OLG Nürnberg – Az.: 13 U 847/11 – Urteil vom 23.02.2012
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. April 2011 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 173.539,09 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche für EDV-Leistungen.
Der Beklagte zu 1) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 2) und 3) sowie Vorstandsvorsitzender der Fa. B. P. AG.
Am 22. November 2006 unterschrieben R. H. und H. P. als Vorstände der Klägerin für diese ein Dokument mit der Überschrift „Geheimhaltungsvereinbarung“, als deren Parteien die Klägerin und die Fa. E. P. AG („E), vertreten durch den Beklagten zu 1) als deren Vorstand, genannt werden. Die Vorbemerkung dieses Dokuments lautet wie folgt:
„Die Vertragspartner beabsichtigen auf dem Gebiet der Kraftstoffgewinnung aus Kohlenwasserstoffen zusammenzuarbeiten. Insbesondere sind sie an einer Zusammenarbeit bei der Realisierung der für die von der auf Initiative von E. bzw. Herrn B. persönlich zu gründenden Firma M. F. AG/OHG herzustellenden „Verölungsanlagen“ im Bereich der Elektrik und Steuerung interessiert. Die Grundzüge des Projekts sind in dem Businessplan, der dieser Geheimhaltungsvereinbarung als Anlage 1 beigefügt und der Gegenstand der Vereinbarung ist, dargestellt. Im Vorfeld der Zusammenarbeit wird es erforderlich sein, dass E. H. vertrauliche Informationen offenbart. Diese sollen zum Schutz von E. einer generellen Geheimhaltung und Vertraulichkeit unterliegen. Zum Schutz der berechtigten Interessen von E. soll durch diese Vereinbarung sichergestellt werden, dass H. bei Realisierung und Umsetzung des PROJEKTS exklusiv mit E. zusammenarbeitet und dieses nicht unter Umgehung von E. selbst oder über vorgeschobene Dritte – gleichgültig ob natürliche oder juristische Personen oder Personenzusammenschlüsse – unter Nutzung der erhaltenen vertraulichen Informationen mit den bekannt gegebenen Kontaktpersonen oder Gesellschaften oder diesen verbundenen Unternehmen abwickelt.
Diese Vereinbarung gilt auch für den Fall, dass es nicht zu der beabsichtigten Zusammenarbeit kommt.
Dies vorausgeschickt schließen die Vertragsparteien folgende Vereinbarung: …“
Die Klägerin erbrachte von Ende Dezember 2006 bis November 2008 EDV-Leistungen im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Verölungsanlage, durch die organische Abfälle zu Kraftstoffen verarbeitet werden sollten. Die Klägerin erstellte für diese Anlage eine Spezifikation und eine Hardwareprojektierung für deren Automatisierung, fertigte einen Schaltschrank, lieferte Simatic-Automatisierungskomponenten und erstellte die Software sowie das Leitsystem für die Anlage. Schließlich führte die Klägerin die Inbetriebnahme der Verölungsanlage durch.
Die bis Ende 2007 erbrachten Leistungen stellte die Klägerin der Beklagten zu 2) mit insgesamt 217.830,23 € brutto in Rechnung (Rechnungen Nr. 4017855 bis 4022060 vom 5. April 2007 bis zum 22. Januar 2008) und erhielt hierauf Zahlungen in Höhe von 56.660 €. Den Zahlungen war zumindest eine Mahnung (K 39) vorausgegangen, die die Klägerin ebenfalls an die Beklagte zu 2) gerichtet hatte.
Für die im Jahr 2008 erbrachten Leistungen richtete die Klägerin Rechnungen über insgesamt 12.743,71 € brutto an die Beklagte zu 3) (Rechnungen Nr. 4022395 bis 4026977 vom 15. Februar 2008 bis 11. Dezember 2008). Hierauf wurden 374,85 € an die Klägerin gezahlt.
An den Beklagten zu 1) hat die Klägerin vorgerichtlich niemals Rechnungen gerichtet.
Die zugrunde liegenden Aufträge wurden ab 20. Dezember 2006 mündlich erteilt, wobei auf Klägerseite der Zeuge B. und auf Beklagtenseite der Beklagte zu 1) handelte. Der Beklagte zu 1) hatte gegenüber der Klägerin auch erklärt, dass die Rechnungen an die Beklagte zu 2) zu richten seien. Für die im Jahr 2008 erbrachten Leistungen hatte der Beklagte zu 1) um Stellung der Rechnungen an die Beklagte zu 3) gebeten.
Hinsichtlich der Spezifikationserstellung, der Hardwareprojektierung, des Schaltschrankbaus sowie der Softwareerstellung übersandte die Klägerin in der Zeit vom 12. Januar 2007 bis 11. Juni 2007 schriftliche Auftragsbestätigungen an die Anschrift „N. 24 – 26, E. (Anlagen K2, K4, K6 und K7). Auch den Auftragserteilungen vorausgehende Angebote vom 12. Dezember 2006 (Anlage K1) und vom 27. April 2007 (Anlage K5) hatte die Klägerin an die Anschrift „N., 24 – 26, E.“ geschickt. Bei dieser Anschrift handelte es sich um den Firmensitz der Beklagten zu 2) und 3). Im Adressfeld des Angebots vom 12. Dezember 2006 und der jeweiligen Auftragsbestätigung war als Empfänger „H. L. S.“ angegeben. In den Auftragsbestätigungen hieß es unter der Rubrik „Bestell-Abt.“ jeweils „Hr. S., Geschäftsleitung“, der auch als „Ansprechpartner“ aufgeführt wurde.
