Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Düsseldorf: Bauträger muss Eigentum übertragen – Kaufpreis durch Aufrechnung mit Mängelansprüchen getilgt
- Ausgangslage: Streit um Restzahlung und Mängel beim Bauträgervertrag über Doppelhaushälfte
- Die Positionen: Käufer fordern Eigentum nach Aufrechnung, Bauträgerin will Geld und bestreitet Mängel
- Das Urteil des Landgerichts: Vorinstanz gab den Käufern weitgehend Recht
- Die Entscheidung des OLG Düsseldorf: Käufer haben Kaufpreis durch Aufrechnung vollständig bezahlt
- Die Begründung im Detail: OLG prüft jede Gegenforderung der Käufer
- Ergebnis der Aufrechnung: Gegenforderungen übersteigen Restkaufpreis
- Konsequenzen des Urteils: Bestätigungspflicht, Zahlungsanspruch und Kosten
- Revision zugelassen: Grundsatzfragen zur Aufrechnung und Verzug im Baurecht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist ein Bauträgervertrag und welche typischen Inhalte hat er?
- Was bedeutet „Auflassung“ und „Vormerkung“ im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ich als Käufer Mängelansprüche geltend machen und wie funktioniert die Aufrechnung mit diesen Ansprüchen gegen den Kaufpreis?
- Was ist eine „Nutzungsausfallentschädigung“ und wann habe ich als Käufer Anspruch darauf?
- Was bedeutet „Selbstvornahme“ bei Mängeln und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ich die Kosten dafür vom Bauträger erstattet bekomme?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 5 U 147/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Düsseldorf
- Datum: 27.03.2025
- Aktenzeichen: 5 U 147/23
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Käufer eines Bauträgerobjekts; sie machten geltend, den Kaufpreis durch Zahlungen und Aufrechnung mit Forderungen wegen Mängeln und Verzögerung beglichen zu haben.
- Beklagte: Bauträgerin und Verkäuferin des Objekts; sie forderte die Zahlung des Restkaufpreises und bestritt die Mängel sowie die Gegenforderungen der Kläger.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Kläger kauften von Beklagter (Bauträgerin) ein Objekt. Sie zahlten einen Großteil des Kaufpreises, behielten einen Rest ein und machten Mängel und Verzögerungen geltend. Die Beklagte forderte den Restkaufpreis.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Kläger den restlichen Kaufpreis durch Aufrechnung mit Gegenforderungen wegen Mängeln und Verzögerung vollständig beglichen haben und die Beklagte deshalb die Kaufpreiszahlung bestätigen muss, damit das Eigentum übertragen werden kann.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte die Beklagte, die vollständige Kaufpreiszahlung gegenüber dem Notar zu bestätigen. Die Beklagte wurde außerdem zur Zahlung von 522,83 Euro plus Zinsen und zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verurteilt. Die Klage im Übrigen und die Widerklage der Beklagten wurden abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Kläger den offenen Restkaufpreis durch Aufrechnung mit ihren berechtigten Gegenforderungen wegen Mängeln vollständig getilgt haben. Es prüfte die einzelnen Gegenforderungen und erkannte Ansprüche für selbst durchgeführte Arbeiten und verschiedene Mängelbeseitigungsvorschüsse an.
- Folgen: Die Kläger haben nun Anspruch auf die Bestätigung der Kaufpreiszahlung durch die Beklagte, was die Eigentumsübertragung ermöglicht. Die Beklagte erhielt nicht den von ihr geforderten Restkaufpreis. Die Revision wurde zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Der Fall vor Gericht
OLG Düsseldorf: Bauträger muss Eigentum übertragen – Kaufpreis durch Aufrechnung mit Mängelansprüchen getilgt
Ein langwieriger Rechtsstreit zwischen den Käufern einer neu errichteten Doppelhaushälfte und der verantwortlichen Bauträgerin fand vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf sein vorläufiges Ende (Az.: 5 U 147/23).

Im Kern ging es um die Frage, ob der Kaufpreis für das Objekt vollständig bezahlt war, nachdem die Käufer diverse Gegenforderungen wegen Mängeln, Bauverzögerung und selbst durchgeführter Mängelbeseitigung (Selbstvornahme) gegen die Restforderung der Bauträgerin aufgerechnet hatten. Das Gericht entschied zugunsten der Käufer und verpflichtete die Bauträgerin, die für die Eigentumsübertragung notwendige Kaufpreiszahlungsbestätigung abzugeben.
Ausgangslage: Streit um Restzahlung und Mängel beim Bauträgervertrag über Doppelhaushälfte
Die Käufer hatten im Februar 2017 mit der Bauträgerin einen notariellen Bauträgervertrag abgeschlossen. Dieser umfasste den Kauf eines Grundstücks (G1) mit der Verpflichtung zur Errichtung einer Doppelhaushälfte sowie einen Miteigentumsanteil an einem separaten Wegegrundstück (G2). Der vereinbarte Gesamtpreis belief sich auf 420.617,22 Euro, inklusive Zusatzleistungen.
Im Vertrag war festgelegt, dass die Bauträgerin das Objekt innerhalb von 12 Monaten nach Baubeginn fertigstellen und übergeben sollte, wobei sich diese Frist um bestimmte Ausfalltage verlängern konnte. Die für den Eigentumswechsel notwendige Auflassung wurde bereits im Vertrag erklärt. Eine Vormerkung zugunsten der Käufer war im Grundbuch eingetragen. Entscheidend für den späteren Streit war die Regelung, dass die Bauträgerin zur endgültigen Eigentumsverschaffung (inklusive Lastenfreistellung) erst verpflichtet sein sollte, wenn die Käufer den Kaufpreis vollständig bezahlt haben. Der beauftragte Notar durfte den Antrag auf Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erst stellen, wenn ihm die Bauträgerin die vollständige Zahlung schriftlich bestätigt hatte.
