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Sanierung eines bestehenden Baumangels – ungeeignete Maßnahmen durch Bauunternehmen

Das Landgericht Lübeck wies die Klage einer Baufirma gegen ein Fachunternehmen für Bauwerkstrockenlegung ab, da die Klägerin nicht den Beweis erbringen konnte, dass die Kosten für die erneute Sanierung des Kellers allein durch die mangelhafte Ausführung der Arbeiten durch die Beklagte entstanden sind. Die Beklagte hat durch ihre unsachgemäßen Arbeiten den Zustand verschlimmert, jedoch könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass eine Aufgrabung des Kellers dadurch unvermeidbar wurde.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 222/22

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klage wurde abgewiesen, da die von der beklagten Baufirma durchgeführten Sanierungsmaßnahmen zur Abdichtung der Kelleraußenwände ungeeignet waren.
  • Die ursprünglichen Baumängel bei der Errichtung des Kellers wurden von der klagenden Baufirma verursacht.
  • Die Beklagte informierte sich nicht ausreichend über die Ursachen der Durchfeuchtung und empfahl ungeeignete Abdichtungsmaßnahmen.
  • Die Arbeiten der Beklagten wie Gelinjektionen und Harzinjektionen verschlimmerten die Situation teilweise sogar.
  • Eine nachträgliche vollflächige Außenabdichtung wäre die geeignete Sanierungsmethode gewesen.
  • Der von der Beklagten angebotene Ansatz der gezielten Injektionen war nach den bereits erfolgten Maßnahmen nicht mehr erfolgversprechend.
  • Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen, da sie die Sanierungskosten zu Unrecht von der Beklagten forderte.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des Betrags.
  • Der Streitwert wurde auf 138.470 Euro festgesetzt.

Mangelhafte Sanierung: Bauunternehmen scheitert vor Gericht

Wenn Mängel am Bau auftreten, stellt die anschließende Sanierung für alle Beteiligten oft eine große Herausforderung dar. Nicht immer führen die vom Bauunternehmen ergriffenen Maßnahmen zu einer nachhaltigen Lösung des Problems. Gerade bei komplexen Konstruktionen wie wasserundurchlässigen Kellerwänden können unsachgemäße Sanierungsversuche die Situation sogar noch verschlimmern.

In solchen Fällen ist es wichtig, die Ursachen gründlich zu analysieren und eine geeignete Sanierungsstrategie zu entwickeln. Nur so lassen sich Bauschäden dauerhaft beheben und weitere Folgekosten vermeiden. Oft erfordert dies den Einsatz von Bausachverständigen, um die richtige Vorgehensweise zu bestimmen.

Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall beleuchtet, in dem ein Bauunternehmen mit der Sanierung eines Baumangels beauftragt war, die Ursachen jedoch nicht richtig erkannte und daher ungeeignete Maßnahmen ergriff. Das Urteil zeigt anschaulich, wie wichtig es ist, bei der Behebung von Bauschäden die fachliche Expertise hinzuzuziehen.

Der Fall vor dem Landgericht Lübeck im Detail

Mangelhafte Kellersanierung: Baufirma scheitert mit Klage gegen Spezialbetrieb

In diesem Fall stritten zwei Bauunternehmen vor Gericht um die Kostenübernahme für die Sanierung eines undichten Kellers. Die Klägerin hatte 2005 ein Einfamilienhaus mit Keller errichtet und dabei Fehler bei der Abdichtung begangen. Infolge dieser Baumängel drang Feuchtigkeit in den Keller ein. Die Klägerin beauftragte die Beklagte, ein Fachunternehmen für Bauwerkstrockenlegung, mit der Sanierung des Kellers. Die Beklagte empfahl eine Abdichtung mit einem Injektionsgel, was sich jedoch als ungeeignete Methode herausstellte. Die Feuchtigkeitsprobleme blieben bestehen und verschlimmerten sich sogar.

Die Klägerin forderte daraufhin von der Beklagten Schadensersatz und die Übernahme der Kosten für eine erneute Sanierung des Kellers. Die Beklagte verweigerte die Zahlung mit dem Argument, dass die Klägerin durch ihre ursprünglichen Baumängel die Ursache für die Feuchtigkeitsschäden gesetzt habe.

Ungeeignete Sanierungsmaßnahmen: Gutachten belegen Fehler des Fachunternehmens

Das Landgericht Lübeck wies die Klage der Baufirma ab. Zur Urteilsfindung zog das Gericht die Gutachten zweier Sachverständiger heran. Diese stellten fest, dass die von der Beklagten durchgeführten Gelinjektionen ungeeignet waren, um die vorhandenen Baumängel zu beheben. Die Sachverständigen empfahlen stattdessen eine Sanierung des Kellers von außen durch Freilegen der Kellerwände und anschließende Abdichtung.

