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Hühnerzucht im allgemeinen Wohngebiet


Tierhaltung im WohngebietWie viele Hühner dürfen in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet von einem Grundstückseigentümer gehalten werden? In einem vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommenen Wohngebiet ist die Zulassung von Anlagen der Kleintierhaltung demnach nur zulässig, soweit die Kleintierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengt und auch nicht der Eigenart des Gebiets widerspricht. Diese Voraussetzungen liegen bei einer Anzahl von mehr als 20 Hühnern im Regelfall nicht vor.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Az: 9 CS 15.2118

Beschluss vom 28.04.2016


Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.


Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 5. März 2015 getroffenen zwangsgeldbewehrten und für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen zur Untersagung der Nutzung ihres Grundstücks FlNr. … Gemarkung … zur Haltung von mehr als 40 Stück Geflügel (Nr. I des Bescheidstenors) und zur Verpflichtung, die auf dem Grundstück gehaltenen Hähne nachts (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) im abgedunkelten Stall zu halten (Nr. II des Bescheidstenors). Mit Urteil vom 30. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage der Antragsteller gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. März 2015 in der Sache ab (Az. AN 3 K 15.00580; Zulassungsverfahren 9 ZB 15.2234).

Den Antrag der Antragsteller auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss ebenfalls vom 5. März 2015 ab. Das Verwaltungsgericht führte unter Bezugnahme auf seine Urteilsbegründung im Wesentlichen aus, die bisherige Tierhaltung mit bis zu 160 Stück Geflügel sei im anzunehmenden faktischen allgemeinen Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig, weil sich die Kleintierhaltung nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 14 Abs. 1 BauNVO unterordne. In einem allgemeinen Wohngebiet überschreite die Haltung von mehr als 20 Hühnern bzw. Geflügel und mehr als einem Hahn den Rahmen der wohntypischen Freizeitbeschäftigung. Die Beschränkung des Bestandes auf das Doppelte dessen, was danach in einem Wohngebiet zulässig sei, berücksichtige damit auch die Lage und Größe des Grundstücks der Antragsteller und sei nicht zu beanstanden.

Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, für eine Beschränkung der Haltung von 40 Stück Geflügel bestehe angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten, die das Verwaltungsgericht unzutreffend ermittelt habe, keine rechtliche Grundlage. Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. Juli 2015 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 5. März 2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei richtig und sorgfältig begründet.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (auch im Zulassungsverfahren 9 ZB 15.2234) und der beigezogenen Akten des Landratsamts verwiesen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Die von den Antragstellern innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller zu Recht abgelehnt.

a) Entgegen den Darlegungen der Antragsteller wurde der angeordnete Sofortvollzug in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gerecht werdenden Weise schriftlich begründet.

Das Landratsamt hat die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben, die es dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 43). Das Landratsamt hat insoweit darauf abgestellt, dass es den Nachbarn aufgrund der Lärmbelastung nicht zumutbar ist, den derzeit rechtswidrigen Zustand bis zur Rechtskraft des Bescheids hinzunehmen.

b) Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die nähere Umgebung entspreche ihrer Eigenart nach einem allgemeinen Wohngebiet, weil das Baugrundstück von Wohnbebauung umgeben sei, wird mit dem Beschwerdevorbringen nicht ernstlich infrage gestellt.

