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Bauvertrag – Erfolgshaftung Leistungsbeschreibung

OLG Karlsruhe – Az.: 8 U 51/15 – Urteil vom 27.03.2018

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.03.2015 – Az. 8 O 193/13 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen insoweit abgeändert, als die Beklagte zusätzlich verurteilt wird, bei dem Bauvorhaben „Neubau einer Nutzfahrzeugwaschhalle mit Nebengebäude und Außenanlagen“ (…., ….) Nachbesserungsleistungen zur Beseitigung nicht nur der im Tenor des Urteil des Landgerichts unter I. 1. bis 4. genannten Mängel sondern auch des folgenden Mangels durchzuführen: Im Hof sind in der nördlichen Ecke die Randsteine lose und von der Bodenplatte abgerissen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten wird als unzulässig verworfen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 19 % und die Beklagte 81 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung wegen der Geldforderungen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Forderung zur Mangelbeseitigung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 33.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Bauvertrag auf Beseitigung verschiedener Mängel in Anspruch.

Das Landgericht hat der Mangelbeseitigungsklage sowie der Klage auf Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in Bezug auf die Geltendmachung einzelner Mängel in der Hauptsache erledigt habe, zum Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der im ersten Rechtszug gestellten Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angegriffenen Urteils vom 18.03.2015 Bezug genommen.

II. Der Kläger ficht das erstinstanzliche Urteil mit seiner Berufung insoweit an, als die Klage auf Beseitigung des Mangels in Form loser und von der Bodenplatte abgerissener Randsteine in der nördlichen Ecke der Hoffläche abgewiesen wurde, und trägt zur Begründung hierfür im Wesentlichen vor:

Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, die Randsteine, welche die betonierte Hoffläche umrahmen, seien dem Vertrag nach nicht so herzustellen gewesen, dass sie einem Kontakt mit Schwerlastverkehr standhielten, und es deshalb ausreiche, dass sie ihre Funktion als Abgrenzung der betonierten Fläche vom angrenzenden Erdreich erfüllten. Tatsächlich gehe aus der in den Vertrag einbezogenen Leistungsbeschreibung eindeutig hervor, dass die Hoffläche der Nutzung von Schwerlastverkehr bis zu 60 Tonnen dienen sollte. Das bedeute, dass auch die Randsteine, selbst wenn sie außerhalb der für die Lastkraftwagen vorgesehenen Fahrstrecke lägen, schwerlastfähig hätten ausgeführt werden müssen. Die Argumentation des Landgerichts, eine solche Ausführung hätte schon wegen der erheblichen Kosten hierfür im Leistungsverzeichnis konkret vorgegeben werden müssen und wäre vom Kläger wegen der anzunehmenden Kostenerhöhung auch kaum gewünscht worden, verfange vor dem Hintergrund, dass die Beklagte dem Vertrag nach das Risiko von Kostenerhöhungen zu tragen gehabt habe (Abschnitt G.3. der Leistungsbeschreibung / Anlage K 3, dort Seite 9), nicht.

Ein Mangel liege aber auch schon allein darin, dass die Randsteine zum Teil von der betonierten Bodenplatte abgerissen seien. Dass Ursache hierfür eine unsachgemäße Benutzung sei, etwa das Anstoßen von Lastkraftwagen an die Randsteine mit einer Geschwindigkeit von mehr als 5 km/h, sei nicht bewiesen. Im Übrigen trage die Beklagte mangels Abnahme das Risiko von Beschädigungen durch Dritte.

Schließlich habe das Landgericht den Vortrag des Klägers, vor den Randsteinen hätten vereinbarungsgemäß Schlitzrinnen angebracht werden müssen, nicht (ausreichend) berücksichtigt. Dieser Vortrag sei nämlich auch unter dem Blickwinkel, dass das Anbringen von Schlitzrinnen geeignet gewesen wäre, von der im Hof befindlichen Betonbodenplatte ausgehende thermisch bedingte Krafteinwirkungen auf die Randsteine abzufangen, beachtlich.

Der Kläger beantragt: Die Beklagte wird abändernd verurteilt, bei dem Bauvorhaben „Neubau einer Nutzfahrzeugwaschhalle mit Nebengebäude und Außenanlagen“ (…, …) Nachbesserungsleistungen zur Beseitigung folgenden Mangels durchzuführen: Im Hof sind in der nördlichen Ecke die Randsteine lose und von der Bodenplatte abgerissen.

