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VOB-Vertrag – Nachtragsvergütung wegen Fehlkalkulation des Auftragnehmers

Baurecht: Mangelnde Ausschreibung kann zu Mehrkosten führen

In dem Urteil des OLG Koblenz, Az.: 10 U 1150/14 vom 29.05.2015, ging es um die Abrechnung zweier Nachträge für Treppen- und Geländerkonstruktionen im Rahmen eines VOB-Vertrags, wobei strittig war, ob die Mehraufwendungen aufgrund von Fehlkalkulationen des Auftragnehmers oder unvorhergesehenen Ausführungsänderungen zu vergüten sind. Das Gericht entschied teilweise zugunsten der Klägerin, indem es eine Nachtragsvergütung für eine veränderte Geländerbefestigung anerkannte, jedoch einen Anspruch aufgrund einer abweichenden Deckenkonstruktion ablehnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 U 1150/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Koblenz urteilte, dass der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Nachtragsvergütung für die Mehraufwendungen hat, die durch eine abweichende Deckenkonstruktion entstanden sind, da eine spezifische Ausführungsart vertraglich nicht festgelegt war und die Klägerin hätte nachfragen müssen.
  • Eine Nachtragsvergütung wurde allerdings für die veränderte Art der Geländerbefestigung anerkannt, da diese auf einer Anordnung der Beklagten beruhte.
  • Das Gericht stellte klar, dass die Ursprungskalkulation des Auftragnehmers für die Beurteilung von Nachträgen relevant ist und nicht vorgelegt wurde.
  • Die Klägerin war teilweise erfolgreich und erhielt eine Vergütung für den Nachtrag bezüglich der Geländerbefestigung, jedoch nicht für den Nachtrag aufgrund der Deckenkonstruktion.
  • Die Kosten des Verfahrens wurden teilweise auf beide Parteien verteilt.
  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der präzisen vertraglichen Vereinbarung und der frühzeitigen Klärung von Ausführungsdetails im Bauvertragsrecht.
  • Es unterstreicht auch die Notwendigkeit der unverzüglichen Anzeige und der Dokumentation von Vertragsanpassungen und Nachträgen im Rahmen der VOB/B.

Nachträge im Bauwesen

Im Bauwesen kommt es regelmäßig vor, dass sich während der Ausführung einer Bauleistung neue Umstände ergeben, die eine Vertragsanpassung erfordern. Häufig treten Änderungen in der Baudurchführung auf, die ursprünglich nicht vorhersehbar waren und einen Mehrbedarf an Arbeitsleistungen und Materialien nach sich ziehen. In solchen Fällen stellt sich die Frage der Nachtragsvergütung für den Auftragnehmer.

Die Vergabe und Abrechnung öffentlicher Bauaufträge erfolgt in Deutschland üblicherweise nach den Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B). Diese enthält umfassende Regelungen zu Nachträgen und Nachtragsvergütungen. Die korrekte Handhabung und Abwicklung von Nachträgen im Bauvertrag ist für beide Vertragsparteien von großer Bedeutung, um Streitigkeiten und Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um Nachtragsvergütung im Baurecht

Im Zentrum des Rechtsstreits stehen zwei Nachtragspositionen, N 6 und N 8, welche die Klägerin als Subunternehmerin für ein Bauvorhaben erbrachte.

VOB-Vertrag: Nachtragsvergütung Fehlkalkulation
(Symbolfoto: Freedomz /Shutterstock.com)

Die Klägerin, beauftragt mit der Konstruktion von Treppen und Geländern, sah sich mit unerwarteten baulichen Gegebenheiten konfrontiert, die eine Anpassung der ursprünglichen Kalkulation erforderten. Während die Beklagte diese Nachträge nicht anerkennen wollte, argumentierte die Klägerin, dass die veränderten Befestigungsarten – einmal bedingt durch eine Hohlraumdecke statt der erwarteten Vollbetondecke und einmal durch eine geänderte Geländerbefestigung – zusätzliche Kosten verursachten.

Die Entscheidung des OLG Koblenz

Das Oberlandesgericht Koblenz entschied zugunsten der Klägerin, zumindest teilweise. In seiner Urteilsbegründung legte das Gericht dar, warum der Nachtrag N 8 gerechtfertigt sei: eine Änderung der Geländerbefestigung auf Anordnung des Architekten führte zu Mehraufwendungen, die die Beklagte zu tragen hat. Bei Nachtrag N 6 hingegen sah das Gericht die Sachlage anders. Hier wurde der Klägerin vorgeworfen, sie hätte bei unklaren Planungsunterlagen Rücksprache halten müssen, bevor sie von einer bestimmten Deckenart ausging und die Arbeiten ausführte.

Das Urteil im Detail

Das Gericht wies darauf hin, dass bei Nachtragsforderungen gemäß § 2 Abs. 8 VOB/B eine unverzügliche Anzeige der geänderten Umstände erforderlich ist. Die Klägerin hatte nach Ansicht des Gerichts diese Pflicht erfüllt, indem sie die Mehrkosten zeitnah geltend machte. Allerdings wurde die Kalkulation der Mehraufwendungen kritisch hinterfragt und teilweise korrigiert, insbesondere hinsichtlich des Stahlpreises, der bei der Kalkulation des Nachtrags N 6 zugrunde gelegt wurde.

Die Rolle des Sachverständigen

Entscheidend für die Urteilsfindung waren die Aussagen eines gerichtlichen Sachverständigen. Dieser hatte klargestellt, dass die aus den Planungsunterlagen nicht eindeutig erkennbare Deckenkonstruktion (Volldecke oder Hohlraumdecke) eine Abweichung von der ursprünglichen Kalkulation rechtfertigen könnte. Allerdings wurde betont, dass die Klägerin bei Unklarheiten hätte nachfragen müssen, bevor sie von einer bestimmten Ausführungsart ausging.

