Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Düsseldorf: Streit um Badabdichtung nach DIN 18534 und Fugenbreite – Vorschussklage teilweise erfolgreich, Fall wegen Abdichtungsmangel zurück ans Landgericht (Az.: 22 U 40/24)
- Hintergrund: Streit um Fliesenarbeiten im neuen Badezimmer nach Mängelrüge der Bauherrin
- Streitpunkte vor Gericht: Fehlende Badabdichtung nach DIN 18534 und falsche Fugenbreite?
- Entscheidung des Landgerichts: Klage auf Vorschuss wegen Abdichtung und Fugenbreite zunächst abgewiesen
- Urteil des OLG Düsseldorf: Berufung wegen Abdichtungsmangel erfolgreich – Fall wird neu verhandelt
- Begründung zur Fugenbreite: Anspruch auf 2mm scheitert an technischer Machbarkeit und Verhältnismäßigkeit
- Begründung zum Abdichtungsmangel: Landgericht übersah wesentlichen Vortrag zu DIN 18534 und anerkannte Regeln der Technik
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „anerkannte Regeln der Technik“ (a.R.d.T.) im Baurecht und warum sind sie wichtig?
- Inwieweit sind Handwerker verpflichtet, DIN-Normen einzuhalten, auch wenn diese nicht explizit im Vertrag erwähnt werden?
- Was ist der Unterschied zwischen einer DIN-Norm und einer vertraglichen Vereinbarung?
- Welche Rechte haben Auftraggeber bei mangelhaften Bauleistungen und welche Fristen sind zu beachten?
- Wie läuft ein selbstständiges Beweisverfahren ab und welchen Vorteil bietet es gegenüber einer direkten Klage?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 22 U 40/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
- Datum: 22. November 2024
- Aktenzeichen: 22 U 40/24
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Bauherrin, die einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung an Fliesenarbeiten in einem Badezimmer verlangt
- Beklagte: Pensionierter Fliesenlegermeister, der die Fliesenarbeiten ausgeführt hat
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit Fliesenarbeiten in einem neuen Badezimmer. Dabei streiten die Parteien insbesondere über die Abdichtung des Bodens und der Wände außerhalb des Duschbereichs sowie die Einhaltung einer vereinbarten Fugenbreite. Nach Mängelrügen der Klägerin wurde ein Selbständiges Beweisverfahren durchgeführt. Die Klägerin forderte einen Vorschuss für die Beseitigung angeblicher Mängel in Höhe von 15.000 Euro. Das Landgericht wies den Vorschussanspruch größtenteils ab, der Beklagte erkannte nur einen kleinen Teilanspruch an.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Abdichtung den anerkannten Regeln der Technik entspricht und ob die von der Klägerin behauptete Fugenbreite von 2 mm vereinbart und relevant ist sowie ob das Landgericht wesentliche Vortragspunkte und Beweismittel unberücksichtigt ließ.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Klägerin bezüglich der Fugenbreite zurück, hob aber das Urteil des Landgerichts bezüglich des Abdichtungsmangels auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf 15.000 Euro festgesetzt.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass eine Fugenbreite von 2 mm technisch nicht möglich und der vorhandene Fugenabstand mangelfrei sei, daher kein Vorschussanspruch besteht. Hinsichtlich der Abdichtung hatte das Landgericht wesentliche Vortragspunkte und Beweisanträge der Klägerin übergangen, insbesondere zur Anwendung der DIN 18534 und den anerkannten Regeln der Technik. Die unzureichende Berücksichtigung der vorgelegten Privatgutachten und weiterer Umstände stellt einen Verfahrensmangel dar, der eine erneute und umfassende Beweisaufnahme erfordert. Die Zurückverweisung wurde angesichts der Verfahrensmängel als gerechtfertigt erachtet.
Der Fall vor Gericht
OLG Düsseldorf: Streit um Badabdichtung nach DIN 18534 und Fugenbreite – Vorschussklage teilweise erfolgreich, Fall wegen Abdichtungsmangel zurück ans Landgericht (Az.: 22 U 40/24)
In einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ging es um die Forderung einer Bauherrin nach einer Vorschusszahlung zur Beseitigung von Mängeln an Fliesenarbeiten in ihrem neu errichteten Badezimmer.

Im Mittelpunkt standen dabei zwei Hauptstreitpunkte: eine angeblich unzureichende Abdichtung des Badezimmers und eine nicht eingehaltene Fugenbreite bei den verlegten Fliesen. Das OLG musste entscheiden, ob die Entscheidung der Vorinstanz, des Landgerichts, Bestand hat oder ob der Bauherrin der geforderte Vorschuss zusteht.
Hintergrund: Streit um Fliesenarbeiten im neuen Badezimmer nach Mängelrüge der Bauherrin
Die Bauherrin hatte einen Fliesenlegermeister, der mittlerweile im Ruhestand ist, mit den Fliesenarbeiten in ihrem neuen Bad beauftragt. Das Badezimmer verfügt über eine bodengleiche, offene Dusche sowie eine Badewanne. Die Arbeiten wurden auf Basis eines Angebots vom September 2019 ausgeführt und im Dezember 2019 abgerechnet und bezahlt.
Knapp ein Jahr später, im September 2020, rügte die Bauherrin mehrere Mängel. Sie beanstandete insbesondere, dass die Fugenbreite der Fliesen mit 7 bis 9 Millimetern deutlich von einer angeblich vereinbarten Breite von nur 2 Millimetern abweiche. Schwerwiegender war jedoch der Vorwurf einer unzureichenden Abdichtung des Badezimmers. Während der Fliesenleger angab, nur den direkten Duschbereich normgerecht abgedichtet zu haben, behauptete die Bauherrin, dass der restliche Boden sowie die Wände außerhalb der Dusche, insbesondere im Bereich der Badewanne, überhaupt nicht abgedichtet worden seien. Zudem bemängelte sie ein fehlerhaftes Gefälle vor der Dusche, das zu Wasseransammlungen führe, sowie weitere kleinere Unstimmigkeiten.
Streitpunkte vor Gericht: Fehlende Badabdichtung nach DIN 18534 und falsche Fugenbreite?
