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Überbaubare Grundstücksfläche Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b)

Baugenehmigung verweigert: Gericht stoppt Einfamilienhaus-Traum in gewachsener Siedlung. Streitpunkt ist die Bebauungsdichte in der beschaulichen Gemarkung M.-E., wo ein Bauherr gegen die Ablehnung seiner Pläne für ein Einfamilienhaus mit Doppelgarage vor Gericht zieht. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigt das Urteil der Vorinstanz und verhindert damit den Bau des Eigenheims, da es sich nicht in die bestehende Umgebung einfügen würde.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt.
  • Die Kläger müssen die Kosten des Verfahrens tragen.
  • Das Gericht entschied, dass das geplante Bauvorhaben sich nicht in die Umgebung einfügt.
  • Eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus mit Doppelgarage wurde abgelehnt.
  • Das Vorhaben würde bodenrechtliche Spannungen auslösen und andere Bauwünsche in der Umgebung beeinflussen.
  • Die nähere Umgebung wurde durch das Gericht genau definiert und der geplante Bau passt nicht in diese Struktur.
  • Die Kläger konnten nicht überzeugend darlegen, dass das Verwaltungsgericht einen Fehler bei der Beurteilung der Umgebung gemacht hat.
  • Die Kläger argumentierten erfolglos, dass andere nahegelegene Gebäude in die Umgebung einbezogen werden sollten.
  • Auch eine andere Erschließungsanlage für das Grundstück wurde vom Gericht nicht als relevant anerkannt.
  • Die geplante Bebauung erfüllt nicht die Voraussetzungen nach § 34 BauGB und führt zu keiner rechtlichen oder faktischen Schwierigkeit.

Aktuelle Entscheidung im komplexen Baurecht: Grenzen der Grundstücksüberbauung

Im Laufe der Jahre hat sich das Thema des Baurechts und der Überbaubarkeit von Grundstücken als ein komplexes und vielschichtiges Rechtsgebiet erwiesen. Besonders relevant und oft Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten ist die Frage, inwieweit sich vorhandene Bebauung auf die Überbaubarkeit eines Grundstücks im Sinne des § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) BauGB auswirkt. Diese gesetzliche Regelung legt fest, dass Flächen, die „durch eine bauliche Anlage überbaut oder durch eine sonstige Anlage oder Einrichtung dauerhaft belegt sind, die über das übliche Maß einer Garten- oder Freifläche hinausgehen“, als überbaubar gelten.

Die konkrete Auslegung des Gesetzes ist jedoch nicht immer einfach, da der Begriff der „sonstigen Anlage oder Einrichtung“ sowie der „üblichen Maß“ Interpretationsspielraum bieten. In der Praxis kommt es vor allem bei größeren Grundstücken mit vorhandenen Nebengebäuden, Lagerflächen, Sportanlagen oder ähnlichen Einrichtungen zu Streitigkeiten, ob diese die Überbaubarkeit des Grundstücks im Sinne des genannten Paragraphen beeinflussen. In einem aktuellen Gerichtsurteil, das wir im Folgenden näher beleuchten, wird dieser Aspekt anhand eines konkreten Falles diskutiert und anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts näher beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Umstrittene Baugenehmigung für Einfamilienhaus in bestehender Wohnsiedlung

Der Fall dreht sich um eine abgelehnte Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus mit Doppelgarage in einer bestehenden Wohnsiedlung. Die Kläger, offenbar die Grundstückseigentümer, hatten einen Bauantrag für ihr Grundstück in der Gemarkung M.-E. gestellt. Dieser wurde jedoch von der zuständigen Behörde abgelehnt. Daraufhin reichten die Kläger Klage ein, um die Erteilung der Baugenehmigung gerichtlich durchzusetzen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage in erster Instanz ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass sich das geplante Vorhaben nicht in die vorhandene Bebauung der Umgebung einfüge, wie es § 34 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuches (BauGB) vorschreibt. Das Gericht sah die Gefahr, dass bei einer Genehmigung bodenrechtliche Spannungen entstehen könnten, da das Vorhaben eine Vorbildwirkung für ähnliche Bauvorhaben in der Gegend entfalten würde.

Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ein. Sie hofften, in der nächsten Instanz doch noch die gewünschte Baugenehmigung zu erhalten.

Detaillierte Prüfung der Bebauungsstruktur durch das Oberverwaltungsgericht

Das Oberverwaltungsgericht setzte sich intensiv mit der Bebauungsstruktur in der Umgebung des geplanten Bauvorhabens auseinander. Es bestätigte die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zur maßgeblichen näheren Umgebung. Diese umfasst demnach die Bebauung nördlich einer ehemaligen Kohlenbahntrasse entlang der S.-straße zwischen F.-straße und P.-straße mit den Hausnummern 2 bis 10 und 1 bis 11.

Das Gericht beschrieb die Bebauungsstruktur in diesem Bereich als homogen. Sie ist gekennzeichnet durch straßennahe Wohnhäuser, die 4 bis 5 Meter von der Straße zurückversetzt sind und eine maximale Tiefe von etwa 25 Metern aufweisen. Hinter den Häusern befinden sich großzügige, vorwiegend gärtnerisch genutzte Flächen.

