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Ist Heizungsanlage bei Nichterreichen der üblichen Temperatur mangelhaft?

KG Berlin – Az.: 7 U 54/13 – Urteil vom 28.03.2014

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. Februar 2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin – 9 O 317/12 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.444,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Klägerin von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten der Sozietät Schellenberg Unternehmeranwälte in Höhe von 1.099,00 EUR freizustellen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 85% und die Beklagte 15 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln an einer Heizungsanlage, zu dem das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt hat.

Ist Heizungsanlage bei Nichterreichen der üblichen Temperatur mangelhaft?
Symbolfoto: Von Olivier Le Moal /Shutterstock.com

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge sowie des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 12. Februar 2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin – 9 O 317/12 – Bezug genommen, das der Beklagten am 25. Februar 2013 zugestellt worden ist. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 22. März 2013 Berufung eingelegt und diese am 20. Juni 2013 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. Juni 2013 verlängert worden ist.

Die Beklagte trägt vor: Das Vertragssoll bestimme sich allein aus den Anlagen K 1 und K 2. Für die Annahme des Landgerichts, die eingebaute Heizungsanlage müsse eine Raumtemperatur von ca. 20 °C garantieren, gebe es keine Grundlage. Einige Räume hätten gar nicht beheizt werden sollen. Im Lager hätten 15 °C und in der Werkstatt 18 °C erreicht werden sollen. Zwei weitere Lager und die Endkontrolle hätten nicht beheizt werden sollen. Sie verweist insoweit auf einen als Anlage BK 1 eingereichten Grundriss der Räume der Klägerin und trägt dazu vor, sie habe dort handschriftlich die Vorgaben der Klägerin eingetragen. Diese Daten seien zwischen den Parteien im Vorfeld des Auftrags ausgetauscht worden. Im Vorfeld des Auftrags habe der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin auch darauf hingewiesen, dass eine nachhaltige Reduzierung des Energieverbrauchs nur dann erreicht werden könne, wenn gleichzeitig die Baulichkeiten der Klägerin energetisch saniert würden. Die Heizungsanlage sei unter diesen Vorgaben zur gewöhnlichen Verwendung geeignet und daher nicht mangelhaft. Die Heizlastberechnung der Klägerin sei falsch. Ein bestimmter Gasverbrauch sei nicht vereinbart worden. Sie, die Beklagte, habe auch keinen Mangel anerkannt. Eine wirksame Fristsetzung zur Mängelbeseitigung liege nicht vor.

Sie, die Beklagte, habe die Mängelbeseitigungskosten dem Grunde und der Höhe nach ausreichend bestritten. Selbst wenn man von einem Mangel ausgehe, sei es nicht erforderlich, die durch die Klägerin aufgeführten Maßnahmen auszuführen. Es reiche aus, ein weiteres Brennwertheizgerät einzubauen, um in der Werkstatt eine Temperatur von 20° C zu erreichen. Die Klägerin mache mit dem Angebot der Fa. … unangemessene Kosten geltend. Die Maßnahmen würden sich zu einem Betrag vom 24.903,65 EUR ausführen lassen. Das zu einem Nettopreis von 9.875,86 EUR aufgeführte Gasbrenngerät sei zu groß, weil für die Werkstatt nicht 80 kWh, sondern nur 25 kWh benötigt würden; außerdem sei dafür ein Preis von 4.279,42 EUR angemessen.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Sie sehe den als Anlage BK 1 eingereichten Grundriss zum ersten Mal. Sämtliche von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien nach Vertragsschluss entstanden. Die von ihr, der Klägerin, vorgelegte Heizlastberechnung entspreche den anerkannten Regeln der Technik und insbesondere der einschlägigen DIN EN 12831 für ihre Räumlichkeiten. Die von der Beklagten vorgeschlagene Mängelbeseitigung stelle nach deren eigenem Vortrag lediglich eine Verbesserung dar, beseitige den Mangel aber nicht. Das Angebot der Beklagten enthalte keine Lohnkosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, soweit sie nicht zwecks besserer Übersichtlichkeit in den Entscheidungsgründen dargestellt werden, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und zu einem Teil auch begründet.

I. Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach zu Recht stattgeben. Gemäß § 13 Nr. 1 S. 1 VOB/B (2006), die zwischen den Parteien unstreitig vereinbart worden ist, hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Das ist vorliegend nicht der Fall.

