Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Ein Handschlag, eine Renovierung und ein Streit ums Geld
- Vom Bauprojekt zum Rechtsstreit
- Was musste das Gericht klären?
- Das Urteil: Sicherheit für den Unternehmer, keine Rückzahlung für den Bauherrn
- Die Begründung: Warum der Bauunternehmer eine Sicherheit verlangen durfte
- Warum der Widerruf des Vertrags nicht funktionierte
- Was ist mit den angeblichen Mängeln?
- Die abgewiesene Gegenklage des Bauherrn
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Bauhandwerkersicherheit und wozu dient sie?
- Wann kann ein Bauunternehmer die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit von mir verlangen?
- Was unterscheidet einen Bauvertrag von einem Verbraucherbauvertrag und warum ist das wichtig?
- Kann ich einen Bauvertrag als Verbraucher widerrufen und wann erlischt dieses Recht?
- Welche Rolle spielen angebliche Mängel bei der Forderung nach einer Bauhandwerkersicherheit?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 17 O 85/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Essen
- Datum: 19.07.2024
- Aktenzeichen: 17 O 85/21
- Rechtsbereiche: Bauvertragsrecht, Verbraucherrecht (Widerrufsrecht)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Rechtsnachfolgerin des Bauunternehmers, die Ansprüche aus dem Werkvertrag übernommen hat und die Zahlung einer Vergütung sowie die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit forderte.
- Beklagte: Der Bauherr, der die Elektroinstallation in seinem Haus beauftragte, eine Abschlagszahlung leistete und später den Vertrag widerrief sowie Mängel geltend machte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Bauherr beauftragte einen Bauunternehmer mit der Erneuerung der Elektroinstallation in seinem Haus und leistete eine Abschlagszahlung. Später trat der Bauunternehmer seine Ansprüche an die Klägerin ab, woraufhin der Bauherr den Bauvertrag widerrief und die Rückzahlung der Abschlagszahlung forderte.
- Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob dem Bauherrn ein Widerrufsrecht für den Bauvertrag zustand, das zur Rückzahlung der Abschlagszahlung führen würde, und ob die Klägerin die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangen konnte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht verurteilte den Bauherrn, eine Bauhandwerkersicherheit in Höhe von 5.500,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 627,13 € nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Die Klage im Übrigen und die Widerklage des Bauherrn wurden abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass ein Bauvertrag vorlag und die Klägerin die Forderung wirksam erworben hatte. Es verneinte das Widerrufsrecht des Bauherrn, da der Vertrag als Lieferung untrennbar vermischter Waren zu qualifizieren sei und keine erheblichen Umbaumaßnahmen im Sinne eines Verbraucherbauvertrags vorlagen. Die Einwände des Bauherrn wegen Mängeln und die Widerklage auf Rückzahlung der Abschlagszahlung wurden als unerheblich oder unzulässig abgewiesen.
- Folgen: Der Bauherr muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Fall vor Gericht
Ein Handschlag, eine Renovierung und ein Streit ums Geld
Wer ein älteres Haus kauft, kennt das Problem: Oft muss mehr erneuert werden als anfangs gedacht. So erging es auch einem Mann, Herrn M., der nach dem Kauf eines Hauses feststellte, dass die gesamte Elektroinstallation veraltet war und den modernen Sicherheitsstandards nicht mehr entsprach. Er traf sich Ende September 2020 mit einem Bauunternehmer direkt in dem Haus. Nach einer kurzen Prüfung war klar: Alles muss neu.

Am 6. Oktober 2020 beauftragte Herr M. den Bauunternehmer per Handschlag mit den Arbeiten. Doch was genau wurde vereinbart? Hier gingen die Meinungen später auseinander. Der Bauunternehmer und das Unternehmen, das später seine Forderungen übernahm, behaupteten, man habe sich auf eine Abrechnung nach tatsächlichem Aufwand geeinigt und Kosten zwischen 22.000 und 30.000 Euro in Aussicht gestellt. Herr M. hingegen war der festen Überzeugung, einen pauschalen Festpreis von 17.000 Euro für das gesamte Projekt vereinbart zu haben. Unstrittig war nur, dass die Arbeiten am 12. Oktober 2020 begannen und Herr M. am 2. November eine Abschlagszahlung, also eine erste Rate, in Höhe von 10.000 Euro leistete.
Vom Bauprojekt zum Rechtsstreit
Wie so oft auf dem Bau kam es nach Abschluss der Arbeiten zum Konflikt. Anfang Januar 2021 legte der Bauunternehmer eine Schlussrechnung vor, die Herr M. jedoch nicht akzeptieren wollte. Wenige Tage später schickte der Bauunternehmer eine korrigierte Rechnung über 15.359,15 Euro, die Herr M. umgehend zurücksandte. Der Streit war festgefahren.
Daraufhin griff der Bauunternehmer zu einem besonderen rechtlichen Mittel: Er forderte von Herrn M. die Stellung einer sogenannten Bauhandwerkersicherheit. Das ist eine Art Garantie oder Bürgschaft, die der Auftraggeber dem Handwerker geben muss, um sicherzustellen, dass die noch offene Rechnung am Ende auch bezahlt wird. Dies soll den Handwerker davor schützen, auf seinen Kosten für Material und Arbeit sitzenzubleiben.
