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Computergenerierte Berechnung eines Statikers –Prüfungspflicht eines Architekten

OLG Koblenz, Az.: 10 U 1445/14, Beschluss vom 07.05.2015

Gründe

Der Senat erwägt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 22. Juni 2015.

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Das landgerichtliche Urteil entspricht der Rechtslage und enthält keine Fehler. Die getroffenen Feststellungen sind vollständig und rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Computergenerierte Berechnung eines Statikers –Prüfungspflicht eines Architekten
Symbolfoto: Von ilkercelik /Shutterstock.com

Nachdem der Kläger, der selbständiger Architekt ist, von der Bauherrin, …[A], in dem Verfahren 2 O 288/10 – LG Trier auf Schadensersatz in Höhe von 10.486,28 € in Anspruch genommen und verurteilt worden ist, nimmt er nunmehr den Beklagten wegen fehlerhafter Erstellung einer Statik für eine Winkelstützmauer ausgehend von einer Haftungsquote von 60 % : 40 % zu Lasten des Beklagten auf Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB in Höhe von 7.209,63 € nebst Zinsen in Anspruch.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht den Nachweis erbracht hat, dass zwischen den Parteien ein mündlicher Werkvertrag bezogen auf die Erstellung einer statischen Berechnung für die Winkelstützmauer an dem Bauvorhaben zustande gekommen ist und der Beklagte keine Statik hierfür erstellt hat. Ein schriftlicher Werkvertrag liegt unstreitig nicht vor.

Die Berufung rügt, dass das Landgericht die Feststellungen im Vorprozess der Bauherrin, …[A], gegen den jetzigen Kläger – 4 O 288/10 – nicht beachtet habe, wonach die Bauherrin vorgetragen habe, dass die statischen Berechnungen von dem Beklagten gemacht worden seien, als festgestanden habe, dass eine Stützmauerwand errichtet werden sollte.

Hiergegen wendet der Beklagte allerdings zu Recht ein, dass die Feststellungen in dem Vorprozess zwischen der Bauherrin und dem Kläger für ihn keine bindende Wirkung haben. Dem Beklagten ist zwar in dem Vorprozess der Streit verkündet worden, allerdings von der Bauherrin und nicht dem jetzigen Kläger, so dass die Wirkungen der Nebenintervention gemäß § 74i.V.m. § 68 ZPO in dem Verhältnis der jetzigen Parteien zueinander nicht eintreten.

Die Berufung rügt ohne Erfolg eine fehlerhafte Beweiswürdigung unter Bezugnahme auf den handschriftlichen Vermerk in dem Bauplan „bitte klären! Mauer und Betondecke??? Vorschlag: komplett unterkellern z. B. für Gartengeräte“ (GA 80), weil das Landgericht die zeitliche Zuordnung verkenne. Denn nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. …[B] seien bereits mit dem Bauantrag die Pläne für die Errichtung der Stützmauer eingereicht worden, allerdings ohne die dazugehörige statische Berechnung. Der Beklagte selbst habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, im Computer die Berechnung für eine Winkelstützmauer eingegeben zu haben, jedoch seien keine passenden Bodenkennwerte vermerkt worden. Es sei Sache des Statikers, sich solche Bodenkennwerte zu besorgen.

Hier hat der Beklagte aber bereits in erster Instanz vorgetragen, dass die Errichtung einer Winkelstützmauer diskutiert worden sei, er aber die Schaffung eines umbauten Raumes mit Mauerwerk vorgeschlagen habe. Der Kläger und die Bauherrin seien auf diesen Alternativvorschlag jedoch nicht eingegangen.

Die Berufung rügt, dass das Landgericht den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. …[B] nicht hinreichend Rechnung getragen habe, wonach die Positionsliste „Bewehrung Stahl“ das Ergebnis einer Statik- und Tragwerksplanung sei, eine solche Positionsliste nur erstellt werden könne, wenn zuvor eine statische Berechnung gemacht worden sei (vgl. Sitzungsprotokoll S. 2, GA 67).

Auch dieser Angriff ist nicht Erfolg versprechend. Denn der Beklagte hat hierzu in der Beweisaufnahme nachvollziehbar ausgeführt, dass er diese Liste mit einem MB-Programm auf dem Computer generiert habe, ohne die Bodenkennwerte eingegeben zu haben. Auch habe er keine Bewehrungspläne erstellt. Der Beklagte hat hierzu angegeben, dass die Positionsliste nur das Ergebnis einer am Computer automatisch generierten Berechnung gewesen sei. Zwar sei die Berechnung für das streitgegenständliche Objekt vorgenommen worden, es habe sich aber nur um eine Beispielsberechnung gehandelt.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. …[B] hat hierzu bekundet, dass es für einen Architekten als Empfänger zwar zunächst nicht erkennbar sei, dass es sich um eine Beispielsrechnung handele, aber ein Architekt hätte im Anschluss hieran nach den Bewehrungsplänen und Zeichnungen nachfragen müssen.