1. Die Leistung des Auftragnehmers ist nur vertragsgerecht, wenn sie die Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen schuldet der Auftragnehmer ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An dieser Erfolgshaftung ändert sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden kann. So genannte Sowieso-Kosten sind im Rahmen der Gewährleistung zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 2000, 465, 466).

2. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze bestimmt sich das Vertragssoll entgegen der Annahme der Beklagten also nicht allein aus dem Bauvertrag vom 9. Juli 2008 und dem diesem zugrunde liegenden Leistungsverzeichnis (Anl. K 1 und K 2). Wenn sich aus dem Auftrag und dem Leistungsverzeichnis nicht ergibt, dass eine bestimmte Raumtemperatur geschuldet war, so ist mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung das geschuldet, was für die gewöhnliche Verwendung geeignet ist und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann (§ 633 Abs. 2 BGB).

a) Der Auftraggeber kann auf jeden Fall erwarten, dass eine Raumtemperatur erreicht wird, die bei Werksräumen den rechtlichen Vorgaben der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 19. Juli 2010 (BGBl. I S. 960) geändert worden ist, und dem Anhang nach § 3 Abs. 1 die Verordnung – Anforderungen an Arbeitsstätten entspricht. Nach deren Ziff. 3.5 muss in Arbeits-, Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen, in denen aus betriebstechnischer Sicht keine spezifischen Anforderungen an die Raumtemperatur gestellt werden, während der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren, der körperlichen Beanspruchung der Beschäftigten und des spezifischen Nutzungszwecks des Raumes eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur bestehen. Konkretisiert wird dies durch die gemäß § 8 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung erlassene Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A 3.5 – Raumtemperatur – Ausgabe Juni 2010 (GMBl. 2010, S. 751). Danach betragen die Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen, in denen überwiegend leichte Tätigkeiten im Sitzen verrichtet werden, 20° C, in Arbeitsräumen, in denen überwiegend mittelschwere Tätigkeiten im Sitzen verrichtet werden, 19° C, in Arbeitsräumen, in denen überwiegend leichte Tätigkeiten im Stehen oder Gehen verrichtet werden, ebenfalls 19° C und in denen überwiegend mittelschwere Tätigkeiten im Stehen oder Gehen verrichtet werden, 17° C. In Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen muss während der Nutzungsdauer eine Lufttemperatur von mindestens 21 °C herrschen.

b) Dass diese Werte in den Räumen der Klägerin aufgrund der eingebauten Heizungsanlage erreicht werden, lässt sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Vielmehr hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 19. Februar 2009 (Anl. K 6) selbst eingeräumt hat, dass die von ihr eingebaute Heizungsanlage die Raumtemperatur nicht über 15° C anheben kann. Sie teilt darin mit, dass sie die Temperatur in der Werkstatt wiederholt – auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen – gemessen habe und dabei immer ca. 15 °C festgestellt habe. Damit bestätigt sie, dass in der Werkstatt nicht einmal die Temperatur von 18 °C erreicht werden kann, die ihrer eigenen Behauptung nach vertraglich vereinbart worden sein soll. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, warum sie bestätigen sollte, dass Temperaturen von „immer ca. 15° C“ zu erreichen waren, wenn sie der Meinung gewesen wäre, dass auch höhere Temperaturen zu erreichen gewesen wären. Die Kritik der Berufungsbegründung an der landgerichtlichen Entscheidung ist deshalb nicht nachvollziehbar. Die Heizungsanlage ist danach sogar unter den von der Beklagten behaupteten Vorgaben zur gewöhnlichen Verwendung nicht geeignet, sondern mangelhaft. Ob die Heizlastberechnung der Klägerin falsch ist oder nicht und ob ein bestimmter Gasverbrauch vereinbart worden ist, kann danach dahinstehen.

3. Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung erstmals vorträgt, nach der im Vorfeld des Vertragsschluss getroffenen Absprache sei vereinbart worden, im Lager hätten 15° C und in der Werkstatt 18° C erreicht werden sollen, zwei weitere Lager und die Endkontrolle hätten gar nicht beheizt werden sollen, und dazu insoweit auf einen als Anlage BK1 eingereichten Grundriss der Räume der Klägerin verweist, hat sie damit in mehrfacher Hinsicht keinen Erfolg.

a) Sie ist mit diesem neuen Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nach dieser Vorschrift in der Berufungsinstanz nur noch unter den dort genannten Voraussetzungen zuzulassen, nämlich dann, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, wenn sie im ersten Rechtszug wegen eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht wurden oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Diese Voraussetzungen hat der Berufungsführer darzulegen und ggf. auch glaubhaft zu machen. Der Berufungsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen vorliegen.