Ursächliche Baumängel: Beweislast liegt bei der Klägerin

Das Gericht argumentierte, dass die Klägerin nicht den Beweis erbringen konnte, dass die Kosten für die erneute Sanierung allein durch die mangelhafte Ausführung der Arbeiten durch die Beklagte entstanden seien. Es sei nicht auszuschließen, dass eine Sanierung von außen auch dann erforderlich geworden wäre, wenn die Beklagte von Anfang an eine fachgerechte Methode angewendet hätte. Zwar habe die Beklagte durch ihre unsachgemäßen Arbeiten den Zustand verschlimmert, jedoch könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass eine Aufgrabung des Kellers dadurch unvermeidbar wurde.

Haftung für Mangelfolgeschaden: Keine Kausalität zwischen Fehler und Schaden

Die Klägerin konnte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz für die Kosten der zwischenzeitlich durchgeführten Malerarbeiten geltend machen. Da zu keinem Zeitpunkt sicher war, ob eine Sanierung von außen vermeidbar ist, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte durch ihre Fehler die Kosten für die Malerarbeiten verursacht habe.

✔ FAQ zum Thema: Mangelhafte Kellersanierung


Wie erkennt man, dass eine Sanierungsmaßnahme durch ein Bauunternehmen ungeeignet ist?

Ein Anzeichen für eine ungeeignete Sanierungsmaßnahme ist, wenn die gewählten Methoden gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn falsche Materialien verwendet, Abdichtungen unsachgemäß ausgeführt oder Dämmungen nicht fachgerecht eingebaut werden.

Ein weiteres Indiz ist, wenn die Sanierung den Baumangel nicht tatsächlich behebt oder nur oberflächlich behandelt. Wenn nach der Sanierung die gleichen Probleme wie Feuchteschäden, Risse oder Schimmelbildung weiterhin auftreten, deutet dies auf eine unzureichende Maßnahme hin.

Darüber hinaus können Verstöße gegen Baunormen, Sicherheitsstandards oder Brandschutzvorschriften ein Hinweis auf eine mangelhafte Sanierung sein. Ebenso, wenn die Arbeiten nicht fachgerecht dokumentiert und abgenommen werden.

Generell sollten Bauherren bei Sanierungen auf eine sorgfältige Planung, Ausführung durch qualifizierte Fachkräfte und die Verwendung geeigneter Materialien achten. Regelmäßige Kontrollen während der Arbeiten können ebenfalls helfen, Mängel frühzeitig zu erkennen. Bei Zweifeln empfiehlt es sich, einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen.


Welche Rechte haben Auftraggeber bei fehlerhafter Ausführung von Sanierungsarbeiten?

Bei fehlerhafter Ausführung von Sanierungsarbeiten haben Auftraggeber verschiedene Rechte, um Nachbesserung oder Schadensersatz zu verlangen.

Zunächst muss der Auftraggeber den Mangel innerhalb der Gewährleistungsfrist schriftlich gegenüber dem Auftragnehmer rügen (Mängelanzeige). Die Mängelrüge sollte detailliert und nachvollziehbar sein, z.B. mit Fotos und Beschreibungen der fehlerhaften Arbeiten.

Nach der Mängelanzeige hat der Auftragnehmer Anspruch auf Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers selbst beseitigen lassen (Selbstvornahme) oder Minderung der Vergütung verlangen.

Werden die Mängel trotz Nachbesserung nicht behoben, hat der Auftraggeber Anspruch auf Schadensersatz. Dieser kann Kosten für Ersatzwohnungen, Lagerung von Einrichtungsgegenständen oder entgangene Nutzungen umfassen.

Wichtig ist, dass der Auftraggeber die Mängelanzeige fristgerecht erhebt und dem Auftragnehmer eine angemessene Nachbesserungsfrist einräumt. Bei groben Pflichtverletzungen kann der Auftraggeber auch die Kündigung des Vertrags in Betracht ziehen.

Generell sollten Auftraggeber bei Sanierungen auf eine sorgfältige Planung, Ausführung durch qualifizierte Fachkräfte und die Verwendung geeigneter Materialien achten. Regelmäßige Kontrollen während der Arbeiten helfen, Mängel frühzeitig zu erkennen.


Wie wird die Beweislast im Streitfall um Baumängel und Sanierungsfehler gehandhabt?

Vor der Abnahme trägt der Auftragnehmer (Bauunternehmen) die Beweislast dafür, dass seine Leistung mangelfrei und vertragsgemäß ist. Nach der Abnahme geht die Beweislast auf den Auftraggeber (Bauherrn) über – er muss beweisen, dass Mängel bereits vor der Abnahme vorhanden waren.

Wenn der Auftraggeber bei der Abnahme Mängel ausdrücklich gerügt und sich vorbehalten hat, verbleibt die Beweislast für diese Mängel zunächst beim Auftragnehmer. Erst nach einer möglichen Nachabnahme geht sie auf den Auftraggeber über.

Bei einer Beweislastumkehr muss der Auftraggeber stattdessen beweisen, dass die Mängel nicht auf seine Vorgaben oder gelieferten Materialien zurückzuführen sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Auftragnehmer Bedenken gegen die Vorgaben angemeldet hat.

Kommt es zu einem gerichtlichen Beweisverfahren, ist oft ein Sachverständigengutachten entscheidend. Wer die Kosten dafür zunächst tragen muss, hängt von der Beweislastverteilung ab. Bei unklaren Ergebnissen unterliegt die Partei, die die Beweislast trägt.

