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Persönliche Haftung des Geschäftsführers: Kein Anspruch bei heilbarem MaBV-Fehler

Ein Wohlfahrtsverband forderte nach der Insolvenz des Bauträgers die persönliche Haftung des Geschäftsführers, weil dieser eine Rate für das Bauprojekt vor Beginn der Erdarbeiten verlangte. Doch die Juristen mussten klären, ob ein nachträglicher Baubeginn den formalen Fehler heilt oder die Rückforderung verhindert.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 9 U 2516/24 Bau | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht München
  • Datum: 12.08.2025
  • Aktenzeichen: 9 U 2516/24 Bau
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Baurecht, Betrug

  • Das Problem: Ein Wohlfahrtsverband zahlte hohe Beträge für Bauprojekte an einen Bauträger. Der Bauträger ging insolvent. Der Verband forderte das Geld vom Geschäftsführer des insolventen Bauträgers persönlich zurück.
  • Die Rechtsfrage: Kann der Geschäftsführer persönlich haftbar gemacht werden, wenn der Bauträger zu früh Geld erhalten hat oder den Käufer absichtlich getäuscht hat?
  • Die Antwort: Nein, der Geschäftsführer muss das Geld nicht zurückzahlen. Obwohl der Bauträger zu früh Zahlungen erhalten haben könnte, waren die Bauarbeiten später tatsächlich begonnen worden. Eine absichtliche Täuschung wurde zudem nicht nachgewiesen.
  • Die Bedeutung: Zahlungen an Bauträger können nicht zurückverlangt werden, wenn die vereinbarte Gegenleistung, auch wenn verspätet, tatsächlich erbracht wurde. Ein bloßer formaler Verstoß reicht dann nicht für eine Persönliche Haftung des Geschäftsführers aus.

Der Fall vor Gericht


Wann haftet ein Geschäftsführer persönlich für verlorene Anzahlungen?

Ein Wohlfahrtsverband investiert in ein großes Bauprojekt: eine Pflegeeinrichtung und eine Kita. Die erste Rate, mehr als zwei Millionen Euro, wird an den Bauträger gezahlt. Kurz darauf ist die Baufirma pleite und das Geld verschwunden.

Ein Bauträger-Geschäftsführer nimmt Anzahlungen entgegen. Dessen persönliche Haftung bei Insolvenz droht, wenn Raten nicht fällig sind.
OLG München verneint Geschäftsführerhaftung nach MaBV wegen vorzeitiger Anzahlung, da Erdarbeiten später begonnen. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Der Verband verklagte den Geschäftsführer persönlich – er habe das Geld zu früh gefordert, bevor die Bagger überhaupt rollten. Ein klarer Verstoß gegen die strengen Regeln der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Der Fall wirkte wie eine tickende Zeitbombe, deren Zünder am Ende aber nicht auslöste. Das Oberlandesgericht München musste klären, unter welchen Umständen die persönliche Haftung des Geschäftsführers bei einer Bauträgerinsolvenz greift und wann ein formaler Fehler folgenlos bleibt.

Warum war die zu frühe Zahlung am Ende kein Problem?

Der Wohlfahrtsverband stützte seine Klage auf einen simplen Vorwurf. Das Gesetz, genauer die MaBV, soll Käufer davor schützen, Geld für einen Bauabschnitt zu zahlen, der noch gar nicht begonnen hat. Die erste Rate war laut Vertrag erst fällig mit dem „Beginn der Erdarbeiten“. Der Geschäftsführer der Baufirma habe die Rate gefordert und angenommen, bevor diese Bedingung erfüllt war. Das stelle eine Verletzung eines Schutzgesetzes dar, für die er persönlich haften müsse.

Das Gericht sah das anders. Zwar mochte es sein, dass die Rechnungen im März 2021 gestellt und die Zahlungen kurz darauf geleistet wurden, als auf dem Grundstück noch nichts passierte. Der entscheidende Punkt war jedoch ein anderer. Die Richter stellten fest, dass die Erdarbeiten spätestens im Sommer 2021 tatsächlich begannen. Die Baufirma hatte also die geschuldete Gegenleistung – wenn auch verspätet – erbracht.

