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Bauhandwerkersicherungshypothek bei Gerüstaufbauvertrag

KG Berlin – Az.: 7 U 126/17 – Urteil vom 13.07.2018

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 5. September 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin – 15 O 95/17 – geändert:

Die einstweilige Verfügung vom 14. März 2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. März 2017 wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufgehoben.

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B.

Die Berufung des Verfügungsbeklagten (im Folgenden nur: Beklagter) ist zulässig und begründet. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden nur: Klägerin) hat keinen Anspruch auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung.

I.

Auf das Rechtverhältnis finden die Vorschriften des BGB in der bis Ende 2017 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 39 EGBGB). Darauf beziehen sich auch die nachfolgend zitierten Vorschriften des BGB.

II.

Nach § 648 Abs. 1 BGB kann der Unternehmer eines Bauwerks zur Sicherung seiner Forderungen aus dem Vertrag die Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Baugrundstück des Bestellers verlangen. Dieser Anspruch kann gemäß §§ 883, 885 BGB durch Eintragung einer Vormerkung im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden. Die Klägerin hat das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nicht glaubhaft gemacht.

1.

a) Dabei kann dahinstehen, inwieweit es sich bei dem Anspruch auf Bezahlung von Vorhaltekosten überhaupt um eine Forderung aus einem Werkvertrag handelt. Verträge über den Aufbau eines Gerüstes und dessen Vorhaltung können als Werkvertrag, Mietvertrag oder als Vertrag einzuordnen sein, der sowohl werkvertragliche als auch mietvertragliche Elemente aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2013 – VII ZR 201/12 -, Rn. 20, juris; KG, Urteil vom 05. August 2009 – 11 U 64/08 -, Rn. 5, juris; OLG Celle, Urteil vom 03. April 2007 – 16 U 267/06 -, Rn. 9, juris; OLG Hamm, Urteil vom 15. April 1994 – 30 U 243/93 -, juris).

b) Jedenfalls war die Klägerin nicht “Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teils eines Bauwerks” i. S. des § 648 BGB.

Bei den von der Klägerin errichteten Gerüsten, Lastenaufzügen und Schutzvorrichtungen (Wetterschutzdächern, Einhausungen) handelt es sich nicht um ein “Bauwerk”, auch wenn die Ausführung der Arbeiten einer statischen Bemessung und Werkplanung bedurft haben mag und sie der Herstellung des Bauwerks in Gestalt der Aufstockung bzw. dem Aufbau von Dachgeschossen diente.

Unter einem Bauwerk ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache zu verstehen (vgl. BGH, NJW 2013, 601/602 m. w. N.). Voraussetzung ist, dass die Sache mit dem Erdboden unmittelbar oder mittelbar über ein Gebäude fest verbunden ist, ohne dass es sich um wesentliche Bestandteile (§§ 93, 94 BGB) handeln muss. Es genügt eine Verbindung der Sache mit dem Erdboden oder dem Gebäude allein durch ihr Gewicht, so dass eine Trennung nur mit einem größeren Aufwand möglich ist. Schließlich muss eine dauernde Nutzung der Anlage beabsichtigt sein (vgl. BGH, Urteil vom 02. Juni 2016 – VII ZR 348/13 -, Rn. 29, juris; Joussen, in: Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., Anhang 1, Rn. 5).

Das war bei den von der Klägerin errichteten Gerüsten, Lastenaufzügen und Schutzvorrichtungen nicht der Fall. Sie waren weder mit dem Erdboden noch mit dem Gebäude fest verbunden und dienten von vornherein nur einem vorübergehenden Zweck. Es handelte sich dabei lediglich um Bauhilfsmittel, die nicht Bestandteil des Gebäudes geworden sind, sondern nur dessen tatsächlicher Veränderung dienten (vgl. auch OLG Zweibrücken, BauR 1981, 294/295; Funke, in: Beck’scher VOB-Kommentar Teil B, 3. Aufl., vor § 2 Rn. 264; Hildebrandt, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 648 Rn. 22). Selbst wenn die Leistungen der Klägerin für die Herstellung, Erhaltung oder den Umbau der hier in Rede stehenden Gebäude unentbehrlich gewesen sein mögen, ändert dies nichts daran, dass ihre Leistungen das Bauwerk nicht verändert haben und in dessen materielle Substanz eingegangen sind (so auch OLG Zweibrücken, a. a. O.).