Die Beklagte beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Soweit vom Kläger mit der Berufung angegriffen, verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und führt ergänzend aus:

Die Frage, ob vor den die Hoffläche umgebenden Randsteinen Schlitzrinnen hätten angebracht werden müssen, sei nicht Gegenstand der Klage. Nach den Ausführungen des Sachverständigen K. hätte eine solche Maßnahme im Übrigen zur (weiteren) Destabilisierung der Randsteine geführt.

III. Mit der Anschlussberufung ficht die Beklagte das erstinstanzliche Urteil insoweit an, als sie zur Beseitigung des Mangels in Form von Korrosionsspuren an der südwestlichen Außenwand der Waschhalle verurteilt wurde. Hierfür trägt sie keine Begründung vor.

Ursprünglich hat die Beklagte das erstinstanzliche Urteil mit ihrer Anschlussberufung auch insoweit angefochten, als sie zur Beseitigung des Mangels in Form von Korrosion der Heizkörper an der Decke in der Waschhalle verurteilt wurde. Diesbezüglich haben die Parteien den Rechtsstreit in zweiter Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit dieser Maßgabe beantragt die Beklagte mit der Anschlussberufung:

Das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 18.03.2015, Az. 8 O 193/13 wird unter Ziffer 2 geändert und die Klage insoweit abgewiesen.

Der Kläger beantragt mit dieser Maßgabe:

Die Anschlussberufung vom 28.07.2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger rügt, die Anschlussberufung sei insoweit unzulässig, als sie bezogen auf den Mangel in Form von Korrosionsspuren an der südwestlichen Außenwand der Waschhalle nicht begründet worden sei.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.

Der Kläger hat Anspruch auf Beseitigung des Mangels in Form loser und von der Bodenplatte abgerissener Randsteine in der nördlichen Ecke der Hoffläche, und zwar entweder gemäß § 4 Nr. 7 S. 1 VOB/B (2006) oder gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B (2006).

I. Die Parteien haben ihrem Bauvertrag vom 09.03.2010 wirksam die VOB/B (2006) zugrunde gelegt. Dass die Geltung der VOB/B in der Fassung 2006 vereinbart wurde, folgt daraus, dass unter § 3 e des Vertrags die VOB/B „in der heute gültigen Fassung“ als Vertragsgrundlage aufgeführt ist (Anlage K 1). Da die VOB/B vom 31.07.2009 erst am 11.06.2010 in Kraft getreten ist, war die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 09.03.2010 gültige VOB/B-Fassung diejenige vom 04.09.2006, die am 01.11.2006 in Kraft getreten ist.

II. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger das Werk der Beklagten abgenommen hat, bedarf keiner Entscheidung, da der geltend gemachte Mangelbeseitigungsanspruch unabhängig hiervon besteht, und zwar – falls keine Abnahme stattgefunden hat – nach § 4 Nr. 7 S. 1 VOB/B, andernfalls nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B.

III. Dass die von der Beklagten zur Abgrenzung der betonierten Hoffläche vom daran anschließenden Erdreich angebrachten Randsteine – unstreitig – zum Teil lose und von der Bodenplatte abgerissen sind, stellt einen Mangel des Werks der Beklagten im Sinne von § 13 Nr. 1 VOB/B dar.

1. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit abweicht. Das werkvertragliche Verständnis der vereinbarten Beschaffenheit wird maßgeblich davon beeinflusst, welche Funktion das herzustellende Werk hat und welchen Zweck es erfüllen soll. Deshalb beschränkt sich die Herstellungspflicht des Auftragnehmers nicht auf die Einhaltung der vereinbarten Leistung oder Ausführungsart. Die Leistungsvereinbarung der Parteien wird überlagert von der Herstellungspflicht, die dahin geht, ein nach den Vertragsumständen zweckentsprechendes, funktionstaugliches Werk zu erbringen. Wenn eine Funktion nach dem Vertrag vorausgesetzt ist oder sogar vereinbart wird, dann muss der Auftragnehmer die Funktion herbeiführen. Das ist Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung und damit der geschuldete Erfolg (st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 30.06.2011 – VII ZR 109/10 –, juris Rn. 8). Welche Funktion des Werks die Parteien nach dem Vertrag vorausgesetzt oder vereinbart haben, muss durch Auslegung des Vertrags unter Berücksichtigung aller für den Vertrag maßgebenden Umstände ermittelt werden.