Die Klägerin behauptet, sie hätte die ihrer Tätigkeit zugrunde liegenden Verträge mit dem Beklagten zu 1) persönlich geschlossen. Ihr Angebot vom 12. Dezember 2006 (Anlage K 1) habe sich an den Beklagten zu 1) persönlich gerichtet. Dementsprechend habe sich der Beklagte zu 1) durch die von ihm mündlich ausgesprochenen Bestellungen auch persönlich verpflichtet. Sie habe gegen den Beklagten zu 1) einen Zahlungsanspruch in Höhe des aus den oben genannten Rechnungen offenen Betrags von 173.539,09 € nebst Zinsen.
Der Beklagte zu 1) sei gegenüber der Klägerin stets als Privatperson aufgetreten und nicht als Geschäftsführer einer Gesellschaft. Gespräche und Verhandlungen habe er im eigenen Namen geführt. Er sei dabei nicht als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person aufgetreten.
Es sei zudem nicht nur entscheidend, ob der Vertreter im Namen eines anderen gehandelt hat, sondern auch, in wessen Namen der Vertrag abgeschlossen wurde. Es müsse eindeutig sein, dass der Handelnde einen anderen vertritt und es müsse eindeutig sein, wen er vertritt. Dies deutlich zu machen, sei nach § 164 Abs. 2 BGB Sache des Handelnden. Das Risiko, dass nicht eindeutig ist, ob er einen anderen vertritt und wen, trage der Handelnde.
Sowohl aus den Erklärungen zum Vertragsabschluss als auch aus den Umständen des Vertragsabschlusses ergebe sich nicht, dass der Beklagte zu 1) für einen anderen gehandelt habe. Vollkommen unklar bleibe zudem, für wen, also für welche konkrete Gesellschaft der Beklagte zu 1) gehandelt habe.
Bei einem Treffen im November 2006 habe der Beklagte zu 1) gegenüber dem Vorstand der Klägerin H. P. sein Projekt einer Verölungsanlage vorgestellt und mitgeteilt, dass er bereits in erheblichem Umfang aus seinem Privatvermögen in dieses Projekt investiert habe. Bei diesem Treffen habe der Beklagte zu 1) nicht dargestellt, dass dieses Projekt von einer bestimmten Gesellschaft realisiert werden soll. Für die Klägerin habe es sich somit um ein Projekt gehandelt, das der Beklagte zu 1) persönlich verfolgt habe und nicht über ein bestimmtes Unternehmen oder eine bestimmte Gesellschaft. Dementsprechend habe der Beklagte zu 1) seine persönliche Visitenkarte (Anlage K38) übergeben. Auf dieser sei zudem die „N. Grundstücksverwaltungs GbR“ genannt gewesen, wobei der Klägerin klar gewesen sei, dass das Projekt wohl nicht über diese GbR abgewickelt werden sollte, da es sich offensichtlich nicht um Grundstücksverwaltung gehandelt habe. Auf Nachfrage von Herrn P., an wen künftige Korrespondenz zu richten sei, habe der Beklagte zu 1) erklärt, dass die Korrespondenz an ihn persönlich an die auf der übergebenen Visitenkarte genannte Anschrift zu adressieren sei. Aufgrund dieser Informationen (Investitionen aus Privatvermögen, Korrespondenz an den Beklagten zu 1) persönlich) habe die Klägerin davon ausgehen können und müssen, dass das Projekt über den Beklagten zu 1) persönlich abgewickelt werden solle.
Die Geheimhaltungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der E. Projektentwicklung AG sei zwar beiderseits unterschrieben worden, auf Klägerseite bereits am 22. November 2006, aber dennoch nicht wirksam zustande gekommen, weil die Klägerin nie eine gegengezeichnete Fassung dieser Vereinbarung erhalten habe; es fehle daher am Zugang der Annahmeerklärung. Hierauf komme es jedoch letztlich auch nicht an, da die E. Projektentwicklung AG das Projekt nicht selbst hätte durchführen sollen, also nicht selbst die Anlage herstellen und darauf gerichtete Verträge hätte abschließen sollen. Dies ergebe sich daraus, dass eine solche Tätigkeit ausweislich des Handelsregisters nicht zum Unternehmensgegenstand der E. Projektentwicklung AG gehöre. Es handele sich um ein reines Dienstleistungsunternehmen, das Beratungs- und Managementdienstleistungen erbringe, jedoch nicht selbst produziere, insbesondere keine Anlage wie die hier streitgegenständliche Bionisierungsanlage herstelle. Eine Verpflichtung der E. Projektentwicklung AG im Rahmen der Herstellung der Anlage habe der Beklagte zu 1) somit nicht gewollt. Die E. Projektentwicklung AG habe nur vorbereitend und allenfalls begleitend tätig werden sollen, nicht jedoch als produzierendes Unternehmen.
Selbst wenn man annehmen würde, dass der Beklagte zu 1) deutlich gemacht habe, nicht für sich selbst handeln zu wollen, sei jedenfalls unklar, welches konkrete Unternehmen bzw. welche konkrete Gesellschaft er vertreten habe. In Betracht kämen neben den Beklagten zu 2) und 3) zumindest die E. Projektentwicklung AG oder eine andere der vielen Gesellschaften des Beklagten zu 1). Zweifel daran, welches Unternehmen vertreten würde, gingen zu Lasten des Handelnden, also des Beklagten zu 1).
Die schriftlichen Auftragsbestätigungen der Klägerin seien kaufmännische Bestätigungsschreiben. Der Beklagte zu 1) nehme zumindest ähnlich einem Kaufmann am Geschäftsleben teil. Er trete im Rahmen seiner verschiedenen Projekte nicht nur als Gesellschafter oder Geschäftsführer, sondern auch als Privatperson auf. Es könne somit vom Beklagten zu 1) erwartet werden, dass dieser einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben widerspreche. Mangels Widerspruchs gegen diese an den Beklagten zu 1) persönlich gerichteten Bestätigungsschreiben seien die Verträge mit dem Beklagten zu 1) zustande gekommen.