Das Oberverwaltungsgericht schloss sich der Auffassung an, dass die Bebauung an der F.- und P.-straße aufgrund ihrer andersartigen Struktur nicht zur relevanten näheren Umgebung gehört. Auch die Bebauung südlich der ehemaligen Kohlenbahntrasse wurde nicht zur maßgeblichen Umgebung gezählt, da sie sich durch eine abweichende Struktur mit bis zu drei hintereinander liegenden Gebäuden auszeichnet.

Ablehnung der Berufungszulassung aufgrund fehlender Einfügung in die Umgebungsbebauung

Das Oberverwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass das geplante Bauvorhaben der Kläger sich nicht in die vorhandene Bebauungsstruktur einfügt. Es wies darauf hin, dass das geplante Wohnhaus im Durchschnitt nur etwa 5 Meter von der ehemaligen Kohlenbahntrasse entfernt liegen würde. In der als maßgeblich erachteten Umgebungsbebauung nördlich der Trasse bis zur S.-straße gibt es jedoch keine derart nahe an der Trasse gelegenen Hauptgebäude.

Die Kläger argumentierten, dass die Kohlenbahntrasse als Erschließungsfläche für die Bestimmung der zulässigen Bebauungstiefe herangezogen werden könne. Sie verwiesen darauf, dass ihr Grundstück nur wenige Meter von der befahrbaren P.-straße entfernt liege und über die Trasse als Fußweg erreichbar sei. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht.

Auch der Verweis der Kläger auf eine angeblich faktisch vorhandene rückwärtige Bebauung in der Umgebung wurde vom Gericht nicht akzeptiert. Es stellte fest, dass eine solche Bebauung in der maßgeblichen Umgebung nicht vorhanden ist.

Rechtliche Bewertung und Konsequenzen für Grundstückseigentümer

Das Oberverwaltungsgericht sah keine Gründe für ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Es erkannte auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten in dem Fall, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen würden.

Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen zur Bestimmung der zulässigen Bebauungstiefe bei Grundstücken mit zwei möglichen Erschließungsanlagen wurden vom Gericht als nicht entscheidungserheblich eingestuft. Das Gericht betonte, dass das Verwaltungsgericht in einer zusätzlichen, selbstständig tragenden Erwägung festgestellt hatte, dass sich das Vorhaben auch bei einer Betrachtung von der ehemaligen Kohlenbahntrasse aus nicht in die maßgebliche Umgebung einfügt.

Die Kläger hatten auch argumentiert, dass die Regelung des § 34 Abs. 3a Nr. 1 lit. b) BauGB analog oder als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auf ihren Fall der Errichtung eines Neubaus anwendbar sein könnte. Das Oberverwaltungsgericht wies diese Argumentation zurück und stellte klar, dass die genannte Vorschrift einen vorhandenen, legalen Gebäudebestand voraussetzt, der hier nicht gegeben ist.

Als Konsequenz dieser Entscheidung bleibt den Klägern die Möglichkeit verwehrt, ihr geplantes Einfamilienhaus mit Doppelgarage auf dem vorgesehenen Grundstück zu errichten. Die Ablehnung der Berufungszulassung bedeutet, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird. Die Kläger müssen die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen.

Für Grundstückseigentümer in ähnlichen Situationen unterstreicht diese Entscheidung die Bedeutung der vorhandenen Bebauungsstruktur bei der Beurteilung von Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich. Es zeigt sich, wie wichtig es ist, die Charakteristika der umliegenden Bebauung sorgfältig zu analysieren, bevor Bauanträge gestellt werden.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung betont die strikte Auslegung des Einfügungsgebots nach § 34 BauGB im unbeplanten Innenbereich. Sie verdeutlicht, dass bei der Beurteilung der zulässigen Bebauung die unmittelbare Umgebung maßgeblich ist und eine präzise Abgrenzung des relevanten Bereichs erfolgen muss. Grundstückseigentümer müssen bei Bauvorhaben die bestehende Bebauungsstruktur sorgfältig analysieren, da selbst geringfügige Abweichungen zur Versagung der Baugenehmigung führen können. Die restriktive Auslegung dient dem Schutz des Ortsbildes und der Vermeidung städtebaulicher Spannungen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Grundstücksbesitzer müssen Sie bei Bauvorhaben die unmittelbare Umgebung Ihres Grundstücks sehr genau betrachten. Das Urteil zeigt, dass selbst kleine Abweichungen von der vorherrschenden Bebauungsstruktur zur Ablehnung eines Bauantrags führen können. Achten Sie besonders auf die Ausrichtung, den Abstand zur Straße und die Tiefe der umliegenden Gebäude. Vorhandene Nebengebäude oder unbebaute Flächen beeinflussen die Beurteilung der zulässigen Bebauung erheblich. Lassen Sie sich vor der Planung von einem Fachmann beraten, um die Erfolgsaussichten Ihres Vorhabens realistisch einzuschätzen. Bedenken Sie, dass die Gerichte bei der Auslegung des Einfügungsgebots sehr streng vorgehen, um das bestehende Ortsbild zu schützen.


