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Anspruch auf die Sicherheit nach Abnahme der Bauleistung: Kündigung möglich

Obwohl die Bauleistung komplett abgenommen war, verlangte ein Bauunternehmer nachträglich den Anspruch auf die Sicherheit nach Abnahme der Bauleistung vom Auftraggeber. Die Weigerung des Bauherrn, diese zu stellen, führte zur Kündigung des bereits erfüllten Bauvertrags – mit ungeahnten finanziellen Folgen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 14/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
  • Datum: 19.09.2025
  • Aktenzeichen: 21 U 14/25
  • Verfahren: Hinweisbeschluss zur beabsichtigten Zurückweisung einer Berufung
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Ein Landschaftsbauunternehmen verlangte von seinem Auftraggeber eine gesetzliche Bauhandwerkersicherheit. Der Auftraggeber weigerte sich und führte Mängel, Gegenforderungen und formelle Fehler bei der Klage an.
  • Die Rechtsfrage: Hat ein Bauunternehmen Anspruch auf diese finanzielle Absicherung seiner Bezahlung, auch wenn der Bau bereits abgenommen wurde und der Vertrag wegen der fehlenden Sicherheit gekündigt wurde?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht beabsichtigt, die Beschwerde des Auftraggebers zurückzuweisen und die zugesprochene Sicherheit zu bestätigen. Dem Unternehmen steht die Sicherheit in Höhe von 90.414,32 EUR zu, da der Anspruch schlüssig dargelegt wurde.
  • Die Bedeutung: Der Anspruch des Bauunternehmers auf eine Bauhandwerkersicherheit bleibt auch nach der Abnahme der Leistung und einer Kündigung des Vertrages gültig. Die Gerichte dürfen zur schnellen Sicherung der Forderung ein Teilurteil erlassen, auch wenn noch andere Streitpunkte offen sind.

Der Fall vor Gericht


Was passiert, wenn ein Bauunternehmer für ein fertiges Projekt eine Sicherheit verlangt?

Ein Landschaftsbaubetrieb hatte seine Arbeit getan. Die Außenanlagen eines neuen Kammermusiksaals, errichtet von einer Stiftung, waren fertiggestellt und offiziell abgenommen. Es ging nur noch um die Bezahlung der letzten Rechnungen – ein offener Betrag von gut 186.000 Euro. Doch dem Unternehmer reichte die Aussicht auf das Geld nicht.

Der Auftraggeber diskutiert fordernd über die Bankgarantie VOB, um die Bauhandwerkersicherheit nach Kündigung des Bauvertrags zu mindern.
Bauunternehmer dürfen Sicherheit auch nach Bauabnahme fordern und bei Weigerung kündigen. | Symbolbild: KI

Er zündete eine rechtliche Stufe, die für den Auftraggeber überraschend kam: Er verlangte eine Bauhandwerkersicherheit nach § 650f des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das ist im Grunde eine Bankbürgschaft, die den Lohn des Handwerkers garantiert, falls der Auftraggeber nicht zahlt. Der Unternehmer setzte eine kurze Frist. Die Stiftung zahlte nicht und stellte auch keine Sicherheit. Daraufhin zog der Unternehmer die nächste Konsequenz: Er kündigte den gesamten, eigentlich schon abgeschlossenen Bauvertrag. Für die Gerichte stellte sich die Kernfrage: Kann man eine Sicherheit für eine bereits erbrachte Leistung fordern und bei Weigerung einen fertigen Vertrag kündigen?

Warum hielt die Stiftung den Anspruch für unberechtigt?

Die Stiftung wehrte sich mit einer ganzen Reihe von Argumenten. Ihre Verteidigungslinie war vielschichtig. Zuerst griff sie die Kündigung selbst an. Ein Vertrag, dessen Leistung bereits abgenommen wurde, könne man nicht mehr kündigen. Der Zweck der Kündigung – die Befreiung von zukünftigen Leistungspflichten – sei hier sinnlos. Dann monierte sie die Höhe der Forderung. Der Unternehmer habe Mängel hinterlassen, deren Beseitigung Geld koste. Zudem stünden der Stiftung eigene Forderungen zu, etwa für die Mitbenutzung von Baustrom, Bauwasser und für die Müllentsorgung. Diese Gegenansprüche müssten die geforderte Sicherheit deutlich reduzieren. Die Stiftung argumentierte weiter, das Vorgehen des Unternehmers sei widersprüchlich. Er könne nicht die volle Vergütung fordern und gleichzeitig die „Gewährleistung kündigen“, wie er es formuliert hatte. Schließlich zog sie noch formale Register: Die vom Anwalt des Unternehmers elektronisch eingereichte Klage sei fehlerhaft signiert und daher unwirksam. Das gesamte Manöver sei ein unzulässiger Versuch, sich eine schnelle Zahlung zu sichern.

