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Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung an Wintergartendach

OLG Düsseldorf – Az.: I-23 U 81/20 – Beschluss vom 17.05.2021

Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung ihrer Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 27.03.2020 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.

Sie erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum 17.06.2021 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Jahr 2006 mit der Sanierung des Daches eines an ihr Haus in Kleve angebauten Wintergartens, welches durch einen Sturm beschädigt worden war – der Sturm Kyrill kann es allerdings nicht gewesen sein, weil dieser nach gerichtlicher Kenntnis erst im Januar 2007 über NRW hinweg gezogen ist. Die Arbeiten wurden noch im Jahr 2006 ausgeführt, von der Klägerin abgenommen und bezahlt. Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Werkleistung der Beklagten sei mangelhaft. Der Anschluss des Daches an die vorhandene Wintergarten-Unterkonstruktion sei undicht. Dies habe zum Feuchtigkeitseintrag in den Wintergarten, Schimmelbildung und letztendlich über die Jahre hinweg zur Zerstörung der aus Holz bestehenden Unterkonstruktion geführt. Aufgrund dessen müsse der gesamte Wintergarten neu errichtet werden.

Die Klägerin hat im Wege ihrer im Jahr 2015 erhobenen Vorschussklage die Kosten für eine Neuerrichtung des Wintergartens in Höhe von 57.715,– Euro geltend gemacht und daneben die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat sich gegenüber etwaigen Gewährleistungsansprüchen neben Einwänden in der Sache auf die Einrede der Verjährung berufen. Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Urteil vom 27.03.2020, auf dessen tatsächliche Feststellungen verwiesen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob das von der Beklagten neu errichtete Dach mangelhaft sei. Vorschuss für eine Mangelbeseitigung könne die Klägerin jedenfalls deshalb nicht verlangen, weil der Beklagten die Herstellung eines mangelfreien Werks unmöglich sei. Die Beklagte habe allein die Errichtung eines neuen Daches auf der vorhandenen Unterkonstruktion geschuldet. Hierauf sei auch ihre Nacherfüllungspflicht begrenzt. Die Unterkonstruktion sei jedoch nach den überzeugenden Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen für eine fachgerechte Ausführung der geschuldeten Leistung nicht geeignet. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Minderung oder Schadensersatz seien nicht streitgegenständlich.

Gegen die Klageabweisung wendet sich die Klägerin – im Hinblick auf die Höhe ihrer Forderung teilweise – mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie macht geltend, dass das Dach nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme mangelhaft sei, weil es undicht sei und damit seine grundlegende Funktion, das Bauwerk vor eindringender Feuchtigkeit zu schützen, nicht erfülle. Die Nacherfüllung sei nicht unmöglich. Die vorhandene Unterkonstruktion sei zwar für den dichten Anschluss eines Daches der von der Beklagten mit System-Bauteilen ausgeführten Art ungeeignet. Nach den Erläuterungen des Sachverständigen könne jedoch ein dichtes Dach mittels einer Zimmermanns- oder Dachdeckerkonstruktion unter Erhalt der bestehenden Unterkonstruktion hergestellt werden. Auf eine Neuherstellung in dieser Form sei der Nacherfüllungsanspruch der Klägerin gerichtet. Dementsprechend könne sie die Kosten für den Rückbau des von der Beklagten errichteten Daches, die Kosten für die Neuherstellung des Daches und einen Regiekostenzuschlag verlangen. Die Kosten beliefen sich entsprechend der Kostenschätzung des gerichtlichen Sachverständigen im 2. Ergänzungsgutachten auf insgesamt jedenfalls 37.155,– Euro brutto.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Kleve vom 27.03.2020 zu verurteilen,

1.

an sie einen Vorschuss auf die Kosten für den Abriss des von der Beklagten hergestellten und die Neuherstellung eines dichten Daches für ihren Wintergarten in Höhe von 37.155,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen;

2.

ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte, die das erstinstanzliche Urteil verteidigt, beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Kostenvorschussanspruch für den Rückbau und die Neuerrichtung des Wintergartendaches aus §§ 631, 633, 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 und 3 BGB.

Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung an Wintergartendach
(Symbolfoto: Emma E. Threlfall/Shutterstock.com)

Allerdings ist das Werk der Beklagten mangelhaft. Denn das Dach, welches sie im Jahr 2006 auf dem Wintergarten errichtet hat, schließt nicht dicht an die seinerzeit bereits vorhandene Unterkonstruktion an. Dies steht nach dem Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens fest. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass es an einigen Stellen des Anschlussbereiches des Wintergartendaches an die Unterkonstruktion zum Wassereintritt von außen in das Innere des Wintergartens kommt (S. 16 des Ausgangsgutachtens, S. 7 des Ergänzungsgutachtens v. 06.07.2017, S. 2 der Sitzungsniederschrift v. 15.01.2019, Bl. 214, 300, 435R d.A.). Seine Erläuterungen sind nachvollziehbar. Die Undichtigkeit wird außerdem durch die von ihm vor Ort im Anschlussbereich vorgefundenen und durch Fotos dokumentierten Wasserspuren belegt. In dem undichten Anschluss ist ein Mangel i.S.d. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB zu sehen. Dass die Undichtigkeit eines Dachanschlusses eine Abweichung der Ist-Beschaffenheit des Daches von seiner Soll-Beschaffenheit darstellt, unterliegt keinem Zweifel. Die Abweichung ist im vorliegenden Fall auch dem Werk der Beklagten geschuldet. Da sie nach den vertraglichen Vereinbarungen nämlich die Montage eines Daches auf eine vorhandene Unterkonstruktion übernommen hatte, hatte sie für einen dichten Anschluss Sorge zu tragen.

