Architekt erhält Honorar nach Vertragskündigung
In einem Rechtsstreit zwischen einem Architekten und seinem Auftraggeber entschied das Gericht, dass der Architekt trotz Vertragskündigung durch den Auftraggeber einen Anspruch auf sein Honorar hat.
Vertragsabschluss und Leistungserbringung
Der Architekt wurde Ende 2013 von der Beklagten beauftragt, nachdem der ursprüngliche Architekt verstorben war. Ziel war es, das Dachgeschoss eines Wohngebäudes in Berlin auszubauen und zwei Wohnungen zu verkaufen. Im Verlauf der Monate Januar bis März 2014 erbrachte der Kläger diverse Leistungen, etwa Grundrisszeichnungen und Schnitte. Die Beklagte kündigte im April 2014 den Vertrag, weil sie der Meinung war, der Kläger habe seine Leistungen nicht termingerecht erbracht und ihr dadurch ein Käufer abgesprungen sei.
Rechtsstreit und Gerichtsentscheidung
Der Kläger forderte ein Honorar von insgesamt 21.651,56 € (einschließlich Umsatzsteuer) und beantragte einen Mahnbescheid, woraufhin die Beklagte Widerspruch einlegte. Das Landgericht verurteilte die Beklagte durch Versäumnisurteil zur Zahlung. Nach Einspruch der Beklagten wurde das Urteil in erneuter Verhandlung bestätigt. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte den Kläger mit der Planung ihrer Dachgeschosswohnungen beauftragt hatte und das Vertragsverhältnis frei gekündigt habe. Dem Kläger stehe daher das geltend gemachte Honorar zu, und der Anspruch sei nicht verjährt.
Berufung der Beklagten
Die Beklagte legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein, vertiefte ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragte, das Urteil abzuändern, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragte die Zurückweisung der Berufung.
Teilweise erfolgreiche Berufung
Die Berufung ist teilweise zulässig und erfolgreich. Das Landgericht hat sein Versäumnisurteil vom 10. Mai 2019 in Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zu einer Zahlung von 7.235,08 € und zur Erstattung vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten von 476,00 € zu Recht bestätigt. Im Übrigen ist das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.
Vertraglicher Anspruch des Klägers
Der Kläger hat einen Anspruch auf Architektenhonorar in Höhe von 7.235,08 € (einschließlich Umsatzsteuer) gegen die Beklagte aus § 631 Abs. 1 BGB. Die Beklagte beauftragte den Kläger mit Architektenleistungen für die Errichtung zweier Wohnungen im Zuge eines Dachgeschossausbaus. Der Inhalt dieses Auftrags ist auf Grundlage des Parteivorbringens zu bestimmen.
Auftragsumfang und Kündigung aus wichtigem Grund
Der Kläger wurde unter anderem mit der Ausführungsplanung, der Erstellung einer Leistungsbeschreibung und der Erwirkung eines Nachtrags zur Baugenehmigung beauftragt. Die Beklagte kündigte den Architektenvertrag mit dem Kläger wirksam aus wichtigem Grund, da der Kläger bis zur Kündigung keine komplette und detaillierte Leistungsbeschreibung für das Bauvorhaben übermittelte.
Zusammenfassung
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf Architektenhonorar in Höhe von 7.235,08 € gegen die Beklagte. Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom 10. Mai 2019 zu Recht insoweit bestätigt. Im Übrigen ist das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen wird. […]
Urteil im Volltext
KG Berlin – Az.: 21 U 1030/20 – Urteil vom 26.04.2022
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts vom 22. Mai 2020 unter Aufhebung der Kostenentscheidung abgeändert, sodass es nunmehr wie folgt lautet:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 10. Mai 2019 wird teilweise aufgehoben und im Übrigen aufrechterhalten, sodass es nunmehr wie folgt lautet:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.235,08 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 10. September 2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 476,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9. Januar 2018 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten zu tragen, die aus ihrer Säumnis im Termin vor dem Landgericht am 10. Mai 2019 resultieren. Im Übrigen hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits über beide Instanzen zu 2/3 zu tragen, die Klägerin zu 1/3.
III. Dieses und fortan auch das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 10. Mai 2019 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Architektenhonorar in Anspruch.
Der Kläger ist Architekt.
Die Beklagte plante im Jahr 2013, das Dachgeschoss des Wohngebäudes W-Straße 22, Berlin zu zwei Wohnungen auszubauen und diese zu verkaufen. Mit der Planung hatte die Beklagte ursprünglich den Architekten Dr. S beauftragt, der in Zusammenarbeit mit der Architektin T bereits Planungsleistungen erbracht hatte. Das Bauamt hatte der Beklagten für die Errichtung von Dachgeschosswohnungen auf dem Gebäude bereits die Genehmigung BG xx erteilt. Nachdem der Architekt Dr. S im Herbst 2013 verstorben war, suchte die Beklagte nach einem neuen Architekten für ihr Vorhaben. Sie wollte beim Bauamt Nachträge zu der bereits erteilten Baugenehmigung beantragen, unter anderem wollte sie für jede der beiden Dachgeschosswohnungen eine auf der Dachfläche befindliche Terrasse (Auf-Dach-Terrasse) und den Anbau eines Aufzugs in das Dachgeschoss genehmigen lassen. Außerdem verfügte die Beklagte weder über eine Ausführungsplanung noch über Leistungsbeschreibungen oder Leistungsverzeichnisse für das Vorhaben.