FAQ – Häufige Fragen

Planen Sie ein Bauvorhaben und fragen sich, ob Ihr Grundstück die Baurechtlichen Vorgaben erfüllt? Oder wollen Sie wissen, wie Sie die Überbaubarkeit Ihres Grundstücks optimal nutzen können? In unserer FAQ Rubrik finden Sie Antworten auf all Ihre Fragen rund um Baurecht und Überbaubarkeit.


Welche Faktoren bestimmen die Überbaubarkeit eines Grundstücks?

Die Überbaubarkeit eines Grundstücks wird durch verschiedene rechtliche und planerische Faktoren bestimmt. Diese Faktoren dienen dazu, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten und die Interessen von Grundstückseigentümern, Nachbarn und der Allgemeinheit in Einklang zu bringen.
Ein wesentlicher Faktor ist die baurechtliche Situation des Grundstücks. Hierbei ist zunächst zu unterscheiden, ob sich das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, im unbeplanten Innenbereich oder im Außenbereich befindet. Im unbeplanten Innenbereich, also in bereits zusammenhängend bebauten Ortsteilen, richtet sich die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 des Baugesetzbuchs (BauGB). Entscheidend ist hier das Einfügungsgebot: Ein Vorhaben muss sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.
Die Grundflächenzahl (GRZ) spielt eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der überbaubaren Fläche. Sie gibt an, welcher Anteil des Grundstücks bebaut werden darf. Die GRZ wird in Bebauungsplänen festgesetzt oder ergibt sich im unbeplanten Innenbereich aus der Umgebungsbebauung. Eine typische GRZ in Wohngebieten liegt zwischen 0,2 und 0,4, was bedeutet, dass 20% bis 40% der Grundstücksfläche überbaut werden dürfen.
Auch Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken beeinflussen die Überbaubarkeit. Diese sind in den Landesbauordnungen geregelt und sollen ausreichend Belichtung, Belüftung und Brandschutz gewährleisten. Die Tiefe der Abstandsflächen bemisst sich in der Regel nach der Wandhöhe des geplanten Gebäudes.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind mögliche Grunddienstbarkeiten, die im Grundbuch eingetragen sein können. Diese können die Nutzung des Grundstücks einschränken, etwa durch Wegerechte oder Leitungsrechte zugunsten von Nachbargrundstücken. Solche Rechte können die überbaubare Fläche reduzieren und müssen bei der Planung berücksichtigt werden.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt in den §§ 912 ff. den Fall des Überbaus, also wenn ein Gebäude versehentlich über die Grundstücksgrenze hinaus errichtet wurde. Dies kann zu komplexen rechtlichen Situationen führen und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Vermessung vor Baubeginn.
In bestimmten Fällen können auch naturschutzrechtliche Bestimmungen oder Denkmalschutzauflagen die Überbaubarkeit eines Grundstücks einschränken. Dies gilt insbesondere für Grundstücke in der Nähe von Schutzgebieten oder für historisch bedeutsame Areale.
Die Erschließung des Grundstücks ist ebenfalls ein entscheidender Faktor. Ein Bauvorhaben ist nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist. Dazu gehören der Anschluss an das öffentliche Straßennetz sowie die Versorgung mit Wasser, Energie und die Entsorgung von Abwasser.
Bei der Planung von Bauvorhaben müssen all diese Faktoren sorgfältig geprüft und berücksichtigt werden. Die Komplexität der Materie macht deutlich, dass eine frühzeitige Abstimmung mit den zuständigen Baubehörden ratsam ist, um Konflikte zu vermeiden und die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens sicherzustellen.

Wie beeinflusst die bestehende Bebauung in der Umgebung die Genehmigung neuer Bauvorhaben?