Die Käufer leisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 393.134,46 Euro. Ein weiterer Betrag von 800 Euro wurde unstreitig wegen beschädigter Türen vom Kaufpreis abgezogen. Die Bauträgerin forderte daraufhin die Zahlung des noch offenen Restbetrags in Höhe von 26.682,76 Euro. Die Übergabe der Doppelhaushälfte erfolgte im September 2018, die der Außenanlagen im Juli 2019. Bei beiden Übergaben behielten sich die Käufer die Geltendmachung von Rechten wegen festgestellter Mängel und noch ausstehender Restarbeiten ausdrücklich vor. Trotz mehrfacher Aufforderung, zuletzt durch Anwaltsschreiben, beseitigte die Bauträgerin die gerügten Mängel nicht vollständig. Daraufhin ließen die Käufer bestimmte Arbeiten, wie Pflasterarbeiten in der Garagenauffahrt, in Eigenleistung durchführen und stellten die Kosten hierfür (1.681,41 Euro) in Rechnung.
Die Positionen: Käufer fordern Eigentum nach Aufrechnung, Bauträgerin will Geld und bestreitet Mängel
Die Käufer vertraten die Auffassung, dass die Restforderung der Bauträgerin durch die Aufrechnung mit ihren eigenen Ansprüchen erloschen sei. Sie argumentierten, dass ihnen sogar noch ein Guthaben zustehe. Ihre Gegenforderungen setzten sich aus verschiedenen Posten zusammen:
- Nutzungsausfallentschädigung für die verspätete Übergabe der Doppelhaushälfte (über 3.000 Euro).
- Nutzungsausfallentschädigung für die verspätete Fertigstellung der Außenanlagen (über 1.000 Euro).
- Erstattung der Kosten für die selbst durchgeführten Pflasterarbeiten (knapp 1.700 Euro).
- Vorschussansprüche für Mängelbeseitigungskosten an diversen Bauteilen: WPC-Boden auf der Loggia (über 4.500 Euro), Kratzer an einer Schiebetür (1.000 Euro), Einputzen einer Garagentür (500 Euro), uneinheitliche Fassadengestaltung (über 1.500 Euro), fehlerhafte Entwässerung von Lichtschächten (laut Gutachter 18.300 Euro), fehlende Abschlussschienen an Rollläden (350 Euro) und eine fehlerhafte Bodenschiene an der Eingangstür (500 Euro).
- Anteiliger Vorschussanspruch für die Beseitigung von Entwässerungsleitungen und L-Steinen auf dem gemeinsamen Wegegrundstück G2 (über 5.800 Euro), den sie später aus abgetretenem Recht der Miteigentümer geltend machten.
Die Bauträgerin bestritt das Vorliegen der Mängel weitgehend oder machte geltend, nicht dafür verantwortlich zu sein. Sie argumentierte, dass kein Verzug hinsichtlich der Fertigstellung eingetreten sei, da die vertragliche Fristenregelung unbestimmt war und Verlängerungstatbestände griffen. Die Pflasterarbeiten seien mangelfrei gewesen, und die Käufer hätten durch die Selbstvornahme eine Beweisführung vereitelt. Die Probleme an den Lichtschächten seien durch Ausschachtungsarbeiten der Käufer für einen Pool selbst verursacht worden. Zudem bestritt sie die Höhe der geforderten Beträge und wandte ein, dass Vorschussansprüche keine Umsatzsteuer enthalten dürften und Ansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums (Wegegrundstück) nicht von einem einzelnen Miteigentümer geltend gemacht werden könnten. Mit einer Widerklage forderte die Bauträgerin die Zahlung des offenen Restkaufpreises von den Käufern.
Das Urteil des Landgerichts: Vorinstanz gab den Käufern weitgehend Recht
Das Landgericht Duisburg hatte in erster Instanz überwiegend zugunsten der Käufer entschieden. Es verurteilte die Bauträgerin dazu, die Kaufpreiszahlungsbestätigung gegenüber dem Notar abzugeben. Zusätzlich musste die Bauträgerin einen kleinen Betrag von rund 523 Euro an die Käufer zahlen und sie von vorgerichtlichen Anwaltskosten freistellen. Die Widerklage der Bauträgerin auf Zahlung des Restkaufpreises wurde abgewiesen. Das Landgericht war zu dem Schluss gekommen, dass die Restforderung der Bauträgerin durch die Aufrechnung der Käufer erloschen sei. Es erkannte insbesondere die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung für die verspätete Hausübergabe, die Kostenerstattung für die Pflasterarbeiten sowie Vorschussansprüche für Mängel am WPC-Boden, der Fassade und den Lichtschächten (teilweise in reduzierter Höhe) an. Dabei berücksichtigte das Gericht auch Umsatzsteuer und einen Aufschlag für Baukostensteigerungen bei den Vorschüssen. Andere Ansprüche, wie die Nutzungsentschädigung für die Außenanlagen oder den Anspruch bezüglich des Wegegrundstücks, lehnte das Landgericht ab. Gegen dieses Urteil legte die Bauträgerin Berufung ein, die Käufer schlossen sich mit einer Anschlussberufung an.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf: Käufer haben Kaufpreis durch Aufrechnung vollständig bezahlt
Das OLG Düsseldorf änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab, bestätigte aber die wesentlichen Ergebnisse zugunsten der Käufer. Die Bauträgerin wurde endgültig verurteilt, die schriftliche Bestätigung über die vollständige Kaufpreiszahlung gegenüber dem Notar abzugeben. Damit ist der Weg für die Eigentumsumschreibung auf die Käufer frei. Auch die Verurteilung zur Zahlung von 522,83 Euro nebst Zinsen und zur Freistellung von Anwaltskosten blieb bestehen. Die Widerklage der Bauträgerin wurde erneut abgewiesen.