Generell sollten Auftraggeber und Auftragnehmer Mängel detailliert dokumentieren und Vorgänge schriftlich festhalten, um ihre Beweislage zu stärken.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 633 ff. – Mängelgewährleistung beim Werkvertrag: Diese Paragraphen regeln die Rechte des Bestellers bei Mängeln nach der Abnahme eines Werks. Im vorliegenden Fall ist relevant, dass die Klägerin auf Grundlage dieser Regelungen Nachbesserung und eventuell Schadensersatz wegen mangelhafter Abdichtungsarbeiten durch das beauftragte Unternehmen fordern kann.
  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG), insbesondere § 62 – Anforderungen an Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen: Dieses Gesetz könnte relevant sein, wenn die verwendeten Materialien bei der Sanierung potenziell wassergefährdende Stoffe beinhalten. Es stellt sicher, dass alle Maßnahmen zum Schutz der Gewässer getroffen werden.
  • DIN-Normen und technische Richtlinien für Abdichtungen, insbesondere DIN 18533 und die WU-Richtlinie: Diese technischen Vorgaben sind entscheidend für die Planung und Ausführung wasserdichter Baukonstruktionen, wie der „weißen Wanne“. Fehlende oder falsche Anwendung dieser Normen, wie im Fall beschrieben, kann zur Haftung führen.
  • Selbständiges Beweisverfahren gemäß § 485 ff. Zivilprozessordnung (ZPO): Erlaubt einem Beteiligten, Beweise zu sichern, auch wenn noch kein Hauptverfahren anhängig ist. Im Kontext dieses Falles war dies wichtig, um die Mängel und deren Ursachen festzustellen, bevor der eigentliche Rechtsstreit begann.
  • Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG), insbesondere im Kontext von Bauverträgen: Während AGB-Recht im Fall nicht direkt zitiert wird, ist es häufig relevant, um zu prüfen, ob bestimmte, im Vertrag festgehaltene Bedingungen, wie Gewährleistungsklauseln oder Haftungsbeschränkungen, wirksam sind.
  • Schadensersatzrecht, §§ 280 ff. BGB: Diese Paragraphen sind maßgeblich, wenn es um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund von Pflichtverletzungen geht. Im vorliegenden Fall könnte die Klägerin Schadensersatz für die durch die unsachgemäße Sanierung verursachten weiteren Schäden fordern.


➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Lübeck

LG Lübeck – Az.: 10 O 222/22 – Urteil vom 18.04.2024

Orientierungssatz

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 138.470 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Bauunternehmen, begehrt von der Beklagten, einem Fachbetrieb für Bauwerkstrockenlegung, Vorschuss auf die Mangelbeseitigungskosten und Schadensersatz, weil die Beklagte die Kelleraußenwände eines von der Klägerin errichteten Wohnhauses in Sch. bei einer Sanierungsmaßnahme nur mangelhaft abgedichtet und dadurch weitere kostspielige Maßnahmen erforderlich gemacht habe.

Die Klägerin errichtete 2005 für den Bauherrn S ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus mit Keller unter der eingangs genannten Anschrift. Der Keller wurde als „weiße Wanne“ / WU-Konstruktion, bestehend aus Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton (auch sog. „Dreifachwand“ oder in „Sandwich-Bauweise“ hergestellte Wand) auf einer Betonsohle errichtet. Bei dieser Wandkonstruktion wird zwischen den fertig gelieferten Doppelwänden vor Ort Kernbeton eingebracht. Diese Technik ist schadensanfällig: Sollte der Kernbeton nicht ordnungsgemäß lagenweise eingebracht und mit einem Innenrüttler verdichtet werden, können im Beton Luftblasen oder Kiesnester entstehen, die ebenso wie etwaige Schwundrisse später nicht einsehbar sind. Planwidrig in die Kernbetonschicht eindringendes Wasser kann sich über diese Undichtigkeiten über schwer nachvollziehbare Wege bis zu fern gelegenen potenziellen Austrittsstellen ausbreiten.

Unstreitig beging die Klägerin in der Planung und Ausführung der Kellerabdichtung Fehler, die der in einem vor dem Landgericht Lübeck geführten selbständigen Beweisverfahren (Az. 17 OH 9/16) bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. H in seinem Gutachten vom 1. November 2017, welches die Klägerin selbst in den Rechtsstreit eingeführt hat (Anlage K 5), dargelegt hat:

Der Sachverständige konnte keine Unterlagen zu einer gesonderten statischen Berechnung ausfindig machen, die aufgrund der Verwendung von Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton bei den Kelleraußenwänden erforderlich gewesen wäre. Stattdessen sei die Statik für monolithische Wände aus WU-Beton berechnet worden (Gutachten Seite 50 f.). Für den wasserschlüssigen Sohlen-Wandanschluss hätte dem Sachverständigen zufolge unter anderem eine Fugenabdichtung durch Einbringung eines unbeschichteten Stahlblechs mit bestimmten Dimensionen erfolgen müssen. Die nach der WU-Richtlinie erforderliche Mindestbreite des Stahlblechs sei nicht eingehalten worden. Zudem reiche die Anschlussbewehrung zu dicht an das Fugenblech heran. Damit bestehe die Gefahr, dass Zwickel zwischen Blech und Bewehrungsstäben verbleiben, die nicht vollständig ausbetoniert werden und damit eine Wasserläufigkeit ermöglichen. Die Anschlussfuge sei generell kritisch und führe am häufigsten zu undichten Stellen in WU-Kellern (Gutachten Seite 51 ff.). Darüber hinaus habe die Klägerin keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um eine Rissbildung an den Elementfugen zu verhindern (Gutachten Seite 53 f.). Eine von der Klägerin zusätzlich aufgebrachte Außenabdichtung mit Bitumenbahnen, die jedenfalls im Bereich der Elementfugen wegen der zuvor beschriebenen Mängel als sinnvoll angesehen werden könne, entspreche ebenfalls nicht den Anforderungen (Gutachten Seite 55 ff.).

Schließlich habe die Klägerin Fehler bei der Abdichtung des Wandkopfes im Übergang der Kelleraußenwände zum Sockelplateau des Erdgeschosses begangen, die zu einem Wassereintritt in den Keller „von oben“, also von der Kellerdecke, führen konnten. Eine fachgerechte Planung der Abdichtung dieses Bereichs sei nicht dokumentiert. Die Klägerin habe lediglich schwarze Sperrfolie lose verlegt, verkantet und auf der Außenseite der Kellerwand verklebt. Unterhalb der Terrassenfenstertür sei nicht einmal eine solche, schon für sich unzureichende Abdeckung erkennbar. Am Wandkopf eindringendes Wasser könne sich innerhalb der Dreifachwände über Kapillargänge so ausbreiten, dass es auch unten an der Kellerraumseite austrete (Gutachten Seite 59 ff.).

Nach der Errichtung des Gebäudes trat im Keller des Hauses Feuchtigkeit auf. Die Klägerin beauftragte die Baubüro G GmbH damit, die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen zu ermitteln. In seinem Untersuchungsbericht vom 8. Juni 2009 (Anlage K 2) kam diese zu dem Ergebnis, dass im gesamten Untergeschoss bis zur Höhe der ersten Sperrschicht und im Fußboden Feuchtigkeit gemessen werden konnte. Die Ursache liege im vorderen Gebäudeteil. Dies führte der Privatsachverständige auf Setzungen der Wände zurück. Er empfahl als Mängelbeseitigungsmaßnahme die Verpressung der in diesem Gebäudeteil befindlichen Bodenfuge mit Quellharz und sodann eine Prüfung, ob diese Maßnahme erfolgreich sei. Diese Arbeiten stellten die gegenüber einer Außenabdichtung kostengünstigere Variante dar. Bei dem empfohlenen Verfahren werden Bohrungen in die Wand gesetzt, die Wand aber nicht durchbohrt. Das in diese Bohrungen injizierte Harz dehnt sich in mögliche Hohlräume aus und führt an diesen Stellen zu einer Abdichtung.

Die Klägerin wandte sich daraufhin an die Beklagte. Den Untersuchungsbericht der Baubüro G GmbH vom 8. Juni 2009 legte die Klägerin der Beklagten nicht vor und sie teilte ihr auch nicht die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens mit. Die Beklagte empfahl selbst eine Abdichtung mit einem Injektionsgel. Bei dieser Methode wird die Wand an vielen Stellen komplett durchbohrt und ein Injektionsgel durch die Bohrungen hindurch gespritzt. Der Gelschleier verbreitet sich zwischen Außenwand und Erdreich, erhärtet dort und bildet eine durchgehende Abdichtung. Die Klägerin beauftragte die Beklagte damit, die Arbeiten, wie von dieser vorgeschlagen, durchzuführen. Für die Arbeiten, die in der Rechnung vom 2. November 2009 (Anlage K 3) genannt sind, zahlte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 11.783,64 Euro.

Nach diesen Maßnahmen wurden die Feuchtigkeitserscheinungen nicht geringer, sondern es kam zu deutlich stärkeren und umfangreichen Feuchtigkeitseintritten im gesamten Keller des Gebäudes. Die Klägerin forderte die Beklagte im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 mehrmals zu einer Mangelbeseitigung auf. Die Beklagte nahm auch mehrfach Nacharbeiten, darunter Injektionen mit Polyurethanharz in Risse und Fugen der Wände, vor, die jedoch nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung führten.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. H stellte in seinem im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Lübeck (Az. 17 OH 9/16) erstellten Gutachten zunächst die oben beschriebenen Primärursachen für einen Wassereintritt in den Keller fest. Er konstatierte darüber hinaus, dass die Maßnahmen der Beklagten für eine nachträgliche Abdichtung der Kelleraußenwände nach Art und Umfang nicht ausreichend seien, um Wassereintritt hinreichend zu verhindern. Die nahezu umlaufende Durchbohrung der Kellerwände im unteren Bereich und die Verpressung eines Gels an der äußeren Kelleraußenwand sei bei der vorhandenen Konstruktion eher ungeeignet. Injektionen von Polyurethanharz in vermeintliche Risse und Fugen der Wände seien grundsätzlich geeignet, aber bisher nach Umfang und Art nicht ausreichend, um alle Wegsamkeiten in der mehrschichtigen Kelleraußenwand vollständig und dauerhaft abzudichten (Gutachten Seite 80). Zur Abdichtung empfahl der Sachverständige Injektionen in die Dreifachwand. Die Kosten der Maßnahme einschließlich der Beseitigung der durch Feuchtigkeit entstandenen Schäden schätzte er auf insgesamt 67.000 Euro netto. Kosten für mögliche Ersatzmaßnahmen wie z. B. eine Dränung im oberen Bereich und / oder die vollflächige Abdichtung der Kellerwände von außen wolle der Sachverständige einstweilen nicht kalkulieren.