Kurz darauf passierte etwas, das im Geschäftsleben üblich ist: Der Bauunternehmer trat seine gesamten Ansprüche aus dem Vertrag – also die offene Rechnung und die Forderung nach der Sicherheit – an ein anderes Unternehmen ab. Man kann sich das so vorstellen, als würde er eine offene Rechnung an eine andere Firma verkaufen. Dieses Unternehmen, die Klägerin im späteren Prozess, war nun berechtigt, das Geld von Herrn M. einzufordern. Herr M. reagierte seinerseits mit einem drastischen Schritt: Er erklärte den Widerruf des gesamten Bauvertrages. Damit wollte er den Vertrag rückwirkend auflösen und forderte seine bereits gezahlten 10.000 Euro zurück.
Was musste das Gericht klären?
Der Fall landete schließlich vor dem Landgericht Essen, das mehrere komplexe Fragen beantworten musste. Die zentrale Frage war: Durfte das Unternehmen, das die Forderungen des Bauunternehmers übernommen hatte, von Herrn M. diese spezielle Bauhandwerkersicherheit verlangen?
Um das zu beantworten, musste das Gericht tiefer graben. Konnte Herr M. den Vertrag überhaupt wirksam widerrufen? Denn wenn der Widerruf gültig wäre, gäbe es ja gar keinen Vertrag mehr, für den eine Sicherheit geleistet werden müsste. Im Gegenteil, dann hätte Herr M. sogar Anspruch auf die Rückzahlung seiner 10.000 Euro. Alles hing also an der Frage, ob das Widerrufsrecht von Herrn M. in diesem speziellen Fall bestand oder nicht.
Das Urteil: Sicherheit für den Unternehmer, keine Rückzahlung für den Bauherrn
Das Gericht fällte eine klare Entscheidung. Herr M. wurde verurteilt, dem Unternehmen eine Bauhandwerkersicherheit in Höhe von 5.500 Euro zu leisten. Diese Sicherheit konnte er auf verschiedene Weisen erbringen, zum Beispiel durch die Hinterlegung von Geld oder durch eine Bankbürgschaft. Zusätzlich musste er die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Unternehmens in Höhe von 627,13 Euro bezahlen.
Die Widerklage von Herrn M. – das ist eine Art Gegenklage, mit der er seine 10.000 Euro zurückfordern wollte – wurde vom Gericht vollständig abgewiesen. Im Ergebnis musste also Herr M. die Sicherheit stellen und bekam sein Geld nicht zurück.
Die Begründung: Warum der Bauunternehmer eine Sicherheit verlangen durfte
Um diese Entscheidung zu verstehen, müssen wir uns die juristische Logik des Gerichts Schritt für Schritt ansehen.
Der Anspruch auf die Bauhandwerkersicherheit
Das Gericht stellte fest, dass dem Unternehmen dieser Anspruch grundsätzlich zusteht. Das Gesetz (§ 650f Bürgerliches Gesetzbuch) gibt jedem Unternehmer bei einem Bauvertrag – einem Vertrag über die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks – das Recht, eine solche Sicherheit zu fordern. Die Erneuerung einer kompletten Elektroinstallation ist eine so wesentliche Arbeit an einem Gebäude, dass sie als Teil eines Bauwerks gilt und somit unter diese Regelung fällt. Da der ursprüngliche Bauunternehmer seine Forderung wirksam an das neue Unternehmen abgetreten, also verkauft hatte, durfte dieses die Sicherheit nun einfordern.
Kein besonderer Schutz für den Bauherrn in diesem Fall
Herr M. war als Privatperson ein Verbraucher und genoss daher eigentlich besonderen Schutz. Es gibt nämlich den sogenannten Verbraucherbauvertrag (§ 650i Bürgerliches Gesetzbuch), der Verbrauchern bei sehr großen Bauvorhaben zusätzliche Rechte einräumt, wie zum Beispiel ein Widerrufsrecht. Bei einem solchen Vertrag dürfte keine Bauhandwerkersicherheit gefordert werden.
Aber war der Vertrag mit Herrn M. ein solcher Verbraucherbauvertrag? Das Gericht sagte: Nein. Ein Verbraucherbauvertrag liegt nur vor, wenn ein komplett neues Gebäude gebaut wird oder „erhebliche Umbaumaßnahmen“ stattfinden. „Erheblich“ bedeutet hier, dass die Maßnahmen mit dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sein müssen und tief in die Substanz des Hauses eingreifen. Die reine Erneuerung der Elektrik, so das Gericht, sei zwar aufwändig, aber kein derart massiver Eingriff. Es handelt sich um einen Vertrag über ein einzelnes Gewerk, der nicht mit dem kompletten Umbau eines Hauses gleichzusetzen ist. Daher griff der besondere Schutz für Verbraucherbauverträge hier nicht.
