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Bauvertrag – Entschädigungsanspruchs wegen Bauzeitverzögerung

LG Freiburg (Breisgau) – Az.: 1 O 141/14 – Urteil vom 04.03.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Klägerin hat auch die Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 840.278,47 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Bauzeitverlängerung bezüglich des Bauvorhabens,“… 1. Bauabschnitt“ geltend.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Erbringung von Metallbau- und Verglasungsarbeiten am vorgenannten Bauvorhaben. Die Klägerin hat die ihr obliegenden Leistungen vollständig erbracht. Die Abnahme der Leistungen erfolgte am 09.09.2009. Die Klägerin erstellte unter dem 17.02.2012 die Schlussrechnung, nachdem die bei der Abnahme geltend gemachten Mängel vollständig beseitigt waren. Die Beklagte hat die Schlussrechnung geprüft und die abgerechneten Positionen im Wesentlichen anerkannt. Darunter sind auch die von den Parteien während der Bauzeit vereinbarten 31 Nachträge. Streitig sind jedoch sämtliche Positionen, die die von der Klägerin geltend gemachte Bauzeitverlängerung betreffen.

Die Klägerin behauptet, die Parteien hätten bei einem Klärungsgespräch am 08.04.2008 einen terminlichen Ablauf vereinbart, wonach eine abnahmereife Fertigstellung bis zum 27.02.2009 vorgesehen gewesen sei. Bei einem Kick-off Gespräch am 27.05.2008 seien die Ausführungstermine noch genauer präzisiert worden. Innerhalb dieser Fristen wäre es nach Ansicht der Klägerin möglich gewesen, die Baumaßnahmen auszuführen, wenn es nicht zu einzelnen Störungen gekommen wäre, für die die Beklagte die Verantwortung trage. Deshalb sei die Abnahme erst am 09.09.2009 erfolgt, Restarbeiten hätten sich noch bis zum 23.02.2012 hingezogen.

Die Klägerin hat die aus ihrer Sicht von der Beklagten verursachten Bauzeitverlängerungen in acht Störungskomplexen dargestellt. Dabei wird von der Klägerin jeweils den Ausführungsterminen nach dem vereinbarten Ablauf der Arbeiten der tatsächliche Ablauf gegenübergestellt und aus der Differenz der Behinderungszeitraum in Arbeitstagen ermittelt.

……..

Für die Darstellung der einzelnen Störungskomplexe und des Bauablaufs wird auf die Klageschrift vom 06.05.2014, S. 9 – 32, Bezug genommen. Soweit keine konkrete Behinderungsanzeige gemacht worden sei, sei die Behinderung offenkundig, die Klägerin im Übrigen durchgehend auf der Baustelle präsent und leistungsbereit gewesen.

Die aus der Bauzeitverlängerung resultierenden Mehrkosten berechnet die Klägerin wie folgt:

Vereinbart gewesen seien 9,5 Monate Bauzeit (13.05.2008 bis 27.02.2009). Die beiden Baustelleneinrichtungen hätten jedoch bis Ende März 2010 vorgehalten werden müssen, außerdem für die Monate August und September 2011 sowie Januar 2012 für zurückgestellte Montagearbeiten. Daraus ergebe sich ein Verlängerungszeitraum von 16 Monaten. Aus der ursprünglichen Vereinbarung unter Zugrundelegung von 9,5 Monaten folgten monatliche Vorhaltekosten für eine Baustelleneinrichtung i.H.v. 449,25 EUR. Daraus errechne sich ein Mehrbetrag von 14.376 EUR.

In gleicher Weise sei von den vertraglich vereinbarten Kosten für die Projekt- und Baustellenleitung der Monatsbetrag zu ermitteln, der dann für einen Verlängerungszeitraum von 13 + 6 Monaten Zusatzkosten von 68.837,99 EUR und 31.771,38 EUR netto ergebe.

Für die Allgemeinen Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten ermittelt die Klägerin wiederum aus den Lohn- und Gehaltskosten sowie den Stoffkosten unter Heranziehung der von ihr mit Angebotsabgabe vorgelegten Zuschlägen auf die Einzelkosten der Teilleistungen die ursprünglich vereinbarten Deckungsbeiträge in Höhe von 539.478,60 EUR. Da zum Ablauf des vereinbarten Leistungszeitraums mit der 8. Teilrechnung lediglich 50 % der Bauleistung habe abgerechnet werden können, fehle bei einer linearen Verteilung der Deckungsbeiträge für Allgemeine Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten ein Anteil von 50% = 269.739,30 EUR.

Schließlich ergebe sich aus der ermittelten verlängerten Bauzeit bis zum 09.09.2009 (133 Arbeitstage) für Allgemeine Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten nach einer Berechnung der Tagesbeträge für die ursprünglich vereinbarten Bauzeit ein Betrag in Höhe von 353.452,82 EUR, der zusätzlich angefallen sei.

