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Architekten und Ingenieure – funktionaler Mangelbegriff – Planungsleistungen geschuldet

Ein Ehepaar träumte vom Eigenheim, doch der Traum zerbarst an einem unerwarteten Detail: Die Deckenhöhe im Obergeschoss fiel deutlich niedriger aus als im Erdgeschoss. Was für die Bauherren ein klarer Mangel war, mündete in einen erbitterten Rechtsstreit mit dem Bauunternehmen. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein musste nun entscheiden, ob die ungleiche Deckenhöhe tatsächlich einen Baumangel darstellt – oder lediglich eine unliebsame Überraschung. Das Urteil wirft ein Schlaglicht auf die Tücken detaillierter Bauplanung.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 7/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 28.08.2024
  • Aktenzeichen: 12 U 7/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Baurecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Bauunternehmen, das die Zahlung einer offenen Werklohnforderung für ein Bauvorhaben verlangte und Gegenforderungen der Bauherren bestritt.
  • Beklagte: Die Bauherren, die die Zahlung der Werklohnforderung wegen angeblicher Mängel und Gegenforderungen verweigerten, darunter den Ersatz von Sachverständigenkosten und die Behauptung unterschiedlicher Raumhöhen als Mangel.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Bauunternehmen und Bauherren schlossen einen Werkvertrag für ein Bauvorhaben. Nach Fertigstellung kam es zum Streit über die offene Werklohnforderung des Bauunternehmens und über zahlreiche von den Bauherren gerügte Mängel sowie deren Gegenforderungen.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war die Frage, ob die Werklohnforderung des Bauunternehmens berechtigt war, welche Mängel geltend gemacht werden konnten und ob die Bauherren Zurückbehaltungsrechte sowie den Ersatz von Sachverständigenkosten beanspruchen durften. Ein zentraler Streitpunkt war zudem, ob unterschiedliche lichte Raumhöhen zwischen Erd- und Obergeschoss einen Mangel darstellten.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht änderte das Urteil der ersten Instanz teilweise ab und verurteilte die Bauherren zur Zahlung eines Werklohns Zug um Zug gegen die Beseitigung spezifischer Mängel durch das Bauunternehmen. Im Übrigen wurde die Klage des Bauunternehmens abgewiesen und das Bauunternehmen aufgrund einer Widerklage zur Behebung weiterer Mängel verpflichtet.
  • Begründung: Das Gericht begründete die teilweise Abänderung damit, dass die Bauherren die Kosten für Sachverständige zur Mängelfeststellung aufrechnen durften, da diese aufgrund der Vielzahl von Mängeln notwendig waren. Weiterhin sei die Zug-um-Zug-Verpflichtung um die Säuberung einer Versiegelung zu erweitern, da keine Vereinbarung über einen Abzug anstelle der Nachbesserung nachgewiesen werden konnte. Ein Mangel aufgrund unterschiedlicher lichter Raumhöhen wurde jedoch verneint, da keine entsprechende vertragliche Vereinbarung über gleiche lichte Höhen nachgewiesen werden konnte und die Bauherren die Pläne, die dies zeigten, durch einen ihrer Vertreter abgezeichnet hatten.
  • Folgen: Rechtlich bedeutet das Urteil, dass die Bauherren nur unter bestimmten Bedingungen zahlen müssen und das Bauunternehmen eine Vielzahl von Mängeln beseitigen muss. Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt hauptsächlich das Bauunternehmen, während die Kosten der Berufungsinstanz zwischen den Parteien geteilt werden. Eine Revision des Urteils ist nicht zugelassen, was die Entscheidung als abschließend in dieser Instanz kennzeichnet.

Der Fall vor Gericht


Ein Hausbau, zwei Deckenhöhen und die Frage: Was ist ein Mangel?

Jeder, der schon einmal gebaut oder eine Wohnung renoviert hat, kennt die Situation: Man bespricht seine Wünsche, schaut sich Pläne an und hofft am Ende auf ein perfektes Ergebnis. Doch was passiert, wenn das fertige Haus in einem wichtigen Detail von der eigenen Vorstellung abweicht? Genau diese Frage musste das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein in einem Fall klären, bei dem es um die Höhe der Decken im Erd- und Obergeschoss ging. Der Traum vom Eigenheim wurde für die Bauherren zu einem Rechtsstreit, der bis in die zweite Instanz ging.

Junges Ehepaar bei Bauabnahme im neuen Haus, Bauunternehmer erklärt, Deckenhöhe messen
Bauherren entdecken enttäuscht zu geringe Deckenhöhe – wann Bauplanung und Messung richtig wichtig sind. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein Bauunternehmen hatte für ein Ehepaar ein Haus errichtet. Nach Abschluss der Arbeiten stellte das Unternehmen seine Schlussrechnung. Die Bauherren weigerten sich jedoch, den vollen Betrag zu zahlen. Ihre Begründung: Das Haus habe zahlreiche Fehler und Mängel. Der Streit landete schließlich vor Gericht, wo das Bauunternehmen auf die Bezahlung seines restlichen Lohns klagte.

Der Streitpunkt Gutachter: Wer trägt die Kosten für die Fehlersuche?