Warum der Widerruf des Vertrags nicht funktionierte
Der wichtigste Punkt in der Argumentation von Herrn M. war sein Widerruf. Er argumentierte, der Vertrag sei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden – nämlich bei ihm zu Hause auf der Baustelle und nicht im Büro des Unternehmers. Für solche Verträge gibt es ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen, um Verbraucher vor Überrumpelung zu schützen. Über dieses Recht wurde er zudem nicht belehrt, weshalb die Frist sogar noch viel länger lief.
Doch das Gericht fand einen Haken. Es gibt nämlich Ausnahmen von diesem Widerrufsrecht.
Eine entscheidende Ausnahme im Gesetz
Eine dieser Ausnahmen (§ 312g Absatz 2 Nummer 4 Bürgerliches Gesetzbuch) besagt, dass das Widerrufsrecht erlischt bei Verträgen zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden.
Aber handelte es sich hier um eine Warenlieferung? Das Gericht bejahte dies. Der Vertrag umfasste nicht nur die Arbeitsleistung (Installation), sondern auch die Lieferung der Materialien wie Kabel, Schalter und Sicherungskästen. Diese Materialien machten einen erheblichen Teil der Kosten aus und waren für die Leistung unerlässlich.
Und wurden diese Waren „untrennbar vermischt“? Auch hier sagte das Gericht klar: Ja. Die Kabel wurden in die Wände gelegt, Dosen wurden eingeputzt, der Zählerschrank wurde fest montiert. Man kann diese Teile nicht einfach wieder herausnehmen, ohne die Wände zu beschädigen und die Materialien selbst unbrauchbar zu machen. Man kann sie nicht zurückgeben wie ein ungetragenes T-Shirt. Sie sind durch den Einbau zu einem festen Bestandteil des Hauses geworden. Durch diese untrennbare Vermischung war das Widerrufsrecht von Herrn M. erloschen, obwohl der Vertrag vielleicht außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Der Vertrag blieb also gültig.
Was ist mit den angeblichen Mängeln?
Herr M. hatte auch eingewandt, dass die Arbeiten Mängel aufwiesen. Doch das half ihm in diesem Verfahren nicht. Der Sinn und Zweck der Bauhandwerkersicherheit ist es, dem Unternehmer schnell und unkompliziert eine Sicherheit zu verschaffen. Das Verfahren soll nicht durch eine langwierige Beweisaufnahme über mögliche Mängel verzögert werden. Ob und welche Mängel tatsächlich vorliegen, muss in einem separaten Prozess um die Bezahlung der Schlussrechnung geklärt werden. Für die Pflicht, erst einmal eine Sicherheit zu leisten, spielen Mängelbehauptungen keine Rolle – es sei denn, sie sind unstreitig oder bereits gerichtlich festgestellt, was hier nicht der Fall war.
Die abgewiesene Gegenklage des Bauherrn
Da der Widerruf des Vertrags unwirksam war, hatte Herr M. auch keinen Anspruch auf die Rückzahlung seiner 10.000 Euro. Der Vertrag bestand weiterhin, und die Abschlagszahlung war eine rechtmäßige Vorauszahlung auf die geschuldete Leistung. Seine Gegenklage war daher unbegründet. Das Gericht fügte hinzu, dass eine solche Gegenklage ohnehin nicht in das schnelle und spezialisierte Verfahren zur Erlangung einer Bauhandwerkersicherheit passt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht stellt klar, dass bei Bauarbeiten geschlossene Verträge auch dann bindend bleiben, wenn sie außerhalb der Geschäftsräume vereinbart wurden, sobald die gelieferten Materialien fest in das Gebäude eingebaut sind. Der Einbau von Elektroleitungen, Schaltern und anderen Komponenten macht ein Widerrufsrecht unmöglich, weil diese Teile untrennbar mit dem Haus verbunden werden und nicht mehr zurückgegeben werden können. Handwerker haben bei Bauverträgen grundsätzlich das Recht, eine Sicherheit für noch offene Rechnungen zu verlangen, und Bauherren können sich diesem Anspruch nicht durch nachträgliche Mängeleinwände entziehen. Die Entscheidung macht deutlich, dass Verbraucher bei Renovierungsarbeiten weniger Schutzrechte haben als bei großen Umbauprojekten und dass mündliche Vereinbarungen auf Baustellen rechtlich genauso verbindlich sind wie schriftliche Verträge.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Bauhandwerkersicherheit und wozu dient sie?
Eine Bauhandwerkersicherheit ist ein gesetzlich vorgesehenes Instrument im Bauvertragsrecht, das dazu dient, Bauunternehmen und Handwerker (Unternehmer) vor einem Zahlungsausfall durch ihren Auftraggeber zu schützen. Stellen Sie sich vor, ein Bauunternehmer investiert viel Arbeit, Material und Zeit in ein Bauprojekt, doch am Ende zahlt der Auftraggeber nicht oder wird zahlungsunfähig. Genau für solche Fälle wurde die Bauhandwerkersicherheit geschaffen. Sie verschafft dem Unternehmer die Gewissheit, dass er für seine geleistete Arbeit und die dafür aufgewendeten Kosten auch tatsächlich bezahlt wird.
