Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Bauträgervertrag und Baumängel: Wann verjähren Schadensersatzansprüche? LG Darmstadt zur 10-Jahres-Frist
- Ausgangslage: Bauträgervertrag für ein Kettenhaus und spätere Mängelrügen der Bauherren
- Der Streit um die Mängel: Wärmedämmung, Kellerabdichtung und der Vorwurf gezielter Täuschung
- Die entscheidende Rechtsfrage: Beginn der absoluten Verjährungsfrist bei Baumängeln – Abnahme oder spätere Ereignisse?
- Entscheidung des Landgerichts Darmstadt: Klage wegen Verjährung der Schadensersatzansprüche abgewiesen
- Begründung des Gerichts: Absolute Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme des Bauwerks
- Zeitpunkt des Schadenseintritts entscheidend: Mangelhaftigkeit bei Abnahme begründet den Schaden
- Warum nicht die Täuschungshandlung? Gericht lehnt späteren Verjährungsbeginn ab
- Keine Anknüpfung an Fristsetzung zur Mangelbeseitigung: Verhinderung einer Verdopplung der Frist
- Taggenauer Fristablauf: Zehn Jahre nach Abnahme waren die Ansprüche verjährt
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Abnahme“ im Zusammenhang mit Bauverträgen und warum ist sie so wichtig?
- Was ist eine „Verjährungshöchstfrist“ und wie unterscheidet sie sich von der regulären Verjährungsfrist bei Baumängeln?
- Welche Rechte habe ich als Bauherr, wenn ich nach der Abnahme Mängel an meinem Haus feststelle?
- Kann der Bauträger die Verjährung von Mängelansprüchen beeinflussen oder hinauszögern?
- Was bedeutet „Weiße Wanne“ im Zusammenhang mit Kellerabdichtung und welche Konsequenzen hat es, wenn diese nicht fachgerecht ausgeführt wurde?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 19 O 325/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Darmstadt
- Datum: 21.02.2025
- Aktenzeichen: 19 O 325/20
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Macht abgetretene Ansprüche der ursprünglichen Bauherren aus einem Bauträgervertrag geltend.
- Beklagte: Die Bauträgergesellschaft und ihr Bauleiter/späterer Geschäftsführer, die Mängel teilweise bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Es ging um einen Bauträgervertrag von 2010 für ein Haus. Später wurden Abweichungen von der Baubeschreibung (bei Dämmung, Keller, Lichtschächten) festgestellt. Die ursprünglichen Bauherren traten ihre Ansprüche an den Kläger ab, der Schadensersatz wegen der Mängel und behaupteter Täuschung verlangte.
- Kern des Rechtsstreits: Wann die absolute zehnjährige Verjährungshöchstfrist für Schadensersatzansprüche aus einem Bauträgervertrag wegen Mängeln zu laufen beginnt.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde in vollem Umfang abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass die geltend gemachten Ansprüche verjährt waren. Die zehnjährige Verjährungsfrist begann mit der Abnahme des Werkes im August 2010 zu laufen und war bei Klagezustellung im November 2020 bereits abgelaufen.
- Folgen: Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Der Fall vor Gericht
Bauträgervertrag und Baumängel: Wann verjähren Schadensersatzansprüche? LG Darmstadt zur 10-Jahres-Frist
Ein komplexer Rechtsstreit vor dem Landgericht Darmstadt befasste sich mit der entscheidenden Frage, wann die Absolute Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche wegen Mängeln an einem Bauwerk beginnt, das im Rahmen eines Bauträgervertrags errichtet wurde.

Im Kern ging es darum, ob diese Frist bereits mit der Abnahme des Bauwerks zu laufen beginnt oder ob spätere Ereignisse wie die Entdeckung der Mängel, eine Aufforderung zur Nachbesserung oder gar eine Täuschungshandlung durch den Bauträger den Startpunkt der Verjährung hinausschieben können. Das Urteil des LG Darmstadt (Az.: 19 O 325/20) vom 21. Februar 2025 gibt hierzu eine klare Antwort, die weitreichende Bedeutung für Bauherren und Bauträger hat.
Ausgangslage: Bauträgervertrag für ein Kettenhaus und spätere Mängelrügen der Bauherren
Der Fall betraf Ansprüche, die ursprüngliche Bauherren, ein Ehepaar, an den neuen Anspruchsinhaber (den Kläger im Prozess) abgetreten hatten. Diese Ansprüche richteten sich gegen eine Bauträgergesellschaft sowie deren Bauleiter und späteren Geschäftsführer. Grundlage war ein Bauträgervertrag vom 15. Juni 2010 über die Errichtung eines Kettenhauses auf einem Erbbaurechtsgrundstück im ###-Weg in ###. Die Bauträgerin verpflichtete sich, das Haus gemäß einer detaillierten Baubeschreibung zu bauen. Der vereinbarte Preis für die Bauleistung (Werklohnanteil) betrug EUR 302.700.
Ein wichtiger Meilenstein war die förmliche Abnahme des Bauvorhabens durch die Bauherren am 02. August 2010. Kurz darauf, mit einem Bautenstandsbericht vom 02. November 2010, bestätigte die Bauträgerin die Fertigstellung aller Leistungen bis zur zehnten Teilrate und forderte die letzte Rate an, welche die Bauherren daraufhin auch bezahlten.
Jahre später stellte sich jedoch heraus, dass die tatsächliche Bauausführung in mehreren wesentlichen Punkten von der vereinbarten Baubeschreibung abwich. Diese Abweichungen bildeten die Grundlage für die später geltend gemachten Schadensersatzansprüche.