Bevor es überhaupt um die Baufehler selbst ging, stritten die Parteien über eine andere Frage: Die Bauherren hatten auf eigene Kosten einen Bausachverständigen beauftragt. Ein Sachverständiger ist ein unabhängiger Experte, der Bauschäden objektiv beurteilen kann. Dieser Experte hatte die Mängel am Haus genau dokumentiert und die Bauherren bei der Bauabnahme, dem offiziellen Akt der Entgegennahme des fertigen Hauses, begleitet. Die Kosten für diesen Experten beliefen sich auf insgesamt 4.513,08 €.

Die Bauherren argumentierten, das Bauunternehmen müsse ihnen diese Kosten erstatten. Sie wollten diesen Betrag daher direkt von der offenen Rechnung des Unternehmens abziehen. Juristen nennen diesen Vorgang Aufrechnung. Es funktioniert wie ein Guthaben, das man mit einer offenen Rechnung verrechnet. Aber durften die Bauherren das?

Das Gericht bejahte dies. Die Richter stellten fest, dass die Beauftragung des Sachverständigen notwendig war. Warum? Weil tatsächlich eine Vielzahl von Mängeln am Bau vorhanden war, die auch im offiziellen Abnahmeprotokoll festgehalten wurden. Wenn ein Bauherr aufgrund echter Baumängel gezwungen ist, einen Experten zur Feststellung dieser Mängel hinzuzuziehen, dann gehören dessen Kosten zu den notwendigen Kosten der Mängelbeseitigung. Das Bauunternehmen, das die Mängel verursacht hat, muss daher auch für diese Folgekosten aufkommen. Die Forderung des Bauunternehmens wurde also um diese 4.513,08 € gekürzt.

Einigung oder nicht? Der Fall der schmutzigen Fensterdichtungen

Ein weiterer Streitpunkt betraf die dauerelastische Versiegelung der Fenster. Dabei handelt es sich um die Fugen aus Silikon oder einem ähnlichen Material, die Fensterrahmen und Mauerwerk verbinden. Diese waren laut den Bauherren nicht sauber ausgeführt worden. Sie verlangten eine Nachbesserung, also die Reparatur des Mangels. Das Bauunternehmen behauptete hingegen, man habe sich auf eine andere Lösung geeinigt. Angeblich hätten die Bauherren einen Preisnachlass von 500 € akzeptiert, anstatt auf eine Reparatur zu bestehen. Das Unternehmen hatte diesen Betrag nach eigenen Angaben bereits von seiner Forderung abgezogen.

Hier stand Aussage gegen Aussage. Was war nun gültig? Das Gericht musste klären, ob es tatsächlich eine solche Vereinbarung über einen Preisnachlass anstelle einer Reparatur gab. In einem solchen Fall liegt die Beweislast, also die Pflicht, eine Behauptung zu beweisen, bei demjenigen, der sich auf die Vereinbarung beruft – hier also beim Bauunternehmen.

Was das Gericht entschied

Das Bauunternehmen konnte diesen Beweis nicht erbringen. Der Geschäftsführer konnte sich in seiner Befragung vor Gericht nicht an eine konkrete Absprache erinnern. Er gab zwar an, dass der Abzug von 500 € einem Vorschlag des Gutachters entsprach, konnte aber nicht bestätigen, dass die Bauherren diesem Vorgehen zugestimmt hatten. Nur weil ein Gutachter etwas vorschlägt, bedeutet das nicht, dass die Parteien sich darauf geeinigt haben. Da das Unternehmen den Mangel durch das Angebot des Preisnachlasses quasi zugegeben hatte, die Einigung aber nicht beweisen konnte, blieb der ursprüngliche Anspruch der Bauherren auf Reparatur bestehen. Sie hatten somit ein Zurückbehaltungsrecht. Das bedeutet, sie dürfen einen Teil der Zahlung so lange verweigern, bis das Unternehmen den Mangel an den Fensterdichtungen ordnungsgemäß behoben hat.

Das Kernproblem: Wenn die Deckenhöhe im Obergeschoss schrumpft

Der größte und komplizierteste Streitpunkt war jedoch die Deckenhöhe. Die Bauherren gaben an, sie hätten sich für ihr Haus in beiden Wohngeschossen, also im Erdgeschoss und im Obergeschoss, die gleiche fertige Raumhöhe gewünscht. Das sei besonders für „extra große Menschen“ wichtig gewesen. Nach Fertigstellung des Hauses war die Decke im Obergeschoss jedoch niedriger als im Erdgeschoss. Für die Bauherren war das ein klarer Mangel. Sie warfen dem Bauunternehmen vor, sie nicht richtig beraten zu haben.

Um das Problem zu verstehen, muss man zwischen zwei Begriffen unterscheiden: der Rohbauhöhe und der lichten Raumhöhe. Die Rohbauhöhe ist der Abstand zwischen dem nackten Betonboden und der nackten Betondecke. Die lichte Raumhöhe ist das, was man am Ende als fertige Deckenhöhe im Raum misst, also nach dem Einbau von Fußbodenheizung, Estrich, Bodenbelag, Dämmung und Deckenverkleidung. Durch diese Einbauten „schrumpft“ die Rohbauhöhe zur fertigen, lichten Raumhöhe.