Der Zweck: Schutz vor Zahlungsausfall
Der zentrale Zweck der Bauhandwerkersicherheit ist es, den Unternehmer finanziell abzusichern. Er soll nicht das Risiko tragen müssen, die Baukosten vorzufinanzieren und am Ende ohne Bezahlung dazustehen. Dies ist besonders wichtig, da Bauprojekte oft mit hohen Materialkosten und Arbeitsleistungen verbunden sind, die der Unternehmer im Voraus erbringen muss. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) gibt dem Bauunternehmer in § 650f BGB das Recht, diese Sicherheit vom Auftraggeber zu verlangen. Damit kann der Unternehmer seine Leistung erbringen, ohne ständig um die Begleichung seiner Rechnung besorgt sein zu müssen.
Arten der Sicherheit: Wie wird sie gestellt?
Die Bauhandwerkersicherheit kann auf verschiedene Weisen vom Auftraggeber gestellt werden. Die häufigsten Formen sind:
- Bankbürgschaft: Dies ist die gebräuchlichste Form. Eine Bank oder ein Versicherungsunternehmen bürgt für den Auftraggeber und verpflichtet sich, dem Unternehmer die geschuldete Summe zu zahlen, falls der Auftraggeber nicht zahlt.
- Hinterlegung von Geld: Der Auftraggeber hinterlegt einen bestimmten Geldbetrag auf einem gesonderten Konto. Auf dieses Geld kann der Unternehmer im Falle eines Zahlungsausfalls zugreifen.
- Seltener sind andere Sicherheiten wie eine Hypothek oder Grundschuld an einem Grundstück.
Die Höhe der Sicherheit ist gesetzlich begrenzt und umfasst in der Regel die ausstehenden Forderungen des Unternehmers für bereits erbrachte, aber noch nicht bezahlte Leistungen, zuzüglich eines pauschalierten Aufschlags für Nebenforderungen wie Zinsen oder Rechtsverfolgungskosten.
Auswirkungen für den Auftraggeber
Für Sie als Auftraggeber bedeutet die Anforderung einer Bauhandwerkersicherheit, dass Sie unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sind, diese Sicherheit zu stellen, wenn der Unternehmer sie verlangt. Dies kann finanzielle Auswirkungen haben, da entweder Geld hinterlegt wird oder Ihre Kreditlinie bei einer Bank durch die Bürgschaft beansprucht werden kann. Die Stellung der Sicherheit ist jedoch eine Voraussetzung dafür, dass der Bauunternehmer weiterhin oder überhaupt erst mit den Arbeiten beginnt oder diese fortsetzt. Sie zeigt auch die Ernsthaftigkeit Ihres Vorhabens und bietet dem Unternehmer eine solide Grundlage für die Zusammenarbeit. Sobald das Bauvorhaben abgeschlossen und die Rechnungen beglichen sind, hat der Auftraggeber einen Anspruch darauf, die gestellte Sicherheit zurückzuerhalten.
Wann kann ein Bauunternehmer die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit von mir verlangen?
Ein Bauunternehmer kann von Ihnen die Stellung einer sogenannten Bauhandwerkersicherheit verlangen, wenn er mit Ihnen einen Bauvertrag geschlossen hat. Diese Möglichkeit ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgesehen und dient dazu, den Bauunternehmer vor Zahlungsausfällen zu schützen.
Voraussetzungen für den Anspruch
Der Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherheit entsteht unter bestimmten Voraussetzungen, die sich auf die Art des Vertrages und die Art der Arbeiten beziehen:
- Art des Vertrages: Es muss ein Bauvertrag im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches vorliegen. Dies ist ein Vertrag, bei dem die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder der Umbau eines Bauwerks oder eines Teils davon vereinbart wird. Das unterscheidet sich beispielsweise von einem reinen Liefervertrag oder einem Vertrag über die bloße Instandhaltung, die nicht unter diese Regelung fallen. Stellen Sie sich vor, Sie lassen ein Haus neu bauen, umfangreich sanieren, abreißen oder einen großen Anbau errichten – dann handelt es sich in der Regel um einen solchen Bauvertrag.
- Art der durchgeführten Arbeiten: Die Sicherheit kann für Arbeiten verlangt werden, die auf die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks oder eines Teils davon gerichtet sind. Das bedeutet, es geht um umfassende Arbeiten, die das Bauwerk als Ganzes oder in seinen wesentlichen Teilen betreffen. Wenn Sie also beispielsweise einen Neubau errichten lassen oder eine bestehende Immobilie grundlegend umbauen, sind die Arbeiten meist so beschaffen, dass ein solcher Anspruch entstehen kann.
- Forderung des Bauunternehmers: Der Bauunternehmer muss die Stellung der Sicherheit aktiv von Ihnen verlangen. Dies ist sein Recht, nicht aber eine Pflicht. Fordert er die Sicherheit ein, sind Sie als Auftraggeber grundsätzlich verpflichtet, diese zu stellen.