Hier kam eine juristische Figur ins Spiel, die man als „Heilung“ eines Formfehlers bezeichnen könnte. Der Zweck der MaBV ist es, den Käufer vor dem Verlust seiner Anzahlung ohne Gegenwert zu bewahren. Da der Gegenwert, der Beginn der Erdarbeiten, nachträglich geschaffen wurde, war dieser Schutzzweck nicht mehr verletzt. Der Verband hätte die Rate spätestens im Sommer 2021 ohnehin zahlen müssen. Das Geld jetzt zurückzufordern, obwohl die Leistung erbracht wurde, werteten die Richter als Rechtsmissbräuchlich. Ein formaler MaBV-Verstoß führt nicht automatisch zu einer Erstattung von Kaufpreisraten, wenn die Leistung zeitnah nachgeholt wird.

Was genau bedeutet „Beginn der Erdarbeiten“ vor Gericht?

Ein zentraler Streitpunkt war die Definition des Begriffs „Beginn der Erdarbeiten“. Der Wohlfahrtsverband argumentierte, es sei zum Zeitpunkt der Zahlung nichts Wesentliches passiert. Der Geschäftsführer der Baufirma legte Fotos, Auftragsbestätigungen an eine Tiefbaufirma und Stellungnahmen seines Architekten vor.

Das Gericht schuf hier Klarheit. Es definierte den Beginn der Erdarbeiten als den Moment, in dem erstmals in den Boden eingegriffen wird. Das kann der erste Spatenstich sein, das Abtragen von Mutterboden oder erste Planierarbeiten. Reine Vorbereitungen, wie das Aufstellen eines Baustellenschilds, genügen nicht. Anhand der vorgelegten Beweise kam der Senat zu dem Schluss, dass diese Schwelle spätestens im Sommer 2021 überschritten war. Die Beweislast dafür, dass die Arbeiten weder zum Zahlungszeitpunkt noch später begonnen hatten, lag beim klagenden Wohlfahrtsverband. Diese Last konnte er nicht stemmen. Sein eigener Vortrag im Prozess war teilweise schwankend und eine E-Mail seines damaligen Geschäftsführers stützte sogar die Version der Gegenseite.

Spielte der Vorwurf des Betrugs eine Rolle?

Um den Geschäftsführer noch stärker unter Druck zu setzen, erhob der Verband einen schweren Vorwurf: Betrug. Der Geschäftsführer habe mit einem fingierten oder rückdatierten Bautenstandsbericht eine Täuschung begangen, um den Verband zur Zahlung zu bewegen. Dieser Schachzug scheiterte vor Gericht vollständig.

Die Richter folgten einer klaren Logik. Für einen Betrug muss eine Täuschung zu einem Irrtum und dieser Irrtum zur Zahlung geführt haben. Der Wohlfahrtsverband verstrickte sich hier in Widersprüche. Einerseits behauptete er, durch das Schreiben getäuscht worden zu sein. Andererseits bestritt er vehement, dieses Schreiben oder den darin erwähnten Bericht jemals erhalten zu haben. Das pulverisierte den Vorwurf. Wer ein Dokument nicht kennt, kann davon auch nicht getäuscht werden. Der Versuch des Verbands, hilfsweise die Darstellung des Geschäftsführers zu übernehmen, um den Betrugsvorwurf aufrechtzuerhalten, wurde vom Gericht als prozessual unzulässig zurückgewiesen. Der Nachweis einer gezielten Täuschung war nicht erbracht.

Was war mit der Baugenehmigung, die später aufgehoben wurde?