Das Bauunternehmen argumentierte, dass in den Vertragsunterlagen lediglich eine gleiche Rohbauhöhe von 2,75 Metern für beide Geschosse vereinbart war. In den finalen Ausführungsplänen, die einer der Bauherren sogar unterschrieben hatte, sei die unterschiedliche fertige Deckenhöhe aber klar ersichtlich gewesen. Die Bauherren hielten dagegen: Aus den Plänen sei das für sie als Laien nicht erkennbar gewesen, und der zweite Bauherr habe die Pläne gar nicht unterschrieben.

Die Logik des Gerichts: Was wurde wirklich vereinbart?

Das Gericht musste nun prüfen, ob die unterschiedliche Deckenhöhe ein Mangel im Sinne des Gesetzes ist. Ein Mangel liegt vor, wenn das gebaute Werk von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Die entscheidende Frage war also: Gab es eine vertragliche Vereinbarung über eine identische lichte Raumhöhe in beiden Geschossen?

Nach der Beweisaufnahme kam das Gericht zu einem klaren Ergebnis: Nein.

  1. Keine nachweisbare Vereinbarung: Die Bauherren konnten nicht beweisen, dass eine gleiche fertige Deckenhöhe jemals ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht wurde. Ihr Wunsch allein reichte nicht aus. Im Vertrag selbst war nur die gleiche Rohbauhöhe festgehalten.
  2. Die unterschriebenen Pläne: Die entscheidende Rolle spielten die finalen Ausführungspläne. Diese wurden den Bauherren zur Prüfung zugeschickt und von einem Projektleiter erläutert. Einer der Bauherren hatte diese Pläne abgezeichnet. Laut Gericht waren in diesen Plänen die unterschiedlichen Endhöhen zeichnerisch nachvollziehbar dargestellt. Mit der Unterschrift hatten die Bauherren diesen Plänen zugestimmt. Das Unternehmen durfte sich darauf verlassen, dass die Bauherren mit den daraus resultierenden unterschiedlichen Raumhöhen einverstanden waren.
  3. Kein Funktionaler Mangel: Das Gericht prüfte auch, ob vielleicht ein sogenannter funktionaler Mangel vorlag. Das bedeutet, ein Werk kann auch dann mangelhaft sein, wenn es zwar den Plänen entspricht, aber seinen Zweck nicht erfüllt. Das ist hier aber nicht der Fall. Eine Deckenhöhe von rund 2,50 Metern im Obergeschoss ist absolut üblich und schränkt die Nutzbarkeit des Raumes, auch für große Menschen, nicht ein. Das Haus erfüllt also seinen Zweck.

Das Gericht entschied daher, dass die unterschiedlichen Deckenhöhen keinen Mangel darstellten. Die Bauherren hatten keinen Anspruch auf eine Korrektur.

Das Urteil: Zahlen, aber nur Zug um Zug gegen Reparatur

Am Ende fasste das Gericht alle Punkte zusammen. Von der ursprünglichen Forderung des Bauunternehmens wurde die Summe für die Gutachterkosten abgezogen. Übrig blieb eine Restforderung von 23.679,23 €.

Diese Summe müssen die Bauherren aber nicht einfach so bezahlen. Das Gericht verurteilte sie zu einer Zahlung Zug um Zug. Das ist wie ein Tauschgeschäft: Die Bauherren müssen erst zahlen, wenn das Bauunternehmen die noch bestehenden, echten Mängel beseitigt hat. Dazu gehören neben der Säuberung der Fensterdichtungen noch eine ganze Reihe anderer, im Urteil genau aufgelisteter Reparaturen am Balkon, am Dach und am Mauerwerk. Gleichzeitig wurde das Bauunternehmen im Rahmen einer Gegenklage der Bauherren dazu verurteilt, genau diese Mängel zu beheben.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Bauherren nur dann Mängel geltend machen können, wenn das fertige Haus tatsächlich von dem abweicht, was vertraglich vereinbart wurde – persönliche Wünsche oder Vorstellungen allein reichen nicht aus. Besonders wichtig ist, dass Bauherren die finalen Ausführungspläne sorgfältig prüfen sollten, bevor sie diese unterschreiben, da sie mit ihrer Unterschrift auch Details wie unterschiedliche Raumhöhen akzeptieren, selbst wenn diese nicht ihren ursprünglichen Vorstellungen entsprechen. Wenn echte Baumängel vorliegen, haben Bauherren das Recht, die Kosten für notwendige Gutachter vom Bauunternehmen erstattet zu bekommen und können Zahlungen so lange zurückhalten, bis die Mängel ordnungsgemäß behoben wurden. Das Urteil macht deutlich, dass bei Baustreitigkeiten letztendlich die schriftlichen Vereinbarungen und unterschriebenen Pläne entscheiden – nicht mündliche Versprechen oder unausgesprochene Erwartungen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was gilt im Bauwesen als Mangel an meinem neuen Haus?

Ein Mangel an Ihrem neuen Haus liegt immer dann vor, wenn das Bauwerk nicht die Qualität aufweist, die vertraglich vereinbart war, oder wenn es nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Auch wenn das Haus seinen vorgesehenen Zweck nicht erfüllt, kann dies ein Mangel sein.