Die bestehende Bebauung in der Umgebung hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Genehmigung neuer Bauvorhaben. Dies ergibt sich insbesondere aus dem sogenannten Einfügungsgebot des § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Dieses Gebot besagt, dass sich ein neues Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss.
Bei der Beurteilung, ob sich ein Bauvorhaben einfügt, sind verschiedene Kriterien zu berücksichtigen. Dazu gehören die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise sowie die überbaubare Grundstücksfläche. Diese Merkmale werden anhand der vorhandenen Bebauung in der näheren Umgebung ermittelt.
Die Art der baulichen Nutzung bezieht sich auf den Zweck des Gebäudes. Hierbei wird geprüft, ob das geplante Vorhaben mit den umliegenden Nutzungen vereinbar ist. In einem reinen Wohngebiet wäre beispielsweise ein Industriebetrieb in der Regel nicht zulässig.
Das Maß der baulichen Nutzung umfasst Aspekte wie die Gebäudehöhe, die Geschosszahl oder die Grundflächenzahl. Ein Neubau sollte sich in diesen Punkten an den umliegenden Gebäuden orientieren. Ein mehrstöckiges Hochhaus inmitten einer Einfamilienhaussiedlung würde sich beispielsweise nicht einfügen.
Die Bauweise beschreibt, wie die Gebäude auf dem Grundstück angeordnet sind. Hierbei wird zwischen offener und geschlossener Bauweise unterschieden. In einer Gegend mit freistehenden Einfamilienhäusern wäre ein Reihenhaus möglicherweise nicht genehmigungsfähig.
Die überbaubare Grundstücksfläche bezieht sich auf den Teil des Grundstücks, der bebaut werden darf. Auch hier muss sich das neue Vorhaben an der Umgebungsbebauung orientieren. In einer locker bebauten Villengegend wäre eine vollständige Ausnutzung der Grundstücksfläche wahrscheinlich nicht zulässig.
Es ist wichtig zu betonen, dass sich ein Bauvorhaben nicht exakt an die Umgebungsbebauung anpassen muss. Es darf durchaus Abweichungen geben, solange der Rahmen des Einfügens nicht gesprengt wird. Die Rechtsprechung spricht hier von einem Rahmen, der durch die Umgebungsbebauung vorgegeben wird.
In bestimmten Fällen kann auch von dem Erfordernis des Einfügens abgewichen werden. Dies ist beispielsweise möglich, wenn es um die Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Wohngebäudes geht. Allerdings müssen solche Vorhaben städtebaulich vertretbar sein und mit öffentlichen Belangen vereinbar sein.
Die Beurteilung, ob sich ein Bauvorhaben einfügt, erfolgt stets im Einzelfall. Dabei werden alle relevanten Umstände berücksichtigt. Es kann durchaus vorkommen, dass zwei ähnliche Vorhaben in unterschiedlichen Umgebungen unterschiedlich beurteilt werden.
Für Bauherren ist es ratsam, sich frühzeitig mit der Umgebungsbebauung auseinanderzusetzen. Eine sorgfältige Analyse der Nachbarschaft kann helfen, das eigene Bauvorhaben so zu gestalten, dass es den rechtlichen Anforderungen entspricht. Dies kann dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden und die Chancen auf eine Baugenehmigung zu erhöhen.
Die Berücksichtigung der Umgebungsbebauung dient letztlich dem Ziel, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Sie soll verhindern, dass durch Neubauten städtebauliche Spannungen entstehen oder das Ortsbild beeinträchtigt wird. Gleichzeitig soll sie aber auch eine angemessene Weiterentwicklung und Verdichtung bestehender Siedlungsstrukturen ermöglichen.

Was sind bodenrechtliche Spannungen und wie beeinflussen sie Bauvorhaben?

Bodenrechtliche Spannungen sind ein wichtiges Konzept im Baurecht, das die Zulässigkeit von Bauvorhaben maßgeblich beeinflussen kann. Sie entstehen, wenn ein geplantes Bauvorhaben die bestehende Situation in einer Weise verändert, die aus städtebaulicher Sicht problematisch sein könnte.
Konkret treten bodenrechtliche Spannungen auf, wenn ein Bauvorhaben die vorhandene Bebauungsstruktur stört, belastet oder in negativer Weise verändert. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Gebäude deutlich höher oder massiver als die umliegende Bebauung geplant ist oder wenn es eine Nutzung vorsieht, die nicht zur Umgebung passt.
Ein anschauliches Beispiel wäre der Bau eines mehrstöckigen Wohnhauses in einem Gebiet, das bisher nur durch Einfamilienhäuser geprägt ist. Hier könnten bodenrechtliche Spannungen entstehen, da das neue Gebäude möglicherweise nicht mit dem Charakter der Umgebung harmoniert und zu Problemen wie verstärktem Verkehrsaufkommen oder Verschattung führen könnte.
Die Relevanz bodenrechtlicher Spannungen zeigt sich besonders im Kontext des § 34 Baugesetzbuch (BauGB), der die Zulässigkeit von Vorhaben im sogenannten unbeplanten Innenbereich regelt. Nach dieser Vorschrift muss sich ein Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Entstehen durch das Vorhaben bodenrechtliche Spannungen, kann dies ein Indiz dafür sein, dass es sich eben nicht einfügt und somit möglicherweise nicht genehmigungsfähig ist.
Für Grundstückseigentümer und Bauherren bedeutet dies, dass sie bei der Planung ihrer Vorhaben stets die Umgebungsbebauung im Blick haben müssen. Ein Bauvorhaben, das bodenrechtliche Spannungen hervorruft, läuft Gefahr, keine Baugenehmigung zu erhalten. Die Bauaufsichtsbehörden prüfen im Genehmigungsverfahren, ob solche Spannungen entstehen und ob sie so erheblich sind, dass sie einer Genehmigung entgegenstehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Veränderung automatisch zu unzulässigen bodenrechtlichen Spannungen führt. Geringe Abweichungen von der Umgebungsbebauung sind in der Regel unproblematisch. Entscheidend ist, ob das Vorhaben die städtebauliche Situation in einer Weise verändert, die ein planerisches Eingreifen erforderlich machen würde.
Die Beurteilung, ob bodenrechtliche Spannungen vorliegen, erfolgt im Einzelfall und kann komplex sein. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche. Auch die mögliche Vorbildwirkung eines Vorhabens spielt eine Rolle, da ein Projekt, das einmal genehmigt wurde, als Präzedenzfall für ähnliche Vorhaben in der Umgebung dienen könnte.
Für Bauherren ist es ratsam, bereits in der Planungsphase mögliche bodenrechtliche Spannungen zu berücksichtigen und das Vorhaben so zu gestalten, dass es sich harmonisch in die Umgebung einfügt. Dies kann die Chancen auf eine Baugenehmigung erheblich verbessern und spätere Konflikte mit Nachbarn oder Behörden vermeiden.
Im Kontext der überbaubaren Grundstücksfläche, die ebenfalls ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung von Bauvorhaben darstellt, können bodenrechtliche Spannungen entstehen, wenn ein Gebäude beispielsweise deutlich tiefer in das Grundstück hineinragt als die umliegenden Bauten. Dies könnte die gewachsene Struktur der rückwärtigen Grundstücksbereiche stören und somit zu Spannungen führen.

