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Kein Einbehalt wegen Mängeln an anderem Gewerk

OLG München, Az.: 28 U 2481/15 Bau, Beschluss vom 13.01.2016

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.06.2015, Aktenzeichen 11 O 27684/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin ist des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 58% und der Beklagte 42%.

4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 128.163,00 € bis zum 7.12.2015 und auf 53.421,24 € ab dem 8.12.2015.

Gründe

I.

Mit der Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten restlichen Werklohn für diverse Bauleistungen an einem Bauvorhaben am Anwesen H. Str. 31 in M. (Durchführung von Dämmarbeiten am Keller, Durchführung von Putz- und Spachtelarbeiten, Fassadenarbeiten, Regiearbeiten und weiteren zusätzlichen Arbeiten), insgesamt EUR 128.163,00 nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten.

Das Landgericht gab der Klage teilweise statt (bzgl. Putz- und Spachtelarbeiten, Dämmung des Mietkellers, Sockeldämmung, Verputzen der Feuerwehrdurchfahrt und bzgl. Regierechnungen Anlagen K13 bis K15 sowie K29 bis K32 in Höhe von insgesamt EUR 53.421,24 nebst Zinsen). Im Übrigen wies das Landgericht die Klage ab (bzgl. Fassadenarbeiten), weil die Klägerin insoweit weder die Abnahme, noch die Abnahmefähigkeit nachgewiesen habe.

Soweit das Landgericht der Klage stattgab, verneinte es ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten. Zwar habe die Beweisaufnahme Mängel bei den Fassadenarbeiten der Klägerin bestätigt. Die Beklagte habe aber deshalb kein Zurückbehaltungsrecht, weil der Anspruch auf Mangelbeseitigung nicht fällig sei. Der Fälligkeit stehe § 648a BGB entgegen, weil der Beklagte eine von der Klägerin nach § 648a BGB geforderte Sicherheit nicht geleistet habe.

Beide Parteien legten zunächst Berufung ein. Der Beklagte begehrt Klageabweisung, die Klägerin begehrte zunächst volle Stattgabe des Hauptanspruchs (ohne Rechtsanwaltskosten). Die Klägerin nahm später ihre Berufung zurück, so dass in der Sache nur noch über die Berufung des Beklagten zu entscheiden war.

Der Beklagte rügte in seiner Berufungsbegründung, dass das Landgericht den § 648a BGB in einer früheren Fassung habe anwenden müssen. Nach dieser Fassung habe der Unternehmer erst nach Ablauf einer ersten Frist eine Nachfrist setzen dürfen zur Sicherheitsleistung. Die Klägerin habe aber nur eine erste Frist gesetzt, nicht jedoch eine nachfolgende Nachfrist. Damit stehe dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu. Der Beklagte rügte in der Berufungsbegründung weiter, dass die Klägerin den Vorbehalt der Leistungsverweigerung nicht aufrecht erhalten habe. Der Beklagte führte in der Berufungsbegründung zudem aus, dass sich das Zurückbehaltungsrecht des Beklagten auf sämtliche Werklohnansprüche beziehe; insoweit bestehe Konnexität.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I sowie auf den Hinweis des Oberlandesgerichts München vom 1.12.2015 Bezug genommen.

Kein Einbehalt wegen Mängeln an anderem Gewerk
Symbolfoto: Zerborr/Bigstock

Im Berufungsverfahren beantragt der Beklagte zuletzt:

Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München I, Az: 11 O 27684/12, wird die Klage abgewiesen.

Nach Rücknahme ihrer eigenen Berufung beantragt die Klägerin zuletzt nur noch:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I wird zurückgewiesen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 1.12.2015 (Blatt 463 d.A.) darauf hingewiesen, dass und weshalb beabsichtigt ist, die beiden Berufungen gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Daraufhin hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen. Der Beklagte hat die Berufung nicht zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 18.12.2015 zum Hinweis des Senats Stellung genommen.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren verwiesen.

II.

1.

Die Klägerin hat ihre Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zurückgenommen. Insoweit beruht die Entscheidung auf § 516 Abs. 3 ZPO.

2.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.6.2015, Aktenzeichen 11 O 27684/12 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Zur Begründung wird auf den Hinweis des Senats vom 1.12.2015 Bezug genommen.

Auch die Ausführungen der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 18.12.2015 ändern nichts an der Auffassung des Senats.

a)

Zur Anwendung des § 648a BGB ist ergänzend anzumerken:

aa)

Zutreffend ist der Einwand des Beklagten aus der Berufungsbegründung, dass das Landgericht nicht uneingeschränkt § 648a BGB in seiner früheren Fassung zugrunde legen durfte. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten scheitert demnach nicht vollumfänglich an § 648a BGB, sondern nur zum Teil.