Um die technischen Fragen zu klären, wurde zunächst ein sogenanntes selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Krefeld durchgeführt. Ein Sachverständiger wurde beauftragt, die Arbeiten zu begutachten, wobei der Fokus auf der Frage lag, welche Bereiche des Badezimmers hätten abgedichtet werden müssen. Der Fliesenleger erklärte, er habe den Duschbereich sowie den Durchbruch für die Badewannenarmatur abgedichtet. Die Bauherrin verzichtete in diesem Verfahren auf eine teure Öffnung von Wänden oder Böden, um die tatsächliche Abdichtung zu überprüfen.
Stattdessen argumentierte die Bauherrin, dass gemäß der DIN 18534, welche die Abdichtung von Innenräumen regelt, eine weitergehende Abdichtung notwendig gewesen wäre. Sie berief sich darauf, dass DIN-Normen in der Regel die anerkannten Regeln der Technik (ART) widerspiegeln, deren Einhaltung bei Bauleistungen geschuldet ist (§ 633 BGB). Zur Untermauerung legte sie zwei private Sachverständigengutachten sowie eine technische Unterlage eines Herstellers (Fa. PCI) vor, die ihre Auffassung zur erforderlichen Abdichtung stützten und den Ausführungen des Gerichtssachverständigen widersprachen.
Nach Abschluss dieses Beweisverfahrens klagte die Bauherrin vor dem Landgericht auf Zahlung eines Vorschusses für die Mängelbeseitigung in Höhe von 15.000 Euro. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus den vom Gerichtssachverständigen für kleinere Mängel geschätzten Kosten von rund 1.083 Euro und den von ihr geschätzten Kosten für die (aus ihrer Sicht) notwendige komplette Neuverfliesung aufgrund der fehlenden Abdichtung und der falschen Fugenbreite. Sie bestritt zudem, dass der Bereich der Badewannenarmatur überhaupt abgedichtet wurde und hielt an der Behauptung fest, eine Fugenbreite von 2 mm sei vereinbart gewesen.
Der Fliesenlegermeister erkannte einen kleinen Teil der Forderung (rund 500 Euro) an, weshalb hierüber ein Teil-Anerkenntnisurteil erging. Im Übrigen wies er die Vorwürfe zurück. Er bestritt einen Verstoß gegen DIN-Vorschriften oder die Notwendigkeit einer vollflächigen Badabdichtung. Er behauptete stattdessen, die Bauherrin habe aus Kostengründen bewusst nur eine Abdichtung des Duschbereichs beauftragt. Zudem sei bisher kein Wasserschaden aufgetreten, weshalb die geforderte Mängelbeseitigung (komplette Neuverfliesung) unverhältnismäßig sei.
Entscheidung des Landgerichts: Klage auf Vorschuss wegen Abdichtung und Fugenbreite zunächst abgewiesen
Das Landgericht wies die Klage der Bauherrin im verbleibenden Umfang ab. Es folgte der Argumentation des Fliesenlegers und sah keinen Mangel darin, dass die Abdichtung auf den Duschbereich beschränkt wurde. Auch die beanstandete Fugenbreite wertete das Gericht nicht als Mangel, da es nicht davon überzeugt war, dass eine Fugenbreite von 2 mm zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden war. Kleinere Mängel an einer WC-Wand begründeten ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch. Gegen diese Abweisung legte die Bauherrin Berufung beim OLG Düsseldorf ein und verfolgte ihren Vorschussanspruch von 15.000 Euro weiter, konzentriert auf die behaupteten Mängel der Abdichtung und der Fugenbreite.
Urteil des OLG Düsseldorf: Berufung wegen Abdichtungsmangel erfolgreich – Fall wird neu verhandelt
Das Oberlandesgericht Düsseldorf überprüfte die Entscheidung des Landgerichts und kam zu einem differenzierten Ergebnis:
- Die Berufung der Bauherrin wurde zurückgewiesen, soweit sie den Vorschuss wegen der angeblich vereinbarten Fugenbreite von 2 mm forderte.
- Hinsichtlich des geltend gemachten Abdichtungsmangels hatte die Berufung jedoch Erfolg. Das Urteil des Landgerichts wurde in diesem Punkt aufgehoben, und die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (§ 538 Abs. 2 ZPO).
- Die Kosten des Berufungsverfahrens sollen ebenfalls vom Landgericht bei seiner abschließenden Entscheidung berücksichtigt werden.
- Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.
Begründung zur Fugenbreite: Anspruch auf 2mm scheitert an technischer Machbarkeit und Verhältnismäßigkeit
Obwohl das OLG Bedenken an der Vorgehensweise des Landgerichts äußerte (es hätte prüfen müssen, ob der als Zeuge benannte Lebensgefährte die Bauherrin vertreten hat und ggf. auf fehlenden Vortrag hinweisen müssen, § 139 ZPO), kam es auf die Frage der Vereinbarung einer 2-mm-Fuge letztlich nicht an. Der Senat stützte sich auf die Feststellungen des Gerichtssachverständigen R. aus dem Beweisverfahren. Dieser hatte ausgeführt, dass die tatsächlich ausgeführten Fugen (7-9 mm) nach üblichen Maßstäben nicht mangelhaft seien. Entscheidend war jedoch die Feststellung, dass eine Ausführung mit nur 2 mm Fugenbreite technisch gar nicht möglich gewesen wäre. Angesichts der verwendeten großformatigen Fliesen (60 x 60 cm) mit einer herstellerbedingten Größentoleranz von bis zu 2 mm sei technisch eine Mindestfugenbreite von 3 mm erforderlich gewesen, um Toleranzen auszugleichen. Da eine technisch unmögliche Leistung nicht geschuldet sein kann, besteht auch kein Anspruch auf Vorschuss für deren (theoretische) Herstellung.
Zudem, so das OLG, wäre selbst bei Annahme eines Mangels die Forderung nach einer kompletten Neuverfliesung wegen der Fugenbreite unverhältnismäßig im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB. Der enorme Aufwand, alle Fliesen abzuschlagen und neu zu verlegen, stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zu der rein optischen Verbesserung durch etwas schmalere Fugen. Daher wurde die Berufung bezüglich der Fugenbreite abgewiesen.