Welche Rolle spielen Erschließungsanlagen bei der Beurteilung der Bebauungstiefe?

Die Erschließungsanlagen spielen eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Bebauungstiefe eines Grundstücks. Die Bebauungstiefe ist ein wichtiger Parameter im Baurecht und bezeichnet die maximale Tiefe der überbaubaren Grundstücksfläche. Sie gibt an, wie weit ein Grundstück von der erschließenden Straße aus „nach hinten“ bebaut werden darf.
Erschließungsanlagen sind für die Nutzbarkeit eines Grundstücks von zentraler Bedeutung. Sie umfassen die Anbindung an das öffentliche Straßen- und Wegenetz sowie an Versorgungsnetze für Wasser, Strom und Abwasser. Die gesicherte Erschließung ist in der Regel eine Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung.
Bei der Beurteilung der Bebauungstiefe wird berücksichtigt, inwieweit die vorhandenen Erschließungsanlagen eine sinnvolle Nutzung des Grundstücks ermöglichen. Die Bebauungstiefe wird oft so festgelegt, dass alle Teile des Gebäudes noch angemessen von den Erschließungsanlagen profitieren können. Dies betrifft insbesondere die Zugänglichkeit für Rettungsfahrzeuge, die Versorgung mit Wasser und Energie sowie die Entsorgung von Abwasser.
In Bebauungsplänen wird die überbaubare Grundstücksfläche durch Baugrenzen oder Baulinien festgelegt. Diese Festsetzungen berücksichtigen die vorhandenen oder geplanten Erschließungsanlagen. Die Bebauungstiefe wird so bestimmt, dass eine effiziente Nutzung der Erschließungsanlagen gewährleistet ist, ohne dass unverhältnismäßige Kosten für deren Erweiterung entstehen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Anforderungen an die Erschließung je nach Art des Baugebiets variieren können. In einem Gewerbegebiet beispielsweise können höhere Anforderungen an die Erschließung gestellt werden als in einem reinen Wohngebiet, da hier möglicherweise mit einem höheren Verkehrsaufkommen oder speziellen Versorgungsbedürfnissen zu rechnen ist.
Die Qualität der Erschließungsanlagen kann auch die zulässige Nutzung eines Grundstücks beeinflussen. Ist etwa die Zufahrtsstraße zu schmal für Lastkraftwagen, könnte dies die Genehmigung eines Gewerbebetriebs verhindern, selbst wenn dieser nach den sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans zulässig wäre.
Bei der Festlegung der Bebauungstiefe wird zudem berücksichtigt, dass die Erschließungskosten in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen. Grundstückseigentümer müssen in der Regel einen erheblichen Teil der Erschließungskosten tragen. Eine zu große Bebauungstiefe könnte zu unverhältnismäßig hohen Erschließungskosten führen, was wiederum die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Grundstücks beeinträchtigen würde.
Im unbeplanten Innenbereich, wo kein Bebauungsplan vorliegt, richtet sich die zulässige Bebauungstiefe nach dem Einfügungsgebot des § 34 Baugesetzbuch. Hier spielt die vorhandene Erschließung eine besonders wichtige Rolle, da sie oft den Rahmen für die zulässige Bebauung vorgibt.
Die Erschließungsanlagen beeinflussen somit maßgeblich, wie tief ein Grundstück bebaut werden kann. Sie sind ein wesentlicher Faktor bei der Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche und damit der Bebauungstiefe. Eine gute Erschließung kann die Möglichkeiten der Grundstücksnutzung erweitern, während unzureichende Erschließungsanlagen die Bebauungstiefe und damit die Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks einschränken können.

Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn ein Bauantrag abgelehnt wird?

