Teilkündigung eines Bauträgervertrags in Ausnahmefällen möglich
Ein neues Urteil des OLG Brandenburg (Az.: 12 U 118/22) zeigt, dass in Ausnahmefällen eine Teilkündigung eines Bauträgervertrags möglich ist. Im vorliegenden Fall stritten sich Käuferin und Bauträger um die Fertigstellung einer Doppelhaushälfte und die damit verbundenen Zahlungen sowie die Übertragung des Eigentums. Das Gericht musste klären, inwieweit der Käuferin ein Anspruch auf Zahlung von Kostenvorschuss für Mangelbeseitigungsarbeiten und Schadensersatz zusteht und ob eine Teilkündigung des Vertrags in Betracht kommt.
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Übersicht
Spannungen zwischen Käuferin und Bauträger
Die Parteien hatten im Oktober 2017 einen notariellen Vertrag zum Erwerb eines Grundstücks mit einer vom Bauträger zu errichtenden Doppelhaushälfte abgeschlossen. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 442.233,58 €, wovon die Käuferin bislang 377.259,19 € zahlte. Als Fertigstellungstermin war der 31.07.2018 vorgesehen. Fast ein Jahr später forderte die Käuferin den Bauträger per E-Mail auf, die Arbeiten bis zum 25.06.2018 wegen einer anstehenden Begutachtung durch den TÜV einzustellen. Die Fertigstellung verzögerte sich jedoch weiterhin, weshalb die Käuferin letztendlich Klage einreichte.
Der Anspruch auf Vollzug der Auflassung
Das Gericht verurteilte den Beklagten, dem Notar Anweisungen zu erteilen, um die Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin im Grundbuch vorzunehmen und ihr Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften der entsprechenden Urkunde zu erteilen. Damit wurde der Klägerin ein Anspruch auf Vollzug der Auflassung zuerkannt.
Kostenvorschuss und Schadensersatz
Der Beklagte wurde darüber hinaus verurteilt, der Klägerin einen abzurechnenden Vorschuss in Höhe von 249.924,60 € sowie weitere 63.960,75 € für Mangelbeseitigungsarbeiten und Schadensersatz zu zahlen. Dabei sollten beide Beträge Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 02.02.2022 erhalten.
Teilkündigung des Bauträgervertrags
Die Entscheidung des OLG Brandenburg zeigt, dass unter besonderen Umständen eine Teilkündigung des Bauträgervertrags in Betracht gezogen werden kann. Im vorliegenden Fall wurde dies durch die lange Verzögerung der Fertigstellung sowie das offensichtliche Scheitern der weiteren vertraglichen Zusammenarbeit beider Parteien begründet.
Urteil mit Signalwirkung
Das Urteil könnte eine Signalwirkung für ähnlich gelagerte Fälle haben. Es zeigt, dass Verzögerungen bei der Fertigstellung von Bauvorhaben und damit verbundene Versäumnisse der Bauträger nicht ohne Konsequenzen bleiben. Käufer haben in solchen Fällen Ansprüche auf Vollzug der Auflassung, Zahlung von Kostenvorschuss und Schadensersatz sowie unter speziellen Umständen eine Möglichkeit, den Vertrag teilweise zu kündigen. Damit unterstreicht das Urteil die Rechte der Käufer in Bauträgerverträgen und bietet ihnen eine gewisse Sicherheit in dieser oftmals unübersichtlichen und komplexen Materie.
Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Az.: 12 U 118/22 – Urteil vom 20.04.2023
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 01.06.2022 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Potsdam, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29.06.2022, Az. 6 O 343/21, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
1. den Notar ### bzw. dessen Notarabwickler schriftlich anzuweisen,
a) den Antrag auf Umschreibung des Eigentums an dem Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts ### von ###, Blatt ###, laufende Nr. ###, Flur ###, Flurstück ###, auf die Klägerin zum Vollzug der Auflassung in seiner Urkunde zur Urkundenrollennummer ### beim zuständigen Grundbuchamt zu stellen,
b) der Klägerin jederzeit auf deren Antrag Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften der Urkunde zur Urkundenrollen-Nr. ###, die die Auflassung enthalten, zu erteilen,
2. an die Klägerin einen abzurechnenden Vorschuss in Höhe von 249.924,60 € sowie weitere 63.960,75 €, beides nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2022 zu zahlen,
3. an die Klägerin Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 4.251,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2022 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 410.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Vollzug der Auflassung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Zahlung von Kostenvorschuss für Mangelbeseitigungsarbeiten und Schadensersatz aus einem Bauträgervertrag in Anspruch.
Die Parteien schlossen am 20.10.2017 einen notariellen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks mit einer von dem Beklagten zu errichtenden Doppelhaushälfte zum Preis von 442.233,58 €. Als Termin zur Fertigstellung wurde der 31.07.2018 bestimmt. Die Klägerin zahlte bislang 377.259,19 €.
