Skip to content
Menü

Architekt – Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten – kein Versicherungsschutz

Ein Architekt, der bei der Sanierung eines Altbaus elementare Fehler bei der Abdichtung macht, muss nun selbst für den entstandenen Schaden aufkommen. Seine Versicherung weigert sich zu zahlen, da er bewusst gegen grundlegende Berufspflichten verstoßen hat. Das Oberlandesgericht Köln hat diese Entscheidung bestätigt und betont, dass Architekten bei der Sanierung von Altbauten besondere Sorgfalt walten lassen müssen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Kläger verlangten Schadensersatz von der Berufshaftpflichtversicherung des Architekten aufgrund von Pflichtverletzungen in der Bauausführung.
  • Im Fokus standen die mangelhafte Abdichtung der Kelleraußenwände und der Bodenplatte, die zu erheblichen Feuchtigkeitsschäden führten.
  • Der Architekt hatte die Kläger nicht ausreichend über die Risiken eines Verzichts auf die empfohlene Abdichtungsmaßnahme informiert.
  • Das Gericht wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte das vorherige Urteil des Landgerichts.
  • Das Gericht stellte fest, dass eine direkte Haftung der Versicherung nur gegeben ist, wenn alle Voraussetzungen des Versicherungsvertrages eingehalten werden.
  • Es wurde entschieden, dass die Pflichten des Architekten als Kardinalpflichten angesehen werden, deren Verletzung zu finanziellen Ansprüchen führen kann.
  • Das Gericht argumentierte, dass die Kläger durch eigene Entscheidungen zur Kosteneinsparung zu den Schäden beigetragen haben.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die wichtigkeit von vollständigen und klaren Informationen bei der Ausführung von Bauprojekten.
  • Architekten sollten sich der potenziellen Haftung bewusst sein und angemessene Vorsichtsmaßnahmen in der Beratung und Planung treffen.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Einschätzung der beruflichen Haftpflichtversicherung in Fällen von Pflichtverletzungen im Bauwesen.

Architektenhaftung: Risiken und rechtliche Folgen bei Kardinalpflichten

Die Rolle des Architekten ist von zentraler Bedeutung für die Qualität und Sicherheit eines Bauprojekts. Architekten tragen nicht nur die kreative Verantwortung für das Design, sondern auch rechtliche Pflichten, die aus der Berufsordnung hervorgehen. Zu den grundlegenden Aufgaben gehört die Einhaltung von Bauvorschriften, die Überwachung der Bauausführung und die Wahrung der Interessen von Auftraggebern und Nutzern. Eine Verletzung dieser sogenannten „Kardinalpflichten“ kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, nicht nur für das Projekt selbst, sondern auch für den Architekten persönlich.

Die komplexe Beziehung zwischen beruflichen Pflichten und Versicherungsschutz ist ein entscheidender Aspekt im Architektenberuf. Häufig denken Architekten bei einem Schadensfall an ihre Berufshaftpflichtversicherung, doch diese kommt nicht immer für Schäden auf, die aus einer Verletzung ihrer Kardinalpflichten resultieren. Es ist von großer Bedeutung, die Grenzen des Versicherungsschutzes zu verstehen, um im Ernstfall nicht vor unerwarteten finanziellen Belastungen zu stehen.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Implikationen verdeutlicht, die aus der Verletzung der beruflichen Kardinalpflichten eines Architekten entstehen können.

Professionelle Unterstützung für Architekten in rechtlichen Herausforderungen

Wenn Sie als Architekt mit der Verletzung Ihrer beruflichen Kardinalpflichten konfrontiert sind und Ihr Versicherungsschutz nicht greift, stehen Sie vor einem komplexen rechtlichen Dilemma. Unsere Kanzlei bringt umfassende Expertise im Baurecht mit, um Ihnen zu helfen, Ihre Ansprüche zu wahren und mögliche Folgen zu minimieren. Zögern Sie nicht, uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung zu kontaktieren – der erste Schritt zur Lösung Ihres Problems.

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Kardinalpflichten von Architekten bei Gebäudesanierungen

Der Oberlandesgericht Köln hat in einem Berufungsverfahren eine Entscheidung getroffen, die die Haftung von Architekten bei Gebäudesanierungen betrifft.

Kardinalpflichten von Architekten
(Symbolfoto: lenetssergey – 123rf.com)

Im Mittelpunkt stand die Frage, ob der Versicherungsschutz für einen Architekten aufgrund einer wissentlichen Pflichtverletzung ausgeschlossen war.

Das Verfahren geht auf einen Rechtsstreit zwischen Bauherren und ihrem Architekten zurück. Die Bauherren hatten den Architekten 2009 mit der Sanierung ihres in den 1960er Jahren errichteten Wohnhauses beauftragt. Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurden der bestehenden Einliegerwohnung im Keller weitere Räume zugeschlagen. Bereits bei einer Bestandsaufnahme im November 2009 stellte der Architekt Feuchtigkeitsschäden an der Giebelwand im östlichen Kellerraum fest.

In einer späteren Kostenrechnung schlug der Architekt den Bauherren vor, eine Perimeterdämmung an den erdberührten Außenwänden auszuführen. Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht umgesetzt. Der Architekt wies die Bauherren nicht darauf hin, dass der Verzicht auf diese Maßnahme innerhalb weniger Jahre zu massiven Feuchtigkeitsschäden in der Einliegerwohnung führen könnte.

Tatsächlich traten 2015 in der Einliegerwohnung Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auf. Die Wand war sogar mit echtem Hausschwamm befallen. In einem vorherigen Verfahren vor dem Landgericht Marburg wurde der Architekt zur Zahlung von Schadensersatz und einem Kostenvorschuss in Höhe von insgesamt über 109.000 Euro verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Planungsleistungen des Architekten sowohl hinsichtlich der vertikalen Außenwandabdichtung als auch bezüglich des Fußbodenaufbaus im Flur der Einliegerwohnung mangelhaft waren und zu den Schäden geführt hatten.

Verstoß gegen elementare Berufspflichten

Im aktuellen Verfahren vor dem OLG Köln ging es nun darum, ob die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten für diese Schäden aufkommen muss. Die Versicherung berief sich auf einen Ausschluss des Versicherungsschutzes für Schäden, die der Versicherungsnehmer durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat.

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Köln, dass der Architekt gegen elementare Berufspflichten verstoßen hatte. Nach Ansicht des Gerichts gehören fundierte Kenntnisse über Bauwerksabdichtungen zum elementaren Basiswissen eines jeden planenden und bauüberwachenden Architekten. Bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines über 40 Jahre alten Gebäudes hätte sich die Frage der vertikalen und horizontalen Abdichtung aufdrängen müssen, da es sich um sehr schadenanfällige Bereiche handelt.