Ein weiteres Argument des Verbands bezog sich auf die Baugenehmigung. Ein Nachbar hatte gegen die Genehmigung geklagt und Jahre später vor dem Verwaltungsgericht Recht bekommen. Die Baugenehmigung für das Projekt wurde aufgehoben. Der Verband sah darin den Beweis, dass seine Zahlung von Anfang an nutzlos gewesen sei und zurückgefordert werden könne.

Auch diese Argumentation durchkreuzte das Gericht. Die MaBV verlangt für die Fälligkeit von Raten lediglich, dass eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Das war hier der Fall. Ob diese Genehmigung später in einem anderen Verfahren wieder aufgehoben wird, ist für die Frage der Geschäftsführer-Haftung nach MaBV unerheblich. Die Vorschrift soll den Käufer nicht vor dem allgemeinen Risiko eines Bauprojekts schützen – etwa dem Risiko, dass eine Genehmigung beklagt wird. Sie sichert nur den Wert der jeweiligen Rate zum Zeitpunkt der Zahlung ab. Da zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Baugenehmigung vorlag, war die gesetzliche Voraussetzung erfüllt. Die Berufung des Wohlfahrtsverbands wurde deshalb vollständig zurückgewiesen.

Die Urteilslogik

Der Schutzgedanke der Makler- und Bauträgerverordnung bestimmt maßgeblich, wann ein Geschäftsführer persönlich für fehlgeleitete Anzahlungen haftet.

  • Heilung von Zahlungsverstößen: Ein formeller Verstoß gegen die Fälligkeitsvoraussetzungen der Makler- und Bauträgerverordnung heilt, sobald die geschuldete Bauleistung erbracht wird, da dann der Schutzzweck der Vorschrift erfüllt ist.
  • Definition des Baubeginns: Der Beginn der Erdarbeiten markiert den ersten physischen Eingriff in den Baugrund; reine Vorbereitungsmaßnahmen genügen diesem Erfordernis nicht.
  • Nachweis der Kausalität bei Betrug: Wer sich auf Betrug beruft, muss eine Täuschungshandlung und deren Kausalität für die Zahlung beweisen; der Verzicht auf Kenntnis des angeblich täuschenden Dokuments widerlegt die Kausalität.

Gerichte bewerten die tatsächliche Erfüllung der Schutzziele höher als bloße formale Mängel.


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Experten Kommentar

Geld gezahlt, Firma pleite, und dann noch der Ärger, dass formal etwas falsch lief – die Hoffnung auf persönliche Haftung ist da oft groß. Dieses Urteil zeigt: Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers ist nicht automatisch gegeben, selbst wenn Bauträgerraten zu früh gefordert werden. Wird die geschuldete Bauleistung später erbracht, sehen die Richter den Schutzzweck der MaBV als erfüllt an, was den ursprünglichen Formfehler heilt. Für alle, die die Fälligkeit von Bauträgerraten prüfen oder Schadensersatz gegen einen Geschäftsführer wollen: Es geht nicht nur um formale Fehler, sondern vor allem darum, ob der Wert für das Geld am Ende auch tatsächlich ankam.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche MaBV-Verstöße führen konkret zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers?

Ein formaler MaBV-Verstoß führt nicht automatisch zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers. Entscheidend ist, ob der Kernzweck der MaBV – der Schutz vor dem Verlust Ihrer Anzahlung ohne echten Gegenwert – durch die nachträgliche Erbringung der geschuldeten Leistung doch noch erfüllt wurde. Die Beweislast liegt hier oft beim Käufer.

Juristen nennen dies die „Heilung“ eines Formfehlers. Wenn beispielsweise eine Rate zu früh, also vor dem vertraglich vereinbarten Baufortschritt, gezahlt wurde, kann dieser Verstoß entkräftet werden. Dies geschieht, wenn die eigentlich geschuldete Leistung – etwa der Beginn der Erdarbeiten – später zeitnah und vollständig erbracht wird. Der Grund: Der Käufer hat dann eben doch den Gegenwert für sein Geld erhalten. Die MaBV soll Sie davor bewahren, Geld zu verlieren, für das Sie keine Leistung erhalten haben. Erfolgt diese Leistung doch, ist der ursprüngliche Fehler nicht mehr von dauerhaftem Belang. Persönliche Haftung des Geschäftsführers setzt voraus, dass der MaBV-Schutzzweck dauerhaft unterlaufen wurde. Schwerwiegende Vorwürfe wie Betrug erfordern zudem den Nachweis einer gezielten Täuschung, die zu einem Irrtum und damit zur Zahlung führte, was prozessual sehr anspruchsvoll ist und bei Widersprüchen im eigenen Vortrag schnell scheitert.