Bei Ablehnung eines Bauantrags stehen dem Bauherrn verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung. Die erste Option ist der Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Dieser muss innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Erhalt der Ablehnung schriftlich bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Es ist ratsam, den Widerspruch zu begründen und mit relevanten Dokumenten zu untermauern, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
Sollte der Widerspruch erfolglos bleiben, kann der Bauherr den Klageweg beschreiten. Die Klage muss beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden. Hierbei ist zu beachten, dass dieser Schritt mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und der Ausgang ungewiss sein kann. Es empfiehlt sich daher, die Erfolgsaussichten sorgfältig abzuwägen.
Eine Alternative zum formellen Rechtsweg besteht darin, das Gespräch mit der Baubehörde zu suchen. Oft können Missverständnisse oder kleinere Unstimmigkeiten im direkten Dialog geklärt werden. In manchen Fällen ist es möglich, den Bauantrag entsprechend den Einwänden der Behörde anzupassen und erneut einzureichen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Ablehnung eines Bauantrags verschiedene Gründe haben kann. Diese reichen von der Ungeeignetheit des Grundstücks über Verstöße gegen Naturschutzvorschriften bis hin zu Beeinträchtigungen des Ortsbildes. Eine genaue Analyse der Ablehnungsgründe ist entscheidend für die Wahl der weiteren Vorgehensweise.
In einigen Bundesländern, wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, gibt es Besonderheiten zu beachten. Hier ist das Widerspruchsverfahren abgeschafft worden, sodass nur noch der direkte Klageweg offensteht. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sich über die spezifischen rechtlichen Gegebenheiten im jeweiligen Bundesland zu informieren.
Eine sorgfältige Vorbereitung des Bauantrags kann helfen, Ablehnungen von vornherein zu vermeiden. Die Einreichung einer Bauvoranfrage kann wertvolle Hinweise liefern und das Risiko einer späteren Ablehnung minimieren. Zudem ist es ratsam, bei der Finanzplanung mögliche Verzögerungen oder gar eine Ablehnung des Bauantrags zu berücksichtigen.
Im Falle einer Ablehnung ist es oft zielführender, einen konstruktiven Dialog mit der Baubehörde zu suchen, anstatt sofort den Rechtsweg zu beschreiten. Eine kooperative Herangehensweise kann in vielen Fällen zu einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung führen. Dies kann bedeuten, das Bauvorhaben anzupassen oder alternative Lösungen zu entwickeln, die den Anforderungen der Behörde entsprechen.
Es ist zu beachten, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss. Die rechtlichen Möglichkeiten und deren Erfolgsaussichten hängen stark von den spezifischen Umständen ab. Faktoren wie die Art des geplanten Bauvorhabens, die geltenden Bebauungspläne und die lokalen Gegebenheiten spielen eine entscheidende Rolle.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Bebauung im Innenbereich, also in bereits bebauten Gebieten. Er besagt, dass sich neue Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müssen. Im konkreten Fall wurde die Baugenehmigung verweigert, weil das geplante Haus sich nicht in die bestehende Bebauungsstruktur einfügen würde.
  • § 34 Abs. 3a Nr. 1 lit. b) BauGB: Dieser Paragraph definiert, welche Flächen als „überbaut“ gelten und somit bebaut werden dürfen. Dabei geht es um Flächen, die über das übliche Maß einer Garten- oder Freifläche hinausgehen und durch bauliche Anlagen oder andere Einrichtungen dauerhaft belegt sind. Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass die Kohlenbahntrasse als Erschließungsfläche betrachtet werden könnte, um die zulässige Bebauungstiefe zu erweitern. Dies wurde jedoch vom Gericht abgelehnt.
  • § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Dieser Paragraph regelt die Zulassung der Berufung in verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine Berufung wird nur zugelassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen. Im konkreten Fall sah das Oberverwaltungsgericht keine solchen Zweifel und lehnte die Berufung ab.
  • Begriff der „näheren Umgebung“ nach § 34 BauGB: Dieser Begriff ist nicht im Gesetz definiert, sondern wird durch die Rechtsprechung konkretisiert. Dabei spielen Faktoren wie die vorhandene Bebauungsstruktur, die Art der Nutzung und die topografischen Gegebenheiten eine Rolle. Im vorliegenden Fall wurde die nähere Umgebung auf die Bebauung nördlich der Kohlenbahntrasse begrenzt, da diese eine homogene Struktur aufweist.
  • Bodenrechtliche Spannungen: Dieser Begriff bezieht sich auf Konflikte, die entstehen können, wenn ein Bauvorhaben das Gleichgewicht in einem Gebiet stört. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein neues Gebäude deutlich größer oder anders gestaltet ist als die umliegende Bebauung. Im vorliegenden Fall befürchtete das Gericht, dass die Genehmigung des Bauvorhabens eine Vorbildwirkung für ähnliche Projekte haben und somit zu einer unerwünschten Veränderung der Umgebung führen könnte.
  • Erschließungsanlage: Eine Erschließungsanlage umfasst Straßen, Wege und andere Infrastruktureinrichtungen, die ein Grundstück zugänglich machen. Diese sind wichtig, da sie die Nutzung und Bebauung eines Grundstücks beeinflussen. Im vorliegenden Fall wurde diskutiert, ob die Kohlenbahntrasse als Erschließungsanlage gewertet werden kann, was jedoch vom Gericht verneint wurde.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Baugesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Bebauung im Innenbereich, also in bereits bebauten Gebieten. Er besagt, dass sich neue Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müssen. Im konkreten Fall wurde die Baugenehmigung verweigert, weil das geplante Haus sich nicht in die bestehende Bebauungsstruktur einfügen würde.
  • § 34 Abs. 3a Nr. 1 lit. b) BauGB: Dieser Paragraph definiert, welche Flächen als „überbaut“ gelten und somit bebaut werden dürfen. Dabei geht es um Flächen, die über das übliche Maß einer Garten- oder Freifläche hinausgehen und durch bauliche Anlagen oder andere Einrichtungen dauerhaft belegt sind. Im vorliegenden Fall wurde argumentiert, dass die Kohlenbahntrasse als Erschließungsfläche betrachtet werden könnte, um die zulässige Bebauungstiefe zu erweitern. Dies wurde jedoch vom Gericht abgelehnt.
  • § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Dieser Paragraph regelt die Zulassung der Berufung in verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Eine Berufung wird nur zugelassen, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen. Im konkreten Fall sah das Oberverwaltungsgericht keine solchen Zweifel und lehnte die Berufung ab.
  • Begriff der „näheren Umgebung“ nach § 34 BauGB: Dieser Begriff ist nicht im Gesetz definiert, sondern wird durch die Rechtsprechung konkretisiert. Dabei spielen Faktoren wie die vorhandene Bebauungsstruktur, die Art der Nutzung und die topografischen Gegebenheiten eine Rolle. Im vorliegenden Fall wurde die nähere Umgebung auf die Bebauung nördlich der Kohlenbahntrasse begrenzt, da diese eine homogene Struktur aufweist.
  • Bodenrechtliche Spannungen: Dieser Begriff bezieht sich auf Konflikte, die entstehen können, wenn ein Bauvorhaben das Gleichgewicht in einem Gebiet stört. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein neues Gebäude deutlich größer oder anders gestaltet ist als die umliegende Bebauung. Im vorliegenden Fall befürchtete das Gericht, dass die Genehmigung des Bauvorhabens eine Vorbildwirkung für ähnliche Projekte haben und somit zu einer unerwünschten Veränderung der Umgebung führen könnte.