2. Danach ist das Werk der Beklagten betreffend die Ausführung der die betonierte Hoffläche umgebenden Randsteine mangelhaft, da es insoweit die geschuldete Funktionstauglichkeit nicht aufweist.

Dass die Parteien vereinbart haben, die herzustellende Außenanlage, welche die neu zu errichtende Nutzfahrzeugwaschhalle umgeben würde, sei für die Nutzung von Schwerlastverkehr bis zu 60 Tonnen vorgesehen, ergibt sich zweifelsfrei aus der in den Vertrag einbezogenen Leistungsbeschreibung des Klägers (Anlage K 3). Es heißt dort sowohl unter Abschnitt H Pos. 2.5 zur „Bodenplatte Waschhalle“, dass deren Oberfläche „geeignet für Schwerlastfahrzeuge SLW 60“ auszubilden sei, als auch unter Abschnitt H Pos. 6 zur „Außenanlage“, dass eine schwerlastfähige betonierte Bodenplatte im gesamten befestigten Hofbereich aufzubringen und hierbei von einer „Verkehrslast SLW 60“ auszugehen sei. Diese Funktionsvereinbarung bedeutet, dass die gesamte Hoffläche einschließlich ihrer Abgrenzungen zum anschließenden Erdreich so hergestellt werden musste, dass sie allen voraussehbaren im Zusammenhang mit dem Fahrbetrieb von bis zu 60 Tonnen schweren Lastkraftwagen bestehenden Belastungen standhalten werde. Umfasst werden hiervon auch solche Belastungen, die daraus resultieren, dass nicht alle Lastkraftwagenfahrer stets die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem Außengelände einhalten und/oder dass ein Lastkraftwagen gelegentlich gegen den äußeren Fahrbahnrand – und somit in Kontakt mit den angebrachten Randsteinen – gerät. Etwas anderes gilt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht deshalb, weil die Leistungsbeschreibung des Klägers zu dem Teilgewerk „Umrandung der betonierten Hoffläche“ keine Angaben enthält. Das Fehlen von derlei Angaben bedeutet keine (teilweise) Einschränkung der aufgezeigten Funktionsvereinbarung.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die auf den Lichtbildern Nrn. 44 bis 47 zu dem privat vom Kläger eingeholten „Beweissicherungsgutachten“ Weber vom 15.08.2012 (Anlage K 4) sowie auf dem Lichtbild Nr. 6 zum Hauptgutachten des gerichtlichen Sachverständigen K. vom 21.03.2014 (I 79 ff., 85) erkennbare Ablösung einzelner Randsteine von der Betonbodenplatte darauf zurückzuführen ist, dass Lastkraftwagen mit einer Geschwindigkeit von über 5 km/h auf die Randsteine aufgefahren sind – so die Vermutung des gerichtlichen Sachverständigen –, oder darauf, dass sich die Betonbodenplatte thermisch bedingt ausdehnt bzw. zusammenzieht und diese Bewegungen bei der Planung und Ausführung der Randsteine nicht berücksichtigt wurden, weshalb entsprechende Schutzvorkehrungen fehlen – so die Annahme des Klägers. Beide Belastungsfälle waren für die Beklagte vorhersehbar und hätten bei der Ausführung der Randsteine berücksichtigt werden müssen. Anders als der Sachverständige anscheinend meint, geht es dabei nicht darum, dass die Randsteine eine Leitplankenfunktion erfüllen, also das Ausbrechen von Fahrzeugen aus der Fahrbahn verhindern müssten (s. EGA 7 / I 193). Diese müssen aber dem (gelegentlichen) Auffahren bzw. Anfahren von 60 Tonnen schweren Lastkraftwagen, auch wenn dies mit einer Geschwindigkeit von über 5 km/h geschieht, standhalten. Um diese Funktion zu erfüllen, hätte die Befestigung der Randsteine nach dem insoweit ohne weiteres einleuchtenden Ergebnis des Sachverständigengutachtens anders als geschehen konstruiert werden müssen, etwa indem die Steine mit einer bewehrten Beton-Hinterfütterung versehen werden (EGA 7 / I 193 sowie S. 2 des Sitzungsprotokolls vom 04.02.2015 / I 219).

IV. Eine Enthaftung der Beklagten nach § 13 Nr. 3 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 3 VOB/B kommt nicht in Betracht.