Ein passender Vergleich ist ein Parkticket: Sie haben es zu früh gezogen, aber als Sie losfahren, ist die Parkzeit korrekt abgedeckt. Niemand wird Ihnen daraus einen Strick drehen, solange der Parkplatz ordnungsgemäß genutzt wurde.

Überprüfen Sie umgehend und akribisch, wann die im Vertrag genannten Fälligkeitsbedingungen – etwa der „Beginn der Erdarbeiten“ – tatsächlich erfüllt wurden. Dieser Zeitpunkt ist entscheidend, nicht der der Rechnungsstellung oder Ihrer Zahlung. Dokumentieren Sie alles lückenlos mit Fotos und Bautagebüchern. Nur so können Sie im Streitfall beweisen, dass der Gegenwert nie erbracht wurde oder der Verstoß nicht geheilt werden konnte.


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Welche Rechte habe ich als Käufer bei einem nicht heilbaren MaBV-Verstoß?

Wenn ein MaBV-Verstoß Ihres Bauträgers nicht heilbar ist, weil der versprochene Gegenwert dauerhaft ausbleibt, steht Ihnen als Käufer grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Rate zu. Der primäre Schutzzweck der MaBV, Sie vor dem Verlust Ihrer Anzahlung ohne entsprechende Gegenleistung zu bewahren, ist in diesem Fall irreparabel verletzt. Gerichte würden eine solche Rückforderung nicht als rechtsmissbräuchlich werten.

Ihr Recht auf Rückforderung manifestiert sich, sobald der Bauträger eine unberechtigte frühe Zahlung fordert und die geschuldete Leistung – etwa der versprochene Baubeginn – auch nachträglich nicht zeitnah erbringt. Bleibt der vertraglich vereinbarte Gegenwert für Ihre Anzahlung aus, hat der Bauträger keinen Anspruch auf das Geld. Die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) schützt Sie davor, für eine Leistung zu zahlen, die Sie nie erhalten. Liefert der Bauträger trotz Ihrer Zahlung gar nicht oder nur mit untragbarer Verzögerung, ist der MaBV-Schutzzweck dauerhaft verletzt.

Zudem könnte, unter sehr strengen Bedingungen, ein Anspruch auf persönliche Haftung des Geschäftsführers entstehen. Hierfür müssten Sie jedoch nachweisen, dass nicht nur die Leistung ausblieb, sondern auch eine gezielte, betrügerische Absicht vorlag. Dieser Beweis ist in der Praxis extrem schwer zu führen und erfordert umfassende Dokumentation.

Denken Sie an eine Online-Bestellung: Sie zahlen für ein Produkt, doch die Ware wird nie geliefert und das Geld nicht zurückerstattet. Ihr Anspruch auf Rückzahlung ist in dieser Situation unstrittig. Ähnlich verhält es sich, wenn der Bauträger Geld für eine Bauphase fordert, die nie begonnen wurde oder dauerhaft nicht voranschreitet.

Handeln Sie umgehend! Setzen Sie dem Bauträger schriftlich – idealerweise per Einschreiben mit Rückschein oder E-Mail mit Lesebestätigung – eine letzte, angemessene Frist zur Erbringung der noch ausstehenden Leistung. Kündigen Sie gleichzeitig an, bei Fristablauf ohne Leistungserbringung rechtliche Schritte einzuleiten. Eine frühzeitige Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts ist unerlässlich, um Ihre Rechte vollumfänglich zu wahren und keine wichtigen Fristen zu versäumen.


