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Konkludenter Verzicht auf eine förmliche Abnahme bei Bauvertrag

OLG München – Az.: 9 U 733/12 Bau – Urteil vom 23.10.2012

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.12.2011, Az. 5 O 24768/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.854,26 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Restwerklohn für Metallbau- und Schlosserarbeiten auf Grund des Bauwerkvertrages vom 20.08./07.09.2009 (Anlage K 1).

Nach § 3 Ziffer 1.20 des Vertrages war die VOB/B vorbehaltlich der Vereinbarung einzelner Bestimmungen nicht vereinbart. § 5 Ziffer 4 des Vertrages lautet:

„Die Übergabe der Gewerke an den Auftraggeber erfolgt im Rahmen förmlicher Endabnahme. Durch Ingebrauchnahme des Vertragsobjekts seitens des Auftraggebers wird die förmliche Endabnahme nicht ersetzt.

Die Endabnahme der Vertragsleistungen des Auftragnehmers erfolgt förmlich unter Aufnahme einer unterschriftlich anzuerkennenden Niederschrift für den Auftraggeber durch den das Baucontrolling durchführenden TÜV-Südbayern bzw. Herrn U., für den Auftragnehmer von einem hierzu speziell bevollmächtigten Vertreter. Den Zeitpunkt der Endabnahme bestimmt der Auftraggeber; die Endabnahme hat jedoch spätestens innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen, nachdem der Auftragnehmer die Endabnahme schriftlich beim Auftraggeber beantragt hat.“

Durch Grund- und Teilurteil vom 20.12.2011 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 194.639,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.09.2010 zu bezahlen.

Den zugesprochenen Hauptsachebetrag hat die Beklagte im Januar 2012 bezahlt. Sie wehrt sich mit der Berufung nur gegen die zugesprochenen Zinsen und beantragt insoweit,

Aufhebung des Urteils des Landgerichts und Klageabweisung sowie Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Die Klägerin tritt dem entgegen und beantragt, die Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte führt aus, die vertraglich vorgesehene förmliche Abnahme sei nicht erfolgt und der Werklohn nicht fällig geworden, wie vom Landgericht angenommen. Vielmehr habe sie die Abnahme erst in der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2011 erklärt.

Auf das angefochtene Urteil, die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, den Hinweis vom 25.05.2012 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2012 wird Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil ist unbegründet. Die zugesprochenen Zinsen stehen der Klägerin zu. Auf die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Ersturteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1.

Die Auffassung des Landgerichts, das Schreiben vom 13.08.2010 sei als Verlangen zur endgültigen (rechtsgeschäftlichen) Abnahme zu werten, ist zutreffend. Das Schreiben der Klagepartei vom 01.07.2010 enthielt bereits eine Aufforderung zur rechtsgeschäftlichen Abnahme. Am 07.07.2010 fand daraufhin zum Zwecke der Abnahme eine Begehung in Anwesenheit des für die Abnahme vertraglich vorgesehenen Baucontrollers U. statt. Aus Sicht der Klagepartei sollte an diesem Tag die rechtsgeschäftliche und nicht nur eine technische Abnahme erfolgen. Die Abnahme wurde aufgrund der vom Baucontroller U. aufgelisteten Mängel nicht erklärt. Im Schreiben vom 13.08.2010 führte die Klägerin dann aus, dass die aufgelisteten Mängel nunmehr beseitigt seien. Dieses Schreiben konnte von der Beklagten im Hinblick auf das Schreiben vom 01.07.2010 nur dahingehend verstanden werden, dass die Klägerin nunmehr – wiederholt – die rechtsgeschäftliche Abnahme verlangt. Eine andere Bedeutung konnte dieses Schreiben nicht haben. Wie vom Landgericht ausgeführt, liegt im Schweigen der Beklagten ein konkludenter Verzicht auf weitere Abnahmehandlungen und somit die konkludente Abnahme.

2.

Im Hinblick auf diese Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 13.08.2010 und des anschließenden Schweigens der Beklagten kann offen bleiben, ob die am 07.07.2010 aufgelisteten Mängel zwar zahlreich, aber insgesamt so geringfügig waren, dass sie einer Abnahme nicht entgegenstanden. Denn unstreitig waren alle Mängel am 13.08.2010 beseitigt. Danach haben keine weiteren Mangelbeseitigungsarbeiten stattgefunden.

3.

Das Schreiben vom 13.08.2010 setzte das bereits am 01.07.2010 vorgebrachte Abnahmeverlangen fort und es wäre nach § 5 Ziffer 4 des Vertrags Sache der Beklagten gewesen, einen Abnahmetermin innerhalb zwei Wochen nach dem Abnahmebegehren zu nennen. Einen solchen Termin hat die Beklagte nicht benannt. Nimmt man nicht – wie vorstehend ausgeführt – eine konkludente Abnahme an, wäre es jedenfalls treuwidrig, würde sich die Klägerin auf das Unterbleiben eines weiteren Ortstermins mit Abnahmeerklärung berufen.

Dies ist ihr nach § 242 BGB in Anbetracht der Geschehensabläufe verwehrt.

Insbesondere haben die wesentlichen Elemente der förmlichen Abnahme durch den Auftraggeber stattgefunden: Die Vereinbarung und Durchführung des Abnahmetermins am 07.07.2010, wenngleich dieser nicht mit einer ausdrücklichen Abnahmeerklärung, sondern mit einer Mängelauflistung endete. Auch das vereinbarte schriftliche Abnahmeverlangen der Klägerin wurde durch deren Schreiben vom 01.07.2010 und 13.08.2010 verwirklicht.

III.

Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung.

Streitwert: §§ 63 Abs. 2, 47, 48 GKG

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