Die verschiedenen Arten von Mängeln

Generell lassen sich drei Hauptkategorien unterscheiden, die juristisch als Mangel gelten können:

  1. Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit:
    • Was das bedeutet: Ein Mangel liegt vor, wenn das Haus nicht die Eigenschaften hat, die Sie mit dem Bauunternehmen ausdrücklich vereinbart haben. Die „Beschaffenheit“ umfasst dabei alle Merkmale und Eigenschaften des Bauwerks.
    • Beispiel für Sie: Stellen Sie sich vor, Sie haben vertraglich festgelegt, dass eine bestimmte Art von dreifach verglasten Fenstern eingebaut wird. Finden Sie nach Fertigstellung jedoch nur zweifach verglaste Fenster vor, ist das ein Mangel, weil die vereinbarte Qualität nicht erfüllt wurde. Ein anderes Beispiel wäre eine bestimmte Fliesenfarbe im Bad, die im Vertrag steht, aber eine andere Farbe wurde verlegt.
  2. Abweichung von den allgemein anerkannten Regeln der Technik:
    • Was das bedeutet: Auch wenn nicht alles bis ins kleinste Detail vertraglich geregelt ist, muss das Bauwerk den aktuellen und bewährten Standards und Bauvorschriften entsprechen. Diese Regeln sind die Mindestanforderungen an Planung, Ausführung und Materialien, die von Fachleuten als richtig und sicher anerkannt sind.
    • Beispiel für Sie: Wenn Ihr Dach undicht ist, weil die Dachziegel nach einem gängigen, aber fehlerhaften Verfahren verlegt wurden, das nicht den allgemeinen Regeln der Technik entspricht, gilt dies als Mangel. Auch eine unzureichende Wärmedämmung, die die gesetzlichen oder fachlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt, wäre ein solcher Mangel.
  3. Funktionaler Mangel (Beeinträchtigung der Tauglichkeit):
    • Was das bedeutet: Ein Mangel kann auch vorliegen, wenn das Bauwerk oder Teile davon ihren gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Zweck nicht erfüllen. Es geht hier um die Funktion des Hauses.
    • Beispiel für Sie: Wenn die Heizungsanlage zwar eingebaut ist, aber das Haus nicht ausreichend erwärmen kann, obwohl sie das tun sollte, ist das ein funktionaler Mangel. Oder wenn das Abwassersystem das Regenwasser nicht richtig ableitet, obwohl es dafür vorgesehen ist. Das Haus ist dann für den gewöhnlichen Gebrauch nicht geeignet.

Wichtig zu verstehen: Nicht jede kleine Abweichung oder Unregelmäßigkeit stellt sofort einen juristisch relevanten Mangel dar. Es kommt immer darauf an, ob die Abweichung erheblich ist, die vereinbarte oder übliche Nutzung des Hauses beeinträchtigt oder gegen anerkannte Regeln verstößt. Eine winzige Schramme an einem unauffälligen Ort ist beispielsweise in der Regel kein Mangel, der zu Ansprüchen berechtigt, da sie die Funktion oder den Wert des Hauses kaum beeinflusst. Es ist die Kombination aus vertraglichen Absprachen, technischen Standards und der Nutzbarkeit des Bauwerks, die entscheidet, was als Mangel gilt. Die rechtliche Grundlage hierfür ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, insbesondere in den Regelungen zum Werkvertrag.


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Wann kann ich die Kosten für einen Sachverständigen zurückfordern, der Mängel an meinem Bauwerk festgestellt hat?

Wenn an Ihrem Bauwerk Mängel auftreten, kann es notwendig sein, einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen. Die Kosten für diesen Sachverständigen können Sie unter bestimmten Voraussetzungen vom Verursacher der Mängel, meist dem Bauunternehmen, zurückfordern. Diese Auslagen gelten dann als notwendige Kosten der Mängelbeseitigung oder als Schaden, der Ihnen durch die mangelhafte Leistung entstanden ist. Für Sie als Bauherr bedeutet das, dass Sie diese Kosten nicht zwingend selbst tragen müssen.

Damit die Kosten für einen Sachverständigen erstattungsfähig sind, müssen in der Regel folgende Bedingungen erfüllt sein:

Voraussetzungen für die Erstattung der Sachverständigenkosten

  • Die Beauftragung des Sachverständigen war notwendig: Die Hinzuziehung eines Sachverständigen muss erforderlich gewesen sein, um die Mängel festzustellen, deren Ursache zu klären oder das Ausmaß des Schadens zu beziffern. Dies ist oft der Fall, wenn das Bauunternehmen die Mängel bestreitet, die Ursache unklar ist, oder die Mängel technisch komplex sind und eine fundierte Bewertung durch einen Experten erfordern. Es geht also darum, eine relevante Grundlage für die Mängelbeseitigung oder eine rechtliche Auseinandersetzung zu schaffen, nicht um eine reine Vorsichtsmaßnahme.
  • Es liegen tatsächlich Mängel vor: Der Sachverständige muss durch seine Arbeit tatsächlich Mängel am Bauwerk festgestellt haben. Nur wenn objektiv vorhandene Mängel durch das Gutachten nachgewiesen werden, sind die Kosten für diese Feststellung gerechtfertigt und können erstattet werden. Eine bloße Vermutung von Mängeln reicht hierfür nicht aus.
  • Die Mängel wurden vom Auftragnehmer verursacht: Die festgestellten Mängel müssen dem Bauunternehmen oder einem anderen Auftragnehmer zuzurechnen sein. Das bedeutet, die Mängel müssen durch dessen mangelhafte Leistung, Planung oder Ausführung entstanden sein. Wenn Sie die Mängel selbst verursacht haben oder sie auf andere externe Einflüsse zurückzuführen sind, können Sie die Kosten nicht vom Auftragnehmer zurückfordern.