Anwendung der DIN-Normen

Das Gericht stützte sich auf ein Sachverständigengutachten, wonach die DIN 18195 für die durchgeführte Umbaumaßnahme galt. Aus dieser ergab sich, dass die Außenwände abzudichten waren, wobei eine horizontale Abdichtung nicht genügte und auch eine Innenabdichtung nicht fachgerecht gewesen wäre. Zudem hätte eine horizontale Abdichtung auf der Bodenplatte hergestellt werden müssen, wobei die Abdichtung des Fußbodens an die der Wände in waagerechter Richtung so heranzuführen gewesen wäre, dass keine Feuchtigkeitsbrücken entstehen.

Der vorhandene Gussasphalt erfüllte die Anforderungen der DIN 18195 nicht, da er materialbedingt an den Rändern nicht dicht war. Aufgrund des Alters des Gussasphalts wäre im Rahmen der Planung davon auszugehen gewesen, dass dieser nicht mehr wasserdicht war. Die dortige Fuge hätte durch eine Aufkantung mit bahnförmigen Abdichtungen abgedichtet werden müssen.

Bewusste Pflichtverletzung

Das OLG Köln sah es als erwiesen an, dass der Architekt bewusst gegen diese elementaren Berufspflichten verstoßen hatte. Das Gericht stützte sich dabei auf den Grundsatz, dass bei der Verletzung elementarer beruflicher Pflichten von einem bewussten Pflichtverstoß auszugehen ist, weil von der Kenntnis dieser Pflichten nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen ausgegangen werden muss.

Die Bauherren konnten nach Ansicht des Gerichts nicht plausibel darlegen, wie es unwissentlich zu einem solchen Verstoß gegen das Elementar- und Primitivwissen eines Architekten kommen konnte. Das OLG verwies insbesondere darauf, dass der Architekt bereits Feuchtigkeit an den Außenwänden festgestellt hatte, weshalb sich die Frage der Abdichtung in besonderem Maße stellte.

Konsequenzen für Architekten

Die Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht die hohen Anforderungen, die an Architekten bei der Sanierung von Altbauten gestellt werden. Sie müssen nicht nur über fundierte Kenntnisse der einschlägigen DIN-Normen verfügen, sondern diese auch konsequent anwenden. Bei der Planung von Sanierungsmaßnahmen an älteren Gebäuden ist besondere Sorgfalt geboten, insbesondere was die Abdichtung von erdberührten Bauteilen betrifft.

Der Fall zeigt auch die Grenzen des Versicherungsschutzes auf. Architekten müssen sich bewusst sein, dass bei Verstößen gegen elementare Berufspflichten ihr Versicherungsschutz entfallen kann, was im Schadensfall zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann. Eine gründliche Planung und Dokumentation sowie die konsequente Einhaltung der geltenden technischen Regelwerke sind daher unerlässlich, um solche Risiken zu minimieren.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des OLG Köln unterstreicht die hohen Anforderungen an Architekten bei Altbausanierungen und die Grenzen des Versicherungsschutzes. Bei Verstößen gegen elementare Berufspflichten, wie die sachgerechte Abdichtung nach DIN-Normen, wird von einer bewussten Pflichtverletzung ausgegangen. Dies kann zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen und erhebliche finanzielle Risiken für Architekten bergen. Gründliche Planung und strikte Einhaltung technischer Regelwerke sind daher unerlässlich.



FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie fundierte Antworten auf häufige Fragen rund um die zentralen Anforderungen im Architektenberuf. Besonders beleuchtet werden dabei die Kardinalpflichten von Architekten, die für die Qualität und Sicherheit von Bauprojekten entscheidend sind. Tauchen Sie ein in unsere Empfehlungen und Informationen, um Ihr Wissen zu vertiefen und praxisnahe Einblicke zu gewinnen.


Was sind die Kardinalpflichten eines Architekten bei Bauprojekten?

Kardinalpflichten sind die wesentlichen vertraglichen Hauptpflichten eines Architekten, deren Erfüllung für die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags unerlässlich ist. Bei Bauprojekten umfassen diese Pflichten insbesondere:

Planung und Entwurf

Als Architekt müssen Sie eine fachgerechte und mangelfreie Planung des Bauvorhabens sicherstellen. Dies beinhaltet die Erstellung von detaillierten Bauplänen, die allen relevanten baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Wenn Sie beispielsweise ein Wohnhaus planen, müssen Sie sicherstellen, dass die Statik den Anforderungen entspricht und alle notwendigen Genehmigungen eingeholt werden.

Bauüberwachung

Eine zentrale Kardinalpflicht ist die sorgfältige Überwachung der Bauausführung. Sie müssen regelmäßig die Baustelle besuchen und kontrollieren, ob die Arbeiten gemäß den Plänen und den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt werden. Stellen Sie sich vor, Sie entdecken bei einer Kontrolle, dass die Dämmung nicht fachgerecht eingebaut wurde – in diesem Fall müssen Sie umgehend eingreifen und Korrekturen veranlassen.

Kostenmanagement

Als Architekt sind Sie verpflichtet, eine realistische Kostenplanung zu erstellen und die Einhaltung des Budgets zu überwachen. Wenn sich während des Bauprojekts abzeichnet, dass die veranschlagten Kosten überschritten werden, müssen Sie den Bauherrn unverzüglich informieren und Lösungsvorschläge unterbreiten.

Beratung und Information

Eine weitere Kardinalpflicht ist die umfassende Beratung und Information des Bauherrn. Sie müssen Ihren Auftraggeber über alle wichtigen Aspekte des Bauprojekts aufklären, einschließlich möglicher Risiken und Alternativen. Wenn beispielsweise bestimmte Materialien oder Konstruktionsweisen Vor- oder Nachteile haben, müssen Sie diese dem Bauherrn erläutern.

Koordination der Beteiligten

Als Architekt sind Sie oft der zentrale Ansprechpartner für alle am Bau Beteiligten. Ihre Kardinalpflicht umfasst die effektive Koordination aller Gewerke und Fachplaner. Dies bedeutet, dass Sie den reibungslosen Ablauf der Arbeiten sicherstellen und bei Konflikten vermitteln müssen.

Einhaltung von Vorschriften und Standards

Eine fundamentale Pflicht ist die Gewährleistung der Einhaltung aller relevanten Bauvorschriften, Normen und Standards. Dies umfasst nicht nur baurechtliche Vorschriften, sondern auch Aspekte wie Brandschutz, Energieeffizienz und Barrierefreiheit. Wenn Sie beispielsweise ein öffentliches Gebäude planen, müssen Sie sicherstellen, dass alle Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Verletzung dieser Kardinalpflichten schwerwiegende Konsequenzen haben kann. In einem aktuellen Urteil des OLG Köln (Az.: 9 U 241/22 vom 10.08.2023) wurde entschieden, dass bei einer Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten durch einen Architekten kein Versicherungsschutz besteht. Dies unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Erfüllung dieser Pflichten in Ihrer täglichen Arbeit als Architekt.

zurück


Welche Risiken entstehen durch die Verletzung von Kardinalpflichten für Architekten?

