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Bauunternehmer muss ein funktionstaugliches Bauwerk errichten

Reitplatz-Urteil: Bauunternehmer haftet für mangelhafte Ausführung

Im Urteil des OLG Celle (Az.: 14 U 81/23) wurde entschieden, dass die Klage des Bauunternehmers auf Zahlung von Werklohn abgewiesen wird, da das erstellte Bauwerk aufgrund wesentlicher Mängel nicht abnahmereif ist und somit die Voraussetzungen für die Fälligkeit des Werklohnes nicht erfüllt sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 U 81/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Oberlandesgericht Celle wies die Klage eines Bauunternehmers auf Werklohnzahlung zurück, da das Werk wesentliche Mängel aufwies.
  2. Die Abnahme des Bauwerks durch die Beklagte erfolgte nicht, was für die Fälligkeit des Werklohnes notwendig gewesen wäre.
  3. Zu den wesentlichen Mängeln zählten die Verwendung von ungeeignetem Sand und die nicht erfolgte Absenkung eines Gullydeckels.
  4. Ein funktionaler Reitplatz war geschuldet, der die anerkannten Regeln der Technik für Reitplätze erfüllen sollte.
  5. Der Sachverständige bestätigte, dass der verwendete Sand und der erhöhte Gullydeckel nicht den technischen Anforderungen entsprachen.
  6. Das Gericht stellte fest, dass die Mängel erheblich genug waren, um die Abnahme des Werks zu verweigern.
  7. Eine Abnahme des Werkes ist auch nicht durch ein Abrechnungsverhältnis entbehrlich geworden.
  8. Die Anschlussberufung des Klägers wurde ebenfalls zurückgewiesen, da derzeit kein Anspruch auf Vergütung besteht.

Ansprüche des Bauherrn an den Werkerfolg

Ein Bauunternehmer ist vertraglich verpflichtet, ein funktionstüchtiges und mangelfreies Bauwerk zu erstellen. Dies entspricht dem eigentlichen Vertragszweck und der geschuldeten Leistung. Die Vereinbarung zur Ausführungsart und zur Beschaffenheit des Werks ist dabei nicht allein entscheidend. Maßgeblich sind vielmehr die anerkannten Regeln der Technik, sofern keine abweichenden vertraglichen Regelungen getroffen wurden.

Werden vom Bauunternehmer diese Vorgaben nicht eingehalten, liegt ein Mangel vor. Ist dieser wesentlich, so kann der Bauherr die Abnahme des Werks verweigern. Der Bauunternehmer hat dann keinen Anspruch auf die vereinbarte Werkvergütung, solange die Funktionsfähigkeit des Bauwerks nicht hergestellt ist.

➜ Der Fall im Detail


Streitfall um die Errichtung eines Reitplatzes

Reitplatz
(Symbolfoto: hightowernrw /Shutterstock.com)

Im Rechtsstreit zwischen einem Bauunternehmer und seinem Auftraggeber vor dem Oberlandesgericht Celle ging es um die Errichtung eines Reitplatzes, die zu wesentlichen Mängeln führte und schließlich die Zahlung des Werklohns betraf. Der Kläger, ein Bauunternehmer, forderte die Zahlung für den von ihm angelegten Reitplatz, der jedoch von der Beklagten, seiner Auftraggeberin, nicht abgenommen wurde. Die zentrale Streitfrage lag in der Abnahmereife des Werkes und den damit verbundenen Mängeln, die eine Abnahme und folglich die Zahlung des Werklohnes blockierten.

Urteil des OLG Celle zur Werklohnforderung

Das Oberlandesgericht Celle entschied in seinem Urteil vom 6. März 2024, dass die Klage des Bauunternehmers unbegründet sei und wies diese zurück. Der Gerichtsbeschluss basierte auf dem Fehlen der Abnahme durch die Beklagte sowie auf den signifikanten Mängeln des errichteten Reitplatzes. Die wesentlichen Mängel bestanden vor allem in der Nutzung unzureichenden Sands sowie der nicht korrekt durchgeführten Absenkung eines Gullydeckels, was die Nutzungssicherheit des Reitplatzes erheblich beeinträchtigte.