Wie wirkt sich die Kündigung auf die Bauhandwerkersicherheit aus?

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigte die Sicht der Vorinstanz – und die des Unternehmers. Die Richter stellten klar, dass der Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherheit ein scharfes Schwert ist. Es soll den Werklohn des Unternehmers schützen, der oft in Vorleistung geht. Dieser Schutz, so das Gericht, endet nicht automatisch mit der Abnahme der Bauleistung. Das Gesetz in § 650f Abs. 1 S. 3 BGB sieht ausdrücklich vor, dass die Sicherheit auch nach der Abnahme verlangt werden kann. Der Sinn dahinter ist einfach: Auch nach der Abnahme ist der Lohn des Unternehmers noch nicht bezahlt und damit gefährdet. Die Kündigung des Vertrags durch den Unternehmer nach fruchtlosem Fristablauf war ebenfalls rechtens. § 650f Abs. 5 BGB gibt dem Unternehmer genau dieses Recht. Die Kündigung beendet zwar den Vertrag für die Zukunft. Sie lässt aber den Anspruch auf Bezahlung für die bereits erbrachten Leistungen unberührt. Der Unternehmer verliert seinen Lohnanspruch nicht. Er wird lediglich anders berechnet. Im Klartext: Das Recht, eine Sicherheit zu verlangen und bei Weigerung zu kündigen, bleibt auch dann bestehen, wenn die eigentliche Arbeit schon getan ist.

Dürfen Gegenforderungen die Höhe der Bauhandwerkersicherheit mindern?

Hier folgte das Gericht einer klaren gesetzlichen Regel. Die Höhe der Sicherheit bemisst sich an der offenen Vergütung. Gegenforderungen des Auftraggebers, etwa für Mängel oder Kostenumlagen, dürfen nur dann abgezogen werden, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind. Das steht so in § 650f Abs. 1 S. 4 BGB. Die von der Stiftung vorgebrachten Kosten für Baustrom, Wasser und Müll waren strittig. Der Unternehmer hatte sie nicht anerkannt. Ein Gericht hatte noch nicht final darüber entschieden. Folglich durften diese Posten die zu stellende Sicherheit nicht schmälern. Bei den Mängeln war die Lage etwas anders. Das Landgericht hatte bereits einen Betrag für nachgewiesene Materialkosten zur Mängelbeseitigung in Höhe von rund 6.300 Euro abgezogen. Diesen Abzug hielt auch das Oberlandesgericht für richtig. Alle weiteren, von der Stiftung behaupteten Mängel waren aber ebenfalls streitig. Im schnellen Verfahren zur Erlangung einer Sicherheit genügt es, wenn der Unternehmer seinen Lohnanspruch schlüssig darlegt. Eine umfassende Beweisaufnahme über jeden einzelnen Mangel findet hier nicht statt. Das würde den Zweck des Gesetzes – eine schnelle Sicherung – unterlaufen. Die Richter bestätigten die Berechnung des Landgerichts: eine zu sichernde Vergütung von rund 82.000 Euro, zuzüglich einer Pauschale von 10 % für Nebenforderungen, ergab die Sicherheitssumme von 90.414,32 Euro.

Wie entschieden die Richter über die formalen Einwände?