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Was sollte ich tun, wenn mein Bauträger die MaBV-Regeln missachtet?

Dokumentieren Sie jeden potenziellen MaBV-Verstoß Ihres Bauträgers umgehend und detailliert, denn ein formaler Fehler kann durch nachträgliche Leistung oft „geheilt“ werden. Ohne lückenlosen Nachweis oder bei einer späteren Leistung ist Ihre Beweislast im Streitfall hoch. Eine konsequente Beweissicherung sichert Ihre Rechtsposition und schützt Ihre Anzahlungen effektiv.

Juristen nennen das Problem der zu frühen Zahlungen einen Verstoß gegen die Fälligkeitsregelungen der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Ziel der MaBV ist es, Sie als Käufer vor dem Verlust Ihrer Anzahlungen ohne entsprechende Gegenleistung zu schützen. Fordert der Bauträger Geld, obwohl die im Vertrag vereinbarten Voraussetzungen – etwa der „Beginn der Erdarbeiten“ – noch nicht erfüllt sind, liegt ein solcher Verstoß vor. Die Herausforderung: Ein solcher Formfehler ist nicht immer endgültig.

Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit einer „Heilung“ dieses Fehlers vor. Wird die ursprünglich ausstehende Leistung (zum Beispiel der Baubeginn) später zeitnah nachgeholt, gilt der Schutzzweck der MaBV als erfüllt. In einem solchen Fall könnten Gerichte eine spätere Rückforderung als rechtsmissbräuchlich werten. Sie müssen jedenfalls nachweisen, dass die Leistung weder zum Zahlungszeitpunkt noch später erbracht wurde. Das erfordert lückenlose Beweise.

Denken Sie an den Kauf eines Buches. Sie zahlen es online sofort. Die eigentliche Leistung – das Buch in Ihren Händen zu halten – erfolgt erst Tage später per Post. Käme das Buch gar nicht an, wäre das ein klarer Fall. Wird es aber nur mit kleiner Verzögerung geliefert, ist der Zweck des Kaufs erfüllt, obwohl die Lieferung nicht „sofort“ erfolgte. Ein formaler Lieferverzug allein führt dann nicht mehr zur Rückabwicklung. Genauso kann eine verspätete Bauleistung einen anfänglichen MaBV-Verstoß „heilen“.

Nehmen Sie sich umgehend Ihren Bauträgervertrag zur Hand. Markieren Sie dort alle Fälligkeitsklauseln, beispielsweise den „Beginn der Erdarbeiten“. Prüfen Sie dann persönlich vor Ort oder anhand von detaillierten Fotos genauestens, ob diese Bedingungen tatsächlich erfüllt sind, bevor Sie die nächste Rate freigeben. Zahlen Sie niemals voreilig. Dokumentieren Sie jeden Baufortschritt lückenlos und legen Sie bei festgestellten Abweichungen sofort schriftlich Widerspruch ein. So sichern Sie Ihre Position.


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Was passiert mit meiner Anzahlung, wenn der Bauträger vor Baubeginn insolvent wird?

Wenn Ihr Bauträger vor Baubeginn insolvent wird und Sie bereits eine Anzahlung ohne die in der MaBV vorgesehenen Sicherheiten geleistet haben, ist dieses Geld leider in der Regel verloren. Der Schutzzweck der MaBV, der Sie vor dem Verlust Ihrer Anzahlung ohne erbrachte Gegenleistung bewahren soll, wird in solch einem Fall direkt und irreparabel verletzt. Eine ‚Heilung‘ des Fehlers ist dann nicht mehr möglich.