Die Verletzung von Kardinalpflichten durch Architekten kann schwerwiegende rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Kardinalpflichten sind die wesentlichen vertraglichen Pflichten, die für die Erreichung des Vertragszwecks unerlässlich sind. Wenn Sie als Architekt diese Pflichten verletzen, setzen Sie sich erheblichen Risiken aus.

Schadensersatzansprüche des Bauherrn

Bei einer Verletzung von Kardinalpflichten können Bauherren umfangreiche Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese können die Kosten für Nachbesserungen, Verzögerungen im Bauablauf oder sogar den Wertverlust des Gebäudes umfassen. In schwerwiegenden Fällen kann der Schadensersatz die gesamten Baukosten erreichen.

Verlust des Versicherungsschutzes

Ein besonders gravierendes Risiko besteht im möglichen Verlust des Versicherungsschutzes. Wenn Sie als Architekt Ihre Kardinalpflichten verletzen, kann Ihre Berufshaftpflichtversicherung die Deckung verweigern. Dies bedeutet, dass Sie persönlich für den entstandenen Schaden haften müssen. Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil vom 10.08.2023 (Az.: 9 U 241/22) bestätigt, dass bei einer Verletzung von Kardinalpflichten kein Versicherungsschutz besteht.

Rufschädigung und Auftragsverluste

Neben den unmittelbaren finanziellen Folgen kann eine Verletzung von Kardinalpflichten auch Ihren beruflichen Ruf schädigen. Negative Erfahrungsberichte und Mundpropaganda können zu einem erheblichen Rückgang von Aufträgen führen. In einer Branche, die stark von Empfehlungen lebt, kann dies existenzbedrohende Ausmaße annehmen.

Berufsrechtliche Konsequenzen

In besonders schweren Fällen drohen berufsrechtliche Konsequenzen. Die Architektenkammer kann disziplinarische Maßnahmen ergreifen, die von Verwarnungen bis hin zum Entzug der Berufszulassung reichen können. Dies würde Ihre gesamte berufliche Existenz gefährden.

Wenn Sie als Architekt tätig sind, ist es daher unerlässlich, Ihre Kardinalpflichten genau zu kennen und sorgfältig zu erfüllen. Dazu gehören beispielsweise die ordnungsgemäße Planung, die Überwachung der Bauausführung und die Einhaltung von Kosten- und Terminvorgaben. Eine gewissenhafte Dokumentation Ihrer Arbeit und eine offene Kommunikation mit dem Bauherrn können helfen, Risiken zu minimieren.

Bei Unsicherheiten bezüglich Ihrer vertraglichen Pflichten oder im Falle von Konflikten sollten Sie frühzeitig rechtlichen Rat einholen. Eine präventive rechtliche Beratung kann dazu beitragen, kostspielige Fehler zu vermeiden und Ihre berufliche Integrität zu schützen.

zurück


Warum kann der Versicherungsschutz von Architekten bei Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein?

Der Versicherungsschutz von Architekten kann bei Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein, wenn es sich um wissentliche oder vorsätzliche Verstöße gegen berufliche Pflichten handelt. Dies ist in den meisten Berufshaftpflichtversicherungen für Architekten durch eine sogenannte Pflichtwidrigkeitsklausel geregelt.

Unterscheidung zwischen fahrlässigen und bewussten Pflichtverletzungen

Bei fahrlässigen Pflichtverletzungen bleibt der Versicherungsschutz in der Regel bestehen. Wenn Sie als Architekt beispielsweise versehentlich einen Fehler in der Planung machen, der zu einem Schaden führt, würde Ihre Versicherung normalerweise dafür aufkommen.

Bewusste oder vorsätzliche Pflichtverletzungen führen hingegen zum Ausschluss des Versicherungsschutzes. Stellen Sie sich vor, Sie würden als Architekt wissentlich minderwertige Materialien verwenden, obwohl Sie wissen, dass dies gegen Bauvorschriften verstößt. In einem solchen Fall wäre der daraus resultierende Schaden nicht von Ihrer Berufshaftpflichtversicherung gedeckt.

Auswirkungen auf den Versicherungsschutz

Der Ausschluss des Versicherungsschutzes bei bewussten Pflichtverletzungen kann erhebliche finanzielle Folgen für Sie als Architekt haben. Wenn ein Schaden eintritt und Ihre Versicherung die Deckung verweigert, müssen Sie persönlich für den Schaden aufkommen.

Besondere Herausforderungen für Architekten

Als Architekt stehen Sie vor der besonderen Herausforderung, dass die Grenze zwischen fahrlässigem und bewusstem Handeln nicht immer eindeutig ist. Wenn Sie beispielsweise auf Wunsch des Bauherrn von bestimmten Baustandards abweichen, könnte dies unter Umständen als bewusste Pflichtverletzung ausgelegt werden.

Um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden, sollten Sie als Architekt:

  • Stets sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten
  • Bei Abweichungen von Standards oder Vorschriften den Bauherrn schriftlich auf mögliche Risiken hinweisen
  • Im Zweifelsfall Rücksprache mit Ihrer Versicherung halten
  • Die genauen Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags kennen und verstehen

Beachten Sie, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich komplex ist und sich weiterentwickelt. Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Urteil (Az.: 9 U 241/22 vom 10.08.2023) klargestellt, dass bei Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten der Versicherungsschutz entfallen kann. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, als Architekt stets professionell und pflichtbewusst zu handeln.

zurück


Wie können Architekten sicherstellen, dass sie ihre Kardinalpflichten erfüllen?

Architekten können durch folgende Maßnahmen sicherstellen, dass sie ihre Kardinalpflichten erfüllen:

Gründliche Kenntnis der Kardinalpflichten

Architekten müssen sich umfassend über ihre Kardinalpflichten informieren. Diese umfassen insbesondere die Planungs-, Beratungs- und Überwachungspflichten. Eine regelmäßige Weiterbildung und das Studium aktueller Rechtsprechung sind unerlässlich, um auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Sorgfältige Vertragsgestaltung und -prüfung

Vor Vertragsabschluss sollten Sie als Architekt den Vertrag gründlich prüfen und sicherstellen, dass alle wesentlichen Leistungen und Pflichten klar definiert sind. Achten Sie besonders auf die Formulierung Ihrer Hauptleistungspflichten, da diese oft als Kardinalpflichten angesehen werden.

Umfassende Dokumentation

Führen Sie eine lückenlose Dokumentation Ihrer Leistungen und Entscheidungen. Dies umfasst Besprechungsprotokolle, Planungsunterlagen, Baustellenberichte und Korrespondenz mit dem Bauherrn und anderen Beteiligten. Im Falle eines Rechtsstreits kann eine gute Dokumentation Ihre Sorgfalt beweisen.

Proaktive Kommunikation mit dem Bauherrn

Informieren Sie den Bauherrn regelmäßig und umfassend über den Projektfortschritt, mögliche Risiken und notwendige Entscheidungen. Erfüllen Sie Ihre Beratungs- und Hinweispflichten gewissenhaft, auch wenn diese nicht explizit im Vertrag erwähnt sind.

