungen steht nicht entgegen, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. März 2013 (auf S. 2, Bl. 61 b d. A.) vorgetragen hatte, mit Herrn J. sei vereinbart worden, die Arbeiten „auf Stundensatz“ zu erledigen. Dieser Vortrag war entgegen der Auffassung der Berufung schon nicht dahingehend zu verstehen, dass nach Stunden- und nicht nach Tagessätzen hätte abgerechnet werden sollen. Mit einem solchen Inhalt hätte er ersichtlich im Widerspruch nicht nur zu der Auftragsbestätigung vom 15. Februar 2012, sondern auch zu der Rechnung vom 8. März 2012 (Anlage K 5, Anlagenband Klägerin) gestanden, auf die sich die Klägerin unmittelbar zuvor bezogen hatte. Vielmehr war der Vortrag dahin zu verstehen, dass nach Aufwand abgerechnet werden sollte. Er diente ersichtlich der Abgrenzung von einer Abrechnung nach Einheitspreisen (vgl. a. a. O., Bl. 61 b d. A.: „Hier kann jedoch nicht nach cbm oder ähnlichem abgerechnet werden, da es sich um Klein- und Kleinstarbeiten handelte“). Darüber hinaus wäre eine möglicherweise vorangegangene Vereinbarung mit dem Inhalt, dass nach konkret nachzuweisenden Arbeitsstunden und nicht nach Tagessätzen hätte abgerechnet werden sollen, durch die unmittelbar vor Arbeitsaufnahme getroffene konkludente Vereinbarung unter stillschweigender Bezugnahme auf die Auftragsbestätigung vom 15. Februar 2012 abgeändert worden.

Der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses mit den in der Auftragsbestätigung vom 15. Februar 2012 genannten Bedingungen steht schließlich auch nicht entgegen, dass Nr. 6 des Verhandlungsprotokolls vom 23. März 2011, das Bestandteil des ursprünglichen Vertrages vom 30. Mai/3. Juni 2011 war, eine Regelung dahingehend enthielt, dass Stundenlohnarbeiten, die „wider Erwarten“ anfielen, mit 34 € pro Stunde abgerechnet werden sollten. Zum einen war dieser ursprüngliche Auftrag vollständig erfüllt und abgenommen, als die zusätzlichen Arbeiten in Auftrag gegeben wurden. Zum anderen ist die unter Nr. 6 des Verhandlungsprotokolls getroffene Vereinbarung dahingehend auszulegen, dass diese Vergütungsvereinbarung nur für Arbeiten gelten sollte, die bei der Erbringung der Leistungen im Rahmen dieses Vertrages erforderlich wurden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien für mögliche unbestimmte weitere Aufträge eine Vergütungsvereinbarung hätten treffen wollen. Jedenfalls wäre auch diese Regelung durch die konkludent getroffene Vereinbarung im Anschluss an die Auftragsbestätigung vom 15. Februar 2012 geändert worden.

bb) Die Klägerin hat jedoch Anspruch lediglich auf Zahlung des Nettobetrages von 13.000,00 €.

Schuldnerin der Umsatzsteuer war nach § 13 b Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 UStG die Beklagte zu 1 als Leistungsempfängerin. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht es ihr nicht frei, Umsatzsteuer zu berechnen und diese sodann an das Finanzamt abzuführen. Eine Steuerschuld entsteht in den in § 13 b UStG genannten Fällen von vornherein nicht in der Person des leistenden Unternehmens. Es besteht keine Gesamtschuldnerschaft (vgl. Stadie, UStG, 2. Aufl., § 13 b Rn. 4). Dem mit § 13 b UStG verfolgten Zweck der Sicherstellung der Besteuerung (vgl. dazu Stadie, a. a. O. Rn. 3) liefe es zuwider, wenn der Leistungserbringer die Umsatzsteuer vereinnahmt, der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug vornehmen könnte und nicht gesichert wäre, dass der Leistungserbringer vereinnahmte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführt.