Die Begründung im Detail: OLG prüft jede Gegenforderung der Käufer
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Restkaufpreisforderung der Bauträgerin in Höhe von 26.682,76 Euro zwar ursprünglich bestand, aber durch die von den Käufern erklärte Aufrechnung mit berechtigten Gegenforderungen vollständig erloschen ist (§ 389 BGB). Der Senat prüfte die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche im Einzelnen:
Kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung wegen Verzugs
Entgegen der Ansicht des Landgerichts lehnte das OLG den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die verspätete Übergabe der Doppelhaushälfte ab. Die Vertragsklausel zur Fertigstellungsfrist sei keine kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit im Sinne des Gesetzes (§ 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in der damals geltenden Fassung). Der Begriff „Baubeginn“ sei nicht klar definiert und dessen Datum nicht verbindlich vereinbart worden. Zudem machten die Verlängerungsmöglichkeiten (höhere Gewalt, Wetter) eine feste kalendermäßige Berechnung unmöglich. Daher sei die Bauträgerin nicht automatisch in Verzug geraten, und ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Nutzungsmöglichkeit bestand nicht. Der ebenfalls geltend gemachte Anspruch wegen der Außenanlagen war bereits in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen worden.
Kosten für selbst durchgeführte Pflasterarbeiten erstattungsfähig
Das OLG bestätigte jedoch den Anspruch der Käufer auf Erstattung der Kosten für die selbst durchgeführten Pflasterarbeiten in Höhe von 1.681,41 Euro. Diesen Anspruch wertete das Gericht als berechtigte Selbstvornahme nach §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB. Da die Käufer bei der Abnahme der Außenanlagen einen Mängelvorbehalt bezüglich der Pflasterung erklärt hatten, lag die Beweislast für die Mangelfreiheit bei der Bauträgerin. Diese Beweisführung war ihr nicht gelungen. Eine unzulässige Beweisvereitelung durch die Käufer sah das Gericht nicht, da sie die Bauträgerin unstreitig mehrfach zur Nachbesserung aufgefordert hatten, bevor sie selbst tätig wurden.
Vorschussansprüche für Mängel (WPC-Boden, Fassade, Lichtschächte) berechtigt
Auch die vom Landgericht zuerkannten Vorschussansprüche für die Beseitigung von Mängeln am WPC-Boden der Loggia (ca. 2.467 Euro), an der Fassade (910 Euro) und an der Entwässerung der Lichtschächte (18.300 Euro) wurden vom OLG bestätigt. Grundlage waren die überzeugenden Gutachten von Sachverständigen, die konstruktive Mängel festgestellt hatten. Bei den Lichtschächten wies das Gericht das Argument der Bauträgerin zurück, die Käufer hätten die Mängel selbst verursacht. Der Gutachter hatte Mängel auch in Bereichen festgestellt, die unstreitig von den Pool-Arbeiten der Käufer unberührt waren.
Besonders bedeutsam ist die rechtliche Einordnung der Vorschussansprüche durch das OLG Düsseldorf. Es stellte klar, dass ein Käufer grundsätzlich auch dann einen Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten nach § 637 Abs. 3 BGB verlangen und damit aufrechnen kann, wenn er selbst noch einen Teil des Werklohns bzw. Kaufpreises schuldet. Das Gericht widersprach damit ausdrücklich anderen Oberlandesgerichten, die eine solche Aufrechnung als unzulässig oder nur eingeschränkt möglich ansehen, wenn der Käufer den Restkaufpreis zur Sicherheit zurückhalten könnte. Das OLG Düsseldorf sieht kein treuwidriges Verhalten darin, einen Vorschuss zu fordern, statt nur ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben.
Anspruch wegen Mängeln am Wegegrundstück nach Abtretung wirksam
Den zunächst vom Landgericht abgelehnten Anspruch bezüglich des Wegegrundstücks (G2) erkannte das OLG nun an. Die Käufer hatten in der Berufungsinstanz nachgewiesen, dass ihnen die Ansprüche der übrigen Miteigentümer abgetreten worden waren. Damit waren sie berechtigt, den vollen (anteiligen) Vorschussanspruch in Höhe von 5.867,49 Euro geltend zu machen.
Ergebnis der Aufrechnung: Gegenforderungen übersteigen Restkaufpreis
In der Summe ergaben die vom OLG Düsseldorf als berechtigt anerkannten Gegenforderungen der Käufer (Pflasterarbeiten, WPC-Boden, Fassade, Lichtschächte, Wegegrundstück) einen Betrag von 29.226,40 Euro. Dieser Betrag überstieg die noch offene Restkaufpreisforderung der Bauträgerin von 26.682,76 Euro. Folglich war der Kaufpreis durch die wirksame Aufrechnung vollständig bezahlt.
Konsequenzen des Urteils: Bestätigungspflicht, Zahlungsanspruch und Kosten
Da der Kaufpreis als vollständig bezahlt gilt, haben die Käufer einen vertraglichen Anspruch darauf, dass die Bauträgerin dies gegenüber dem Notar schriftlich bestätigt, wie im Bauträgervertrag vereinbart. Die Widerklage der Bauträgerin auf Zahlung des Restkaufpreises war somit unbegründet und wurde abgewiesen. Der Betrag, um den die berechtigten Gegenforderungen der Käufer die Restkaufpreisforderung überstiegen, führte zu dem vom OLG bestätigten Zahlungsanspruch der Käufer gegen die Bauträgerin in Höhe von 522,83 Euro. Auch der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten wurde bestätigt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden überwiegend der Bauträgerin auferlegt (ca. 86% für die erste Instanz, 91% für die Berufung), was deren weitgehendes Unterliegen widerspiegelt.