Der Beklagte zu 1) sehe sich auch selbst in der Zahlungspflicht, was sich aus dessen ausschließlich mit „H. S.“ unterzeichneter E-Mail vom 7. Dezember 2007 (Anlage K 12) ergebe, in der er selbst die bis dahin aufgelaufenen Rechnungen anerkannt und im eigenen Namen Ratenzahlung angekündigt habe.
Daneben würden auch die Beklagten zu 2) und 3) auf den gesamten offenen Rechnungsbetrag haften, da diese den Verträgen des Beklagten zu 1) mit der Klägerin beigetreten seien. Dies ergebe sich hinsichtlich der Beklagten zu 2) aus dem Wunsch des Beklagten zu 1) als deren Geschäftsführer, dass die Rechnungen im Zeitraum zwischen dem 5. April 2007 und 22. Januar 2008 (Anlagen K 14 bis K 29) auf die Beklagte zu 2) ausgestellt werden sollten. Hinsichtlich der Beklagten zu 3) hätte der Beklagte zu 1) als deren Geschäftsführer gewünscht, dass die streitgegenständlichen Rechnungen nach dem 22. Januar 2008 auf diese hätten ausgestellt werden sollen. Darin sei ein Beitritt der Beklagten zu 3) zu den der Klägerin vom Beklagten zu 1) erteilten Aufträgen und den mit der Klägerin bestehenden Verträgen mit allen Rechten und Pflichten zu sehen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt: Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 173.539,09 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. entsprechend der nachfolgenden Aufstellung zu zahlen:
aus 16.600,00 € (Rechnung Nr. 4017855) vom 20.04.2007 bis 20.05.2007,
aus 12.495,00 € (Rechnung Nr. 4018446) vom 06.06.2007 bis 28.01.2007,
aus 12.197,50 € (Rechnung Nr. 4018447) vom 06.06.2007 bis 28.01.2007,
aus 5.307,50 € (Rechnung Nr. 4018691) vom 27.06.2007 bis 28.01.2007,
aus 2.727,38 € (Rechnung Nr. 4018691) vom 29.01.2008 bis 26.06.2008,
aus 23.985,64 € (Rechnung Nr. 4018693) seit 27.06.2007
aus 32.943,96 € (Rechnung Nr. 4018699) seit 27.06.2007
aus 10.710,00 € (Rechnung Nr. 4018802) seit 03.07.2007
aus 12.495,00 € (Rechnung Nr. 4018962) seit 17.07.2007
aus 12.197,50 € (Rechnung Nr. 4018966) seit 17.07.2007
aus 7.272,62 € (Rechnung Nr. 4019272) vom 01.08.2007 bis 26.06.2008
aus 1.521,48 € (Rechnung Nr. 4020030) seit 27.06.2008
aus 10.829,00 € (Rechnung Nr. 4020535) seit 26.09.2007
aus 8.422,82 € (Rechnung Nr. 4021068) seit 27.10.2007
aus 22.834,32 € (Rechnung Nr. 4021750) seit 06.12.2007
aus 15.319,00 € (Rechnung Nr. 4021768) seit 05.01.2007
aus 9.911,51 € (Rechnung Nr. 4022060) seit 06.02.2008
aus 9.911,51 € (Rechnung Nr. 4022395) seit 01.03.2008
aus 791,35 € (Rechnung Nr. 4023625) seit 29.05.2008
aus 1.666,00 € (Rechnung Nr. 4023711) seit 30.05.2008
aus 374,85 € (Rechnung Nr. 4026977) seit 30.12.2008 bis 24.02.2009.
Die Beklagten haben erstinstanzlich beantragt: Die Klage wird abgewiesen.
Sie sind der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, da die Klägerin aufgrund entsprechender Regelungen in der Geheimhaltungsvereinbarung zwischen der E. Projektentwicklung AG und der Klägerin vom 22. November 2006 und eines Letter of Intent zwischen der M. GmbH sowie der R. E. AG und der H. GmbH sowie der Klägerin vom 24. Juni 2008 zunächst ein außergerichtliches Mediationsverfahren habe durchführen müssen und zudem zwischen den Parteien wirksam Schiedsgerichtsklausel vereinbart worden sei.
Zudem sei nicht der Beklagte zu 1) Vertragspartner der Klägerin geworden. Der Beklagte zu 1) habe gegenüber der Klägerin lediglich die Unternehmen vertreten, als deren Vorstandsvorsitzender bzw. Geschäftsführer er agiert habe. Dies werde aus der Vorbemerkung der Geheimhaltungsvereinbarung zwischen der E. Projektentwicklung AG und der Klägerin vom 22. November 2006 deutlich. Das gegengezeichnete Original dieser Geheimhaltungsvereinbarung sei der Klägerin am 5. Dezember 2006 zurückgesandt worden.
Aus der E-Mail des Beklagten zu 1) vom 7. Dezember 2007 (Anlage K 12) könne die Klägerin jedenfalls die Mithaftung des Beklagten zu 1) nicht herleiten, da diese über die geschäftliche E-Mail-Adresse „e… de“ des Beklagten zu 1) versandt worden sei. Zusätzlich gehe aus der Formulierung „… werden wir die Rechnungen, beginnend mit Dezember 2007 … Sofern es uns – wie erwartet – möglich ist (bei Verkauf und Bezahlung einer Anlage)…“ eindeutig hervor, dass von einer persönlichen Haftung des Beklagten zu 1) nicht auszugehen sei.