Der Einwand der Klägerin, es handele sich bei dem Vergütungsanspruch für die Zurverfügungstellung des Baggers nebst Personal nicht um „Bauleistungen“ im Sinne des § 13 b Abs. 2 Nr. 4 UStG, greift nicht durch. Zwar ist Voraussetzung einer Bauleistung, dass diese sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt; d. h. es muss eine Substanzerweiterung, -verbesserung, -beseitigung oder -erhaltung bewirkt werden (vgl. Abschnitt 13 b.2 Abs. 3 der Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes [UStAE] i. d. F. vom 26. September 2014). Demzufolge ist die Zurverfügungstellung von Baugeräten grundsätzlich nur dann eine Bauleistung, wenn gleichzeitig Personal für substanzverändernde Arbeiten zur Verfügung gestellt wird (vgl. Abschnitt 13 b.2 Abs. 7 Nr. 5 UStAE; Langer in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 b Rn. 23.3). Dies war vorliegend nicht der Fall, weil die Klägerin der Beklagten zu 1 nur einen Bagger nebst Personal zur Verfügung gestellt hat, mit dem Material umgesetzt, also nicht unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks eingewirkt werden sollte. Allerdings stand dieser Auftrag im Zusammenhang mit den ursprünglich beauftragten Abbrucharbeiten, bei denen es sich unstreitig um Bauleistungen handelte. Mit E-Mail vom 27. Januar 2012 hatte die Beklagte zu 1 die Klägerin gebeten, den Bagger für die Durchführung von – gesondert zu vergütenden – Restarbeiten wieder zur Baustelle zu verbringen.

Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Die Leistung fällt nur dann – insgesamt – unter § 13 b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist (Abschnitt 13 b.2 Abs. 4 UStAE; Langer, a. a. O., Rn. 23.3 a. E.). Ein solcher Zusammenhang ist vorliegend anzunehmen: Die Leistungen wurden „im Rahmen eines Vertragsverhältnisses“ erbracht, auch wenn die Zurverfügungstellung des Baggers mit Personal für die Durchführung von Restarbeiten gesondert vereinbart und vergütet wurde. Diese Arbeiten bezogen sich auf das Umsetzen des bei den vorangegangenen Abbrucharbeiten entstandenen Abbruchmaterials. Der Zusammenhang zu der Bauleistung ist damit derart eng, dass eine Aufspaltung in zwei voneinander unabhängige Einzelleistungen der tatsächlichen Bedeutung nicht gerecht würde.

2. Der Anspruch der Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB ist infolge der Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB in Höhe von 6.190,08 € erloschen. Zwar folgt der mit der Aufrechnung eingewandte Gegenanspruch der Beklagten zu 1 nicht aus einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis des Geschäftsführers der Klägerin (dazu im Folgenden unter a). Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in der vorgenannten Höhe ergibt sich jedoch aus § 280 Abs. 1 BGB (dazu im Folgenden unter b).

a) Die Beklagte hat nicht den Beweis ihrer Behauptung geführt, der Geschäftsführer der Klägerin habe im Juli 2011 eingeräumt, dass die Klägerin für den entstandenen Schaden aufkomme; er habe die Beklagten gebeten, die Mauer wieder herzustellen; die Klägerin werde der Beklagten den entstehenden erforderlichen finanziellen Aufwand ersetzen. Der zum Beweis dieser Behauptung auf Antrag der Beklagten angehörte Geschäftsführer der Klägerin (vgl. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015, Bl. 564 d. A.) hat vor dem Senat angegeben, er habe lediglich zugesagt, den Schaden vorsorglich seiner Versicherung zu melden. Eine Haftungszusage habe er nicht abgegeben.

b) Der Beklagten zu 1 steht jedoch gegen die Klägerin dem Grunde nach ein eigener Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 8.253,44 € zu (dazu nachfolgend aa). Ihr Anspruch ist allerdings durch ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB um ¼ gemindert (dazu nachfolgend bb).

aa) Die Klägerin haftet für die Beschädigung der Mauer aus § 280 Abs. 1 BGB, weil sie eine Nebenpflicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag verletzt – dazu nachfolgend (1) – und dabei schuldhaft gehandelt hat – dazu nachfolgend (2) -. Hierdurch ist der Beklagten ein Schaden in Höhe von 8.253,44 € entstanden – dazu nachfolgend (3) -.