Dadurch seien der Klägerin insgesamt Mehrkosten i.H.v. 738.177,49 EUR netto entstanden. Abzüglich von erzielten Erlösen bei Allgemeinen Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten aus Nachträgen i.H.v. 32.061,13 EUR und zuzüglich von 19 % Mehrwertsteuer i.H.v. 134.162,11 EUR ergebe sich somit die Klagesumme i.H.v. 840.278,47 EUR.

Die Klägerin ist der Meinung, die auf die Nachträge entfallenden Zeiträume seien nur hinsichtlich der Allgemeinen Betriebskosten und Baustellengemeinkosten in Ansatz zu bringen. Mängelbeseitigungsarbeiten und darauf entfallende Zeiten seien bei der ursprünglichen Vereinbarung der Bauzeit im Rahmen eines Nachlaufes von 2 – 4 Wochen bereits mit berücksichtigt worden, so dass es einer gesonderten Darstellung nicht bedürfe. Es hätten im Übrigen nur ganz unwesentliche, kleinere Mängel Vorgelegen.

Ein wörtliches Angebot der Leistung nach § 295 BGB sei dadurch zum Ausdruck gebracht worden, dass die Klägerin ihre Mitarbeiter auf der Baustelle zur Verfügung gehalten und damit zu erkennen gegeben habe, dass sie bereit und in der Lage sei, ihre Leistung zu erbringen.

Wenn sich die Bauzeit insgesamt verschiebe, werde der Ertrag der Allgemeinen Geschäftskosten zwar zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt, allerdings bestehe eine Auftragslücke für die ursprünglich vorgesehene Bauzeit.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 840.278,47 EUR nebst jährlichen Zinsen i.H.v, 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 561.864,30 EUR seit 18.03.2012, sowie aus weiteren 278.414,17 EUR ab Zustellung der Klage, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 7100,50 EUR zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass die Streitparteien im Zusammenhang mit der Nachtragsvereinbarung Nr. 2 ein Fertigstellungstermin für den 30.06.2011 vereinbart hätten.

Hinsichtlich des Vortrags zu den einzelnen Störungskomplexen wird auf die Klageerwiderung vom 29.07.2014, S. 4-11, Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Meinung, die Klage sei allein schon deswegen abzuweisen, weil es an einer ausreichend schlüssigen und substantiierten bauablaufbezogenen Darstellung fehle. Die lineare Fortschreibung für eine verlängerte Baustelleneinrichtung sei nicht zulässig, es müssten vielmehr im Rahmen einer bauablaufbezogenen Darstellung die Mehrkosten infolge einer Bauzeitverlängerung genau beziffert werden. Insbesondere müsse dargestellt werden, welches Gerät und welches Personal in welchem Umfang betroffen sei, warum es nicht anderweitig eingesetzt werden könne und welche anteilige Vergütung hierfür anfallen bzw. gespart werden könne. Bei den erhöhten Kosten wegen der Projekt- und Baustellenleitung sei ebenfalls keinen bauablaufbezogene Darstellung erfolgt, insbesondere seien die jeweiligen Unterbrechungszeiten und deren Zustandekommen unklar. Allgemeine Geschäftskosten seien generell nicht erstattungsfähig die Baustellengemeinkosten seien durch die Ausführung des gesamten Bauvorhabens erwirtschaftet worden, wenn auch zeitlich später. Die Klägerin könne allenfalls für die später erwirtschafteten Allgemeinen Geschäftskosten und Baustellengemeinkosten Zinsen verlangen, die wiederum einen Schuldnerverzug der Beklagten erfordern würden. Diese Kosten würden auch hier fehlerhaft linearer und der Klägerin errechnet, statt sie anhand einer bauablaufbezogenen Darstellung zu entwickeln.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin vermochte einen Anspruch aus § 642 BGB wegen Bauzeitverlängerung nicht schlüssig darzulegen.

I.