Die Möglichkeit der Aufrechnung

Haben Sie noch offene Zahlungen an das Bauunternehmen, das für die Mängel verantwortlich ist, können Sie unter bestimmten Umständen die erstattungsfähigen Sachverständigenkosten von dieser offenen Summe abziehen. Dies wird im rechtlichen Sinne als „Aufrechnung“ bezeichnet. Wenn Ihr Anspruch auf die Erstattung der Sachverständigenkosten begründet ist, ermöglicht Ihnen die Aufrechnung, die entstandenen Kosten direkt mit einer Forderung des Bauunternehmens zu verrechnen. Dies kann ein Weg sein, um eine direkte Verrechnung der entstandenen Auslagen zu erreichen.


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Welche Bedeutung haben unterschriebene Pläne und Vereinbarungen bei Streitigkeiten über die Bauausführung?

Die hohe Bedeutung schriftlicher Vereinbarungen und Pläne

Bei Bauvorhaben sind unterschriebene Pläne, Leistungsbeschreibungen und schriftliche Vereinbarungen von entscheidender Bedeutung. Sie bilden den rechtlich bindenden Rahmen für die gesamte Bauausführung. Wenn Sie als Bauherr oder Auftragnehmer ein Dokument unterschreiben, bestätigen Sie damit, dass Sie dessen Inhalt anerkennen und sich daran gebunden fühlen.

Das bedeutet:

  • Vertragsgrundlage: Die unterschriebenen Unterlagen, wie Bauverträge, detaillierte Baupläne, technische Zeichnungen und Leistungsbeschreibungen, legen genau fest, welche Arbeiten zu welchem Umfang, in welcher Qualität und mit welchen Materialien auszuführen sind. Sie sind ein zentraler Bestandteil des Bauvertrags.
  • Beweiskraft: Im Falle einer Streitigkeit dienen diese unterschriebenen Dokumente als wichtigster und oft unwiderlegbarer Beweis dafür, was tatsächlich vereinbart wurde. Sie schaffen Klarheit und Rechtssicherheit. Auch wenn nur einer der Bauherren eine Vereinbarung unterschrieben hat, kann diese im Verhältnis zum Bauunternehmen bindend sein, insbesondere wenn der andere Bauherr Kenntnis hatte und nicht widersprochen hat.

Die Beweislast bei mündlichen Absprachen

Mündliche Absprachen sind grundsätzlich auch gültig. Allerdings ist es im Baurecht oft sehr schwierig, deren Existenz und genauen Inhalt zu beweisen. Wenn eine Partei behauptet, es gäbe eine mündliche Nebenabrede, die von den schriftlichen Plänen oder Vereinbarungen abweicht, trägt diese Partei die Beweislast. Das bedeutet, sie muss beweisen können, dass diese mündliche Absprache getroffen wurde und welchen Inhalt sie hatte.

In der Praxis ist dieser Beweis selten leicht zu erbringen. Aussagen von Zeugen können hilfreich sein, sind aber oft weniger überzeugend als ein unterschriebenes Dokument. Daher gilt der Grundsatz: Was schriftlich fixiert und unterschrieben ist, hat eine deutlich höhere Beweiskraft als eine behauptete mündliche Absprache. Dies ist ein wichtiger Schutz für beide Seiten, da es Missverständnisse und unterschiedliche Erinnerungen an getroffene Vereinbarungen minimiert.

Verständlichkeit von Bauplänen für Laien

Die Frage, welche Details für einen Laien aus Bauplänen erkennbar sein müssen, ist komplex. Von Ihnen als Bauherr wird nicht erwartet, dass Sie ein Bauingenieur sind oder jedes technische Detail in einem Bauplan sofort erfassen. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass wesentliche Merkmale und die grundlegende Gestaltung des Bauvorhabens aus den Plänen klar ersichtlich sein sollten.

Dazu gehören zum Beispiel:

  • Die Größe und Aufteilung von Räumen.
  • Die Lage von Fenstern und Türen.
  • Die Art der vorgesehenen Bauelemente, wie etwa der Dachtyp oder die Fassadenart, wenn diese im Plan oder in der Leistungsbeschreibung allgemein verständlich aufgeführt sind.