(1) Die Klägerin hat eine gegenüber der Beklagten zu 1 bestehende Nebenpflicht aus § 4 Abs. 3 VOB/B verletzt.

Der Umfang der Prüfungs- und Hinweispflichten nach § 4 Abs. 3 VOB/B hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt auf das von dem Unternehmer zu erwartende Fachwissen, die sonstigen Umstände der Vorgaben und Vorleistungen und die Möglichkeiten zur Untersuchung an (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 46 m. w. N.). Hiernach traf die Klägerin – selbst wenn für sie nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht ersichtlich war bzw. sein musste, dass die Gebäude unterschiedlichen Eigentümern gehörten – die Verpflichtung, die Standfestigkeit der bei einem Abriss der Ziegelwand verbleibenden Kalksandsteinwand zu überprüfen und sich ergebende Bedenken gegenüber der Beklagten zu 1 anzuzeigen, weil jedenfalls diese Wand nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag stehen bleiben sollte.

Allgemein hat der Unternehmer von Abbrucharbeiten auch Dritte vor den durch den Abbruch drohenden Gefahren zu schützen und die hierzu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen (Kuffer/Langenecker/Haidacher in: Englert/Katzenbach/ Motzke, VOB/C, 3. Aufl., DIN 18459 Rn. 8). Der Abbruchunternehmer hat deshalb sowohl vor Beginn der Arbeiten als auch während ihrer Durchführung ständig zu prüfen, ob er den Abbruch gefahrlos durchführen kann. Zu diesem Zweck hat er u.a. die baulichen Verhältnisse der Verbindung zweier Giebelwände zu untersuchen und ggf. Erkundigungen sowohl beim Bauherrn als auch beim Nachbarn einzuholen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Februar 1999 – 22 U 154/98, juris Rn. 42 ff.). Er hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass kein Nachbargebäude beschädigt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 1993 – 22 U 208/92, juris). U. a. hat er sicher zu stellen, dass eine bestehenbleibende Kommunwand ihre Funktionsfähigkeit behält (Kuffer/Langenecker/Haidacher, a. a. O., Rn. 11, 13). Dabei darf er sich nicht auf die ordnungsgemäße Errichtung der Bauwerke entsprechend heute anerkannter Regeln der Technik verlassen (OLG Celle, Urteil vom 5. August 2009 – 7 U 237/08, juris Rn. 29 f.). Insbesondere hat er den Bestand auf Abweichungen zu vertraglichen Vorgaben auch betreffend benachbarter Gebäude nach DIN 18459 Nr. 3.1.2 zu untersuchen. Allerdings hat er dafür keine Gutachten einzuholen oder umfangreiche Prüfverfahren anzuwenden, sondern nur eine Sichtprüfung vorzunehmen (Kuffer/Langenecker/Haidacher, a. a. O., Rn. 52).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe hätte die Klägerin bereits vor Beginn der Ausführung der Abbrucharbeiten Zweifel betreffend die Standfestigkeit der Kalksandsteinwand bekommen und entsprechende Bedenken gegenüber der Beklagten zu 1 anzeigen müssen, wie sie dies tatsächlich allerdings erst nach teilweisem Abbruch der Ziegelwand mit der am 6. Juli 2011 eingegangenen Bedenkenanmeldung getan hat. Es war für die Klägerin ohne weiteres bereits vor Baubeginn – nämlich u. a. an dem auf den Lichtbildern der Ziegelwand ersichtlichen Durchbruch – erkennbar, dass die Ziegelwand eine erhebliche Mächtigkeit hatte und dass die Kalksandsteinwand möglicherweise nachträglich an diese angelehnt errichtet war. Bereits hieraus folgten nähere Erkundigungspflichten dahingehend, ob zwischen beiden Wänden Verbindungen vorhanden waren (was tatsächlich nicht der Fall und auch nicht schadensursächlich war). Jedenfalls musste die Klägerin zumindest auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Kalksandsteinwand allein aufgrund des unmittelbaren Anlehnens an die Ziegelwand eine hinreichende Stabilität erhielt. Infolge der gebotenen Nachfrage und Erkundung der Bauweise der Kalksandsteinwand wäre ohne weiteres ersichtlich gewesen, dass es sich hierbei nur um eine etwa 11,5 cm starke Wand handelte. Weitergehende Feststellungen der Klägerin enthielt auch die schließlich erstattete Bedenkenanzeige nicht. Die dort genannten Umstände waren aber ohne weiteres schon vor Ausführungsbeginn erkennbar.