Konsequenzen des Urteils

Das Urteil des OLG Koblenz unterstreicht die Bedeutung genauer Absprachen und klarer Kommunikation im Bauwesen, insbesondere im Hinblick auf Nachtragsforderungen. Es verdeutlicht, dass Auftragnehmer bei Unklarheiten in den Ausführungsplänen zur Klärung verpflichtet sind, um spätere Dispute über Nachtragsvergütungen zu vermeiden. Gleichzeitig zeigt es, dass Gerichte bereit sind, Mehrkosten anzuerkennen, sofern diese sachlich gerechtfertigt und ordnungsgemäß angemeldet werden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einem VOB-Vertrag und welche Rolle spielt er im Baurecht?

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ist ein zentrales Regelwerk im deutschen Baurecht, das die Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung von Bauleistungen normiert. Sie besteht aus drei Teilen: VOB/A, VOB/B und VOB/C. Die VOB/A regelt die Vergabe von Bauaufträgen, die VOB/B die Vertragsbedingungen bei der Ausführung von Bauleistungen und die VOB/C die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen.

Ein VOB-Vertrag basiert auf den Regelungen der VOB und unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von einem Werkvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Während das BGB allgemeine Regelungen für Werkverträge bietet, die auch außerhalb des Baugewerbes Anwendung finden, ist die VOB speziell auf die Bedürfnisse und Besonderheiten des Bauwesens zugeschnitten.

Ein entscheidender Unterschied zwischen einem VOB-Vertrag und einem BGB-Werkvertrag liegt in der Handhabung von Mängelansprüchen und der Verjährungsfrist. Nach BGB beträgt die Verjährungsfrist für Mängelansprüche fünf Jahre, während sie nach VOB/B grundsätzlich vier Jahre beträgt. Allerdings kann eine Mängelanzeige nach VOB/B die Verjährung für den beanstandeten Bereich unterbrechen.

Die VOB ist keine Rechtsnorm, sondern muss ausdrücklich und in Gänze in den Vertrag einbezogen werden, um wirksam zu sein. Sie gilt als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) und ist daher nur bindend, wenn sie vor oder bei Vertragsabschluss explizit vereinbart wurde. Dies ist besonders relevant im Verhältnis zu privaten Bauherren, denen die VOB in Papierform zur Verfügung gestellt werden muss, damit sie wirksam Vertragsbestandteil wird.

Die VOB/B wird als ausgewogenes Regelwerk angesehen, das sowohl Vorteile als auch Nachteile für Auftraggeber und Auftragnehmer mit sich bringt. Sie enthält spezifische Regelungen, die auf die Besonderheiten des Bauwesens abgestimmt sind, wie z.B. Regelungen zur Abnahme der Bauleistung, zur Vergütung und zu Nachtragsforderungen. Die VOB/C wiederum enthält technische Spezifikationen und Standards für die Ausführung der Bauleistungen.

Die Anwendung der VOB ist insbesondere bei öffentlichen Bauaufträgen verpflichtend. Bei privaten Bauvorhaben kann zwischen der Anwendung der VOB und des BGB gewählt werden, wobei die Entscheidung für die VOB besondere Kenntnisse und eine explizite Vereinbarung voraussetzt. Die Wahl zwischen VOB und BGB hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie den spezifischen Anforderungen des Bauvorhabens und den Präferenzen der Vertragsparteien.

Wann kann ein Auftragnehmer eine Nachtragsvergütung fordern?

Ein Auftragnehmer kann eine Nachtragsvergütung fordern, wenn sich die Bedingungen des Bauvorhabens nach Vertragsabschluss in einer Weise ändern, die eine Anpassung der Vergütung rechtfertigt. Die rechtlichen Voraussetzungen und typischen Gründe für solche Nachtragsforderungen sind vielfältig und können sich aus Änderungen am Bauvorhaben, unvorhergesehenen Ereignissen oder anderen Gründen ergeben, die zu Mehrkosten führen.

Rechtliche Voraussetzungen

Die rechtlichen Grundlagen für Nachtragsforderungen sind in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Nach § 2 Abs. 3 VOB/B besteht beispielsweise ein Anspruch auf Vergütungsanpassung bei Mengenabweichungen von mehr als 10 %, sofern diese Abweichungen nicht auf ein aktives Handeln einer Vertragspartei zurückzuführen sind. Änderungen des Bauentwurfs oder zusätzliche Anordnungen des Auftraggebers, die während der Bauausführung notwendig werden, können ebenfalls Grundlage für eine Nachtragsforderung sein.

Typische Gründe für Nachtragsforderungen

  • Änderungen des Bauentwurfs: Wenn der Auftraggeber Änderungen am Bauentwurf vornimmt, die zuvor nicht im Vertrag festgelegt waren, kann dies zu Mehrkosten führen, für die der Auftragnehmer eine Nachtragsvergütung fordern kann.
  • Zusätzliche Anordnungen des Auftraggebers: Der Auftraggeber kann während der Bauausführung zusätzliche Leistungen anordnen, die notwendig werden, um die Vertragsleistung zu erbringen. Für diese zusätzlichen Leistungen steht dem Auftragnehmer eine angepasste Vergütung zu.
  • Mengenabweichungen: Kommt es zu signifikanten Abweichungen der tatsächlichen Mengen von den ursprünglich veranschlagten Mengen, kann dies eine Anpassung der Vergütung nach sich ziehen, sofern die Abweichung mehr als 10 % beträgt und nicht auf das Handeln einer Vertragspartei zurückzuführen ist.
  • Unvorhergesehene Ereignisse: Außergewöhnliche Witterungsbedingungen oder andere unvorhersehbare Ereignisse, die nicht vom Auftragnehmer zu vertreten sind, können ebenfalls zu Mehrkosten führen, die eine Nachtragsforderung rechtfertigen.
  • Fehlkalkulation von Mengen oder Materialien: Fehler in der ursprünglichen Kalkulation, die zu einer Unter- oder Überschreitung der benötigten Mengen oder Materialien führen, können ebenfalls Anlass für Nachtragsforderungen sein.

Nachtragsforderungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Baustellenabwicklung und dienen dazu, die Vergütung des Auftragnehmers an geänderte Umstände anzupassen. Die rechtlichen Voraussetzungen und typischen Gründe für solche Forderungen sind vielfältig und umfassen Änderungen am Bauvorhaben, zusätzliche Anordnungen des Auftraggebers, Mengenabweichungen, unvorhergesehene Ereignisse und Fehlkalkulationen. Es ist wichtig, dass Auftragnehmer die entsprechenden Voraussetzungen prüfen und ihre Forderungen sorgfältig dokumentieren, um ihre Ansprüche erfolgreich durchsetzen zu können.

Was bedeutet Fehlkalkulation im Kontext eines Bauvorhabens und welche Folgen hat sie?

Eine Fehlkalkulation im Kontext eines Bauvorhabens bezeichnet eine unzutreffende Berechnung der für das Projekt erforderlichen Kosten. Dies kann durch falsche Annahmen, Informationsmängel oder Fehler in der Kostenermittlung entstehen. Beispielsweise können falsche Mengenansätze, Unterschätzungen des Materialbedarfs oder unzureichende Berücksichtigung von Arbeitszeiten zu einer Fehlkalkulation führen.

Folgen einer Fehlkalkulation

Für den Auftragnehmer:

  • Finanzielle Verluste: Der Auftragnehmer trägt das Risiko seiner Kalkulation und kann bei einer Fehlkalkulation Verluste erleiden, da er die Leistung zu einem niedrigeren Preis als kalkuliert erbringen muss.
  • Haftungsrisiken: In bestimmten Fällen kann eine Fehlkalkulation auch zu Haftungsansprüchen führen, etwa wenn der Auftragnehmer seine Pflichten nicht erfüllt, weil er aufgrund der Fehlkalkulation nicht in der Lage ist, die erforderlichen Ressourcen bereitzustellen.

Für den Auftraggeber:

  • Projektverzögerungen: Eine Fehlkalkulation kann zu Verzögerungen im Projekt führen, wenn der Auftragnehmer nicht in der Lage ist, die Arbeiten wie geplant durchzuführen.
  • Mehrkosten: Wenn der Auftragnehmer eine Nachtragsforderung stellt oder das Projekt neu ausgeschrieben werden muss, können dem Auftraggeber zusätzliche Kosten entstehen.
  • Rechtliche Auseinandersetzungen: In manchen Fällen kann es zu rechtlichen Streitigkeiten kommen, wenn beispielsweise der Auftragnehmer die Ausführung des Vertrags verweigert oder der Auftraggeber Schadensersatzansprüche geltend macht.

Wie es zu einer Fehlkalkulation kommen kann:

  • Bewusste Unterbietung: Manchmal werden Projekte bewusst knapp kalkuliert, um einen Zuschlag zu erhalten oder Genehmigungen zu erleichtern, was später zu einer „Kostenexplosion“ führen kann.
  • Fehler im Kalkulationsprozess: Berechnungsfehler, falsche Mengenansätze oder die Verwendung veralteter Preisdaten können zu einer Fehlkalkulation führen.
  • Unzureichende Informationen: Mangelnde Kenntnisse über die tatsächlichen Gegebenheiten des Bauprojekts oder unvollständige Planungsunterlagen können zu einer Fehlkalkulation beitragen.

Rechtliche Aspekte:

  • Risikotragung: Grundsätzlich hat der Bieter das Risiko seiner Fehlkalkulation zu tragen.
  • Keine Ausnutzung: Ein Auftraggeber darf erkennbare Kalkulationsfehler nicht ausnutzen, und es kann rechtsmissbräuchlich sein, ein Angebot anzunehmen, wenn klar ist, dass es auf einem Kalkulationsirrtum beruht.

In der Praxis ist es daher für beide Seiten wichtig, die Kalkulation sorgfältig durchzuführen und zu prüfen. Bei Anzeichen einer Fehlkalkulation sollten die Beteiligten offen kommunizieren und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um rechtliche Auseinandersetzungen und finanzielle Verluste zu vermeiden.

Wie wird im Baurecht mit Streitigkeiten über Nachtragsforderungen umgegangen?

Im Baurecht werden Streitigkeiten über Nachtragsforderungen durch verschiedene Verfahren zur Klärung und Beilegung angegangen. Diese umfassen sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Methoden, wobei letztere oft bevorzugt werden, um Zeit, Geld und Ressourcen zu sparen.

Außergerichtliche Streitschlichtung

  • Schlichtungsverfahren: Ein Schlichtungsverfahren bietet eine effiziente Möglichkeit, Streitigkeiten beizulegen, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Es kann jederzeit zwischen den Parteien vereinbart werden, auch wenn der Bauvertrag selbst keine entsprechenden Regelungen enthält. Während des Schlichtungsverfahrens ist die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche gehemmt. Die Schlichtung zielt auf eine einvernehmliche Lösung ab, ohne dass es einen Gewinner oder Verlierer gibt. Die Schlichtungsperson kann zur technischen Klärung qualifizierte Sachverständige hinzuziehen.
  • Beweissicherungsverfahren: Ein selbständiges Beweissicherungsverfahren dient der Feststellung von Tatsachen durch ein Gericht und endet in der Regel mit einem schriftlichen Sachverständigengutachten. Dieses Verfahren kann Streitigkeiten über Baumängel klären und hilft oft, einen umfangreichen Bauprozess zu vermeiden.