Wenn spezifische, auch für Laien wichtige Details nicht klar aus den Plänen hervorgehen oder für Sie als Bauherr nicht nachvollziehbar sind, sollten diese gesondert erläutert und dokumentiert werden. Wenn Sie also etwas in einem Plan nicht verstehen oder eine Abweichung von Ihren Erwartungen feststellen, ist es wichtig, dies vor der Unterschrift oder zu einem frühen Zeitpunkt anzusprechen und klären zu lassen. Was in einem Plan detailliert dargestellt ist und keine Erklärung erfordert, weil es Standard ist oder klar erkennbar, wird in der Regel auch als vereinbart betrachtet, sobald der Plan unterschrieben wurde.


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Darf ich die Zahlung für mein Bauprojekt zurückhalten oder kürzen, wenn Mängel auftreten?

Wenn an Ihrem Bauprojekt Mängel auftreten, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Zahlungen zurückzuhalten oder mit den Kosten der Mängelbeseitigung zu verrechnen. Dies sind wichtige Rechte für Bauherren, müssen aber korrekt angewendet werden, um keine eigenen Vertragsverletzungen zu begehen.

Das Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht ermöglicht es Ihnen, einen Teil Ihrer noch ausstehenden Zahlung vorübergehend zu verweigern. Das ist ein Instrument, um Druck auf den Bauunternehmer auszuüben, damit dieser den Mangel beseitigt. Für Sie bedeutet das: Solange der Bauunternehmer die vereinbarte Leistung – also das mangelfreie Werk – nicht erbringt, müssen Sie Ihre vollständige Gegenleistung, die Zahlung, nicht leisten. Dieses Prinzip wird als Zug um Zug-Leistung bezeichnet: Der Bauunternehmer leistet das mangelfreie Werk, und Sie leisten die Zahlung.

Voraussetzungen für das Zurückbehaltungsrecht:

  • Vorliegen eines Mangels: Es muss ein tatsächlich vorhandener Mangel an der Bauleistung bestehen, der die vereinbarte Beschaffenheit oder die Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt.
  • Mängelanzeige: Sie müssen dem Bauunternehmer den Mangel schriftlich mitteilen und ihn genau beschreiben.
  • Fristsetzung zur Nachbesserung: Sie müssen dem Bauunternehmer eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer er den Mangel beseitigen kann. Die Länge der Frist hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab.
  • Verhältnismäßigkeit des Betrags: Der Betrag, den Sie zurückhalten, muss verhältnismäßig zum Mangel sein. Als Faustregel gilt oft das Doppelte der voraussichtlichen Kosten zur Mängelbeseitigung. Dieser Zuschlag dient als Sicherheitspuffer für eventuell höhere Kosten oder als Druckmittel. Wenn Sie zu viel zurückhalten, kann dies selbst als Vertragsverletzung gewertet werden.

Stellen Sie sich vor, der Bauunternehmer hat einen Teil des Daches undicht gebaut. Sie würden ihm schriftlich mitteilen, dass das Dach undicht ist, und ihn auffordern, den Mangel innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Gleichzeitig können Sie einen Teil der noch ausstehenden Zahlung, der dem doppelten der geschätzten Reparaturkosten entspricht, zurückhalten, bis der Mangel behoben ist.

Die Aufrechnung

Die Aufrechnung ist eine weitere Möglichkeit, Zahlungen wegen Mängeln zu handhaben. Sie kommt ins Spiel, wenn Sie selbst eine Forderung gegen den Bauunternehmer haben, zum Beispiel weil Sie die Mängelbehebung selbst organisiert und bezahlt haben oder weil Ihnen ein Schaden durch den Mangel entstanden ist. Mit der Aufrechnung können Sie Ihre Forderung mit der Zahlungsforderung des Bauunternehmers verrechnen.

Beispiel für eine Aufrechnung: Angenommen, der Bauunternehmer hat den Mangel trotz Fristsetzung nicht beseitigt. Sie haben dann unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, den Mangel auf Kosten des Bauunternehmers durch ein anderes Unternehmen beseitigen zu lassen (sogenannte Selbstvornahme). Die Kosten dafür stellen eine Forderung Ihrerseits an den Bauunternehmer dar. Diese Kosten können Sie dann mit einer noch offenen Forderung des Bauunternehmers an Sie (z.B. der Restzahlung) verrechnen.

Im Gegensatz zum Zurückbehaltungsrecht, das primär als Druckmittel dient, ist die Aufrechnung eine endgültige Verrechnung von Forderungen. Für eine wirksame Aufrechnung müssen Sie ebenfalls eine Aufrechnungserklärung gegenüber dem Bauunternehmer abgeben und Ihre Forderung genau beziffern können.

Generell ist die korrekte Anwendung dieser Rechte komplex. Eine sorgfältige Dokumentation aller Mängel, der Kommunikation mit dem Bauunternehmer und der gesetzten Fristen ist in jedem Fall unerlässlich.


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Welche ersten Schritte sollte ich unternehmen, wenn ich Mängel an meinem neu gebauten Haus feststelle?

Wenn Sie Mängel an Ihrem neu gebauten Haus entdecken, ist es wichtig, überlegt und strukturiert vorzugehen. Die ersten Maßnahmen legen oft den Grundstein für den weiteren Umgang mit der Situation und können dazu beitragen, spätere Schwierigkeiten zu vermeiden.