Mit Email vom 15.06.2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Arbeiten bis zum 25.06.2018 wegen der anstehenden Begutachtung durch den TÜV einzustellen. Im Rahmen dieser Qualitätsbegutachtung gemäß § 5 Ziffer 2.1. des Vertrages durch den TÜV ### am 22.06.2018 wurde eine Vielzahl von Mängeln festgestellt. Auf das Gutachten (Anlage K2) wird Bezug genommen. Dies nahm die Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2018 zum Anlass, den Beklagten aufzufordern mitzuteilen, bis wann er die mangelfrei geschuldeten Arbeiten erbringen wolle. Nach Ablauf des Fertigstellungstermins forderte die Klägerin mit Schreiben vom 27.08.2018 (Anlage K4) erneut zur Mangelbeseitigung unter Fristsetzung bis zum 14.09.2018 auf und erinnerte hieran mit Schreiben vom 18.09.2018.
Am 05.11.2018 leitete die Klägerin vor dem Landgericht ### zum Az. ### ein selbständiges Beweisverfahren ein. Im Rahmen dessen räumte der Beklagte den Ablauf der Fertigstellungsfrist ein, wies jedoch auf – aus seiner Sicht – bereits abgearbeitete Mängel und seine grundsätzliche Erfüllungsbereitschaft hin, weshalb es eines Beweisverfahrens nicht bedürfe. Im Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens stellte der Sachverständige Mängel und Mangelbeseitigungskosten fest, worauf die Klägerin mit Schreiben vom 19.07.2021 (Anlage K9) zur Mangelbeseitigung bis zum 13.08.2021 unter Kündigungsandrohung aufforderte. Hierauf teilte der Beklagte mit, er könne nicht nach Deutschland einreisen und bitte um Fristverlängerung um 8 bis 10 Monate (Anlage K10). Die Klägerin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 21.10.2021 (Anlage K11) die Teilkündigung des Vertrages.
Die Klägerin hat vorgetragen, eine Teilkündigung sei auch beim Bauträgervertrag ausnahmsweise zulässig, wenn hierfür besondere Gründe vorlägen. An der Wirksamkeit bestünden keine Zweifel, insbesondere sei eine Rüge fehlender Bevollmächtigung nicht erfolgt. Deshalb habe sie einen Anspruch auf Vollzug der Auflassung des Grundstücks, nachdem das darauf entfallende Entgelt unstreitig gezahlt sei. Ferner bestünden ein Kostenvorschussanspruch für die Beseitigung der gutachterlich festgestellten Mängel in Höhe von 249.924,60 € (Beseitigungskosten 314.898,99 €/### abzgl. noch offenen Entgelts von 64.974,39 €), ein Anspruch auf Minderung in Höhe von 12.000 €, da eine Teilfläche von 4,47 m² nicht mehr als Hauswirtschaftsraum, sondern lediglich als Heizungsraum genutzt werden könne, sowie Schadensersatzansprüche in Höhe von 80.682,58 €.
Der Beklagte hat die Wirksamkeit der Kündigung im Hinblick auf § 174 BGB in Frage gestellt. Zudem sei die Kündigung erst 3 Jahre nach dem Fertigstellungstermin und damit verspätet erfolgt. Er selbst habe zugesagt, den Kaufpreis zurückzuzahlen und Schäden zu ersetzen. Die Klägerin habe jedoch in Kenntnis seiner besonderen Lage treuwidrig an dem Vertrag festgehalten und damit im Rahmen des § 254 BGB den Schaden selbst verursacht. Sie habe danach gestrebt, sich ungerechtfertigt zu bereichern. Schließlich habe er wiederholt versucht, Kontakt mit der Klägerin aufzunehmen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Sie habe jedoch keine Reaktion gezeigt. Eine Teilkündigung sei rechtlich nicht möglich.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, den Notar zur Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück anzuweisen, sowie darüber hinaus zur Zahlung eines Kostenvorschusses von 249.924,60 €, weiteren 65.682,58 € und Rechtsverfolgungskosten jeweils nebst Zinsen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung der Klägerin stelle eine zulässige Teilkündigung dar, da ein Grund zur außerordentlichen Kündigung bestehe. Denn der Beklagte habe die erheblichen Mängel an der Werkleistung trotz Aufforderung nicht beseitigt. Mithin könne die Klägerin den Vollzug der Auflassung und Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung verlangen. Den geltend gemachten Mangelbeseitigungskosten sei der Beklagte nicht entgegengetreten. Wegen der Verkleinerung der Wohnfläche bestehe auch ein Minderungsanspruch in Höhe von 12.000 €. Ferner bestünde ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 54.364,95 €. Von den geltend gemachten Kosten seien lediglich die Kosten von 940,10 € für das Panoramafenster und die Entsorgungskosten Bauschutt von 3.000 € nicht erstattungsfähig. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen wird auf das Urteil Bezug genommen.
Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 01.06.2022 zugestellte Urteil mit einem am 30.06.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am letzten Tag der bis zum 01.09.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Er führt aus, ein wichtiger Grund zur Kündigung habe nicht bestanden, denn er sei zur Mangelbeseitigung bereit gewesen. So habe er im selbständigen Beweisverfahren mit Schriftsätzen vom 03.09.2018 und 30.07.2020 zum Ausdruck gebracht, die Fertigstellung des Objektes vornehmen zu wollen. Auf seine Bitte der Fortsetzung zuzustimmen, wie auch auf weitere Schreiben habe die Klägerin erklärt, dass die Arbeiten sofort eingestellt werden sollten. Mit Einleitung des Beweisverfahrens hätten zunächst die Mängel festgestellt werden sollen. Er sei deshalb während dieser Zeit an der Ausführung gehindert gewesen und die Nacherfüllung habe sich verzögert. Nach Abschluss des Beweisverfahrens sei er nicht in der Lage gewesen, nach Deutschland einzureisen. Hätte es die Verzögerung nicht gegeben, wäre ihm die Erfüllung möglich gewesen. Dabei sei die Klägerin durch die Anwartschaft auf Eigentumsübertragung gesichert gewesen. Da die Arbeiten noch nicht abgenommen seien, habe auch nur ein Erfüllungs- und kein Mangelbeseitigungsanspruch bestanden. Eine Teilkündigung sei nicht möglich und entgegen § 314 Abs. 3 BGB nicht rechtzeitig innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt. Jedenfalls stünden die Vorschussforderungen nicht im Verhältnis zur erbrachten Leistung und der Möglichkeit, die Mängel selbst zu beseitigen. Einwände gegen die geschätzten Kosten seien zudem nicht genügend geprüft worden. Insbesondere seien seine Einwände im Beweisverfahren mit Schriftsatz vom 04.10.2021, nach denen die Kosten allenfalls 115.000 € betrügen, nicht berücksichtigt worden. Die ### Bau habe mit Mangelbeseitigungsmaßnahmen begonnen und z.B. im Dachgeschoss den Heizestrich verlegt, die Wärmedämmung fachgerecht hergestellt, die Ausgleichsmasse im zweiten Obergeschoss begradigt und das Kabel unter dem Abfluss der Dusche demontiert. Parkett und Fliesen befänden sich im Haus und verblieben dort und müssten daher bei den Vorschusszahlungen herausgenommen werden. Die Rechnung für den Elektriker für eine Verkabelung im Dachgeschoss sei eine Zusatzleistung, die mit 4.074,10 € abgerechnet, jedoch nicht bezahlt worden sei. Auch ein Minderungsanspruch bestehe nicht, da nach dem Vertrag Abweichungen der Wohnfläche unter 3 % nicht zur Minderung berechtigten. 4,47 m² entsprächen nur 2,59 %. Hinsichtlich des Parketts seien 221,34 m² geliefert. Bei einer Wohnfläche von 172,87 m², die teilweise auch mit Fliesen belegt sei, müssten die Kosten für mindestens 50 m² in Höhe von 1.625 € gekürzt werden. Es sei nicht ersichtlich, warum das Klarglas für das Treppengeländer nicht mehr verwendbar sei. 5.355 € könnten daher nicht in Ansatz gebracht werden. Die nicht erbrachten Leistungen für die Außenanlagen seien lediglich mit 11.200 € und nicht mit 16.700 € kalkuliert worden.
Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 01.06.2022, Az. 6 O 343/21, abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Tenor der landgerichtlichen Entscheidung zu Ziffer 1a) berichtigend dahin neu zu fassen, dass der Beklagte verurteilt wird, den ### bzw. dessen Notarabwickler schriftlich anzuweisen, den Antrag auf Umschreibung des Eigentums an dem Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts ### von ### Blatt ### laufende Nr. ###, Flur ###, Flurstück ###, auf die Klägerin zum Vollzug der Auflassung in seiner Urkundenrollennummer ### beim zuständigen Grundbuchamt zu stellen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Gründe für die Bauverzögerungen seien nicht substantiiert vorgetragen worden. Auch sei nicht ersichtlich, warum sich die Klägerin auf einen Rücktritt einlassen sollte. Vielmehr habe sie auf die Einhaltung des Vertrages gedrängt. Rückmeldungen hätten nicht ausgestanden und Arbeiten seien nicht behindert worden. Vielmehr habe allein der Beklagte Zugang zum Haus gehabt. Er hätte daher die ausstehenden Arbeiten ausführen können, habe das aber nicht getan. Es sei ihr nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens und der Mitteilung des Beklagten, einen weiteren Zeitraum von 10 Monaten abwarten zu müssen, nicht mehr zumutbar gewesen, am Vertrag festzuhalten. Das erstmalige Bestreiten der Höhe der Ansprüche sei verspätet und mangels Substantiierung nicht einlassungsfähig. Weiter hat sie erklärt, die Schadensersatzforderungen in der Reihenfolge der Aufstellung in der Klagebegründung geltend zu machen.