Gerichtliche Streitschlichtung

  • Gerichtsverfahren: Wenn eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, kann der Streit über Nachtragsforderungen vor Gericht gebracht werden. Das Gericht muss sich dann mit dem Rechenwerk und den zugrundeliegenden Ansprüchen auseinandersetzen. Ein Gerichtsverfahren kann jedoch zeit- und kostenintensiv sein.
  • Selbständiges Beweisverfahren: Neben dem regulären Gerichtsverfahren kann auch ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet werden, um Beweise zu sichern und die Verjährung aller Mängel zu hemmen. Dies kann insbesondere nützlich sein, wenn es um die Klärung von Mängeln oder die Höhe von Nachtragsforderungen geht.

Die Wahl des Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Komplexität des Falls, der Beziehung zwischen den Parteien und dem Wunsch nach einer schnellen Lösung. Außergerichtliche Methoden wie Schlichtungsverfahren und Beweissicherungsverfahren bieten oft eine effiziente und kostengünstige Alternative zum Gerichtsprozess. Sie ermöglichen es den Parteien, eine einvernehmliche Lösung zu finden und den Bauablauf mit minimalen Unterbrechungen fortzusetzen.

Was sollten Auftragnehmer bei der Erstellung von Nachtragsangeboten beachten?

Beim Erstellen von Nachtragsangeboten im Rahmen von VOB/B-Verträgen sollten Auftragnehmer verschiedene wichtige Aspekte beachten, um ihre Nachtragsforderungen erfolgreich durchzusetzen. Ein Nachtragsangebot muss rechtlich wirksam und vollständig sein, um anerkannt zu werden. Hier sind die wichtigsten Punkte, die berücksichtigt werden sollten:

Wesentliche Inhalte eines Nachtragsangebots

  • Nachtragsbegründung: Eine detaillierte Begründung, warum der Nachtrag erforderlich ist. Dies beinhaltet die Darstellung der Änderung oder der zusätzlichen Leistung, die vom ursprünglichen Vertrag abweicht.
  • Nachtragskalkulation: Eine detaillierte Kalkulation der Mehrkosten, die durch die Änderung oder zusätzliche Leistung entstehen. Die Kalkulation sollte transparent und nachvollziehbar sein, um die Grundlage der geforderten Vergütung klar darzulegen.
  • Dokumentation und Belege: Alle relevanten Dokumente, die die Notwendigkeit des Nachtrags untermauern, wie z.B. geänderte Pläne, Anordnungen des Auftraggebers oder Fotos, die die Situation vor Ort dokumentieren.

Zu vermeidende Fehler

  • Unvollständige Dokumentation: Eine lückenhafte Dokumentation kann dazu führen, dass der Nachtrag nicht anerkannt wird. Es ist wichtig, alle relevanten Informationen und Belege beizufügen.
  • Fehlende Transparenz in der Kalkulation: Die Kalkulation muss nachvollziehbar und transparent sein. Unklare oder nicht nachvollziehbare Kostenansätze können zu Rückfragen oder Ablehnungen führen.
  • Verspätete Einreichung: Nachtragsangebote sollten zeitnah nach Bekanntwerden der Änderung oder zusätzlichen Leistung eingereicht werden. Eine verspätete Einreichung kann die Durchsetzung erschweren.
  • Fehlende schriftliche Anordnung: Insbesondere bei mündlich vereinbarten Änderungen ist es wichtig, eine schriftliche Bestätigung der Anordnung zu erhalten, um Missverständnisse und Streitigkeiten zu vermeiden.

Rechtlicher Rahmen

Nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine angemessene Vergütung, wenn der Auftraggeber Änderungen des Bauentwurfs oder zusätzliche Leistungen anordnet. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, ein Nachtragsangebot zu erstellen, das die Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und die besonderen Kosten der geforderten Leistung berücksichtigt.

Um Nachtragsforderungen erfolgreich durchzusetzen, ist es entscheidend, dass Auftragnehmer ein vollständiges und rechtlich wirksames Nachtragsangebot erstellen. Dies beinhaltet eine detaillierte Begründung, eine transparente Kalkulation der Mehrkosten sowie die Beifügung aller relevanten Dokumente und Belege. Fehler wie unvollständige Dokumentation, fehlende Transparenz in der Kalkulation, verspätete Einreichung oder das Fehlen einer schriftlichen Anordnung sollten vermieden werden.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B: Regelt die Vergütung zusätzlicher Leistungen, die ohne Auftrag oder Anordnung erbracht wurden, aber zur Vertragserfüllung notwendig waren. Im Kontext geht es um Mehraufwendungen aufgrund einer abweichenden Deckenausführung, die ursprünglich nicht im Leistungsverzeichnis berücksichtigt wurde.
  • § 2 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B: Behandelt die Vergütung für Leistungen, die aufgrund einer Anordnung des Auftraggebers zusätzlich erbracht wurden. Relevant für den Nachtrag N 8, bei dem es um eine vom Auftraggeber gewünschte Änderung der Geländerbefestigung ging.
  • § 249 BGB: Stellt die Grundlage für Schadensersatzansprüche dar, unter anderem für die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Im Urteil relevant für die Kosten, die der Klägerin aufgrund der rechtlichen Auseinandersetzung entstanden sind.
  • VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen): Die Gesamtheit der Regelungen in der VOB/B bildet den rechtlichen Rahmen für Bauverträge, einschließlich der Abwicklung von Nachtragsforderungen und der Vergütung zusätzlicher Leistungen. Sie ist zentral für die Interpretation der Streitpunkte zwischen den Parteien.


Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 10 U 1150/14 – Urteil vom 29.05.2015

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichter – vom 16. Juni 2014 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.121,94 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 186,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Dezember 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 81/100, die Beklagte 19/100. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 80/100 und die Beklagte zu 20/100.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Abrechnung zweier Nachtragspositionen „N 6“ und „N 8“, die die Klägerin als Subunternehmerin für die Beklagte für das Bauvorhaben „…[A] in …[Z]“ erbracht hat. Die Klägerin war von der Beklagten mit Vertrag vom 31. August/12. September 2011, dem die VOB/B zugrunde gelegen haben, mit der Treppen- und Geländerkonstruktion im Gebäudeteil BT-C beauftragt worden (Anlage K 7). Dem Auftrag lag das Leistungsverzeichnis vom 6. Mai 2011 (Anlage K4) zugrunde. Am 4. Januar 2012 erstellte die Klägerin ein Nachtragsangebot N 6 in Höhe von 4.630,50 € für die Änderung der Deckenrandbefestigung zu Position 0050 des Leistungsverzeichnisses (Anlage K 8). Die Beklagte widersprach. Nach streitigem e-Mail-Verkehr wurde die Leistung durch die Klägerin erbracht. Am 17. Februar 2012 erstellte die Klägerin einen Nachtrag N 8 über 1.121,94 € wegen der geänderten Art der Geländerbefestigung (Anlage K17). Auch diese Leistung erbrachte die Klägerin nach streitigem e-Mail-Verkehr mit der Beklagten.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Bezahlung der Nachtragsrechnungen N 6 und N 8.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei aufgrund der Konstruktionszeichnungen der Beklagten (Anlage K 2) davon ausgegangen, dass die Befestigung zu Position 0050 an einer Stahlbetonvolldecke erfolgen sollte. Erst vor Ort habe sich dann ergeben, dass eine Hohlraumdecke vorhanden gewesen sei. Dies habe sie nicht erkennen können. Sie habe vielmehr davon ausgehen dürfen, dass auch im Bauabschnitt BT-C Stahlbetonvolldecken vorhanden gewesen seien, wie dies auch im Bauabschnitt BT-A der Fall gewesen sei, für den sie auch beauftragt gewesen sei. Der Nachtrag N 6 sei daher gerechtfertigt.

Die nach Vertragsschluss von der Beklagten am 15. August 2011 übermittelte Statikbeschreibung „Statik Geländer. PDF“ (Anlage K6) sei nicht für das hier streitgegenständliche Bauvorhaben erstellt worden, sondern für den …[B] in …[Y] und habe daher lediglich als beispielhafte Konstruktionsausführungsanleitung für die Vollbetondecke, dort Seite 23, Position 3, untere Zeichnung, gedient. Sie habe daher davon ausgehen können, dass bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben in …[Z] eine gewöhnliche Spannbeton- bzw. Stahlbetondecke vorhanden gewesen sei. Diese sei auch die üblicherweise verwendete Deckenform. Die tatsächlich im Bauabschnitt „BT-C“ vorgefundenen Hohldecken hätten eine wesentlich umfangreichere Ausführung für die Anbringung von Deckenlaschen erforderlich gemacht, als ursprünglich habe kalkuliert werden können. Die im Nachtragsangebot vom 21. Dezember 2011 nebst überarbeiteter Kalkulation vom 4. Januar 2012 (Anlagen K8, K9) geltend gemachten Mehrkosten von 4.630,50 € seien erforderlich, angemessen und ortsüblich.

Hinsichtlich der Position N 8 verhalte es sich so, dass der Statiker für die Geländerbefestigung ursprünglich eine Befestigung mit einem Rechteck und zwei Dübeln vorgesehen habe. Aufgrund des Wunsches des Architekten der Auftraggeberin, der Firma …[A], sei die Geländerbefestigung nicht wie in der Statik beschrieben auszuführen gewesen, sondern wie in der Anlage K 15 überreichten Skizze.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.772,03 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05. April 2012 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 239,70 € oder 311,85 € (nach Wert aus Kostenrechnung?) (Nettobetrag) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Nachträge N 6 und N 8 seien nicht berechtigt. Wegen der mit Nachtrag N6 geltend gemachten Mehrkosten sei es an der Klägerin gewesen, zu erkennen, in welcher Weise die Befestigung zu erfolgen habe. Aus dem Leistungsverzeichnis ergebe sich kein Hinweis, dass eine Stahlbetondecke eingebaut werde. Die Beklagte habe nichts von der geplanten Befestigungsart gewusst. Es fehle zudem an einer unverzüglichen Anzeige nach § 2 Abs. 8 VOB/B. Der Klägerin sei bei Fertigstellung der Planung bekannt gewesen, dass sie eine andere Befestigungsart ausführe, als von ihr kalkuliert. Zum Nachtrag N8 sei kein Anspruch gegeben, weil es keine Änderungsanordnung gegeben habe. Absprachen zwischen der Klägerin und dem Hauptauftraggeber seien für die Beklagte unverbindlich; sie habe aber vorsorglich diesen Nachtrag gegenüber dem Hauptauftraggeber angemeldet. Für beide Nachträge fehle es an einer nachvollziehbaren Kalkulation.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.474,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. April 2012 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 239,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Tag der Rechtshängigkeit der Klage vom 7. Dezember 2012 zu zahlen.