Sorgfältige Planung und Überwachung

Planen Sie Ihr Projekt detailliert und überwachen Sie die Bauausführung gründlich. Achten Sie besonders auf die Einhaltung von Normen, Vorschriften und anerkannten Regeln der Technik. Bei Zweifeln oder komplexen Fragen sollten Sie nicht zögern, Fachexperten hinzuzuziehen.

Regelmäßige Qualitätskontrollen

Führen Sie in regelmäßigen Abständen interne Qualitätskontrollen durch. Überprüfen Sie dabei kritisch, ob Sie alle Ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllt haben. Identifizieren Sie potenzielle Schwachstellen in Ihren Arbeitsprozessen und optimieren Sie diese kontinuierlich.

Versicherungsschutz prüfen

Überprüfen Sie regelmäßig Ihren Berufshaftpflichtversicherungsschutz. Stellen Sie sicher, dass Ihre Versicherung auch Schäden abdeckt, die aus der Verletzung von Kardinalpflichten entstehen können. Beachten Sie jedoch, dass vorsätzliche Pflichtverletzungen in der Regel nicht versichert sind.

Indem Sie diese Maßnahmen befolgen, können Sie als Architekt das Risiko einer Verletzung Ihrer Kardinalpflichten erheblich reduzieren und im Streitfall Ihre Sorgfalt nachweisen. Denken Sie daran, dass die genaue Definition der Kardinalpflichten von Fall zu Fall variieren kann und oft erst durch Gerichte konkretisiert wird. Bleiben Sie daher stets wachsam und handeln Sie im besten Interesse Ihres Bauherrn.

zurück


Welche Rolle spielen DIN-Normen bei der Erfüllung von Kardinalpflichten eines Architekten?

DIN-Normen spielen eine zentrale Rolle bei der Erfüllung der Kardinalpflichten eines Architekten. Sie dienen als wichtiger Maßstab für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, die zu den Hauptpflichten eines Architekten gehören.

Bedeutung für die Planungsqualität

Bei der Planung eines Bauvorhabens müssen Architekten die einschlägigen DIN-Normen berücksichtigen. Diese spiegeln den aktuellen Stand der Technik wider und geben konkrete Vorgaben für verschiedene Aspekte des Bauens. Wenn Sie als Architekt tätig sind, müssen Sie beispielsweise die DIN 18040 für barrierefreies Bauen oder die DIN 4109 für den Schallschutz in Ihre Planungen einbeziehen.

Aufklärungspflicht bei Abweichungen

Eine wichtige Kardinalpflicht des Architekten ist die umfassende Beratung und Aufklärung des Bauherrn. Sollten Sie als Architekt von DIN-Normen abweichen wollen oder müssen, sind Sie verpflichtet, den Bauherrn darüber zu informieren und die möglichen Konsequenzen zu erläutern. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn behördliche Auflagen eine Abweichung von der DIN-Norm für Stufenhöhen in einem Stadion erfordern.

Haftungsrisiken bei Nichtbeachtung

Die Nichtbeachtung relevanter DIN-Normen kann für Sie als Architekt erhebliche Haftungsrisiken bergen. Wenn ein Bauwerk aufgrund der Missachtung von DIN-Normen Mängel aufweist, können Sie schadensersatzpflichtig werden. Stellen Sie sich vor, Sie planen eine Dachkonstruktion ohne Berücksichtigung der DIN-Norm für Schneelast, und das Dach kollabiert im Winter – in diesem Fall hätten Sie Ihre Kardinalpflicht zur fachgerechten Planung verletzt.

Flexibilität und Innovation

Trotz ihrer Bedeutung sind DIN-Normen nicht in Stein gemeißelt. Als Architekt müssen Sie auch innovative Lösungen berücksichtigen, die möglicherweise von den Normen abweichen, aber dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. In solchen Fällen ist es Ihre Pflicht, die Abweichung fachlich zu begründen und den Bauherrn umfassend zu informieren.