Die prozessualen Angriffe der Stiftung prallten am Gericht ab. Den Einwand der fehlerhaften elektronischen Signatur bei der Klageeinreichung wischte der Senat vom Tisch. Zwar hatte ein Anwalt den Schriftsatz verfasst und ein anderer ihn digital signiert. Solange aber der signierende Anwalt für die Partei bevollmächtigt ist, ist die Einreichung wirksam. Die Identität des Absenders war zweifelsfrei geklärt. Das Gericht sah auch kein Problem darin, die Entscheidung über die Sicherheit in einem sogenannten Teilurteil zu treffen. Die Stiftung hatte befürchtet, dies könne zu widersprüchlichen Entscheidungen führen, wenn später im Hauptverfahren über die genaue Höhe des Werklohns gestritten wird. Die Richter folgten der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Das Interesse des Unternehmers an einer schnellen Sicherung seines Lohns wiegt schwerer als die abstrakte Gefahr von Widersprüchen. Der Gesetzgeber will dem Unternehmer mit § 650f BGB ein effektives Mittel an die Hand geben. Dieses Mittel darf nicht durch langwierige Prozesse über alle denkbaren Gegenansprüche entwertet werden. Der Senat machte der Stiftung unmissverständlich klar, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und riet ihr im Kosteninteresse, diese zurückzunehmen.

Die Urteilslogik

Die Bauhandwerkersicherheit (§ 650f BGB) fungiert als scharfes Schwert, dessen Schutzwirkung auch dann greift, wenn die Bauleistung bereits vollständig erbracht und abgenommen wurde.

  • Schutz des Werklohns nach Abnahme: Der Anspruch auf die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit endet nicht automatisch mit der Abnahme des Bauwerks, denn der Gesetzgeber schützt den Vergütungsanspruch, solange dieser noch offensteht.
  • Folgen der Kündigung bei Verweigerung: Verweigert der Auftraggeber die geforderte Sicherheit innerhalb der gesetzten Frist, darf der Unternehmer den Bauvertrag kündigen; dies beendet den Vertrag für die Zukunft, lässt aber den Anspruch auf die Bezahlung der erbrachten Leistung unberührt.
  • Gegenforderungen begrenzen die Sicherheit: Bei der Berechnung der zu sichernden Vergütung reduzieren Gegenforderungen des Auftraggebers die Sicherheitssumme nur, wenn diese Forderungen unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind; streitige Mängelbehauptungen bleiben unberücksichtigt.

Das Werkvertragsrecht etabliert mit diesem Sicherungsanspruch ein effektives und schnelles Instrument zur Gefahrenabwehr für den Bauunternehmer, das langwierige Beweisverfahren im Sicherungsprozess ausschließt.


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Experten Kommentar

Wer eine Abnahme feiert, fühlt sich oft schon im Ziel, aber dieses Urteil zeigt: Ohne Bezahlung ist die Ziellinie im Bauvertrag noch lange nicht überquert. Der Anspruch auf die Bauhandwerkersicherheit nach Abnahme bleibt ein konsequentes Druckmittel, das der Bauunternehmer nutzen darf, um seinen Werklohn zu sichern. Die Kündigung des Bauvertrags bei fehlender Sicherheitsleistung ist selbst für fertiggestellte Projekte zulässig und zwingt den Auftraggeber zur schnellen Reaktion. Gleichzeitig macht das Gericht klar: Streitereien über angebliche Mängel oder Gegenforderungen können die notwendige Sicherheitssumme nicht einfach mindern – das schützt das schnelle Sicherungsverfahren.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss ich die Bauhandwerkersicherheit auch nach der Abnahme der Bauleistung noch stellen?

Die kurze Antwort lautet: Ja, Sie müssen die Bauhandwerkersicherheit auch nach der Abnahme der Bauleistung zwingend stellen. Das Gesetz in § 650f Abs. 1 S. 3 BGB sieht dies ausdrücklich vor. Dieser gesetzliche Anspruch endet nicht, nur weil das Bauprojekt formell abgeschlossen ist. Der entscheidende Punkt ist, dass der offene Werklohn des Unternehmers noch unbezahlt und damit weiterhin gefährdet bleibt.

Der Gesetzgeber schuf diese Regelung, um den Unternehmer zu schützen, der oft in erhebliche Vorleistung tritt. Die Gefahr eines Zahlungsausfalls besteht unverändert fort, solange die Schlussrechnung noch nicht vollständig beglichen ist. Viele Auftraggeber sind überrascht, wenn sie nach erhaltener Leistung mit der Forderung nach einer teuren Bankbürgschaft konfrontiert werden. Juristisch gesehen schützt die Bauhandwerkersicherheit jedoch primär den Werklohnanspruch und ist bis zur vollständigen Begleichung legitim.