Umfang der Forderung
Die Bauhandwerkersicherheit dient dazu, die noch nicht bezahlte Vergütung des Bauunternehmers für seine Leistungen abzusichern. Das bedeutet, der Bauunternehmer kann eine Sicherheit in Höhe der noch ausstehenden oder voraussichtlich zu erbringenden Zahlungen verlangen. Dazu gehören auch zusätzliche Ansprüche, die sich aus dem Vertrag ergeben können, wie etwa Kosten für Nachträge, die aufgrund von Änderungen oder zusätzlichen Leistungen entstehen, oder auch Schadensersatzansprüche. Die genaue Höhe richtet sich nach dem Wert der noch nicht erbrachten oder noch nicht bezahlten Leistungen und weiterer möglicher Ansprüche.
Was unterscheidet einen Bauvertrag von einem Verbraucherbauvertrag und warum ist das wichtig?
Die Unterscheidung zwischen einem allgemeinen Bauvertrag und einem Verbraucherbauvertrag ist für Sie als Verbraucher von großer Bedeutung, da der Verbraucherbauvertrag Ihnen deutlich mehr Schutzrechte einräumt.
Was ist ein Bauvertrag?
Ein Bauvertrag ist ein Werkvertrag, bei dem sich ein Unternehmer dazu verpflichtet, ein Bauwerk oder einen Teil davon zu erstellen oder zu verändern (z.B. Reparaturen, Umbauten, Erweiterungen). Der Auftraggeber, egal ob Privatperson oder Unternehmen, verpflichtet sich im Gegenzug, die vereinbarte Vergütung zu zahlen.
- Ein solcher Vertrag kann die unterschiedlichsten Bauleistungen umfassen: vom Anbau eines Wintergartens über die Renovierung eines Badezimmers bis hin zur Installation einer neuen Heizungsanlage.
- Die gesetzlichen Regelungen für Bauverträge finden sich hauptsächlich in den §§ 650a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Was ist ein Verbraucherbauvertrag?
Ein Verbraucherbauvertrag ist eine spezielle Form des Bauvertrags, die darauf abzielt, Sie als privaten Bauherren besonders zu schützen. Dieser Vertragstyp liegt vor, wenn:
- Sie als Verbraucher (eine natürliche Person, die den Vertrag zu privaten Zwecken abschließt) der Auftraggeber sind.
- Der Vertrag den Neubau eines Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude zum Gegenstand hat.
- Neubau ist klar: Sie lassen ein ganz neues Haus errichten.
- Erhebliche Umbaumaßnahmen sind grundlegende Änderungen am Gebäude, die im Umfang mit einem Neubau vergleichbar sind, etwa das Aufstocken eines Hauses, der Anbau eines komplett neuen Gebäudeteils oder der umfassende Kernausbau einer Wohnung. Einzelne, kleinere Renovierungen (z.B. nur Malerarbeiten oder der Einbau einer neuen Tür) fallen in der Regel nicht darunter.
- Der Auftragnehmer ein Unternehmer ist, der diese Bauleistungen gewerblich anbietet.
Die rechtlichen Grundlagen für den Verbraucherbauvertrag finden Sie speziell in den §§ 650i ff. BGB.
Warum ist diese Unterscheidung für Sie wichtig?
Für Sie als Verbraucher ist diese Unterscheidung entscheidend, weil der Verbraucherbauvertrag erweiterte Schutzrechte und besondere Pflichten für den Unternehmer vorsieht, die bei einem „gewöhnlichen“ Bauvertrag nicht gelten. Diese sind dazu da, Sie vor Risiken zu schützen und für mehr Transparenz zu sorgen:
- Widerrufsrecht: Als Verbraucher haben Sie bei einem Verbraucherbauvertrag ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Die Frist beginnt erst, wenn Sie eine ordnungsgemäße Belehrung über dieses Recht erhalten haben. Dieses Recht gibt Ihnen die Möglichkeit, den Vertrag ohne Angabe von Gründen rückgängig zu machen.
- Verpflichtende Baubeschreibung: Der Unternehmer muss Ihnen vor Vertragsabschluss eine detaillierte Baubeschreibung aushändigen. Diese muss die wesentlichen Eigenschaften des Bauvorhabens klar benennen, wie z.B. die Art und den Umfang der Leistungen, die verwendeten Materialien und die Ausstattung. Das schafft Transparenz und verhindert spätere Überraschungen.
- Verbindliche Preis- und Terminangaben: Der Vertrag muss einen festen oder zumindest klar bestimmbaren Gesamtpreis und einen verbindlichen Fertigstellungstermin enthalten.
- Begrenzung der Abschlagszahlungen: Der Unternehmer darf von Ihnen nicht mehr als 90 % der Gesamtvergütung als Abschlagszahlungen fordern, bevor das Bauwerk fertiggestellt und abgenommen wurde. Die letzte Rate darf erst nach vollständiger Erfüllung des Vertrags verlangt werden.
- Keine Bauhandwerkersicherung: Im Gegensatz zu anderen Bauverträgen darf der Unternehmer bei einem Verbraucherbauvertrag keine Bauhandwerkersicherung von Ihnen verlangen. Dies ist ein Schutzmechanismus, der verhindert, dass der Unternehmer eine Belastung (z.B. eine Hypothek) auf Ihrem Grundstück eintragen lassen kann, um seine Forderungen abzusichern.