Hätte die Klägerin aufgrund solcher Bedenken vor Ausführungsbeginn Rücksprache mit der Beklagten zu 1 und/oder dem Bauherrn gehalten, wäre dabei festzustellen gewesen, dass die Ziegelwand nicht hätte abgerissen werden sollen.

(2) Das Verschulden der Klägerin wird nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Es ist aber auch unstreitig festzustellen, weil die den bezeichneten Schutzpflichten zugrundeliegenden Umstände und die hieraus folgenden Pflichten bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt für die Klägerin erkennbar waren.

(3) Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung ist der Beklagten zu 1 auch ein eigener Schaden entstanden. Sie war zunächst gesamtschuldnerisch neben der Klägerin gegenüber der Nachbarin schadensersatzpflichtig; ihr Schaden lag damit zunächst in der Belastung mit dieser Verbindlichkeit – dazu unter (a) -. Nachdem sie den eingetretenen Substanzschaden hat beseitigen lassen, liegt ihr Schaden in den für die Beseitigung aufgewandten Kosten, soweit diese nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erforderlich waren – dazu unter (b) -.

(a) Aufgrund der Beschädigung der Ziegelwand war auch die Beklagte zu 1 gegenüber der Grundstücksnachbarin und Eigentümerin der Wand gemäß § 823 Abs. 1 BGB ersatzpflichtig.

Die Ziegelwand stand – wie sich zuletzt auch aus dem Gutachten des Landesamtes für Geoinformationen und Landentwicklung Niedersachen vom 20. Dezember 2013 ergibt – nahezu ausschließlich auf dem Grundstück der Nachbarin. Lediglich insoweit, als die Ziegelwand nach Westen über deren Gebäude hinausragte, befand sie sich auf einer Länge von etwa 20 cm auf dem Grundstück der Bauherrin. Die Giebelwand stand damit wohl im Allein-, jedenfalls aber im Miteigentum der Nachbarin. Die Beschädigung ohne Einwilligung der Eigentümerin erfolgte deshalb widerrechtlich.

Dass die Beklagte zu 1 diese Beschädigung nicht unmittelbar selbst vorgenommen hat, steht ihrer Haftung nicht entgegen, weil die Rechtsverletzung (auch) auf einer schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten beruht und sie damit in fahrlässiger Nebentäterschaft gesamtschuldnerisch neben der Klägerin haftet.

Die Beklagte zu 1 hat Verkehrssicherungspflichten gegenüber der Grundstücksnachbarin verletzt. Nach DIN 18459 Nrn. 01.1, 01.2 und 01.4 hätte die Beklagte zu 1 gegenüber der auf das Eigentum der Nachbarin einwirkenden Klägerin Angaben u.a. über Art und Historie der Nutzungen der baulichen Anlagen sowie nach Nr. 0.1.4 Angaben über die Standsicherheit verbleibender und benachbarter Bauwerke machen müssen. Diese Obliegenheit verfolgt den Zweck, dem Abrissunternehmer Anhaltspunkte für die Bausubstanz und erforderliche Schutzmaßnahmen – insbesondere auch bei verringerter Standfestigkeit – zu geben (Kuffer/Langenecker/Haidacher, a. a. O., Rn. 9 ff.). Nach DIN 18459 Nr. 0.2.1 und Nr. 0.2.3 hätte die Beklagte insbesondere den Umfang der Abbruch- und Rückbauleistung detailgenau darstellen müssen (vgl. auch Kuffer/ Langenecker/Haidacher, a. a. O., Rn. 17). Zudem hätte in der von ihr zu erstellenden Leistungsbeschreibung auch die genaue Lage vorhandener Vermarkungen enthalten sein müssen (Kuffer/Langenecker/Haidacher, a. a. O., Rn. 58).