Dokumentation und Nachweispflicht

Bei der Erfüllung Ihrer Kardinalpflichten spielt die sorgfältige Dokumentation eine wichtige Rolle. Wenn Sie DIN-Normen in Ihrer Planung berücksichtigen, sollten Sie dies schriftlich festhalten. Ebenso müssen Sie Abweichungen von den Normen und die entsprechende Aufklärung des Bauherrn dokumentieren. Diese Unterlagen können im Streitfall als wichtiger Nachweis dienen, dass Sie Ihre Pflichten erfüllt haben.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Kardinalpflichten: Grundlegende Pflichten eines Architekten, die für die ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags wesentlich sind. Dazu gehören die fachgerechte Planung, Überwachung der Bauausführung und Einhaltung anerkannter Regeln der Technik. Eine Verletzung dieser Pflichten kann zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen. Im vorliegenden Fall verletzte der Architekt seine Kardinalpflichten bei der Abdichtung, was zu Feuchtigkeitsschäden führte. Das OLG Köln bestätigte, dass fundierte Kenntnisse über Bauwerksabdichtungen zum elementaren Basiswissen jedes Architekten gehören.
  • Berufshaftpflichtversicherung: Versicherung, die Architekten gegen Schadensersatzansprüche Dritter aufgrund beruflicher Fehler absichert. Sie deckt in der Regel fahrlässige Pflichtverletzungen ab. Bei vorsätzlichen oder bewussten Verstößen gegen Berufspflichten kann der Versicherungsschutz entfallen. Im konkreten Fall verweigerte die Versicherung die Deckung, da der Architekt bewusst gegen elementare Berufspflichten verstoßen hatte. Das Gericht bestätigte diese Entscheidung und verdeutlichte damit die Grenzen des Versicherungsschutzes bei gravierenden Pflichtverletzungen.
  • Bewusste Pflichtverletzung: Verstoß gegen berufliche Pflichten, bei dem der Handelnde die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens erkennt oder hätte erkennen müssen. Im Architektenrecht wird bei Verletzung elementarer Berufspflichten oft von einem bewussten Verstoß ausgegangen, da diese Pflichten zum Grundwissen gehören. Das OLG Köln folgte diesem Grundsatz und sah den Verstoß gegen DIN-Normen bei der Abdichtung als bewusste Pflichtverletzung an. Dies führte zum Ausschluss des Versicherungsschutzes und zur persönlichen Haftung des Architekten.
  • Perimeterdämmung: Wärmedämmung an erdberührten Außenwänden eines Gebäudes. Sie dient dem Wärmeschutz und der Feuchtigkeitsabwehr. Im vorliegenden Fall schlug der Architekt eine Perimeterdämmung vor, die jedoch nicht umgesetzt wurde. Das Unterlassen dieser Maßnahme trug zu den späteren Feuchtigkeitsschäden bei. Das Gericht kritisierte, dass der Architekt die Bauherren nicht ausreichend über die Folgen des Verzichts auf diese wichtige Abdichtungsmaßnahme aufgeklärt hatte. Dies verdeutlicht die Beratungspflicht des Architekten bei kritischen baulichen Entscheidungen.
  • Feuchtigkeitsbrücke: Stelle in der Gebäudehülle, an der Feuchtigkeit von außen nach innen dringen kann. Oft entstehen sie durch mangelhafte Abdichtung oder falsche Materialwahl. Im Urteil wurde die fehlende fachgerechte Abdichtung des Fußbodens und der Wände kritisiert, die zu Feuchtigkeitsbrücken führte. Das OLG Köln betonte, dass die Vermeidung solcher Schwachstellen zum elementaren Fachwissen eines Architekten gehört. Die Nichtbeachtung dieser grundlegenden bauphysikalischen Prinzipien wurde als schwerwiegende Pflichtverletzung gewertet.
  • Sachverständigengutachten: Fachliche Beurteilung durch einen unabhängigen Experten, die als Beweismittel vor Gericht dient. Im vorliegenden Fall stützte sich das Gericht auf ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Abdichtungsmaßnahmen. Der Sachverständige stellte fest, dass die DIN 18195 für die Sanierung galt und nicht eingehalten wurde. Dies war entscheidend für die Beurteilung der Pflichtverletzung des Architekten. Das Gutachten verdeutlicht die Bedeutung technischer Normen und Expertenwissen in Baurechtsfällen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • DIN 18195 (Bauwerksabdichtungen): Diese Norm regelt die Abdichtung von Bauwerken gegen Feuchtigkeit und Wasser, sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen. Sie legt Anforderungen an Materialien, Ausführung und Planung fest, um Schäden durch Feuchtigkeitseintritt zu verhindern. Im vorliegenden Fall wurde die DIN 18195 als maßgebliche Norm für die Sanierung des Wohnhauses herangezogen. Das Gericht stellte fest, dass sowohl die fehlende Abdichtung der Bodenplatte als auch die unzureichende Abdichtung der Außenwände nicht den Anforderungen dieser Norm entsprachen und somit zu den Feuchtigkeitsschäden führten.
  • § 631 BGB (Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag): Dieser Paragraph definiert die Pflichten des Unternehmers (hier: Architekt) bei einem Werkvertrag. Er muss das Werk (hier: Planung und Bauüberwachung) frei von Sach- und Rechtsmängeln erstellen und die anerkannten Regeln der Technik einhalten. Im vorliegenden Fall hat der Architekt seine Pflichten verletzt, indem er die notwendigen Abdichtungsmaßnahmen nicht gemäß den anerkannten Regeln der Technik, insbesondere der DIN 18195, geplant und überwacht hat.
  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Schadensersatz bei Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis, wie beispielsweise einem Werkvertrag. Wenn der Schuldner (hier: Architekt) eine Pflicht verletzt und dadurch dem Gläubiger (hier: Bauherren) ein Schaden entsteht, ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Im vorliegenden Fall hat der Architekt seine Pflichten aus dem Architektenvertrag verletzt, was zu Feuchtigkeitsschäden und damit zu einem Schaden bei den Bauherren führte. Daher wurde er zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
  • § 100 VVG (Versicherungsfall): Dieser Paragraph definiert, wann ein Versicherungsfall im Rahmen einer Haftpflichtversicherung eintritt. Ein Versicherungsfall liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer (hier: Architekt) wegen eines während der Versicherungszeit verursachten Schadens, für den er nach dem Gesetz haftet, von einem Dritten (hier: Bauherren) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Im vorliegenden Fall wurde der Architekt wegen der Feuchtigkeitsschäden auf Schadensersatz in Anspruch genommen, was grundsätzlich einen Versicherungsfall darstellen würde.
  • § 103 VVG (Ausschluss des Versicherungsschutzes bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls): Dieser Paragraph schließt den Versicherungsschutz aus, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt. Im vorliegenden Fall berief sich die Versicherung auf diesen Ausschluss, da der Architekt bewusst gegen elementare Berufspflichten verstoßen hatte. Das Gericht bestätigte dies und wies die Klage gegen die Versicherung ab, da der Architekt den Schaden durch sein bewusstes Fehlverhalten selbst zu vertreten hatte.

Das vorliegende Urteil


OLG Köln – Az.:  9 U 241/22 – Beschluss vom 10.08.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom

26.10.2022 (20 O 340/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger machen Direktansprüche gegen die Beklagte als Berufshaftpflichtversicherung des von ihnen beauftragten Architekten geltend, hilfsweise gehen sie aus abgetretenem Recht vor. Streitgegenständlich sind zwei Pflichtverletzungen des Architekten, nämlich die fehlende Abdichtung der erdberührten Kelleraußenwände sowie der Bodenplatte im Haus der Kläger.

Der – zwischenzeitlich verstorbene – Architekt war Versicherungsnehmer der Beklagten. Für den Versicherungsvertrag galten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung A100 (AHB) und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibung für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren A 109 (BBR). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K1 b und K1 c (AH zur Klageschrift) verwiesen.

Der Versicherungsnehmer schloss mit den Klägern 2009 einen Architektenvertrag über die Sanierung ihres Mitte der 1960er Jahre errichteten Wohnhauses. Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurden der Einliegerwohnung im Keller weitere Kellerräume zugeschlagen. Anlässlich einer Bestandsaufnahme im November 2009 hielt der Architekt Schmidt hinsichtlich der Giebelwand im östlichen Kellerraum schriftlich fest: „Feucht Schäden, Putz ist abgängig“. In einer Kostenrechnung vom 01.05.2010 schlug der Versicherungsnehmer den Klägern vor, eine Perimeterdämmung an den erdberührten Außenwänden auszuführen. Dieser Vorschlag wurde nicht ausgeführt. Der Versicherungsnehmer wies die Kläger nicht darauf hin, dass der Verzicht auf diese Maßnahme innerhalb weniger Jahre zu einem massiven Feuchtigkeitsschaden in der Einliegerwohnung im Kellergeschoss führen könnte. Im Jahr 2015 traten in der Einliegerwohnung Feuchtigkeits- und Schimmelschäden auf. Die Wand war mit echtem Hausschwamm befallen. Der Versicherungsnehmer zeigte den Schaden bei der Beklagten an. Er stellte der Beklagten eine Stellungnahme zur Verfügung, in der er ausführte:

„3.2 Fußbodenaufbau im Untergeschoss Wohnbereich

Im Bestand wurde unter den Bodenbeläge(n) Gussasphalt und/oder Verbundestrich vorgefunden, ohne Feuchteschäden.

Aus wärmetechnischen Gründen wurde über diesen Boden eine 12cm hohe Fußbodenkonstruktion geplant, ebenfalls Asphaltestrich (…). Die Konstruktion wurde bauphysikalisch berechnet (betr. Verbleib von Tauwasser), Ergebnis war positiv (kein Tauwasserverbleib), Es gab keinen Verdacht, dass die waagerechte Abdichtung der Bodenplatte nicht funktionieren würde oder beschädigt sei. Auf einen Ausbau des Bestands-Estriches wurde deshalb verzichtet: auch um die Abdichtung gerade nicht zu beschädigen.