Auf Vermittlung durch die Architektin T kam es Ende Dezember 2013 zu Gesprächen zwischen der Beklagten und dem Kläger über den Abschluss eines Architektenvertrags. Die Beklagte wies dabei darauf hin, dass ihr ein möglichst zeitnaher Baubeginn wichtig sei. Am 21. Dezember 2013 unterbreitete der Kläger der Beklagten per Mail ein Honorarangebot. Zugleich schrieb er:
„Wie gestern besprochen hätten wir die erforderlichen Kapazitäten für Januar und Februar zu(r) Verfügung, sodass man im März mit der Baumaßnahme anfangen könnte.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Nach weiteren Verhandlungen teilte die Beklagte am 28. Dezember 2013 Frau T per Mail mit, dass sie sich mit dem Kläger auf eine „Zusammenarbeit beim Dachgeschossausbau W-Straße 22 geeinigt“ habe und setzte den Kläger dabei unter cc (Anlage K 3).
Zur Unterzeichnung eines schriftlichen Architektenvertrags kam es in der Folgezeit nicht. Im Verlauf der Monate Januar bis März 2014 erbrachte der Kläger diverse Leistungen, etwa Grundrisszeichnungen und Schnitte, und stand dabei im Austausch mit der Beklagten. Diese verhandelte zu dieser Zeit bereits mit Kaufinteressenten und gab dem Kläger aus diesem Grund unter anderem auf, den Grundriss einer der beiden Dachgeschosswohnung zu ändern. Am 14. Januar 2014 verhandelten er und die Beklagte mit Mitarbeitern des Bauamts unter anderem über die von der Beklagten gewünschten und von der bisherigen Genehmigung nicht erfassten Auf-Dach-Terrassen (Anlage K 16). Am 18. März 2014 beantragte der Kläger für die Beklagte einen Nachtrag zu der Baugenehmigung BG 2011/1958 (Anlagen K 18 und K 6-2021).
Am 25. März 2014 übermittelte der Kläger dem Statiker der Beklagten, Herrn G, diverse Pläne per Mail (Anlage K 19).
Am 30. März 2014 hielt die Beklagte dem Kläger in einem per Mail übermittelten Schreiben (Anlage BK 4) vor, dass er seine Leistungen nicht wie zugesagt termingerecht erbringe, ihr deshalb ein Käufer abgesprungen sei und sie deshalb „erhebliche Bedenken“ habe, ihn „weiterhin mit der Ausführungsplanung und weiteren Leistungen zu betrauen“. In diesem Schreiben listete die Beklagte die aus ihrer Sicht nicht termingerecht erbrachten Leistungen des Klägers im Einzelnen auf, unter anderem fehlte aus ihrer Sicht die „Funktionalbeschreibung“ für Verhandlungen mit Bauunternehmen sowie die Ausführungsplanung. Die Beklagte setzte dem Kläger in diesem Schreiben eine Frist für diese beiden Leistungen bis zum 4. April 2014. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BK 4 verwiesen.
Am 4. April 2014 übermittelte der Kläger der Beklagten und Herrn G (Anlage BK 7) diverse Pläne (vgl. Anlagen K 12-2021 und BK 7) und teilte mit, dass es sich dabei um die Ausführungsplanung handele (Anlage K 11-2021). In seiner Mail an Herrn G schrieb der Kläger außerdem, er habe „ein paar Punkte gefunden, die zu klären sind“. Auf diese Punkte ging Herr G sodann in seiner Antwortmail ein (Anlage BK 7).
Am 9. April 2014 teilte die Beklagte dem Kläger per Einwurfeinschreiben und vorab per Mail mit, dass sie sich entschieden habe, „die weitere Umsetzung des Bauvorhabens mit einem anderen Architekten zu realisieren“ (Anlage K 20). Zur Begründung bezog sie sich auf Unzulänglichkeiten und die Verzögerung der Leistungen des Klägers. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 20 verwiesen.
Der Beklagte widersprach den Beanstandungen der Beklagten mit Schreiben vom 10. April 2014 (Anlage K 21) und übermittelte ihr eine Rechnung über seine „komplette Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen“. Diese Rechnung weist einen Zahlbetrag von 16.223,55 € (einschließlich Umsatzsteuer) aus, allerdings unter Abzug des Betrags einer vorherigen Abschlagsrechnung, die die Beklagte nicht bezahlt hatte. Unter Berücksichtigung dieser tatsächlich noch offenen Abschlagsrechnung beträgt der vom Kläger ermittelte offene Honoraranspruch 21.651,56 € (einschließlich Umsatzsteuer). Grundlage dieses Betrages sind 43 % eines vollen Objektplanungshonorars, das der Kläger gemäß der HOAI 2013 mit 41.579,55 € berechnete. Den Satz von 43 % ermittelte der Kläger, indem er für die Entwurfsplanung 15 %, für die Genehmigungsplanung 3 % und für die Ausführungsplanung 25 % veranschlagt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 22 verwiesen.