Gegen diese auch dem Schutz des Nachbarn dienenden Schutzpflichten hat die Beklagte zu 1 verstoßen. Sie hatte der Klägerin nicht detailliert mitgeteilt, bis wohin die Abbrucharbeiten vorgenommen werden sollten. Selbst wenn sie ihr mitgeteilt hätte, dass Arbeiten nur bis zu der Grundstücksgrenze erfolgen sollten, deren Verlauf noch durch die Klägerin bestimmt werden sollte, wäre diese Vorgabe nicht ausreichend gewesen.

(b) Der Schaden der Beklagten zu 1 lag zunächst in der Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber der Nachbarin. Nachdem die Beklagte den Schaden an der Ziegelmauer hat beseitigen lassen, liegt ihr Schaden in den hierfür entstandenen Kosten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Beklagte zu 1 für die Schadensbeseitigung 15.558,49 € gezahlt hat – dazu nachfolgend (aa) -, wovon allerdings nur 8.253,44 € ersatzfähig sind – dazu nachfolgend (bb) -. Die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann die Beklagte zu 1 hierneben nicht verlangen – dazu nachfolgend (cc) -.

(aa) Aufgrund der Aussage der Zeugin S., die durch den mit der Berufungsbegründung vorgelegten Kontoauszug (Anlage B 11, Bl. 446 d. A.) bestätigt wird, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Beklagte zu 1 an die S.-S. GmbH & Co. KG für die beauftragte Beseitigung des Schadens auf deren Rechnung vom 19. Januar 2012 (Anlage B 5, Anlagenband Beklagte) 15.558,49 € netto gezahlt hat.

(bb) Die vorgenannten Kosten waren jedoch nur in Höhe von 8.253,44 € erforderlich, um die teilweise abgerissene Ziegelmauer wieder in den Zustand zu versetzen, den sie gehabt hätte, wenn die Klägerin sie ordnungsgemäß nur bis zur Höhe der Dachflächen der angrenzenden Halle abgerissen hätte. Der Senat schließt sich insoweit dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. D. H. vom 2. Juni 2016 an, gegen das die Parteien keine Einwendungen erhoben haben und das auch dem Senat nachvollziehbar und überzeugend erscheint. Wegen der Zusammensetzung des vorgenannten Betrages wird auf die Ausführungen im schriftlichen Gutachten sowie auf die Zusammenfassung in dessen Anlage G 4 Bezug genommen.

Soweit die Beklagten im Schriftsatz vom 30. Juni 2016 (Bl. 721 f. d. A.) die Rechtsauffassung vertreten haben, die Beträge aus den Spalten in der Anlage G 4 mit den Überschriften „in jedem Fall“ und „Abbruch“ zum Gutachten seien zu addieren, trifft dies nicht zu. Bei der Spalte „in jedem Fall“ handelt es sich um Sowieso-Kosten, die auch angefallen wären, wenn die Klägerin ordnungsgemäß gearbeitet und nur den nach oben überstehenden Giebel abgerissen hätte. Die Beklagte zu 1 kann deshalb die Erstattung dieser Kosten von der Klägerin nicht verlangen. Dies gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch für die Position „Baugerüst“ in Höhe von 562,50 €. Auch wenn es zutreffen mag, dass die Reparaturarbeiten von der S.-S. GmbH & Co. KG nicht ohne ein Gerüst vorgenommen konnten, so ändert dies nichts daran, dass die Gerüstkosten nach den überzeugenden sachverständigen Feststellungen auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Abbrucharbeiten angefallen wären und sie somit von der Klägerin nicht zu ersetzen sind.

Hingegen ist ein Abzug „neu für alt“ entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vorzunehmen. Dass die Reparatur zu einer wesentlich längeren Lebensdauer der gesamten Wand geführt hätte, ist auszuschließen. Der Einwand der Klägerin geht in der Sache vielmehr dahin, dass die Lebensdauer durch Arbeiten erhöht worden sei, die über die eigentliche Reparatur hinausgingen und erforderlich wurden, weil die Ziegelwand jetzt der Witterung ausgesetzt war (Rappputz). Dies führt aber nicht zu einem Abzug „neu für alt“.