Weshalb die Auftragsbestätigungen direkt an den Beklagten zu 1) geschickt wurden, sei im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar. Vermutlich hätte dies daran gelegen, dass es sich die Klägerin angesichts der verschiedenen Gesellschaften, für die der Beklagte zu 1) handelte, einfach machen wollte und nicht nach verschiedenen Gesellschaften differenziert hätte. Zusätzlich sei hinsichtlich der Auftragsbestätigungen zu beachten, dass diese ausdrücklich an „Herrn S., Geschäftsleitung“ adressiert worden seien. Dies spreche ebenfalls eindeutig gegen eine persönliche Haftung des Beklagten zu 1).
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen P. B.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 7. Dezember 2010 verwiesen.
Das Erstgericht hat mit Teil-Endurteil vom 8. April 2011 folgendermaßen entschieden:
Die Klage wird hinsichtlich des Beklagten zu 1) abgewiesen.
Das Erstgericht hat dies damit begründet, dass der Beklagte zu 1) nicht passivlegitimiert sei. Die Verträge, auf deren Grundlage die Klägerin die streitgegenständlichen Leistungen zur Automatisierung der Verölungsanlage vorgenommen habe, seien ursprünglich zwischen der Klägerin und der E. Projektentwicklung AG zustande gekommen. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) bestehe dagegen keine Vertragsbeziehung. Der Beklagte zu 1) habe die mündlichen Aufträge erkennbar nicht als Privatperson erteilt, sondern als Vorstand der E. Projektentwicklung AG. Die Kammer habe keinen Zweifel daran, dass die Geschäfte unternehmensbezogen gewesen seien.
Ausgangspunkt dafür sei die Geheimhaltungsvereinbarung vom 22. November 2011, die zwischen den Parteien wirksam geschlossen worden sei. Auf dieser Grundlage sei nach dem objektiven Empfängerhorizont das Angebot der Klägerin vom 12. Dezember 2006 zur Automatisierung der Verölungsanlage als an den Beklagten zu 1) in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der E. Projektentwicklung AG gerichtet zu verstehen. Der von der Klägerin benannte Zeuge B. habe bei seiner Vernehmung die klägerische Darstellung, wonach der Beklagte zu 1) ihr gegenüber stets als Privatperson aufgetreten sei und Gespräche und Verhandlungen im eigenen Namen geführt habe, nicht bestätigt. Die Frage der Kammer, ob der Beklagte zu 1) ihm gegenüber gesagt habe, dass er, Herr S., die Klägerin beauftrage, habe der Zeuge B. ausdrücklich und mit Sicherheit verneint.
Aus den in der Zeit vom 12. Januar bis 11. Juni 2007 versandten Auftragsbestätigungen der Klägerin ergebe sich nichts anderes, da die darin enthaltene Bezeichnung „Hr. S., Geschäftsleitung“ jedenfalls aus maßgeblicher Sicht des Empfängers nahelege, dass nicht eine Bestellung durch den Beklagten zu 1) im eigenen Namen bestätigt werden solle, sondern eine für ein vom Beklagten geleitetes Unternehmen.
Aus der E-Mail des Beklagten zu 1) vom 7. Dezember 2007 könne bereits deshalb nicht auf seine persönliche Haftung geschlossen werden, weil schon aus der verwendeten Absenderadresse „s…@e….de“ die Unternehmensbezogenheit klar ersichtlich sei.
Gegen dieses der Klägerin am 13. April 2011 zugestellte Urteil hat diese am 21. April 2011 Berufung eingelegt, welche sie am 13. Juli 2011 innerhalb bis zu diesem Tag verlängerter Berufungsbegründungsfrist begründet hat.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass sie den streitgegenständlichen Vertrag mit dem Beklagten zu 1) persönlich abgeschlossen habe und wiederholt dazu im wesentlichen ihre erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Im Widerspruch zum Vortrag in erster Instanz, in welcher unstreitig war, dass die Klägerin niemals Rechnungen an den Beklagten zu 1) gerichtet hatte, behauptet die Klägerin mit einem erst unmittelbar vor der mündlichen Berufungsverhandlung eingereichten Schriftsatz vom 20. Februar 2012 erstmals, die ersten Rechnungen für die streitgegenständlichen Leistungen seien nur an den Beklagten zu 1) „persönlich als Auftraggeber und Vertragspartner gestellt“ worden. Erst danach habe der Beklagte über sein Sekretariat gegenüber einer Mitarbeiterin der Klagepartei den Wunsch geäußert, „dass die ihm gegenüber gestellten Rechnungen auch gegenüber den mitverklagten Beklagten zu 2) und zu 3) in Rechnung gestellt werden und auch zukünftige Rechnungen an diese Gesellschaften“, vor allem die Beklagte zu 2), gestellt werden.
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz beantragt,
I. Das erstinstanzliche Teil-Endurteil des LG Nürnberg-Fürth zu dem Az. 17 O 7724/09, mit welchem die Ansprüche gegenüber dem Beklagten zu 1) (H. S., N. 24-26, E.) abgewiesen wurden, wird aufgehoben.