Die Rechtsauffassung der Antragsteller, der Charakter eines faktischen allgemeinen Wohngebiets sei hier nicht eindeutig, weil in Sichtweite des Antragstellergrundstücks stark frequentierte, großflächige Lagerhallen der Lebensmittelindustrie vorhanden seien und die Wohnbebauung deshalb durch von Transportfahrzeugen ausgehende Immissionen vorbelastet sei, geht fehl. Nach § 34 Abs. 2 BauGB bemisst sich die Zulässigkeit eines Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung allgemein zulässig wäre, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) entspricht. Dies setzt voraus, dass die maßgebliche Umgebung – von unwesentlichen Nutzungen und sog. Fremdkörpern abgesehen – ausschließlich bauliche Elemente enthält, die nur einem der in der Baunutzungsverordnung geregelten Baugebiete zuzuordnen sind (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand November 2015, § 34 Rn. 39 m.w.N.). So liegt es hier, weil der bodenrechtliche Charakter des zu Wohnzwecken genutzten Antragstellergrundstücks abschließend durch die umgebenden Wohngebäude und -nutzung geprägt wird, weshalb jedenfalls vom Vorliegen eines allgemeinen Wohngebiets auszugehen ist (vgl. § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Ob in „Sichtweite“ der näheren Umgebung zum Antragstellergrundstück Gewerbebetriebe vorhanden sind und die nähere Umgebung durch Immissionen aus dem Transportverkehr vorbelastet ist, ist nicht von Belang.

c) Die Beschränkung der Geflügelhaltung der Antragsteller einschließlich der von ihnen betriebenen Rassezucht auf höchstens 40 Stück Geflügel im Weg der Nutzungsuntersagung ist nicht zu beanstanden. Nach Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. So liegt es hier.

aa) Die von den Antragstellern ausgeübte Geflügelhaltung einschließlich Zucht wäre als Hauptnutzung im allgemeinen Wohngebiet nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO zulassungsfähig (vgl. BVerwG, B.v. 1.9.2010 – 4 B 31/10 – BauR 2011, 91 = juris Rn. 9 zu hauptgenutzten Anlagen der Tierhaltung im allgemeinen Wohngebiet). Eine von der Wohnnutzung losgelöste gewerblich betriebene Geflügelhaltung und Geflügelzucht ist weder allgemein nach § 4 Abs. 2 BauNVO zulässig noch kommt ihre ausnahmsweise Zulassung nach § 4 Abs. 3 BauNVO in Betracht. Ein Geflügelhaltungs- und Geflügelzuchtbetrieb ist bei der anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise im allgemeinen Wohngebiet funktionswidrig und deshalb weder als „sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb“ (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) noch als mitgezogener Betriebsteil im Rahmen eines „Gartenbaubetriebs“ (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets, vorwiegend dem Wohnen zu dienen (§ 4 Abs. 1 BauNVO), zu vereinbaren (vgl. OVG RhPf, B.v. 2.10.2006 – 8 B 11048/06 – juris Rn. 10).

bb) Zutreffend gehen deshalb auch die Antragsteller davon aus, dass sich die bebauungsrechtliche Zulässigkeit ihrer Geflügelhaltung- und Geflügelzucht nach § 14 Abs. 1 BauNVO bemisst. Danach sind in den Baugebieten außer den in den §§ 2 bis 13 BauNVO genannten Anlagen auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen (Satz 1). Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung (Satz 2). Nach der Wertung des Gesetzgebers sollte mit der Einfügung „einschließlich der Kleintiererhaltungszucht“ aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und zur weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11. Juni 2013 (BauGB-Änderungsgesetz 2013; BGBl I S. 1548) klargestellt werden, dass auch Anlagen der Kleintiererhaltungszucht als Nebenanlage zu qualifizieren sind (vgl. BT-Drs. 17/11468, S. 18). Geflügel wie Hühner, Gänse, Puten oder Enten sind Kleintiere i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 14 Rn. 30).

cc) Da untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen der Kleintierhaltung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zu den nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zulässigen Anlagen gehören, setzt ihre Zulässigkeit voraus, dass die Anlage für die Kleintierhaltung dem Nutzungszweck der im jeweiligen Baugebiet liegenden Grundstücke oder dem Baugebiet selbst dient und dass sie nicht im Widerspruch zur Eigenart des jeweiligen Baugebiets steht (vgl. BVerwG, B.v. 1.3.1999 – 4 B 13.99 – BauR 2000, 73 = juris Rn. 4; Stock a.a.O., § 14 Rn. 28; Henkel in Beck’scher Online-Kommentar, BauNVO, Spannowsky/Hornmann/Kämper, Stand März 2016, § 14 Rn. 32, jeweils m.w.N.).