Rechtliche Begründung der Urteilsfindung

Die juristische Argumentation des Gerichts zentrierte sich um die fehlende Mangelfreiheit des Werkes. Laut § 633 Abs. 2 S. 1 BGB muss das Werk die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen, was hier nicht der Fall war. Der Bauunternehmer konnte nicht nachweisen, dass der Reitplatz frei von wesentlichen Mängeln war, eine grundlegende Voraussetzung für die Fälligkeit der Werklohnforderung nach § 631 Abs. 1 BGB. Besonders problematisch waren die mangelnde Trittfestigkeit und Trittsicherheit des verwendeten Sands sowie die Sicherheitsrisiken durch den hervorstehenden Gullydeckel.

Details zu den Baumängeln und deren Auswirkungen

Das Gericht stützte sich in seiner Bewertung wesentlich auf die Aussagen des Sachverständigen, der bestätigte, dass der verwendete Sand nicht den erforderlichen Qualitätsstandards für Reitplätze genügte. Diese Einschätzung basierte auf den anerkannten Regeln der Technik für den Reitplatzbau, welche der Kläger nicht erfüllte. Die nicht erfolgte Absenkung des Gullydeckels wurde ebenfalls als erheblicher Mangel bewertet, da sie eine direkte Gefahr für Pferd und Reiter darstellte.

Folgen der Entscheidung für die Parteien

Die Entscheidung des Gerichts hatte zur Folge, dass die Beklagte die Abnahme des Werkes verweigern durfte und der Bauunternehmer somit keinen Anspruch auf die Zahlung des Werklohns hatte. Der Kläger wurde zudem zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verpflichtet. Das Urteil unterstrich die Bedeutung der Einhaltung vertraglicher Beschaffenheitsvereinbarungen und der Relevanz anerkannter technischer Normen in der Bauausführung.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter der Abnahmereife eines Bauwerks?

Die <strong>Abnahmereife eines Bauwerks</strong> bezeichnet den Zustand, in dem alle wesentlichen Leistungen gemäß dem Bauvertrag erbracht wurden und das Bauwerk somit die vertraglich vereinbarten Anforderungen erfüllt. Dieser Zustand ist entscheidend für die Durchführung der Abnahme, welche wiederum zahlreiche rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, wie den Beginn der Gewährleistungsfrist und die Fälligkeit der Vergütung des Unternehmers.

Ein Bauwerk gilt als abnahmereif, wenn es im Wesentlichen fertiggestellt ist, das heißt, es dürfen keine wesentlichen Mängel vorliegen, die die Nutzung des Bauwerks in der vorgesehenen Weise beeinträchtigen. Wesentliche Mängel sind solche, die die Funktionalität oder Sicherheit des Bauwerks erheblich beeinträchtigen. Kleinere, unwesentliche Mängel hingegen, die die Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigen, stehen der Abnahmereife in der Regel nicht entgegen.

Die Abnahmereife ist auch im Kontext der fiktiven Abnahme relevant. Nach § 640 Abs. 2 BGB kann eine fiktive Abnahme eintreten, wenn der Auftraggeber das Werk nicht innerhalb einer gesetzten Frist abnimmt, vorausgesetzt, das Werk ist abnahmereif. Hierbei ist es wichtig, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und das Werk zu diesem Zeitpunkt die vertraglich vereinbarten Eigenschaften aufweist.

In der Praxis ist die Feststellung der Abnahmereife oft Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen den Vertragsparteien, da von ihr wichtige rechtliche Folgen abhängen. Daher ist es üblich, dass bei der Abnahme ein detailliertes Abnahmeprotokoll erstellt wird, in dem der Zustand des Bauwerks dokumentiert und etwaige Mängel aufgeführt werden. Dies dient als Grundlage für die weitere Mängelbeseitigung und die abschließende Fertigstellung des Bauwerks.

Welche Rolle spielt die Mangelfreiheit bei der Abnahme eines Bauwerks?

Die Mangelfreiheit spielt eine zentrale Rolle bei der Abnahme eines Bauwerks, da sie direkt die Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer beeinflusst. Gemäß § 640 BGB ist ein Werk nur dann abnahmefähig, wenn es frei von wesentlichen Mängeln ist. Dies bedeutet, dass die Abnahme eines Bauwerks grundsätzlich die Bestätigung des Auftraggebers erfordert, dass das Werk den vertraglichen Vereinbarungen entspricht und keine wesentlichen Mängel aufweist.