II. Der Beklagte zu 1) wird neben den Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner wird verurteilt, an die Klägerin 173.539,09 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entsprechend der nachfolgenden Aufstellung zu zahlen:
– aus 16.600,00 € (Rechnung Nr. 4017855) vom 20.04.2007 bis 20.05.2007,
– aus 12.495,00 € (Rechnung Nr. 4018446) vom 06.06.2007 bis 28.01.2007,
– aus 12.197,50 € (Rechnung Nr. 4018447) vom 06.06.2007 bis 28.01.2007,
– aus 5.307,50 € (Rechnung Nr. 4018691) vom 27.06.2007 bis 28.01.2007,
– aus 2.727,38 € (Rechnung Nr. 4018691) vom 29.01.2008 bis 26.06.2008,
– aus 23.985,64 € (Rechnung Nr. 4018693) seit 27.06.2007
– aus 32.943,96 € (Rechnung Nr. 4018699) seit 27.06.2007
– aus 10.710,00 € (Rechnung Nr. 4018802) seit 03.07.2007
– aus 12.495,00 € (Rechnung Nr. 4018962) seit 17.07.2007
– aus 12.197,50 € (Rechnung Nr. 4018966) seit 17.07.2007
– aus 7.272,62 € (Rechnung Nr. 4019272) vom 01.08.2007 bis 26.06.2008
– aus 1.521,48 € (Rechnung Nr. 4020030) seit 27.06.2008
– aus 10.829,00 € (Rechnung Nr. 4020535) seit 26 09.2007
– aus 8.422,82 € (Rechnung Nr. 4021068) seit 27.10.2007
– aus 22.834,32 € (Rechnung Nr. 4021750) seit 06 12.2007
– aus 15.319,00 € (Rechnung Nr. 4021768) seit 05.01.2007
– aus 9.911,51 € (Rechnung Nr. 4022060) seit 06 02.2008
– aus 9.911,51 € (Rechnung Nr. 4022395) seit 01.03.2008
– aus 791,35 € (Rechnung Nr. 4023625) seit 29.05.2008
– aus 1.666,00 € (Rechnung Nr. 4023711) seit 30.05.2008
– aus 374,85 € (Rechnung Nr. 4026977) seit 30.12.2008 bis 24.02.2009.
Der Beklagte zu 1) hat in der Berufungsinstanz beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1) wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Zur neuen Behauptung der Klägerin, ursprünglich seien Rechnungen an den Beklagten zu 1) persönlich gerichtet worden, hat der Beklagte zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, er wisse noch, dass er im Jahr 2009 zur Vorbereitung der Klageerwiderung in erster Instanz sämtliche Unterlagen überprüft habe. Er habe dabei nachvollziehen können, dass Rechnungen der Klägerin ausschließlich an die Beklagten zu 2) und 3), niemals aber an ihn persönlich gestellt worden seien. Er halte seinen entsprechenden Vortrag aus der Klageerwiderung vom 6. November 2009 daher aufrecht. Eine aktuelle eigene Erinnerung an Einzelheiten der mittlerweile fast fünf Jahre zurückliegenden Rechnungsstellung habe er allerdings gegenwärtig nicht.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1) zu Recht abgewiesen, da die Klägerin gegen diesen keinen Anspruch auf Entgelt für die streitgegenständlichen Leistungen hat.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch auf Werklohn, da er nicht Vertragspartner der Klägerin ist.
a) Bei der Auftragserteilung handelte auf Bestellerseite unstreitig der Beklagte zu 1). Durch die abgegebenen Erklärungen hätte sich der Beklagte zu 1) dann selbst verpflichtet, wenn der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten wäre (§ 164 Abs. 2 BGB). Dies war jedoch nicht der Fall. Der Beklagte zu 1) hat, was auch die Klägerin so gesehen hatte, erkennbar für von ihm vertretene, rechtlich selbständige Gesellschaften gehandelt.
aa) Vorliegend befanden sich die Parteien vor der mündlichen Erteilung der streitgegenständlichen Aufträge in Verhandlungen, in welchen das Projekt „Verölungsanlagen“ erörtert wurde. Dabei ging es insbesondere auch bereits darum, dass der Beklagte zu 1) zur Realisierung des Projekts „Verölungsanlagen“ rechtlich selbständige Gesellschaften gründen will und dass die Klägerin für dieses Projekt Leistungen erbringen könnte.
Diese Ausgangslage wird zunächst durch die Geheimhaltungsvereinbarung dokumentiert, welche unstreitig von der Klägerin, vertreten durch ihre Vorstandsmitglieder P. und H. bereits am 22. November 2006 unterzeichnet wurde. In ihr ist festgehalten:
– Es besteht die Absicht, im Bereich der Elektrik und Steuerung bei der Herstellung von „Verölungsanlagen“ zusammenzuarbeiten.
– Die „Verölungsanlagen“ sollen von einer rechtlich selbständigen Gesellschaft hergestellt werden, deren Gründung der Beklagte zu 1) initiieren will, wobei noch nicht endgültig feststeht, ob der Beklagte zu 1) selbst unmittelbar Gesellschafter werden wird oder die von ihm vertretene E. Projektentwicklung AG, und ob die Rechtsform dieser Gesellschaft die einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft sein soll.
– Der Beklagte zu 1) tritt bei der Geheimhaltungsvereinbarung nicht im eigenen Namen auf, sondern namens einer von ihm geführten rechtlich selbständigen Gesellschaft (der E. Projektentwicklung AG).
Bereits aus diesen, schon in der Vorbereitungsphase für das Projekt offenliegenden Umständen war für die Klägerin ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen im Zusammenhang mit Aufträgen zu Arbeiten für die „Verölungsanlagen“ nicht im eigenen Namen auftreten will, sondern für von ihm vertretene Gesellschaften.
bb) Die Erklärungen zur Erteilung der streitgegenständlichen Aufträge gab der Beklagte zu 1) jeweils mündlich gegenüber dem Zeugen B. ab, der Projektleiter bei der Klägerin war. Aus der vom Landgericht am 7. Dezember 2010 durchgeführten Vernehmung des Zeugen ergab sich, dass dem Zeugen allgemein bekannt war, dass der Beklagte zu 1) für verschiedene Firmen tätig war, der Zeuge sich aber bei der Entgegennahme der mündlichen Aufträge keine Gedanken darüber machte, ob der Beklagte zu 1) in eigenem Namen oder als Organ eines der von ihm geführten Unternehmen handelte. Dies sei bei der Auftragserteilung auch nicht thematisiert worden, d. h. er könne sich nicht erinnern, dass der Beklagte zu 1) erklärt habe, er handle für ein bestimmtes Unternehmen. Allerdings habe der Beklagte zu 1) auch „mit Sicherheit“ nicht gesagt, er selbst beauftrage die Klägerin.
cc) Das weitere Verhalten sowohl des Zeugen B. als auch der Entscheidungsträger der Klägerin zeigt, dass diese die von ihrem Projektleiter B. entgegengenommenen Erklärungen des Beklagten zu 1) auf der Grundlage der vorangegangenen Gespräche, insbesondere im Zusammenhang mit der Geheimhaltungsvereinbarung, folgerichtig so verstanden haben, dass der Beklagte zu 1) nicht in eigenem Namen gehandelt hat.