Es fehlt hierfür bereits an bindenden Vorgaben des Klägers im Sinne von § 13 Nr. 3 VOB/B. Die eigenverantwortlich vom Kläger gefertigte Leistungsbeschreibung enthält zur Ausführung des Übergangs zwischen der im Hofbereich aufzubringenden Betonbodenplatte und dem hieran anschließenden Erdreich keinerlei Vorgaben. Es war deshalb allein Sache der Beklagten, im Rahmen der ihr übertragenen Werkplanung und Tragwerksplanung (s. Abschnitt H Pos. 1.1. und 1.3 der Leistungsbeschreibung) eine geeignete Ausführung dieses Teilgewerks zu erarbeiten.

V. Dass der Kläger sich im Rahmen der Abnahme, sollte eine solche zu bejahen sein, eine Nachbesserung wegen der mangelhaft ausgeführten Anbringung der Randsteine nicht vorbehalten hat (§ 12 Nr. 5 Abs. 3 VOB/B), ist mit Blick darauf, dass die Beklagte nicht etwa einwendet, der Kläger habe diesen Mangel zum Zeitpunkt der – etwa durchgeführten – Abnahme (spätestens am 30.11.2010) gekannt, unschädlich.

VI. Eine Pflicht des Klägers, zu dem voraussichtlichen Nachbesserungsaufwand der Beklagten einen Zuschuss zu leisten, besteht nicht.

1. Einen Zuschuss zu den Nachbesserungskosten kann der Auftragnehmer nur verlangen, wenn der Auftraggeber die Entstehung des Mangels mitverursacht hat oder ihn unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung, etwa wegen anfallender Sowiesokosten, eine Kostenbeteiligungspflicht trifft.

2. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Abgesehen davon, dass die Beklagte eine entsprechende Einrede nicht erhoben hat, lässt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht feststellen, dass im Rahmen der seitens der Beklagten geschuldeten Mangelbeseitigung Sowiesokosten anfallen werden.

a) Sowiesokosten sind solche Mehrkosten, um die das Werk bei ordnungsgemäßer Ausführung von vornherein teurer gewesen wäre. Anknüpfungspunkt ist dabei, dass der Auftragnehmer nicht mit den Kosten solcher Maßnahmen belastet werden darf, die er nach dem Vertrag gar nicht zu erbringen hatte (BGH, Urteile vom 22.03.1984 – VII ZR 50/82 –, juris Rn. 17, vom 17.05.1984 – VII ZR 169/82 –, juris Rn. 21 und vom 12.10.1989 – VII ZR 140/88 –, juris Rn. 18). Richtet sich die Kalkulation des Auftragnehmers nicht allein nach seinen eigenen Vorstellungen, sondern in erster Linie nach einem Leistungsverzeichnis des Auftraggebers, so umfasst der vereinbarte Preis die Werkleistung nur in der jeweils angegebenen Größe, Güte und Herstellungsart; notwendig werdende Zusatzarbeiten sind gesondert zu vergüten und stellen dann innerhalb der Mangelbeseitigung anrechnungsfähige Sowiesokosten dar (BGH, Urteil vom 17.05.1984, a.a.O.). Andererseits ist es dem Auftragnehmer nicht gestattet, sich durch Geltendmachung von Sowiesokosten der werkvertraglichen Erfolgshaftung zu entziehen. Es muss deshalb in jedem Einzelfall die geschuldete Leistung konkret ermittelt und aus dem Vertrag heraus festgelegt werden. Hat der Auftragnehmer einen bestimmten Erfolg zu einem bestimmten Preis versprochen, so bleibt er an seine Zusage selbst dann gebunden, wenn sich die beabsichtigte Ausführungsart nachträglich als unzureichend erweist und aufwändigere Maßnahmen erforderlich werden (Kniffka in Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 6. Teil Rn. 56). Dann können diese Mehrkosten auch im Rahmen der Nachbesserung nicht dem Auftraggeber unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung aufgebürdet werden (BGH, Urteile vom 17.05.1984, a.a.O., vom 12.10.1989, a.a.O. und vom 30.06.1994 – VII ZR 116/93 –, juris Rn. 31).

b) Nach diesem Maßstab stellen die Kosten für alle Maßnahmen, die notwendig sind, um eine den gegebenen Belastungen gewachsene Befestigung der Randsteine herzustellen, keine Sowiesokosten dar.