In einem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 (Anlage K 6) führte der Sachverständige unter anderem weiter aus, dass eine Abdichtung über Schleiervergelung im Zusammenhang mit Elementwänden als kritisch zu betrachten sei und im Regelfall keine geeignete Instandsetzungsmethode darstelle. Eine Gelverschleierung sei bei Elementwänden zu risikobehaftet und könne unter Umständen zu einer Verschlimmerung des Schadens führen. Die Frage, ob sich das Schadensbild durch die Injektionen der Beklagten konkret verschlimmert habe, könne nicht beantwortet werden. Stellen, die die Beklagte Maßnahmen unterzogen habe, seien nicht stärker durchfeuchtet als andere Stellen. Selbst wenn dies so wäre, sei dadurch nicht bewiesen, dass die Durchfeuchtungen aufgrund bzw. nach den Arbeiten der Beklagten stärker geworden seien. Es liege ja nahe, dass die Beklagte gerade im Bereich der (stärkeren) Durchfeuchtungen Maßnahmen ergriffen habe. Denkbar sei zudem, dass die Schleiervergelung aufgrund der Perforation der Betonwände und Beschädigung der zusätzlichen Abdichtungsschicht außen eine Zunahme der Wassereintritte bewirkt habe, die von der Beklagten im Rahmen der Nacherfüllung vorgenommene Verpressung von PUR-Harz in die Wände solche Schäden aber kompensiert habe.

In einer mündlichen Befragung am 9. November 2018 bezeichnete der Sachverständige die Wandaufstandsfuge, also den Bereich, in dem die Wand auf der Betonsohle aufsteht, als die potenzielle Haupteintrittsstelle für Wasser. Ob sich das Gel dorthin verteilt habe, könne er nicht sagen. Es wäre erforderlich gewesen, im Bereich der Aufstandsfuge Kunstharz in die Wand zu verpressen. Zudem erläuterte der Sachverständige, dass die mögliche Undichtigkeit am Wandkopf bislang keiner Maßnahme unterzogen worden sei. Wie bereits im schriftlichen Gutachten beschrieben, könne von dort Wasser in Risse einziehen und sich ausbreiten. Als Gegenmaßnahme könne über die gesamte Wand hinweg Harz in die Wände injiziert werden. Für das Verpressen habe der Sachverständige Kosten in Höhe von etwa netto 52.000 Euro kalkuliert. Bevor sämtliche Kellerwände vollflächig in einem geringen Rasterabstand injiziert würden, könne es ausreichen, Injektionen im Bereich der Stoßfuge zwischen Wand und Sockel sowie der Stoßfugen zwischen den einzelnen Betonelementen vorzunehmen und die Sockelabdichtung im Bereich der Terrasse zu sanieren, von wo aus nahezu sicher Stauwasser eintrete. Seien diese Maßnahmen durchgeführt, könne beobachtet werden, ob sie ausreichten.

Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 9. November 2018 (Anlage K 7) verpflichtete sich die Beklagte, nach dem Vorschlag des Sachverständigen eine umseitig verlaufende Harzinjektion an der Aufstandsfuge vorzunehmen. Hierfür werde sie entsprechend der zeichnerischen Darstellung in Anlage 29 des Ergänzungsgutachtens vom 4. Juni 2018 von der Kellerwandinnenseite aus Bohrungen in einem Lochabstand von ca. 12 bis 15 cm vornehmen, die durch das am Sockel eingebrachte Stahlblech hindurchreichen und dort Polyurethan verpressen. Ebenso werde sie Injektionen mit Harz im Bereich der Betonelementfugen vornehmen. Die Klägerin versprach, die erforderlichen Sanierungsarbeiten im Bereich der Terrasse vorzunehmen. Der Erfolg der Maßnahmen solle nach Ablauf eines halben Jahres bei einem Ortstermin überprüft werden.

Die Klägerin rügte die von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten mit anwaltlichem Schreiben vom 18. März 2019 (Anlage K 9) als mangelhaft und forderte diese bis zum 22. März 2019 zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten entsprechend dem Vergleich auf. Die Beklagte nahm daraufhin noch einige Arbeiten vor.