Revision zugelassen: Grundsatzfragen zur Aufrechnung und Verzug im Baurecht
Das OLG Düsseldorf hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Grund dafür ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfragen, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Aufrechnung mit Vorschussansprüchen für Mängelbeseitigungskosten (§ 637 Abs. 3 BGB), wenn der Besteller/Käufer selbst noch Zahlungen schuldet. Hier weicht die Entscheidung des OLG Düsseldorf von der Rechtsprechung anderer Obergerichte ab. Auch die Auslegung von Fertigstellungsfristen in Bauträgerverträgen im Hinblick auf die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs (§ 286 BGB a.F.) hat grundsätzliche Bedeutung. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof diese Fragen abschließend klären wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt, dass Käufer einer mangelhaften Immobilie mit berechtigten Mängelansprüchen gegen den Restkaufpreis aufrechnen können und dadurch den Anspruch auf Eigentumsübertragung erhalten. Besonders wichtig ist die Klarstellung des OLG Düsseldorf, dass Vorschussansprüche für Mängelbeseitigungskosten zur Aufrechnung genutzt werden dürfen, selbst wenn der Käufer noch Zahlungen schuldet – eine Position, die von anderen Gerichten anders bewertet wird. Die Entscheidung stärkt die Position von Immobilienkäufern gegenüber Bauträgern erheblich und könnte bundesweit Signalwirkung haben.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist ein Bauträgervertrag und welche typischen Inhalte hat er?
Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Haus bauen, aber nicht erst ein Grundstück kaufen und dann separat eine Baufirma beauftragen. Genau hier kommt der Bauträgervertrag ins Spiel. Ein Bauträgervertrag ist eine besondere Vertragsform, bei der Sie nicht nur ein Grundstück kaufen, sondern gleichzeitig auch den Bau eines Hauses oder einer Eigentumswohnung auf diesem Grundstück in Auftrag geben – und zwar von einem einzigen Vertragspartner, dem Bauträger.
Es ist also eine Kombination aus einem Kaufvertrag für das Grundstück (oder einen Miteigentumsanteil daran, wie bei einer Eigentumswohnung) und einem Werkvertrag für die Errichtung des Gebäudes. Das Besondere ist, dass der Bauträger beides aus einer Hand liefert.
Wichtige Inhalte eines Bauträgervertrags
Ein solcher Vertrag ist in der Regel sehr umfangreich und komplex, da er viele Details regeln muss. Hier sind einige der typischen und besonders wichtigen Inhalte, die oft gesetzlich vorgeschrieben sind, um Käufer zu schützen:
- Genaue Bezeichnung des Vertragsobjekts: Hier wird detailliert beschrieben, welches Grundstück oder welcher Miteigentumsanteil daran verkauft wird und um welches Bauvorhaben es sich handelt (z.B. Einfamilienhaus Typ „X“ oder Eigentumswohnung Nr. Y im Geschoss Z).
- Bau- und Leistungsbeschreibung: Dies ist ein sehr wichtiger Teil. Hier steht genau drin, was der Bauträger bauen wird. Das umfasst Details wie die Größe des Gebäudes, die Anzahl der Zimmer, verwendete Materialien (z.B. Bodenbeläge, Fenster, Sanitärausstattung), die Art der Heizung, Dämmung und vieles mehr. Was hier nicht beschrieben ist, ist in der Regel auch nicht im Leistungsumfang enthalten.
- Kaufpreis und Zahlungsplan: Der Gesamtpreis für Grundstück und Bauleistung wird festgelegt. Der Zahlungsplan ist besonders geregelt, oft durch die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Das bedeutet, der Kaufpreis wird nicht auf einmal fällig, sondern in Raten, die an den Baufortschritt geknüpft sind. Sie zahlen also schrittweise, je nachdem, welche Bauphasen abgeschlossen sind (z.B. nach Fertigstellung des Rohbaus, nach Einbau der Fenster, etc.). Dies dient Ihrem Schutz, damit der Bauträger nicht das ganze Geld erhält, bevor das Haus steht.
- Zeitplan für Fertigstellung und Übergabe: Der Vertrag sollte klare Angaben dazu enthalten, wann das Gebäude voraussichtlich fertiggestellt sein wird und wann die Übergabe an Sie geplant ist. Oft sind hier auch Regelungen für den Fall von Verzögerungen enthalten.
- Regelungen zur Abnahme: Die Abnahme ist der Moment, in dem Sie das fertiggestellte Werk als vertragsgemäß anerkennen. Der Vertrag regelt das Verfahren der Abnahme und was bei festgestellten Mängeln geschieht.
- Sicherheiten: Oft sind im Vertrag auch Sicherheiten vorgesehen, wie z.B. Bürgschaften, die gewährleisten sollen, dass das Bauvorhaben auch bei finanziellen Schwierigkeiten des Bauträgers fertiggestellt wird.
- Gewährleistung bei Mängeln: Wie bei jedem Bauvertrag gibt es Regelungen zur Gewährleistung. Diese bestimmen, wie lange der Bauträger für Mängel am Bauwerk haftet und wie die Mängel beseitigt werden.
Der Bauträgervertrag muss notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Das liegt daran, dass er den Kauf eines Grundstücks beinhaltet. Der Notar hat dabei auch eine wichtige Informations- und Schutzfunktion.
Ein Bauträgervertrag bindet Sie und den Bauträger an klare Rechte und Pflichten rund um den Kauf des Grundstücks und den Bau des Gebäudes.
Was bedeutet „Auflassung“ und „Vormerkung“ im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf?
Beim Kauf eines Grundstücks oder einer Immobilie in Deutschland gibt es zwei wichtige juristische Schritte, die oft vorkommen: die Auflassung und die Vormerkung. Beide sind entscheidend dafür, dass das Eigentum sicher vom Verkäufer auf den Käufer übergeht.
Die Auflassung: Die Einigung über den Eigentumsübergang
Die Auflassung ist die formelle Einigung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer darüber, dass das Eigentum am Grundstück übergehen soll. Stellen Sie sich das wie die feierliche Erklärung beider Parteien vor einem neutralen Zeugen vor, dass das Haus oder das Grundstück nun die Eigentümerin wechseln wird.