- Herausgabe von Unterlagen: Der Unternehmer muss Ihnen die erforderlichen Unterlagen für die behördliche Genehmigung oder die spätere Nutzung des Gebäudes (z.B. Bauzeichnungen, Statik) aushändigen.
Diese zusätzlichen Schutzbestimmungen sollen sicherstellen, dass Sie als Bauherr umfassend informiert und abgesichert sind, bevor Sie sich vertraglich binden, und auch während der Bauphase faire Bedingungen vorfinden. Wenn Ihr Bauvorhaben die Kriterien eines Verbraucherbauvertrags erfüllt, können Sie von diesen wichtigen Verbraucherschutzrechten profitieren.
Kann ich einen Bauvertrag als Verbraucher widerrufen und wann erlischt dieses Recht?
Als Verbraucher haben Sie unter bestimmten Umständen ein Recht, Verträge zu widerrufen. Dieses Recht soll Sie schützen, insbesondere wenn Verträge außerhalb von Geschäftsräumen (zum Beispiel bei Ihnen zu Hause oder auf einer Baustelle) oder als Fernabsatzverträge (wie online oder telefonisch) geschlossen werden. Wenn ein solches Widerrufsrecht besteht, können Sie den Vertrag in der Regel innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen beenden.
Besonderheiten bei Bauverträgen: Wann ein Widerrufsrecht besteht
Bei Bauverträgen gibt es wichtige Ausnahmen und Besonderheiten:
- Kein Widerrufsrecht für viele allgemeine Bauleistungen: Für die meisten „Bauleistungen“ im Sinne des Gesetzes besteht kein allgemeines Widerrufsrecht. Das betrifft zum Beispiel den Einbau neuer Fenster in ein bestehendes Haus, eine einzelne Badsanierung oder das Streichen von Wänden. Das Gesetz sieht hier eine Ausnahme vor, da solche Leistungen oft direkt vor Ort erbracht werden und sich nicht einfach „rückgängig machen“ lassen. Stellen Sie sich vor, der Handwerker hat bereits neue Fliesen verlegt – diese Leistung kann nicht einfach ungeschehen gemacht werden.
- Potenzielles Widerrufsrecht bei „Verbraucherbauverträgen“: Anders sieht es aus, wenn es um einen „Verbraucherbauvertrag“ geht. Dies ist ein spezieller Vertrag, bei dem ein Unternehmer die Errichtung eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude für einen Verbraucher durchführt. Wenn ein solcher Verbraucherbauvertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers oder als Fernabsatzvertrag geschlossen wird, kann tatsächlich ein Widerrufsrecht bestehen. Das Gesetz schützt Sie hier besonders, weil es um erhebliche Investitionen und langfristige Bindungen geht.
Wann das Widerrufsrecht erlischt
Wenn ein Widerrufsrecht für Ihren Bauvertrag (insbesondere einen Verbraucherbauvertrag) besteht, gelten folgende Fristen und Umstände für dessen Erlöschen:
- Reguläre Frist: Das Widerrufsrecht erlischt in der Regel 14 Tage nachdem Sie eine korrekte und vollständige Widerrufsbelehrung erhalten haben. Diese Belehrung muss Sie klar über Ihr Widerrufsrecht, die Frist und die Bedingungen informieren.
- Frist bei fehlender Belehrung: Haben Sie keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten, erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem Tag des Vertragsschlusses.
- Erbringung der Leistung: Im Bereich von Dienstleistungen wie Bauarbeiten kann das Widerrufsrecht auch erlöschen, wenn der Unternehmer die Leistung vollständig erbracht hat, bevor die Widerrufsfrist abläuft, und Sie als Verbraucher dem ausdrücklich zugestimmt und gleichzeitig bestätigt haben, dass Sie dadurch Ihr Widerrufsrecht verlieren. Dies ist bei umfangreichen Bauverträgen, die ja oft Monate dauern, jedoch selten der Fall.
- „Untrennbare Vermischung“ im übertragenen Sinne: Der in der Frage genannte Fall der „untrennbaren Vermischung gelieferter Waren“ bezieht sich meist auf Produkte. Bei Bauleistungen ist der Gedanke ähnlich: Wenn Bauleistungen wie das Errichten von Wänden oder das Verlegen von Rohren bereits begonnen haben, kann dies nicht einfach rückgängig gemacht oder die „Ware“ zurückgegeben werden. Wenn Sie wirksam widerrufen, obwohl bereits Leistungen erbracht wurden, müssen Sie in der Regel Wertersatz für die bis dahin erbrachten Leistungen zahlen. Dies gilt jedoch nur, wenn Sie ordnungsgemäß über diese mögliche Wertersatzpflicht belehrt wurden und der Unternehmer mit der Leistung erst nach Ihrem ausdrücklichen Wunsch (z.B. durch eine Unterschrift) begonnen hat.
Welche Rolle spielen angebliche Mängel bei der Forderung nach einer Bauhandwerkersicherheit?
Angebliche Mängel an Bauleistungen spielen bei der Forderung nach einer Bauhandwerkersicherheit grundsätzlich keine Rolle. Die Bauhandwerkersicherheit dient dazu, Handwerker und Bauunternehmen davor zu schützen, dass ihre Leistungen nicht bezahlt werden. Dieser Anspruch auf eine Sicherheit besteht in der Regel unabhängig davon, ob der Auftraggeber Mängel an der erbrachten Arbeit behauptet.
