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Bauüberwachungspflichtverletzung – Mängelbeseitigungskosten

LG Kleve – Az.: 3 O 66/10 – Urteil vom 25.05.2018

Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.278.500,00 EUR zu zahlen, die Beklagten zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) bis 3) verpflichtet sind, der Klägerin den über 1.278.500,00 EUR hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der dieser durch den Einbau von nicht raumbeständigem Material unter dem Hallenboden des Objektes Yx weide xxc, xxxxx Stadt entstanden ist, bzw. noch entstehen wird, die Beklagen zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner, im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner.

Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 10.795,56 EUR zu zahlen, die Beklagen zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner, im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, an die Klägerin 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz aus 1.289.295,56 EUR (1.278.500,00 EUR + 10.795,56 EUR) zu zahlen und zwar …….;  die Beklagten zu 1) bis 3) ab dem 24.04.2010, dabei die Beklagten zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner,

………;  die Beklagten zu 1) und 2) ab dem 09.04.2010 wie Gesamtschuldner

und

…………;  die Beklagte zu 1) weiter für den 08.04.2010.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens I-23 U 156/11 haben die Klägerin 16% und die Beklagten zu 1) bis 3) 84% zu tragen, die Beklagen zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner, im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner. Die Klägerin hat 16% der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu tragen. Im Übrigen tragen die Streithelfer ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 1) mit der Vollarchitektur einer Industriehalle mit Büro- und Sozialräumen an der Anschrift der Firma ………….Stadt. Zu den Aufgaben der Beklagten zu 1) gehörten unter anderem die Ausführungsplanung, die Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe und die Objektüberwachung. Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1).

Im Rahmen der Vorbereitungen der Bauarbeiten wurde ein Bodengutachten eingeholt, das zu dem Ergebnis kam, es seien umfangreiche Bodenverbesserungsmaßnahmen notwendig. Auf Vorschlag der Beklagten zu 1) wollte die Klägerin einen Bodenaustausch vornehmen lassen, um eine sichere Gründung zu gewährleisten. In der Folge wurde hiermit die Fa. Nc beauftragt. Dieser Beauftragung lag eine Planung und Ausschreibung durch die Beklagte zu 1) zu Grunde.

In den von den Beklagten ausgeschriebenen Positionen Nr. 1.1.5 und 1.1.6 nahm die Fa. Nc Änderungen vor. Dies dahingehend, dass in den Positionen Nr. 1.1.5. statt eines Kies-Schotter-Gemisches HOS 0/65 und RCL 0/45 und in Position 1.1.6 nunmehr RCL-Sand eingebracht werden sollte. Dabei ist RC-Material aus Bauschutt grundsätzlich raumbeständig und damit zur Gründung geeignet. HOS 0/65 ist als kapillarbrechende Schicht zulässig. Die Fa. Nc wurde mit diesen Änderungen der Ausschreibung nach Rücksprache mit der Beklagten zu 1) von der Klägerin beauftragt.

Die Arbeiten wurden von der Fa. Nc durchgeführt und von der Beklagten zu 1) verantwortlich überwacht. Die Überwachung übernahm für die Beklagte zu 1) der Architekt N.

Die Fa. Nc brachte bei einem Teil des Bodenaustausches nicht nur das vereinbarte Material ein, sondern auch raumunbeständiges Material (Schlacken aus Hüttenwerken und Müllverbrennungsasche). Nach dem erfolgten Bodenaustausch wurde die Halle in Stahlbauweise errichtet. Die Grundrissabmessungen betragen etwa 20 m x 60 m.

Ein Jahr nach der Errichtung der Halle zeigten sich Schäden in der Halle in Form von Rissen und Verwerfungen sowie Unebenheiten im Hallenboden. Der Hallenboden bewegte sich aus der Waagrechten hinaus. Die Frostschürzen waren zumindest im rückwärtigen Bereich der Produktionshalle seitlich um einige Zentimeter herausgedrückt.

Die Halle ist an die I GmbH vermietet, die Konstruktionen für Theater- und Opernhäuser produziert.