Nachdem die Beklagte auch in der Folgezeit keine Zahlungen an den Kläger geleistet hatte, hat der Beklagte am 22. Dezember 2017 beim Amtsgericht Wedding einen Mahnbescheid über seine Vergütungsforderung in Höhe von 21.651,50 € zuzüglich Zinsen und der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten beantragt. Nach Widerspruch der Beklagten und Abgabe an das Landgericht hat der Kläger am 22. Juni 2018 seinen Anspruch begründet. Die Beklagte ist dieser Klage entgegengetreten. Sie hat sich insbesondere darauf berufen, Vertragsinhalt und Leistungsstand seien nicht schlüssig vorgetragen, zudem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
In einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10. Mai 2019 hat die Beklagte keinen Antrag gestellt. Das Landgericht hat sie sodann durch Versäumnisurteil gemäß dem Klageantrag verurteilt. Nach Einspruch der Beklagten und erneuter Verhandlung hat das Landgericht mit Urteil vom 22. Mai 2020 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe den Kläger mit der Planung ihrer Dachgeschosswohnungen – Leistungsphasen 3 bis 5 – beauftragt. Die Beklagte habe das Vertragsverhältnis frei gekündigt, somit stehe dem Kläger das geltend gemachte Honorar zu. Zudem sei sein Anspruch nicht verjährt. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Begründung sowie des Parteivorbringens wird auf diese Entscheidung verwiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung, zu deren Begründung sie ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts abzuändern, das Versäumnisurteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht sein Versäumnisurteil vom 10. Mai 2019 zu Recht insoweit zu Recht bestätigt, wie es die die Beklagte dort zu einer Zahlung von 7.235,08 € und zur Erstattung vorprozessualer Rechtsverfolgungskosten von 476,00 € jeweils nebst Zinsen verurteilt hat, denn in diesem Umfang bestehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche des Klägers. Soweit das Landgericht sein Versäumnisurteil vom 10. Mai 2019 auch darüber hinaus aufrechterhalten hat, ist das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Architektenhonorar in Höhe von 7.235,08 € (einschließlich Umsatzsteuer) gegen die Beklagte aus § 631 Abs. 1 BGB, nicht hingegen auf den durch das Versäumnisurteil titulierten Betrag von 21.651,50 €.
a) Die Beklagte beauftragte den Kläger mit noch näher zu bestimmenden Architektenleistungen für die von ihr geplante Errichtung zweier Wohnungen im Zuge eines Dachgeschossausbaus. Dies ergibt sich aus der Mail der Beklagten vom 28. Dezember 2013, in der sie Frau T davon berichtete, sich mit dem Beklagten über eine Zusammenarbeit geeinigt zu haben und bei der sie den Beklagten in den Verteilerkreis aufgenommen hatte. Zudem zeigt sich der Abschluss eines verbindlichen Vertrags darin, dass einerseits die Beklagte in den nachfolgenden Monaten laufend Leistungen vom Kläger abforderte, wobei ihr aufgrund seines Vertragsangebots klar war, dass er hierfür eine Vergütung beanspruchte, und andererseits der Kläger dem zumindest teilweise nachkam und sich, wenn die Beklagte meinte, er liefere zu zögerlich, jedenfalls nicht auf das Fehlen eines verbindlichen Auftrags berief. Schließlich zeigt sich der Abschluss eines verbindlichen Vertrags zwischen den Parteien auch darin, dass die Beklagte dem Kläger am 30. März 2014 eine Nachfrist für aus ihrer Sicht ausstehende Leistungen setzte (Anlage K 20).
b) Der Inhalt dieses Auftrags ist auf Grundlage des Parteivorbringens wie folgt zu bestimmen:
aa) Wie sich aus der Mail der Beklagten vom 28. Dezember 2013 ergibt, wollte die Beklagte den Kläger jedenfalls mit der Ausführungsplanung für ihr Bauvorhaben beauftragen; der Kläger nahm diesen Auftrag an.
Damit war der Kläger mit Bezug auf die Planung des Bauvorhabens der Beklagten mit den Grundleistungen der Leistungsphase 5 – Ausführungsplanung – gemäß § 34 Abs. 3 HOAI i.V.m. Anlage 10 zur HOAI beauftragt. Zwar gibt § 34 HOAI den Parteien den Inhalt ihres Architektenvertrags nicht unmittelbar vor, denn die HOAI enthält ausschließlich Preisrecht, das regelt, wie das Honorar eines Architekten für einen vorgegebenen Vertragsinhalt zu bestimmen ist. Wenn die Parteien eines Architektenvertrages bei der Vereinbarung dieses Inhalts aber einen Begriff verwenden, der der Bezeichnung einer Leistungsphase der HOAI entspricht, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass sämtliche Grundleistungen des betreffenden Leistungsbilds Vertragsgegenstand sein sollen, solange nicht die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die sonstigen Vereinbarungen der Parteien dagegen sprechen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2004, VII ZR 259/02).
So verhält es sich hier. Bereits der Kläger hatte in seinem Honorarangebot vom 21. Dezember 2013 auf die Leistungsphasen und die prozentuale Honoraraufteilung der HOAI Bezug genommen, die Beklagte erklärte sodann am 28. Dezember 2021, den Kläger u.a. mit der Ausführungsplanung beauftragt zu haben. Anders als bei Entwurfs- und Genehmigungsplanung ist es nicht ersichtlich, dass die Beklagte vom verstorbenen Architekten Dr. S, den sie zuvor beauftragt hatte, bereits Leistungen der Ausführungsplanung erhalten hatte. Damit spricht nichts gegen die Annahme, dass sie den Beklagten im Zweifel mit sämtlichen Grundleistungen dieser Leistungsphase beauftragen wollte.
bb) Neben der Ausführungsplanung beauftragte die Beklagte den Kläger außerdem mit weiteren Leistungen, die im System der HOAI zu den Grundleistungen der Leistungsphasen 3 und 4, der Entwurfs- und der Genehmigungsplanung, gehören. Zwar verfügte die Beklagte bereits über eine Baugenehmigung für ihr Vorhaben, sie wollte diese aber hinsichtlich zweier Auf-Dach-Terrassen und des Anbaus eines Aufzugs erweitern lassen. Die Parteien waren sich zumindest konkludent darin einig, dass ein entsprechender Nachtrag zu der Baugenehmigung durch den Kläger erwirkt werden sollte, auch wenn sie dies im Dezember 2013 nicht ausdrücklich textlich fixierten. Allerdings musste dem Kläger klar sein, dass die Beklagte ihn insoweit, anders als bei der Ausführungsplanung, nicht mit sämtlichen Leistungen der Leistungsphasen 3 und 4, sondern nur mit denjenigen beauftragen wollte, die für die Erwirkung des erwünschten Nachtrags zur Genehmigung erforderlich waren. Deshalb umfasst der Auftrag der Beklagten anders als bei der Ausführungsplanung insoweit nicht sämtliche Grundleistungen der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nach HOAI. Da das Parteivorbringen im Ergebnis keine Quantifizierung der den Leistungsphasen 3 und 4 zuzuordnen Leistungen des Klägers zulässt (vgl. unten d) aa)), kann eine genaue Bestimmung des Vertragsinhalts insoweit offenbleiben.