Das vorliegende Urteil

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 7 A 1364/22 – Beschluss vom 27.05.2024


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Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 20.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf dem Grundstück Gemarkung M.-E., Flur 11, Flurstück 743 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben füge sich nach der zur Überbauung vorgesehenen Fläche entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht in den in der maßgeblichen Umgebung vorhandenen Rahmen ein, bei einer Zulassung des Vorhabens würden auch bodenrechtliche Spannungen ausgelöst, weil es eine Vorbildwirkung für vergleichbare Bauwünsche im betroffenen Bereich entfalte.

Das dagegen gerichtete Zulassungsvorbringen führt nicht zur Zulassung der Berufung.

1. Es weckt keine ernstlichen Zweifel an der Urteilsrichtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Die Kläger rügen ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe die für die überbaubare Fläche maßgebliche nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks nicht zutreffend erkannt.

Das Verwaltungsgericht hat – auf der Grundlage der bei einer Ortsbesichtigung im Beisein der Beteiligten gewonnenen Eindrücke – festgestellt, die maßgebliche nähere Umgebung werde durch die nördlich der ehemaligen Kohlenbahntrasse gelegene Bebauung entlang der S.-straße in deren Abschnitt zwischen F.-straße und P.-straße gebildet (Hausnummern 2 bis 10 und 1 bis 11), in diesem Bereich finde sich bezüglich der überbauten Fläche eine homogene Struktur, die durch eine straßennahe Bebauung mit Wohnhäusern – 4 bis 5 m von der Straße zurückversetzt mit einer maximalen Tiefe von bis zu ca. 25 m – und dahinter liegende großzügige, vornehmlich gärtnerisch genutzte Flächen gekennzeichnet sei. Die weitere Bebauung an der F.- und der P.-straße werde von diesen quer zur S.-straße verlaufenden Straßen aus erschlossen, sei zu diesen Straßen ausgerichtet und weise insofern eine deutlich andersartige Bebauungsstruktur auf. Die südlich der ehemaligen Kohlenbahntrasse gelegene Bebauung gehöre ebenfalls nicht zur näheren Umgebung. Sie setze sich mit bis zu drei hintereinander liegenden Gebäuden, die über kürzere Abzweigungen mit Wendehammer oder eigene Wegeparzellen von der E…-straße aus angefahren würden, von der Bebauungsstruktur entlang der S.-straße ab. Die ehemalige Kohlenbahntrasse markiere eine deutlich wahrnehmbare Grenze zwischen den zwei Gebieten.

Diese Feststellungen werden durch das Zulassungsvorbringen nicht erschüttert.

Die Kläger machen ohne Erfolg geltend, die Bebauung östlich der F.-straße (Hausnummern 2 und 4), entlang der P.-straße (Hausnummern 1 bis 4) sowie entlang der als Sackgasse ausgestalteten L.-straße (Hausnummern 3 bis 14) gehöre zu der für das Kriterium der überbaubaren Fläche maßgeblichen näheren Umgebung. Diese Gebäude unterscheiden sich – wie vom Verwaltungsgericht aufgezeigt – deutlich von der homogenen Struktur der Bebauung entlang der S.-straße. Sie sind jeweils zu den quer zur S.-straße verlaufenden Straßen ausgerichtet und liegen nur wenige Meter von diesen Straßen entfernt. Aus der Entfernung zum Grundstück der Kläger ergibt sich nichts anderes. Die P.-straße und die L.-straße sind zudem schon deshalb nicht mit der von den Klägern geplanten privaten Zufahrt von etwa 30 m Länge vergleichbar, weil es sich um öffentliche Straßen handelt.