In den Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag (AVA) heißt es unter Ziff 7.2:

Bei einfacher (leichter, gewöhnlicher) Fahrlässigkeit beschränkt sich die Haftung des AN dem Grunde und der Höhe nach auf den Schadensumfang, der dem Grunde und der Höhe nach durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gedeckt ist oder hätte objektiv angemessen gedeckt werden können (Bl. 51 GA).

Mit Antragsschrift vom 15.08.2006 strengte die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren unter dem Az. 1 OH 9/06 vor dem Landgericht Kleve an.

Die Klage wurde der Beklagten zu 1) am 07.04.2010, dem Beklagten zu 2) am 08.04.2010 und dem Beklagten zu 3) am 23.04.2010 zugestellt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten treffe eine Verantwortlichkeit hinsichtlich des Einbaus des nicht raumbeständigen Materials. Die Beklagten könnten sich nicht darauf zurückziehen, dass sie den Auftrag an die Fa. Nc erteilt hätten. Sie hätten sich davon überzeugen müssen, dass der Bodenaustausch fachgerecht erfolgt sei.

In der Klageschrift führt die Klägerin noch aus, dass eine Sanierung nur in der Weise sinnvoll sei, dass ein Ausweichgrundstück gesucht werde auf dem die Halle neu errichtet werde. Die alte Halle müsse zurückgebaut und dann der Boden ausgetauscht werden. Die Anschaffungskosten für das neue Grundstück könnten auf Grund der Möglichkeit der Neuvermarktung des alten Grundstücks außer Betracht bleiben. Die Kosten für die Mängelbeseitigung beliefen sich unter diesen Umständen auf 1.555.000 EUR, hieraus ergibt sich die Bezifferung der Klageforderung (vgl. Bl. 14-19 GA):

Es entstünden voraussichtlich Kosten von 100.00,00 EUR für den Rückbau der vorhandenen Halle, 25.000,00 EUR für das bau- und verkaufsgerechte Herrichten der Geländeoberfläche des alten Grundstücks sowie 50.000,00 EUR für das Herrichten des neuen Grundstücks. Für das Bauwerk würden Kosten von 575.249,00 EUR entstehen. Die technischen Anlagen würden 125.000,00 EUR kosten. Büro und Sozialräume seien mit 286.177,00 EUR zu veranschlagen, Außenanlagen mit 145.000,00 EUR, die Ausstattung mit 100.000,00 EUR, die Baunebenkosten mit 140.000,00 EUR und Unvorhergesehenes mit 3.574,00 EUR.

Nach der Einholung des Sachverständigengutachtens behauptet die Klägerin nunmehr, dass sich die Kosten für die Beseitigung der baulichen Mängel auf 1.278.500,00 EUR netto belaufen. Dieser Betrag stelle jedoch noch nicht den Gesamtbetrag der für die Mängelbeseitigung anfallenden Kosten dar. Hinzu kämen die Kosten für das mehrmalige Umsetzen der Maschinen und die Kosten für den Umzug im Zuge des Baufortschritts der Sanierung sowie die betrieblichen Ausfallkosten, die zwangsläufig bei der von dem Sachverständigen zugrunde gelegten Sanierungsvariante anfallen würden (Bl. 1350 GA). Über diese noch nicht bezifferten Mangelbeseitigungskosten sei noch C zu erheben, bis den Schadensersatzanspruch begründende Mängelbeseitigungskosten i.H.d. Klageforderung von 1.550.000,00 EUR festgestellt worden seien (Bl. 1351).

Ein Abzug „alt für neu“ sei nicht vorzunehmen. Die Klägerin erhalte durch die Sanierung kein neues Gebäude, das eine längere Nutzungszeit habe. Die Sanierungsmaßnahmen würden nicht zu einer Verlängerung der Restlebenserwartung der Halle führen (Bl. 1362 GA).

Die Klägerin sei Verbraucherin, da von der Grundstückseigentümergemeinschaft keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde.

Die Klägerin stützt die Klagebegründung im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 22.02.2018 (AZ: VII ZR 46/17) hilfsweise auf den Anspruch auf vorherige Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages (Bl. 1375 GA).