cc) Ferner gehörte es zum Gegenstand der Beauftragung des Klägers, dass er für das Vorhaben der Beklagten eine komplette Leistungsbeschreibung zu erstellen hatte, was die Beklagte als „Funktionalbeschreibung“ bezeichnete. Zwar wird diese Vorgabe nicht ausdrücklich im Schriftverkehr zwischen den Parteien im Dezember 2013 erwähnt. Insbesondere gehört eine solche Leistungsbeschreibung jedenfalls nach dem im Zweifel maßgeblichen System der HOAI (vgl. oben aa)) nicht zur Ausführungsplanung, die die Beklagte in ihrer Mail vom 28. Dezember 2013 (Anlage K 3) erwähnte, sondern fällt als Grundleistung b) in die Leistungsphase 6 gemäß § 34 Abs. 3 HOAI (vgl. Anlage 10 zur HOAI). Die Beklagte beauftragte den Kläger gleichwohl mit dieser Leistungsbeschreibung, wenngleich nicht mit allen Grundleistungen der Leistungsphase 6. Denn die Parteien waren sich darin einig, dass die Beklagte einer solchen Leistungsbeschreibung bedurfte, um mit Bauunternehmen über Aufträge zu verhandeln zu können, außerdem hatten sie vereinbart dass der Kläger alle planerischen Voraussetzungen für den Beginn der Bauarbeiten zu liefern hatte, wie bereits seine Mail vom 21. Dezember 2013 (Anlage K 1 und 2) zeigt. Dazu gehört auch die Leistungsbeschreibung, die somit ebenfalls Gegenstand des streitgegenständlichen Architektenvertrags war. Dies zeigte sich auch im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit, als die Beklagte den Kläger zur Übergabe der Leistungsbeschreibung aufforderte (vgl. etwa Mail vom 26. Februar 2014, Anlage K 10-2021) und der Kläger seine dahingehende Verpflichtung nicht in Abrede stellte.
dd) Ob und inwieweit der Kläger über die unter aa) bis cc) aufgeführten Leistungen hinaus auch bereits mit der Bauüberwachung beauftragt war (vgl. die Mail der Beklagten vom 28. Dezember 2013, Anlage K 3) oder ob dies noch unter einem Vorbehalt stand, kann dahinstehen (vgl. unten d) bb) (6) (f)).
c) Mit ihrem Schreiben vom 9. April 2013 kündigte die Beklagte den Architektenvertrag mit dem Kläger wirksam aus wichtigem Grund.
aa) Der Besteller eines Architektenvertrags kann den Vertrag immer dann aus wichtigem Grund kündigen, wenn er nach §§ 634 Nr. 3, 323 BGB zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt wäre. Denn die Kündigung aus wichtigem Grund ist ein Minus gegenüber der Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts aus § 323 BGB: Während die Ausübung des Rücktritts zu einem Rückgewährschuldverhältnis führt, das auf die vollständige Rückabwicklung des Vertrags abzielt, wobei ggf. Wertersatz an die Stelle nicht rückgabefähiger Leistungen tritt (§ 346 Abs. 2 BGB), wird durch die Kündigung nur die weitere Abwicklung des Vertrags in der Zukunft beendet, der bereits durchgeführte Leistungsaustausch hingegen bleibt bestehen und wird nicht rückgängig gemacht.
bb) Der Kläger erfüllte den Rücktritts- bzw. Kündigungstatbestand des § 323 Abs. 1 BGB, indem er der Beklagten bis zu ihrer Kündigung durch das Schreiben vom 9. April 2014 (Anlage K 20) keine komplette und detaillierte Leistungsbeschreibung für ihr Bauvorhaben übermittelte.
(1) Die Pflicht des Klägers, eine solche Leistungsbeschreibung für die Beklagte zu erstellen, gehört zu seinen Hauptleistungspflichten und steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu seinem Anspruch auf Vergütung. Somit kann die Frage, ob die Nichterfüllung einer im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Pflicht überhaupt Voraussetzung für einen Rücktritt nach § 323 BGB ist (hierzu Grüneberg in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 323 BGB, Rn. 10 m.w.N.), dahinstehen.
(2) Die Pflicht des Klägers, der Beklagten die zeichnerische Ausführungsplanung und eine detaillierte Leistungsbeschreibung für ihr Vorhaben zukommen zu lassen, war jedenfalls am Montag, den 3. März 2014 fällig.
Es kann dahinstehen, ob die Parteien für die Fälligkeit von Ausführungsplanung und Leistungsbeschreibung einen festen Termin bzw. eine Zwischenfrist vereinbart haben, etwa auf Grundlage der Mail des Klägers vor Auftragserteilung, ihm stünden „die erforderlichen Kapazitäten für Januar und Februar zur Verfügung, sodass man im März mit der Baumaßnahme anfangen“ könne (Anlage K 1 und K 2). Denn auch ohne die Vereinbarung einer ausdrücklichen und kalendermäßig bestimmbaren (Zwischen-) Frist waren diese Leistungen jedenfalls am 3. März 2014 fällig.
(a) Die Fälligkeit einer vertraglichen Leistung richtet sich vorrangig nach dem ausdrücklichen oder konkludenten Willen der Parteien und den sonstigen Umständen, § 271 Abs. 1 BGB. Schuldet eine Vertragspartei aus einem einheitlichen Vertrag mehrere Leistungen, dann kann es dem Willen der Vertragsparteien entsprechen, dass diese Leistungen nacheinander zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden.