- Diese Einigung muss unbedingt vor einem Notar erklärt und beurkundet werden (§ 925 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).
- Die Auflassung ist die rechtliche Grundlage dafür, dass der Käufer später als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden kann. Ohne diese notarielle Erklärung kann das Eigentum nicht übertragen werden.
- Wichtig: Mit der Auflassung allein werden Sie als Käufer noch nicht Eigentümer. Sie ist nur die notwendige Einigung dafür, dass der Eigentumsübergang später passieren kann.
Die Vormerkung: Die Absicherung des Käufers im Grundbuch
Die Vormerkung, genauer gesagt die „Auflassungsvormerkung“, ist ein Eintrag im Grundbuch des Grundstücks (§ 883 BGB). Sie dient dazu, den Anspruch des Käufers auf die Übertragung des Eigentums abzusichern.
- Sobald die Vormerkung für Sie als Käufer im Grundbuch eingetragen ist, ist Ihr künftiger Anspruch auf das Eigentum geschützt.
- Das bedeutet: Der Verkäufer kann das Grundstück danach nicht einfach an jemand anderen verkaufen. Auch Gläubiger des Verkäufers, die nach der Vormerkung versuchen, auf das Grundstück zuzugreifen (z. B. durch Zwangsvollstreckung), haben in der Regel das Nachsehen gegenüber Ihrem gesicherten Anspruch auf Eigentum.
- Die Vormerkung sorgt also für Sicherheit in der Zeit zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages (und der Auflassung) und der endgültigen Eintragung von Ihnen als neuem Eigentümer im Grundbuch. Das ist oft die Phase, in der der Kaufpreis gezahlt wird.
Zusammenspiel von Auflassung und Vormerkung
In der Praxis werden beim Notartermin zum Grundstückskaufvertrag in der Regel sowohl die Auflassung erklärt als auch der Antrag auf Eintragung der Vormerkung im Grundbuch gestellt.
- Die Vormerkung wird meist als Erstes vom Notar beim Grundbuchamt beantragt und eingetragen. Sie schützt Sie als Käufer frühzeitig.
- Die endgültige Eintragung von Ihnen als neuem Eigentümer im Grundbuch erfolgt dann später, meist erst nachdem der vollständige Kaufpreis gezahlt wurde und alle anderen Bedingungen des Kaufvertrages erfüllt sind (z. B. die Einholung behördlicher Genehmigungen). Für diese endgültige Eintragung ist die vorher erklärte Auflassung die rechtliche Voraussetzung.
Zusammenfassend sind Auflassung und Vormerkung also zwei zentrale juristische Werkzeuge im Grundstückskauf, die sicherstellen, dass die Einigung über den Eigentumsübergang rechtlich wirksam erklärt wird (Auflassung) und der Käufer während des Abwicklungsprozesses bis zur endgültigen Eigentumsumschreibung geschützt ist (Vormerkung).
Unter welchen Voraussetzungen kann ich als Käufer Mängelansprüche geltend machen und wie funktioniert die Aufrechnung mit diesen Ansprüchen gegen den Kaufpreis?
Wenn Sie als Käufer feststellen, dass der gekaufte Gegenstand – das kann eine Ware, aber auch, wie oft bei Immobilien, eine Immobilie selbst sein – einen Mangel aufweist, haben Sie unter bestimmten Bedingungen Rechte gegenüber dem Verkäufer. Diese Rechte nennt man Mängelansprüche.
Was bedeutet ein Mangel und wann können Sie Ansprüche geltend machen?
Ein Mangel liegt in der Regel vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Hat der Verkäufer zum Beispiel zugesichert, dass eine Immobilie trocken ist, und es stellt sich heraus, dass der Keller feucht ist, liegt ein Mangel vor. Ein Mangel kann aber auch bestehen, wenn die Sache nicht die Beschaffenheit aufweist, die man bei Sachen gleicher Art erwarten kann.
Voraussetzung für Mängelansprüche ist grundsätzlich, dass der Mangel bei Übergabe der Sache bereits vorhanden war. Er muss also im „Risikobereich“ des Verkäufers entstanden sein.
Wichtig ist auch, dass Sie den Mangel unter Umständen rechtzeitig anzeigen müssen. Bei einem Kauf zwischen Unternehmen ist eine sehr schnelle Mängelrüge erforderlich. Bei einem Kauf von einem Unternehmer als Privatperson (Verbrauchsgüterkauf) sind die Regeln meist käuferfreundlicher, hier reicht oft eine Anzeige innerhalb einer bestimmten Frist nach Entdeckung des Mangels, solange die Verjährungsfrist nicht abgelaufen ist. Bei Immobilienkäufen gibt es ebenfalls spezifische Regeln, oft sind Ansprüche wegen Mängeln, die der Käufer bei der Besichtigung hätte erkennen können, ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen.
Welche Mängelansprüche gibt es?
Wenn ein Mangel vorliegt und die Voraussetzungen erfüllt sind, haben Sie als Käufer verschiedene Rechte:
- Nacherfüllung: Dies ist das erste und wichtigste Recht. Sie können vom Verkäufer verlangen, dass er den Mangel behebt. Bei Sachen bedeutet das oft Reparatur oder Lieferung einer mangelfreien Sache. Bei Immobilien kann das die Reparatur des feuchten Kellers sein.
- Rücktritt vom Vertrag: Wenn die Nacherfüllung fehlschlägt, unmöglich ist oder vom Verkäufer verweigert wird, können Sie unter bestimmten Bedingungen vom Kaufvertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird rückgängig gemacht: Sie geben die Kaufsache zurück und erhalten den Kaufpreis zurück.
- Minderung des Kaufpreises: Statt zurückzutreten, können Sie den Kaufpreis mindern. Der Kaufpreis wird dabei in der Regel so herabgesetzt, dass er dem Wert der mangelhaften Sache entspricht.