Das gilt schon deshalb, weil die Beklagte vereinbarungsgemäß das Risiko übernommen hat, Leistungen, die nicht ausdrücklich Gegenstand der Leistungsbeschreibung, zur Herstellung eines mangelfreien Werks aber notwendig sind, ohne zusätzliche Vergütung zu erbringen. Die in den Vertrag einbezogene Leistungsbeschreibung (Anlage K 3) enthält im Abschnitt „G. Besondere Vertragsbedingungen“ unter Nr. 3 hierzu nämlich folgende Bestimmung:

„Lieferungen und Leistungen, die in den beiliegenden Unterlagen nicht detailliert bezeichnet sind, jedoch zur vollständigen Herstellung der Leistungen im Sinne der Leistungsbeschreibung notwendig sind, sind in Güte, Art und Umfang entsprechend den übrigen Leistungen einzukalkulieren und ohne zusätzliche Vergütung auszuführen. (…) Grundsätzlich verstehen sich alle Leistungen in fix und fertiger Ausführung, auch wenn sie nicht detailliert aufgeführt sind, aber für die Funktion der Anlage erforderlich sind.“

Ob es sich dabei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und diese einer Wirksamkeitskontrolle standhalten würde, kann dahinstehen. Abgesehen davon, dass dieser Gesichtspunkt von der Beklagten nicht geltend gemacht wurde, ergibt sich auch ohne die Bestimmung aus den Vertragsumständen, dass die für die geschuldete Mangelbeseitigung anfallenden Mehrkosten mit der vereinbarten Vergütung abgegolten sind. Die Parteien haben gemäß § 4 des Bauvertrags einen Festpreis von 735.000,00 EUR netto für die Leistungen vereinbart, die in der in den Vertrag einbezogenen Aufgliederung (Anlage K 2) enthalten sind. Diese Aufgliederung umfasst alle Leistungen, die in der ebenfalls in den Vertrag einbezogenen Leistungsbeschreibung (Anlage K 3) aufgeführt sind, und damit auch die funktionsgerechte Herstellung der Außenanlage unter Einschluss der betonierten Hoffläche mitsamt ihrer Abgrenzung zu dem sich daran anschließenden Erdreich (Abschnitt H Pos. 6 der Leistungsbeschreibung). Da die Leistungsbeschreibung – wie erwähnt – keine Angaben dazu enthält, wie der Übergang zwischen der betonierten Hoffläche zu dem sich daran anschließenden Erdreich auszuführen ist, und es deshalb Sache der Beklagten im Rahmen der ihr übertragenen Werkplanung und Tragwerksplanung war, eine geeignete Ausführung zu entwerfen, bleibt für den Ansatz von Sowiesokosten kein Raum, wenn – wie hier – kostenaufwändigere Maßnahmen zur Herstellung einer funktionalen Umrandung der betonierten Hoffläche erforderlich sind als die Beklagte bei Abgabe ihres Preisangebots angenommen haben mag.

VII. Im Ergebnis hat der Kläger gegen die Beklagte deshalb einen uneingeschränkten Anspruch auf Beseitigung des Mangels in Form loser und von der Bodenplatte abgerissener Randsteine in der nördlichen Ecke der Hoffläche.

C.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist, soweit sie durch die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien nicht gegenstandslos geworden ist, unzulässig.

I. Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit betreffend die Beseitigung des Mangels in Form der Korrosion von Heizkörpern an der Decke in der Waschhalle übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist die Anschlussberufung, soweit sie sich gegen die diesbezügliche Verurteilung der Beklagten gerichtet hat, gegenstandslos geworden. Das Urteil des Landgerichts ist in diesem Umfang kraft Gesetzes wirkungslos geworden, ohne dass es eines entsprechenden Urteilsausspruchs bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 23.10.2003 – I ZB 45/02 –, juris 30).

II. Die Anschlussberufung im Übrigen, die sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der Korrosionsspuren an der südwestlichen Außenwand der Waschhalle richtet, ist gemäß § 524 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO unzulässig.

1. Zur Rechtfertigung der Berufungsanträge stehen dem Rechtsmittelkläger gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nrn. 2 bis 4 ZPO drei Varianten offen. Er kann sowohl die Rechtsanwendung durch das Erstgericht sowie dessen tatsächliche Feststellungen direkt angreifen als auch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ins Feld führen, um eine andere Entscheidung zu erreichen. Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (Rimmelspacher in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 520 Rn. 41 f.).

Bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sich die Berufungsbegründung in hinreichend bestimmter Weise auf alle Teile des Urteils erstrecken, deren Änderung begehrt wird. Verfolgt der Berufungskläger mit der Berufung also mehrere Ansprüche, die ihm im erstinstanzlichen Urteil aberkannt wurden, oder wendet er sich gegen mehrere der Gegenseite erstinstanzlich zuerkannten Ansprüche, ist eine Begründung hinsichtlich jedes einzelnen Anspruchs nötig. Das ist nur dann anders, wenn das erstinstanzliche Gericht hinsichtlich aller Ansprüche eine einzige rechtliche Erwägung als durchgreifend angesehen hat oder ein Anfechtungsgrund einheitlich alle Streitgegenstände betrifft. Insbesondere in den so genannten Punktesachen muss die Berufungsbegründung sich deshalb mit jedem einzelnen Punkt auseinandersetzen. Werden z.B. Ansprüche aus verschiedenen Mängeln geltend gemacht und will die beschwerte Partei sich in der Berufung gegen alle Mängel wehren, so muss sie sich mit jedem Mangel auseinandersetzen und begründen, warum das erstinstanzliche Urteil falsch sei (Sacher in Kniffka/Koeble, a.a.O., 17. Teil Rn. 33; Rimmelspacher, a.a.O., § 520 Rn. 45).

2. Die genannten Anforderungen erfüllt die Begründung der Anschlussberufung hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der Korrosionsspuren an der südwestlichen Außenwand in der Waschhalle nicht.

Diese Verurteilung betrifft einen separaten Streitgegenstand. Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem zu Grunde liegenden Anspruch – wie von den Parteien und vom Landgericht offenbar angenommen – um einen Mangelbeseitigungsanspruch im Sinne von § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 VOB/B oder richtigerweise um einen Schadensersatzanspruch, nämlich um den Anspruch auf Behebung eines entstandenen Mangelfolgeschadens (durch korrodierte Heizkörper verursachte Korrosionsspuren an der Wand), handelt. In beiden Fällen liegt ein von dem (mittlerweile durch Erfüllung erloschenen) Anspruch auf Beseitigung des Mangels in Form der Korrosion von Heizkörpern an der Decke der Waschhalle unabhängiger Anspruch vor.

Dieser vom Landgericht bejahte Anspruch des Klägers findet in der Begründung der Anschlussberufung der Beklagten keine Erwähnung.

D.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz beruht auf §§ 269 Abs. 3 S. 2, 91a Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Insoweit wurde die Kostenentscheidung des Landgerichts – ausgehend von dem vom Landgericht mit Beschluss vom 18.03.2015 festgesetzten Streitwert – dem Umstand angepasst, dass der Kläger mit seinem Antrag auf Beseitigung des Mangels in Form loser und von der Bodenplatte abgerissener Randsteine in der nördlichen Ecke der Hoffläche, dessen Streitwert das Landgericht mit 20.000,00 EUR bemessen hat, Erfolg hat. Soweit sich der Rechtsstreit mittlerweile hinsichtlich des Antrags der Klägerin auf Beseitigung des Mangels in Form der Korrosion von Heizkörpern an der Decke in der Waschhalle durch (weitere) entsprechende übereinstimmende Erklärungen der Parteien erledigt hat, führt dies im Ergebnis nicht zu einer zusätzlichen Abweichung von der Kostenentscheidung des Landgerichts. Denn die diesbezüglichen Kosten hat die Beklagte auch nach Maßgabe des § 91a Abs. 1 ZPO zu tragen, nachdem die Erledigung darauf beruht, dass die Beklagte den betreffenden Mangel (erst) im Laufe des Jahres 2017 – durch den Einbau von Aluminium-Heizkörpern – erfolgreich beseitigt hat, wie der Kläger im Termin vom 27.02.2018 unwidersprochen vorgetragen hat (II 107). Anders als das Landgericht hat der Senat die erstinstanzliche Kostenentscheidung nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung in Form einer Gesamtquote gefasst, bei deren Ermittlung freilich den Streitwertveränderungen während des erstinstanzlichen Verfahrens Rechnung getragen wurde.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 91a Abs. 1 ZPO, wobei für die auf § 91a Abs. 1 ZPO beruhende Kostenentscheidung die obigen Ausführungen entsprechend gelten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung der Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung wegen der titulierten Mangelbeseitigungsforderung wurde nach der Höhe der voraussichtlichen Kosten für die nach diesem Urteil geschuldete Mangelbeseitigung (29.750,00 EUR) zuzüglich eines Zuschlags von rund 10 % bemessen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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