Begründung zum Abdichtungsmangel: Landgericht übersah wesentlichen Vortrag zu DIN 18534 und anerkannte Regeln der Technik
Im Hinblick auf den Abdichtungsmangel sah das OLG die Sache jedoch anders. Hier war die Berufung erfolgreich, weil das Landgericht nach Auffassung des Senats schwerwiegende Verfahrensfehler begangen hatte. Es habe erheblichen Vortrag und Beweisantritte der Bauherrin verfahrensfehlerhaft übergangen. Dies stelle einen wesentlichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens dar, der eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig mache.
Verfahrensfehler des Landgerichts bei der Bewertung der Abdichtungspflicht
Das Kernproblem sah das OLG darin, dass das Landgericht den Vortrag der Bauherrin zur Notwendigkeit einer Abdichtung auch außerhalb des Duschbereichs – insbesondere im Bereich der Badewanne – nicht ausreichend gewürdigt hatte. Die Bauherrin hatte sich auf die DIN 18534 berufen und argumentiert, diese spiegele die anerkannten Regeln der Technik (ART) wider. Zur Stützung legte sie Privatgutachten und eine Herstellerunterlage (PCI) vor. Das Landgericht hatte sich jedoch damit begnügt festzustellen, der Gerichtssachverständige R. habe „plausibel dargetan“, dass kein Verstoß gegen die ART vorliege.
Dies kritisierte das OLG scharf: Der Sachverständige habe im Wesentlichen nur allgemeine rechtliche Ausführungen zur Bedeutung von DIN-Normen gemacht, aber keine konkreten, begründeten Feststellungen dazu getroffen, ob die Ausführung im Badezimmer der Bauherrin den ART oder der DIN 18534 widerspricht. Ein Gericht dürfe sich nicht einfach auf die persönliche Meinung eines Sachverständigen verlassen. Es müsse ihn vielmehr anleiten, anerkannte Erkenntnisquellen heranzuziehen und seine Schlussfolgerungen nachvollziehbar zu begründen (unter Verweis auf BGH, Urt. v. 14.06.2007 – VII ZR 45/06). Ebenso hätte sich das Landgericht kritisch mit den von der Bauherrin vorgelegten Privatgutachten auseinandersetzen müssen, die zu einem anderen Ergebnis kamen als der Gerichtssachverständige (unter Verweis auf BGH, Beschl. v. 17.05.2017 – VII ZR 36/15). Dies sei unterblieben.
Notwendigkeit umfangreicher Beweisaufnahme zur Klärung der Abdichtungspflicht und möglicher Vereinbarungen
Der übergangene Vortrag der Bauherrin war nach Ansicht des OLG entscheidungserheblich. Denn auch bei einem normalen BGB-Bauvertrag schuldet der Unternehmer eine Ausführung, die den anerkannten Regeln der Technik entspricht (§ 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB). Ob die DIN 18534 hier tatsächlich die maßgeblichen ART wiedergibt, sei zwar nicht automatisch gegeben (Verweis auf früheres OLG-Urteil), aber dies sei ein zentraler Streitpunkt, der hätte aufgeklärt werden müssen.
Zudem seien weitere wichtige Umstände ungeklärt geblieben:
- Die Behauptung der Bauherrin, dass bei normaler Nutzung der Badewanne Wasser austritt und auf den Boden gelangt – dies wurde im Beweisverfahren nicht überprüft.
- Der Vortrag der Bauherrin, dem Fliesenleger sei bekannt gewesen, dass die Badewanne auch von Kindern genutzt wird. Dies könnte für die Frage relevant sein, welche Wassereinwirkung zu erwarten ist und welche Abdichtungsmaßnahmen deshalb erforderlich sind. Dieser Punkt wurde erst im Prozess vorgetragen und vom Sachverständigen im vorherigen Beweisverfahren nicht berücksichtigt.
Die Nichtbeachtung dieser Punkte stellt laut OLG einen Verfahrensmangel dar, der nun eine umfangreiche Beweisaufnahme erfordert. Das Landgericht muss klären:
- Entspricht die ausgeführte Abdichtung (nur im Duschbereich) den anerkannten Regeln der Technik oder der relevanten DIN-Norm?
- Waren aufgrund der konkreten Nutzungsumstände (z.B. Badewannennutzung durch Kinder) besondere Abdichtungsmaßnahmen erforderlich?
- Gab es eine Vereinbarung zwischen Bauherrin und Fliesenleger, aus Kostengründen auf eine vollflächige Abdichtung zu verzichten, wie der Fliesenleger behauptet?
Erst wenn diese Fragen geklärt sind, kann beurteilt werden, ob tatsächlich ein Abdichtungsmangel vorliegt und ob die Forderung nach einer vollständigen Neuverfliesung gegebenenfalls unverhältnismäßig ist.
Wegen dieses wesentlichen Verfahrensfehlers und der Notwendigkeit einer aufwendigen Beweisaufnahme hat das OLG den Fall gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ausnahmsweise an das Landgericht zurückverwiesen. Obwohl dies zu weiteren Verzögerungen und Kosten führen kann, sah der Senat dies als geboten an, da das Landgericht die Klage ohne die notwendige Beweiserhebung abgewiesen hatte und die bisherige Verfahrensdauer relativ kurz war. Das Landgericht soll nun die erforderlichen Beweise erheben und abschließend über den Anspruch der Bauherrin auf Vorschuss wegen des behaupteten Abdichtungsmangels sowie über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entscheiden.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Düsseldorf stellt klar, dass bei bodengleichen Duschen und Badezimmern die Frage der korrekten Abdichtung nach DIN 18534 eine wesentliche Bedeutung hat und sorgfältig geklärt werden muss – pauschale Feststellungen eines Sachverständigen ohne konkrete Begründung sind dabei nicht ausreichend. Technisch unmögliche Leistungen wie eine 2mm-Fugenbreite bei großformatigen Fliesen können nicht geschuldet sein, selbst wenn sie vereinbart wurden. Der Fall verdeutlicht, dass Gerichte bei widersprüchlichen Gutachten alle vorliegenden Beweismittel (auch Privatgutachten) berücksichtigen und bei der Beurteilung von Baumängeln die konkrete Nutzung (hier: Badewannennutzung durch Kinder) einbeziehen müssen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „anerkannte Regeln der Technik“ (a.R.d.T.) im Baurecht und warum sind sie wichtig?