(…)

3.4 Außenwände/Innendämmung

Geplant war natürlich (so auch in der Kostenberechnung beschrieben) die Freilegung der Außenwände, neue Abdichtung, Perimeterdämmung mit erhöhter Dammstärke im Bereich der OG-Wohnung (Wandbereiche Nord und Ost). Von der Bauherrschaft wurde das abgelehnt, da a) die Erd- und Maurerarbeiten alle durch seine Helfer ausgeführt werden sollten und diese dafür nicht entsprechend ausgerüstet waren und b) zur Kosteneinsparung“

Wegen der weiteren Ausführungen und Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anl. …

Der Versicherungsnehmer wurde vom LG Marburg mit Urteil vom 13.06.2018 zur Zahlung von Schadensersatz und einem Kostenvorschuss in Höhe von insgesamt 109.779,04 Euro zuzüglich Freistellung von Kosten der außergerichtlichen Rechtsvertretung in Höhe von 2.561,83 Euro an die Kläger verurteilt. Zudem wurde er verurteilt, alle weiteren Schäden zu ersetzen, die aus einem Feuchtigkeitsschaden und Hausschwamm im Untergeschoss des Wohnhauses der Kläger resultierten. Das Gericht sah es nach Einholung eines Sachverständigengutachtens als erwiesen an, dass die von dem Architekten – und hiesigen Versicherungsnehmer – erbrachten Planungsleistungen sowohl hinsichtlich der vertikalen Außenwandabdichtung als auch bezüglich des Fußbodenaufbaus im Flur der Einliegerwohnung mangelhaft seien und diese Mängel zu dem Schimmelpilz und Schwammbefall geführt hätten. Der Sachverständige hatte insoweit festgestellt, dass der Fußboden im Untergeschoss aus einer Stahlbetonplatte bestehe, die über keine Abdichtung verfügte. Dies sei zur Zeit der Gebäudeerrichtung Standard gewesen. Im Zuge der Sanierung hätte jedoch nach der DIN 18195-4 eine Abdichtung der Bodenplatte gegen aufsteigende Feuchtigkeit eingebracht werden müssen. Darüber hinaus sei auch die vorgefundene Wandabdichtung typisch zur Zeit der Errichtung gewesen. Wegen der zu erwartenden Lebensdauer einer solchen Abdichtung sei bereits 2010-2011 zu erwarten gewesen, dass diese Außenwandabdichtung nicht mehr voll funktionsfähig gewesen sei. Es sei notwendig gewesen, die erdberührten Außenwände neu abzudichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Marburg Bezug genommen (vgl. Anlage K2, AH zur Klageschrift).

Über das Vermögen des Versicherungsnehmers wurde am 02.07.2018 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Vollstreckungsgericht brachte eine Pfändung des Freistellungsanspruchs des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag zu Gunsten der Kläger aus. Am 06.08.2018 trat der Versicherungsnehmer seinen Freistellungsanspruch gegen die Beklagte außerdem an die Kläger ab. Die Kläger forderten die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 06.09.2018 unter Fristsetzung bis zum 20.09.2018 erfolglos auf, die streitgegenständlichen Geldforderungen zu begleichen.

Die Kläger sind der Ansicht, dass eine bewusste Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers nicht angenommen werden könne. Sie behaupten, der Versicherungsnehmer habe auf die Einschätzung einer Spezialfirma im Zusammenhang mit der Abdichtung der Wände vertraut. Er sei davon ausgegangen, dass eine Horizontalsperre für die Behebung einer Undichtigkeit ausreichend gewesen sei. Er habe über die Spezialfirma Messungen an der Innenwand durchführen lassen und es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Außenwandabdichtung erneuert werden müsse. Aus der Angabe des Versicherungsnehmers, dass im Bestand unter den Bodenbelägen Gussasphalt vorgefunden worden sei, ergebe sich, dass der Versicherungsnehmer Untersuchungen des Fußbodens durchgeführt habe. Sie sind weiter der Ansicht, dass die Vorgaben der DIN 18195 ohnehin nur für Neubauten und nicht für die Sanierung von Bauten gälten.

Die Kläger haben zunächst im Urkundenverfahren gegen die Beklagte beantragt, diese zur Zahlung der mit Urteil des LG Marburgs tenorierten Ansprüche, dabei unter anderem zur Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren, zur Zahlung der im dortigen Verfahren entstandenen Kosten sowie von Vollstreckungskosten und Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu verurteilen. Auch haben sie die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet sei, alle weitere Schäden zu ersetzen, die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Feuchtigkeitsschaden stehen. Die Kammer hat die Beklagte mit Urteil vom 21.08.2019 im Urkundenverfahren zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche verurteilt, wobei ihr die Rechte im Nachverfahren vorbehalten worden sind. Hinsichtlich des Freistellungsantrags in Bezug auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus dem Vorverfahren vor dem Landgericht Marburg, des Feststellungsantrags und des Antrags auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat die Kammer die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.

Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,

1. das Vorbehaltsurteil vom 21.08.2019 für vorbehaltslos zu erklären;

1.a. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.561,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

1.b. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen alle Schäden zu ersetzen, die aus dem Feuchtigkeitsschaden und der Schimmel- und/oder Hausschwammbildung im Untergeschoss des Wohnhauses „A“ resultieren, und zwar in dem Umfang, wie es aus dem Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer und der Beklagten folgt;

1.c. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.047,35 Euro Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, das Vorbehaltsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, dass der Versicherungsnehmer gegen elementare Berufspflichten verstoßen habe, indem er von den zwingenden Vorgaben der DIN 18195 abgewichen sei.