Der Feststellungantrag sei zulässig, da derzeit noch nicht absehbar sei, wie lange die Betriebsunterbrechung dauere, daher könne derzeit noch nicht beziffert werden, wie hoch der daraus resultierende Schaden sein werde. Darüber hinaus falle bei einer tatsächlichen Sanierung noch Umsatzsteuer an (Bl. 20 f. GA).

Die Beklagten befänden sich seit dem 04.04.2006 in Verzug nachdem sie unter dem 02.03.2006 unter Setzung einer Monatsfrist ab Briefdatum schriftlich dazu aufgefordert habe, an der Mangelbeseitigung mitzuwirken oder die Pflicht zur Leistung von Schadensersatz anzuerkennen (Bl. 21 GA).

Die ersatzfähigen Rechtsanwaltskosten berechneten sich nach einem Gegenstandswert von 1.900.000 EUR.

Die Klägerin beantragt,

1.  die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.550.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2006 zu zahlen.

2.  die Beklagten zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner und im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.550.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2006 zu zahlen.

3.  festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 3) verpflichtet sind, der Klägerin den über 1.550.000 EUR hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der dieser durch den Einbau von nicht raumbeständigem Material unter dem Hallenboden des Objektes Yx weide xxc, xxxxx Stadt entstanden ist, bzw. noch entstehen wird, wobei die Beklagen zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner, im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner zu verurteilen sind,

4.  die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 11.156,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, die Beklagen zu 2) und 3) im Verhältnis untereinander als echte Gesamtschuldner, im Verhältnis zur Beklagten zu 1) wie Gesamtschuldner.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass ein Abzug „neu für alt“ vorzunehmen sei. Die Klägerin nutze das Objekt über einen Zeitraum von 20 Jahren. Nach der Durchführung der Maßnahme verfüge sie über ein neues Gebäude (Bl. 1390 GA).

Der Bau der Halle habe seinerzeit 250.000,00 EUR gekostet. Ein Neubau wäre nun günstiger als die Sanierung, eine Kostensteigerung i.H.v. 400 % sei im Rahmen der Gewährleistungsregelung nicht verhältnismäßig (Bl. 1390 GA).

Die Beklagten behaupten, die Klausel, mit der ihre Haftung beschränkt würde, sei individuell ausgehandelt worden. Die Klägerin sei keine Verbraucherin, da es sich bei ihr um eine wirtschaftlich tätige GbR handele (Bl. 1342 GA).

Ein Bodenaustausch sei zudem nicht notwendig (Bl. 1354 GA). Die Ausdehnung des Materials flache deutlich ab, der Prozess unter der Halle sei praktisch zum Stillstand gekommen (Bl. 1354, 1391 GA). Daher sei eine Neubewertung des Untergrunds erforderlich (Bl. 1354)

Die Beklagten befänden sich nicht im Verzug. Bis in das Jahr 2008 seien Sanierungsmöglichkeiten zwischen den Parteien diskutiert worden. Die Verhandlungen seien erst mit Klageerhebung abgebrochen worden. Im Jahr 2007 habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Mangelbeseitigungskosten mit 337.127,31 EUR netto angegeben. Dies könne allenfalls der Wert sein, nach dem sich die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten richteten.

Die Kammer hat die Klage durch Urteil vom 18.10.2011 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf diese Entscheidung durch Urteil vom 06.11.2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klageanträge zu 1) bis 4. sind dem Grunde nach gerechtfertigt.

Im Übrigen wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 18.10.2011 sowie das ihm zugrundeliegende Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Wegen sämtlicher tatsächlichen und rechtlichen Einzelheiten wird vorab insgesamt auf die beiden genannten Entscheidungen Bezug genommen.

Die Akten 3 OH 9/06 wurden beigezogen.

Das Gericht hat nach der Zurückverweisung durch das Oberlandesgericht durch die Einholung eines Gutachtens und die Parteivernehmung des Klägers M und des Beklagten zu 3) T2 sowie die Anhörung der Sachverständigen Prof. Dr. T4 und Prof. Dr. C erhoben.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. T4 vom 28.04.2017 mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. C vom 27.04.2017 in der Anlage sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 11.05.2015 und 16.01.2018 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

1.