Die „anerkannten Regeln der Technik“, oft abgekürzt als a.R.d.T., beschreiben bewährte praktische Vorgehensweisen und Qualitätsstandards im Bauwesen. Es handelt sich um technische Grundsätze, die sich über die Zeit in der Praxis bewährt haben, von der Mehrheit der Fachleute (wie Architekten, Ingenieure, Handwerker) als fachlich richtig anerkannt sind und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Sie stellen sicher, dass ein Bauwerk oder eine Bauleistung funktionstüchtig, sicher und von guter Qualität ist.
Stellen Sie sich vor, Sie lassen ein Dach neu decken. Die anerkannten Regeln der Technik legen fest, wie die Ziegel verlegt, die Anschlüsse abgedichtet oder die Dämmung angebracht werden muss, damit das Dach langfristig dicht und stabil ist – auch wenn Sie dies nicht bis ins kleinste Detail im Vertrag festgelegt haben.
Warum sind die a.R.d.T. im Baurecht so wichtig?
Die anerkannten Regeln der Technik sind von zentraler Bedeutung, weil sie den Mindeststandard für eine handwerkliche Leistung definieren, wenn Sie einen Werkvertrag (z.B. mit einem Handwerker oder Bauunternehmer) schließen.
- Geschuldete Qualität: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, § 633) muss ein Werk (also die Bauleistung) die vereinbarte Beschaffenheit haben. Wurde nichts Spezielles vereinbart, muss es sich für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Qualität aufweisen, die bei vergleichbaren Arbeiten üblich ist und die Sie als Auftraggeber erwarten dürfen. Die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik gilt dabei als selbstverständlicher Teil dieser üblichen und erwartbaren Qualität.
- Keine explizite Vereinbarung nötig: Ein Handwerker oder Bauunternehmer muss die anerkannten Regeln der Technik auch dann einhalten, wenn dies nicht ausdrücklich im Vertrag steht. Es ist seine Pflicht, fachgerecht zu arbeiten.
Spielen DIN-Normen dabei eine Rolle?
DIN-Normen sind technische Regelwerke, die von Experten im Deutschen Institut für Normung (DIN) erarbeitet werden. Sie enthalten oft detaillierte Vorgaben für Materialien und Ausführungen.
- Wichtige Orientierung: DIN-Normen spiegeln häufig die anerkannten Regeln der Technik wider. Man kann oft davon ausgehen, dass eine Arbeit, die den relevanten DIN-Normen entspricht, auch den a.R.d.T. genügt.
- Kein Automatismus: Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass DIN-Normen nicht automatisch mit den anerkannten Regeln der Technik gleichzusetzen sind. Eine DIN-Norm kann veraltet sein, oder es kann sich in der Praxis eine andere, bessere Methode durchgesetzt haben, die dann die anerkannte Regel der Technik darstellt, auch wenn sie (noch) nicht in einer DIN-Norm steht. Umgekehrt muss nicht jede Abweichung von einer DIN-Norm sofort bedeuten, dass gegen die a.R.d.T. verstoßen wurde.
Was passiert, wenn die a.R.d.T. nicht eingehalten werden?
Wird eine Bauleistung nicht nach den anerkannten Regeln der Technik ausgeführt, liegt in der Regel ein Sachmangel vor. Das bedeutet, die Arbeit ist fehlerhaft.
- Gewährleistungsansprüche: Als Auftraggeber haben Sie dann gesetzliche Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Handwerker oder Bauunternehmer. Der häufigste Anspruch ist die Nacherfüllung, das heißt, Sie können verlangen, dass der Mangel auf Kosten des Unternehmens beseitigt wird.
Für Sie als Bauherr oder Auftraggeber ist das Verständnis der anerkannten Regeln der Technik also wichtig, um die Qualität der ausgeführten Arbeiten beurteilen zu können und zu wissen, welchen Standard Sie grundsätzlich erwarten dürfen. Sie bilden die Grundlage dafür, ob eine Leistung fachgerecht ist oder ob ein Mangel vorliegt.
Inwieweit sind Handwerker verpflichtet, DIN-Normen einzuhalten, auch wenn diese nicht explizit im Vertrag erwähnt werden?
Ja, Handwerker sind in der Regel verpflichtet, die relevanten DIN-Normen bei ihrer Arbeit einzuhalten, auch wenn diese nicht ausdrücklich in Ihrem Vertrag genannt werden. Der Grund dafür liegt im Gesetz: Ein Handwerker schuldet Ihnen ein Werk, das frei von Sachmängeln ist.
Ein Werk ist unter anderem dann mangelhaft, wenn es nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die Sie als Auftraggeber erwarten können. Zu dieser üblichen und erwartbaren Beschaffenheit gehört grundsätzlich die Einhaltung der sogenannten „anerkannten Regeln der Technik“ zum Zeitpunkt der Abnahme.
Was sind die „anerkannten Regeln der Technik“?
Die „anerkannten Regeln der Technik“ sind technische Grundsätze und Verfahrensweisen, die sich in der Praxis über längere Zeit bewährt haben und von der Mehrheit der Fachleute im betreffenden Handwerk als richtig und wichtig angesehen werden. Sie repräsentieren den aktuellen Standard für fachgerechte Arbeit.
DIN-Normen (herausgegeben vom Deutschen Institut für Normung e.V.) gelten sehr häufig als solche anerkannte Regeln der Technik. Sie fassen bewährte technische Lösungen und Qualitätsstandards zusammen. Wenn eine DIN-Norm den Stand der Technik widerspiegelt, wird ihre Einhaltung als Teil der handwerklichen Sorgfaltspflicht und der geschuldeten „üblichen Beschaffenheit“ angesehen.
Müssen DIN-Normen also immer eingehalten werden?