Der Streit um die Mängel: Wärmedämmung, Kellerabdichtung und der Vorwurf gezielter Täuschung
Der neue Anspruchsinhaber machte, gestützt auf die Rechte der ursprünglichen Bauherren, eine Reihe gravierender Baumängel geltend. Diese betrafen insbesondere:
- Mangelhafte Wärmedämmung der Außenwände: Das Wärmedämmverbundsystem (WDVS) wurde mit Polystyrolhartschaumplatten ausgeführt, die eine schlechtere Wärmedämmleistung (Wärmeleitgruppe 0,04) aufwiesen als vertraglich vereinbart (Wärmeleitgruppe 0,035 bis 0,032). Dies bedeutet einen geringeren Wärmeschutz der Fassade.
- Unzureichende Dämmung der Bodenplatte: Auch die Dämmschicht auf der Bodenplatte erreichte nicht den vereinbarten Wärmedurchgangswert von 0,025 W/mK, sondern wies schlechtere Dämmeigenschaften auf.
- Nichterreichen des KfW-Standards: Nach Darstellung des Anspruchsinhabers führten diese Abweichungen bei der Dämmung dazu, dass das Gebäude die Anforderungen für ein KfW-Energiesparhaus 40 bzw. KfW Effizienzhaus 55 nicht erfüllte, obwohl dieser energetische Standard als Beschaffenheit vertraglich zugesichert worden sei.
- Fehlende „Weiße Wanne„: Entgegen der vertraglichen Vereinbarung wurde der Keller nicht als druckwasserdichte „Weiße Wanne“ ausgeführt, was bedeutet, dass er nicht ausreichend gegen von außen drückendes Wasser geschützt ist.
- Undichte Lichtschächte: Drei Lichtschächte wurden ebenfalls nicht druckwasserdicht hergestellt.
- Ungeeignete Kelleraußendämmung: Für die Außendämmung des Kellers im Erdreich wurde EPS-Material (Polystyrol) verwendet. Dieses Material sei jedoch nach Behauptung des Anspruchsinhabers für den Einsatz im druckwasserbelasteten Bereich – wie er aufgrund der Bodenverhältnisse vor Ort gegeben sei – nicht zugelassen.
Interessanterweise hatte die Bauträgerin die Bauherren bereits mit einem Schreiben vom 10. März 2014 über die Abweichungen bei der Außenwand- und Bodenplattendämmung informiert und in den Jahren 2014 und 2015 finanzielle Abgeltungsangebote unterbreitet, die die Bauherren jedoch nicht annahmen. Die Bauherren gaben an, erst im Jahr 2020 durch den neuen Anspruchsinhaber – der selbst in einem Parallelverfahren gegen die Bauträgerin (LG Frankfurt/Main, Az. 2-26 O 11/15) durch ein Sachverständigengutachten Erkenntnisse gewonnen hatte – das volle Ausmaß der Täuschung bezüglich der Mängel erkannt zu haben.
Der neue Anspruchsinhaber argumentierte, die Bauträgerin und ihr Geschäftsführer hätten bewusst billigere Materialien und Ausführungen beauftragt, die von der Baubeschreibung abwichen. Durch den unwahren Bautenstandsbericht vom 02. November 2010 hätten sie die Bauherren über den tatsächlichen Zustand getäuscht, um die letzte Zahlungsrate zu erhalten, obwohl ihnen bewusst gewesen sei, dass die zugesicherte Beschaffenheit (insbesondere der KfW-Standard) nicht erreicht wurde. Dieses Verhalten wertete der Anspruchsinhaber als Arglistige Täuschung und Betrug im Sinne des Strafgesetzbuchs (§ 263 StGB), was einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB begründen würde. Der geltend gemachte Schaden belief sich auf EUR 193.829,35 und setzte sich aus den geschätzten Kosten für die Mängelbeseitigung (u.a. Austausch der Außendämmung, Erneuerung des Fußbodenaufbaus, Herstellung einer „Weißen Wanne“, Abdichtung der Lichtschächte, neue Kelleraußendämmung) sowie den dazugehörigen Architektenkosten zusammen.
Die Ansprüche der ursprünglichen Bauherren wurden mit Abtretungserklärung vom 26./31. März 2020 an den neuen Anspruchsinhaber übertragen. Dieser forderte die Bauträgerin und den Geschäftsführer mit Anwaltsschreiben vom 20. Oktober 2020 zur Zahlung auf. Da keine Zahlung erfolgte, wurde die Klage eingereicht und den Beklagten am 23. November 2020 zugestellt.
Die beklagte Bauträgerin und ihr Geschäftsführer bestritten teilweise das Vorliegen der Mängel. Die Abweichungen bei der Dämmung erklärten sie als versehentlich geschehen. Vor allem aber beriefen sie sich auf die Einrede der Verjährung: Die Ansprüche seien verjährt, da die zehnjährige absolute Verjährungsfrist mit der Abnahme des Hauses im August 2010 begonnen habe.
Die entscheidende Rechtsfrage: Beginn der absoluten Verjährungsfrist bei Baumängeln – Abnahme oder spätere Ereignisse?
Im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung stand die Auslegung des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese Vorschriften regeln die absolute Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren für Schadensersatzansprüche, die nicht auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen. Diese Frist beginnt taggenau ab dem Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, unabhängig davon, ob der Gläubiger von dem Anspruch oder den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder hätte haben müssen. Die Kernfrage war: Wann genau ist ein Schadensersatzanspruch wegen Baumängeln im Sinne dieser Vorschrift „entstanden“? Denkbar waren hier mehrere Zeitpunkte:
- Der Zeitpunkt der Abnahme des mangelhaften Bauwerks.
- Der Ablauf einer vom Bauherrn gesetzten Frist zur Mangelbeseitigung.
- Der Zeitpunkt einer konkreten Täuschungshandlung durch den Bauträger (z.B. die Vorlage des unwahren Bautenstandsberichts).
