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Werklohnanspruch – Zurückbehaltungsrecht des Bestellers bei fehlender Rechnung

AG Königstein, Az.: 21 C 1326/11, Urteil vom 06.03.2013

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 703,22 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2011 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des Mahnverfahrens, die der Kläger zu 26% und die Beklagten als Gesamtschuldner zur 74% tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von den Beklagten den – nach einer Abschlagszahlung von 4.000,- Euro – noch ausstehenden Teil einer Werklohnforderung aufgrund des Einbaus von Türen und Bodenbelägen im Objekt … .

Der Kläger hatte den Beklagten zunächst angeboten, die Arbeiten zu einem Preis von 4.950,76 Euro (inkl. MwSt.) auszuführen. Die Beklagten begehrten einen Rabatt von 5% (entspricht 247,54 Euro inkl. MwSt.) und sagten im Gegenzug eine Anzahlung von 4.000,- Euro zu. Der Kläger willigte in diese Konditionen ein.

Die Vertragskonditionen einschließlich des gewährten Rabattes sind festgehalten in dem schriftlichen Angebot Nr. 100374 des Klägers vom 15.07.2010 (vorgelegt als Anlage K1, Bl. 30 f. d.A.), das der Beklagte zu 2) abgezeichnet hat.

Werklohnanspruch - Zurückbehaltungsrecht des Bestellers bei fehlender Rechnung
Symbolfoto: Rawpixel.com/Bigstock

Nach Zahlung des Abschlags und Durchführung der vereinbarten Arbeiten stellte der Kläger den Beklagten am 09.09.2010 eine Rechnung über einen Restbetrag von 950,75 Euro (vorgelegt als Anlage K3, Bl. 33 f. d.A.), die in ihrem Bezugsgegenstand ausdrücklich auf das Angebot Nr. 100374 vom 15.07.2010 verweist, versehentlich aber den gewährten Rabatt von 247,54 Euro nicht berücksichtigt.

Die Beklagten zahlten jedoch auch den tatsächlich vereinbarten Restbetrag von 703,22 Euro nicht und machten vorgerichtlich auch keine Einwendung oder Einrede gegen die Rechnung des Klägers geltend. Das von dem Kläger beauftragte … mahnte mit Schreiben vom 27.12.2010 die Zahlung des restlichen Werklohns an (vorgelegt als Anlage K4, Bl. 35), berücksichtigte dabei jedoch ebenfalls den 5%igen Rabatt nicht.

Während des Rechtsstreits übermittelte der Kläger den Beklagten ein Schreiben vom 08.03.2012 (vorgelegt als Anlage K6, Bl. 67 d.A.), welches ausdrücklich Bezug nimmt auf die Schlussrechnung vom 09.09.2010 und den dort ausgewiesenen Rechnungsbetrag ausdrücklich korrigiert um den 5%igen Rabatt.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagten seien zur Bezahlung des nach Abzug der Abschlagszahlung und des Rabattes von 247,54 Euro verbleibenden Restbetrags in Höhe der Klageforderung verpflichtet. Der Betrag sei mit der Abnahme des Werkes fällig geworden, die bei Erstellung der Schlussrechnung vom 09.09.2010 bereits erfolgt gewesen sei (Schriftsatz vom 27.02.2012, Bl. 50 ff. d.A.). Die Fälligkeit des Werklohnes bestimme sich allein nach § 641 BGB, eine Rechnung sei hierfür keine Voraussetzung. Durch die vorgerichtlichen Mahnungen befänden sich die Beklagten in Schuldnerverzug.

Der Kläger beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 703,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.01.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der Anspruch des Klägers sei nicht fällig, weshalb ihnen ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB zustehe. Der Kläger habe zwar eine Rechnung gestellt. Diese sei jedoch fehlerhaft, weil sie den gewährten 5%igen Rabatt nicht ausweise und deshalb unzutreffend von einem Endbetrag von 950,75 Euro ausgehe. Der auf den richtigen Rechnungsbetrag entfallende Umsatzsteueranteil sei ebenfalls nicht ausgewiesen. Sie würden beabsichtigen, einen Teil der Liegenschaft gewerblich zu nutzen und einen Teil der Umsatzsteuer als Vorsteuer sowie einen Teil der Ausgaben als Betriebsausgaben geltend zu machen. Für den Fall, dass die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Rechnung vorgelegt würde, sei schon jetzt mit einer Schadensentstehung zu rechnen (Klageerwiderung vom 24.01.2012, Bl. 45 ff. d.A.). Auch die Voraussetzungen von § 31 UStDV seien nicht erfüllt. Mangels Vorlage einer den Anforderungen von § 14 UStG gerecht werdenden Rechnung sei die Restforderung nicht fällig geworden und Schuldnerverzug nicht eingetreten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohns gegen die Beklagten aus dem unstreitig geschlossenen Werkvertrag in Verbindung mit §§ 631, 632 BGB.