Im April 2020 ließ die Klägerin den Keller des Hauses in der Annahme, die Beklagte habe durch ihre Arbeiten die Undichtigkeit dauerhaft beseitigt, für 1.520 Euro von einem Malerbetrieb streichen.

Ab Mitte Juni 2020 trat erneut erhebliche Feuchtigkeit im Keller des Objektes auf.

In einer E-Mail vom 28. Juli 2020 (Anlage K 11) teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten das Schadensbild mit und setzten ihr eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 7. August 2020. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Am 26. August 2020 (Anlage K 12) legte die Klägerin der Beklagten in einem Schreiben dar, dass sich Feuchtigkeit im gesamten unteren Bereich der Kellerwände gezeigt habe. Sie setzte der Beklagten nochmals eine Frist zur Mangelbeseitigung und drohte ihr die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich an.

Bei einem gemeinsamen Ortstermin im Oktober 2020 stellten die Parteien fest, dass Wasser durch die von der Beklagten bei der Gelschleierinjektion gebohrten Löcher eindrang. Die Beklagte entfaltete keine weitere Tätigkeit.

Im April 2021 initiierte der Bauherr S gegen die hiesige Klägerin, die der hiesigen Beklagten den Streit verkündete, ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Lübeck (Az. 6 OH 15/21). Der im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. F kam in seinem Gutachten vom 29. Januar 2021 (Anlage K 14) zu dem Ergebnis, dass von außen Wasser in den Keller eindringe. Primäre Ursache sei, wie schon der Sachverständige H festgestellt habe, die ursprünglich nicht ausreichend dichte Herstellung der WU-Beton-Konstruktion durch die Klägerin. Die durch die Beklagte durchgeführte erste Sanierungsmaßnahme (Vergelung der Aufstandsfuge) habe zu einer weiteren Verschlechterung der Abdichtungssituation geführt (Gutachten Seite 22). Alle anschließenden Sanierungsversuche der Beklagten seien gescheitert und die Empfehlungen des Sachverständigen Hauch nicht als zielführend zu beurteilen (Gutachten Seite 23 ff.).

Eine nachträgliche Abdichtung einer bereits durchgeführten partiellen Schleier- bzw. Gelinjektion durch eine zusätzliche Verpressung mit einem Zweikomponenten-PUR im Bereich der Wandaufstandsfuge könne ebenso wenig zum Erfolg führen wie eine vollflächige Rasterinjektion, da ein Wassereintritt mit den nachträglichen Bohrpackern kaum oder gar nicht mehr erreicht werden könne. Sachgerecht wäre es allenfalls gewesen, bei der Sanierung von Anfang an so vorzugehen, wie der Sachverständige H dies in seinem Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 in der als Anlage 29 beigefügten Skizze beschrieben habe, nämlich mit zwei Reihen von Injektionen von Harz in die Wände im Bereich der Aufstandsfuge. Nach den Maßnahmen, die die Beklagte stattdessen ergriffen habe, sei die von dem Sachverständigen H vorgeschlagene Abhilfe durch Injizierungen von Harz nicht mehr als geeignet anzusehen. Geeigneter und erfolgversprechender wäre stattdessen eine Abdichtung von außen (also mit einer „schwarzen“ Abdichtung) gewesen (Gutachten Seite 25). Die Höhe der Sanierungskosten schätze er auf 136.950 Euro netto.

Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Kelleraußenwände des Hauses in Sch. abschnittsweise freigegraben und dort nachträglich eine Außenabdichtung aufgebracht. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung waren diese Arbeiten weit fortgeschritten, aber noch nicht beendet.

Die Klägerin trägt vor, dass die ursprüngliche Undichtigkeit des Kellers vollständig beseitigt worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäße Maßnahmen zur Sanierung ergriffen hätte. Die vom Sachverständigen F genannten Sanierungsmaßnahmen seien nur erforderlich geworden, weil die Beklagte die bis dahin unbeschädigten Außenwände des Kellers und die dahinter liegende Außenabdichtung durchbohrt habe.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die vom Sachverständigen für eine Sanierung geschätzten Nettokosten sowie die Kosten für die im April 2020 veranlassten aber nutzlosen Malerarbeiten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 138.470 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. April 2022 zu zahlen und sie von sämtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zwischen ihr und Herrn S zum Az. 6 OH 15/21 des Landgerichts Lübeck freizuhalten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin lasse außer Acht, dass sie die primäre Verantwortung für das Schadensbild habe. Die Klägerin habe ihr, der Beklagten, keine Informationen zur Boden- und Grundwasserbeschaffenheit gegeben. Ohne Vorlage von Planungsunterlagen für den Kellerbereich habe die Beklagte nicht annehmen müssen, dass eine Dichtigkeit wie bei einer weißen Wanne notwendig gewesen sei. Die Klägerin habe die Beklagte, abgesehen von der Präsentation mehrerer Haarrisse an Kellerwänden, nicht auf die eigenen Mängel bei der Ausführung der Kellerabdichtung hingewiesen und ihr die Beurteilung durch die Baubüro G GmbH nicht vorgelegt. Zudem sei bis heute nicht geklärt, ob und ggf. wo sich Hohlräume und Undichtigkeiten innerhalb der Dreifachwand befinden.