Die Beantwortung dieser Frage war entscheidend für den Ausgang des Verfahrens, da die Klage erst Ende November 2020 zugestellt wurde – mehr als zehn Jahre nach der Abnahme im August 2010.
Entscheidung des Landgerichts Darmstadt: Klage wegen Verjährung der Schadensersatzansprüche abgewiesen
Das Landgericht Darmstadt wies die Klage in vollem Umfang ab. Die Richter entschieden, dass sämtliche vom neuen Anspruchsinhaber geltend gemachten Ansprüche aus abgetretenem Recht verjährt seien. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt.
Begründung des Gerichts: Absolute Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme des Bauwerks
Das Gericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die absolute Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren gemäß § 199 Abs. 3 BGB bei Klageerhebung bereits abgelaufen war. Den entscheidenden Anknüpfungspunkt für den Beginn dieser Frist sah das Gericht im Zeitpunkt der Abnahme des Werks am 02. August 2010.
Zeitpunkt des Schadenseintritts entscheidend: Mangelhaftigkeit bei Abnahme begründet den Schaden
Die Richter begründeten ihre Auffassung ausführlich. Grundsätzlich entstehen Schadensersatzansprüche – egal ob aus Vertrag oder Delikt (unerlaubter Handlung) – mit dem Eintritt des Schadens. Für die Verjährung gilt dabei der Grundsatz der Schadenseinheit: Beruht ein Schaden auf einem einheitlichen Verhalten (hier: der mangelhaften Errichtung des Hauses), so gilt der gesamte Schaden bereits mit der ersten spürbaren Vermögenseinbuße als eingetreten. Spätere Schadensfolgen ändern daran nichts, solange sie nur eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Schadens sind und mit ihnen von Anfang an gerechnet werden konnte.
Im konkreten Fall liegt der Schaden in der Mangelhaftigkeit des errichteten Hauses. Ein Bauwerk ist mangelhaft, wenn es bei der Abnahme (§§ 633, 640 BGB) von der vereinbarten Beschaffenheit (Soll-Zustand) negativ abweicht. Mit der Abnahme des – wie sich später herausstellte – mangelhaften Hauses am 02. August 2010 war das Werk vollendet und übergeben, und somit war der Schaden (das Vorhandensein der Mängel) eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt entstand also der Schadensersatzanspruch der ursprünglichen Bauherren, und damit begann auch die zehnjährige absolute Verjährungsfrist zu laufen.
Diese Sichtweise, so das Gericht, stehe auch im Einklang mit der Systematik des Werkvertragsrechts. Denn auch die reguläre fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche an Bauwerken nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt gemäß § 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme. Es sei konsequent, auch für die absolute Höchstfrist auf diesen Zeitpunkt abzustellen.
Zudem entspreche die Anknüpfung an die Abnahme dem Zweck der Verjährungsvorschriften, insbesondere der absoluten Höchstfrist. Diese diene neben der Rechtssicherheit auch dazu, Beweisschwierigkeiten bei Sachverhalten zu vermeiden, die sehr lange zurückliegen. Daher sei es sinnvoll, auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der maßgebliche Sachverhalt – nämlich die Mangelhaftigkeit des Werks – entstanden ist. Dies war mit der Vollendung und Abnahme des mangelbehafteten Hauses der Fall.
Warum nicht die Täuschungshandlung? Gericht lehnt späteren Verjährungsbeginn ab
Das Gericht lehnte es ausdrücklich ab, den Beginn der absoluten Verjährungsfrist an eine spätere Täuschungshandlung des Bauträgers zu knüpfen, wie etwa den unwahren Bautenstandsbericht vom November 2010. Eine solche Täuschungshandlung ändere nichts an der Tatsache, dass die Mängel selbst bereits bei der Abnahme vorhanden waren. Sie vergrößere oder vertiefe die physischen Mängel nicht.
Würde man den Verjährungsbeginn an eine solche Täuschung knüpfen, hätte dies nach Ansicht des Gerichts zur Folge, dass ein Unternehmer, der wahrheitswidrig die Mängelfreiheit behauptet oder Mängel verschweigt, einer praktisch „ewigen“ Verjährungsfrist ausgesetzt wäre. Dies widerspräche aber dem Grundgedanken der Verjährung, die auch im Falle von Arglist (bewusster Täuschung) irgendwann eintreten soll (wenn auch mit einer längeren subjektiven Frist nach § 199 Abs. 1 BGB, die hier aber nicht mehr half). Die Pflicht des Unternehmers, ihm bekannte Mängel zu offenbaren, bestehe spätestens bei der Abnahme. Ein späteres Schweigen oder Leugnen ändere nichts daran, wann der Mangel und damit der Schaden entstanden ist.
Keine Anknüpfung an Fristsetzung zur Mangelbeseitigung: Verhinderung einer Verdopplung der Frist
Auch die Idee, die absolute Verjährungsfrist erst mit dem Ablauf einer (hypothetischen) Frist zur Mangelbeseitigung beginnen zu lassen, verwarf das Gericht. Dies würde dem Bauherrn die Möglichkeit geben, die Verjährung erheblich hinauszuzögern, indem er einen Mangel erst kurz vor Ablauf der eigentlichen Verjährungsfrist rügt und eine Nachfrist setzt. Dies könne nicht Sinn der Regelung sein.
Taggenauer Fristablauf: Zehn Jahre nach Abnahme waren die Ansprüche verjährt
Da die Abnahme am 02. August 2010 stattfand, begann die zehnjährige absolute Verjährungsfrist taggenau an diesem Datum zu laufen und endete somit mit Ablauf des 02. August 2020. Die Klage wurde den Beklagten jedoch erst am 23. November 2020 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bereits unwiderruflich verjährt.