(1) Die Auftragsbestätigungen wurden an die Anschrift gesandt, an weichen sich auch die Firmensitze der vom Beklagten vertretenen Unternehmen befanden, insbesondere auch diejenigen der Beklagten zu 2) und zu 3). Im Adressfeld wurde zwar nicht der Namen eines der Unternehmen des Beklagten zu 1) genannt, sondern nur der Name des Beklagten zu 1). Aus dem übrigen Inhalt ergibt sich aber, dass die Klägerin den Beklagten nicht als Privatperson angeschrieben hat, sondern – in sämtlichen Auftragsbestätigungen wiederkehrend – ausdrücklich als „Geschäftsleitung“ und „Ansprechpartner“.
(2) Sämtliche Rechnungen für die im Jahr 2006 und 2007 erbrachten Leistungen hat die Klägerin entsprechend der dazu unstreitig vom Beklagten zu 1) gemachten Vorgabe von vorneherein an die Beklagte zu 2) adressiert.
(a) In erster Instanz war unstreitig, dass die Klägerin die Rechnungen von Anfang an an die Beklagte zu 2) gerichtet hatte. Die Beklagten haben bereits in der Klageerwiderung vom 6. November 2009 (dort S. 4, Bl. 26 der Akte) ausdrücklich vorgetragen, dass die Klägerin „niemals Rechnungen an den Beklagten zu 1) persönlich gestellt“ habe: Dem hat die Klägerin in ihren zahlreichen und umfangreichen folgenden Schriftsätzen in erster Instanz mit keinem Wort widersprochen. Dementsprechend hat auch des Erstgericht im Tatbestand des angegriffenen Urteils als unstreitigen Sachverhalt festgehalten, dass die Klägerin vorgerichtlich an den Beklagten zu 1) persönlich keine Rechnungen gerichtet hat (S. 3 der Urteils, unten). Die Klägerin hat insoweit auch keinen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt, wobei ihr die Notwendigkeit eines derartigen Antrags im Hinblick auf die Beweiskraft des Tatbestands gemäß § 314 ZPO bewusst war, wie ihr auf andere Punkte bezogener Tatbestandsberichtigungsantrag vom 26. April 2011 zeigt (Bl. 228 f. der Akte).
(b) Auch in der 19 Seiten umfassenden Berufungsbegründung vom 13. Juli 2011, welche sich entsprechend dem Gegenstand des angegriffenen Urteils nunmehr nahezu ausschließlich mit der Frage befasst, ob der Beklagte zu 1) persönlich Vertragspartner geworden ist und welche Indizien hierfür sprechen könnten, behauptet die Klägerin mit keinem Wort, jemals Rechnungen an den Beklagten zu 1) persönlich gestellt zu haben.
(c) Erst mit einem drei Tage vor der Berufungsverhandlung datierenden Schriftsatz vom 20. Februar 2012 (Bl. 294 ff. der Akte) behauptet die Klägerin nun erstmals – allerdings ohne Beweisangebot -, sie habe die „ersten Rechnungen … nur an ihn <den Beklagten zu 1), d. Senat> persönlich als Auftraggeber und Vertragspartner gestellt“.
Gründe, warum die Klägerin den gegenteiligen Vortrag der Beklagten sowohl in erster Instanz als auch noch in der Berufungsbegründung niemals bestritten und damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO stets zugestanden hat, trägt die Klägerin trotz entsprechenden Vorhalts in der mündlichen Verhandlung durch den Senat nicht vor. Ebensowenig teilt sie mit, was sie daran gehindert hätte, die nunmehrigen Behauptungen zur ursprünglichen Rechnungsstellung an den Beklagten zu 1), wenn sie denn zuträfen, bereits in erster Instanz vorzutragen. Da es somit schon an Gründen zur Zulassung des neuen Vortrags nach § 531 Abs. 2 ZPO fehlt, dürfen diese – bestrittenen – Behauptungen gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO der Entscheidung in der Berufungsinstanz nicht zugrundegelegt werden.
Darüber hinaus wäre die Klägerin für ihre nunmehrige streitige Behauptung, sie habe ursprünglich an den Beklagten zu 1) Rechnungen gestellt, beweispflichtig, da dies als – allerdings nicht zwingendes – Indiz dafür, dass sie zumindest ursprünglich den Beklagten zu 1) als Vertragspartner angesehen hatte, eine ihr günstige Tatsache wäre. Nachdem insoweit aber ein Beweisangebot nicht vorliegt, wäre selbst dann, wenn der neue Vortrag prozessrechtlich berücksichtigungsfähig gewesen wäre, der Entscheidung aus Beweislastgründen wiederum zugrundezulegen, dass die Klägerin von vorneherein die Rechnungen an die Beklagte zu 2) gestellt hat und niemals an den Beklagten zu 1):
(3) Nachdem auf die beiden Rechnungen vom 22. Mai 2007 (Anlagen K 15 und 16) zunächst keine Zahlung geleistet worden war, richtete die Klägerin am 15. Juni 2007 diesbezüglich eine Mahnung (Anlage K 39) an die Beklagte zu 2). Diese Beträge wurden in der Folgezeit auch bezahlt, ebenso wie die vorherige, an die Beklagte zu 2) gerichtete Rechnung vom 5. April 2007 (Anlage K 14).