Bedeutung der Mangelfreiheit für die Abnahme

  • Rechtliche Grundlage für die Abnahme: Die Mangelfreiheit ist eine grundlegende Voraussetzung für die Abnahme des Werks. Ein Bauwerk, das erhebliche Mängel aufweist, kann von dem Auftraggeber abgelehnt werden, bis diese Mängel behoben sind.
  • Beweislast und Gewährleistung: Vor der Abnahme liegt die Beweislast, dass das Werk mangelfrei ist, beim Auftragnehmer. Nach der Abnahme dreht sich die Beweislast um, und der Auftraggeber muss beweisen, dass Mängel vorliegen, falls er Gewährleistungsansprüche geltend machen möchte. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung des Werks bei der Abnahme.
  • Beginn der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche: Mit der Abnahme beginnt auch die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche. Diese Frist beträgt in der Regel zwei Jahre, kann jedoch unter bestimmten Umständen verlängert werden. Die Mangelfreiheit bei der Abnahme ist daher entscheidend für den Beginn dieser Frist.
  • Übergang der Gefahr: Mit der Abnahme geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der Verschlechterung des Werks vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber über. Ist das Werk bei der Abnahme mangelfrei, trägt der Auftraggeber fortan das Risiko für etwaige Schäden oder Verluste.

Praktische Aspekte

  • Dokumentation und Abnahmeprotokoll: Es ist üblich, dass bei der Abnahme ein detailliertes Protokoll angefertigt wird, in dem der Zustand des Bauwerks dokumentiert und etwaige Mängel aufgeführt werden. Dies dient als Beweismittel für den Zustand des Werks zum Zeitpunkt der Abnahme.
  • Nutzung von Sachverständigen: Oft werden unabhängige Sachverständige hinzugezogen, um die Mangelfreiheit eines Bauwerks bei der Abnahme zu bewerten und zu dokumentieren. Dies kann helfen, spätere Streitigkeiten über den Zustand des Werks zum Zeitpunkt der Abnahme zu vermeiden.

Zusammenfassend ist die Mangelfreiheit bei der Abnahme eines Bauwerks von entscheidender Bedeutung, da sie nicht nur die formale Abnahme ermöglicht, sondern auch wesentliche rechtliche Konsequenzen für beide Vertragsparteien nach sich zieht.

Wie wird entschieden, ob ein Mangel wesentlich oder unwesentlich ist?

Die Unterscheidung zwischen einem wesentlichen und einem unwesentlichen Mangel ist entscheidend für die Abnahme eines Bauwerks und die daraus resultierenden rechtlichen Folgen. Ein wesentlicher Mangel berechtigt den Auftraggeber, die Abnahme des Werks zu verweigern, bis der Mangel behoben ist. Die Kriterien, die bestimmen, ob ein Mangel als wesentlich oder unwesentlich gilt, sind im deutschen Recht nicht explizit definiert, ergeben sich jedoch aus der Rechtsprechung und der allgemeinen Vertragspraxis.

Kriterien zur Bestimmung der Wesentlichkeit eines Mangels

  • Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit: Ein Mangel gilt als wesentlich, wenn er die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks erheblich beeinträchtigt. Das bedeutet, dass der Mangel so gravierend ist, dass der Auftraggeber das Bauwerk nicht wie vorgesehen nutzen kann.
  • Verletzung vertraglicher Vereinbarungen: Wenn der Mangel dazu führt, dass das Bauwerk nicht den vertraglich festgelegten Spezifikationen oder Qualitätsstandards entspricht, wird dieser in der Regel als wesentlich angesehen. Dies bezieht sich auf die expliziten Vereinbarungen, die zwischen den Vertragsparteien getroffen wurden.
  • Sicherheitsrelevante Mängel: Mängel, die die Sicherheit des Bauwerks beeinträchtigen, gelten unabhängig von ihrer Größe oder den Kosten für die Behebung als wesentlich, da sie ein Risiko für die Nutzer darstellen.
  • Kosten und Aufwand der Mängelbeseitigung: Die Kosten und der Aufwand, die zur Behebung des Mangels erforderlich sind, können ebenfalls eine Rolle spielen. Wenn die Mängelbeseitigung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht oder einen erheblichen Eingriff in das Bauwerk erfordert, kann dies ein Indiz für die Wesentlichkeit des Mangels sein.