Das Gericht prüfte auch, ob andere, möglicherweise noch nicht verjährte Ansprüche bestehen könnten, fand jedoch keine Anhaltspunkte dafür. Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruhten auf den einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessordnung (§§ 91, 709 ZPO).
Das Urteil des LG Darmstadt unterstreicht die zentrale Bedeutung der Abnahme für den Beginn der absoluten Verjährungsfrist bei Baumängeln und stellt klar, dass spätere Täuschungshandlungen oder Fristsetzungen diesen Beginn nicht hinauszögern. Für Bauherren bedeutet dies, dass sie Mängelansprüche, auch wenn sie erst spät entdeckt werden, innerhalb von zehn Jahren nach der Abnahme gerichtlich geltend machen müssen, um nicht den vollständigen Verlust ihrer Rechte durch Verjährung zu riskieren.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des LG Darmstadt verdeutlicht, dass bei Baumängeln die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren bereits mit der Abnahme des Gebäudes beginnt – nicht erst mit der Entdeckung der Mängel oder einer Täuschungshandlung des Bauträgers. Bauherren müssen daher ihre Ansprüche wegen mangelhafter Bauausführung unbedingt innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend machen, selbst wenn die Mängel erst später entdeckt werden. Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit für Bauunternehmen, bedeutet aber für Bauherren eine strikte zeitliche Begrenzung ihrer Ansprüche und unterstreicht die besondere rechtliche Bedeutung des Abnahmezeitpunkts.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Abnahme“ im Zusammenhang mit Bauverträgen und warum ist sie so wichtig?
Die Abnahme ist ein entscheidender Moment bei jedem Bauvorhaben. Einfach gesagt, bestätigen Sie als Bauherr oder Käufer mit der Abnahme, dass die erbrachte Bauleistung im Wesentlichen so ist, wie im Vertrag vereinbart wurde. Es ist mehr als nur die Übergabe der Schlüssel – es ist eine rechtliche Erklärung mit weitreichenden Folgen.
Warum ist die Abnahme so wichtig? Ihre rechtlichen Folgen
Die Abnahme markiert einen rechtlichen Wendepunkt im Bauvertrag. Ab diesem Zeitpunkt ändern sich wichtige Rechte und Pflichten:
- Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche: Das ist einer der wichtigsten Punkte. Ab dem Tag der Abnahme beginnt die Frist zu laufen, innerhalb derer Sie Ansprüche wegen Baumängeln geltend machen können. Für Bauwerke beträgt diese Frist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in der Regel fünf Jahre. Versäumen Sie diese Frist, können Sie Ihre Rechte wegen Mängeln oft nicht mehr durchsetzen.
- Übergang der Gefahr: Bis zur Abnahme trägt der Bauunternehmer das Risiko für zufällige Schäden am Bauwerk (z.B. durch Sturm, Hochwasser oder Vandalismus). Nach der Abnahme geht dieses Risiko auf Sie als Bauherrn über.
- Fälligkeit der Schlusszahlung: Der Bauunternehmer kann seine Schlussrechnung in der Regel erst nach erfolgter Abnahme stellen und die Restzahlung verlangen.
- Umkehr der Beweislast für Mängel: Vor der Abnahme muss der Unternehmer beweisen, dass seine Arbeit frei von Mängeln ist. Nach der Abnahme müssen Sie als Bauherr beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dieser schon bei der Abnahme vorhanden war. Das kann die Durchsetzung von Ansprüchen erschweren.
Wie läuft eine Abnahme ab? Form und Protokoll
Die Abnahme sollte nicht nebenbei erfolgen. Üblich ist ein gemeinsamer Termin auf der Baustelle, bei dem das Bauwerk durch Sie (ggf. mit Unterstützung eines Sachverständigen) und den Unternehmer begangen und geprüft wird.
Es ist dringend zu empfehlen, ein Abnahmeprotokoll anzufertigen. Dieses Dokument hält fest:
- Datum und Ort der Abnahme
- Anwesende Personen
- Ob die Abnahme erklärt, verweigert oder unter Vorbehalt erklärt wird
- Alle bei der Begehung festgestellten Mängel, auch kleine
- Etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel
- Fristen für die Mängelbeseitigung
- Unterschriften der Beteiligten
Dieses Protokoll dient als wichtiges Beweismittel für den Zustand des Bauwerks zum Zeitpunkt der Abnahme und für getroffene Vereinbarungen.
Es gibt auch die Möglichkeit einer „fiktiven Abnahme“: Wenn der Unternehmer Ihnen eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und Sie diese ohne Angabe von Mängeln verstreichen lassen oder wenn Sie das Werk in Benutzung nehmen (z.B. einziehen), kann die Abnahme unter bestimmten Voraussetzungen als erfolgt gelten, auch ohne ausdrückliche Erklärung (§ 640 Abs. 2 BGB).
Was passiert, wenn Mängel vorhanden sind? Verweigerung oder Vorbehalt
Sie sind nicht verpflichtet, ein mangelhaftes Werk abzunehmen. Hier gibt es zwei wichtige Optionen:
- Verweigerung der Abnahme: Liegen wesentliche Mängel vor, können und sollten Sie die Abnahme verweigern. Ein Mangel ist in der Regel wesentlich, wenn er die Nutzung des Bauwerks erheblich beeinträchtigt oder die Kosten für seine Beseitigung beträchtlich sind. Wird die Abnahme berechtigt verweigert, treten die oben genannten Rechtsfolgen (Verjährungsbeginn etc.) nicht ein. Der Unternehmer muss die wesentlichen Mängel zuerst beseitigen.