1. Mängel sorgfältig dokumentieren

Der erste und wichtigste Schritt ist die lückenlose Erfassung aller festgestellten Mängel. Diese Dokumentation dient als Beweismittel und ist entscheidend für alle folgenden Schritte.

  • Fotografieren und Filmen: Machen Sie detaillierte Fotos und Videos von jedem Mangel. Achten Sie darauf, Datum und Uhrzeit der Aufnahmen festzuhalten (viele Digitalkameras und Smartphones speichern diese Informationen automatisch). Zeigen Sie sowohl den Mangel aus der Nähe als auch seine Position im Raum oder am Gebäude.
  • Schriftliche Notizen: Führen Sie ein Mängelprotokoll oder ein Bautagebuch. Beschreiben Sie darin präzise, wann, wo und wie der Mangel auftritt. Notieren Sie auch, wer den Mangel entdeckt hat und welche möglichen Auswirkungen er hat. Sammeln Sie alle relevanten Schriftstücke, wie Verträge, Baupläne und E-Mails.
  • Zeugen: Wenn möglich, lassen Sie die Mängel von anderen Personen (Familienmitgliedern, Freunden) ebenfalls begutachten, um deren Kenntnis zu sichern.

2. Das Bauunternehmen formell informieren (Mängelanzeige)

Nachdem die Mängel dokumentiert sind, müssen Sie das Bauunternehmen, das für die Errichtung Ihres Hauses verantwortlich ist, schriftlich und nachweisbar über die festgestellten Mängel informieren. Dies wird als Mängelanzeige bezeichnet.

  • Inhalt der Mängelanzeige: Beschreiben Sie jeden einzelnen Mangel so präzise wie möglich. Beziehen Sie sich dabei auf Ihre gesammelten Fotos und Notizen. Fügen Sie Kopien der Fotos bei, um die Mängel anschaulich darzustellen. Fordern Sie das Bauunternehmen darin auf, die Mängel zu beseitigen.
  • Form der Zustellung: Versenden Sie die Mängelanzeige per Einwurf-Einschreiben oder lassen Sie sich den Empfang auf einer Kopie von einem Vertreter des Bauunternehmens quittieren. So haben Sie einen Beleg dafür, dass und wann die Anzeige zugestellt wurde.

3. Eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen

Im Rahmen der Mängelanzeige sollten Sie dem Bauunternehmen eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel setzen. Die Nachbesserung ist der primäre Weg, wie ein Bauunternehmen seine Verpflichtung zur mangelfreien Leistung erfüllen kann.

  • Definition „angemessen“: Was als „angemessen“ gilt, hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab. Für kleinere Mängel können zwei bis drei Wochen ausreichend sein, während größere oder komplexere Schäden eine längere Frist erfordern können.
  • Bedeutung der Frist: Die Frist gibt dem Bauunternehmen die Möglichkeit, die Mängel innerhalb eines klaren Zeitrahmens zu beheben. Erst wenn diese Frist fruchtlos verstrichen ist, können sich in der Regel weitere Rechte ergeben.

4. Fachliche Einschätzung einholen

Gerade bei komplexeren oder umfangreicheren Mängeln kann es ratsam sein, frühzeitig die fachliche Einschätzung eines unabhängigen Bausachverständigen einzuholen.

  • Aufgaben eines Sachverständigen: Ein Bausachverständiger kann die Mängel objektiv bewerten, deren Ursache feststellen und den voraussichtlichen Aufwand für die Behebung schätzen. Er kann auch beurteilen, ob ein Mangel tatsächlich vorliegt und welcher Art er ist.
  • Nutzen der Einschätzung: Die Expertise eines Sachverständigen kann Ihnen helfen, die Situation besser einzuschätzen und die Argumente gegenüber dem Bauunternehmen zu untermauern. Ein Sachverständigengutachten liefert eine fundierte technische Grundlage für die Kommunikation und weitere Maßnahmen.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aufrechnung

Die Aufrechnung ist ein rechtliches Mittel, mit dem man Forderungen gegenseitig verrechnet, also eine Schuld mit einer Gegenforderung abgegolten wird. Im Baurecht kann ein Bauherr beispielsweise offene Zahlungen an das Bauunternehmen um Kosten kürzen, die ihm durch Mängel entstanden sind, etwa die Ausgaben für einen Sachverständigen. Voraussetzung ist, dass die Forderung berechtigt und die Aufrechnungserklärung korrekt abgegeben wird (§ 387 BGB). So funktioniert die Aufrechnung wie ein „mathematischer Ausgleich“ zwischen zwei Geldschulden.

Beispiel: Sie müssen noch 10.000 € an den Bauunternehmer zahlen, dieser verlangt aber auch 2.000 € für einen Gutachter, den Sie wegen Mängeln beauftragt haben. Sie können die 2.000 € mit der 10.000 € Rechnung verrechnen und zahlen nur 8.000 €.


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Beweislast

Die Beweislast beschreibt die Verpflichtung einer Partei in einem Rechtsstreit, Tatsachen zu beweisen, die für den Anspruch oder das Recht entscheidend sind. Im Baurecht liegt meist die Beweislast bei demjenigen, der sich auf eine bestimmte Vereinbarung oder einen Anspruch beruft. Das bedeutet, wenn das Bauunternehmen behauptet, es gäbe eine Vereinbarung über einen Preisnachlass, muss es diesen Nachweis erbringen. Kann derjenige mit der Beweislast dies nicht, verliert er meist den Streit.