In einem vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommenen Wohngebiet ist die Zulassung von Anlagen der Kleintierhaltung demnach nur zulässig, soweit die Kleintierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengt und auch nicht der Eigenart des Gebiets widerspricht (vgl. BVerwG, B.v. 1.3.1999, a.a.O.). Ausgehend von den besonderen Verhältnissen im Baugebiet darf die Kleintierhaltung nach Art und Anzahl der Tiere und ihrer Unterbringung das in dem Baugebiet nach der Verkehrsauffassung übliche Maß nicht überschreiten (Stock, a.a.O., § 14 Rn. 33; Arnold in Bönker/Bischopink, BauNVO, 1. Auflage 2014, § 14 Rn. 25 f.). Da allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen dienen (§ 4 Abs. 1 BauNVO), ist die freizeitgemäße Kleintierhaltung nur in einem den Wohnbedürfnissen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) gerecht werdenden Umfang gebietsverträglich. Zu den anerkannten Wohnbedürfnissen gehört dabei nicht nur innerhalb der Wohngebäude vor Beeinträchtigungen durch Außengeräusche geschützt zu sein, sondern auch die für das Wohnen im Freien geeigneten und bestimmten Grundstücksflächen angemessen nutzen zu können (BVerwG, B.v. 20.4.2010 – 4 BN 17.10 – juris Rn. 5 m.w.N.). Deshalb kann die Haltung von Kleintieren (auch) im Freien – wie hier – und die damit einhergehenden Geruchs- oder Geräuschbelästigungen dem Interesse an einem möglichst störungsfreien Wohnen eher zuwiderlaufen als deren Haltung in Gebäuden. So hat das OVG Koblenz die Auffassung vertreten, dass die Haltung von mehr als 20 Stück Hühnern mit mehr als einem Hahn den Rahmen einer für die Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung sprengt (vgl. OVG RhPf, B.v. 2.10.2006 – 8 B 11048/06 – juris Rn. 9 f.; ebs. VG Stuttgart, U.v. 23.9.2015 – 5 K 2780/13 – juris Rn. 75; Stock, a.a.O., § 14 Rn. 34 sowie in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Stand November 2015, § 14 Rn. 61 jeweils m.w.N.). Davon geht auch das Verwaltungsgericht aus. Angesichts der Klarstellung in § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, dass zur Kleintierhaltung auch die Kleintiererhaltungszucht gehört (vgl. bereits BVerwG, B.v. 5.1.1999 – 4 B 131.98 – BauR 1999, 732 = juris Rn. 2, zur Sporttaubenzucht), dürfte eine Beschränkung auf nur einen Hahn schon aufgrund der auch männlichen Nachzucht zwar nicht generalisierend gerechtfertigt sein, zumal – wie vorliegend – dem Ruhebedürfnis der Nachbarschaft insoweit Rechnung getragen werden kann, dass die erwachsenen Hähne zur Nachtzeit in einem abgedunkelten Stall gehalten werden. Im Übrigen dürfte aber außer Frage stehen, dass sich die Haltung von Geflügel im Wohngebiet nach wie vor auf einige wenige Stück zu beschränken hat, um den Wohnerwartungen der Wohnbevölkerung in einem vorwiegend dem Wohnen dienenden Gebiet gerecht zu werden (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 14 Rn. 33 m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, erscheint die Zahl von 20 Stück Geflügel als obere Grenze in Wohngebieten jedenfalls nicht zu gering bemessen. Inwieweit nach der Größe der Grundstücke und unter Berücksichtigung einer herkömmlichen oder regional traditionellen Kleintierhaltung hiervon abgewichen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls.