- Abnahme unter Vorbehalt: Sind nur unwesentliche Mängel vorhanden oder möchten Sie trotz bekannter Mängel die Abnahme erklären (z.B. um einziehen zu können), sollten Sie die Abnahme ausdrücklich „unter Vorbehalt“ wegen dieser Mängel erklären. Dieser Vorbehalt muss klar benannt und unbedingt im Abnahmeprotokoll festgehalten werden. Nur so behalten Sie Ihre Rechte (z.B. auf Nachbesserung oder Minderung des Werklohns) wegen dieser bei Abnahme bekannten Mängel sicher. Ohne erklärten Vorbehalt können Sie Ihre Rechte bezüglich dieser offensichtlichen Mängel verlieren!
Die Abnahme ist also ein formaler Akt mit großer Tragweite. Eine sorgfältige Prüfung des Bauwerks und die genaue Dokumentation im Abnahmeprotokoll sind für Sie als Bauherr von zentraler Bedeutung.
Was ist eine „Verjährungshöchstfrist“ und wie unterscheidet sie sich von der regulären Verjährungsfrist bei Baumängeln?
Bei Baumängeln gibt es zwei wichtige Fristen, innerhalb derer Sie Ihre Ansprüche geltend machen müssen: die regelmäßige Verjährungsfrist und die Verjährungshöchstfrist. Der Hauptunterschied liegt im Startzeitpunkt und der Dauer der jeweiligen Frist.
Die regelmäßige Verjährungsfrist (meist 5 Jahre ab Abnahme)
- Was ist das? Dies ist die „normale“ Frist, die für die meisten Mängelansprüche bei Bauwerken gilt. Sie beträgt in der Regel fünf Jahre.
- Wann beginnt sie? Entscheidend ist hier der Zeitpunkt der Abnahme des Bauwerks. Mit der Abnahme erklären Sie als Bauherr (oft stillschweigend oder durch Unterschrift unter ein Protokoll), dass das Werk im Wesentlichen vertragsgemäß erstellt wurde. Ab diesem Tag beginnt die Fünfjahresfrist zu laufen.
- Beispiel: Sie nehmen Ihr neu gebautes Haus am 15. Mai 2024 ab. Die regelmäßige Verjährungsfrist für Mängel an diesem Haus endet dann am 15. Mai 2029. Entdecken Sie im Jahr 2028 einen Mangel (z.B. ein undichtes Dach), können Sie Ihre Ansprüche noch geltend machen, da die Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen ist.
Die Verjährungshöchstfrist (oft 10 Jahre ab Entstehung)
- Was ist das? Dies ist eine absolute Obergrenze für die Verjährung bestimmter Ansprüche, wie zum Beispiel den Anspruch auf Beseitigung eines Mangels (Nacherfüllung) oder Schadensersatz wegen des Mangels. Sie beträgt häufig zehn Jahre.
- Wann beginnt sie? Diese Frist beginnt unabhängig von der Abnahme und auch unabhängig davon, ob Sie von dem Mangel wussten oder hätten wissen können. Sie startet bereits mit der Entstehung des Anspruchs. Bei einem Baumangel ist das in der Regel der Zeitpunkt, an dem die mangelhafte Leistung erbracht wurde (also der Mangel objektiv vorhanden ist).
- Warum gibt es sie? Sie soll für Rechtssicherheit sorgen und verhindern, dass Ansprüche unbegrenzt lange geltend gemacht werden können, selbst wenn die regelmäßige Frist (wegen später Abnahme oder späterer Kenntnis) noch nicht abgelaufen wäre.
- Beispiel: Stellen Sie sich vor, die Bauarbeiten an Ihrem Haus wurden im Jahr 2015 abgeschlossen, aber die offizielle Abnahme erfolgte aus verschiedenen Gründen erst 2022. Die regelmäßige Fünfjahresfrist würde dann bis 2027 laufen. Aber: Die Zehnjahres-Höchstfrist begann bereits 2015 mit der (mangelhaften) Erstellung des Bauteils zu laufen. Sie endet daher bereits im Jahr 2025. Obwohl die Fünfjahresfrist ab Abnahme noch laufen würde, wären Ihre Ansprüche wegen des Mangels ab 2025 aufgrund der Höchstfrist verjährt.
Das Zusammenspiel der Fristen
Für Sie ist wichtig zu wissen: Es gilt immer die Frist, die zuerst abläuft.
Auch wenn die fünfjährige Frist ab der Abnahme theoretisch noch nicht vorbei ist, können Ihre Ansprüche bereits verjährt sein, wenn die zehnjährige Höchstfrist (gerechnet ab der Entstehung des Anspruchs/Mangels) früher endet. Das kann insbesondere relevant sein, wenn zwischen der Fertigstellung der Arbeiten und der Abnahme viel Zeit vergeht oder wenn ein Mangel erst sehr spät entdeckt wird.
Welche Rechte habe ich als Bauherr, wenn ich nach der Abnahme Mängel an meinem Haus feststelle?
Auch nachdem Sie Ihr Haus offiziell abgenommen haben, stehen Ihnen bei auftretenden Mängeln bestimmte Rechte gegenüber dem verantwortlichen Unternehmen zu. Die Abnahme ist jedoch ein wichtiger Wendepunkt: Ab diesem Zeitpunkt müssen Sie als Bauherr beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dieser schon bei der Abnahme vorhanden war oder zumindest seine Ursache bereits zu diesem Zeitpunkt bestand.
Ihre grundlegenden Rechte bei Baumängeln
Wenn Sie nach der Abnahme einen Mangel entdecken, haben Sie verschiedene gesetzlich verankerte Ansprüche. Diese bauen in der Regel aufeinander auf:
- Nacherfüllung (Vorrangiges Recht):
- Zuerst müssen Sie dem Unternehmen die Möglichkeit geben, den Mangel zu beheben. Dies nennt man Nacherfüllung.