- Schadensersatz: Zusätzlich zur Nacherfüllung, dem Rücktritt oder der Minderung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Schadensersatz verlangen. Damit können Sie Schäden geltend machen, die Ihnen durch den Mangel entstanden sind, zum Beispiel Kosten für eine zwischenzeitliche Notabdichtung oder andere Folgeschäden.
Wie funktioniert die Aufrechnung mit Mängelansprüchen?
Haben Sie noch nicht den gesamten Kaufpreis bezahlt und haben gleichzeitig einen Anspruch wegen eines Mangels (z.B. auf Minderung oder Schadensersatz), können Sie diese Ansprüche nutzen, um Ihre Kaufpreisschuld zu verringern. Dies nennt man Aufrechnung.
Die Aufrechnung funktioniert, indem Sie dem Verkäufer erklären, dass Sie Ihre Forderung (z.B. Anspruch auf Minderung des Kaufpreises um 10.000 Euro) mit seiner Forderung (Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises von 20.000 Euro) verrechnen. In diesem Beispiel müssten Sie dann nur noch 10.000 Euro bezahlen (20.000 – 10.000). Die Aufrechnung ist eine Möglichkeit, Schulden durch Gegenforderungen zu tilgen.
Schadensersatz vs. Vorschuss bei der Aufrechnung
Hier ist der Unterschied wichtig, wenn es um die Finanzierung der Mangelbeseitigung geht:
- Schadensersatz: Wenn Sie den Mangel bereits selbst behoben und die Reparaturkosten bezahlt haben, haben Sie einen Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer (wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, z.B. nach erfolgloser Nacherfüllung durch den Verkäufer). Dieser Anspruch ist eine konkrete Geldforderung in Höhe der Ihnen entstandenen Kosten. Diesen Schadensersatzanspruch können Sie gegen den noch offenen Kaufpreis aufrechnen.
- Vorschuss: Unter bestimmten Bedingungen (oft nach Fristsetzung zur Nacherfüllung an den Verkäufer, die erfolglos verstrichen ist) können Sie den Mangel selbst beseitigen (lassen) und vom Verkäufer einen Vorschuss für die voraussichtlichen Reparaturkosten verlangen. Dieser Anspruch auf Vorschuss ist ebenfalls eine Geldforderung. Auch diesen Anspruch auf Vorschuss können Sie grundsätzlich gegen den noch offenen Kaufpreis aufrechnen. Sie können also sagen: „Ich schulde Ihnen noch X Euro Kaufpreis, aber Sie schulden mir einen Vorschuss von Y Euro für die Reparatur. Deshalb zahle ich Ihnen nur noch X minus Y Euro.“
Die Aufrechnung ist ein wirksames Mittel, um Druck auszuüben und Ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen, insbesondere wenn noch ein Teil des Kaufpreises offen ist.
Was ist eine „Nutzungsausfallentschädigung“ und wann habe ich als Käufer Anspruch darauf?
Eine Nutzungsausfallentschädigung ist eine Form des Schadensersatzes. Sie erhalten damit Geld dafür, dass Sie eine Sache – in diesem Fall eine gekaufte Immobilie wie ein Haus oder eine Wohnung – nicht nutzen konnten, obwohl Sie eigentlich dazu berechtigt gewesen wären. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Haus gekauft, um darin zu wohnen oder es zu vermieten, aber die Übergabe verzögert sich erheblich. Die Nutzungsausfallentschädigung soll den finanziellen Nachteil ausgleichen, der Ihnen dadurch entsteht, dass Ihnen die geplante Nutzung über einen bestimmten Zeitraum verwehrt bleibt.
Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann entstehen, wenn der Verkäufer oder Bauträger die Übergabe der Immobilie verspätet und diese Verzögerung von ihm zu vertreten ist (oft spricht man hier von „Verzug“). Voraussetzung ist dabei, dass Sie die Immobilie aufgrund dieser Verzögerung nicht wie geplant nutzen konnten. Es reicht nicht aus, dass die Übergabe nur später stattfindet; die spätere Übergabe muss tatsächlich dazu führen, dass Ihnen die Nutzungsmöglichkeit entzogen wird.
Wie wird die Höhe berechnet?
Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung orientiert sich häufig am objektiven Mietwert der Immobilie. Das ist der Betrag, den man auf dem freien Markt für eine vergleichbare Immobilie am selben Ort als Miete bezahlen müsste oder einnehmen könnte. Die Entschädigung wird dann in der Regel für jeden Tag berechnet, an dem Ihnen die Nutzung aufgrund der Verzögerung entgangen ist. Es geht darum, den Wert der entgangenen Nutzung finanziell auszugleichen.
Welche Nachweise sind erforderlich?
Um einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend zu machen, müssen Sie mehrere Dinge darlegen und nachweisen:
- Die Verzögerung: Sie müssen belegen können, dass die vereinbarte oder eine angemessene Frist für die Übergabe überschritten wurde.
- Die verhinderte Nutzung: Sie müssen darlegen und nachweisen, dass Sie die Immobilie zu einem bestimmten Zweck (z.B. Selbstnutzung, Vermietung) nutzen wollten und dass dies durch die Verzögerung nicht möglich war. Zum Beispiel, dass Sie bereits Ihre alte Wohnung gekündigt hatten oder Mietverträge vorbereitet waren.
- Die Höhe des Nutzungsausfalls: Sie müssen auch die Höhe des Nutzungsausfalls glaubhaft machen. Dies geschieht oft durch Nachweis des üblichen Mietwerts für vergleichbare Immobilien am Ort, zum Beispiel durch Mietspiegel, Gutachten oder Angebote für ähnliche Mietobjekte.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Nutzungsausfallentschädigung den Wert der Nutzung ersetzt und nicht unbedingt die Kosten, die Ihnen eventuell durch die Verzögerung an anderer Stelle entstanden sind (wie z.B. Hotelkosten oder die Miete für eine Übergangswohnung – das wären andere Schadenspositionen).