Der Zweck der Bauhandwerkersicherheit
Die Bauhandwerkersicherheit ist im deutschen Recht in § 650f des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Ihr Hauptzweck ist es, Bauunternehmen ein schnelles und unkompliziertes Absicherungsmittel zu bieten. Damit soll verhindert werden, dass sie in Vorleistung gehen und am Ende für ihre erbrachten Leistungen oder gelieferten Materialien keine Bezahlung erhalten. Stellen Sie sich vor, ein Handwerker hat Materialien bestellt und viele Arbeitsstunden investiert. Die Sicherheit schützt ihn, falls der Auftraggeber später die Zahlung verweigert.
Unabhängigkeit von Mängelbehauptungen
Für Sie als Auftraggeber ist es wichtig zu verstehen: Selbst wenn Sie der Meinung sind, dass die ausgeführten Arbeiten Mängel aufweisen, hebt dies den Anspruch des Bauunternehmers auf die Bauhandwerkersicherheit nicht automatisch auf. Das Gesetz trennt hier strikt:
- Der Anspruch auf Sicherheit bezieht sich auf die Sicherung des Werklohns (der Bezahlung für die Arbeit).
- Der Anspruch auf Mängelbeseitigung (oder andere Mängelrechte) bezieht sich auf die Qualität der erbrachten Leistung.
Diese beiden Aspekte werden rechtlich getrennt behandelt. Der Bauunternehmer hat den Anspruch auf die Sicherheit, sobald er die im Vertrag vereinbarte Leistung erbringt, unabhängig davon, ob diese Leistung später als mangelhaft gerügt wird.
Wie werden Mängel geklärt?
Mängel müssen in einem separaten Verfahren geklärt werden. Das bedeutet, wenn Sie als Auftraggeber Mängel feststellen, müssen Sie diese dem Bauunternehmer in der Regel anzeigen (rügen) und ihm die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Erst wenn der Bauunternehmer die Mängel nicht beseitigt oder diese erheblich sind, können weitere Schritte wie eine Minderung des Werklohns, die Selbstvornahme der Mängelbeseitigung auf Kosten des Unternehmers oder Schadensersatzansprüche in Betracht kommen.
Für Sie bedeutet das: Die Behauptung von Mängeln berechtigt Sie in der Regel nicht dazu, die Stellung der Bauhandwerkersicherheit zu verweigern. Die Mängelansprüche sind ein eigenständiges Thema, das rechtlich unabhängig von der Sicherung des Werklohns betrachtet wird.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Bauhandwerkersicherheit
Die Bauhandwerkersicherheit ist eine gesetzliche Absicherung, die ein Bauunternehmer von seinem Auftraggeber verlangen kann, um sich gegen Zahlungsausfälle zu schützen. Sie ist in § 650f Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt und dient dazu, die noch offenen oder voraussichtlich fälligen Zahlungen für bereits erbrachte Bauleistungen oder gelieferte Materialien abzusichern. Die Sicherheit kann zum Beispiel durch eine Bankbürgschaft oder die Hinterlegung von Geld erbracht werden. So stellt der Unternehmer sicher, dass er für seine Leistungen bezahlt wird, auch wenn der Auftraggeber später zahlungsunfähig wird.
Beispiel: Herr M. muss dem Unternehmen eine Sicherheit in Höhe von 5.500 Euro leisten, um die noch offene Rechnung für die Elektroarbeiten zu garantieren.
Bauvertrag
Ein Bauvertrag ist ein spezieller Werkvertrag, bei dem sich ein Unternehmer verpflichtet, ein Bauwerk zu errichten, zu verändern, zu reparieren oder zu beseitigen, und der Auftraggeber dafür eine Vergütung zahlt (§§ 650a ff. BGB). Er umfasst sowohl die Arbeitsleistungen des Unternehmers als auch die Lieferung und Verarbeitung der Baumaterialien. Ein Bauvertrag unterscheidet sich damit von reinen Lieferverträgen oder reinen Dienstverträgen, da er immer die Herstellung oder Veränderung eines Bauwerks zum Gegenstand hat.
Beispiel: Im vorliegenden Fall beauftragte Herr M. den Bauunternehmer mit der Erneuerung der Elektroanlage, was als Bauvertrag gilt, weil es eine wesentliche bauliche Maßnahme am Haus darstellt.
Verbraucherbauvertrag
Ein Verbraucherbauvertrag ist ein besonderer Bauvertrag, der speziell den privaten Bauherren (Verbrauchern) beim Neubau oder bei erheblichen Umbaumaßnahmen an einem Gebäude besondere Schutzrechte gibt (§§ 650i ff. BGB). Solche Verträge gelten nur, wenn es um den Bau eines neuen Gebäudes oder umfangreiche Umbauten geht, die mit einem Neubau vergleichbar sind. Verbraucherbauverträge gewähren zusätzliche Rechte, z. B. ein Widerrufsrecht und ein Verbot der Bauhandwerkersicherheit, um private Auftraggeber vor finanziellen Risiken zu schützen.