Der Feststellungsantrag, dessen Zulässigkeit und Begründetheit dem Grunde nach durch das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts festgestellt worden ist, ist der Höhe nach nicht durch eine Haftungsbeschränkung eingeschränkt; eine solche greift auch nicht im Rahmen des Zahlungsantrages:

Die Parteien haben keine wirksame Haftungsbegrenzung vereinbart.

Bei der Klausel unter Ziff 7.2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag (AVA) handelt es sich um AGB. Die Klausel ist unwirksam gem. §§ 309, 308, 307 BGB.

Es konnte nach der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass ein Haftungsausschluss zwischen den Parteien gem. § 305 I 3 BGB im Einzelnen ausgehandelt wurde (vgl. Beschluss vom 29.05.2015, Bl. 727 GA). Der Kläger Leisegang hat ausgesagt, dass er den Vertrag das erste Mal bei der Unterschrift gesehen habe. Dabei sei nicht über den Vertragsinhalt gesprochen worden, er habe den Vertrag nicht gelesen. Der Beklagte T2 hat ausgesagt, dass er den Vertrag am Tag der Unterzeichnung mit dem Kläger M besprochen habe. Dabei seien vor allem die finanziellen Aspekte besprochen worden. Wahrscheinlich hätten die Beklagten ihre Versicherungsbescheinigung zum Termin mitgebracht, aus der sich die Deckungssumme ergeben habe. Der Beklagte T2 hat weiter erklärt, dass sie normalerweise die allgemeinen Vertragsbestimmungen durchgehen würden. Ob diese Punkt für Punkt besprochen worden seien, konnte er jedoch nicht mehr sagen. Auch konnte der Beklagte T2 keine Angaben dazu machen, was zu den einzelnen Punkten der allgemeinen Vertragsbedingungen gesagt worden ist oder ob ein Punkt geändert worden ist (Bl. 716 ff. GA). Anhand  dieser Aussagen kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien die Klausel individuell vereinbart haben. Weder der Kläger M noch der Beklagte T2 konnten sich daran erinnern, dass über die einzelnen Punkte der allgemeinen Vertragsbedingungen gesprochen worden ist.

Die Klausel ist demnach als AGB zu qualifizieren.

Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB und ist daher unwirksam: Die Haftung wird dem Grunde und der Höhe nach auf den Schadensumfang begrenzt, der dem Grunde und der Höhe nach durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gedeckt ist oder hätte objektiv angemessen gedeckt werden können. Es liegt also eine Haftungsbegrenzung auf versicherbare Schäden vor, wobei aus der Klausel für sich für den Vertragspartner nicht erkennbar ist, welche Schäden konkret versichert oder versicherbar sind. Der Umfang der Haftungsbeschränkung ist demnach unklar, was zu einer Unwirksamkeit der Klausel führt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 17.01.2013 – 16 U 94/11; OLG München, Urt. v. 08.06.2010 – 28 U 2751/06).

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin Verbraucherin ist. § 307 BGB gilt auch für die Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 307, Rn. 38).

2.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten zu 1) – 3) wegen schuldhafter Verletzung ihrer Bauüberwachungspflicht gem. § 635 BGB a.F. i.H.v. 1.278.500,00 EUR.

a)

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. die Ausführungen des Oberlandesgerichts). Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts steht der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten zu 1) – 3) wegen schuldhafter Verletzung ihrer Bauüberwachungspflicht dem Grunde nach gem. § 635 BGB a.F. zu. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Oberlandesgerichts wird verwiesen.

b)

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 1.278.500,00 EUR gegen die Beklagten.