Im Gegensatz zu Situationen, wo Leistungen nachträglich erbracht werden können – und damit ein formaler MaBV-Verstoß ‚geheilt‘ wird, wie es unser Artikelbeispiel zeigt – liegt hier ein gänzlich anderer Fall vor. Bei einer Insolvenz, bevor überhaupt Bagger rollen oder Erdarbeiten beginnen, fehlt Ihrer Anzahlung schlichtweg jeder reale Gegenwert. Der Bauträger ist handlungsunfähig. Damit wird der eigentliche Kern und Schutzzweck der Makler- und Bauträgerverordnung, den Käufer vor genau diesem Risiko zu schützen, dauerhaft untergraben. Es gibt keine Möglichkeit mehr, die geschuldete Leistung nachzuholen. Ihre gezahlte Rate steht dann im Raum, ohne dass jemals eine Bauleistung dafür erbracht wurde.

Denken Sie an eine Online-Bestellung: Sie bezahlen für ein Produkt, aber der Händler geht insolvent, bevor er die Ware überhaupt versendet hat. Die Ware kommt nie an, und Ihr Geld ist futsch. So ähnlich verhält es sich hier, nur mit viel größeren Summen und einer Immobilie, die nie gebaut wurde.

Sie müssen Ihre Forderung im Insolvenzverfahren des Bauträgers anmelden. Bedenken Sie jedoch, dass die Aussichten auf eine vollständige Rückzahlung meist gering sind, da Sie in der Regel als einfacher Insolvenzgläubiger nur nachrangig bedient werden. Versprechen Sie sich nicht zu viel von einer automatischen persönlichen Haftung des Geschäftsführers; deren Nachweis ist, wie der Artikel beleuchtet, oft extrem schwer. Suchen Sie sofort einen spezialisierten Rechtsanwalt auf. Er kann Ihre Forderungen fristgerecht anmelden und prüfen, ob in Ihrem individuellen Fall doch spezifische Ansatzpunkte für eine persönliche Haftung bestehen.


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Wie kann ich mich als Immobilienkäufer vor Bauträgerinsolvenz schützen?

Immobilienkäufer schützen sich vor Bauträgerinsolvenz primär durch strikte Einhaltung der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV). Dies bedeutet, dass Zahlungen genau an den Baufortschritt gebunden sein müssen und entsprechende Sicherheiten, wie eine Baufertigstellungsbürgschaft, vom Bauträger bereitgestellt werden. Zahlen Sie niemals, bevor die vertragliche Leistung tatsächlich erbracht wurde, um Ihr Investment abzusichern.

Der Kern der MaBV besteht darin, Sie als Käufer vor dem Verlust Ihrer Anzahlungen zu bewahren, falls der Bauträger seine Verpflichtungen nicht erfüllt oder insolvent wird. Daher ist es entscheidend, dass Ihr Kaufvertrag einen detaillierten Zahlungsplan enthält. Dieser muss die Ratenzahlungen präzise an den tatsächlichen Baufortschritt koppeln, so wie es MaBV §3 Abs. 2 vorschreibt. Leisten Sie keine Zahlungen, solange die im Vertrag genannte Leistung (etwa der „Beginn der Erdarbeiten“ oder „Fertigstellung des Rohbaus“) noch aussteht.

Zudem ist der Bauträger verpflichtet, Ihnen Sicherheiten für die Erfüllung seiner Leistungspflichten zu stellen. Ein gängiges Instrument ist hierbei eine Baufertigstellungsbürgschaft gemäß MaBV §7. Diese Bürgschaft sollte in der Regel 5 % der Vertragssumme umfassen. Prüfen Sie unbedingt, ob Ihnen eine solche Sicherheit vor der ersten Rate vorliegt und deren Umfang ausreichend ist. Eine regelmäßige Kontrolle des Baufortschritts vor Ort ist ebenfalls unerlässlich, um Abweichungen frühzeitig zu erkennen.

Ein passender Vergleich ist der Kauf eines maßgeschneiderten Anzugs. Sie zahlen nicht den gesamten Betrag, bevor der Stoff überhaupt zugeschnitten ist. Stattdessen begleichen Sie in der Regel Raten nach bestimmten Fertigstellungsschritten: nach dem Maßnehmen, nach der ersten Anprobe, nach der Endanprobe. Genauso sollte es beim Hausbau sein: Jede Zahlung sollte eine Gegenleistung für einen bereits erbrachten Baufortschritt sein, nicht für eine zukünftige Versprechung.