Praktische Anwendung

In der Praxis wird die Entscheidung, ob ein Mangel wesentlich oder unwesentlich ist, oft durch Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien oder durch die Einschaltung von Sachverständigen getroffen. Bei Unstimmigkeiten kann auch ein gerichtliches Verfahren notwendig werden, um zu klären, ob ein Mangel die Abnahme berechtigterweise verhindert.

Es ist wichtig, dass bei der Abnahme eines Bauwerks ein detailliertes Abnahmeprotokoll erstellt wird, in dem alle festgestellten Mängel aufgeführt und bewertet werden. Dieses Protokoll dient als Grundlage für die weitere Mängelbeseitigung und kann im Falle von Streitigkeiten als Beweismittel herangezogen werden.

Zusammenfassend ist die Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln von großer Bedeutung, da sie direkt beeinflusst, ob der Auftraggeber die Abnahme des Bauwerks verweigern kann und welche rechtlichen Schritte anschließend eingeleitet werden müssen.

Was sind die anerkannten Regeln der Technik im Bauwesen?

Die anerkannten Regeln der Technik im Bauwesen sind technische Standards und Normen, die den aktuellen Stand der Technik in der Baubranche widerspiegeln und bei der Planung, Ausführung und Bewertung von Bauwerken eingehalten werden müssen. Diese Regeln sind nicht gesetzlich festgeschrieben, sondern entwickeln sich aus der Praxis und werden durch die Fachwelt, insbesondere durch Ingenieure, Architekten und andere Fachleute, anerkannt.

Bedeutung und Anwendung

Die anerkannten Regeln der Technik sind maßgeblich für die Beurteilung der Qualität und Sicherheit von Bauwerken. Sie dienen als Maßstab dafür, ob ein Bauwerk fachgerecht errichtet wurde. Die Einhaltung dieser Regeln ist entscheidend, um die Sicherheit der Nutzer zu gewährleisten und Haftungsrisiken für die am Bau Beteiligten zu minimieren.

Quellen und Feststellung

Die anerkannten Regeln der Technik werden in verschiedenen Quellen dokumentiert, darunter:

  • DIN-Normen (Deutsches Institut für Normung): Diese technischen Regeln spiegeln den Konsens verschiedener Interessengruppen wider, einschließlich Industrie, Wissenschaft und Verbraucherschutz.
  • VDI-Richtlinien (Verein Deutscher Ingenieure): Sie geben Empfehlungen und Hinweise für technische Abläufe und sind in der Praxis weit verbreitet.
  • Technische Baubestimmungen: Sie umfassen technische Vorschriften und Anleitungen für die Bauausführung.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Im deutschen Recht ist die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen verankert. Beispielsweise fordert das Baurecht, dass Bauwerke so zu errichten sind, dass sie die anerkannten Regeln der Technik nicht verletzen. Dies ist unter anderem im Baugesetzbuch (BauGB) und in den Landesbauordnungen festgelegt.

Aktualität und Dynamik

Die anerkannten Regeln der Technik sind dynamisch und passen sich neuen technologischen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen an. Daher ist es wichtig, dass Fachleute im Bauwesen sich kontinuierlich weiterbilden und auf dem neuesten Stand der Technik bleiben.