Der Sachverständige Prof. Dr. T4 kommt in seinem Gutachten nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass für die Mangelbeseitigung Kosten i.H.v. 1.278.500,00 EUR entstehen werden:

Das Gutachten stellt dar, dass Schäden an der Produktionshalle durch Volumenvergrößerung der quellfähigen Bestandteile der Auffüllung unter der Bodenplatte der Produktionshalle in Längs- und Querrichtung aufgetreten sind, die durch Wasserzutritt ausgelöst worden sind. Auch an der an der rückwärtigen Giebelwand angebauten kleinen Stahlhalle seien entsprechende Schäden aufgetreten (vgl. Bl. 1101 GA). Der Vermessungsingenieur Dipl.-Ing. xxkl hat die Halle vermessen und festgestellt, dass die Bodenplatte in der Produktionshalle eine Abweichung von der Waagerechten von bis zu 25 cm aufweist (vgl. Bl. 1102 GA). Es seien daher bereits plastische Verformungen in den Längsträgern/Verbänden oder an deren Verbindungen zu erwarten. Erkennbar für den Sachverständigen waren lotrechte Verformungen der Dachträger in Hallenlängsrichtung zwischen den Hallenrahmen sowie waagerechte Verschiebungen um bis zu mehrere Zentimeter an der Dachkonstruktion(Bl. 1109 GA). Die Bodenplatte der kleinen Stahlhalle weise eine Abweichung von der Waagrechten von bis zu 10 cm auf, Schäden an der Wand haben sich nach den Feststellungen des Sachverständigen T4 durch die Schiefstellung der Bodenplatte der kleinen Halle infolge Aufquellen der Auffüllung ergeben.

Der Sachverständige führt weiter aus, dass es nicht ratsam sei, die Stahlkonstruktion auf die ursprüngliche Geometrie zurückzuführen (abzusenken), weil dadurch insbesondere die plastischen Verformungen von Bauteilen und Verbindungen nicht zurückgehen würden sondern neue andere Verformungen hervorgerufen würden und mit großer Wahrscheinlichkeit zu Undichtigkeiten in der Dachhaut und zu einigen größeren Fehlstellen im Dachtragewerk führen würden (vgl. Bl. 1111 GA).

Der Sachverständige T4 hat unter Berücksichtigung der geotechnischen Annahmen des hinzugezogenen Sachverständigen für Geotechnik Prof. Dr. C ein bautechnisches Sanierungskonzept unter Fortführung des Betriebes in der Produktionshalle erstellt. Danach soll das quellfähige Auffüllmaterial entfernt werden und eine neue Bodenplatte auf neuer Schotterfüllung hergestellt werden. Die tragende Konstruktion der Stahlhalle sowie das Dach soll dabei erhalten bleiben, wogegen die Sandwichpaneele der Seitenwände ausgetauscht werden.

Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass die Kosten bei einem vollständigen Austausch des Materials um ca. 50.000,00 EUR geringer wären als bei einem Teilaustausch (vgl. Bl. 1157 GA). Zu den Einzelheiten des Sanierungskonzepts wird auf das Gutachten verwiesen, Bl. 1142 ff. GA. Die Kosten für die Baukosten schätzt der Sachverständige T4 auf 852.500,00 EUR. Hinzu kommen Zusatzkosten bei weiter laufendem Betrieb (u.a. für das Anbringen von Staubwänden, Behelfshalle für Magazin und Büroräume) i.H.v. 426.000,00 EUR. Daraus ergeben sich Kosten von insgesamt 1.278.500,00 EUR (vgl. im Einzelnen Bl. 1144 ff. GA).

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen T4, die sich die Kammer vollumfänglich zu eigen macht, ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Sanierung bei laufendem Betrieb wie von dem Sachverständigen T4 dargestellt, die wirtschaftlich vorzugswürdigste Lösung ist.

Im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens erklärte der Sachverständige C, dass nur dann von einer Sanierung des Hallenbodens abgesehen werden könne, wenn zuverlässig sichergestellt werden könne, dass eine weitere Verformung des Füllmaterials nicht eintreten werde. Dies sei denkbar, wenn ausgeschlossen werden könne, dass das Material nach seiner Abtrocknung nochmals mit Feuchtigkeit in Berührung kommen werde. Es könne jedoch gerade nicht davon mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass von dem neben der Halle befindlichen Graben in Zukunft kein Wasser mehr unter die Halle gelangen werde (Bl. 1308 f. GA). Auch könne man zum heutigen Zeitpunkt nicht sicher feststellen, dass das Material „ausreagiert“ habe und daher keine weiteren Formveränderungen zu befürchten seien. Aus diesem Grund hat sich auch nach Ansicht der Kammer der Bedarf für eine Sanierung nicht erledigt.