Die gesonderte Fälligkeit einzelner Teilleistungen setzt nicht zwingend voraus, dass die Parteien den Fälligkeitszeitpunkt mit Hilfe von Zwischenfristen oder Terminen kalendermäßig festgelegt haben. Im Wege der Vertragsauslegung kann auch ein Zeitpunkt datiert werden, der nicht kalendermäßig im Vertrag bestimmt ist, bei Unklarheiten ist auf die Vermutung des § 271 Abs. 1 BGB zurückzugreifen, nach der die Fälligkeit entweder sofort oder, wenn ein Leistungszeitraum umstritten ist, zum früheren der in Betracht kommenden Zeitpunkte eintritt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003, X ZR 218/01, dazu unten (c)).
Umfasst ein Vertrag mehrere aufeinander aufbauende und zeitlich einander nachfolgende Teilleistungen, dann kann deren sukzessive Fälligkeit zu gesonderten Terminen insbesondere im Interesse des Leistungsempfängers sein, denn dann kann er zu einem frühen Durchführungsstadium des Vertrags das Ausbleiben einer Teilleistung durch Rücktritt (§ 323 BGB) und/oder Schadensersatz (§ 281 BGB) sanktionieren ohne sich auf die nur schwer darzulegende Ausnahmevorschrift des § 323 Abs. 4 BGB berufen zu müssen. Deshalb kann die gesonderte Fälligkeit von aufeinander aufbauenden Teilleistungen auch ohne die Vereinbarung expliziter Zwischenfristen und -termine jedenfalls konkludent vereinbart sein, wenn der Leistungsempfänger im Interesse der einer zügigen Vertragsdurchführung darauf erkennbar Wert legt und der Leistungserbringer sich darauf einlässt.
Durch Auslegung ist ebenfalls zu bestimmen, für welche Teilleistungen eine gesonderte Fälligkeit in Betracht kommt. Im Fall eines Architektenvertrags, der mehrere Leistungsphasen eines Leistungsbildes der HOAI zum Gegenstand hat, wird kaum die gesonderte Fälligkeit einer jeden einzelnen Teilleistung in Betracht kommen, wohl aber von solchen Leistungen oder Leistungspaketen, die aus Sicht der Parteien wichtige Einschnitte oder Wegmarken im Verlauf der Projektdurchführung markieren, beispielsweise die Entwurfs- oder Genehmigungsplanung oder Teile der Ausführungsplanung.
(b) Nach diesen Grundsätzen gilt im vorliegenden Fall:
Die Beklagte hatte den Kläger bei Vertragsschluss unstreitig darauf hingewiesen, dass ihr ein möglichst baldiger Beginn mit den Bauarbeiten wichtig sei und der Kläger dafür möglichst zügig die planerischen Voraussetzungen schaffen müsse. Dies hat der Kläger auch erkannt und akzeptiert, wie seine Mail vom 21. Dezember 2013 zeigt, in der er der Beklagten ankündigt, sie könne „im März mit der Baumaßnahme“ anfangen (Anlage K 1). Selbst wenn diese Mitteilung nicht ausreichend sein sollte, um einen verbindlichen Termin bzw. eine verbindliche Zwischenfrist für die planerischen Voraussetzungen des Baubeginns zu begründen, kommt in ihr jedenfalls zum Ausdruck, dass die Parteien diesem Zwischenschritt der Vertragsdurchführung eine wichtige Bedeutung beigemessen haben, sodass sie für ihn eine gesonderte Fälligkeit vereinbart haben. Die hiervon erfassten planerischen Leistungen des Klägers sind diejenigen, die nach dem Verständnis der Parteien für den erwünschten möglichst frühen Baubeginn erforderlich sind. Dies sind nicht alle Grundleistungen, die als Bestandteil der Ausführungsplanung in der Anlage 10 zur HOAI aufgeführt sind, wohl aber sämtliche Leistungen, die die zeichnerische und textliche Planung und ihre Übergabe an die anderen Beteiligten ausmachen, also die Grundleistungen a) bis c). Zudem setzte der Beginn der Bauarbeiten nach dem Verständnis der Parteien außerdem voraus, dass der Kläger der Beklagten eine vollständige detaillierte Leistungsbeschreibung übergibt, damit die Beklagte auf dieser Grundlage Verhandlungen mit Bauunternehmen führen kann.
(c) Diese isoliert fälligen vom Kläger zu erbringenden Teilleistungen – Grundleistungen a) bis c) der Ausführungsplanung gemäß Anlage 10 zur HOAI sowie vollständige detaillierte Leistungsbeschreibung für das Vorhaben – waren jedenfalls 3. März 2014 fällig. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien insoweit keine verbindliche Vertragsfrist vereinbart haben sollten. In einem solchen Fall richtet sich die Fälligkeit der Teilleistung wie sonst auch nach § 271 Abs. 1 BGB. Nach dieser Norm ist eine Werkleistung nach Ablauf desjenigen Zeitraums fällig, der erforderlich ist, wenn der Unternehmer alsbald nach Vertragsschluss mit ihr beginnt und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende führt (BGH, Urteil vom 8. März 2001, VII ZR 470/99; Urteil vom 21. Oktober 2003, X ZR 218/01). Wenn zwischen den Parteien Streit über die Dauer dieses Zeitraums besteht, folgt aus § 271 Abs. 1 BGB weiter, dass die Fälligkeit im Zweifel zum früheren der in Betracht kommenden Zeitpunkte eintritt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2003, X ZR 218/01, Rn. 12 f).