Ignorieren Sie eine Fristsetzung zur Stellung der Sicherheit, riskieren Sie die Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer. § 650f Abs. 5 BGB ermächtigt den Auftragnehmer, den Vertrag fristlos zu beenden, wenn der Auftraggeber die Forderung verweigert. Dieses Kündigungsrecht gilt selbst dann, wenn alle Bauarbeiten abgeschlossen und abgenommen wurden. Der Unternehmer verschafft sich damit ein scharfes, wirksames Druckmittel zur schnellen Durchsetzung seiner Zahlung.

Reagieren Sie unverzüglich auf die Aufforderung, prüfen Sie die Frist und ermitteln Sie die korrekte Höhe, indem Sie die geforderte Summe mit unstreitigen, bereits anerkannten Mängelpositionen abgleichen.


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Kann ich einen bereits abgenommenen Bauvertrag wegen fehlender Sicherheitsleistung kündigen?

Ja, dieses Recht steht Ihnen als Bauunternehmer auch nach der Abnahme der Leistung zu. Wenn der Auftraggeber die geforderte Bauhandwerkersicherheit trotz Mahnung verweigert, können Sie den Vertrag fristlos kündigen. Dieser Mechanismus aus § 650f Abs. 5 BGB ist Ihr schärfstes rechtliches Druckmittel, um die Bezahlung Ihres Werklohns durchzusetzen. Die Kündigung gilt als letzte Konsequenz, falls alle anderen Zahlungsaufforderungen ignoriert wurden.

Viele Auftraggeber argumentieren, dass die Pflicht zur Sicherheitsleistung mit der vollständigen Erfüllung des Vertrages ende. Die Rechtsprechung hat diese Ansicht jedoch entschieden zurückgewiesen. Der Anspruch auf die Sicherheit besteht fort, solange Ihr Werklohn noch offen und damit potenziell gefährdet ist. Das Gesetz schützt Sie als Unternehmer, der in Vorleistung getreten ist, effektiv vor dem Zahlungsausfallrisiko des Auftraggebers. Die Kündigung wird damit zu einem notwendigen Schritt, um die eigenen finanziellen Ansprüche abzusichern.

Die Kündigung des Vertrages beendet zwar das Vertragsverhältnis für die Zukunft. Sie lässt jedoch Ihren Vergütungsanspruch für die bereits vollständig erbrachte Leistung unberührt. Sie verlieren Ihren Lohnanspruch nicht, sondern leiten lediglich die finale Abrechnung der Leistungen nach den Regeln der freien Kündigung ein. Die Gerichte haben klargestellt, dass dieser Mechanismus auch bei einem fertigen Projekt anwendbar ist, wenn der Auftraggeber die Stellung der Sicherheit verweigert.

Setzen Sie dem Auftraggeber per Einschreiben unverzüglich eine kurze, aber nachweisbare Frist von typischerweise sieben Tagen zur Stellung der Sicherheit.


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Welche Gegenansprüche darf ich von der Bauhandwerkersicherheit abziehen lassen?

Sie dürfen Gegenansprüche von der Bauhandwerkersicherheit abziehen lassen, aber nur unter sehr strengen Voraussetzungen. Das Gesetz in § 650f Abs. 1 S. 4 BGB schützt den Werklohnanspruch des Unternehmers stark. Die geforderte Sicherheit mindert sich ausschließlich um Posten, die unstreitig sind oder bereits rechtskräftig festgestellt wurden. Alle streitigen Forderungen bleiben bei der Berechnung der Sicherheit unberücksichtigt.

Dieser strenge gesetzliche Maßstab dient dazu, die schnelle Sicherung des Unternehmers zu gewährleisten. Sie können Positionen wie nicht anerkannte Kostenumlagen für Baustrom oder pauschal behauptete Mängel daher nicht einfach in Abzug bringen. Der Auftraggeber muss belegen, dass der Bauunternehmer diesen Abzügen ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat, damit sie die Höhe der Sicherheitsleistung reduzieren dürfen. Ohne diese Anerkennung müssten Sie den vollen Betrag der Sicherheit hinterlegen.