Fordern Sie vor Vertragsunterzeichnung unbedingt einen Entwurf des Bauträgervertrags an. Lassen Sie diesen dann von einem spezialisierten Rechtsanwalt detailliert auf die MaBV-Konformität des Zahlungsplans und der vorgesehenen Sicherheiten prüfen. Nur so stellen Sie sicher, dass Ihre Rechte optimal geschützt sind, bevor Sie sich vertraglich binden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beweislast

Beweislast beschreibt im Gerichtsprozess, wer für die Darlegung und den Nachweis bestimmter Tatsachen verantwortlich ist, um seine Ansprüche oder Argumente zu untermauern. Diese Last trägt oft die Partei, die sich auf eine für sie günstige Tatsache beruft. Das Gesetz will damit Klarheit schaffen und verhindern, dass ein Prozess ohne Ergebnis bleibt, nur weil eine Behauptung im Raum steht.

Beispiel: Im vorliegenden Fall musste der klagende Wohlfahrtsverband die Beweislast dafür tragen, dass die Erdarbeiten weder zum Zahlungszeitpunkt noch später begonnen hatten, konnte dies aber nicht ausreichend belegen.

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Heilung eines Formfehlers

Eine Heilung eines Formfehlers tritt ein, wenn ein anfänglich formaler Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben nachträglich als unbedeutend angesehen wird, weil der durch die Vorschrift bezweckte Schutz dennoch erreicht wurde. Juristen nutzen diesen Begriff, um auszudrücken, dass ein anfangs fehlerhaftes Vorgehen durch eine spätere Handlung doch noch rechtsgültig oder akzeptabel wird. Der Gesetzgeber vermeidet damit, dass bloße Formalien zu einem ungerechtfertigten Nachteil führen, wenn der eigentliche Zweck der Regel erfüllt ist.

Beispiel: Die zu frühe Zahlung der Rate wurde als Heilung eines Formfehlers betrachtet, da die Erdarbeiten später zeitnah tatsächlich begannen und somit der Schutzzweck der MaBV erreicht wurde.

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Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV)

Die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) ist ein Gesetz, das Käufer von Immobilien vor finanziellen Verlusten schützt, wenn sie Anzahlungen für Bauvorhaben leisten, die noch nicht oder nur teilweise ausgeführt wurden. Sie schreibt vor, wann Bauträger Zahlungen fordern dürfen und welche Sicherheiten sie dafür stellen müssen. Das Gesetz soll die oft vermögenslosen Bauherren vor dem Risiko einer Bauträgerinsolvenz bewahren.

Beispiel: Die MaBV ist im Zentrum des Falles, da der Wohlfahrtsverband behauptete, der Geschäftsführer habe durch einen Verstoß gegen ihre strengen Regeln persönlich gehaftet.

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Persönliche Haftung des Geschäftsführers

Die persönliche Haftung des Geschäftsführers bedeutet, dass ein Geschäftsführer für Schäden, die durch sein schuldhaftes Fehlverhalten entstehen, nicht nur mit dem Vermögen der Gesellschaft, sondern auch mit seinem eigenen Privatvermögen einstehen muss. Diese Haftung kommt in der Regel nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen oder Verstößen gegen Schutzgesetze in Betracht. Sie soll Geschäftsführer zur Einhaltung ihrer Pflichten anhalten und Gläubiger vor grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz schützen.

Beispiel: Der Wohlfahrtsverband forderte die persönliche Haftung des Geschäftsführers, da er das Geld zu früh und damit in Verletzung der MaBV gefordert und angenommen habe.