Was den Fälligkeitszeitraum für die planerischen Voraussetzungen des Baubeginns anbelangt, verweist die Beklagte auf die eigene Einschätzung des Klägers, die in seiner Mail vom 21. Dezember 2013 (Anlage K 1) zum Ausdruck kommt, wo der Kläger selbst die Monate Januar und Februar als ausreichend für die Leistungserbringung angesehen hat. Dieser Behauptung ist der Kläger nicht in ausreichender Form entgegengetreten, auch nicht nach dem dahingehenden Hinweis des Senats vom 5. Oktober 2021. Zwar hat der Kläger in seinen Schriftsätzen vom 26. Oktober 2021 und vom 17. Februar 2022 darauf verwiesen, dass die Beklagte nach seiner Mail vom 21. Dezember 2013 den Auftrag „erheblich erweitert“ habe, während die Beklagte behauptet, bereits vor jener Mail alle wesentlichen Vorgaben für die Planung mitgeteilt zu haben. Selbst wenn zugunsten des Klägers die Richtigkeit der „nachträglichen Auftragserweiterung“ unterstellt wird, führt dies aber nicht zu einer Verschiebung der Fälligkeit für die planerischen Voraussetzungen des Baubeginns. Denn der Kläger hat die Auswirkungen dieser angeblichen Erweiterungen nicht in einer Weise vorgetragen, die ihre konkreten zeitlichen Folgen nachvollziehen und quantifizieren lassen. Damit bleibt es im Zweifel bei der Fälligkeitsbestimmung auf Grundlage des Vorbringens der Beklagten und der ursprünglichen eigenen Einschätzung des Klägers, sodass die vom Kläger zu schaffenden planerischen Voraussetzungen für den Baubeginn jedenfalls nach Ablauf von Januar und Februar 2014, also am Montag, den 3. März 2014 fällig waren.
(3) Es ist unstreitig, dass der Kläger der Beklagten am 3. März 2014 weder den zeichnerischen und textlichen Teil der Ausführungsplanung noch eine vollständige und detaillierte Leistungsbeschreibung übermittelt hatte.
(4) Mit Schreiben von Sonntag, dem 30. März 2014, setzte die Beklagte dem Kläger eine Frist zur Nacherfüllung dieser Leistungen bis Freitag, den 4. April 2014, § 323 Abs. 1 BGB (Anlage BK 4). Ob diese Frist möglicherweise zu kurz war, kann dahinstehen. Denn auch dann hätte die Beklagte mit ihrem Schreiben eine angemessene Frist für diese Leistungen in Gang gesetzt. Eine Frist ist angemessen, wenn sie dem Kläger die Fertigstellung der ausstehenden Ausführungsplanung und der Leistungsbeschreibung erlaubt. Der Senat meint, dass eine solche angemessene Frist jedenfalls am Mittwoch, den 9. April 2014, abgelaufen war, als die Beklagte dem Kläger ihre Entscheidung mitteilte, die weiter Umsetzung des Bauvorhabens mit einem anderen Architekten zu realisieren, worin eine Kündigungserklärung liegt.
(5) Bei Ablaufen dieser Nacherfüllungsfrist am 9. April 2014 hatte der Kläger seine bis dahin geschuldeten Leistungen in einem wichtigen Teil nicht erbracht. Dabei kann die umstrittene Ansicht des Klägers, er habe der Beklagten und dem Statiker G am 4. April 2014 per Mail die vollständige Ausführungsplanung für das Vorhaben zukommen lassen, zu seinen Gunsten als zutreffend unterstellt werden. Denn jedenfalls hat er nicht dargelegt, bis zu diesem Tag oder im Anschluss bis zum 9. April 2014 eine detaillierte Leistungsbeschreibung für das Vorhaben fertiggestellt und der Beklagten übermittelt zu haben. Es mag sein, dass er an einer Leistungsbeschreibung arbeitete und der Beklagten auch eine Version seiner Arbeitsergebnisse übermittelte, worauf beispielsweise ihre Mail vom 26. Februar 2014 (Anlage K 10-2021) hinweist. Allerdings hielt die Beklagte dies offenbar nicht für ausreichend, was insbesondere ihr Schreiben vom 30. März 2014 (Anlage BK 4) und ihr daran anknüpfendes Vorbringen im vorliegenden Rechtsstreit zeigt. Da der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung seiner Pflicht zur Erstellung dieser Leistungsbeschreibung trägt, oblag es ihm im Einzelnen darzulegen, dass er der Beklagten eine den Anforderungen genügende Leistungsbeschreibung übergeben hat. Dem ist er nicht nachgekommen, worauf ihn der Senat im Termin am 5. Oktober 2021 hingewiesen hat.