dd) Zusammengefasst ergeben sich also folgende tatsächlichen Gesamtumstände, die der Bewertung, ob der Beklagte zu 1) in eigenem oder fremdem Namen handelte, zugrunde zu legen sind:
(1) Die Parteien haben vor Erteilung der streitgegenständlichen Aufträge bereits über eine Geheimhaltungsvereinbarung verhandelt, die zumindest von der Klägerin auch unterzeichnet worden war,
– welche der Vorbereitung gerade der fraglichen Leistungen diente,
– bei welcher der Beklagte zu 1) nicht selbst Vertragspartner wurde, sondern als Organ einer juristischen Person (E. Projektentwicklung AG) aufgetreten ist, und
– in welcher festgehalten wurde, dass das fragliche Projekt durch eine rechtlich selbständige Gesellschaft durchgeführt werden soll.
(2) Bei der späteren mündlichen Auftragserteilung hat der Beklagte zu 1) zu keinem Zeitpunkt erklärt, sich nunmehr persönlich verpflichten zu wollen.
(3) Die Klägerin hat sämtliche Auftragsbestätigungen an den Beklagten zu 1) als „Geschäftsleitung“ und „Ansprechpartner“ gerichtet, unter der Anschrift, an welcher sich die Firmensitze der Beklagten zu 2) und 3) befinden.
(4) Sie hat zu keinem Zeitpunkt Rechnungen an den Beklagten zu 1) versandt, sondern diese von vorneherein entsprechend der – von ihr akzeptierten – Vorgabe des Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2). Sie hat die Zahlungen bei der Beklagten zu 2). – mit Erfolg – angemahnt.
Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Beklagte zu 1) bei der Erteilung der streitgegenständlichen Aufträge stets erkennbar als Organ von rechtlich selbständigen Gesellschaften aufgetreten ist und die Klägerin dies auch genau so verstanden und akzeptiert hat.
Auch die E-Mail des Beklagten zu 1) vom 7. Dezember 2007 (Anlage K 12) veranlasst zu keinen anderen Schlüssen. Dieser ist insbesondere nicht – wie die Klägerin meint – zu entnehmen, dass der Beklagte zu 1) sich selbst als Zahlungspflichtiger Vertragspartner ansah, sondern ein von ihm vertretenes Unternehmen. Dies wird dadurch deutlich, dass er gerade im Hinblick auf die künftige Bezahlung der offenen Rechnungen formulierte: „Sie hatten … signalisiert, uns hinsichtlich der Bezahlung der aufgelaufenen bzw. auflaufenden Rechnungen entgegenzukommen. … werden wir die Rechnungen, beginnend mit Dezember 2007 … abtragen. Sofern es uns- wie erwartet – möglich ist (bei Verkauf und Bezahlung einer Anlage …) … werden wir selbstverständlich höhere Raten bezahlen.“ (Kursivhervorhebung durch den Senat).
b) Allerdings war zumindest bei den ersten Auftragserteilungen, welche ab Dezember 2006 erfolgt waren, noch nicht klar, welche der vom Beklagten zu 1) geführten Gesellschaften letztlich Vertragspartnerin sein soll. Dies steht der Annahme des Handelns als Vertreter aber nicht entgegen. Der Vertretene braucht bei der Vornahme des Vertretergeschäfts noch nicht bestimmt zu sein. Es genügt, dass die nachträgliche Bestimmung dem Vertreter überlassen wird oder vereinbarungsgemäß aufgrund sonstiger Umstände erfolgen soll (BGH NJW 1989, 164; BGH NJW 1998, 62, Rn. 14; sog. offenes Geschäft, bei welchem die Person des Vertretenen zunächst offen bleibt, vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 164 Rn. 1). So liegt der Fall hier:
Die Klägerin richtete ihre Korrespondenz an den Beklagten zu 1) als „Geschäftsleitung“ am Sitz verschiedener von diesem vertretener Gesellschaften. Als es um die Stellung der ersten Rechnungen ging, benannte der Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) als die zur Zahlung verpflichtete Vertragspartnerin. Die Klägerin akzeptierte dies und richtete die Rechnungen von Anfang an widerspruchslos (nur) an die Beklagte zu 2). Die Klägerin nahm darüber hinaus auf dieser Grundlage nach Stellung der ersten Rechnungen weitere in derselben Weise wie zuvor erteilte Aufträge entgegen und erbrachte weitere Leistungen, ohne der Benennung der Beklagten zu 2) zu widersprechen und auf einer Auftragserteilung durch den Beklagten zu 1) im eigenen Namen zu bestehen. Auf ihre an die Beklagte zu 2) gerichteten Rechnungen erhielt die Klägerin auch nicht unerhebliche Zahlungen (insgesamt 56.660 €).
Nach umfassender Würdigung der Gesamtumstände, steht für den Senat daher fest, dass der Beklagte zu 1) von vorneherein als – organschaftlicher – Vertreter für von ihm geführte Gesellschaften aufgetreten ist und er im Einvernehmen mit der Klägerin die Beklagte zu 2) als diejenige Gesellschaft benannt hat, die durch sein Vertreterhandeln verpflichtet sein soll. In diesem – für die Entscheidung über die gegen den Beklagten zu 1) geltend gemachte Forderung allerdings nicht erheblichen – Punkt weicht der Senat von der Bewertung des Landgerichts ab, welches der Auffassung war, die E. Projektentwicklung AG sei Vertragspartnerin geworden, weil der Beklagte zu 1) für diese bereits bei der Geheimhaltungsvereinbarung gehandelt hatte. Da aber in jener Vereinbarung gerade davon die Rede war, dass die „Vorölungsanlage“ von einer anderen Gesellschaft hergestellt werden sollte, ist der Wille der Parteien so zu verstehen, diejenige Gesellschaft Auftraggeberin für die dazu erforderlichen Arbeiten werden soll, die der Beklagte zu 1) als die ausführende benennt. Hierin fügt sich schließlich auch, dass die Beklagte zu 2) im vorliegenden Prozess ihre Passivlegitimation nicht bestritten hat und ihre Verpflichtung zur Leistung weiterer Geldzahlungen allein mit anderen Einwendungen verneint.