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Rechtsmissbräuchlich

Ein Verhalten ist rechtsmissbräuchlich, wenn jemand ein ihm zustehendes Recht ausübt, um damit einen Zweck zu verfolgen, der den eigentlichen Zielen des Rechts widerspricht oder in einer für Dritte unzumutbaren Weise erfolgt. Juristen sprechen hier von einem Verbot der zweckwidrigen Rechtsausübung. Das Rechtsprinzip des Rechtsmissbrauchs verhindert, dass Gesetze oder Verträge als Werkzeuge für ungerechtfertigte oder schikanöse Handlungen missbraucht werden.

Beispiel: Die Richter werteten die Rückforderung der Rate durch den Wohlfahrtsverband als rechtsmissbräuchlich, weil die geschuldete Bauleistung später erbracht wurde und somit kein Schaden mehr vorlag.

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Schutzzweck der MaBV

Der Schutzzweck der MaBV liegt darin, Käufer von Bauvorhaben davor zu bewahren, Anzahlungen für Leistungen zu verlieren, die noch nicht erbracht wurden oder gar nicht erbracht werden. Es ist der Kern der Makler- und Bauträgerverordnung, Käufer vor dem Risiko einer Insolvenz des Bauträgers oder dessen Leistungsunfähigkeit zu schützen. Das Gesetz will sicherstellen, dass gezahlte Raten immer einen realen Gegenwert in Form von Baufortschritt oder gesicherten Leistungen haben.

Beispiel: Da die Erdarbeiten nachträglich begannen, sahen die Richter den Schutzzweck der MaBV als erfüllt an, wodurch der anfängliche Verstoß seine Relevanz verlor.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


    • Persönliche Haftung des Geschäftsführers bei Verstoß gegen Schutzgesetze (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetz)

      Ein Geschäftsführer kann unter bestimmten Umständen persönlich haften, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig ein Gesetz verletzt, das dem Schutz Dritter dient.
      Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Verband versuchte, den Geschäftsführer persönlich haftbar zu machen, indem er argumentierte, dass die zu frühe Geldforderung einen Verstoß gegen die MaBV darstellte, die als Schutzgesetz dient.

    • Schutzzweck der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) (Allgemeiner Rechtsgrundsatz)

      Die MaBV schützt Immobilienkäufer davor, Zahlungen an Bauträger zu leisten, bevor eine entsprechende Bauleistung tatsächlich erbracht wurde.
      Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob der Schutzzweck der MaBV – nämlich den Käufer vor dem Verlust seiner Anzahlung ohne Gegenwert zu bewahren – im konkreten Fall verletzt war oder ob die nachträgliche Leistungserbringung diesen Verstoß „heilte“.

    • Heilung eines Formfehlers durch nachträgliche Leistungserbringung (Allgemeiner Rechtsgrundsatz)

      Ein ursprünglich fehlerhaftes Vorgehen, das gegen eine Formvorschrift verstößt, kann seine Rechtsfolgen verlieren, wenn der beabsichtigte Schutzzweck der Norm nachträglich erfüllt wird.
      Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Zahlung möglicherweise zu früh erfolgte (ein Formfehler), sah das Gericht den Verstoß als geheilt an, da die Erdarbeiten später tatsächlich begannen und somit der Zweck der MaBV – Schutz vor Zahlung ohne Gegenleistung – nachträglich erfüllt wurde.

  • Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)

    Niemand darf ein Recht geltend machen, wenn dies unredlich oder treuwidrig wäre, insbesondere wenn dadurch ein Zustand ausgenutzt wird, der ursprünglich durch eigenes Fehlverhalten entstanden ist oder eine unbillige Härte darstellt.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sah es als rechtsmissbräuchlich an, die Anzahlung zurückzufordern, obwohl die geschuldete Gegenleistung (Beginn der Erdarbeiten) nachträglich erbracht wurde und die Zahlung spätestens zu diesem Zeitpunkt ohnehin fällig gewesen wäre.


Das vorliegende Urteil


OLG München – Az.: 9 U 2516/24 Bau – Urteil vom 12.08.2025


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