b) Hinzu kommt, dass die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorträgt, sich mit der Klägerin auf eine nach den baulichen Gegebenheiten unterdimensionierte Anlage geeinigt zu haben.

aa) Die Beklagte legt auch mit der Berufungsbegründung nicht dar, dass die vorhandene Anlage in der Lage sei, die Temperaturen in den Räumen zu erzeugen, die nach den gesetzlichen Vorgaben als allgemein üblich anzusehen sind. Es hätte mithin einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Parteien bedurft, dass eine energetische Sanierung der Baulichkeiten auch tatsächlich durchgeführt wird, weil sich die eingebaute Anlage anderenfalls als unterdimensioniert erweist. Ein schlichter Hinweis auf die Notwendigkeit der energetischen Sanierung reicht daher nicht aus, um die Beklagte von ihrer Gewährleistungspflicht zu befreien, weil es allein darauf ankommt, ob der Besteller zu erkennen gegeben hat, dass ihm die Risiken bekannt waren und er zugleich die Bereitschaft gezeigt hat, diese Risiken zu übernehmen (Ingenstau/Korbion, VOB, 18 Aufl., § 13 Abs.3 Rn.50).

bb) Zudem ist die Beklagte für ihren Vortrag, es sei vereinbart worden, dass nur geringere als die gesetzlich vorgegebenen Raumtemperaturen geschuldet waren, weil sich eine nachhaltige Reduzierung des Energieverbrauchs nur mit einer energetischen Sanierung der Baulichkeiten erreichen lasse, darlegungs- und beweispflichtig, hat hierfür aber keinen geeigneten Beweis angetreten. Soweit die Beklagte sich auf die Parteivernehmung ihres Geschäftsführers beruft, der als solcher Partei ist, liegen die prozessualen Voraussetzungen einer solchen nach § 447 oder § 448 ZPO ersichtlich nicht vor. Gemäß § 447 ZPO kann das Gericht über eine streitige Tatsache auch die beweispflichtige Partei vernehmen, aber nur wenn eine Partei es beantragt und die andere damit einverstanden ist. Die Klägerin hat der Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten nicht zugestimmt. Die Parteivernehmung ist auch nicht nach § 448 ZPO von Amts wegen durchzuführen, weil auch dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Nach § 448 ZPO kann das Gericht, wenn das Ergebnis der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreicht, um seine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer zu erweisenden Tatsache zu begründen, die Vernehmung einer Partei oder beider Parteien über die Tatsache anordnen. Voraussetzung für eine Parteivernehmung ist danach, dass aufgrund der richterlichen Gesamtwürdigung von Verhandlung und bisheriger Beweisaufnahme zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptungen besteht, d.h. es muss mehr für als gegen sie sprechen; es muss bereits einiger Beweis erbracht sein (Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 448 Rn. 4 m.w.N.). Das ist hier ganz offenkundig nicht der Fall, weil der Vortrag der Beklagte zu der vermeintlichen Einigung über eine energetische Sanierung des Gebäudes viel zu vage ist. Es hätte bei dem angebotenen Einbau einer unterdimensionierten Heizungsanlage nahe gelegen, die wesentlichen baubegleitenden Maßnahmen zur Wärmedämmung in das Angebot mit aufzunehmen, zumal sich danach letztlich auch die Heizlast richtet, die die neue Anlage sicherstellen muss. Das ist alles nicht geschehen.

cc) Es ist auch nicht unter Beweis gestellt, dass bestimmte Räume von der Beheizung ausgenommen werden sollten. Ungeachtet dessen erfüllt die eingebaute Anlage aber schon deshalb nicht ihren Zweck, weil in den zu beheizenden Räumen die erforderlichen Mindesttemperaturen nicht erreicht werden. Es kommt daher für die Bewertung der Mangelhaftigkeit nicht darauf an, ob einzelne Räume unbeheizt bleiben sollten.

II. Das Landgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 18. Februar und 23. März 2009 angemessene Fristen zur Mängelbeseitigung gesetzt hat, die ohne Erfolg verstrichen sind.