In den allermeisten Fällen: Ja. Die Einhaltung der relevanten DIN-Normen ist meistens erforderlich, damit die Handwerkerleistung als fachgerecht und mangelfrei gilt. Verstößt die Arbeit gegen eine DIN-Norm, die eine anerkannte Regel der Technik darstellt, wird oft vermutet, dass ein Mangel vorliegt.
Stellen Sie sich vor, Sie lassen Ihr Bad sanieren. Die DIN 18534 regelt die Abdichtung von Innenräumen, zum Beispiel unter Fliesen in Duschen. Auch wenn diese Norm nicht im Vertrag steht, muss der Handwerker sie in der Regel beachten, da sie eine wichtige anerkannte Regel der Technik zum Schutz vor Feuchtigkeitsschäden darstellt. Eine nicht normgerechte Abdichtung wäre hier typischerweise ein Mangel.
Es gibt wenige Ausnahmen:
- Abweichende Vereinbarung: Sie und der Handwerker können ausdrücklich etwas anderes vereinbaren. Der Handwerker muss Sie dann aber in der Regel umfassend über die Risiken aufklären, die mit der Abweichung von der Norm verbunden sind.
- Veraltete Norm: Eine DIN-Norm ist nicht mehr aktuell oder es gibt nachweislich bessere technische Lösungen, die bereits als neue „anerkannte Regeln der Technik“ gelten. Dann muss der Handwerker unter Umständen sogar von der DIN-Norm abweichen, um den aktuellen Standard zu erfüllen.
Was bedeutet das für Sie als Auftraggeber?
Für Sie bedeutet das: Sie können grundsätzlich erwarten, dass ein Handwerker seine Arbeit nach den allgemein anerkannten fachlichen Standards ausführt. Dazu gehört in der Regel auch die Beachtung der relevanten DIN-Normen, selbst wenn Ihr Vertrag dazu schweigt. Die Einhaltung dieser Regeln ist ein wesentlicher Maßstab dafür, ob die erbrachte Leistung die übliche Qualität hat und frei von Mängeln ist.
Was ist der Unterschied zwischen einer DIN-Norm und einer vertraglichen Vereinbarung?
Der wesentliche Unterschied liegt in der rechtlichen Verbindlichkeit und Herkunft: Eine vertragliche Vereinbarung ist eine individuelle, rechtlich bindende Absprache zwischen Ihnen und Ihrem Vertragspartner. Eine DIN-Norm hingegen ist eine technische Regel oder Empfehlung, die grundsätzlich nicht automatisch Gesetz oder Vertragsbestandteil ist.
Was ist eine DIN-Norm?
- DIN-Normen werden vom Deutschen Institut für Normung (DIN), einer privaten Organisation, erarbeitet. Sie fassen technisches Wissen zusammen und beschreiben anerkannte Regeln der Technik, also bewährte Vorgehensweisen und Standards für Produkte oder Dienstleistungen (z. B. im Bauwesen).
- Sie sind keine Gesetze und daher für sich genommen nicht rechtlich bindend. Stellen Sie sich eine DIN-Norm eher wie eine Art detaillierte Empfehlung von Experten vor.
- Allerdings können DIN-Normen indirekt rechtlich relevant werden:
- Wenn Gesetze oder Verordnungen auf sie verweisen.
- Wenn sie vertraglich vereinbart werden (siehe unten).
- Als Maßstab zur Beurteilung, ob eine Leistung fachgerecht ist (entspricht sie den „anerkannten Regeln der Technik“?), insbesondere wenn der Vertrag keine genauen Vorgaben macht. Eine Abweichung kann dann unter Umständen einen Mangel darstellen.
Was ist eine vertragliche Vereinbarung?
- Ein Vertrag ist eine Einigung zwischen mindestens zwei Parteien, in der Rechte und Pflichten festgelegt werden (z. B. zwischen Ihnen als Bauherrin und einem Handwerker). Diese Einigung ist rechtlich bindend.
- Im Vertrag können Sie individuell und detailliert festlegen, welche Leistung geschuldet ist, welche Eigenschaften sie haben soll, welche Materialien verwendet werden etc.
- Vertragliche Vereinbarungen sind durchsetzbar. Wenn eine Seite ihre Pflichten nicht erfüllt, kann die andere Seite ihre Rechte (z. B. auf Nachbesserung oder Schadensersatz) geltend machen. Der Grundsatz lautet: Verträge sind einzuhalten (Pacta sunt servanda).
Wie verhalten sich DIN-Normen und Verträge zueinander?
- Vorrang der vertraglichen Vereinbarung: Das Wichtigste zuerst: Eine klare und eindeutige vertragliche Vereinbarung hat grundsätzlich Vorrang vor einer DIN-Norm. Wenn Sie also mit Ihrem Vertragspartner eine Ausführung vereinbaren, die bewusst von einer DIN-Norm abweicht (und dies rechtlich zulässig ist), dann gilt Ihre individuelle Absprache.
- DIN-Norm als vereinbarter Standard: Sie können ausdrücklich im Vertrag festlegen, dass bestimmte DIN-Normen eingehalten werden müssen. Dann werden diese Normen zum verbindlichen Bestandteil Ihres Vertrages.
- DIN-Norm als Mindeststandard bei fehlender Vereinbarung: Wenn Ihr Vertrag keine genauen technischen Vorgaben enthält, wird oft davon ausgegangen, dass die Leistung zumindest den anerkannten Regeln der Technik entsprechen muss. Da DIN-Normen diese Regeln häufig widerspiegeln, dienen sie hier als Orientierung und Mindeststandard. Erfüllt die Leistung eine relevante DIN-Norm nicht, kann dies ein Zeichen für einen Mangel sein.
Für Sie bedeutet das: Achten Sie bei Vertragsabschlüssen, insbesondere im Baubereich, genau auf die technischen Beschreibungen. Klare vertragliche Regelungen, ob und welche DIN-Normen gelten sollen oder ob bewusst davon abgewichen wird, helfen, spätere Unstimmigkeiten über die geschuldete Qualität zu vermeiden.
Welche Rechte haben Auftraggeber bei mangelhaften Bauleistungen und welche Fristen sind zu beachten?