Der Sachverständige F hat sein Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren 6 OH 15/21, dessen Verwertung gemäß § 411a ZPO die Kammer mit den Parteien abgestimmt hat, im Termin vom 19. Januar 2024 erläutert und auf zusätzliche Fragen geantwortet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 124 ff. der Akten) verwiesen.

In einem weiteren vor dem Landgericht Lübeck geführten und bislang nach hiesigem Kenntnisstand nicht förmlich beendeten Rechtsstreit (Az. 17 O 28/21) hat die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 887 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018 betrieben.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig.

Eine anderweitige Rechtshängigkeit steht diesem Rechtsstreit nicht gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen. Zwar begehrt die Klägerin in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck (Az. 17 O 28/21) und im vorliegenden Rechtsstreit jeweils von der Beklagten einen Kostenvorschuss für die Selbstvornahme einer Abdichtung der Kelleraußenwände am Haus in Sch. Der Streitgegenstand ist gleichwohl nicht identisch.

Identität des Streitgegenstandes liegt vor, wenn aus demselben konkreten Lebenssachverhalt dieselbe Rechtsfolge abgeleitet wird, das heißt, der nämliche Antrag aus demselben Klagegrund gestellt wird (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 – V ZR 159/51 -, BGHZ 7, 268 ff., juris Rn. 18). Die Klägerin betreibt in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer als Gläubigerin gegen die Beklagte als Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018. Grundlage der hiesigen Forderungen auf Kostenvorschuss für die Selbstvornahme ist hingegen der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag. Klageziel ist in dem einen Verfahren somit Vollstreckung aus einem bereits bestehenden Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), während die Klägerin einen solchen Titel mit der vorliegenden Klage erst anstrebt. Damit sind die Klagen nicht auf dasselbe Ziel gerichtet.

II. Die Klage ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die vom Sachverständigen F als erforderlich festgestellten Sanierungsmaßnahmen.

a) Ein solcher Anspruch auf Selbstvornahme besteht nicht aufgrund der §§ 637 Abs. 2, Abs. 1, 634 Nr. 2, 633 BGB. Hiernach kann der Besteller vom Unternehmer für die zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen, wenn er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat.

Der Unternehmer hat dabei die Aufwendungen des Bestellers zu ersetzen, die zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Die Erforderlichkeit ist vom Besteller zu beweisen (Jurgeleit in: Kniffka/ Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts 5. Aufl. 2020 Teil 5 Rn. 314; Voit in: BeckOK BGB 69. Ed. 01.02.2024, § 637 BGB Rz. 9). Die Kostenpflicht des Unternehmers betrifft nicht nur die eigentliche Mangelbehebung, sondern weitergehend alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel der Werkleistung zu beseitigen. Der Nacherfüllungsanspruch gegen den Unternehmer ist allerdings auf Fehler an dessen Werk beschränkt. Er erfasst nicht auch Mangelfolgeschäden, die an anderen als den vom Unternehmer hergestellten Gewerken eingetreten sind (Genius in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. Stand: 01.02.2023, § 637 BGB Rz. 22).

Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin kein Vorschussanspruch zu. Die Klägerin hat in diesem Rechtsstreit nicht den Beweis geführt, dass die mit der Klage geltend gemachten Kosten der Selbstvornahme aufgrund einer mangelhaften Ausführung der Sanierungsarbeiten an der Abdichtung des Kellers des Hauses in Sch. erforderlich geworden sind.

Zwar steht aufgrund der Gutachten der Sachverständigen H und F zur Überzeugung der Kammer fest, dass es im vorliegenden Fall nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach, die unzulängliche Abdichtung der Kelleraußenwände durch Gelinjektionen in den Bereich zwischen Außenwand und Erdreich zu sanieren. Beide Sachverständige haben insoweit übereinstimmend ausgeführt, dass eine geeignete Sanierung von innen nur durch eine Verpressung von Polyurethanharz in die Wände durchzuführen gewesen wäre. Es kann jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die nunmehr geltend gemachten Kosten für eine Sanierung durch Freigraben der Kellerwände und eine Abdichtung von außen nicht auch dann angefallen wären, wenn die Klägerin von Beginn an Polyurethanharz als Bohrpacker in die Kelleraußenwände verpresst hätte und mithin entsprechend den anerkannten Regeln der Technik vorgegangen wäre. Nur wenn die Beklagte durch ein sachgemäßes Vorgehen zweifelsfrei die nun entstehenden Beseitigungskosten vermieden hätte oder wenn sie diese allein aufgrund ihrer unsachgemäßen Handlungsweise erst erforderlich machte, erschienen diese nicht als Folge des Primärschadens. Beides ist aber nicht der Fall.

Bereits die von der Klägerin als Privatsachverständige herangezogene Baubüro G GmbH hat ausgeführt, dass nach der Verpressung mit Harz geprüft werden müsse, ob die Maßnahme erfolgreich sei; die Methode sei jedenfalls kostengünstiger als eine Öffnung des Gebäudes von außen.