- Das Unternehmen kann dabei meist wählen, ob es den Mangel beseitigt (Nachbesserung) oder – was beim Hausbau seltener vorkommt – ein komplett neues, mangelfreies Teil herstellt.
- Wichtig: Sie müssen dem Unternehmen eine angemessene Frist setzen, um den Mangel zu beheben. Wie lang diese Frist sein muss, hängt vom Mangel ab (z.B. bei einem undichten Dach ist die Frist dringender als bei einem Kratzer im Fensterrahmen).
- Weitere Rechte (wenn die Nacherfüllung scheitert): Erst wenn die Nacherfüllung nicht erfolgreich ist (z.B. weil die Frist abgelaufen ist, das Unternehmen die Nachbesserung verweigert oder diese zweimal fehlschlägt), können Sie weitere Rechte geltend machen:
- Selbstvornahme und Ersatz der Kosten: Sie können den Mangel selbst oder durch eine andere Firma beheben lassen und die dafür notwendigen Kosten vom ursprünglichen Unternehmen zurückverlangen. Voraussetzung ist in der Regel, dass Sie zuvor erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben.
- Minderung des Werklohns: Sie können den vereinbarten Preis für das Haus nachträglich herabsetzen. Die Höhe der Minderung richtet sich danach, wie stark der Mangel den Wert oder die Nutzbarkeit des Hauses beeinträchtigt. Stellen Sie sich vor, es wurden Fliesen in der falschen Farbe verlegt, die aber technisch in Ordnung sind – hier wäre eine Minderung denkbar.
- Schadensersatz: Hat das Unternehmen den Mangel schuldhaft verursacht (also mindestens fahrlässig gehandelt), können Sie zusätzlich Schadensersatz fordern. Dieser kann neben den Kosten für die Mangelbeseitigung auch weitere Schäden umfassen, die durch den Mangel entstanden sind (sogenannte Mangelfolgeschäden). Beispiel: Ein fehlerhaft installiertes Rohr verursacht einen Wasserschaden an Wänden und Böden – hier könnte Schadensersatz für die Reparatur des Rohrs und der beschädigten Bauteile gefordert werden.
- Rücktritt vom Vertrag: Bei erheblichen Mängeln, die die Nutzung des Hauses stark beeinträchtigen, können Sie unter Umständen vom gesamten Vertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird rückgängig gemacht. Dies ist jedoch eine weitreichende Maßnahme und oft nur als letztes Mittel bei sehr gravierenden Problemen (z.B. schwerwiegenden Statikfehlern) möglich und sinnvoll. Auch hier ist meist eine vorherige, erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung notwendig.
Die Bedeutung der Verjährung
Ihre Ansprüche wegen Mängeln bestehen nicht unbegrenzt. Sie unterliegen der Verjährung.
- Für Mängel an einem Bauwerk gilt üblicherweise eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.
- Diese Frist beginnt mit der Abnahme des Hauses zu laufen.
- Wichtig zu wissen: In Ihrem Bauvertrag können andere Fristen vereinbart sein, insbesondere wenn die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) Vertragsbestandteil ist. Dann beträgt die Frist oft vier Jahre.
Es ist daher entscheidend, Mängel rechtzeitig zu entdecken und Ihre Ansprüche geltend zu machen, bevor die Verjährungsfrist abläuft.
Kann der Bauträger die Verjährung von Mängelansprüchen beeinflussen oder hinauszögern?
Ja, das Verhalten des Bauträgers kann die Verjährungsfrist für Ihre Mängelansprüche beeinflussen. Normalerweise verjähren Ansprüche wegen Mängeln an einem Bauwerk fünf Jahre nach der Abnahme (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Diese Frist kann sich jedoch durch bestimmte Handlungen des Bauträgers ändern.
Neubeginn der Verjährung durch Anerkenntnis
Wenn der Bauträger einen Mangel anerkennt, beginnt die Verjährungsfrist für genau diesen Mangel komplett neu zu laufen (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Ein Anerkenntnis liegt vor, wenn der Bauträger (auch ohne die Worte „ich erkenne an“ zu verwenden) klar zum Ausdruck bringt, dass er für den Mangel verantwortlich ist und zur Beseitigung verpflichtet ist.
- Beispiel: Der Bauträger schreibt Ihnen als Antwort auf Ihre Mängelrüge wegen undichter Fenster: „Sie haben Recht, die Fensterdichtungen sind mangelhaft. Wir werden diese austauschen.“ Mit diesem Schreiben beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist für die undichten Fenster neu. Auch die tatsächliche Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten kann als Anerkenntnis gewertet werden, wenn nicht klar ist, dass dies nur aus Kulanz oder zur Prüfung geschieht.
Anhalten der Verjährung durch Verhandlungen
Solange Sie und der Bauträger über den Mangel oder die Ansprüche daraus verhandeln, ist die Verjährung gehemmt (§ 203 BGB). Das bedeutet, die Verjährungsuhr wird quasi angehalten und läuft erst weiter, wenn einer von Ihnen die Verhandlungen ausdrücklich für beendet erklärt oder die Fortsetzung verweigert.
- Für Sie bedeutet das: Die Zeit der Verhandlungen wird nicht auf die Verjährungsfrist angerechnet. Wenn Sie also beispielsweise vier Jahre nach der Abnahme einen Mangel entdecken und dann sechs Monate lang mit dem Bauträger über dessen Beseitigung verhandeln, läuft die restliche Verjährungsfrist erst nach Ende der Verhandlungen weiter.