Beispiel: Herr M.s Vertrag war kein Verbraucherbauvertrag, weil nur die Elektroinstallation erneuert wurde, was keine erhebliche Umbaumaßnahme nach Gesetz ist.
Widerrufsrecht bei Bauverträgen
Das Widerrufsrecht erlaubt Verbrauchern, bestimmte Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen (vgl. §§ 312g, 355 BGB). Bei Bauverträgen gilt das Widerrufsrecht aber nur eingeschränkt, vor allem beim Verbraucherbauvertrag. Zudem erlischt das Widerrufsrecht, wenn die gelieferten Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit „untrennbar mit anderen Gütern vermischt“ wurden (§ 312g Abs. 2 Nr. 4 BGB), etwa wenn eingebautes Material wie Kabel fest mit dem Haus verbunden ist.
Beispiel: Herr M. konnte den Vertrag nicht wirksam widerrufen, weil die gelieferten Kabel und Materialien fest eingebaut und somit untrennbar vermischt waren.
Abtretung von Forderungen
Die Abtretung ist die Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger (Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Zessionar) (§§ 398 ff. BGB). Im vorliegenden Fall verkaufte der Bauunternehmer seine offenen Zahlungsansprüche an ein anderes Unternehmen, das nun berechtigt ist, die Forderungen einzufordern, einschließlich der Bauhandwerkersicherheit. Die Abtretung ändert nichts an den Rechten des Schuldners, dieser muss nun an das neue Unternehmen zahlen.
Beispiel: Nachdem der Bauunternehmer seine Rechte abgetreten hatte, forderte das neue Unternehmen von Herrn M. die Bauhandwerkersicherheit und die offenen Zahlungen ein.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 650f BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Bauhandwerkersicherheit: Diese Vorschrift gewährt Bauunternehmern das Recht, für ihre Forderungen aus einem Bauvertrag eine Sicherheit vom Auftraggeber zu verlangen, um Zahlungsausfälle abzusichern. Die Sicherheit kann durch verschiedene Mittel erbracht werden, z.B. durch Hinterlegung oder Bürgschaft. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht setzte den Anspruch des Bauunternehmers auf Bauhandwerkersicherheit gegenüber Herrn M. durch, da es den Vertrag als Bauvertrag qualifizierte und die Voraussetzungen des § 650f BGB erfüllt sah.
- § 650i BGB – Verbraucherbauvertrag: Dieser Paragraph definiert den besonderen Verbraucherschutz bei Bauverträgen, die den Bau oder umfangreiche Umbauten eines Gebäudes betreffen, und schränkt u.a. die Forderung von Sicherheiten ein. Verbraucherbauverträge zeichnen sich durch eine „erhebliche Umgestaltung“ oder Neubau aus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneinte die Anwendung dieser Vorschrift, da hier keine erheblichen Umbaumaßnahmen vorlagen, sondern nur eine Erneuerung der Elektroinstallation, wodurch der besondere Schutz des Verbraucherbauvertrags nicht greift.
- § 312g Abs. 2 Nr. 4 BGB – Ausschluss des Widerrufsrechts: Diese Regelung schließt das Widerrufsrecht bei Verträgen über die Lieferung von Waren aus, wenn diese aufgrund ihrer Beschaffenheit nach der Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass Verbraucher (Herr M.) das Widerrufsrecht nicht ausüben konnte, weil die eingebauten Elektromaterialien untrennbar mit dem Gebäude verbunden sind und somit der Widerruf ausgeschlossen ist.
- Allgemeines Vertragsrecht (§§ 145 ff. BGB) – Zustandekommen und Auslegung von Verträgen: Insbesondere bei mündlich oder durch Handschlag geschlossenen Verträgen ist die Auslegung der Vereinbarung zur Bestimmung der Vertragsart und der Zahlungsmodalitäten maßgeblich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der unklare Inhalt der Abmachung führte zum Streit über Festpreis oderrechnung nach Aufwand; das Gericht nahm eine Auslegung als Bauvertrag mit Abrechnungsmöglichkeiten vor, was die Grundlage für die weitere Rechtsbeurteilung bildete.
- Abtretung von Forderungen (§§ 398 ff. BGB): Die rechtliche Übertragung von Forderungen an Dritte, die dadurch in die Rechte des bisherigen Gläubigers eintreten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abtretung der Forderung des Bauunternehmers an das andere Unternehmen ermöglichte diesem die Durchsetzung der Bauhandwerkersicherheit und die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber Herrn M.
- Mängelrechte (§§ 633 ff. BGB) und Verfahrensrecht der Bauhandwerkersicherheit: Mängelansprüche wirken nicht sofort auf die Pflicht zur Sicherheitsleistung ein und müssen separat geltend gemacht und gerichtlich geklärt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die behaupteten Mängel in der Arbeit waren für die Sicherheitsleistung unmaßgeblich, da das Verfahren der Bauhandwerkersicherheit eine schnelle Absicherung des Unternehmers vorsieht, unabhängig von etwaigen streitigen Mängelrügen.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Essen – Az.: 17 O 85/21 – Urteil vom 19.07.2024
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