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht ### zum Az. ### waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.
1. Die Klage begegnet keinen Zulässigkeitsbedenken mehr, nachdem die Klägerin zum einen klargestellt hat, die die Klageforderung übersteigenden Schadenspositionen in der Reihenfolge geltend zu machen, wie sie in der Klagebegründung aufgeführt werden, und zum anderen gleiches für die sich aus dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. ### ergebenden Mangelbeseitigungskosten gelten soll.
2. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 7 Abs. 1 EuGVVO. Im Übrigen hat der Beklagte keine Rüge erhoben.
3. Es findet deutsches Recht Anwendung, § 4 Abs. 3 Rom I-VO, nachdem Vertragsschluss und Vollzug in Deutschland erfolgten. Jedenfalls nach den Grundsätzen der konkludenten Rechtswahl gemäß Art. 3 Rom I-VO ist von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgehen. Denn die Parteien brauchen ihre Rechtswahl nicht ausdrücklich zu treffen, sondern können sie auch stillschweigend vornehmen (MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 46).
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass auf die Vertragsabwicklung gemäß Art. 229 § 39 EGBGB die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung Anwendung finden, nachdem die Parteien den hier im Streit stehenden Vertrag am 20.10.2017 geschlossen haben.
4. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vollzug der Auflassung gegen den Beklagten aus dem zwischen den Parteien am 20.10.2017 geschlossenen Bauträgervertrag in Verbindung mit § 433 Abs. 1 BGB a.F. Der Auflassungsanspruch der Klägerin entsteht mit dem Abschluss eines wirksamen Bauträgervertrages, wobei die Fälligkeit des Übereignungsanspruchs hinausgeschoben und von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig gemacht wird (BGH, Urteil vom 19. Mai 2006 – V ZR 40/05 -). Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Die Parteien haben am 20.10.2017 zur Urkundennummer ### einen notariellen Vertrag geschlossen, nach dem sich der Beklagte neben der Errichtung einer Doppelhaushälfte zur Übereignung des Flurstücks ###7 der Flur ### im Grundbuch des Amtsgerichts ### von ###, Blatt ###, lfd. Nummer ### des Bestandsverzeichnisses mit einer Größe von 734 m² verpflichtet hat. Nach Ziffer III. des Vertrages erklären die Parteien die Auflassung und weisen gemäß Ziffer V. des Vertrages den Notar an, Ausfertigungen und Abschriften der Verhandlung mit der Auflassung erst zu erteilen, wenn der gesamte geschuldete Kaufpreis nach § 2 des Vertrages von 442.233,58 € an den Verkäufer gezahlt worden ist, wobei hiervon ein Teil von 82.080 € auf den Grundstückserwerb entfallen sollte. Diesen Anteil der Kosten für den Grundstückserwerb hat die Klägerin bereits vollständig entrichtet.
b) Der Vollzug der Auflassung ist nicht von weiteren Zahlungen abhängig. Denn die Klägerin hat den auf den Werkvertrag entfallenden Vertragsteil mit Schreiben vom 21.10.2021 wirksam fristlos entsprechend § 314 BGB a.F. gekündigt und auch das Entgelt für die erbrachten Leistungen des Beklagten entrichtet.
aa) Eine Teilkündigung aus wichtigem Grund ist auch bei einem Bauträgervertrag zulässig, wie das Landgericht zutreffend unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung ausgeführt hat. Zwar verpflichtet sich der Bauträger im Bauträgervertrag zu einer Gesamtleistung, die zu erbringen er deshalb auch grundsätzlich berechtigt ist. Grundstücksveräußerung und Bauwerkserrichtung sind für ihn in der Regel schon aus kalkulatorischen und bautechnischen Gründen untrennbar. Beide Teile des Vertrages sollen – auch seinem Vertragspartner erkennbar – ebenso wie in jenen Fällen miteinander „stehen oder fallen“. Neben der Beurkundungsbedürftigkeit des Bauträgervertrags kann deshalb auch das Rücktrittsrecht hinsichtlich der verbundenen Rechtsgeschäfte grundsätzlich nur einheitlich ausgeübt werden. Die Regel, dass der Bauträgervertrag einheitlich abzuwickeln ist, verlangt aber eine Ausnahme dann, wenn der Bauträger dem Erwerber einen wichtigen Grund zur Kündigung der Bauleistung gibt. Dann kann es geboten sein, dem Erwerber sowohl das Recht zur Kündigung zu gewähren als auch ihm den Anspruch auf Übereignung des Grundstücks zu belassen. Das Interesse des Bauträgers, die von ihm angebotene Bauleistung vollständig erbringen zu können, ist in einem solchen Falle nicht mehr schutzwürdig. Dann ist vielmehr das Interesse des vertragstreuen Erwerbers vorrangig, der seinen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks behalten darf, und zwar auch, weil er andernfalls die Sicherheit verlieren würde, die ihm die Vormerkung für die bisher geleisteten Ratenzahlungen bietet (BGH, Urteil vom 21. November 1985 – VII ZR 366/83 -, BGHZ 96, 275 – 283; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. November 2019 – 21 U 4/19 -; KG, Urteil vom 22. Dezember 1998 – 27 U 429/98 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Oktober 2016 – 19 U 172/14 -).
Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass der Gesetzgeber das Bauvertragsrecht neu geregelt und hierbei für Bauträgerverträge festsetzt hat, dass diese nicht nach § 648a BGB n.F. aus wichtigem Grund teilweise gekündigt werden können. Die neuen, seit dem 01.01.2018 geltenden Vorschriften finden auf den vorliegenden Vertrag keine Anwendung. Die Erwägungen des Gesetzgebers, aus denen er eine Kündigung des Bauträgervertrages aus wichtigem Grund nach neuem Recht ausgeschlossen hat, erfordern keine abweichende Wertung, weil der Umstand, dass für den Gesetzgeber das Interesse an einer einheitlichen Regelung des Bauträgervertrages insgesamt die Einzelfallgerechtigkeit des Ausnahmefalles überwog, es nicht gebietet, bis zur Wirksamkeit der neuen Regelungen bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Teilkündigung aus wichtigem Grund diese nicht zuzulassen (OLG Düsseldorf, a.a.O., Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
bb) Die Voraussetzungen der Teilkündigung liegen vor. Verletzt der Auftragnehmer seine Vertragspflichten derart, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, ist der Auftraggeber berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen. Dieses Kündigungsrecht ergibt sich nicht unmittelbar aus § 314 BGB, da diese Vorschrift nur auf Dauerschuldverhältnisse anwendbar ist. Es ist jedoch richterrechtlich anerkannt und folgt aus dem Rechtsgedanken des § 314 BGB (BGH, NJW 2016, 1945 Rn. 40). Dieses Recht steht der Klägerin auch vor Abnahme des Werkes und im Rahmen einer Teilkündigung zu (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 5, Die Haftung des Unternehmers für Mängel, Rn. 8, 39).
So liegt der Fall hier. Der von dem Beklagten errichtete Teil der Doppelhaushälfte ist nicht nur unvollendet, sondern auch in erheblichem Umfang mangelbehaftet. Dies steht nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. ### im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht ### zum Aktenzeichen ### fest und ist zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitig. Die Klägerin hat den Beklagten mehrfach erfolglos unter Fristsetzung aufgefordert, die Mängel zu beseitigen und das Bauwerk fertigzustellen. Sowohl die vertragliche Fertigstellungsfrist zum 31.07.2018 als auch die jeweils gesetzten Fristen zur Mangelbeseitigung sind abgelaufen. Damit befand sich der Beklagte in Verzug mit seiner Leistung. Dies gilt spätestens mit Ablauf der im Schreiben vom 19.07.2021 gesetzten Frist bis zum 13.08.2021, die mit einer Kündigungsandrohung verbunden war. Dabei kann sich der Beklagte nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin weitere Bauleistungen verhindert hätte. Lediglich mit Email vom 15.06.2018 hatte die Klägerin den Beklagten aufgefordert, die Arbeiten bis zum 25.06.2018 wegen der anstehenden Begutachtung durch den TÜV einzustellen. Dieser Termin war abgelaufen. Soweit der Beklagte weiter vorträgt, es habe ein Verbot zur Weiterarbeit gegeben und die Klägerin habe auf seine Schreiben nicht reagiert, bleibt sein Vortrag unbestimmt und vage und steht mit den von der Klägerin vorgelegten Schreiben, mit denen sie den Beklagten zur Leistung auffordert, in offensichtlichem Widerspruch. Zudem hat er selbst im selbständigen Beweisverfahren behauptet, weitere Arbeiten zur Mangelbeseitigung durchgeführt zu haben. Schließlich hatte er allein jederzeit den Zugang zum Bauobjekt. Auch das selbständige Beweisverfahren selbst hinderte den Beklagten nicht daran, weiter am Bau tätig zu werden. Vielmehr ergibt sich aus seinem Vortrag, dass er in erster Linie bemüht war, den Vertrag rückabzuwickeln.