Was bedeutet „Selbstvornahme“ bei Mängeln und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ich die Kosten dafür vom Bauträger erstattet bekomme?
Stellen Sie sich vor, an Ihrem neu gebauten Haus oder Ihrer Wohnung vom Bauträger gibt es Mängel – zum Beispiel eine undichte Stelle am Fenster oder ein falsch verlegter Bodenbelag. Normalerweise hat der Bauträger die Pflicht, diese Mängel zu beheben. Das nennt man Nacherfüllung. Er soll also den Mangel beseitigen oder eine mangelfreie Sache liefern.
Was aber, wenn der Bauträger den Mangel trotz Aufforderung nicht beseitigt? Hier kommt die „Selbstvornahme“ ins Spiel. Das bedeutet, Sie als Käufer entscheiden sich, den Mangel selbst zu beheben oder von einem anderen Unternehmen beheben zu lassen. Dies tun Sie auf Kosten des Bauträgers, die Sie dann von ihm zurückfordern.
Welche Voraussetzungen sind für die Selbstvornahme wichtig?
Damit Sie die Kosten für diese selbst veranlasste Reparatur vom Bauträger ersetzt bekommen können, müssen in der Regel bestimmte Schritte und Bedingungen erfüllt sein:
- Mangel anzeigen: Zuerst müssen Sie dem Bauträger den Mangel mitteilen und beschreiben.
- Frist setzen: Ganz wichtig ist, dass Sie dem Bauträger eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer er den Mangel selbst beheben soll. Eine „angemessene“ Frist hängt vom Einzelfall ab, also davon, wie dringend der Mangel ist und wie aufwendig die Reparatur. Handelt es sich zum Beispiel nur um eine kleine Nachjustierung an einem Fenster, ist eine kürzere Frist angemessen als bei einer kompletten Neuverlegung eines Bodens.
- Androhung der Selbstvornahme: Sie müssen dem Bauträger klar mitteilen, dass Sie den Mangel selbst beheben lassen werden, wenn er die von Ihnen gesetzte Frist verstreichen lässt, ohne den Mangel zu beseitigen.
Wenn der Bauträger diese gesetzte, angemessene Frist verstreichen lässt, ohne den Mangel zu beheben (oder die Behebung ernsthaft und endgültig verweigert), haben Sie grundsätzlich das Recht zur Selbstvornahme.
Welche Kosten können erstattet werden?
Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und Sie den Mangel selbst beheben lassen, können Sie vom Bauträger die Kosten ersetzt verlangen, die für die Mangelbeseitigung notwendig waren. Das sind in der Regel die üblichen und erforderlichen Kosten, um den Mangel fachgerecht zu beheben. Es kommt also darauf an, was eine Reparatur des Mangels durch ein Fachunternehmen kosten würde.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Selbstvornahme ein Schritt ist, um Mängel zügig beheben zu lassen, wenn der ursprünglich Verantwortliche (der Bauträger) trotz Gelegenheit dazu seine Pflicht nicht erfüllt. Sie ermöglicht es Ihnen, selbst aktiv zu werden und die notwendigen Arbeiten durchführen zu lassen, um Ihr Eigentum in den vertragsgemäßen Zustand zu bringen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Aufrechnung
Die Aufrechnung ist ein gesetzliches Recht (§ 389 BGB), durch das zwei Personen ihre gegenseitigen Geldforderungen miteinander verrechnen können. Wenn man selbst eine Geldforderung gegen jemand anderen hat, kann man erklären, dass man seine Schuld an diesen dadurch verringert oder ganz tilgt, indem man die eigene Forderung gegenrechnet. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Käufer ihre Mängelansprüche und andere Gegenforderungen dem noch offenen Kaufpreis der Bauträgerin gegenüberstellen und so den Zahlungsanspruch reduzieren oder ausgleichen. Eine solche Aufrechnung ist besonders wichtig, wenn der Käufer noch nicht den vollen Kaufpreis bezahlt hat und zugleich berechtigte Forderungen wegen Mängeln geltend macht.
Vorschussanspruch auf Mängelbeseitigungskosten
Ein Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB erlaubt es dem Käufer oder Besteller, vom Verkäufer oder Unternehmer einen Teil der voraussichtlichen Kosten für die Mängelbeseitigung im Voraus zu verlangen, selbst wenn er noch nicht den gesamten Kaufpreis bezahlt hat. Das bedeutet, sobald der Verkäufer seine Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht erfüllt, kann der Käufer eine Abschlagszahlung für die Beseitigung fordern, um die Reparatur vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Im vorliegenden Fall musste das OLG klären, ob die Käufer solche Vorschussansprüche gegen die noch offene Kaufpreisforderung aufrechnen dürfen, was es bejahte. So kann der Käufer sicherstellen, dass er nicht auf unbestimmte Zeit auf die Mangelbeseitigung warten muss.
Selbstvornahme
Die Selbstvornahme ist das Recht des Käufers oder Bestellers, einen Mangel selbst oder durch Dritte zu beseitigen, wenn der Verkäufer oder Unternehmer trotz ordnungsgemäßer Aufforderung und Fristsetzung nicht reagiert (§ 637 Abs. 1 BGB). Die dabei entstehenden angemessenen Kosten kann der Käufer vom Verkäufer erstattet verlangen. Voraussetzung ist, dass dem Verkäufer zunächst Gelegenheit gegeben wurde, den Mangel selbst zu beheben. In dem beschriebenen Fall führten die Käufer Pflasterarbeiten aus Eigenleistung durch, nachdem die Bauträgerin nicht nachgebessert hatte, und forderten die Kosten hierfür zurück. Die Selbstvornahme sichert somit dem Käufer eine schnelle Mängelbeseitigung und Ersatz seiner Aufwendungen.