Die Einhaltung dieser Regeln ist nicht nur eine rechtliche Anforderung, sondern auch ein Zeichen für Professionalität und Sorgfalt in der Baubranche. Sie trägt dazu bei, dass Bauwerke sicher, funktional und dauerhaft sind.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 631 Abs. 1 BGB: Regelt den Werkvertrag, wonach der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes und der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall bildet dieser Paragraph die Grundlage für den Anspruch des Klägers auf den Werklohn.
  • § 633 Abs. 2 S. 1 BGB: Bestimmt, dass das Werk die vereinbarte Beschaffenheit aufweisen muss und frei von Sachmängeln sein soll. Dieser Paragraph ist relevant, da die Mangelfreiheit des Reitplatzes eine zentrale Rolle in der Argumentation des Gerichts spielt.
  • § 640 Abs. 1 S. 2 BGB: Behandelt die Abnahmefähigkeit des Werkes trotz wesentlicher Mängel. Im Kontext des Urteils war die wesentliche Mangelhaftigkeit des Reitplatzes entscheidend für die Verweigerung der Abnahme durch die Beklagte.
  • § 641 Abs. 1 S. 1 BGB: Legt fest, dass die Vergütung bei Abnahme des Werkes fällig wird. Die fehlende Abnahme aufgrund der Mängel am Reitplatz macht diesen Paragraphen besonders relevant, da dadurch der Vergütungsanspruch des Klägers nicht fällig wurde.
  • § 543 ZPO: Regelt die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision. Im gegebenen Fall wurde die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und keine Abweichung von der Rechtsprechung des BGH vorlag.
  • § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO: Betrifft die Form der Urteilsbegründung und war maßgeblich für die Darstellung der Entscheidungsgründe durch das Gericht. Dieser Paragraph sichert die Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Entscheidung.


Das vorliegende Urteil

OLG Celle – Az.: 14 U 81/23 – Urteil vom 06.03.2024

In dem Rechtsstreit hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2024 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Mai 2023 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Hannover – 17 O 120/21 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (erste und zweite Instanz) hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.667,90 Euro festgesetzt.

Gründe:

(gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet (dazu 1). Die Anschlussberufung ist unbegründet (dazu 2).

1. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet.

Der Kläger hat derzeit keinen Anspruch auf Zahlung von Werklohn aus § 631 Abs. 1 BGB. Der Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht fällig. Das Werk wurde nicht durch die Beklagte abgenommen, es ist auch aufgrund wesentlicher Mängel nicht abnahmereif (dazu a) und die Abnahme ist auch nicht ausnahmsweise entbehrlich (dazu b).

Im Einzelnen:

a) Gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Das Werk des Klägers ist unstreitig nicht von der Beklagten – weder ausdrücklich noch konkludent – abgenommen worden.

Zwar kann grundsätzlich auch die bloße Abnahmereife zur Fälligkeit des Werklohnanspruches führen (vgl. dazu m.N. OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 17. Mai 2021 – 13 U 365/21). Eine solche Abnahmereife liegt indes aufgrund wesentlicher Mängel nicht vor.

Der insoweit beweisbelastete Kläger hat die Mangelfreiheit des von ihm errichteten Werkes nicht bewiesen. Ein Werk ist dann frei von Mängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat, § 633 Abs. 2 S. 1 BGB.

Vereinbart wurde zwischen den Parteien die Errichtung eines Reitplatzes. Dies ergibt sich – auch ohne die von der Beklagten beantragte Zeugenvernehmung – bereits aus der Auftragsbestätigung Anlage K 1, Rückseite S. 1. Dort steht unter Bauvorhaben:

Reitplatz

Ob – wie der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Februar 2024 behauptet – der Reitplatz aufgrund seiner Dimensionierung schon gar nicht für den Reitsport ausgelegt gewesen ist, und es lediglich darum ging, Kinder auf den Tieren unter Assistenz herum zu führen, ändert nichts daran, dass eine Auslegung der Auftragsbestätigung ergibt, dass ein funktionaler Reitplatz unter Verwendung von – insoweit ausdrücklich – Reitsand (vgl. Pos. 5) geschuldet gewesen ist und der Verwendungszweck auch das Reiten von Pferden bzw. Ponys auf diesem Platz gewesen ist.

Geschuldet ist daher die Errichtung eines Reitplatzes nach den anerkannten Regeln der Technik, die in Abwesenheit einer abweichenden Vereinbarung den Mindeststandard der vereinbarten Beschaffenheit darstellen (m.N. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020 Teil 5 Rn. 53). Der Unternehmer sichert üblicherweise stillschweigend bei Vertragsschluss einen Standard zu, der jedenfalls den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Die anerkannten Regeln der Technik zum Reitplatzbau sind vorliegend nicht eingehalten worden. Der Kläger hat weder geeigneten Sand für einen Reitplatz verwendet (dazu (1)) noch den eine Gefahrenquelle darstellenden Gullydeckel abgesenkt (dazu (2)). Diese Mängel sind auch nicht unwesentlich im Sinne des § 640 Abs. 1 S. 2 BGB, weshalb es derzeit dahinstehen kann, ob auch die Verwendung von Vlies und das fehlende Gefälle vom Gebäude einen Mangel darstellen (dazu (3)).