Die Angaben des Beklagten sind in der Beweisaufnahme gestützt worden durch die Bekundungen des Mitarbeiters des Beklagten, des Bautechnikers und Bauzeichners …[C] (vgl. Sitzungsprotokoll S.4 f., GA 69 f.). Dieser hat ausgesagt, dass der Beklagte ihm aufgegeben habe, keine konkrete statische Berechnung für die Stützmauer anzufertigen, weil dieser der Bauherrin und dem Kläger den Alternativvorschlag unterbreitet habe, statt einer Stützmauer einen Keller zu errichten. Er habe von der Stützmauer nie mehr etwas gehört. In dem Büro des Beklagten seien auch keine statischen Berechnungen für eine Stützmauer gefertigt worden.

Gegen eine Auftragserteilung in Bezug auf die Vornahme einer statischen Berechnung für eine Stützmauer spricht, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass er nach Vorlage des Stahlauszugsplans gemäß Positionsliste vom 7. September 2004 als Fachmann die Erstellung einer vollständigen, objektbezogenen statischen Berechnung mit Ausführungszeichnung und Bewehrungsplänen eingefordert hat.

Hinzu kommt, dass die Berechnungen vom 7. September 2004 nicht unverändert übernommen, sondern handschriftlich abgeändert wurden, ohne dass der Kläger dargelegt hat, wer diese Änderungen vorgenommen hat.

Weiteres Indiz gegen die Erteilung eines Auftrags zur Erstellung einer statischen Berechnung für eine Winkelstützmauer ist, dass der Beklagte diese Leistungen nicht gegenüber dem Kläger abgerechnet und keine Honorarrechnung erteilt hat.

Der Kläger hat letztlich nicht den Nachweis erbringen können, dass der Beklagte mit der Erstellung einer Statik beauftragt worden ist und infolge einer fehlerhaft erstellten Statik die Stützmauer instabil geworden ist und sich zur Seite neigte.

Die Berufung rügt in verfahrensrechtlicher Hinsicht das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 ZPO, weil es nicht darauf hingewiesen habe, dass es trotz durchgeführter Beweisaufnahme nicht von einer „Beauftragung“ des Klägers bezüglich der Erstellung der Statik für die Winkelstützmauer ausgehe.

Die Berufung argumentiert, dass aufgrund des Urteils im Vorprozess und der Angaben des Beklagten, dass er bei der Nachberechnung auf die gleichen Werte wie bei der alten Berechnung komme, er, der Kläger, unstreitig habe davon ausgehen dürfen, dass die Beauftragung des Beklagten unstreitig geblieben sei, weil seine, des Klägers, Tochter, Architektin …[D], konkret die Statik angefordert habe. Bei entsprechendem Hinweis hätte er weiter vortragen können.

Der Angriff der Berufung verfängt nicht. Der Kläger konnte aufgrund des Prozessstoffes erster Instanz nicht davon ausgehen, dass die Beauftragung des Beklagten zur Erstellung einer Statik für die Winkelstützmauer unstreitig war. So hat der Beklagte z.B. mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 23. April 2014 (GA 28) ausdrücklich bestritten, einen Auftrag erhalten zu haben, die Statikberechnung für die Winkelstützwand zu erstellen. Er habe lediglich den Auftrag erhalten, die Statikberechnung für das Wohnhaus vorzunehmen.

Zudem ergibt sich aus der Ladungsverfügung des Landgerichts vom 30. Mai 2014 (GA 40 f.), dass der Kläger dazu angehört werden sollte, auf welche Art und Weise und wann dem Beklagten ein Auftrag zur Statikberechnung einer Stützmauer erteilt worden sei und der Beiladung des Zeugen …[C] zu der Behauptung des Beklagten, dass ihm kein Auftrag zur Statikberechnung einer Stützmauer erteilt worden und eine solche auch nicht vorgenommen worden sei, dass der Kläger nicht davon ausgehen durfte, eine diesbezügliche Beauftragung des Beklagten sei unstreitig. Auch aufgrund der Angaben der Parteien und den Bekundungen der vernommenen Zeugen in der Beweisaufnahme vor dem Landgericht in der Sitzung vom 7. Oktober 2014 (vgl. Sitzungsprotokoll S. 1-5, GA 66-70) konnte der Kläger diese Annahme nicht herleiten.

Hinsichtlich der Ausführungen im Vorprozess ist zu beachten, dass diese für den Beklagten mangels Vorliegens einer Interventionswirkung keine Bindungswirkung entfalten.

Eine Überraschungsentscheidung des Landgerichts liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO ist nicht ersichtlich.

Hat die von der Berufung erhobene Verfahrensrüge keinen Erfolg, ist der Antrag zu 1) auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht unbegründet.

Der von der Berufung eventualiter verfolgte Antrag zu 2) im Falle einer Sachentscheidung des Senats den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteil zur Zahlung von 7.209,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2013 zu verurteilen, hat ebenfalls offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil dem Kläger nicht der Nachweis gelungen ist, dass der Beklagte mit der Erstellung der Statik für die Winkelstützmauer beauftragt worden ist und bezogen auf die Winkelstützmauer eine fehlerhafte Statik erstellt zu haben.

Der Senat nimmt in Aussicht, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.209,63 € festzusetzen.

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