Im Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der Sicherheit findet keine umfassende Beweisaufnahme über die tatsächliche Existenz oder Höhe von Mängeln statt. Eine solche Prüfung würde den Zweck des Gesetzes, eine schnelle Lohnsicherung zu ermöglichen, unterlaufen. Konkret: Wenn Sie Mängel in Höhe von 10.000 Euro geltend machen, aber der Unternehmer nur Materialkosten von 1.500 Euro zur Mängelbeseitigung anerkannt hat, dürfen Sie nur 1.500 Euro abziehen.

Erstellen Sie vor der Stellung der Sicherheit eine detaillierte Aufstellung, welche Gegenansprüche der Bauunternehmer bereits schriftlich anerkannt hat, da nur diese die Sicherheitsleistung sofort mindern.


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Was schulde ich dem Unternehmer, wenn er den Vertrag wegen fehlender Sicherheit kündigt?

Die Kündigung des Bauvertrags wegen verweigerter Bauhandwerkersicherheit beendet den Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht. Sie schulden ihm weiterhin den Lohn für alle erbrachten Leistungen. Die juristische Folge der Kündigung ist eine Abrechnung des Vertrages nach den Regeln einer freien Kündigung, nicht nach einer vollständigen Neuberechnung des Projekts. Das Gesetz schützt den Unternehmer in dieser Situation gezielt.

Der Anspruch auf den Werklohn bleibt selbst nach einer Kündigung gemäß § 650f Abs. 5 BGB unberührt, da dieser Kündigungsgrund nur den Vertrag für die Zukunft beendet. Die Bezahlung der bereits geleisteten Arbeit ist davon jedoch nicht betroffen. Die Begleichung der Forderungen orientiert sich an den Vorschriften der sogenannten freien Kündigung (§ 648 BGB). Dies bedeutet, der Unternehmer muss sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen, zum Beispiel Kosten für Material oder Subunternehmer, die er durch die Vertragsbeendigung nicht mehr benötigt.

Im Rahmen der Abrechnung darf der Unternehmer die gesamte vereinbarte Vergütung als Grundlage für seine Forderung nutzen. Zusätzlich zur offenen Vergütungsposition ist er berechtigt, eine Pauschale von 10 % auf den Sicherungsbetrag aufzuschlagen. Diese Pauschale dient der Absicherung von Nebenforderungen, wie etwa entstandenen Zinsen oder den Kosten der Rechtsverfolgung. Das Ziel des Gesetzes ist es, den Unternehmer zu schützen, der sein Geld durch die Verweigerung der Sicherheit als gefährdet ansieht.

Prüfen Sie umgehend, welche konkrete Summe der Unternehmer als abzugeltende Leistung verlangt (Vergütung plus 10 % Pauschale) und gleichen Sie diese mit dem ursprünglich vereinbarten Werklohn ab.


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Wie lange gilt der Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit nach der Fertigstellung des Projekts?

Der Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit ist nicht an die physische Fertigstellung oder Abnahme des Bauprojekts gebunden. Er gilt vielmehr so lange, wie der zugrundeliegende Werklohnanspruch des Unternehmers noch nicht bezahlt wurde. Entscheidend für die zeitliche Obergrenze ist daher die Verjährung dieser Lohnforderung. Die Abnahme stellt keinen juristischen Endpunkt für diesen Schutzanspruch dar.

Der Schutzmechanismus des § 650f BGB dient primär dazu, den Lohn des Unternehmers zu sichern, der in der Regel in erhebliche Vorleistung getreten ist. Gerichte bestätigen, dass dieser Schutz nicht automatisch mit der Abnahme der Leistung erlischt, da der Werklohn zu diesem Zeitpunkt oft noch offensteht. Der Bauunternehmer kann die Sicherheit jederzeit verlangen, solange sein Anspruch auf die Vergütung noch nicht erfüllt ist und als gefährdet gilt.

Der Anspruch auf die Sicherheitsleistung erlischt erst dann, wenn der zugrundeliegende Werklohnanspruch verjährt ist. Hier greift die zivilrechtliche Regelverjährung, die drei Jahre beträgt. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Vergütungsanspruch fällig geworden ist, was meist mit der Vorlage der prüffähigen Schlussrechnung zusammenfällt. Die Begleichung von Rechnungen unnötig lange hinauszuzögern, führt nicht zur zeitlichen Verwässerung des Anspruchs, sondern verlängert lediglich das Risiko der Kündigung des Vertrages.