d) Da die Beklagte den Architektenvertrag mit dem Kläger somit wirksam aus wichtigem Grund kündigte, steht dem Kläger nur die „kleine“ Kündigungsvergütung zu, also lediglich die Vergütung seiner erbrachten Leistungen (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011, VII ZR 28/10, Rn. 20; Retzlaff in: Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Auflage, 2022, § 648a BGB, Rn. 14). Diese Vergütung beläuft sich auf 7.235,08 € (einschließlich Umsatzsteuer) und ermittelt sich wie folgt:
aa) Der Kläger kann keine Vergütung für Leistungen geltend machen, die er in den Leistungsphasen 3 und 4 für die Beklagte erbracht hat. Zwar hat er unstreitig solche Leistungen erbracht, denn er überarbeitete die von den vorherigen Architekten der Beklagten erstellte Genehmigungsplanung und beantragte einen Nachtrag zu der bereits erteilten Baugenehmigung. Doch selbst wenn zugunsten des Klägers und entgegen der Behauptung der Beklagten unterstellt wird, dass diese Leistungen sämtlich mangelfrei und für die Beklagte brauchbar waren, können sie anhand des Klagevorbringens nicht bewertet werden. Der Kläger geht selbst davon aus, dass die Parteien eine Vergütung nach der HOAI vereinbart hatten. Zugleich steht aber fest, dass die Beklagte den Kläger nicht mit sämtlichen Grundleistungen der Leistungsphasen 3 und 4 beauftragt hatte, sondern nur mit einem untergeordneten Teil, nämlich soweit sie für einen Nachtrag zur bereits vorliegenden Baugenehmigung erforderlich waren. Damit kann der Kläger für seine Leistungen selbst bei Mangelfreiheit nicht die vollen Honorare für die Leistungsphasen 3 und 4 des Vertragsgegenstands verdient haben, sondern nur einen ihrem Umfang entsprechenden Anteil, vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 HOAI. Aus diesem Grund hat der Kläger nachvollziehbar darzulegen, welcher Anteil des vollständigen Phasenhonorars auf die von ihm zu erbringenden bzw. erbrachten Leistungen entfällt, sodass eine Grundlage besteht, auf der sein Honoraranspruch quantifiziert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2020, VII ZR 205/19, Rn. 25 f). Auch hierauf hat ihn der Senat im Termin am 5. Oktober 2021 hingewiesen. Diesem Erfordernis ist der Kläger nicht nachgekommen. Da somit die Vergütung für seine in den Leistungsphasen 3 und 4 erbrachten Leistungen auf dem hier einzig in Betracht kommenden Weg der Ableitung aus den Phasenhonoraren nach der HOAI nicht ermittelt werden kann, kann dem Kläger insoweit keine Vergütung zugesprochen werden.
bb) Für die Leistungen, die der Kläger in der Leistungsphase 5 – Ausführungsplanung – bis zur Kündigung erbracht hat, steht ihm eine Vergütung von 6.079,90 € (netto) zu. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Anders als bei den Leistungen, die den Leistungsphasen 3 und 4 zuzuordnen sind, war der Kläger insoweit mit sämtlichen Grundleistungen gemäß der Anlage 10 zur HOAI beauftragt, da die Beklagte insoweit bei Auftragserteilung über keine oder jedenfalls keine nennenswerten Vorleistungen anderer Architekten verfügte. Der Kläger behauptet auch, sämtliche Leistungen der Leistungsphase 5 für das Vorhaben der Beklagten erbracht zu haben und bezieht sich insoweit auf die Anlagen K 11 bis K 12b-2021. Die Beklagte bestreitet demgegenüber, dass der Kläger ihr eine brauchbare und mangelfreie Ausführungsplanung erbracht habe.
Ein Zivilgericht muss einen solchen Streit über den von einem Architekten erreichten Leistungsstand nicht zwangsläufig durch die Beauftragung eines Honorarsachverständigen klären. In geeigneten Fällen kann das Gericht die für ihn angemessene Vergütung auch gemäß § 287 Abs. 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in freier Überzeugung festsetzen. Auch die Ermittlung des Leistungsstands durch einen Honorarsachverständigen stellt zu einem beträchtlichen Teil eine Wertung dar und führt in aller Regel zu erheblichen Kosten und erheblichem Zeitverlust. Insbesondere wenn das umstrittene Honorar sich nicht signifikant höher ist als die Kosten, die den Parteien durch ein Honorargutachten entstehen können, kann eine freie Schätzung von Leistungsstand und Honorarhöhe durch ein Gericht sogar ein Gebot der Prozessökonomie sein. Jedenfalls ist sie nach Meinung des Senats möglich, wenn die folgenden Voraussetzungen nebeneinander erfüllt sind:
(1) Das Gericht kann eine Bemessungs- und Schätzgrundlage für das Honorar auf Grundlage der HOAI ermitteln.
(2) Das Gericht kann diese Schätzgrundlage mit weiteren Hilfsmitteln aufschlüsseln (etwa einer sog. Teilleistungstabelle wie in Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI 2013, 14. Auflage, 2020, S. 1493 ff).
(3) Das Gericht kann den tatsächlichen Leistungsstand auch ohne die Hinzuziehung eines Sachverständigen hinreichend bestimmen, etwa weil es sich um ein übersichtliches Vorhaben handelt und die Planungsaufgabe aufgrund des Parteivorbringens hinreichend nachvollzogen werden kann.
(4) Die absolute Höhe und somit wirtschaftliche Bedeutung des umstrittenen Honorars erreicht keinen Betrag, der die Hinzuziehung eines Honorarsachverständigen geboten erscheinen lässt.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, soweit es um die Bestimmung des Leistungsstands geht, den der Kläger bei der Ausführungsplanung erreicht hat, denn, anders als bei der Entwurfs- und Genehmigungsplanung, ist insoweit auch die Voraussetzung (1) gegeben.
Auf Grundlage der Honorarparameter gemäß § 6 HOAI führt dies zu der folgenden Honorarermittlung:
(1) Die anrechenbaren Kosten des Vertragsobjekts (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HOAI) werden vom Kläger unbestritten mit 306.974,00 € angegeben.
(2) Der Kläger ordnet das Vertragsobjekt ebenso unwidersprochen und plausibel der Honorarzone III zu (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 HOAI und Anlage 10.2 zu § 34 HOAI).
(3) Auf Grundlage der Honorartabelle des Leistungsbilds Gebäudeplanung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 HOAI) ergibt sich nach Interpolation für die anrechenbaren Kosten (§ 13 HOAI) ein Mindestsatz (§ 7 Abs. 5 HOAI) für sämtliche Leistungen des Leistungsbilds von 40.780,00 € (der vom Kläger in der Anlage K 22 ermittelte Mindestsatz weicht hiervon vermutlich aufgrund eines Rechenfehlers leicht ab).