c)

Ein Abzug „neu für alt“ ist nicht vorzunehmen: Der Sachverständige T4 hat nachvollziehbar erklärt, dass die Durchführung der Sanierungsmaßnahmen nicht zu einer Verlängerung der Restlebenserwartung der Halle führen würde (Bl. 1309 GA). Der Grund hierfür ist, dass bei dem Sanierungskonzept sowohl die tragende Konstruktion der Stahlhalle wie auch das Dach erhalten bleiben. Somit werden die wesentlichen Bestandteile der Halle nicht erneuert und eine längere Nutzungsmöglichkeit durch die Klägerin steht nicht zu erwarten, denn maßgeblich für die Lebensdauer einer Halle wie der streitgegenständlichen ist die tragende Stahlkonstruktion und die Dacheindeckung (vgl. Bl. 1309 GA). Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen T4 an, dass darin, dass der Boden und ein Teil der Wandflächen ausgetauscht werden soll, kein Vorteil zu sehen ist, der es rechtfertigen würde, von einer erhöhten Restnutzungsdauer der Halle auszugehen (Bl. 1309 GA).

d)

Auch die neue Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17 -, Rn. 48, juris) steht dem nicht entgegen. Danach hat der Besteller, der Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB verlangt hat, nach wie vor das Recht, einen Vorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB zu fordern, wenn er den Mangel beseitigen will. Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Baumängel beseitigen lassen möchte. Eine Abrechnung ist nach erfolgter Sanierung zu erstellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997 – VII ZR 100/97 -, Rn. 11).

e)

Einen Schadensersatz für Kosten für das Umsetzen der Maschinen und den Umzug im Zuge des Baufortschritts sowie betriebliche Ausfallkosten und einen möglichen Mietausfallschaden kann die Klägerin nicht im Rahmen der hier erhobenen Vorschussklage geltend machen.

Die Klägerin begehrt einen Vorschuss für die Mängelbeseitigung von den Beklagten (vgl. Bl. 14 i.V.m. Bl. 1384 GA). Hinsichtlich der Kosten für das Umsetzen der Maschinen und den Umzug im Zuge des Baufortschritts sowie den Betriebsausfallschaden und einen möglichen Mietausfallschaden kommt erst dann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin in Betracht, wenn diese Schäden bei der Mieterin tatsächlich eingetreten sind und von der Mieterin der Klägerin gegenüber dieser auch geltend gemacht worden sind, bzw. die Miete an die Klägerin nicht gezahlt worden ist.

Die Klägerin hat daher hinsichtlich dieser Kosten keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Vorschusses: Die Kosten sind derzeit noch nicht angefallen und es ist zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht absehbar, ob sie anfallen werden und wenn sie anfallen, in welcher Höhe. In Betracht kommt diesbezüglich nur ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten, nachdem der Schaden entstanden ist. Derzeit stehen der Klägerin insoweit keine fälligen Ansprüche zu.

Die oben genannten Schadenspositionen fallen jedoch unter den Feststellungsantrag (s.u.). In der Klageschrift führt die Klägerin selbst aus, dass die Feststellungsklage hinsichtlich der weiteren Schäden, die derzeit noch nicht abschließend beziffert und eingeklagt werden können, zulässig sei. Insbesondere stellt sie weiter hinsichtlich der Zulässigkeit der Feststellungsklage dar, dass noch nicht abschließend feststeht, wie lange der Betrieb des in der streitgegenständlichen Halle untergebrachten Unternehmens unterbrochen werden müsse (Bl. 20 GA).

f)