(cc) Darüber hinaus hat die Beklagte zu 1 keinen Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten aus § 280 Abs. 1 BGB.

Nachdem der Senat die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass die Erforderlichkeit der Rechtsverfolgungskosten zur Schadensbeseitigung nicht dargelegt ist (vgl. Ziffer II.3 des Beschlusses vom 2. Februar 2015, Bl. 470 d. A.), ist der daraufhin ergänzte Vortrag im Schriftsatz vom 11. März 2015 (auf S. 8 f., Bl. 504 f. d. A.) nach wie vor nicht ausreichend zur schlüssigen Darlegung eines entsprechenden Ersatzanspruchs: Zum einen fehlt es bereits an Vortrag zu dem genauen Inhalt und den Zeitpunkten der jeweiligen Aufträge, ohne den die Notwendigkeit der Rechtsverfolgungskosten nicht beurteilt werden kann. Zum anderen sind diese Kosten nach dem neuen Vortrag der Beklagten angefallen, weil die Reparaturarbeiten erst nach langer Zeit durchgeführt wurden, obwohl die Beklagten jedenfalls im Außenverhältnis selbst hierfür hafteten. Auch nach dem Vortrag der Beklagten hatten diese aber mit der Klägerin nicht vereinbart, dass die Reparaturarbeiten durch die Klägerin selbst hätten durchgeführt werden sollen (wozu diese ja auch gar nicht in der Lage gewesen wäre). Vielmehr soll die Klägerin sofort eingestanden haben, für den Schaden aufzukommen, und die Beklagten gebeten haben, die Mauer wieder herzustellen. Die Entstehung von vorgerichtlichen Anwaltskosten beruht mithin auf einer nicht erforderlichen Verzögerung.

bb) Der Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1 ist jedoch aufgrund eines eigenen Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB um ¼ gemindert.

Die Berücksichtigung eines solchen anspruchsmindernden Mitverschuldens kommt nach § 10 Abs. 3 VOB/B allerdings nur dann in Betracht, wenn der Beklagten zu 1 grobe Fahrlässigkeit oder – was hier ersichtlich nicht in Betracht kommt – Vorsatz zur Last fällt. Seinem Wortlaut nach begründet § 10 Abs. 3 VOB/B eine alleinige Verantwortung des Auftragnehmers im Innenverhältnis, wenn er – wie hier – einem Dritten nach § 823 Abs. 1 BGB aufgrund der Beschädigung eines angrenzenden Grundstücks zum Schadensersatz verpflichtet ist. Diese Regelung ist jedoch geltungserhaltend dahingehend zu reduzieren, dass sie nur dann gilt, wenn der Auftraggeber nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig für den Schaden mitverantwortlich ist (vgl. Bröker in: Ganten/Jansen/Voit, Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, § 10 Abs. 3 Rn. 62 m. w. N.; von Rintelen in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 4. Aufl., § 10 Rn. 46). Gleiches gilt betreffend die Haftungsverteilung nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 – VII ZR 243/97, juris Rn. 20 ff.; von Rintelen, a. a. O., § 10 Rn. 32).

Der Beklagten zu 1 fällt grobe Fahrlässigkeit zur Last, weil die Klägerin den ihr erteilten Auftrag dahin verstehen musste, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung zu dem abzureißenden Gebäude gehörige Ziegelwand sei mitabzutragen. Denn es steht nicht fest, dass die Beklagte zu 1 die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass das Nachbargebäude im Eigentum eines Dritten stand und ein Abriss nur bis zu der noch zu ermittelnden Grenze erfolgen sollte. Der Beklagten zu 1 waren die vorstehenden Umstände bekannt, was aus ihrer Behauptung folgt, sie habe die Klägerin darauf bei Vertragsschluss hingewiesen. Dieser Hinweis, der auch nach der DIN 18459 hätte erfolgen müssen (s. o.), war in besonderem Maße wesentlich für die ordnungsgemäße Ausführung der Abbrucharbeiten.