Die Kammer hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Vernehmung der abgewiesen, weil die Beklagte sich erfolgreich auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes aus dem Versicherungsvertrag gemäß Teil A Ziff. IV Nr. 5 BBR berufen könne, nach dem kein Versicherungsschutz für Ansprüche wegen Schäden besteht, die der Versicherungsnehmer durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat. Sie war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Versicherungsnehmer gegen elementare Berufspflichten verstoßen hat. Fundierte Kenntnisse über Bauwerksabdichtungen gehörten zum elementaren Basiswissen eines jeden planenden und bauüberwachenden Architekten. Es sei nach den Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass die DIN 18195 für die vom Versicherungsnehmer durchgeführte Umbaumaßnahme gegolten habe. Aus dieser ergebe sich, dass die Außenwände abzudichten seien, wobei eine horizontale Abdichtung nicht genüge und auch eine Innenabdichtung nicht fachgerecht sei. Im Übrigen stehe nach den Ausführungen des Sachverständigen fest, dass eine horizontale Abdichtung auf der Bodenplatte herzustellen sei, wobei die Abdichtung des Fußbodens an die der Wände in waagerechter Richtung so herangeführt werden müsse, dass keine Feuchtigkeitsbrücken entstünden. Der vorhandene Gussasphalt erfülle die Anforderungen an die DIN 18195 nicht, weil der Asphalt materialbedingt an den Rändern nicht dicht sei. Aufgrund des Alters des Gussasphalts sei außerdem im Rahmen der Planung davon auszugehen, dass dieser nicht mehr wasserdicht sei. Die dortige Fuge müsse durch eine Aufkantung mit bahnförmigen Abdichtungen abgedichtet werden. Das Fehlen dieser zwingenden Leistungen stelle für beide Pflichtverletzungen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen einen Verstoß gegen elementare und grundlegende Berufspflichten dar. Die Kammer hat weiter im Einzelnen dargelegt, dass die Kläger nicht plausibel darzulegen vermocht hätten, wie es unwissentlich zu einem solchen Verstoß gegen das Elementar- und Primitivwissen, das einen bewussten Pflichtenverstoß indiziert, kommen konnte. Insoweit hat sie insbesondere darauf verwiesen, dass der Versicherungsnehmer Feuchtigkeit an den Außenwänden festgestellt hatte, weshalb sich die Frage der Abdichtung in besonderem Maße stellte. Auch hinsichtlich der fehlenden Abdichtung der Bodenplatte bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte, die gegen den Schluss von der elementaren, jedem Architekten bekannten Herstellungspflicht einer abgedichteten Bodenplatte auf ein bewusstes Abweichen von dieser Pflicht sprechen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen die den Klägern am 27.10.2022 zugestellte Entscheidung haben diese mit Schriftsatz vom 24.11.2022, eingegangen am 25.11.2022, Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 20.01.2023 begründet. Sie greifen das erstinstanzliche Urteil umfassend an. Insbesondere meinen sie, dass keine Feststellungen zum Haftungstatbestand getroffen worden seien und die Kammer die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes sowie die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast der Parteien verkannt habe. Ferner greifen sie die vom Landgericht getroffenen Feststellungen an und meinen, das Landgericht habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem es ihren Beweisanträgen durch Vernehmung der Zeugen Inicht nachgegangen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 20.01.2023 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des Urteils LG Köln AZ 20 O 340/18 vom 26.10.2022

1. das Vorbehaltsurteil des LG Köln AZ 20 O 340/18 vom 21.08.2019 für vorbehaltlos zu erklären,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von Euro 2.561,83 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihnen alle weiteren Schäden zu ersetzen, die aus dem Feuchtigkeitsschaden und der Schimmel und/oder Hausschwammbildung im Untergeschoss des Wohnhauses „resultieren,

4. die Beklagte zu verurteilen, an sie Euro 3.047,35 Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 08.05.2022 Bezug genommen, an dem der Senat auch nach nochmaliger Beratung in geänderter Besetzung festhält.

Die hierzu erfolgte Stellungnahme der Kläger rechtfertigt keine andere Entscheidung, sondern gibt lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:

1. Die Kläger wenden in erster Linie weiterhin ein, dass nicht deshalb von einem Verstoß gegen das Elementar- und Basiswissen eines Architekten ausgegangen werden könne, weil dieser verkannt habe, dass die Bestandsabdichtung aufgrund ihres Alters nicht mehr als funktionstauglich hätte betrachtet werden dürfen. Entscheidend ist indes, wie bereits im Hinweisbeschluss im Einzelnen ausgeführt, dass sich nach den Erkenntnissen des Sachverständigengutachtens bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre war, die Frage der vertikalen und horizontalen Abdichtung aufdrängte, weil es sich um sehr schadenanfällige Bereiche handelt, wenn man nicht entsprechend sorgfältig vorgeht. Soweit die Kläger nunmehr ihren Sachvortrag durch ein weiteres privates Sachverständigengutachten vom 03.07.2023 zu untermauern versuchen, führt dies schon in der Sache nicht weiter. Der Sachverständige ### nimmt erneut zu abstrakten Fragestellungen der Kläger Stellung, insbesondere dazu, welches Regelwerk der Versicherungsnehmer für eine Umbaumaßnahme generell zugrunde zu legen hat und welcher Prüfungsmaßstab sich daraus ergibt. Den Ausführungen des Privatsachverständigen lässt sich nach wie vor nicht entnehmen, dass die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen ### fehlerhaft ist, der – wie im Übrigen auch der Sachverständige vor dem LG Marburg – von der Anwendbarkeit der DIN 18195 für die hier konkret zu beurteilende Umbaumaßnahme ausging. Dies ist im Übrigen aber auch im Ergebnis nicht entscheidend. Selbst wenn – unterstellt – für die Abdichtungsmaßnahme statt der DIN 18195 (nur) das WTA-Merkblatt hätte Anwendung finden müssen, ergäbe sich hieraus nichts anderes. Denn auch nach dem WTA-Merkblatt müsste, wie der Privatsachverständige ausführt, eine Abdichtung der Außenwände erfolgen und es muss insbesondere geprüft werden, ob die vorhandene Abdichtung noch funktionstauglich ist (vgl. Frage 4, S. 7 des Gutachtens). Entscheidend ist im Übrigen, dass sich der Privatsachverständige – anders als der Sachverständige ### – in seiner Stellungnahme nicht mit den konkreten Gegebenheiten bei den Klägern vor Ort beschäftigt hat. Der Sachverständige ist nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass der vorhandene Gussasphalt insoweit nicht genügte, da der Asphalt materialbedingt an den Rändern nicht dicht ist und dass aufgrund des Alters des Gussasphalts bei der Planung davon auszugehen war, dass dieser nicht mehr wasserdicht war. Die dortige Fuge hätte durch eine Aufkantung mit bahnförmigen Abdichtungen abgedichtet werden müssen. Das Fehlen dieser zwingenden Leistungen stellte für die beiden feststehenden Pflichtverletzungen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ### einen Verstoß gegen elementare und grundlegende Berufspflichten dar (Urteil des Landgerichts, S. 7, mittlerer Absatz). Dieses Beweisergebnis war für die Kammer – ebenso wie für den Senat – entscheidend. Soweit die Kläger im Übrigen nunmehr beanstanden, der Sachverständige habe in seinem Ergänzungsgutachten selbst angegeben, nicht sämtliche Planungsunterlagen gehabt zu haben und daher nach Aktenlage entschieden statt diese Unterlagen anzufordern, ist dies schon vor dem Hintergrund erstaunlich, als die Kläger in ihrer Stellungnahme zu dem Ergänzungsgutachten insoweit eingeräumt haben, dass ihnen diese Unterlagen nicht mehr vorlagen (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 09.03.2022, Bl. 492 GA). Die nunmehrigen Ausführungen dazu, warum eine Außenwandabdichtung wirtschaftlich nicht vertretbar war (Versorgungsleitungen bzw. Bestandswasserleitungen), sind neu und damit verspätet, ebenso die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen in seinem nunmehrigen Privatgutachten vom 03.07.2023.