1. Dass die Beklagte erfolgreiche Mängelbeseitigungsleistungen erbracht hat, wie sie mit der Berufungsbegründung behauptet, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit sie behauptet, die Klägerin habe „offenbar durch ein anderes Unternehmen immer wieder Einstellungen an der Anlage vornehmen lassen“, ist diese Behauptung ersichtlich aus der Luft gegriffen; der diesbezügliche Beweisantritt erfolgt ins Blaue hinein, so dass ihm nicht nachzugehen ist. Die Beklagte trägt nichts dazu vor, dass die gesetzliche und nach dem Vertrag geschuldete Raumtemperatur erreicht worden ist oder erreicht werden kann.

2. Außerdem ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten in beiden Instanzen, dass sie die Herstellung einer fachgerechten Anlage ernsthaft und endgültig verweigert, so dass eine weitere Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ohnehin eine überflüssige Förmelei wäre.

III. Die Klägerin kann die im Angebot der … (nachfolgend: … ) vom 14. Juli 2011 (Anl. K 8) enthaltenen Kosten nur zu einem geringen Teil ihrer Vorschussforderung zu Grunde legen.

1. Die Beklagte hat die von der Klägerin geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten erstinstanzlich dem Grunde und der Höhe nach zwar nicht substanziiert bestritten. Sie hat allerdings schon mit der Klageerwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass die von ihr eingebaute Anlage weiter genutzt und nur durch zusätzliche Geräte ergänzt werden soll, um die erforderliche Temperatur zu erreichen (Bl. 23). Das entspricht auch dem Vortrag der Klägerin in der Klageschrift, dass die vorhandene Anlage nicht durch eine neue ersetzt werden soll (Bl. 7). Hier hätte sich der Klägerin und dem Landgericht die Frage aufdrängen müssen, ob und ggfls. in welchem Umfang in dem Angebot der … Sowieso-Kosten enthalten sind, weil die von der Beklagten eingebauten Geräte unterdimensioniert sind. Diese zusätzlichen Kosten kann die Klägerin nicht erstattet verlangen, weil sie ohnehin entstanden wären (BGH BauR 2002, 86, 88). Erstattungsfähig sind nur die Mehrkosten, die mit dem nachträglichen Einbau der zusätzlichen Geräte in die Bestandsanlage verbunden sind.

a) Die Beweislast für das Vorliegen von Sowieso-Kosten trägt nach allgemeinen Beweislastregeln die Beklagte (BGH BauR 1992, 758). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon mit der Vorlage des Angebots der … und ihrem Vortrag in der Klageschrift deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich ganz überwiegend um Kosten handelt, die zusätzlich zu der von der Beklagten eingebauten Anlage entstehen. Der Senat hat die Parteien auf das Problem der Sowieso-Kosten hingewiesen (Bl. 124). Die Klägerin hat darauf nur mit der Ansicht reagiert, es gebe keine Sowieso-Kosten, weil die Beklagte von Anfang an den Einbau der Anlage geschuldet habe, die die … jetzt zusätzlich angeboten habe. Dem folgt der Senat nicht. Auch nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BGH (NJW 1984, 2457, 2458) ist maßgeblich der vertraglich vereinbarte Umfang der Leistung. Hätten die Parteien ohne nähere Bestimmung des Leistungsumfangs nur den Einbau einer funktionierenden Heizungsanlage vereinbart, lägen grundsätzlich keine Sowieso-Kosten vor. Das ist hier aber gerade nicht der Fall. Aus dem Angebot der Beklagten ergibt sich der geschuldete Leistungsumfang, der unstreitig die jetzt zur Ergänzung der eingebauten Heizungsanlage enthaltenen Geräte und Teile nicht enthält.

b) Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angedeutet hat, mangels eigenen Fachwissens gar nicht erkennen konnte, dass das Leistungsverzeichnis der Beklagten unzureichend war. Hier geht es lediglich um die Frage, ob und in welcher Höhe ein Kostenvorschuss für die Nachbesserung der Anlage verlangt werden kann. Es mag sein, dass die Klägerin fehlerhaft beraten worden ist und ihr deshalb ein Schaden entstanden ist, weil sich der Einbau der neuen Heizungsanlage im Ergebnis als für sie unwirtschaftlich darstellt. Darauf gestützte Schadenersatzforderungen macht die Klägerin indessen nicht geltend. Entscheidet sich die Klägerin, die vorhandene Anlage aufzurüsten, hat sie die damit verbunden Kosten, die von Anfang an ohnehin entstanden wären, selbst zu tragen.