dd) Nichts anderes folgt aus der Klarstellung durch das BauGB-Änderungsgesetz 2013, wonach auch Anlagen der Kleintiererhaltungszucht als Nebenanlage zu qualifizieren sind. Dabei ist die Frage ohne praktische Bedeutung, ob mit „Kleintiererhaltungszucht“ eine den Bestand der gehaltenen Tiere erhaltende Zucht gemeint ist (vgl. Stock, a.a.O., § 14 Rn. 10 sowie in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2015, § 14 Rn. 17; Arnold, in Bönker/Bischopink, BauNVO, 1. Auflage 2014, § 14 Rn. 28, „nachhaltige Fortpflanzung der gehaltenen Tiere“) und/oder – wohl zutreffend – die Züchtung vom Aussterben bedrohter (Klein-) Tierarten (vgl. den Muster-Einführungserlass der Fachkommission Städtebau vom 20.9.2013 zum Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts, Nr. 3.7.2, zu finden unter www.bauministerkonferenz.de/Mustererlasse/Staedtebau; ebs. Bunzel, „Planspiel zur Novellierung des Bauplanungsrechts 2012/2013“ ZfBR 2013, 211, 217). Denn die Kleintiererhaltungszucht i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist nach jedem Verständnis nur dann zulässig, wenn sie keine (i.d.R. gewerbliche) Hauptnutzung umfasst, also im Rahmen der Hobby- und Haustierhaltung bleibt und auch gebietsverträglich ist (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 14 Rn. 2 m.w.N.; eine andere Rechtsauffassung vertreten – anders als die Antragsteller offenbar meinen – auch Berkemann in DVBl 2013, 815, 821 und Kopf in LKRZ 2014, 45, 49 nicht). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich indes nicht danach, welche Anzahl von Tieren einer bestimmten Art oder Rasse für eine sinnvolle Erhaltungszucht erforderlich ist, sondern nach den zuvor genannten Maßstäben, insbesondere nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Erfordert demnach die Erhaltungszucht einer bestimmten Kleintierart oder Rasse eine über die Gebietsverträglichkeit des jeweiligen Baugebiets hinausgehende Anzahl von Tieren, ist sie unzulässig.

ee) Von Vorstehendem ausgehend ist die Beschränkung der Geflügelhaltung der Antragsteller einschließlich der von ihnen betriebenen Rassezucht auf höchstens 40 Stück Geflügel zum Zweck der Hobby- und Freizeitnutzung i.S.v. § 14 Abs. 1 BauNVO im gegenständlichen allgemeinen Wohngebiet gerechtfertigt.

(1) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das Landratsamt die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls wie Lage und Größe des Antragstellergrundstücks hinreichend berücksichtigt und deshalb das Doppelte dessen zugelassen hat, was im allgemeinen Wohngebiet üblicherweise noch hingenommen werden kann. Eine über 40 Stück Geflügel hinausgehende Haltung und/oder Erhaltungszucht ist im konkreten Fall auch nach Auffassung des Senats nicht begründbar.

(2) Soweit die Antragsteller die Verkehrsüblichkeit von Kleintierhaltungen und Kleintiererhaltungszuchten im betreffenden Baugebiet, in … und der näheren Umgebung einwenden, mag dies zwar in tatsächlicher Hinsicht zutreffen. Dies besagt aber nichts über die aus Rechtsgründen zulässige Anzahl der jeweils gehaltenen Tiere im betreffenden Wohngebiet. Es kann deshalb dahinstehen, ob die vom Landratsamt ermittelten Tierbestände anderer Kleintierhaltungen u.a. im maßgeblichen Wohngebiet (vgl. Stellungnahme vom 28.10.2015) auf unkorrekten Angaben „verängstigter“ Geflügelhalter beruhen.

(3) Auch das Vorbringen, mit einer auf 40 Stück Geflügel beschränkten Haltung ließe sich keine Kleintiererhaltungszucht betreiben, verhilft der Beschwerde der Antragsteller nicht zum Erfolg.