Das Landgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Vergütung der Position 0050 des Leistungsverzeichnisses gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Die im Nachtragsangebot N 6 (Anlage K 9) nachberechneten Mehraufwendungen gemäß Kalkulation vom 4. Januar 2012 seien wegen der abweichenden Deckenausführung für die vertragsgerechte Erfüllung des Vertrages dem Grunde nach erforderlich gewesen. Die Klägerin habe die Mehraufwendungen, die dadurch entstanden seien, dass die Anbringung von Deckenlaschen an einer Hohlraumdecke und nicht an einer Volldecke aus Beton (Stahlbeton/Spannbeton) habe erfolgen müssen, zu tragen. Anders als in der von der Klägerin kalkulierten und auf Grundlage der Ausschreibungs- und Planungsunterlagen zu erwartenden Angaben zu Position 0050 des Leistungsverzeichnisses vom 06. Mai 2011 (Anlage K4) habe es sich vor Ort an dem Bauvorhaben „…[A] in …[Z]“ nicht um eine solche Volldecke, sondern um eine Hohlraumdecke gehandelt, die eine andere Befestigungsart und einen höheren Befestigungsaufwand erforderlich gemacht habe. Nur auf diese Weise habe sich die vertraglich geschuldete ordnungsgemäße Befestigung der Treppen- und Geländerkonstruktion erreichen lassen.

Eine Ausführung der Geschossdecke als Hohldecke sei für die Klägerin auch nicht ohne weiteres erkennbar gewesen. Der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. …[C] habe in seinem Gutachten vom 16. April 2014 ausgeführt, es sei aus den Unterlagen und Plänen zu erkennen gewesen, dass die Geschossdecke zumindest teilweise als Spannbetondecke ausgeführt worden sei. Die Klägerin habe auch davon ausgehen können, dass Spannbetondecken – mithin Vollbetondecken – vorhanden gewesen seien. Die Klägerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass auch in anderen Bauteilen dieses Bauvorhabens, nämlich im Bauteil BT-A, Geschossdecke Bistro, die Gegenstand eines vorherigen Auftrags gewesen seien, ausschließlich Vollbetondecken als Spannbetondecken montiert gewesen seien. Die Klägerin habe daher auch wegen der ebenfalls dort – wie im Bereich des hier streitgegenständlichen Bauteils BT-C – vorgeplanten und montierten Kleinlaschen, an welche die Sichtblende aus Stahlbeton montiert werden sollte, davon ausgehen dürfen, auch im Bauteil BT-C Vollbetondecken anzutreffen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aufgrund der Statikbeschreibung „Statik Geländer. PDF“ (Anlage K 6). Zum einen hätten diese Pläne ein örtlich verschiedenes Bauvorhaben in …[Y] betroffen, zum anderen seien diese Pläne der Klägerin erst am 15. August 2012 übermittelt worden. Die Klägerin habe diesen Nachtrag der Beklagten auch unverzüglich angezeigt. Die Nachtragskalkulation stamme vom 21. Dezember 2011, sei am 4. Januar 2012 überarbeitet worden und die Klägerin habe mit dem Arbeiten an der Geschossdecke bezüglich der Deckenrandbefestigungen am 19. Dezember 2011 begonnen. Mithin sei die Anzeige, die auch in Form des Nachtrages erfolgen könne unverzüglich erfolgt.

Der Nachtragsanspruch sei allerdings zu kürzen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich das Gericht in vollem Umfang anschließe, beliefen sich die kalkulierten Mehrkosten nicht auf 4.630,50 €, sondern auf 4.413,24 €. Des Weiteren seien die Mehrkosten des Nachtrages N 6 um weitere 277,48 € zu kürzen, weil die Klägerin für die geänderte Ausführung einen Kilopreis von 1,97 € für Stahl angegeben habe, entgegen der nach der Ausschreibung kalkulierten 1,65 € pro Kilogramm. Nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 3 VOB/B seien die zusätzlichen Leistungen entsprechend den Absätzen 5 oder 6 zu berechnen. Hier sei insoweit § 2 Abs. 6 Nr. 2 VOB entsprechend heranzuziehen, weswegen auf den ursprünglich kalkulierten Stahlpreis von 1,65 € pro Kilo abzustellen sei. Soweit die Klägerin diese Kürzung des Sachverständigen angreife mit der Erwägung erhöhten Aufwands, sei dies unerheblich, da im Nachtrag N 6 derartiges nicht gesondert aufgeführt sei.

Die Klägerin habe des Weiteren einen Anspruch auf Vergütung ihrer mit Nachtrag N 8 abgerechneten Leistungen in Höhe von 1.121,94 € aus § 2 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B. Die Änderung in der Ausführung der Geländerbefestigung gehe auf eine Anordnung der Beklagten zurück. Das sei durch die E-Mail vom 27. September 2012 bewiesen, die die Beklagte an die Klägerin übersandt habe (Anlage K 15). Hierin werde Bezug genommen auf eine Anlage des Architekten des Hauptauftraggebers und ausgeführt, dass die Geländerbefestigung auf Wunsch des Architekten nicht wie in der Statik vorgeplant, sondern entsprechend der in der Anlage dargestellten Befestigungsart ausgeführt werden soll. Das sei eine andere Anordnung des Auftraggebers im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B, für welche die Klägerin von der Beklagten einen neuen Preis verlangen könne. Dies habe sie mit der Nachtragsposition N 8 vom 10. Januar 2012 geltend gemacht (Anlage K 16). Die Mehrkosten beliefen sich auf 1.121,94 €.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin könne keine zusätzliche Vergütung verlangen. Die Klägerin habe bei ihrer Kalkulation nicht davon ausgehen dürfen, dass in dem Objekt durchgängig Betonvolldecken zur Ausführung gelangten. Dies ergebe sich eindeutig aus den gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. …[C]. Es sei keine bestimmte Befestigungsart festgelegt worden. Bei der Art der Ausführung handele es sich um ein Kalkulationsinterna der Klägerin. Die Klägerin habe die Lieferung und Montage der Geländer gemäß den Regeln der Technik geschuldet. Es habe im Zuständigkeitsbereich der Klägerin gelegen, die Art der Ausführung festzulegen. Die statische Berechnung vom 23. Dezember 2009 (Anlage K 6) habe der Klägerin am 15. August 2011 vorgelegen. Diese beziehe sich zwar auf ein Objekt in …[Y]. Die in Rede stehende Leistung bei dem Objekt in …[Z] sei aber exakt so ausgeführt worden wie bei dem Objekt in …[Y]. Die Berechnung der Klägerin zur Höhe der zusätzlichen Vergütung sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin habe nicht dargelegt, wie sich die von ihr berechnete Vergütung auf die Ursprungskalkulation zurückführen lasse. Es habe keine Änderungen gegenüber der ursprünglichen Kalkulation der Klägerin gegeben. In verfahrensrechtlicher Hinsicht sei zu beanstanden, dass sich das Landgericht über die Feststellungen des Landgerichts hinweg gesetzt habe, ohne zuvor einen rechtlichen Hinweis zu erteilen.