Wenn bei Bauarbeiten etwas schiefgeht und das Ergebnis Mängel aufweist, stehen Ihnen als Auftraggeber verschiedene Rechte zu. Welche das sind und welche Fristen dabei eine Rolle spielen, erklären wir Ihnen hier allgemein. Grundlage dafür sind in der Regel die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Werkvertragsrecht.
Was ist überhaupt ein Mangel am Bau?
Ein Mangel liegt vor, wenn die Bauleistung nicht die vereinbarte Qualität hat. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn:
- Etwas anders ausgeführt wurde, als es im Vertrag oder in der Baubeschreibung festgelegt war.
- Die Leistung nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht (also nicht so gebaut wurde, wie es fachlich üblich und korrekt ist).
- Das Bauwerk sich nicht für den vereinbarten Zweck oder die gewöhnliche Verwendung eignet (Beispiel: Ein Dach ist undicht, obwohl es vor Regen schützen soll).
Wichtig ist: Es kommt nicht darauf an, ob der Handwerker den Mangel verschuldet hat. Allein das Vorhandensein des Mangels löst Ihre Rechte aus.
Welche Rechte haben Sie bei Mängeln?
Stellen Sie einen Mangel fest, haben Sie verschiedene Möglichkeiten. Das Gesetz sieht dabei eine bestimmte Reihenfolge vor:
- Recht auf Nacherfüllung (Vorrang): Zuerst müssen Sie dem Bauunternehmer die Gelegenheit geben, den Mangel zu beheben. Das nennt man Nacherfüllung. Der Unternehmer kann dabei wählen, ob er den Mangel beseitigt (z.B. die undichte Stelle am Dach repariert) oder ein komplett neues Werk herstellt (was bei Bauleistungen seltener vorkommt).
- Fristsetzung ist entscheidend: Sie müssen dem Unternehmer hierfür eine angemessene Frist setzen. Wie lang diese Frist sein muss, hängt vom Einzelfall ab (z.B. von der Art und dem Umfang des Mangels).
- Weitere Rechte (wenn Nacherfüllung scheitert): Erst wenn die Nacherfüllung fehlschlägt (z.B. weil der Unternehmer die Frist verstreichen lässt, die Nachbesserung verweigert oder diese misslingt), können Sie weitere Rechte geltend machen:
- Selbstvornahme: Sie können den Mangel selbst beseitigen lassen (z.B. durch einen anderen Handwerker) und vom ursprünglichen Unternehmer den Ersatz der notwendigen Kosten verlangen.
- Minderung: Sie können die Vergütung (den Preis) herabsetzen. Die Höhe der Minderung entspricht in der Regel dem Minderwert des Bauwerks durch den Mangel.
- Rücktritt vom Vertrag: Bei erheblichen Mängeln können Sie unter Umständen ganz vom Vertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird rückgängig gemacht. Bereits erbrachte Leistungen müssen dann zurückgewährt werden.
- Schadensersatz: Wenn der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (also fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat), können Sie zusätzlich Schadensersatz verlangen. Das können zum Beispiel Kosten für einen Gutachter, entgangene Mieteinnahmen oder Reparaturkosten für Schäden sein, die durch den Mangel an anderen Bauteilen entstanden sind (Mangelfolgeschäden).
Wie und wann müssen Mängel gemeldet werden (Mängelanzeige)?
Sobald Sie einen Mangel entdecken, sollten Sie diesen unverzüglich dem verantwortlichen Unternehmer melden. Dies geschieht am besten schriftlich (z.B. per E-Mail oder Einschreiben), damit Sie einen Nachweis haben.
In dieser Mängelanzeige sollten Sie:
- Den Mangel genau beschreiben (Was ist kaputt? Wo befindet sich der Mangel?).
- Den Unternehmer auffordern, den Mangel zu beseitigen.
- Eine konkrete, aber angemessene Frist für die Mängelbeseitigung setzen.
Es ist ratsam, die Mängel auch zu dokumentieren, zum Beispiel durch Fotos oder Videos.
Welche Fristen gelten für Mängelansprüche (Verjährung)?
Ihre Ansprüche wegen Baumängeln können nicht unbegrenzt geltend gemacht werden. Sie unterliegen der Verjährung. Das bedeutet, nach Ablauf einer bestimmten Frist kann der Unternehmer die Leistung verweigern, selbst wenn der Mangel noch besteht.
- Beginn der Frist: Die Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit der Abnahme des Bauwerks. Die Abnahme ist die Erklärung des Auftraggebers, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß akzeptiert. Sie erfolgt oft durch eine gemeinsame Begehung und ein Abnahmeprotokoll.
- Dauer der Frist (nach BGB): Für Mängel an einem Bauwerk (z.B. Hausbau, umfassende Sanierung) beträgt die Verjährungsfrist nach dem BGB fünf Jahre ab der Abnahme.
- Kürzere Fristen: Für Arbeiten an einem Grundstück oder für Planungs- und Überwachungsleistungen gilt ebenfalls die Fünfjahresfrist. Für andere Werkleistungen, die keine Bauwerke sind (z.B. Reparatur eines einzelnen Teils, Wartungsarbeiten), kann die Frist kürzer sein, oft zwei Jahre.
- VOB/B: Wenn Sie vertraglich die Geltung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) als Ganzes vereinbart haben, gilt oft eine Verjährungsfrist von vier Jahren für Bauwerke.
- Arglistig verschwiegene Mängel: Hat der Unternehmer einen Mangel gekannt und ihn bewusst verschwiegen (Arglist), gilt eine längere Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt aber erst am Ende des Jahres, in dem Sie den Mangel entdeckt haben und von der Arglist wussten oder hätten wissen müssen.
Es ist sehr wichtig, diese Fristen im Auge zu behalten. Wird ein Mangel erst kurz vor Ablauf der Frist entdeckt, müssen Sie schnell handeln, um die Verjährung zu verhindern (z.B. durch Einleitung gerichtlicher Schritte).
Wie läuft ein selbstständiges Beweisverfahren ab und welchen Vorteil bietet es gegenüber einer direkten Klage?