Die Beklagten haben nicht bestritten, dass die vom Kläger durchgeführten Arbeiten bei Stellung der Schlussrechnung vom 09.09.2010 (Anlage K3, Bl. 33 f. d.A.) schon abgenommen waren. Der im Übrigen unsubstantiierte und nicht mit einem geeigneten Beweisantritt verbundene Einwand der Beklagten gegen den Verzugseintritt, das Inkassounternehmen sei „zu früh“ eingeschaltet worden, weil zum Zeitpunkt seiner Beauftragung Nachbesserungsarbeiten „in vollem Gange“ gewesen seien (Klageerwiderung vom 24.01.2012, Bl. 47), genügt hierfür nicht, da diese pauschale Einwendung sich nicht zur Abnahme verhält.

Gemäß § 641 BGB wird die Vergütung mit der Abnahme fällig, so dass davon auszugehen ist, dass die Vergütung bei Stellung der Schlussrechnung fällig war. Selbst wenn ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines etwaigen Anspruchs der Beklagten auf eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG bestanden hätte, könnte dieses die Fälligkeit des Werklohnanspruchs nicht hindern (vgl. Palandt/Grüneberg, 71. Aufl. 2012, § 273 Rn. 20). Davon abgesehen haben die Beklagten vorgerichtlich gegenüber dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht noch nicht geltend gemacht.

2. Den Beklagten steht ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB wegen eines Gegenanspruchs gegen den Kläger auf eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG nicht zu.

a) Sie haben bereits nicht substantiiert die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Rechnung im Sinne von § 14 UStG dargetan, sondern lediglich und erst im Rechtsstreit pauschal behauptet, zu „beabsichtigen“, einen Teil ihrer Liegenschaft gewerblich nutzen zu wollen. Sie haben nicht einmal behauptet, mit dem Kläger im Zuge der Vertragsabwicklung über die Notwendigkeit einer solchen Rechnung auch nur gesprochen zu haben.

b) Selbst wenn man einen solchen Anspruch bejahen würde, bestände kein Zurückbehaltungsrecht, weil dieser Anspruch dann bereits durch Erfüllung untergegangen wäre.

Nach § 14 Abs. 6 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 UStDV kann eine Rechnung aus mehreren Dokumenten bestehen, die die von § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben insgesamt enthalten. Dabei sind in einem dieser Dokumente das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag jeweils zusammengefasst anzugeben und alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Angaben des § 14 Abs. 4 UStG ergeben. Diesen Anforderungen von § 31 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStDV wird die Schlussrechnung vom 09.09.2010 (vorgelegt als Anlage K3, Bl. 33 f. d.A.) in Verbindung mit dem Angebot Nr. 100374 vom 15.07.2010 (vorgelegt als Anlage K1, Bl. 30 f.) gerecht. Aus der Schlussrechnung ergeben sich das Entgelt für die Leistung des Klägers und der darauf entfallende Steuerbetrag, in ihrem Kopf nimmt die Rechnung ausdrücklich Bezug auf das Angebot Nr. 100374, das wiederum die im Voraus gewährte Entgeltminderung im Sinne von § 14 Abs. Nr. 7 UStG – hier also den 5%-Rabatt – ausweist. Dass eine Rechnung nicht nur dann ordnungsgemäß im Sinne von § 14 Abs. 4 UStG ist, wenn sie selbst den Differenzbetrag ausweist, folgt im Übrigen bereits aus § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG selbst, denn anderenfalls wäre dessen letzter Halbsatz funktionslos.

c) Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, die Schlussrechnung vom 09.09.2010 erfüllte auch in Verbindung mit dem Angebot Nr. 100374 nicht die Anforderungen von § 31 Abs. 1 UStDV, so wäre das vom Kläger als Anlage K6 vorgelegte Schreiben vom 08.03.201 (Bl. 67) jedenfalls als Berichtigung im Sinne von § 31 Abs. 5 UStDV anzusehen.

2. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Spätestens mit dem nicht bestrittenen Zugang des Mahnschreibens der Zyklop Inkasso GmbH vom 27.12.2010 ist Schuldnerverzug eingetreten. Bestritten worden sind lediglich Mahnungen des Klägers vor Einschaltung des Inkassobüros (Schriftsatz vom 20.03.2012, Bl. 57 d.A.). Ebenfalls nicht bestritten wurde, dass die Arbeiten bei Stellung der Schlussrechnung vom 09.09.2010 abgenommen waren, womit die restliche Vergütung bereits fällig geworden war. Selbst wenn den Beklagten zunächst ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hätte, hätte dies den Verzugseintritt nicht gehindert, da unstreitig vorgerichtlich keine Geltendmachung dieses Rechts erfolgte. Ausschließlich die (berechtigte) Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts kann jedoch den Verzugseintritt hindern. Ist bereits Verzug eingetreten, genügt die bloße Ausübung des Zurückbehaltungsrechts zur „Heilung“ des Verzugs nicht. Vielmehr muss der Schuldner seine eigene Leistung Zug-um-Zug gegen Erfüllung des Gegenanspruchs anbieten (vgl. Palandt/Grüneberg, 71. Aufl. 2012, § 273 Rn. 20), woran es hier fehlt. Die Nichtberücksichtigung des gewährten Rabatts in der verzugsbegründenden Mahnung steht dem Verzugseintritt in Höhe des tatsächlich geschuldeten Betrags nicht entgegen.

3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3, 696 Abs. 1 S. 5 ZPO (vgl. dazu OLG Frankfurt am Main v. 16. 11. 2005 – 17 W 81/05, NJOZ 2006, 4354); die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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