Es wurde bereits ausgeführt, dass eine Kleintiererhaltungszucht, die auf eine nicht mehr gebietsverträgliche Anzahl von Tieren angewiesen ist, auch nach der Änderung des § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nicht zulässig ist. Daran ändert der Hinweis der Antragsteller nichts, dass sie aus tierseuchenrechtlichen Gründen neben ihren Enten auch Hühner halten müssten (vgl. § 13 Abs. 4 Satz 3 GeflPestSchV). Zum einen ist die Entenhaltung – außerhalb von Stallungen oder Schutzvorrichtungen – auch ohne die Haltung von Hühnern nach § 13 Abs. 4 Satz 3 GeflPestSchV zulässig, wenn die Tiere vierteljährlich virologisch auf hochpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht werden (§ 13 Abs. 4 Satz 2 GeflPestSchV), zum andern müsste ggf. auf die Entenhaltung verzichtet werden, wenn sie auf eine nicht mehr gebietsverträgliche Anzahl von Tieren angewiesen wäre; die Hühnerhaltung ist auch ohne Entenhaltung zulässig. Dass die Antragsteller mehrere Erhaltungszuchten in den Bereichen der „Laufenten“, der „Zwerg-Sachsenhühner“ und der „Araucana“ (ebf. Hühner) betreiben, führt nicht dazu, dass die beanstandete Beschränkung auf 40 Stück Geflügel als unverhältnismäßig anzusehen wäre, sondern bestätigt die Annahme, dass die bisherige Haltung deutlich über das im allgemeinen Wohngebiet Zulässige hinausgeht. Insoweit kommt es nicht darauf an, von welcher durchschnittlichen Tieranzahl oder durchschnittlichen Grundstücksgröße nach statistischen Erhebungen einer Bachelorarbeit bei Erhaltungszuchten ausgegangen wird, sondern darauf, was im jeweiligen Baugebiet verträglich ist. Davon abgesehen wurde die Größe des Antragstellergrundstücks vom Landratsamt berücksichtigt.

(4) Unbeachtlich ist schließlich der Vortrag, die Kleintierhaltung würde in einem Umfang von ca. 30 Hühnern und 50 Enten aus immissionsschutzrechtlicher Sicht nicht relevant sein.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht deshalb abgelehnt, weil eine über 40 Stück Geflügel hinausgehende Kleintierhaltung zu einer aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO folgenden, das Rücksichtnahmegebot verletzenden unzumutbaren Geräusch- oder Geruchsbelästigung in der Nachbarschaft führen würde. Es hat solche Wirkungen bis zu einem Tierbestand von 50 Enten und 30 Hühnern sogar ausdrücklich verneint (vgl. S. 17 f. d. UA). Entscheidungserheblich stellt das Verwaltungsgericht vielmehr allein darauf ab, dass der von den Antragstellern beabsichtigte Umfang der Kleintierhaltung bereits den Rahmen des für eine Wohnnutzung Üblichen übersteigt, also bereits gegen die zulässige Art der baulichen Nutzung verstößt. Dies trifft nach den zuvor gemachten Ausführungen zu.

d) Die Kritik an den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den Abmessungen, zur Beschaffenheit und zum Umfang der Haltungseinrichtungen geht nach dem zuvor Gesagten ins Leere. Dass die Anlagen und Einrichtungen zur Geflügelhaltung der Antragsteller keine bauplanungsrechtliche Relevanz aufweisen würden, ist unzutreffend. Prinzipiell sind alle baulichen Anlagen von bauplanungsrechtlicher Relevanz auch soweit sie nur als Nebenanlage der Kleintierhaltung dienen, weil sich auch nach deren Umfang bestimmt, ob die Kleintierhaltung die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu fordernde Unterordnung noch erfüllt. Hierzu gehören neben den Kleintierställen oder „Freigehegen“ auch sonst zum Zweck der Geflügelhaltung eingefriedete Teile des Grundstücks.

e) Hinsichtlich der Anordnung in Nr. 2 des Bescheids vom 5. März 2015, die Hähne zur Nachtzeit im abgedunkelten Stall zu halten (Grund: Spitzenpegelüberschreitung durch Hähnekrähen), fehlt es an Darlegungen, die die Rechtmäßigkeit dieser Anordnung substantiiert in Frage stellen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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