Die Kündigung ist auch innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt. Nach § 314 Abs. 3 BGB a.F. kann die Kündigung nur innerhalb einer angemessenen Frist wirksam vorgenommen werden. Dabei ist die in § 626 Abs. 2 BGB a.F. normierte Frist von zwei Wochen weder als starre Vorgabe noch als „Regelfrist“ heranzuziehen. Denn § 314 BGB beruht auf der Erwägung, dass der andere Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von einer Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, und dass der Kündigungsberechtigte mit längerem Abwarten zu erkennen gibt, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz des Vorliegens eines Grundes zur fristlosen Kündigung nicht unzumutbar ist (BGH, NJW 2011, 1438 Rn. 27, 28). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass gerade bei der Mangelhaftigkeit eines Werkes der Auftraggeber gehalten ist, Klarheit über die Mängel zu erlangen und darüber hinaus dem Auftragnehmer Gelegenheit zu geben hat, die Mängel auch zu beseitigen. Insoweit ist es seitens der Klägerin weder treuwidrig, wenn sie nicht auf die Bemühungen des Beklagten auf Aufhebung des Vertrages eingegangen war und sich vertragskonform verhalten hat, noch kann es ihr zum Nachteil gereichen, wenn sie auf die wiederholten Zusicherungen des Beklagten, die Arbeiten fortzuführen und die Mängel beseitigen zu wollen, vertraut hat. Dazu gehört es auch, im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens die Mangelhaftigkeit durch einen neutralen gerichtlich bestellten Gutachter feststellen zu lassen und anschließend im Rahmen einer erneut zu setzenden Frist zur Mangelbeseitigung aufzufordern, um den formalen Anforderungen an ein Kündigungsrecht gerecht zu werden. Ausschlaggebend war mithin die Mitteilung des Beklagten im Schreiben vom 02.08.2021 (Anlage K10), dass er „wegen bestimmten Umständen nicht nach Deutschland einreisen“ könne, um die Baumängel zu beheben und das Bauvorhaben fertig zu stellen und erst in ca. 8 bis 10 Monaten in der Lage wäre, die Arbeiten anzugehen. Eine solche weitere Verzögerung des sich nicht einmal in Deutschland befindenden Beklagten war der Klägerin nicht mehr zuzumuten und berechtigte sie zur fristlosen Kündigung des auf die Errichtung der Doppelhaushälfte entfallenden Vertragsteils.
cc) Selbst den Vortrag des Beklagten unterstellt, die Mangelbeseitigungskosten beliefen sich auf lediglich 115.000 €, verbleibt nach Abzug des noch offenen Entgeltes auf den Gesamtbetrag von 64.974,39 € kein offener Forderungsbetrag des Beklagten aus dem Notarvertrag mehr, so dass der Auflassungsanspruch / Anspruch auf Grundbuchvollzug besteht.
dd) Der Hinweis auf eine nicht ausreichende Bevollmächtigung des Rechtsanwalts zur Kündigung entbehrt einer tragfähigen Grundlage, zudem hat der Beklagte die Erklärung nicht gemäß § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen.
5. Nach der Kündigung des Vertrages besteht ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nach §§ 286, 281, 280 BGB, der auch einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses beinhaltet, um die Mängel im Wege der Ersatzvornahme selbst zu beseitigen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 193/15 -, Rn. 38; Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13 -, BGHZ 213, 349-361, Rn. 44).
a) Die Klägerin hat mit der mit der Kündigungsandrohung verbundenen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung, dem nachfolgenden Ausspruch der Kündigung wegen der erheblichen Mängel, dem enormen Leistungsverzug und dem Umstand, dass der im Parallelverfahren vor dem Landgericht ###, Az. ###, rechtskräftig ausgeurteilte Schadensbetrag nicht gezahlt wurde und damit erneut einen Vertrauensverlust begründete, zum Ausdruck gebracht, unter keinen Umständen mehr mit dem Beklagten zusammenarbeiten zu wollen. Dies hat sie nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf das Angebot des Beklagten, weitere Mangelbeseitigungsarbeiten vornehmen zu lassen, deutlich geäußert; das Vertrauen sei „gänzlich dahin“. Damit ist der Erfüllungsanspruch erloschen und ein Abrechnungsverhältnis entstanden, das die Klägerin berechtigt, die Arbeiten selbst vorzunehmen. Zugleich befindet sich der Beklagte in Verzug mit der Leistung, der einen Schadensersatzanspruch begründet. Denn der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. § 281 Abs. 1 BGB ist zwar anders als die Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 und 3 BGB verschuldensabhängig. Eine den Schadensersatzanspruch begründende Pflichtverletzung liegt aber auch vor, wenn der Unternehmer die ihm gesetzten Fristen verstreichen lässt (BGH, NJW 2017, 1604 Rn. 41, beck-online).
