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Grundbuchamt muss Voraussetzungen der §§ 24 ff. BauGB selbständig prüfen

Rechtliche Prüfung durch Grundbuchamt: Eine Analyse des OLG Hamm Urteils

In einem bemerkenswerten Fall hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) entschieden, dass das Grundbuchamt die Voraussetzungen der §§ 24 ff. BauGB selbstständig prüfen muss. Dieses Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Eigentumsübertragung und die Rolle des Grundbuchamts in diesem Prozess.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-15 W 152/20 >>>

Die Rolle des Grundbuchamts bei Eigentumsübertragungen

Im Mittelpunkt des Falles stand die Frage, ob das Grundbuchamt die Eintragung des Eigentumswechsels von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auf einen ihrer Gesellschafter von der Vorlage einer Bescheinigung der Stadt über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig machen darf. Das Gericht stellte klar, dass das Grundbuchamt nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei Kaufverträgen den Käufer nur dann als Eigentümer eintragen darf, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts der Gemeinde durch ein Negativzeugnis nachgewiesen ist.

Die Prüfungspflicht des Grundbuchamts

Das Gericht betonte, dass das Grundbuchamt die Voraussetzungen der §§ 24 ff. BauGB mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eigenständig prüfen muss. Es kann jedoch nicht selbst ermitteln, ob ein Vorkaufsrecht der Gemeinde nach §§ 24, 25 BauGB besteht. Diese Prüfungspflicht des Grundbuchamts ist von großer Bedeutung, da sie sicherstellt, dass die Rechte der Gemeinde bei der Eigentumsübertragung gewahrt bleiben.

Die Anwendung des § 26 Nr. 1 BauGB

Das Gericht stellte fest, dass § 26 Nr. 1 BauGB, der auf Verkaufsvorgänge unter natürlichen Personen abzielt, auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Eine erweiternde Auslegung dieses Paragraphen auf den Fall, in dem eine GbR, deren Gesellschafter zum Personenkreis des § 26 Nr. 1 BauGB gehören, das Grundstück einem dieser Gesellschafter verkauft, wurde vom Gericht abgelehnt.

Die Rechtsfähigkeitder Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Urteils war die Bestätigung, dass eine GbR rechtsfähig ist und Eigentümer von Grundstücken sein kann. Dies hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Eigentumsübertragungen zwischen einer GbR und ihren Gesellschaftern behandelt werden, und unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen rechtlichen Prüfung solcher Transaktionen.

Insgesamt hat das OLG Hamm mit diesem Urteil wichtige Klarstellungen zur Rolle des Grundbuchamts bei der Prüfung von Eigentumsübertragungen und zur Anwendung des § 26 Nr. 1 BauGB auf GbRs vorgenommen. Diese Entscheidung wird zweifellos dazu beitragen, die Praxis der Eigentumsübertragung in Deutschland zu formen und zu verbessern.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-15 W 152/20 – Beschluss vom 19.05.2020

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) ist in der Sache nicht begründet.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung des mit Schriftsatz vom 22.01.2020 beantragten Eigentumswechsels von der Beteiligten zu 1) auf den Beteiligten zu 2) zu Recht davon abhängig gemacht, dass eine Bescheinigung der Stadt J über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts vorgelegt wird.

Das Grundbuchamt darf nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer nur dann in das Grundbuch eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts der Gemeinde durch ein Negativzeugnis in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist.

Die Vorlage eines Zeugnisses kann nur dann nicht verlangt werden, wenn der Gemeinde kein Vorkaufsrecht zusteht. Das Grundbuchamt hat dabei die Voraussetzungen der §§ 24 ff. BauGB mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eigenständig zu prüfen (vgl. OLG München FGPrax 2008, 13; Bauer/Schaub-Kössinger, GBO, 4. Aufl., § 20 Rn.209; BeckOK GBO-Hügel, 38. Ed. 1.3.2020, GBO § 20 Rn.75; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 20 Rn.52).

Ob vorliegend überhaupt ein Vorkaufsrecht der Gemeinde nach §§ 24, 25 BauGB besteht, kann anhand der von den Beteiligten eingereichten Unterlagen nicht beurteilt werden. Mit den im Grundbuchrecht zur Verfügung stehenden Mitteln kann das Grundbuchamt dieses auch nicht selbst ermitteln (vgl. OLG Celle Rechtspfleger 2014, 191).

Selbständig beurteilen kann das Grundbuchamt allerdings, ob aufgrund des Eingreifens der Voraussetzungen der Vorschrift des § 26 Nr. 1 BauGB ein etwa bestehendes Vorkaufsrecht ausgeschlossen ist. Insoweit ist das Grundbuchamt zu der aus Sicht des Senats zutreffenden Beurteilung gekommen, dass § 26 Nr. 1 BauGB nicht einschlägig ist.

Eingetragener Eigentümer ist die Beteiligte zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist rechtsfähig und kann Eigentümer von Grundstücken sein (BGH NJW 2002, 1207 und BGH NJW 2008, 1378). Der auf Verkaufsvorgänge unter natürlichen Personen abzielende § 26 Nr. 1 BauGB ist daher nach seinem Wortlaut nicht anwendbar.

Eine erweiternde Auslegung des § 26 Nr. 1 BauGB auf den vorliegenden Fall, in dem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter – nach dem nicht in der Form des § 29 GBO belegten Vortrag der Beteiligten – zum Personenkreis des § 26 Nr. 1 BauGB gehören, das Grundstück einem dieser Gesellschafter verkauft, ist nicht angezeigt. Die vom Gesetzgeber für die Schaffung des Ausnahmetatbestandes gegebene Begründung, dass unter Verwandten sehr häufig Preise deutlich unterhalb des Verkehrswerts der Grundstücke vereinbart werden und die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu diesen Preisen nicht angemessen wäre, lässt sich aufgrund der Rechtsträgerschaft der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht übertragen. Es steht gerade nicht fest, dass auch bei diesen Verkaufsvorgängen häufig Preise unterhalb des Verkehrswertes des Grundstücks vereinbart werden. Es handelt sich nämlich gerade nicht um Verkaufsvorgänge unter Verwandten, sondern um einen Verkaufsvorgang durch ein von Verwandten gebildetes Konstrukt mit eigener Rechtsfähigkeit. Der Senat hat keine allgemein zugängliche Datenbasis für diese spezifische Form der Verkaufsvorgänge finden können.

Betrachtet man den im Übertragungsvertrag vom 9.04.2010 (UR-Nr.284/2010 des Notars M in J) für dieses Grundstück angesetzten Verkehrswert von 50.000,00 Euro, den nach BORISplus ermittelten Verkehrswert für das unbebaute Grundstück von 98.260,00 Euro und den jetzt angesetzten Kaufpreis von 127.160,00 Euro scheint hier auch nicht die für Verkäufe unter Verwandte typische Unterschreitung des Verkehrswerts vorzuliegen.

Soweit die Beteiligten darauf verweisen, dass § 26 Nr. 1 BauGB bei Übertragungen im Rahmen der Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft eingreift, rechtfertigt das keine Ausdehnung auf den hier vorliegenden Fall. Miterbengemeinschaften besitzen anders als die Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine Rechtsfähigkeit.

Die Festsetzung eines Geschäftswerts für die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist entbehrlich, da eine wertunabhängige Festgebühr nach GNotKG-VV Nr.19116 zu erheben ist.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO sind nicht gegeben.

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