Der schlüssige Vortrag eines Anspruchs aus § 642 BGB setzt zum Nachweis einer ausgleichspflichtigen Verlängerung der Gesamtbauzeit durch eine vom Auftraggeber verursachte Behinderung des Auftragnehmers eine bauablaufbezogene Darstellung voraus (s. BGH, Versäumnisurteil v. 24.02.2005 – VII ZR 225/03 -, juris, Rn. 31). Die Klägerin muss also im Einzelnen darlegen, wie sie den Ablauf des gesamten Bauvorhabens bei der Beklagten geplant hat und wann es bei konkreten Personen oder Gruppen bzw. Baumaschinen und -geräten zu welchen Produktionsstillständen gekommen ist, die durch rechtzeitig geplante und vorgezogene anderweitige Maßnahmen und Aufträge nicht ausgeglichen werden konnten. Nur einer solchermaßen nachvollziehbaren Darlegung kann die Beklagte dann wiederum konkret widersprechen und entgegen treten (OLG Köln, Beschluss v. 23.02.2015 – 17 U 35/14 -, juris Rn. 3). Eine solche nachvollziehbare Darstellung einer Verlängerung der Gesamtbauzeit kann jedoch nicht deshalb als unschlüssig zurückgewiesen werden, weil einzelne Teile dieser Darstellung unklar oder fehlerhaft sind. Denn sie bleibt in aller Regel trotz der Unklarheit oder Fehlerhaftigkeit in einzelnen Teilen eine geeignete Grundlage, eine Bauzeitverlängerung gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu schätzen. Auf dieser Grundlage hat die Klägerin zwar die aus den jeweiligen Behinderungen abgeleitete Verzögerung der Gesamtbauzeit möglichst konkret darzulegen. Ihr kommen jedoch die Erleichterungen des § 287 ZPO zugute (BGH, a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht, weil eine nachvollziehbare Darstellung der Verlängerung der Gesamtbauzeit – auch nach Hinweis des Gerichts gem. § 139 ZPO und ausreichender Stellungnahmefrist – fehlt. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2015 darauf hingewiesen, dass es an einer bauablaufbezogenen Darstellung fehlt. Zwar hat die Klägerin die jeweilige Behinderung für die einzelnen Störungskomplexe dargestellt, dann jedoch lediglich die Arbeitstage von dem aus ihrer Sicht vereinbarten Fertigstellungstermin bis zum tatsächlichen Fertigstellungstermin aufaddiert. In dieser Darstellung ist jedoch unklar, welche Auswirkungen über den gesamten Bauverlauf durch die Behinderung eingetreten ist. Dabei wäre auch darzulegen gewesen, warum die konkrete Behinderung für die Gesamtbauzeit kritisch war, also nicht durch Umorganisationen auf der Baustelle hätte aufgefangen werden können. Insoweit trifft die Klägerin eine sekundäre Darlegungslast, weil die Beklagte dazu mangels eigener Kenntnis nichts vortragen kann.

Außerdem ist die Klägerin vom Gericht aufgefordert worden, zur Veränderung der Bauzeit und damit des Bauablaufs durch die vereinbarten Nachträge vorzutragen. Bauzeitverlängerungen durch Nachträge bleiben in der Regel außer Betracht (s. OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.08.2009, 11 W 25/08, juris). Nach derzeitigem Stand ist unklar, ob nicht die verspätete Abnahme (auch) durch Nachträge verursacht wurde.

Das Gericht hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung schließlich aufgefordert, die Frage zu beantworten, wie sich die bei den einzelnen Störungskomplexen ermittelten Arbeitstage (insg. 2.580) auf die Gesamtbauzeit auswirken sollen. Das Verhältnis der von ihr ermittelten Arbeitstage zur späteren Schadensberechnung ist unklar. So hat die Klägerin bei der Schadensberechnung lediglich 133 Arbeitstage Verzögerung eingestellt, dann aber teilweise 16 und teilweise 13 Monate. Dabei ist sie erkennbar nicht von den bei den Störungskomplexen dargestellten Arbeitstagen ausgegangen, sondern hat jeweils nur die zeitliche Differenz zwischen dem von ihr behaupteten vertraglichen Ausführungsende und dem vorgetragenen tatsächlichen Arbeitsende ermittelt. Inwieweit diese Differenz jedoch auf die Störungskomplexe zurückzuführen ist, bleibt offen.

Die Klägerin hat mit ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 24.02.2016 zu keiner dieser Fragen konkret Stellung genommen. Sie hat lediglich erklärt, sie teile die Auffassung des Gerichts nicht, dass zum Anspruch nicht ausreichend vorgetragen sei. An den Sachvortrag der Klägerin dürften keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Sie hat sodann lediglich ihren Vortrag aus der Klage wortgleich wiederholt. Damit vermag sie nicht durchzudringen.

Das Gericht stellt keine unerfüllbaren Anforderungen an den klägerischen Vortrag, sondern hat vielmehr die einzelnen Prüfungspunkte in Frageform detailliert aufgeführt. Es hat konkrete Hinweise zum weiteren Vortrag gegeben und beispielhaft auf eine mögliche Darstellungsart in der Literatur verwiesen. Will die Klägerin diesen Anforderungen bewusst nicht genügen, ist die Klage ohne weiteren Hinweis nach § 139 ZPO abzuweisen, weil sie unschlüssig ist.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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