b) Die Klägerin beziffert die als Kostenvorschuss geltend gemachten Mangelbeseitigungskosten im Ergebnis des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. ### mit 314.898,99 €/###. Soweit der Beklagte unter Verweis auf seine mit Schriftsatz vom 04.10.2021 im selbständigen Beweisverfahren vorgetragenen Einwendungen die Höhe der ermittelten Kosten beanstandet, kann sein Vortrag nicht berücksichtigt werden. Bereits das Landgericht hatte in einem Hinweis zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass der Klagevortrag hierzu unstreitig sei. Denn gemäß § 493 Abs. 1 ZPO muss das Hauptsachegericht lediglich die im selbständigen Beweisverfahren gewonnenen Beweisergebnisse von Amts wegen benutzen. Selbständiges Beweisverfahren und Hauptsacheverfahren sind hingegen zwei eigenständige Verfahren (MüKoZPO/Schreiber, 6. Aufl. 2020, ZPO § 493 Rn. 3), so dass das prozessuale Verhalten der Partei im Hauptsacheverfahren für die Frage maßgebend ist, ob eine bestimmte Tatsache bestritten ist oder nicht. Der im Beweisverfahren gehaltene Vortrag kann allenfalls dafür von Bedeutung sein, ob die Partei im nachfolgenden Hauptsacheverfahren ggf. mit Einwendungen gegen das Beweisergebnis präkludiert ist. Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht. Der erstmals im Berufungsverfahren gehaltene Sachvortrag ist damit neu und mangels Vorliegen von Gründen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen, nachdem die Klägerin den Vortrag streitig gestellt hat.
Die Einwände sind aber auch unerheblich, denn der Beklagte stellt in dem Schriftsatz lediglich ohne jegliche Begründung seine Bewertung an die Stelle des Sachverständigen. Das stellt keine substantiierte Auseinandersetzung mit dem Gutachten dar. Die weitergehenden Ausführungen zur behaupteten erfolgten teilweisen Mangelbeseitigung durch die ### bleiben ebenfalls ohne Substanz und nach dem Bestreiten der Klägerin zudem ohne Beweisantritt. Gleiches gilt für den Verbleib von Parkett und Fliesen. Dieser Einwand erschließt sich zudem nicht, weil die Klägerin gerade Mehrkosten für die von ihr in Absprache mit dem Beklagten beschafften Fliesen geltend macht. Der bestrittene Vortrag zu den Elektrikerarbeiten bleibt ebenfalls unsubstantiiert und ohne Beweisantritt.
Nach Abzug der noch offenen Forderung des Beklagten verbleibt damit ein Kostenvorschussanspruch von 249.924,60 €.
6. Ferner besteht ein Anspruch auf Minderung, jedoch lediglich in Höhe von 11.000 €.
Nach § 1 des Notarvertrages beträgt die vereinbarte Wohnfläche für die Doppelhaushälfte 143,4 m². Maßgebend für die Berechnung ist die Wohnflächenverordnung in der Fassung vom 25.11.2003. Der gerichtliche Sachverständige hat hingegen eine Wohnfläche von 142,89 m² ermittelt. Maßgebend ist insoweit die nach dem Vertrag vorausgesetzte Wohnfläche ohne den später vorgesehenen Dachausbau. Diese Werte verringern sich – wie der Sachverständige weiter festgestellt hat – um 4,47 m², weil eine Teilfläche nicht mehr als Hauswirtschaftsraum, sondern lediglich als Heizungsraum genutzt werden kann. Mithin beträgt die Verringerung der Wohnfläche mehr als 3 % und unterfällt nicht der vom Beklagten bemühten Geringfügigkeitsklausel in § 1 d.V., nach der Minderungsansprüche bei einer Flächenabweichung bis zu 3 % unberücksichtigt blieben.
Allerdings steht der Klägerin dann lediglich ein Minderungsanspruch nur für jeden vollen Quadratmeter der Gesamtabweichung zu. Das ist nach der Berechnung des Sachverständigen gemäß Blatt 14 des Ergänzungsgutachtens zu Ziffer 2.2.7 lediglich ein Minderwert von gerundet 11.000 €, § 287 ZPO.
Soweit das Bestreiten des Minderungsanspruchs hier erstmals in der Berufung erfolgt, ist es gleichwohl zu berücksichtigen. Denn die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen sind im Ergebnis der im selbständigen Beweisverfahren erfolgten Feststellungen unstreitig geblieben, so dass kein Raum für eine Zurückweisung des Vorbringens nach § 531 ZPO besteht.
7. Schließlich stehen der Klägerin Schadensersatzansprüche zu wie folgt:
7.1. Die Kosten der Ermittlung der Mängel durch den Sachverständigen M. in Höhe von 1.547 € sind ohne weiteres erstattungsfähig und werden vom Beklagten nicht beanstandet.
7.2. Die Kosten für das TÜV-Gutachten in Höhe von 3.095,19 €, sind nach § 5 des Vertrages durch den Beklagten zu tragen. Auch das stellt der Beklagte nicht in Abrede.
7.3. Bei den Kosten der Teuerung wegen des verzögerten Kücheneinbaus für die Jahre 2019 bis 2021 in Höhe von 1.680 € handelt es sich um einen Verzugsschaden, den der Beklagte zu ersetzen hat. Der Schadensposition ist er nicht entgegengetreten.