Die Beklage beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte verkenne, dass unstreitig bei gleichlautenden Unterlagen im bereits durch sie, die Klägerin, geleisteten Bauabschnitt BT-A Vollbetondecken vorhanden gewesen seien und sie deshalb habe davon ausgehen dürfen, dass aufgrund Fehlens anderslautender Erklärungen auch diesem Auftrag entsprechende Vollbetondecken zugrunde gelegen hätten. Der Sachverständige Dipl. Ing. …[C] habe nicht erklärt, dass aus den Unterlagen nicht ersichtlich gewesen sei, dass Hohlraumdecken zur Ausführung gelangten. Die vorgelegte Statikberechnung vom 23. Dezember 2009 (dort S. 23, Anlage K 6) betreffend das Bauvorhaben …[B] in …[Y] habe eine Vollbetondecke vorgesehen. Der Hinweis auf eine Hohlraumdecke sei erst nach Beginn der Arbeiten durch Architekten der Beklagten erfolgt. Es sei keine bestimmte Art der Befestigung vereinbart worden. Sie habe die Kalkulation für die Nachträge im Einzelnen dargestellt (Anlage K 17). Hinsichtlich der mit Nachtrag N8 verfolgten Ansprüche sei die Klage unschlüssig, weil es keine Änderungsanordnung gegeben habe.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

1) Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Landgerichts gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B kein Vergütungsanspruch in Bezug auf die im Nachtragsangebot N 6 vom 21. Dezember 2011 (Anlage K 9) nachberechneten Mehraufwendungen zu. Die Erstattung von Mehraufwendungen kann nicht darauf gestützt werden, dass die Anbringung von Deckenlaschen an einer Hohlraumdecke und nicht an einer Vollbeton-, Stahlbeton- oder Spannbetondecke erfolgt ist.

Die Regelung in § 2 Abs. 8 Nr. 1, Abs. 2 S.2 VOB/B betrifft die Vergütung von Leistungen, die ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausgeführt wurden, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrage notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und unverzüglich angezeigt wurden.

Die Parteien haben vorliegend eine bestimmte Art der Ausführung nicht vereinbart. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts lässt sich der Position 0050 des Leistungsverzeichnisses vom 13. August 2011 (Anlage K 4) nicht eindeutig entnehmen, dass es sich bei der Decke im hier maßgeblichen Streckenbereich BT-C um eine Volldecke und nicht um eine Hohlraumdecke handelt.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. …[C] hat hierzu in seinem Gutachten vom 16. April 2014 ausgeführt, dass ausweislich der als Anlage K 2 übermittelten verkleinerten Pläne für die Geländerbefestigung an der Decke über dem Erdgeschoss (Bistro-Geländer) und an der Decke des Obergeschosses (Galerie-Geländer) in beiden Plänen sowohl im Planstempel als auch an einer Schnittzeichnung der Rohdecke „Volldecke“ stehe. Aus dem Planstempel gehe jedoch hervor, dass diese beiden Pläne das Bauteil A und nicht das Bauteil C beträfen. Streitgegenständlich sei aber das Bauteil C. Ein weiterer verkleinerter Plan für die Geländerbefestigung an der Decke über dem Obergeschoss (Galerie Geländer) sei in der Anlage K 3 enthalten. Hier stehe sowohl im Planstempel als auch an einer Schnittzeichnung der Rohdecke das Wort „Spannbetondecke“ bzw. „Spannbetonplatten“. In der Annahme, dass diese drei Pläne auch für das Bauteil C relevant seien, sei zu erkennen gewesen, dass die Geschossdecken zumindest teilweise als Spannbetondecken ausgeführt worden seien.