c) Es kommt daher auch nicht darauf an, ob die von der … angebotenen Zusatzgeräte zu teuer und überdimensioniert sind; denn die Klägerin kann die mit dem Einbau der Zusatzgeräte verbundenen Kosten ohnehin nicht als Kosten der Nacherfüllung verlangen.

d) Soweit die Beklagte meint, die in der Anlage BK 3 beschriebene Baumaßnahme reiche aus, um die Heizlastdefizite auszugleichen, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Dadurch soll nach den Erläuterungen ihres Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung nur in der Werkstatt eine Temperatur von 20o C erreicht werden. Die übrigen Räume sind davon nicht betroffen.

e) Die Beklagte kann auch nichts daraus herleiten, dass sie die von der … angebotenen Baumaßnahme ausweislich der Anlage BK 4 preiswerter ausführen würde. Die Preisunterschiede ergeben sich in erster Linie aus den Kosten für die Geräte, auf die es hier nicht ankommt, weil es sich dabei gerade um Sowieso-Kosten handelt. Abgesehen davon ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, das günstigste Angebot anzunehmen um die Mängel beseitigen zu lassen. Es mag sein, dass die Beklagte in der Lage wäre, die Arbeiten preisgünstiger durchzuführen. Darauf kommt es aber nicht an, weil die Klägerin berechtigt ist, damit ein Drittunternehmen zu beauftragen.

2. Hinsichtlich der Höhe der Mängelbeseitigungskosten, die nach den vorstehenden Ausführungen von den Sowieso-Kosten abzugrenzen sind, hat der Senat im Anschluss an die mündliche Verhandlung und die darin aufgeworfene Frage nach der Einholung eines Sachverständigengutachtens noch einmal das Angebot der … darauf hin überprüft, ob es hinreichende Anhaltspunkte liefert, die eine nach § 287 ZPO zulässige Schätzung der voraussichtlichen Mehrkosten der Klägerin ermöglichen. Das ist der Fall.

a) Es bedarf im gegenwärtigen Stadium des Nachbesserungsverlangens noch keiner konkreter Bestimmung und Abgrenzung der Mehrkosten  von den Sowieso-Kosten; denn der Vorschuss für die Durchführung der Mängelbeseitigung ist nur vorläufig und muss im Anschluss daran abgerechnet werden. Ein eventueller Überschuss wäre zurückzuzahlen. Erweist sich der Vorschuss als zu gering, kann die Klägerin eine Nachzahlung verlangen. Eine differenzierte Abgrenzung zwischen den Mehrkosten und den Sowieso-Kosten hat daher erst nach der Durchführung der Nachbesserungsarbeiten zu erfolgen. Die Klägerin hat dafür im Zuge der endgültigen Abrechnung zu sorgen. Vorerst reicht es dagegen aus, die voraussichtlichen Mehrkosten anhand des Angebots der … zu schätzen; denn der mit der Einholung eines Sachverständigengutachten Aufwand und die damit verbunden Kosten wären unverhältnismäßig (§ 287 Abs. 2 ZPO).

b) Nach Auswertung des Angebots der … vom 14.Juli 2011 sind jedenfalls zumindest folgende Kosten als Mehrkosten erstattungsfähig:

Pos.       Bezeichnung Preis

1.1 Vorarbeiten / Rückbauten 957,96 €

1.3.1 Vorhandene Lufterhitzer für Wiedermontage vorbereiten    1.609,46 €

1.3.3 Umbau Lufterhitzer Ersatzteillager 159,26 €

3.1.1 Baustelleneinrichtung 180,00 €

3.1.2 Bestandsanlage füllen 92,00 €

3.1.3 Montageaufwand (geschätzt 20 Std.)   736,00 €

Vorschuss netto 3.734,68 € 19% MWSt.    709,59 €

Vorschuss brutto 4.444,27 €

Ob nach Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten höhere Mehrkosten anfallen, bleibt nach den vorstehenden Ausführungen der endgültigen Abrechnung vorbehalten.

IV. Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB nicht in Höhe von 8 %, sondern nur in Höhe von 5 % begründet, da es sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch nicht um eine Entgeltforderung i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB handelt. Eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB liegt unter Berücksichtigung des Ziels der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35) vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (BGH NJW 2010, 3226; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 288 Rdn. 8 und § 286 Rdn. 27). Ein Anspruch auf Kostenvorschuss gemäß § 13. Abs. 5 Nr. 2 VOB/B ist somit keine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift.

V. Die Verurteilung zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten ist mit der Berufung nicht angegriffen worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Ein Grund, die Revision zuzulassen, war nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

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