(1) Ausweislich der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen weist der verwendete Sand keine ausreichende Reitsand-Qualität auf. Die Anforderungen an die Trittfestigkeit und Trittsicherheit sind nicht erreicht (Sachverständigengutachten S. 13). Der Sachverständige orientiert sich dabei in nicht zu beanstandender Weise an den Empfehlungen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (im Folgenden FFL) für Planung, Bau und Instandhaltung von Reitplätzen. Hierbei handelt es sich um anerkannten Regeln der Technik. Anerkannte Regeln der Technik sind solche technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig anerkannt sind und feststehen (Wissenschaftskriterium), insbesondere in dem Kreis der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt sind (Praxiskriterium) und auf Grund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind, (Langzeitbewährung).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Sachverständige hat in seiner Anhörung dazu überzeugend ausgeführt, dass die FLL ein Gremium aus 12 Personen aus Wissenschaft, Labor, Praktikern und Sachverständigen, die Empfehlungen für den Reitplatzbau erarbeiten. Konkurrierende Regeln gebe es nicht.

Soweit das Landgericht meint, hinsichtlich der Beurteilung der Trittfestigkeit des Sandes eine überwiegende Sachkunde zu haben, ist eine solche Sachkunde für den Reitplatzbau – anders als möglicherweise für das Reiten von Pferden – in keiner Weise dargelegt oder ersichtlich. Will ein Richter – wie hier – von den Ergebnissen eines Sachverständigengutachtens abweichen, so muss er das begründen und die Begründung muss erkennen lassen, dass die abweichende Beurteilung nicht durch einen Mangel von Sachkunde beeinflusst ist (vgl. Musielak, ZPO, 20. Auflage 2023, § 402 Rn. 12). Dies hätte die Darlegung der Sachkunde für die Errichtung bzw. den Bau von Reitplätzen erfordert. Eine solche Sachkunde ist aber weder dargelegt noch ersichtlich.

Soweit der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Februar 2024 meint, dass der Sand für die beabsichtigte Nutzungsart – Reiten von Kindern auf den Tieren der Beklagten unter deren Assistenz – geeignet ist, verkennt er, dass ausweislich der Auftragsbestätigung ausdrücklich Reitsand für einen Reitplatz geschuldet gewesen ist, der verwendete Sand aber die Anforderungen an Reitsand ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen nicht erfüllt. Ob daneben ein bestimmter Reitsand geschuldet ist, kann hier dahinstehen.

(2) Daneben ist der Reitplatz aufgrund der unterlassenen Absenkung des Gullydeckels mangelhaft. Ausweislich der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen stellt die fehlende Absenkung eine Gefahr für Pferd und Reiter dar (S. 15 des Sachverständigengutachtens). Die Absenkung des Gullydeckels war auch geschuldet, obwohl weder die Leistungsbeschreibung im Angebot noch die Auftragsbestätigung die Absenkung vorsieht. Der Kläger schuldet einen Reitplatz als funktionales Werk. Der Unternehmer schuldet nicht nur die Umsetzung einer möglicherweise fehlerhaften Leistungsbeschreibung, sondern einen funktionalen Bauerfolg. Widersprechen die „geschriebenen“ Vertragsbestandteile den allgemeinen Regeln der Technik, so ist der Unternehmer dennoch verpflichtet, ein mangelfreies Werk zu erbringen (vgl. von Rintelen in Messerschmidt/Voit, 4. Auflage 2022, Kapitel H Rn. 3). Denn zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werkes, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich dabei nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (vgl. etwa OLG Braunschweig, Grund- und Teilurteil vom 08. Dezember 2016 – 8 U 111/15).