Ein selbstständiges Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, das vor einer möglichen Klage durchgeführt werden kann, um bestimmte Tatsachen feststellen zu lassen. Der Hauptzweck ist es, Beweise zu sichern oder den Zustand einer Sache oder die Ursache eines Schadens durch einen neutralen Sachverständigen klären zu lassen, noch bevor ein umfassender Prozess beginnt. Dies schafft eine verlässliche Grundlage für weitere Entscheidungen.
Wie läuft ein selbstständiges Beweisverfahren ab?
- Antragstellung: Sie oder die Gegenseite stellen einen Antrag bei dem Gericht, das auch für eine spätere Klage zuständig wäre. In diesem Antrag müssen Sie genau benennen, welche Tatsachen geklärt werden sollen (z. B. das Vorhandensein und die Ursache von Baumängeln) und welche Beweismittel dafür nötig sind (meist ein Sachverständigengutachten). Auch der mögliche Gegner muss genannt werden.
- Gerichtliche Prüfung: Das Gericht prüft, ob die Voraussetzungen für das Verfahren vorliegen. Es muss ein rechtliches Interesse an der Beweiserhebung bestehen, zum Beispiel weil Beweismittel verloren gehen könnten oder weil die Klärung der Tatsachen einen Rechtsstreit vermeiden kann.
- Beweisaufnahme: Wenn das Gericht den Antrag für zulässig hält, ordnet es die Beweisaufnahme an. In der Regel wird ein unabhängiger Sachverständiger (Gutachter) beauftragt. Dieser prüft die strittigen Punkte (z. B. bei einem Ortstermin auf einer Baustelle) und erstellt ein schriftliches Gutachten. Auch Zeugen können vernommen oder Urkunden geprüft werden.
- Stellungnahme: Beide Seiten erhalten das Gutachten und können dazu Stellung nehmen oder Ergänzungsfragen an den Gutachter stellen.
Das Verfahren endet mit der Feststellung der Beweisergebnisse, ohne dass das Gericht eine Entscheidung über den eigentlichen Anspruch trifft (z.B. ob Schadensersatz zu zahlen ist).
Welche Kosten entstehen?
Mit einem selbstständigen Beweisverfahren sind Kosten verbunden:
- Gerichtskosten: Für das Verfahren selbst fallen Gebühren an. Der Antragsteller muss hierfür in der Regel einen Vorschuss leisten.
- Sachverständigenkosten: Die Kosten für den Gutachter sind oft der größte Kostenfaktor. Auch hierfür muss meist ein Vorschuss gezahlt werden. Die Höhe hängt vom Umfang und der Komplexität der Begutachtung ab.
- Anwaltskosten: Wenn Sie sich anwaltlich vertreten lassen, entstehen Anwaltsgebühren.
Wer die Kosten am Ende trägt, wird im selbstständigen Beweisverfahren selbst nicht endgültig entschieden. Die Kosten werden oft im Rahmen einer späteren Einigung oder in einem nachfolgenden Hauptprozess verteilt. Zunächst muss der Antragsteller die Kosten vorschießen.
Was sind die Vorteile gegenüber einer direkten Klage?
Das selbstständige Beweisverfahren bietet mehrere Vorteile gegenüber dem sofortigen Einreichen einer Klage:
- Schnelle Beweissicherung: Es ermöglicht, wichtige Beweise schnell zu sichern, bevor sie verloren gehen könnten. Stellen Sie sich vor, ein Baumangel muss dringend behoben werden – das Verfahren kann den Zustand vorher dokumentieren.
- Objektive Klärung des Sachverhalts: Ein neutrales Gutachten kann Klarheit über strittige technische Fragen schaffen (z.B. Ist das Dach undicht? Wer ist dafür verantwortlich?). Das ist oft eine gute Basis für die weitere Vorgehensweise.
- Bessere Einschätzung der Prozesschancen: Mit dem Ergebnis des Gutachtens können Sie und die Gegenseite besser einschätzen, wie die Erfolgsaussichten einer Klage wären. Das Risiko eines teuren und langwierigen Prozesses lässt sich so besser kalkulieren.
- Vermeidung eines Gerichtsverfahrens: Das Gutachten kann helfen, eine außergerichtliche Einigung zu finden. Wenn die Fakten durch einen neutralen Experten geklärt sind, sind die Parteien oft eher bereit, sich zu einigen, was Zeit, Geld und Nerven spart.
- Unterbrechung der Verjährung: Die Einleitung des Verfahrens hemmt die Verjährung Ihrer Ansprüche bezüglich der Punkte, die im Verfahren geklärt werden sollen. Das bedeutet, die Frist, innerhalb derer Sie Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen müssen, läuft während des Verfahrens nicht weiter.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein selbstständiges Beweisverfahren ein Instrument ist, um Fakten zu klären und Beweise zu sichern, bevor eine Entscheidung über eine Klage getroffen wird. Es kann helfen, die Situation besser einzuschätzen und möglicherweise einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
DIN 18534
Die DIN 18534 ist eine technische Norm, die die Abdichtung von Innenräumen regelt, insbesondere von Feuchträumen wie Badezimmern und Duschen. Sie legt fest, welche Materialien, Verfahren und Ausführungen erforderlich sind, um Feuchtigkeitsschäden zu verhindern und die Bauwerksicherheit zu gewährleisten. Im Baurecht wird die Norm oft als Teil der anerkannten Regeln der Technik (ART) betrachtet, deren Einhaltung für mangelfreie Bauleistungen maßgeblich ist (§ 633 BGB). Wenn die Abdichtung nicht den Anforderungen der DIN 18534 entspricht, liegt typischerweise ein Sachmangel vor, der zur Nachbesserung oder Schadensersatz führen kann.
Beispiel: Wenn in einem Bad die Abdichtung unter der Dusche nicht nach DIN 18534 ausgeführt wird, kann Wasser in die Bausubstanz eindringen und Schäden verursachen. Der Bauherr kann dann verlangen, dass diese mangelhafte Abdichtung fachgerecht beseitigt wird.