Längere Verjährung bei Täuschung
Hat der Bauträger einen Mangel arglistig verschwiegen, also bewusst verheimlicht, obwohl er ihn kannte oder zumindest für möglich hielt, gilt eine längere Verjährungsfrist (§ 634a Abs. 3 BGB). In diesem Fall gilt nicht die Fünfjahresfrist ab Abnahme, sondern die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB). Diese Dreijahresfrist beginnt jedoch erst am Ende des Jahres, in dem Sie von dem Mangel und der Arglist des Bauträgers Kenntnis erlangen oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätten erlangen müssen. Es gibt jedoch eine Höchstgrenze: Spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs (meist mit der Abnahme) ist auch bei Arglist Schluss, wenn Sie bis dahin keine Kenntnis hatten.
- Beispiel: Der Bauträger wusste beim Bau, dass die Kellerabdichtung fehlerhaft ist, hat dies aber bewusst durch Verkleidungen kaschiert. Sie entdecken den Mangel erst sechs Jahre nach der Abnahme durch Feuchtigkeitsschäden. Hier könnte Arglist vorliegen, sodass Ihre Ansprüche noch nicht verjährt sind, weil die Dreijahresfrist erst mit Ihrer Kenntnisnahme im sechsten Jahr zu laufen beginnt.
Es ist also möglich, dass durch Handlungen oder Unterlassungen des Bauträgers die Verjährungsfrist für Mängelansprüche neu beginnt, zeitweise angehalten wird oder von vornherein länger ist.
Was bedeutet „Weiße Wanne“ im Zusammenhang mit Kellerabdichtung und welche Konsequenzen hat es, wenn diese nicht fachgerecht ausgeführt wurde?
Was ist eine „Weiße Wanne“?
Eine „Weiße Wanne“ ist eine spezielle Bauweise für Keller oder andere erdberührte Gebäudeteile, die wasserdicht sein müssen. Anders als bei herkömmlichen Kellerabdichtungen (oft als „Schwarze Wanne“ bezeichnet, bei der außen eine Dichtungsschicht, z.B. aus Bitumen, aufgebracht wird), übernimmt bei der „Weißen Wanne“ die Betonkonstruktion selbst die Abdichtungsfunktion.
Stellen Sie sich den Keller wie eine Wanne aus Beton vor. Dieser Beton ist wasserundurchlässig (WU-Beton). Das bedeutet, er ist so dicht, dass Wasser von außen – zum Beispiel Grundwasser oder Sickerwasser – nicht einfach durch ihn hindurchdringen kann. Die gesamte Kellerkonstruktion, also Bodenplatte und Wände, bildet eine geschlossene, wasserdichte Einheit. Entscheidend für die Dichtigkeit sind dabei nicht nur die Betonqualität, sondern auch die sorgfältige Planung und Ausführung von Fugen und Durchführungen (z.B. für Rohre).
Welche Folgen hat eine fehlerhafte Ausführung?
Wenn eine „Weiße Wanne“ nicht fachgerecht geplant oder gebaut wurde, kann sie ihre wichtigste Funktion – das Fernhalten von Wasser – nicht erfüllen. Die Konsequenzen können gravierend sein:
- Feuchtigkeitseintritt: Das ist das häufigste Problem. Wasser kann durch fehlerhafte Fugen, Risse im Beton oder undichte Stellen bei Rohrdurchführungen in den Keller gelangen. Feuchte Wände, Pfützenbildung oder ein klammes Raumklima sind typische Anzeichen.
- Schimmelbildung: Wo Feuchtigkeit ist, folgt oft Schimmel. Dieser kann nicht nur die Bausubstanz angreifen und unschöne Flecken verursachen, sondern stellt auch ein Gesundheitsrisiko für die Bewohner dar. Gelagerte Gegenstände können ebenfalls beschädigt werden.
- Schäden an der Bausubstanz: Eindringende Feuchtigkeit kann langfristig den Beton selbst oder die darin enthaltene Stahlbewehrung (die dem Beton Stabilität gibt) schädigen. Dies kann die Standsicherheit und Langlebigkeit des gesamten Gebäudes beeinträchtigen.
- Nutzungseinschränkung: Ein feuchter Keller kann oft nicht wie geplant genutzt werden, sei es als Wohnraum, Hobbyraum oder Lagerfläche.
Warum ist die korrekte Ausführung so wichtig?
Die fachgerechte Ausführung einer „Weißen Wanne“ ist entscheidend für den Schutz des Gebäudes vor Feuchtigkeitsschäden. Ein trockener Keller trägt maßgeblich zum Werterhalt der Immobilie bei. Mängel an der Abdichtung können hingegen sehr kostspielige Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen, die oft technisch aufwendig sind. Eine korrekt ausgeführte „Weiße Wanne“ sorgt für einen dauerhaft nutzbaren und werthaltigen Kellerbereich.
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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Absolute Verjährungsfrist
Die absolute Verjährungsfrist ist eine gesetzlich festgelegte Höchstfrist, innerhalb derer bestimmte Ansprüche, wie zum Beispiel Schadensersatzansprüche wegen Baumängeln, geltend gemacht werden müssen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, § 199 Abs. 3) ist für Mängel an Bauwerken eine absolute Frist von zehn Jahren ab Entstehung des Anspruchs vorgesehen. Diese Frist beginnt unabhängig davon zu laufen, ob der Anspruchsberechtigte von dem Mangel oder Schadensfall Kenntnis hat. Das bedeutet: Nach Ablauf dieser Frist verfallen die Ansprüche endgültig, auch wenn der Mangel erst später entdeckt wird.
Abnahme des Bauwerks
Die Abnahme ist ein formeller Akt im Bauvertrag, bei dem der Bauherr das fertiggestellte Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß bestätigt. Rechtsgrundlagen sind §§ 640, 633 BGB. Mit der Abnahme geht das Risiko für zufällige Schäden auf den Bauherrn über, die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt und der Unternehmer kann die Schlusszahlung verlangen. Die Abnahme kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (wie Einzug in das Haus) erfolgen. Für den Bauherrn ist sie wichtig, weil ab diesem Zeitpunkt er beweisen muss, dass ein Mangel bereits bei der Abnahme bestand, wenn Ansprüche geltend gemacht werden sollen.