Beispiel: Wenn das Bauunternehmen sagt, die Bauherren hätten einem Nachlass statt Reparatur zugestimmt, muss das Unternehmen dies etwa durch eine Unterschrift oder Zeugen belegen. Gelingt das nicht, bleibt der Anspruch auf Reparatur bestehen.


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Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht erlaubt es dem Bauherrn, eine Teilzahlung an das Bauunternehmen so lange zurückzuhalten, bis erkannte Mängel beseitigt sind. Dieses Recht schützt den Auftragnehmer davor, für eine mangelhafte Leistung voll bezahlt zu werden. Voraussetzung ist, dass ein Mangel vorliegt, der Bauherr den Mangel schriftlich anzeigt und dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzt (§ 273 BGB). Das Zurückbehaltungsrecht gilt nur in einem verhältnismäßigen Rahmen und darf das Doppelte der geschätzten Mängelbeseitigungskosten nicht überschreiten.

Beispiel: Wenn Fenster schlecht abgedichtet sind und eine Reparatur 500 € kostet, kann der Bauherr einen entsprechenden Betrag von der Zahlung zurückhalten, bis die Reparatur erledigt ist.


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Mangel im Sinne des Werkvertrags

Ein Mangel liegt vor, wenn das Werk – etwa ein gebautes Haus – nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hat oder nicht für den vorgesehenen Zweck tauglich ist (§ 633 BGB). Dies kann eine Abweichung von der vertraglich festgelegten Qualität sein, ein Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik oder eine Funktionseinschränkung. Die Beurteilung, ob ein Mangel besteht, richtet sich nach dem Inhalt des Vertrags, technischen Standards und der vertraglichen Zweckbestimmung.

Beispiel: Wird im Vertrag eine Raumhöhe von 2,75 Metern vereinbart, aber das fertige Werk hat nur 2,50 Meter im Obergeschoss, kann dies ein Mangel sein – wenn es nicht anders vereinbart wurde und dadurch die Nutzung beeinträchtigt wird.


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Funktionaler Mangel

Ein funktionaler Mangel bezeichnet eine Situation, in der ein Werk zwar formal den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, aber seine Funktion oder den gewöhnlichen Gebrauch nicht erfüllt. Dabei ist nicht die äußerliche Beschaffenheit das Problem, sondern die Zweckmäßigkeit. Im Baurecht kann zum Beispiel eine ausreichende Deckenhöhe verlangt werden, damit der Raum bewohnbar ist. Fehlt diese Zweckmäßigkeit, liegt ein funktionaler Mangel vor.

Beispiel: Wenn ein Raum zwar die im Vertrag genannte Höhe hat, aber wegen unzureichender Temperaturisolierung nicht normal nutzbar ist, könnte dies ein funktionaler Mangel sein. Im vorliegenden Fall wurde allerdings festgestellt, dass eine Raumhöhe von ca. 2,50 m üblich und funktional ausreichend ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 633 BGB (Sach- und Rechtsmängelrechte beim Werkvertrag): Regelt, dass ein Werk frei von Sachmängeln sein muss, das heißt, es muss die vereinbarte Beschaffenheit haben oder sich für die vorgesehene Verwendung eignen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage war, ob die unterschiedliche Deckenhöhe einen Sachmangel darstellt, da das Haus nicht der vereinbarten Beschaffenheit (gleiche Raumhöhe) entspricht.
  • § 634 BGB (Rechte bei Mängeln): Bestimmt die Ansprüche des Bestellers bei mangelhafterleistung, wie Nachbesserung, Minderung und Zurückbehaltung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Bauherren konnten nachweisen, dass Mängel vorliegen, und erhielten ein Zurückbehaltungsrecht bis zur mangelfreien Nachbesserung, insbesondere bei den Fensterdichtungen.
  • § 320 BGB (Einrede des nicht erfüllten Vertrags): Erlaubt die Verweigerung der eigenen Leistung, solange die Gegenleistung nicht erbracht ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bauherren müssen die Restzahlung Zug um Zug gegen die Mangelfreiheit des Hauses leisten, also dürfen sie Zahlung verweigern, bis das Bauunternehmen die Mängel beseitigt.
  • § 287 ZPO (Beweiswürdigung durch das Gericht): Regel zur richterlichen freien Beweiswürdigung bei beweiserheblichen Tatsachen, insbesondere wenn Aussage gegen Aussage steht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bewertete die widersprüchlichen Aussagen zum Preisnachlass bei den Fensterdichtungen und entschied mangels Beweis des Bauunternehmens zugunsten der Bauherren.
  • § 249 BGB (Naturalrestitution): Verpflichtet den Schuldner, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der Mangel nicht vorhanden wäre, also Nachbesserung vor Minderung oder Schadensersatz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bauherren forderten vorrangig Nachbesserungen an den Mängeln, die das Gericht als angemessen ansah.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 7/24 – Urteil vom 28.08.2024


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