Nach dem Ergebnis der Parteianhörung und Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die Beklagte zu 1 die Klägerin darauf hingewiesen hat, die 80 cm dicke Ziegelwand dürfe nicht abgerissen werden. Zwar hat der Zeuge J. bekundet, er habe gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin bei dem Ortstermin am 23. März 2011 eine entsprechende Aussage getätigt (vgl. S. 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016, Bl. 565 d. A.). Dem stehen jedoch die Angaben des klägerischen Geschäftsführers G. entgegen (vgl. S. 4 des Protokolls, Bl. 563 d. A.), der ausgeführt hat, Herr J. habe seine Frage nach dem Vorhandensein einer Trennungsfuge zwischen den beiden Gebäuden bejaht. Umgekehrt kann auch nicht festgestellt werden, dass die Bauleiterin der Beklagten zu 1 vor Ort der Klägerin mitgeteilt hat, sie solle die Wand wegnehmen. Der diesbezüglichen Aussage der Zeugin S. (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2015, Bl. 613 d. A.) steht nämlich die gegenteilige Aussage des Zeugen B. G. (vgl. S.11 f. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2016, Bl. 570 f. d. A.) entgegen, wonach nicht über die Giebelwand gesprochen worden sei. Der Senat erachtet keine der vorgenannten Aussagen für weniger glaubhaft und keinen der Beteiligten für weniger glaubwürdig als den anderen Teil. Deshalb geht das Ergebnis der Beweisaufnahme zu Lasten der – für das Vorliegen eines vom unstreitigen Auftragsinhalt abweichenden Hinweises darlegungs- und beweispflichtigen – Beklagten.

Die Nr. 12 der in den Vertrag einbezogenen AGB der Beklagten zu 1 steht der Berücksichtigung eines Mitverschuldenseinwands unter den vorgenannten Voraussetzungen nicht entgegen. Diese Klausel, die keine Einschränkung für Fälle groben Verschuldens oder Vorsatzes enthält, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wie sich auch aus der auch gegenüber Kaufleuten (vgl. dazu: Palandt/ Grüneberg, § 309 Rn. 55 m. w. N.) geltenden Regelung des § 309 Nr. 7b) BGB ergibt (vgl. dazu auch Bröker, a. a. O.).

Unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ist derjenige der Klägerin allerdings als weiterhin überwiegend anzusehen. In erster Linie trifft den mit dem Abriss beauftragten Fachunternehmer die Verantwortlichkeit, dafür zu sorgen, dass das Nachbargebäude nicht beschädigt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 5. Februar 1993 – 22 U 208/92, juris; Kuffer/Langenecker/ Haidacher, a. a. O., Rn. 57). Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der Kalksteinsandwand hätten sich der Klägerin zudem aus den vorgenannten Gründen ohne aufwändige Prüfung aufdrängen müssen. Trotz Annahme eines entsprechenden Mitverschuldens der Beklagten zu 1 hat diese daher bei der gebotenen Gesamtabwägung gegenüber der vorrangigen Prüfungspflicht des Fachunternehmers nur ¼ des entstandenen Schadens zu tragen.

Nach alledem ergibt sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1 in Höhe von (3/4 x 8.253,44 € =) 6.190,08 € €, mithin nach der Aufrechnung gemäß § 389 BGB ein restlicher Werklohnanspruch der Klägerin in Höhe von (21.239,60 € ./. 6.190,08 € =) 15.049,52 €

Der Zinsanspruch der Klägerin ist gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3, § 288 Abs. 1 und Abs. 2 a.F. BGB begründet.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Den Streitwert hat der Senat gemäß § 3 ZPO i. V. m. § 45 Abs. 3 GKG festgesetzt. Er beläuft sich für die erste Instanz auf 23.709,60 € (Klagforderung) zzgl. 12.381,86 € (Hilfsaufrechnung ohne Primäraufrechnung in Höhe von 7.300,00 €), mithin insgesamt 36.091,46 €. Im Berufungsverfahren hat sich der Streitwert reduziert um den nicht mehr streitigen Skontoabzug auf (23.709,60 € + 11.442,26 € =) 35.151,86 €. Eine Änderung der Wertstufe ergibt sich daraus nicht.

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