Beispiel: Sie lassen Ihr Haus abnehmen, obwohl kleine Mängel bestehen und dokumentieren dies im Abnahmeprotokoll. Später müssen Sie nachweisen, dass vorhandene Mängel bereits bei der Abnahme bestanden, um Ansprüche durchzusetzen.
Arglistige Täuschung
Arglistige Täuschung ist ein vorsätzliches, bewusstes Verhalten, bei dem eine Partei falsche Tatsachen vorspiegelt oder wesentliche Tatsachen verschweigt, um den Vertragspartner zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen. Im Strafrecht ist dies u.a. als Betrug (§ 263 StGB) geregelt und kann auch zivilrechtlich Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen. Im Baukontext bedeutet das, dass der Bauträger bewusst falsche Angaben zum Zustand oder zur Qualität eines Bauwerks macht, um Zahlungen zu erhalten. Obwohl Arglist eine besondere Verjährungsregel auslösen kann, beginnt die absolute Verjährung grundsätzlich trotzdem bei der Abnahme.
Beispiel: Bauträger bestätigt falscherweise in einem Bericht die mängelfreie Ausführung, obwohl er weiß, dass dies nicht stimmt, um die letzte Zahlung zu erhalten.
Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 BGB
§ 199 BGB regelt den Beginn der regelmäßigen und der absoluten Verjährungsfrist. Für Schadensersatzansprüche beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Entstehung des Anspruchs, also dem Zeitpunkt, an dem der Schaden eingetreten ist und der Gläubiger von Schaden und Schädiger Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Bei Bauwerken ist dies in der Regel die Abnahme, da hier der Mangel und damit auch der Schaden rechtlich wirksam festgestellt ist. Die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren beginnt unabhängig von der Kenntnis spätestens mit der Entstehung des Anspruchs, also ebenfalls meist mit der Abnahme.
Weiße Wanne
Die „Weiße Wanne“ ist eine spezielle Bauweise für Keller oder erdberührte Bauteile, bei der die Betonkonstruktion selbst als wasserdichte Hülle fungiert, sogenannter WU-Beton (wasserundurchlässiger Beton). Anders als bei herkömmlichen Abdichtungen („Schwarze Wanne“), die eine zusätzliche Abdichtungsschicht außen aufbringen, dichtet hier der Beton selbst ab, um das Eindringen von drückendem Wasser zu verhindern. Fehler bei der Ausführung der Weißen Wanne führen oft zu Feuchtigkeitsschäden im Keller, was langfristig zu Schimmel, Bauschäden und Nutzungseinschränkungen führt. In Bauverträgen ist die weiße Wanne häufig vertraglich zugesichert, sodass deren Fehlen einen Mangel darstellt.
Beispiel: Ein Keller ohne Weiße Wanne wird bei hohem Grundwasserstand feucht, weil der Beton nicht ausreichend wasserdicht ist, was eine teure Sanierung erforderlich macht.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 BGB: Regelt die absolute Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren für Schadensersatzansprüche, die nicht auf Körperverletzung oder Freiheit beschränkt sind; die Frist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, unabhängig von Kenntnis oder grober Fahrlässigkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das LG Darmstadt hat entschieden, dass die Verjährungsfrist mit der Abnahme des Bauwerks beginnt, da hier der Anspruch auf Schadensersatz wegen der Mängel entstanden ist, nicht erst bei späteren Täuschungshandlungen.
- § 634a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB: Ordnet die Verjährung für Mängelansprüche bei Bauwerken an, insbesondere eine regelmäßige Verjährungsfrist von fünf Jahren, beginnend mit der Abnahme des Werks. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Analogie zur Verjährung der Mängelansprüche bestätigt, dass auch die absolute Zehnjahresfrist auf den Abnahmezeitpunkt zu beziehen ist, was die Entscheidung des Gerichts stützt.
- § 633, § 640 BGB: Definieren den Werkvertrag und die Abnahme als entscheidenden Zeitpunkt, an dem das Werk als vollendet gilt und der Auftraggeber die Leistung annimmt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Abnahme am 02. August 2010 markiert den Zeitpunkt der Vollendung des mangelhaften Werks und somit den Beginn von Schadensersatzansprüchen und deren Verjährung.
- § 823 Abs. 2 BGB: Regelt Schadensersatz bei Rechtsgutsverletzungen und kann bei vorsätzlichen Täuschungen (z.B. zivilrechtlicher Betrug) als Anspruchsgrundlage dienen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch wurde auch auf arglistige Täuschung gestützt, das Gericht hält jedoch fest, dass die Täuschung den Verjährungsbeginn nicht verzögert, da der Mangel bereits bei Abnahme vorlag.
- § 263 StGB: Strafrechtliche Norm für Betrug, relevant für die Beurteilung einer arglistigen Täuschung des Bauträgers. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die behauptete arglistige Täuschung durch den Bauträger rechtfertigt keinen späteren Beginn der Verjährung, da die Mängel an sich bereits bei Abnahme bestanden.
- Zivilprozessordnung (§§ 91, 709 ZPO): Bestimmungen zur Kostenverteilung und Vollstreckbarkeit von Urteilen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Nach Abweisung der Klage wegen Verjährung wurden die Kosten dem Kläger auferlegt und die Entscheidung vorläufig vollstreckbar erklärt.
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Das vorliegende Urteil
LG Darmstadt – Az.: 19 O 325/20 – Urteil vom 21.02.2025
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