Die von den Beklagten an die Klägerin im Wege des Vorschusses zu zahlenden Kosten für die Sanierung sind auch nicht unverhältnismäßig. Von Unzumutbarkeit der Mängelbeseitigung infolge bestehender Unverhältnismäßigkeit der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten ist nur dann auszugehen, wenn einem geringen Interesse an der Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes erhebliche Anforderungen an die Herstellung selbst gegenüberstehen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 06. Dezember 2012 – 1 U 107/11 -, juris). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Klägerin hat ein großes Interesse an der Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes der Halle, der hier nur durch die von dem Sachverständigen T4 vorgeschlagene Sanierung erreicht werden kann. Ein Neubau der Halle würde noch höhere Kosten verursachen (vgl. die Aussage des Sachverständigen T4, Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2018, Bl. 1309 GA). Dies ist auch nachvollziehbar, da nach dem Sanierungskonzept lediglich der Boden und ein Teil der Wandflächen ausgetauscht werden. Bei einem Neubau müsste zudem die tragende Konstruktion der Stahlhalle und das Dach erneuert werden, was zu höheren Kosten führen würde. Dass der ursprüngliche Bau der Halle lediglich 250.000,00 EUR gekostet hat, ist für die Betrachtung der Mängelbeseitigungskosten nicht relevant. Hierbei kann es lediglich auf das Interesse des Bestellers an der Mängelbeseitigung und die verfügbaren Möglichkeiten zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes ankommen.

g)

Die Beklagten zu 2) und 3) haften als persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten zu 1) untereinander gegenüber der Klägerin akzessorisch für alle Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1) als echte Gesamtschuldner im Sinne der §§ 420 ff. BGB (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage, § 714, Rn. 16). Neben den Beklagten zu 2) und 3) ist die Beklagte zu 1) wie eine Gesamtschuldnerin verpflichtet (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Auflage, § 714, Rn. 15 m.w.N.).

II.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen gem. §§ 291, 288 I BGB seit dem 08.04.2010 gegen die Beklagte zu 1), seit dem 09.04.2010 gegen den Beklagten zu 2) und seit dem 24.04.2010 gegen den Beklagten zu 3).

Die Zinsen waren nicht gemäß §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB ab dem 04.04.2006 zuzusprechen, da die Klägerin die Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2006 (Anlage K11) zur Beseitigung der Mängel aufgefordert hat, nicht jedoch zur Zahlung, so dass die Beklagten diesbezüglich nicht im Verzug waren. Der Vorschussanspruch wird erst fällig, wenn der Besteller vom Unternehmer einen bestimmten Vorschuss verlangt. Erst ab dann ist er unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 288, 291 BGB zu verzinsen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 637 Rz. 9 m.w.N.).

III.

Der Feststellungsantrag ist begründet. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beseitigung der der Beklagten zuzurechnenden Mängel einen höheren als den zugesprochenen Betrag erfordert (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16. Oktober 1992 – 12 U 178/91 -, Rn. 32, juris). Insbesondere fallen unter den Feststellungsantrag auch mögliche Schäden, die der Klägerin durch die Sanierung der Halle zukünftig entstehen werden, wie ein Schadensersatzanspruch der Mieterin der Klägerin, den diese gegenüber der Klägerin geltend machen könnte wegen eines Betriebsunterbrechungsschadens sowie ein möglicher Schadensersatzanspruch wegen entgangener Mieteinnahmen und die Kosten für das Umsetzen der Maschinen und andere Umzugskosten.

IV.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 635 BGB a.F. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Es handelt sich nicht um einen rechtlich derart einfach gelagerten Fall, dass die Kläger die Rechtslage ohne fachkundigen Rat beurteilen konnten. Die Rechtsanwaltskosten bemessen sich nach einem Gegenstandswert von 1.705.000 EUR  gemäß den zuzusprechenden Kosten für die Beseitigung der Mängel sowie dem begründeten Feststellungsantrag hinsichtlich zukünftig entstehender Schadensersatzansprüche. Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Zahlung von 10.795,56 EUR (1,3 x 9.051,90 EUR + 20,00 EUR Auslagenpauschale, zzgl. MwSt.).

Der beantragte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I BGB.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92, 101 ZPO. Die Teilabweisung der Klageanträge zu 1) und 2) beruht auf dem Umstand, dass die weiteren geltend gemachten Kosten derzeit noch nicht angefallen sind und daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden können.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 1.705.000 EUR

Gemäß §§ 3,4 ZPO war der Streitwert in Höhe des Zahlungsantrags zuzüglich 10% für den Feststellungsantrag festzusetzen (1.550.000 EUR + 155.000 EUR).

 

 

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Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
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