Die statische Berechnung vom 23. Dezember 2009 (Anlage K 6) sei für das Projekt „…[B], …[Y]“ erstellt worden. Der Sachverständige vermochte gutachterlich nicht zu beantworten, ob diese Statik auch für das hier in Rede stehende Objekt in …[Z] gelten sollte. Jedenfalls sei auf Seite 23 dieser statischen Berechnung nicht nur eine Volldecke dargestellt, sondern im oberen Bereich dieser Seite auch ein Querschnitt für eine Hohldeckenplatte. Darüber finde sich die Überschrift „Verwendeter Spannbetonquerschnitt der Firma …[D]“. Auf Seite 22 dieser Statik seien außerdem statische Nachweise für eine Verankerung an einer Spannbeton-Deckenplatte enthalten und darunter ein Schnitt durch einen Deckenrand, der eine mit der auf Seite 23 dargestellten, identische Spannbeton-Deckenplatte enthalte. In diesem Abschnitt seien außerdem die erforderlichen Dübel mit Anzahl und ihren Abständen angegeben sowie der Hinweis „Die Zulassung Z-21.1.1711 ist zu beachten!“ Diese Zulassung betreffe die in dieser Schnittzeichnung angegebenen „…-Hohldeckenanker FHY“ der Firma „…[E] GmbH & Co. KG“. Die angegebenen Dübel mit ihrer Anzahl und ihren Abständen entsprächen auf den Millimeter genau den Angaben in der Zeichnung aus der Anlage K 3. Auf allen drei Zeichnungen aus den Anlagen K 2 und K 3 stehe außerdem der Satz „Der Plan gilt nur in Verbindung mit Statik Seite 22“. Die Vermutung, dass die Statik aus der Anlage K 6 nur als „beispielhafte Konstruktionsausführungsanleitung“ gedient habe und nicht als Grundlage für die Verankerung einer Spannbeton-Hohldecke, erscheine daher zumindest unwahrscheinlich. Die Klägerin hätte bei so viel übereinstimmenden Details zumindest um Aufklärung bitten müssen. Die Klägerin hätte nicht ohne weitere Rückfrage davon ausgehen dürfen, dass eine vor Ort hergestellte Decke ohne Hohlräume vorhanden sei. In Deutschland würden sowohl vor Ort hergestellte Decken mit Vollbetonquerschnitt ohne Hohlräume als auch Decken aus Fertigteilen meist mit Hohlräumen verbaut. Es seien fast alle Kombinationen möglich. Zwar würden im üblichen Hochbau die meisten Decken vor Ort als Stahlbetondecken mit Vollbetonquerschnitt hergestellt, je nach den Randbedingungen (Stützweiten, Lasten, Wiederholungsfaktor etc.) könne aber ein anderes System das Wirtschaftlichste sein und angewendet werden. Insofern gebe es keine „üblicherweise verwendete Deckenform“. Vor Ort hergestellte Spannbetondecken mit Vollbetonqualität würden jedenfalls eher seltener angewendet als Spannbetondecken aus Fertigteilen mit Hohlräumen.

Der Sachverständige hat bestätigt, dass bei Hohlraumdecken spezielle Hohlraumdübel zu verwenden seien, das Bohren der Löcher für die Dübel sei nur im Bereich der Hohlräume zulässig und es seien mehr Dübel erforderlich. Insofern sei eine umfangreichere Ausführung für die Anbringung von Deckenlaschen erforderlich gewesen als dies bei Vollbeton der Fall gewesen wäre. Er hat offen gelassen, ob es sich allerdings um eine wesentlich umfangreichere Ausführung gehandelt habe. Ob dies ursprünglich habe kalkuliert werden können, sei eine juristische Frage und könne nicht beantwortet werden. Rechnerisch beliefen sich die Mehrkosten gemäß Kalkulation in der Anlage K 9 auf 4.135,75 € statt 4.413,24 €.

Waren nach dem Gutachten des Sachverständigen die Ausschreibungsunterlagen nicht eindeutig und offensichtlich unzureichend, hätte die Klägerin bei der Beklagten vor Auftragsannahme Auskunft darüber einholen müssen, welche Deckenkonstruktion vor Ort vorhanden ist. Die Klägerin hat aber offenbar mit den für sie günstigsten Voraussetzungen kalkuliert und möchte nunmehr den tatsächlich erforderlichen Aufwand über den Nachtrag bezahlt bekommen.

Der Regelungsgehalt des § 2 Abs. 8 VOB/B dient jedoch nicht dazu, den Auftragnehmer vor etwaigen Kalkulationsfehlern zu schützen.

Hinzu kommt, dass die Klägerin mit den Anlagen K 8 und K 9 eine Kalkulation des Mehrbedarfs, nicht aber ihre Ursprungskalkulation vorgelegt hat. Der Anlage K 7 ist zu entnehmen, dass dort Einheitspreise pro lfd. Meter, nicht aber Einzelpreise für das Bohren der Dübellöcher angegeben sind, so dass sich ein Mehrbetrag nicht errechnen lässt. Ohne Vorlage der Ursprungskalkulation kann nicht festgestellt werden, ob sich die in dem Nachtrag K 9 angesetzten Preise im Bereich der ursprünglich kalkulierten Preise befinden.

Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil, soweit es die Verurteilung der Beklagten hinsichtlich der Position N 6 betrifft, teilweise abzuändern und die Klage diesbezüglich abzuweisen.

2) Der Klägerin steht hinsichtlich des Nachtrags N 8 gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 5 VOB/B ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.121,94 € zu. Die Änderung in der Ausführung der Geländerbefestigung geht auf eine Anordnung der Beklagten zurück. Dies ergibt sich aus dem Email-Schreiben der Beklagten vom 27. September 2012 (Anlage K 15). Es wird Bezug genommen auf eine Anlage des Architekten des Hauptauftraggebers und ausgeführt, dass die Geländerbefestigung auf Wunsch des Architekten nicht wie in der Statik vorgeplant, sondern entsprechend der in der Anlage dargestellten Befestigungsart ausgeführt werden soll.

Hiergegen werden von der Berufung keine Angriffe geführt, so dass die Berufung diesbezüglich zurückzuweisen war.

3) Die Rechtsverfolgungskosten stehen gemäß § 249 BGB der Klägerin nicht in Höhe von 239,70 € nebst Zinsen, sondern nur in Höhe von 186,24 € nebst Zinsen zu. Der Anspruch ergibt sich aus Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG a.F., im Einzelnen:

Gegenstandswert bis 1.500,00 €

Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG Nr. 2300 136,50 €

Pauschale für Post und Telekommunikation 20,00 €

156,50 €

+ 19 % MwSt.

29,74 €

186,24 €

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, § 543 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.474,55 € festgesetzt.

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