Anerkannte Regeln der Technik (ART)
Die anerkannten Regeln der Technik sind allgemein anerkannte und bewährte technische Standards und Vorgehensweisen, die von Fachleuten in einem bestimmten Bereich verwendet werden. Im Baurecht müssen Bauleistungen mindestens diesen Standards entsprechen, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurden (§ 633 Abs. 2 BGB). Die ART dienen als Qualitätsmaßstab für die fachgerechte Ausführung von Arbeiten. DIN-Normen sind häufig ein Ausdruck der ART, jedoch nicht jede DIN-Norm entspricht automatisch den ART.
Beispiel: Wird ein Badezimmer nicht gemäß den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet, drohen Feuchtigkeitsschäden, und der Auftraggeber kann Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Selbständiges Beweisverfahren
Ein selbständiges Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, bei dem ein neutraler Sachverständiger zur Klärung von strittigen Fakten eingesetzt wird, bevor eine Hauptsacheentscheidung (etwa über einen Anspruch) getroffen wird. Es dient dazu, Beweise gesichert und objektiv bewertet zu bekommen, etwa zur technischen Ausführung einer Bauleistung. Dieses Verfahren steht im Zusammenhang mit der Zivilprozessordnung (ZPO) und wird genutzt, um schwierige oder streitige Tatsachen gutachterlich festzustellen, ohne bereits über den Rechtsstreit selbst zu entscheiden.
Beispiel: Vor einer Klage überprüft ein Gericht durch einen Gutachter, ob im Badezimmer die Abdichtung fachgerecht ausgeführt wurde. Dadurch können Streitigkeiten über technische Details vor der Entscheidung geklärt werden.
Vorschussklage
Eine Vorschussklage ist eine Klage auf Zahlung eines Vorschusses, also einer Vorauszahlung, die der Auftraggeber verlangt, damit Mängel einer Bauleistung beseitigt werden können. Der Auftraggeber will damit sicherstellen, dass ihn der Auftragnehmer nicht mit den Kosten der Mängelbeseitigung allein lässt, bevor diese überhaupt begonnen hat. Sie ist relevant, wenn die Mangelbeseitigung mit erheblichen Kosten verbunden ist und noch nicht vollständig feststeht, ob und in welcher Höhe der Anspruch endgültig besteht.
Beispiel: Eine Bauherrin verlangt von ihrem Fliesenleger vorab 15.000 Euro, um die Reparatur einer angeblich mangelhaften Badezimmerabdichtung finanzieren zu können.
Teil-Anerkenntnisurteil
Ein Teil-Anerkenntnisurteil ist ein Gerichtsurteil, mit dem der Beklagte einen Teil der Forderung anerkennt, ohne den gesamten Anspruch abzulehnen oder zu bestätigen. Durch dieses Urteil erkennt der Beklagte beispielsweise eine Teilzahlung oder bestimmte einzelne Ansprüche an, während die übrigen Streitpunkte weiterhin offen bleiben. Es stellt eine rechtliche Verbindlichkeit für den anerkannten Teil dar und kann die weitere Prozessführung beschleunigen oder auf einzelne Themen beschränken.
Beispiel: Der Fliesenlegermeister erkennt eine kleinere Zahlung von 500 Euro für tatsächlich vorhandene Mängel an, bestreitet aber die weiteren Forderungen der Bauherrin weiterhin. Das Gericht erlässt daraufhin ein Teil-Anerkenntnisurteil über diesen Betrag.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 633 BGB (Werkvertrag – Sach- und Rechtsmängel): Regelt die Verpflichtung des Unternehmers, ein Werk frei von Sachmängeln zu liefern und die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten. Nach § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB umfasst dies die Ausführung entsprechend allgemein anerkannten technischen Normen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Kernpunkt ist die Frage, ob die Abdichtung des Bades gemäß den anerkannten Regeln der Technik und ggf. der DIN 18534 mangelhaft vorgenommen wurde und ob daraus Mängelansprüche folgen.
- DIN 18534 (Abdichtung von Innenräumen): Diese Norm beschreibt die objektbezogenen Anforderungen und die fachgerechte Ausführung der Abdichtung in Feuchträumen, z.B. bei bodengleichen Duschen und Badewannen. DIN-Normen gelten als Hinweis auf die anerkannten Regeln der Technik, sind aber keine unmittelbar bindenden Rechtsvorschriften. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Bauherrin beruft sich auf diese Norm als Basis für die erforderliche Abdichtung außerhalb des Duschbereichs; strittig ist, ob die Ausführung den Anforderungen der DIN 18534 entspricht.
- § 635 BGB (Nacherfüllung und Verhältnismäßigkeit): Regelt die Rechte des Bestellers bei mangelhafter Werkleistung; insbesondere erlaubt Abs. 3 die Kostenforderung von Mängelbeseitigung nur bei Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG lehnt die geforderte vollständige Neuverfliesung wegen der Fugenbreite als unverhältnismäßig ab, da der Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis zum Aufwand steht.
- § 538 ZPO (Rückverweisung durch das Berufungsgericht): Ermöglicht dem Oberlandesgericht, eine Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen, wenn dieser dies für geboten hält. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG hält eine erneute Beweisaufnahme zur Klärung der Abdichtungspflicht und der strittigen technischen Fragen für notwendig und verweist die Sache an das Landgericht zurück.
- § 139 ZPO (Hinweis- und Aufklärungspflichten des Gerichts): Verpflichtet das Gericht, auf wesentliche Verfahrensmängel hinzuweisen und fehlenden Sachvortrag zu rügen, sofern dies für die Entscheidungsfindung erheblich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG kritisiert, dass das Landgericht mögliche unzureichende Vertretung der Bauherrin durch ihren Lebensgefährten nicht geprüft hat, was Verfahrensmängel begründet.
- Gutachterrechtliche Grundsätze (BGH-Rechtsprechung zu Sachverständigenbeweis): Das Gericht darf sich nicht unkritisch auf Sachverständigenmeinungen stützen, sondern muss nachvollziehbare, begründete und auf anerkannten Erkenntnisquellen basierende Gutachten einholen und bewerten (z.B. BGH VII ZR 45/06). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG rügt, dass der Gerichtssachverständige keine abschließende, stichhaltige Bewertung der Abdichtung in Bezug auf DIN 18534 und ART vorgenommen hat und die Privatgutachten der Bauherrin nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
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Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: 22 U 40/24 – Urteil vom 22.11.2024
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