Prüfen Sie exakt das Fälligkeitsdatum der Schlussrechnung, um den Beginn dieser dreijährigen Verjährungsfrist des Werklohnanspruchs zuverlässig einschätzen zu können.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Bauhandwerkersicherheit

Die Bauhandwerkersicherheit, gesetzlich verankert in § 650f BGB, ist das wirksame Schutzinstrument in Form einer Bankbürgschaft oder einer Garantie, das den Werklohnanspruch des Unternehmers gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls seitens des Auftraggebers absichert. Dieses Gesetz schützt Bauunternehmer gezielt, weil sie im Baugewerbe typischerweise in erhebliche Vorleistung treten und ihr Lohn bis zur vollständigen Begleichung der Schlussrechnung als gefährdet gilt.
Beispiel: Obwohl die Außenanlagen des Kammermusiksaals bereits abgenommen waren, verlangte der Landschaftsbaubetrieb die Bauhandwerkersicherheit, da der offene Betrag von 186.000 Euro noch unbezahlt war.

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Freie Kündigung (nach § 650f BGB)

Eine Freie Kündigung nach § 650f Abs. 5 BGB bezeichnet die fristlose Vertragsbeendigung durch den Unternehmer, wenn der Auftraggeber die geforderte Bauhandwerkersicherheit trotz festgesetzter Frist verweigert. Dieses scharfe Druckmittel soll die Durchsetzung des Sicherungsanspruchs auch dann gewährleisten, wenn der Bauvertrag faktisch schon abgeschlossen und die Leistung vollständig erbracht wurde.
Beispiel: Nach fruchtlosem Fristablauf zur Stellung der Sicherheit nutzte der Unternehmer sein Recht zur Freien Kündigung, wodurch der Vertrag zwar für die Zukunft beendet wurde, der Anspruch auf die bereits erbrachte Vergütung jedoch bestehen blieb.

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Gegenansprüche

Als Gegenansprüche bezeichnet man Forderungen, die der Auftraggeber dem offenen Werklohn des Unternehmers entgegenhält, beispielsweise für die Beseitigung von Mängeln oder für Kostenumlagen wie Baustrom und Wasser. Im Rahmen der Bauhandwerkersicherheit dürfen solche Forderungen die Höhe der Sicherheit nur dann mindern, wenn sie unstreitig sind oder bereits rechtskräftig durch ein Gericht festgestellt wurden.
Beispiel: Die von der Stiftung vorgebrachten Kosten für die Müllentsorgung wurden als streitige Gegenansprüche gewertet und durften die Höhe der zu stellenden Bauhandwerkersicherheit deshalb nicht reduzieren.

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Schlüssige Darlegung

Die schlüssige Darlegung ist eine prozessuale Anforderung, bei der der Kläger (Unternehmer) seinen Anspruch so detailliert und widerspruchsfrei begründen muss, dass der Anspruch bei Zugrundelegung seiner Richtigkeit bewiesen erscheint. Das Gericht verzichtet im Eilverfahren zur Bauhandwerkersicherheit auf eine umfassende Beweisaufnahme über jeden behaupteten Mangel, weil dies den Zweck einer schnellen Lohnsicherung unterlaufen würde.
Beispiel: Der Unternehmer konnte seinen Lohnanspruch schlüssig darlegen und musste daher nicht in die Beweisaufnahme über alle von der Stiftung behaupteten Mängel eintreten.

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Teilurteil

Ein Teilurteil ist eine Entscheidung des Gerichts, die lediglich einen abgrenzbaren Teil des gesamten Rechtsstreits abschließend regelt, während andere, oft kompliziertere Punkte wie die genaue Höhe des Werklohns, zur späteren Klärung offenbleiben. Diese Vorgehensweise wird gewählt, wenn ein dringendes Sicherungsinteresse besteht, um dem Unternehmer eine schnelle Entscheidung über die ihm zustehende Bauhandwerkersicherheit zu ermöglichen.
Beispiel: Die Richter folgten der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und erließen ein Teilurteil zur Verpflichtung der Sicherheitsleistung, da das Interesse des Unternehmers an der schnellen Absicherung seines Geldes schwerer wog als die abstrakte Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Hauptverfahren.

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Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 21 U 14/25 – Beschluss vom 19.09.2025


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