Geschuldet war hier die Errichtung eines Reitplatzes. Die Funktionalität eines Reitplatzes setzt die gefahrlose Nutzung desselben durch Pferd und Reiter voraus. Diese ist aufgrund der fehlenden Absenkung des Gullydeckels nicht gewährleistet. Dies gilt selbst dann, wenn lediglich – wie vom Kläger behauptet – ein Reitplatz für das assistierte Reiten von Kindern auf den Pferden der Beklagten geschuldet gewesen sein sollte.

(3) Die genannten Mängel sind auch nicht unwesentlich im Sinne des § 640 Abs. 1 S. 2 BGB. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob weitere Mängel aufgrund des fehlenden Gefälles und aufgrund der konkreten Verwendung von Vlies vorliegen.

Ein wesentlicher Mangel liegt in der Regel vor, wenn er nach Art, Umfang und/oder Auswirkung von solchem Gewicht ist, dass dem Besteller vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung die Übernahme des Bauwerkes nicht zugemutet werden kann. Unwesentlich ist demgegenüber ein Mangel oder eine fehlende Restleistung, wenn es dem Besteller zumutbar ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen, und das Interesse des Bestellers an einer Beseitigung verbliebener Mängel vor Abnahme im Einzelfall nicht schützenswert erscheint. Maßgebend für die Beurteilung sind hierbei Art und Umfang der noch ausstehenden Restleistungen und der vorhandenen Mängel sowie ihre konkreten Auswirkungen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien. Die Grenze der Wesentlichkeit wird deshalb regelmäßig bei Mängeln erreicht sein, die für den Besteller bzw. Nutzer Gefahren mit sich bringen, die der Gebrauchsfähigkeit des Werkes entgegenstehen (vgl. m.N. Messerschmidt in Messerschmidt/Voit, 4. Auflage 2022, § 640 Rn. 99).

Danach stellen die Verwendung ungeeigneten Sandes und die fehlende Absenkung des Gullydeckels schon deswegen wesentliche Mängel dar, da beide Mängel mit Gefahren für Pferd und Reiter einhergehen.

b) Die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung ist auch nicht aufgrund eines entstandenen Abrechnungsverhältnisses entbehrlich. Die Voraussetzungen eines Abrechnungsverhältnisses liegen nicht vor.

Ein Abrechnungsverhältnis setzt voraus, dass der Besteller nicht mehr Erfüllung des Vertrages, sondern nur noch Minderung des Werklohns erreichen will oder nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes verlangt (§ 281 Abs. 4 BGB) oder die Abnahme des Werkes oder weitere Arbeiten des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehnt oder die Erfüllung unmöglich geworden ist. All diese Voraussetzungen sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) Da der Werklohn des Klägers aufgrund nicht unwesentlicher Mängel noch nicht fällig ist und die Beklagte die Abnahme insoweit berechtigterweise verweigert hat, ist die Vergütungsklage des Klägers als derzeit unbegründet abzuweisen (vgl. m.N. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2023, § 641 Rn. 6).

2. Die Anschlussberufung des Klägers ist schon aus den genannten Gründen unbegründet. Der Kläger hat derzeit keinen Anspruch auf Vergütung, weder auf eine Vergütung in Höhe von 11.667,90 Euro noch in Höhe weiterer 2.000 Euro.

3. Soweit der Kläger in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Februar 2024 ausführt, ihm stünde ein Leistungsverweigerungsrecht im Rahmen der Nachbesserung zu, verkennt er bereits, dass sich der Vertrag mangels Abnahme noch im Erfüllungsstadium und nicht im Gewährleistungsstadium befindet und der Unternehmer, hier also der Kläger, in diesem Stadium vorleistungspflichtig ist. In diesem Zusammenhang sei unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 22. März 1984 – VII ZR 50/82) angemerkt, dass selbst in dem Fall, in dem der Besteller nach Abnahme des Werkes außerprozessual die Beseitigung eines Mangels verlangt und er sich dabei an deren Kosten (in Höhe von „Sowieso-Kosten“) beteiligen muss, der nachbesserungsbereite Unternehmer nach Treu und Glauben vorweg weder Zahlung noch Zusage eines Kostenzuschusses verlangen kann, sondern lediglich Sicherheitsleistung in angemessener Höhe.

II.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.

3. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 3 ZPO, 48 GKG.

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