Diese Sichtweise findet ihre Rechtfertigung auch in dem Schutzzweck des § 648 Abs. 1 BGB. Der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, die Vorschrift verschaffe dem Unternehmer eines Bauwerks ein bevorzugtes und schnell zu verwirklichendes Sicherungsmittel. Das finde seine Rechtfertigung einmal in der Vorleistungspflicht des Unternehmers, zum anderen in dem Mehrwert, den das Grundstück durch seine Leistung erfahren habe. Dem Unternehmer, der durch den Einbau von beweglichen Sachen in das Grundstück gemäß § 946 BGB einen Eigentumsverlust erleide und sich durch einen Eigentumsvorbehalt oder ein Besitzpfandrecht nicht absichern könne, solle bereits vor Fälligkeit seiner Werklohnforderung ein Kreditsicherungsmittel in die Hand gegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2000 – VII ZR 299/96 – , Rn. 14 m. w. N., juris).

Daraus ergibt sich zwar nicht, dass der Anspruch aus § 648 Abs. 1 BGB streng an dem vom Unternehmer geschaffenen Mehrwert des jeweiligen Baugrundstücks orientiert und hierauf beschränkt ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 648 Abs. 1 BGB dem Mehrwertprinzip Rechnung getragen hat (vgl. BGH, a. a. O.; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 13. Teil, Rn. 22 f.).

Danach hat die Klägerin bei wertender Betrachtung hier keine Leistungen erbracht, die sich im Bauwerk in einer sicherungsfähigen Werterhöhung niederschlagen (vgl. dazu auch Joussen, a. a. O., Rn. 9). Insoweit ist hier auch zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Teil der von der Klägerin beanspruchten Vergütung, deren Sicherung nach § 648 Abs. 1 BGB sie begehrt, auf die Vorhaltekosten entfällt (vgl. dazu auch Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rn. 204).

Diese Sichtweise steht auch nicht im Widerspruch zu dem Urteil des OLG Köln vom 26.03.1999 (4 U 47/98, juris), das sich maßgeblich mit dem (weiter gefassten) Kreis der geschützten Bauwerksunternehmer im Rahmen des § 648a BGB befasst. Nach dem Urteil des OLG Hamburg vom 20.08.1994 (BauR 1994, 123) ist das alleinige Aufstellen von Gerüsten ebenfalls nicht als unmittelbare Bauwerkleistung anzusehen und daher aus dem Anwendungsbereich des § 648 BGB auszuschließen. Ob – wie das OLG Hamburg und andere Stimmen in Rechtsprechung und Literatur meinen – etwas anderes gilt, wenn die Gerüstbauleistungen Teil eines Einheitspreis- oder Pauschalvertrages über eine Bauwerksleistung sind, bedarf hier aufgrund des vorliegend zu beurteilenden abweichenden Sachverhaltsgeschehens keiner Entscheidung. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.04.2013 (VII ZR 201/12) ergibt sich ebenfalls nichts Gegenteiliges.

2.

Auf die nach dem schriftsätzlichen Vortrag und den dazu eingereichten Unterlagen bestehenden erheblichen Zweifel des Senats an der Glaubhaftmachung der Behauptung der Klägerin, dass der Beklagte Besteller der Leistungen ist, für die sie die Sicherung ihres Vergütungsanspruchs begehrt (§ 294 ZPO), kommt es danach nicht mehr an.

Nach alledem war die einstweilige Verfügung vom 14.03.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24.03.2017 aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

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