2. Die Grundsätze der – auch höchstrichterlichen – Rechtsprechung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes in Fällen der wissentlichen Pflichtverletzung sind hier entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb anders zu beurteilen, weil sie als Geschädigte einen Direktanspruch gegen die Versicherung gemäß § 115 VVG geltend machen. Der Senat hat die Beweiserleichterung zugunsten der Versicherung im Falle des elementaren Pflichtverstoßes bereits in seinem Urt. v. 29.11.2011 – 9 U 75/11 -) in dem es um die Geltendmachung von Ansprüchen im Wege der Einziehungsklage ging, angewandt. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb in der vorliegenden Fallkonstellation etwas anderes gelten sollte. Tragender Grund für die Beweiserleichterung ist nicht der Schutz der Versicherung, sondern die Erwägung, dass in einem Fall der Verletzung elementarer beruflicher Pflichten von einem bewussten Pflichtverstoß auszugehen ist, weil von der Kenntnis dieser Pflichten nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen schlicht ausgegangen werden muss (vgl. etwa Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess, 4. Aufl., 2020, § 18 Rn. 341). Die Fragestellung ist daher auch nicht grundlegend klärungsbedürftig, so dass eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO entgegen der Ansicht der Kläger nicht in Betracht kam.

3. Schließlich hat es der Senat auf der Grundlage dieser Darlegungs- und Beweislastverteilung den Klägern entgegen ihrer Ansicht auch nicht verwehrt, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen. Er ist nur mit dem Landgericht der Ansicht, dass der Vortrag der Kläger insoweit unzureichend war, was sowohl das Landgericht in seinem Urteil als auch der Senat im Hinweisbeschluss im Einzelnen erläutert haben. Auf die Ausführungen des Landgerichts sowie im Hinweisbeschluss wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Daran hält der Senat fest. Entgegen der Ansicht der Kläger hätte das Landgericht auch nicht näher darauf hinweisen müssen, dass ihr Vortrag, dem Versicherungsnehmer seien die Abdichtungspflichten nicht bekannt gewesen, angesichts der übrigen Umstände unzureichend war, so dass eine Vernehmung des Zeugen nicht in Betracht kam. Vielmehr war dem Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung, dass die Vernehmung des Zeugen noch nicht Gegenstand eines Beweisbeschlusses sei, ohne Weiteres zu entnehmen, dass eine solche nicht mehr beabsichtigt war. Dies hat auch die Klägerseite verstanden, die ausdrücklich betont hat, dass sie an der Vernehmung festhalte. Der nunmehr konkretisierte Vortrag diesbezüglich nebst Beweisantrag ist jedenfalls verspätet.

4. Der weitere Vortrag der Beklagten zu den Voraussetzungen der Klausel in Teil A Ziff. IV Nr. 5 S. 2 BBR führt ebenfalls nicht weiter. Es bleibt dabei, dass entscheidend ist, dass das LG Marburg bindend Pflichtverletzungen des Versicherungsnehmers bei der Planung der Instandsetzung hinsichtlich der vertikalen Außenabdichtung und bezüglich des Fußbodenaufbaus festgestellt hat und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer wissentlichen Verletzung dieser Pflichten auszugehen ist.

5. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen kommt schließlich ein Anspruch der Kläger auf Erstattung der Kosten des Rechtsstreits vor dem LG Marburg nicht in Betracht. Denn auch dieser Anspruch bestünde nur dann, wenn der Versicherungsnehmer einen Anspruch aus dem Versicherungsverhältnis auf Erstattung der Prozesskosten hätte. Dies folgt aus Ziff. III der AHB (Anlage K1b), bei dem es um den Umfang der Leistungspflicht geht (vgl. Ziff. 1), und der unter Ziff. 3 auch die Übernahme der Prozesskosten durch die Versicherung vorsieht. Die Leistungspflicht der Beklagten ist im vorliegenden Fall aber durch den eingreifenden Risikoausschluss gem. Teil A Ziff. iV Nr. 5 BBR ausgeschlossen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Beschluss

Der Senatsbeschluss vom 10.08.2023 wird gemäß § 319 Abs. 1 ZPO dahingehend berichtigt, dass es unter Ziff. II auf S. 8 (Bl. 304 eA) heißt 08.05.2023 statt 08.05.2022, auf S. 9 in der 11. Zeile (Bl. 305 eA) heißt „Sachverständige “ statt „Sachverständige “ und auf S. 11 unter Ziff. 4 (Bl. 307 eA) heißt „Der weitere Vortrag der Kläger“ statt „Der weitere Vortrag der Beklagten“.

Auf den Tatbestandsberichtigungsantrag der Kläger wird der Senatsbeschluss dahingehend berichtigt, dass es auf S. 3 im wiedergegebenen Text heißt „3.3“ statt „3.2“.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe:

Entgegen der Auffassung der Kläger enthält der Tatbestand unter Ziff. I der Gründe des Senatsbeschlusses vom 10.08.2023 mit Ausnahme der berichtigten Ziffer der wiedergegebenen Anlage keine der Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 ZPO zugänglichen Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche.

Der „Tatbestand“ – also Ziff. I der Gründe – ist im Wesentlichen wörtlich aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils übernommen, gegen den die Kläger keine Einwendungen erhoben hatten und der damit für das weitere Verfahren bindend geworden war (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Lediglich die bereits im landgerichtlichen Urteil enthaltene offensichtliche Fehlerhaftigkeit bei der Wiedergabe der Anlage ### hinsichtlich der Bezifferung war antragsgemäß zu ändern. Soweit Unterschiede in den Formatierungen (Weglassen eines Absatzes bzw. einer Unterstreichung aus einer wiedergegebenen Anlage) moniert werden, sind diese einer Korrektur nicht zugänglich, weil es dem Senat freisteht, über die Formatierung zu entscheiden. Im Übrigen hat der Senat in seinem Beschluss sowohl hinsichtlich der Ausführungen und Einzelheiten der nur teilweise wiedergegebenen Anlage als auch am Ende von Ziff. I des Beschlusses hinsichtlich der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen insgesamt Bezug genommen und das gesamte Parteivorbringen damit zum Gegenstand des Beschlusses gemacht. Welche Anlagen und welcher Parteivortrag vom Senat im Einzelnen wiedergegeben werden und hinsichtlich welcher vom Senat auf die Schriftsätze verwiesen wird, liegt in der Entscheidung des Senats und ist keiner Tatbestandsberichtigung zugänglich. Der Tatbestand ist nicht auf eine vollständige Wiedergabe des Parteivortrags ausgelegt. Soweit sich die Kläger gegen die Wiedergabe der Entscheidung des Landgerichts Marburg durch den Senat wenden, ist ebenfalls darauf zu verweisen, dass der Senat wegen der Einzelheiten auf das Urteil des Landgerichts Marburg Bezug genommen und dieses damit zum Gegenstand des Beschlusses gemacht.

Die Rechtsausführungen des Senats unter Ziff. II sind einer Tatbestandsberichtigung schon im Ansatz nicht zugänglich. Der Senat hat aber die Ausführungen der Kläger insoweit zum Anlass genommen, die ihm unterlaufenen, sich allerdings auf die Entscheidung in der Sache nicht auswirkenden Schreibfehler gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen.


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Baurecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Baurecht. Von der Baugenehmigung über Leistungsverzögerungen bis hin zu Baumängel.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Baurecht

Urteile aus dem Baurecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!