Ohne Erfolg berufen sich die Kläger weiter darauf, auch die südlich der ehemaligen Kohlenbahntrasse gelegene Bebauung sei in die relevante nähere Umgebung einzubeziehen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, die Bebauung südlich der Bahntrasse unterscheide sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche deutlich von derjenigen entlang der S.-straße. Dieser zu einer trennenden Wirkung der Kohlenbahntrasse führende Gegensatz wird weder durch die von den Klägern angeführte Begehbarkeit von beiden Seiten noch durch die Breite und Widmung der Trasse oder die Sichtbeziehungen zwischen den Bebauungen auf beiden Seiten aufgehoben.

b) Auch der Vortrag der Kläger, die Kohlenbahntrasse könne ebenfalls als Erschließungsfläche für die Bestimmung der zulässigen Bebauungstiefe herangezogen werden, das Grundstück liege nur wenige Meter von der mit Kraftfahrzeugen befahrbaren P.-straße entfernt und sei über die Trasse als Fußweg erreichbar, von der Kohlenbahntrasse aus betrachtet sei das Grundstück einer Bebauung zugänglich, greift nicht durch.

Damit ziehen sie jedenfalls die selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel, auch bei einer Betrachtung von der ehemaligen Bahntrasse aus befinde sich in der maßgeblichen Umgebungsbebauung nördlich der Trasse bis zur S.-straße keine nah zur Trasse gelegene Bebauung mit Gebäuden der Hauptnutzung, in deren Rahmen sich das im Mittel nur ca. 5 m von der Trasse entfernt geplante Wohnhaus einfügen würde. Soweit sie darauf verweisen, östlich der F.-straße, entlang der P.-straße und südlich der L.-straße finde sich unmittelbar an die Trasse angrenzende Wohnbebauung, ist diese aus den dargelegten Gründen nicht Teil der für das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblichen Umgebung.

c) Schließlich machen die Kläger auch ohne Erfolg geltend, das Vorhaben werfe- anders als vom Verwaltungsgericht angenommen – keine bodenrechtlichen Spannungen auf.

Soweit sie in diesem Zusammenhang auf eine faktisch vorhandene rückwärtige Bebauung verweisen, ist diese aus den dargelegten Gründen in der hier maßgeblichen Umgebung nicht vorhanden.

d) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus der von den Klägern in Bezug genommenen Regelung des § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) BauGB. Es fehlt schon an einer Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes im Sinne dieser Norm. Auch die „Erneuerung“ eines solchen Gebäudes knüpft an einen vorhandenen, legalen Bestand an.

Vgl. Spannowsky, in BeckOK BauGB, Stand: 1.2.2024, § 34 Rn. 74; Mitschang/Reidt, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 34 Rn. 77; Söfker/Hellriegel, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Oktober 2023, § 34 Rn. 87; vgl. auch die Begründungen zu § 34 Abs. 3a BauGB i. d. F. des Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien vom 24.6.2006, BT-Drucksache 15/2996, S. 66 sowie zu § 34 Abs. 3a BauGB i. d. F. des Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21.12.2006, BR-Drucksache 558/06, S. 30.

Daran fehlt es bei einer Neuerrichtung auf einem bislang unbebauten Grundstück, wie sie vorliegend im Raum steht. Dementsprechend ist auch – anders als die Kläger meinen – für eine analoge Anwendung der Vorschrift oder ihre Heranziehung als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens kein Raum.

2. Aus den obigen Gründen weist die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Kläger legen mit ihrem Zulassungsvorbringen auch nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.

Die von ihnen aufgeworfenen Fragen

„Ist bei einer Bestimmung der zulässigen Bebauungstiefe gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB bei Grundstücksflächen, die an zwei öffentliche Erschließungsanlagen, die einer Erschließung des Grundstücks dienen können, angrenzen, ausschließlich auf die im Rahmen des Bauantragsverfahrens gewählte Erschließungsanlage abzustellen oder bestimmt sich die Frage der zulässigen Bebauungstiefe allein objektiv anhand der tatsächlich vorhandenen öffentlichen Erschließungsanlagen, mit der Folge, dass auch die weitere Erschließungsanlage zur Beurteilung der zulässigen Bebauungstiefe herangezogen werden muss?“

und

„Gilt diese Beurteilung auch dann, wenn die weitere Erschließungsanlage lediglich eine begrenzte Erschließungsfunktion als Fuß- und Radweg hat?“

waren für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht erheblich, weil es in einer zusätzlichen – selbständig tragenden – Erwägung festgestellt hat, das Vorhaben füge sich auch bei einer Betrachtung von der ehemaligen Kohlenbahntrasse aus hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die maßgebliche Umgebung ein (vgl. Seite 10 des Urteils).

Die Frage

„Ist die Regelung des § 34 Abs. 3a Nr. 1 lit. b) BauGB i. V. m. § 34 Abs. 3 a Nr. 2 und 3 BauGB entweder unmittelbar, verneinendenfalls analog oder, wenn auch dies verneint wird, als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf den Fall der Errichtung eines Wohnhauses als Neubau anzuwenden?“

ist nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich – wie dargelegt – im Wege der Auslegung anhand des Wortlauts der Norm sowie der Gesetzesmaterialien beantworten, ohne dass es hierfür eines Berufungsverfahrens bedürfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


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