Einen Vorschuss auf die Kosten der Herstellung eines – was die streitgegenständliche Undichtigkeit betrifft – mangelfreien Werkes kann die Klägerin jedoch nicht verlangen. Das Recht des Bestellers zur Selbstvornahme, auf dem der hier geltend gemachte Kostenvorschussanspruch gründet, setzt das Bestehen eines (Nach-) Erfüllungsanspruch i.S.d. § 635 BGB voraus. Es entsteht nicht, wenn der Nacherfüllungsanspruch nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. Denn in diesem Fall verweigert der Unternehmer eine Nacherfüllung zu Recht, § 637 Abs. 1 HS. 2 BGB (vgl. BeckOGK/Rast, 01.04.2021, BGB § 637 Rdnr. 38 f. m.w.Nw.). So liegt der Fall hier. Die Herstellung eines dichten Anschlusses ist – wie das Landgericht zu Recht erkannt hat – gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Es handelt sich um einen Fall objektiver Unmöglichkeit, die u.a. dann anzunehmen ist, wenn das Werk aus technischen Gründen von niemanden mangelfrei hergestellt werden kann. Hiervon ist aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen auszugehen, wonach bei Beibehaltung der vorhandenen Unterkonstruktion ein dichter Anschluss mittels einer Montage von System-Bauteilen, wie sie die Beklagte schuldete, nicht erreicht werden kann, sondern eine völlig neue, von einem Zimmermann oder Dachdecker herzustellende Dachkonstruktion erforderlich ist (S. 9 des 3. Ergänzungsgutachtens vom 12.06.2019, Bl. 501 d.A.). Diese Feststellungen werden von der Klägerin nicht angegriffen, sie hat sie sich im Rahmen ihrer Berufung vielmehr selbst zu Eigen gemacht. Entgegen ihrer Ansicht steht der Umstand, dass ein dichter Anschluss durch eine Zimmermanns- oder Dachdeckerkonstruktion erreicht werden kann, der Annahme objektiver Unmöglichkeit nicht entgegen. Zwar kann der Unternehmer im Rahmen der Nacherfüllung zu anderen Leistungen, als den vertraglich geschuldeten, verpflichtet sein, wenn eine vertragsgemäße Funktionalität seines Werkes – hier eines dichten Daches – auf andere Weise nicht herzustellen ist. Dies kann auch, was etwa Vor- und Nacharbeiten betrifft, Leistungen außerhalb des eigenen Gewerks umfassen. Die diesbezüglichen Kosten einer berechtigten Selbstvornahme sind entsprechend ersatzfähig (vgl. BGH, Urteil v. 21.11.2013 – VII ZR 275/12, NJW 2014, 620, 521; OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.06.2017 – I-22 U 14/17, NJW 2018, 627, 631; Jurgeleit in: Kniffka/Koebele/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 5, Rdnr. 245; jew. m.w.Nw.). Die Nacherfüllungspflicht zwingt den Unternehmer aber nicht in die Herstellung eines anderen Werkes, als er es schuldete. Dies wäre hier aber der Fall, würde der Beklagten die zur Herstellung eines dichten Daches gebotene Zimmermanns- bzw. Dachdeckerkonstruktion aufgegeben werden, weil das so hergestellte Dach mit einem aus System-Bauteilen gefertigten Dach nicht zu vergleichen wäre.

2.

Im Hinblick auf eine etwaige Änderung des Streitgegenstandes (vgl. S. 8 des Schriftsatzes der Klägerin vom 29.04.2021, Bl. 697 d.A.), wird – seine Zulässigkeit unterstellt – in der Sache bereits auf folgendes hingewiesen:

Eine vollständige Funktionsuntauglichkeit des Werkes der Beklagten ist nicht ersichtlich ist. Der Sachverständige hat zwar Undichtigkeiten im Anschlussbereich des von der Beklagten montierten Daches an die Unterkonstruktion festgestellt (s.o.); dies jedoch nur an einigen Stellen. Was einen etwaigen Mangelschaden betrifft, könnte zu berücksichtigen sein, dass der Sturmschaden ausweislich des von der Klägerin vorgelegen Privatgutachtens (dort S. 5, Bl. 53 d.A.) von einer Versicherung reguliert worden ist. Mangelbedingte Folgeschäden erschließen sich nicht. Ihre Behauptung, die Unterkonstruktion sei über die Jahre hinweg zerstört worden, hat die Klägerin im Rahmen ihrer Berufung fallen gelassen. Dass der Schimmelbefall im beklagten Ausmaß auf Wassereintritte an den undichten Stellen des Anschlussbereiches zurückzuführen ist, hat der Sachverständige nicht eindeutig festzustellen vermocht, vielmehr weitere mögliche Ursachen, wie eine große Anzahl von Pflanzen, eine fehlende bzw. unzureichende Beheizung, Wassereintritte an anderen Stellen, unzureichende Dämmwerte und eine ggf. unzureichende Belüftung, ausgemacht (vgl. S. 2 des Ergänzungsgutachtens vom 06.07.2017, Bl. 295 d.A.). Letztendlich könnte die Verjährungseinrede, die die Beklagte gegenüber allen etwaigen Gewährleistungsansprüchen erhoben hat (S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 99 d.A.), in Bezug auf neu in den Prozess eingeführte Ansprüche anders zu beurteilen sein.

III.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO), noch ist eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

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