Skip to content
Menü

Vorschussanspruch auf Mängelbeseitigungskosten – Ersatz Selbstvornahmekosten

Vorschussforderung zur Behebung von Baumängeln – Das unerfüllte Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein

In einem kürzlich vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschiedenen Fall (Az.: 12 U 23/20) wurden Vorschussansprüche zur Mängelbeseitigung geltend gemacht. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand eine baurechtliche Auseinandersetzung in der es primär um Mängelgewährleistungsansprüche ging. Die rechtliche Problemstellung im Kern drehte sich um die Frage, inwieweit ein Kläger vorschusspflichtig ist, um die Kosten zur Behebung festgestellter Mängel zu decken.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 23/20 >>>

Das Berufungsverfahren

Das Gericht wies die Berufung des Klägers gegen ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Kiel (31.01.2020, Aktenzeichen 9 O 202/15) zurück. Der Grund für die Ablehnung der Berufung war die einstimmige Auffassung des Senats, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hatte und weder Fragen des Grundsatzes noch der Rechtsentwicklung angesprochen wurden. Folglich wurden dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Klärung des Vorschussanspruchs

Um die Streitfrage um den Vorschussanspruch zu klären, bezog sich das Gericht ausführlich auf den vorangehenden Hinweisbeschluss. Nach diesem besteht der Vorschussanspruch unabhängig vom gezahlten oder vereinbarten Werklohn. Darüber hinaus wurde entschieden, dass die Nacherfüllung nur dann verweigert werden kann, wenn sie für den Unternehmer unzumutbar ist oder mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.

Rolle des Klägers und der Beklagten

Weiterhin hob das Gericht hervor, dass der Kläger die Beseitigung der vom Gutachter festgestellten Mängel nicht angeboten hat und somit keine Mitwirkungspflicht der Beklagten im Hinblick auf die Mängelbeseitigung verletzt wurde. Hätte der Kläger die Beklagten zur Mängelbeseitigung herangezogen, wäre auch der Vorschussanspruch eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen worden.

Unverhältnismäßige Kosten und Verwendung des Vorschusses

Des Weiteren wurde angemerkt, dass ein Einwand der Unverhältnismäßigkeit keinen Bestand hat, wenn ein berechtigtes Interesse an der vertragsgemäßen Erfüllung besteht – selbst wenn die Nacherfüllung hohe Kosten verursacht. Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass der Vorschuss innerhalb einer angemessenen Frist verwendet werden muss, um keinen Rückzahlungsanspruch des Klägers auszulösen. Sollte die Beklagte den Vorschuss nicht rechtzeitig verwenden, hätte der Kläger auch ein Auskunfts- und Rechnungslegungsrecht.

Die Entscheidung dieses Baurechtsfalles vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein wirft ein wichtiges Licht auf die Frage der Vorschussforderung zur Mängelbeseitigung und bietet eine detaillierte Darstellung der relevanten rechtlichen Aspekte dieser Thematik.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 23/20 – Beschluss vom 29.07.2020

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 31.01.2020, Aktenzeichen 9 O 202/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kiel ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.383,66 € festgesetzt.

Gründe

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Hinweisbeschluss vom 04.06.2020 Bezug genommen.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 31.01.2020, Aktenzeichen 9 O 202/15, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.

Die Gegenerklärung des Klägers vom 14.07.2020 führt zu keiner anderen Beurteilung durch den Senat.

Im Hinblick auf die Erhebung der Widerklage werden keine neuen Argumente gegen eine wirksame Erhebung vorgetragen, so dass auf die vorangegangenen Ausführungen im Hinweisbeschluss Bezug genommen wird. Die Geltendmachung eines Vorschussanspruchs statt eines Schadensersatzanspruchs stellt auch eine zulässige, weil sachdienliche Klageänderung dar.

Soweit der Kläger vorträgt, eine Nachbesserung sei durch die Beklagte abgelehnt worden, so dass es an der Voraussetzung für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen fehle, so wurde vom Kläger die Beseitigung der vom Gutachter festgestellten Mängel nicht angeboten. Insofern hat die Beklagte diesbezüglich auch keine Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Beseitigung der entsprechenden Mängel verletzt, mit der Folge, dass Mängelgewährleistungsansprüche eingeschränkt oder ausgeschlossen wären.

Der Vorschussanspruch der Beklagten ist der Höhe nach auch nicht beschränkt durch den gezahlten oder vereinbarten Werklohn. Die Nacherfüllung kann nur verweigert werden, wenn sie dem Unternehmer nicht zugemutet werden kann oder mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, § 635 Abs. 3, 275 Abs. 2, 3 BGB. Welche Aufwendungen zumutbar sind, kann weder allein aufgrund der Höhe der Mangelbeseitigungskosten noch aufgrund der Relation dieser Kosten zu den Herstellungskosten der mangelhaften Bausache entschieden werden. Besteht ein objektiv berechtigtes Interesse an der vertragsgemäßen Erfüllung, so greift der Einwand der Unverhältnismäßigkeit auch dann nicht durch, wenn die Nacherfüllung hohe Kosten verursacht. Ein berechtigtes Interesse besteht in der Regel dann, wenn das Interesse des Auftraggebers an der vertragsgemäßen Ausführung als „nicht gering“ zu bewerten ist. (Vgl. zum Ganzen Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 2101 ff. m. w. N.) Dies ist beim Vorliegen erheblicher Mängel des Werks in der Regel der Fall, so dass dem Vorschussanspruch der Beklagten kein Leistungsverweigerungsrecht des Klägers entgegensteht. Da es sich um einen Vorschussanspruch handelt, ist auch ein „Abzug neu für alt“ oder von Nutzungsvorteilen ausgeschlossen.

Es ist auch unschädlich, dass das Landgericht keine Feststellungen im Hinblick auf die Verwendung des Vorschusses getroffen hat. Sollte die Beklagte den Vorschuss innerhalb einer angemessenen Frist nicht verwendet haben, so würde dies einen Rückzahlungsanspruch des Beklagten auslösen; er kann zudem auf Auskunft und Rechnungslegung klagen. (Vgl. hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Auflage, Rn. 2132 ff.) Dass die Baukosten möglicherweise bis zur Durchführung durch die Beklagte gestiegen sind, stellt innerhalb eines angemessenen Zeitraums jedoch einen vom Kläger hinzunehmenden Umstand dar, da er durch seine mangelhafte Werkausführung und die Nichtvornahme der Nacherfüllung vertragsuntreu geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Baurecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Baurecht. Von der Baugenehmigung über Leistungsverzögerungen bis hin zu Baumängel.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Baurecht

Urteile aus dem Baurecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!