Nutzungsausfallentschädigung
Die Nutzungsausfallentschädigung ist eine Form des Schadensersatzes, mit der der Käufer für den entgangenen Gebrauch seiner Immobilie entschädigt wird, wenn ihm die Nutzung aufgrund von Verzögerungen beim Verkäufer oder Bauträger nicht möglich ist. Ein solcher Anspruch entsteht, wenn die Fertigstellung oder Übergabe verspätet ist und dies von dem Verkäufer zu vertreten ist (Verzug nach § 286 BGB). Die Entschädigung bemisst sich meist am ortsüblichen Mietwert der Immobilie oder eines vergleichbaren Objekts. Im konkreten Fall forderten die Käufer eine Nutzungsausfallentschädigung für die verspätete Übergabe, wurden aber vom OLG abgewiesen, weil die Fristen nicht kalendermäßig bestimmt waren und die Bauträgerin daher nicht automatisch in Verzug war.
Kaufpreiszahlungsbestätigung
Die Kaufpreiszahlungsbestätigung ist eine schriftliche Erklärung der Verkäuferin (hier: Bauträgerin) gegenüber dem beurkundenden Notar, dass der Kaufpreis vollständig bezahlt wurde. Sie ist eine vertragliche Voraussetzung für die endgültige Eigentumsübertragung im Grundbuch (§ 929 S.1 BGB in Verbindung mit konkreten Vertragsvereinbarungen). Erst nach dieser Bestätigung darf der Notar die Umschreibung des Eigentums veranlassen. Im vorliegenden Fall verpflichtete das Gericht die Bauträgerin zur Abgabe dieser Bestätigung, da die Käufer ihren Kaufpreis durch Aufrechnung mit berechtigten Mängelansprüchen als vollständig bezahlt ansahen. Die Kaufpreiszahlungsbestätigung ist wichtig, weil sie die rechtliche Sicherheit für den Eigentumsübergang schafft.
Vorschussanspruch (Abgrenzung zum Schadensersatz)
Der Vorschussanspruch (§ 637 Abs. 3 BGB) unterscheidet sich vom Schadensersatz insofern, als dass der Vorschuss eine Vorleistung für die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung ist, bevor die Endabrechnung oder komplette Mangelbeseitigung erfolgt ist. Im Gegensatz dazu ist der Schadensersatzanspruch eine konkrete Geldforderung für bereits entstandene Kosten oder Schäden. Im beschriebenen Fall konnten die Käufer auch dann einen Vorschuss als Gegenforderung aufrechnen, wenn sie selbst noch Restkaufpreis schuldeten. Diese rechtliche Möglichkeit wurde vom OLG Düsseldorf bestätigt, während andere Gerichte dies oft nur eingeschränkt erlauben.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 389 BGB – Aufrechnung: Diese Vorschrift regelt die Aufrechnung als ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch das gegenseitige Forderungen miteinander verrechnet und somit erlöschen. Wichtig ist, dass die Forderungen gegenseitig, gleichartig und fällig sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käufer haben die offene Restforderung der Bauträgerin durch Aufrechnung mit berechtigten Mängel- und Kostenerstattungsansprüchen vollständig erloschen, sodass der Kaufpreis als bezahlt gilt.
- §§ Nr. 2, 637 Abs. 1, 3 BGB – Mängelbeseitigung und Vorschuss: Diese Normen regeln die Rechte des Bestellers bei Werkmängeln, insbesondere die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung und den Anspruch auf Ersatz der dadurch entstehenden Kosten als Vorschuss. § 637 Abs. 3 eröffnet einen Vorschussanspruch auch während laufender Werklohnforderungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Käufer konnten die Kosten für selbst durchgeführte Pflasterarbeiten sowie Vorschussansprüche für die Mängelbeseitigung wirksam geltend machen und damit auch gegen den noch ausstehenden Kaufpreis aufrechnen.
- § 286 BGB a.F. – Verzug des Schuldners: Der Paragraph definiert Voraussetzungen für den Schuldnerverzug, insbesondere bei kalendermäßig bestimmter Leistungszeit und Fristsetzung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG verneinte den Verzug der Bauträgerin wegen unbestimmter Fertigstellungsfrist im Bauträgervertrag, wodurch kein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Nutzung möglich war.
- Auflassung und Eigentumsübertragung (BGB und Grundbuchordnung): Die Auflassung ist die Einigung über die Eigentumsübertragung bei Grundstückskaufverträgen (§§ 925 ff. BGB). Die Grundbuchordnung regelt die Umschreibung des Eigentums durch den Notar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bauträgerin ist verpflichtet, die Kaufpreiszahlungsbestätigung abzugeben, damit der Notar die Eigentumsumschreibung vollziehen kann, was die rechtliche Eigentumsverschaffung an die Käufer ermöglicht.
- § 438 BGB – Verjährung der Mängelansprüche: Dieser Paragraph regelt die Verjährungsfristen für Mängelgewährleistungsansprüche bei Bauwerken (in der Regel fünf Jahre). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Ansprüche der Käufer auf Mängelbeseitigung und Kostenerstattung waren zum Zeitpunkt des Urteils noch wirksam und konnten zur Aufrechnung genutzt werden.
- Grundbuchrecht (Artikel 14 GG in Verbindung mit §§ 873, 925 BGB): Das Grundbuch ist für die Sicherstellung von dinglichen Rechten am Grundstück maßgeblich. Die Eintragung einer Vormerkung dient dem Schutz der Käufer bis zur Eigentumsumschreibung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zwischenzeitlich eingetragene Vormerkung sichert den Anspruch der Käufer auf Eigentumsübertragung ab, was durch die Verpflichtung der Bauträgerin zur Bestätigung der Kaufpreiszahlung durchgesetzt wird.
Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: 5 U 147/23 – Urteil vom 27.03.2025
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