Der Sachverständige F hat im Rahmen seiner Befragung durch die Kammer ausgeführt, dass eine Ausgrabung von außen, wie nunmehr erforderlich, auch bei sachgerechter Sanierung „von innen“ nicht zweifelsfrei hätte vermieden werden können. Es sei nicht gesichert, dass die anfängliche Verpressung von Harz ausreichend für eine Schadenssanierung gewesen wäre. Die Beklagte habe durch ihre Arbeiten, bei denen sie die Kelleraußenwände vollständig durchbohrte, nach Einschätzung des Sachverständigen zwar den Zustand der Abdichtung verschlimmert. Gleichwohl könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass eine Aufgrabung vermieden worden wäre, wenn sie stattdessen sachgerecht Polyurethanharz in die Wände verpresst hätte. Diesen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer an.

Es bleiben demnach nicht nur hypothetische Zweifel daran, dass die Aufgrabung nicht ohnehin hätte erfolgen müssen. Diese Zweifel gehen zu Lasten der für die Erforderlichkeit der Mangelbeseitigungskosten beweisbelasteten Klägerin. Eine erneute Befragung des Sachverständigen F dazu, in welchem Umfang ein Verpressen der Wände mit Harz den Schaden insgesamt beseitigt hätte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geboten, weil sich aus den Ausführungen des Sachverständigen bereits ergibt, dass dies nicht sicher beantwortet werden kann. Zudem gab der Sachverständige zu verstehen, dass eine vollflächige Verpressung von Polyurethanharz ähnliche Kosten verursacht haben dürfte wie eine Schadensbeseitigung „von außen“.

Durch die mangelhaften Arbeiten hat die Beklagte der Klägerin letztlich eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung genommen. Deswegen geht jedoch das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf sie über. Dieses Risiko verbleibt bei der Klägerin, die durch ihre zahlreichen Fehler bei der Abdichtung des Kellers im Rahmen der Herstellung die ursprüngliche Ursache für die Wassereintritte gesetzt hat.

b) Auch nach §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 4 BGB (Mangelfolgeschaden) kann die Klägerin keinen Schadensersatz beanspruchen, da die haftungsausfüllende Kausalität nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Der Gläubiger trägt grundsätzlich – und so auch hier – die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Insoweit gilt § 286 ZPO (vgl. Lorenz in: BeckOK BGB, 9. Ed. 01.02.2024, § 280 BGB Rz. 89). Da aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Aufgrabung ohnehin erforderlich gewesen wäre, scheitert ein Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens jedenfalls an der nicht feststellbaren haftungsausfüllenden Kausalität.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht die Kosten für die Malerarbeiten als Mangelfolgeschaden ersetzt verlangen. Es war zu keinem Zeitpunkt sicher, dass nicht ohnehin eine Aufgrabung erforderlich geworden wäre. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte die nach dem Vergleich geschuldeten Nachbesserungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat. Denn es war klar, dass auch diese Nachbesserungsarbeiten nicht mit Sicherheit zum Erfolg geführt hätten. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen H in seiner Anhörung im Vorfeld des Vergleichsschlusses im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens (Az. 17 OH 9/16). So haben die Parteien in dem Vergleich einen Ortstermin ein halbes Jahr nach Vergleichsschluss vereinbart, in dem geprüft werden sollte, ob die Maßnahmen erfolgreich waren.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freihaltung von den Kosten des gegen sie vom Bauherrn S angestrengten selbstständigen Beweisverfahrens (Az. 6 OH 15/21). Der Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens kann die ihm hieraus entstandenen Kosten jedenfalls solange im Wege der Leistungsklage und gestützt auf seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, wie ein Hauptsacheverfahren im Sinne des § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – nicht geführt wurde oder geführt wird, und auch ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – VI ZR 520/16 -, Leitsatz, juris Rn. 19).

Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch entsteht nicht kraft Veranlassung wie z. B. durch eine Klageerhebung, sondern setzt stets eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage voraus, wie Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung (§§ 280, 311 BGB), Verzug, §§ 823 Abs. 1 ff. BGB, § 1004 BGB, § 7 StVG oder andere Haftungsnormen. Hier ist keine Haftungsnorm ersichtlich, die der Klägerin einen Freihaltungsanspruch bezüglich der Kosten des vom Bauherrn S gegen sie geführten Beweisverfahrens gewähren könnte. Deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen scheitern bereits daran, dass insoweit ein reiner Vermögensschaden gegeben wäre. Vertragliche Sekundärschadensersatzansprüche scheitern jedenfalls daran, dass nicht festgestellt werden kann, dass das selbstständige Beweisverfahren durch ein ordnungsgemäßes Tätigwerden der Beklagten vermieden worden wäre. Es erscheint durchaus möglich, dass das Verfahren auch dann eingeleitet worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäß von Anfang an mit Bohrpackern aus Polyurethanharz saniert hätte und die Undichtigkeit – was nach den obigen Ausführungen möglich ist – dadurch nicht beseitigt worden wäre. Es fehlt auch insoweit zumindest an der haftungsausfüllenden Kausalität.

4. Mangels Existenz der Hauptforderung besteht auch die geltend gemachte Zinsforderung nicht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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