7.4. Dem Vortrag der Klägerin, der Beklagte habe die Kosten für das Parkett von 7.193,55 € und der Fliesen von 3.480,64 € übernommen, ist der Beklagte nicht entgegengetreten. Er beanstandet lediglich die Menge des gekauften Parketts in Bezug auf die Wohnfläche und fordert einen Abzug von „mindestens 50 m²“. Allerdings ist – was auch die Klägerin geltend macht – aus dem Vortrag nicht ersichtlich, wie der Beklagte diesen Abzug ermittelt. Denn grundsätzlich ist nicht nur die Wohnfläche, bei der im Dachgeschoss auch Schrägen unberücksichtigt bleiben, maßgebend, sondern auch ein Verschnitt einzubeziehen. Selbst wenn man hier ein erhebliches Bestreiten sehen könnte, würde der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag nach § 531 ZPO nicht zu berücksichtigen sein, weil der Beklagte nicht vorträgt, warum dieser neue Vortrag erst im Berufungsverfahren erfolgt.
7.5. Unbeanstandet lässt der Beklagte den Vortrag der Klägerin, sie habe einen Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB gegen den Beklagten wegen dessen ungerechtfertigten Weiterberechnung der Kosten für den Kamin und Schornstein in Höhe von 4.622,47 €, nachdem ebenfalls unstreitig geblieben war, dass die Zusatzleistung wegen einer mangelhaften Ausführung durch die Auftragnehmerin zu Unrecht berechnet wurde.
7.6. Unschlüssig ist der Vortrag der Klägerin hingegen, soweit die Kosten von 1.404,20 € geltend gemacht werden. Insoweit trägt sie vor, ein Auftragsverhältnis mit der C. GmbH gehabt zu haben. Der Beklagte habe insoweit als deren Geschäftsführer gehandelt. Ansprüche wegen unterlassenem Einbau können sich deshalb nicht persönlich gegen den Beklagten richten.
7.7. Ferner besteht der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 5.355 € für das Treppengeländer. Die Klägerin hat hierzu ausgeführt, ein von ihr in dieser Höhe bezahltes Treppengeländer aus Klarglas könne wegen des aufgrund der Mangelhaftigkeit der Werkleistung des Beklagten notwendigen Austausches der Treppe und der deshalb nicht mehr kompatiblen Bohrungen nicht mehr verwendet werden. Dem ist der Beklagte in erster Instanz nicht entgegen getreten. Nunmehr führt er zwar aus, es werde bestritten, dass das Glas nicht mehr verwendbar sei. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich das nicht. Insoweit liegt zunächst ein zulässiger Berufungsangriff vor. Das Bestreiten ist allerdings nach § 531 ZPO nicht mehr zuzulassen.
7.8. Die Kosten für den Einbau eines einfachen Fensters statt Panoramafenster von 940,10 € hat das Landgericht rechtskräftig abgewiesen. Gleiches gilt für die Kosten der Beseitigung von Bauschutt in Höhe von 3.000 €.
7.9. Die Kosten für die Herstellung der Außenanlagen und Badarmaturen sind gemäß § 812 Abs. 1 BGB zurückzuzahlen, da sie die Klägerin zwar bezahlt, der Beklagte die Leistung jedoch nicht erbracht hat, 16.700 €. Hierbei handelt es sich um eine nicht erbrachte Leistung des Beklagten, die auch in den Mangelbeseitigungskosten gemäß Gutachten nicht enthalten ist. Nachdem sich die Klägerin den noch offenen Restkaufpreis in voller Höhe auf den Kostenvorschussanspruch anrechnen lässt, liegt hier eine Überzahlung in Höhe von 16.700 € vor. Die Einwände des Beklagten tragen insoweit nicht, da er bei seiner Berechnung die Kosten der Badarmaturen außer Betracht lässt.
7.10. Gleiches gilt für den Anspruch auf Überzahlung wegen nicht vollständig erbrachter Fliesenarbeiten von 9.286,90 €, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist.
8. Der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt ebenso wie der Zinsanspruch aus Verzug bei einem Streitwert von bis zu 380.000 € von 4.251,75 € (1,3 x 2.733 € + 20 € + MWSt.).
9. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Das Begehren der Klägerin in ihrem Antrag zu 1, das den Maßstab für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts bildet, war darauf gerichtet, die Zustimmung des Beklagten zu einem Vollzug der Auflassung des Grundstückseigentums ohne die Zahlung des Restbetrages des vereinbarten Erwerbspreises zu erreichen. Dieses Begehren hat einen Wert von 64.974,39 €. Würde die Klägerin nämlich diesen Betrag an den Beklagten zahlen, so käme es infolge des Vollzuges der Treuhandabrede durch den Urkundsnotar zu der angestrebten Eigentumsumschreibung im Grundbuch (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2001 – VII ZR 420/00 -). Hierzu sind die Zahlungsforderungen der Klägerin gemäß Antrag zu Ziffer 2 zu addieren, die zzgl. zum begehrten Grundbuchvollzug gefordert werden.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.