Bei der genannten Sachlage kam es auch nicht darauf an, ob die Beklagte zu 2) nach ihrem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand zwar vorwiegend im Bereich erneuerbarer Energien tätig war, aber nicht unmittelbar durch die Errichtung derartiger Anlagen, sondern durch Verwaltung von Vermögen und der Übernahme der Geschäftsführung in anderen Gesellschaften. Wenn das vertretungsberechtigte Organ einer Gesellschaft diese als die Vertragspartnerin eines Geschäfts benennt und der andere Vertragspartner dies akzeptiert, kommt es auf den Unternehmensgegenstand nicht mehr an. Dieser kann für die Auslegung des Parteiwillens, welches Unternehmen verpflichtet sein soll, nur dann Bedeutung gewinnen, wenn mehrere Unternehmen als vertretene in Betracht kommen und die Zuordnung nicht bereits aufgrund anderer Umstände hinreichend eindeutig möglich ist. Letzteres ist aber vorliegend hinsichtlich der Beklagten zu 2) der Fall, da diese vom Beklagten zu 1) als vertretene Gesellschaft vor Rechnungsstellung ausdrücklich benannt und dies von der Klägerin auch durch die Rechnungsstellung an die Beklagte zu 2), durch die Entgegennahme weiterer Aufträge nach Stellung der ersten Rechnungen und durch die Erbringung weiterer Leistungen in der Folgezeit auf dieser Grundlage akzeptiert wurde.
Ob der erstmals mit Rechnung vom 15. Februar 2008 vorgenommene Wechsel des Rechnungsadressaten auf die Beklagte zu 3), welcher ebenfalls einvernehmlich erfolgt ist, dazu führt, dass die Beklagte zu 3) für die ab diesem Zeitpunkt abgerechneten Leistungen Vertragspartnerin sein oder sie nur mitverpflichtet werden sollte, kann für die vorliegende Entscheidung dahinstehen. Jedenfalls wird auch von der Klägerin nicht behauptet, dass im Zusammenhang mit diesem Wechsel des Rechnungsadressaten eine Erklärung des Beklagten zu 1) erfolgt ist, aus welcher sich sein Wille ergeben könnte, sich jetzt selbst zu verpflichten.
2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch auf Erfüllung oder Schadensersatz nach § 179 BGB.
Die Klägerin macht nunmehr – erstmals mit Schriftsatz vom 20. Februar 2012 (S. 7, Bl. 300 der Akte) – geltend, der Beklagte zu 1) hafte aufgrund dieser Anspruchsgrundlage. Deren Voraussetzungen sind aber nicht ansatzweise erfüllt. Nach § 179 Abs. 1 BGB haftet der Vertreter selbst auf Erfüllung oder Schadensersatz, wenn er seine Vertretungsmacht nicht nachweist und der Vertretene die Genehmigung des Vertreterhandelns verweigert.
Vorliegend scheitert die Inanspruchnahme jedoch bei keiner der Gesellschaften, die als vom Beklagten zu 1) vertretene (juristische) Personen in Betracht kommen, daran, dass der Beklagte zu 1) keine Vertretungsmacht hätte. Vielmehr ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1) sowohl für die Beklagten zu 2) und zu 3) als auch für die vom Landgericht als vertretene Gesellschaft angesehene E. Projektentwicklung AG sogar organschaftlicher Vertreter (Geschäftsführer bzw. Vorstand, jeweils einzelvertretungsberechtigt) war. Dementsprechend bestreiten auch die Beklagten zu 2) und zu 3) nicht, dass der Beklagte zu 1) sie wirksam vertreten konnte.
Eine entsprechende Anwendung der §§ 177, 179 BGB käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Vertreter beim vorliegenden sog. offenen Geschäft, bei welchem die Person des Vertretenen zunächst offen bleibt, trotz entsprechender Aufforderung den Namen des Vertretenen nicht mitgeteilt hätte (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 177 Rn. 2, m. w. Nw.). Vorliegend hatte der Beklagte zu 1) der Klägerin aber unstreitig mitgeteilt, dass die von ihm als Geschäftsführer vertretene Beklagte zu 2) verpflichtet sein soll.
Im Hinblick auf die von der Klägerin vertretene Auffassung – bezogen auf die erst am 22. März 2007 gegründete und am 17. April 2007 eingetragene Beklagte zu 3), an welche aber ohnehin erst ab 15. Februar 2008 für im Jahr 2008 erbrachte Leistungen Rechnungen gestellt worden waren -, der Vertreter hafte aus § 179 BGB, wenn die vertretene juristische Person zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen des Vertreter noch nicht existiere, ist anzumerken, dass auch eine zunächst noch nicht existierende juristische Person vertreten werden kann (BGH NJW 1998, 62, Rn. 14), wenn sie nur – und sei des durch einvernehmlich vorgenommene nachträgliche Benennung (BGH NJW 1989, 164) – bestimmbar ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl, § 164 Rn. 1, m. w. Nw.)
III.
Die Kostenentscheidung erging gemäß § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Im Vordergrund stehen tatrichterliche Fragen der Auslegung von Willenserklärungen im Einzelfall. Soweit Rechtsfragen von Bedeutung sind, folgt der Senat der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.