(4) Dieses Gesamthonorar erhöht sich um den Umbauzuschlag von 20 % (§ 6 Abs. 2 HOAI) auf 48.936,00 €.
(5) Auf die vollständigen Leistungen der hier interessierenden Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) entfallen 25 % dieses Gesamthonorars, mithin 12.234,00 €.
(6) Dieses vollständige Honorar der Leistungsphase 5 hat der Kläger zu 60 %, also in Höhe von 7.340,40 € (netto) verdient, denn der von ihm in dieser Phase erreichte Leistungsstand ist mit 60 % bzw. auf das Gesamthonorar bezogen mit 15 % zu bewerten. Zu dieser Bewertung kommt der Senat in freier Überzeugung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO und anhand der bereits erwähnten Tabelle zur Bewertung von Teilleistungen in Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI 2013, 14. Auflage, 2020, S. 1498 wie folgt:
(a) Die Grundleistung a) der Leistungsphase bewertet der Senat als jedenfalls zu 2/3 erbracht. Ausgangspunkt sind die Pläne, die der Kläger als Anlagen K 11-2021 bis K 12b-2021 vorgelegt hat. Diese scheinen die vom Kläger zu lösenden Planungsaufgaben grundsätzlich in der gebotenen Detailtiefe sowie im gebotenen Maßstab abzudecken. Auch die Beklagte konzediert, dass die vom Kläger geplante Grundrissänderung ihren Vorgaben entsprach. Die Ansicht der Beklagten, die Planung des Klägers sei in statischer Hinsicht „unausgegoren“ und „grob fehlerhaft“ gewesen (Schriftsatz der Beklagten vom 23. Januar 2022, S. 10), wird von der Anlage BK 7, auf die sich insoweit bezieht, nicht gedeckt. Dort nimmt der Statiker der Beklagten, Herr G, nur zu einzelnen Punkten Stellung, die zuvor der Kläger selbst angesprochen hatte und die nur untergeordneten etwaigen Anpassungsbedarf betreffen; grundlegende Einwendungen gegen seine Planungen sind dort nicht ersichtlich. Allerdings gab es noch weiteren Anpassungsbedarf hinsichtlich der genauen Position der Auf-Dach-Terrassen sowie hinsichtlich der näheren Planung des Aufzugs (Aufzug mit Schacht oder „Fassadengleiter“?), eventuell auch hinsichtlich weiterer Details. Diese Punkte ändern aber nichts daran, dass die Grundleistung a) der Leistungsphase 5 mit den vom Kläger vorgelegten Plänen jedenfalls zu mehr als 50 % erbracht sein dürfte. Der Senat trägt dem verbliebenen Anpassungsbedarf durch einen Abschlag Rechnung, den er mit 1/3 gegenüber dem vollen Teilhonorar für die Grundleistung a) bewertet. Da in der erwähnten Tabelle bei Locher/Koeble/Frik für die vollständige Grundleistung a) 6 % des Gesamthonorars angesetzt sind, ergibt sich zugunsten des Klägers insoweit also ein Leistungsstand von 2/3 von 6 %, also von 4 %.
(b) Den Leistungsstand bei der Grundleistung b) der Leistungsphase 5 bewertet der Senat aus denselben Gründen ebenfalls mit rund 2/3 des Werts, der in der Tabelle bei Locher/Koeble/Frik eingestellt ist, und veranschlagt insoweit 10 % des Gesamthonorars zugunsten des Klägers.
(c) Auch den Leistungsstand bei der Grundleistung c) bewertet der Senat mit 2/3 des bei Locher/Koeble/Frik angesetzten Teilhonorars, somit mit 1 % des Gesamthonorars.
(d) Hingegen ist nicht vorgetragen und auch nicht sonst ersichtlich, dass der Kläger die Grundleistungen d) bis f) der Leistungsphase 5 auch nur zum Teil erbracht hätte. Deshalb hat der Kläger insoweit kein weiteres Honorar verdient.
(e) Somit ergibt sich aus (a) bis (c) ein vom Kläger erbrachter Leistungsstand, der mit 60 % des Honorars für die Leistungsphase 5 bzw. mit 15 % des Gesamthonorars gemäß § 34 HOAI anzusetzen ist.
(f) Weitere Leistungen, für die der Kläger eine Vergütung verdient haben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere steht dem Kläger kein Honorar für die Leistungsbeschreibung zu, da er nicht im Einzelnen vorgetragen hat, wie seine Leistung an die Beklagte insoweit aussah. Aus diesem Grund kann offenbleiben, ob die Beklagte den Kläger bereits unbedingt mit Leistungen der Leistungsphase 8 – Bauüberwachung – beauftragt hatte.
e) Von der sich errechnenden Betrag ist die an den Kläger geleistete Zahlung von 1.260,50 € (netto) abzuziehen, es errechnet sich ein offenes Nettohonorar von 6.079,50 €, was dem zuerkannten Betrag von 7.235,08 € (einschließlich Umsatzsteuer) entspricht.
f) Dieser Anspruch ist nicht verjährt. Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts vom 22. Mai 2020 (S. 9), die die Beklagte mit ihrer Berufung nicht angreift.
2. Das angegriffene Urteil war ferner abzuändern, wie es das Versäumnisurteil vom 10. Mai 2019 hinsichtlich der Nebenansprüche weitergehend aufrechterhalten hat, als im Tenor der vorliegenden Entscheidung bestimmt. Denn diese Nebenansprüche des Klägers bestehen nur in dem vom Senat zuerkannten Umfang. Sie ergeben sich aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB. Soweit der Kläger die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend macht, ist zu beachten, dass er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, sodass er nur Nettobeträge mit Erfolg geltend machen kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 344, 525 S. 1 ZPO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
5. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.