Gemäß Artikel 229 § 19 Abs. 1 EGBGB ist § 648a BGB „in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung […] nur auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach diesem Tag entstanden sind.“

Der BGH hat zu § 648a Abs. 5 BGB a.F. ausgeführt: „Nach § 648a Abs. 1 BGB a.F. kann der Unternehmer eines Bauwerks vom Besteller Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen in der Weise verlangen, dass er dem Besteller zur Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, er verweigere nach dem Ablauf der Frist die Leistung. Leistet der Besteller die Sicherheit nicht fristgemäß, so bestimmen sich die Rechte des Unternehmers gemäß § 648a Abs. 5 Satz 1 a.F. nach §§ 643 und 645 Absatz 1 BGB. Nach § 643 Satz 1 BGB ist der Unternehmer berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Sicherheitsleistung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den Vertrag kündige, wenn die Sicherheit nicht bis zum Ablauf der Frist geleistet wird. Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablauf der Frist erfolgt. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, sind der Wortlaut und die Systematik des Gesetzes eindeutig. Danach bestimmen sich die Rechte des Unternehmers erst dann aus § 643 BGB, wenn der Besteller die Sicherheit nicht fristgemäß geleistet hat. Folglich kann der Unternehmer erst dann eine Nachfrist setzen, wenn die Frist zur Sicherheitsleistung abgelaufen ist […]. Es spricht nach diesen Erwägungen nichts dafür, dass der Unternehmer bereits in einem Zeitpunkt, in dem nicht feststeht, ob der Schwebezustand überhaupt eintritt und ob und wie er ihm entgegentreten will, bereits eine Nachfrist setzen können soll.“

Nach § 648a BGB a.F. hätte die Klägerin, um ein Leistungsverweigerungsrecht bzgl. der Mängelbeseitigung aus § 648a BGB zu haben, dem Beklagten nach Ablauf einer ersten Frist erneut eine (weitere) Frist setzen müssen (siehe oben BGH: „Folglich kann der Unternehmer erst dann eine Nachfrist setzen, wenn die Frist zur Sicherheitsleistung abgelaufen ist“). In der Berufungsinstanz ist nicht vorgetragen, dass das geschehen ist.

Daher hatte die Klägerin vorliegend ein Leistungsverweigerungsrecht bzgl. der Mängelbeseitigung nur bzgl. solcher Schuldverhältnisse, die nach dem 1.1.2009 entstanden sind. Demgemäß durfte das Landgericht ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht mit dem Argument „§ 648a BGB“ verneinen bzgl. solcher Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2009 entstanden sind.

bb)

(1)

Diese genannte Fehleinschätzung des Landgerichts betrifft nach Auffassung des Senats allerdings nur einen Vergütungsanspruch in Höhe von EUR 7.397,50 aus dem Vertrag vom 17.11.2008 (Anlage K4) für Putz-/Spachtelarbeiten. Hier stammt die Vereinbarung von vor dem 1.1.2009.

(2)

Bezüglich aller anderen Vergütungsansprüche ist nach Auffassung des Senats die Rechtslage ab dem 1.1.2009, insbesondere also § 648a BGB in seiner neuen Fassung anwendbar.

Es handelt sich dabei um die vom Landgericht zugesprochenen Posten „Regiearbeiten“ (Anlagen K13 bis K15 in Höhe von EUR 2.107,50 und Anlagen K29 bis K32 in Höhe von EUR 1.832,60) und „zusätzliche Arbeiten“ (Anlage K54 in Höhe von EUR 8.925,00, Anlagen K55 bis 57 in Höhe von EUR 27.208,64 und Anlage K58 in Höhe von EUR 5.950,00).

Hier ergibt sich weder aus den Anlagen, noch aus dem Vorbringen des Beklagten in der Berufungsinstanz, dass die Vereinbarungen insoweit schon vor dem 1.1.2009 geschlossen wurden. Ein Rechtsfehler des Landgerichts wurde von Beklagtenseite in der Berufungsinstanz damit insoweit nicht ausreichend dargelegt.

Soweit die Beklagtenseite im Schriftsatz vom 18.12.2015 ausführt, dass die Überleitungsvorschrift Artikel 229 § 19 Abs. 1 EGBGB hier auch insoweit einschlägig sei, weil unter „Schuldverhältnis“ die „Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner“ zu verstehen sei und sich die Rechte und Pflichten aus den „Haupt-Verträgen“ für „Dämmarbeiten einerseits (30.07.2008) und Fassadenarbeiten andererseits (03.09.2008)“ ergäben und dass jedenfalls die Arbeiten aus den Rechnungen Anlagen K54 bis K58 als Nachträge zu den Bauverträgen zu verstehen seien, greift dieser Einwand nach Auffassung des Senats nicht durch:

Insoweit ist der Begriff „Schuldverhältnis“ in Artikel 229 § 19 Abs. 1 EGBGB auszulegen. „Herkömmlich unterscheidet man zwischen dem Schuldverhältnis im engeren Sinne, d.h. der einzelnen Forderung (z.B. Anspruch auf Miete), und dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne, verstanden als das gesamte Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (z.B. Mietvertrag […])“. (Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 2016, § 241, Rdn. 4). Nach dieser Lesart wäre ein Schuldverhältnis selbst im weiteren Sinn nur im Sinne von „Vertrag“ zu verstehen (vgl. „Mietvertrag“; nicht aber als umfassendes Verhältnis, in welchem mehrere Einzel-Verträge, z.B. Hauptvertrag und Nachtragsverträge, geschlossen worden sind). Diese Auslegung wird auch bestätigt durch die BT-Drucksache 16/51 (Gesetzentwurf für das Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen – Forderungssicherungsgesetz – FoSiG). Dort heißt es bei der Begründung der Überleitungsvorschrift: „Nach Absatz 1 sollen die durch das Forderungssicherungsgesetz geänderten oder neu in das BGB eingefügten Vorschriften nur für Neuverträge gelten. Für Schuldverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes entstanden sind, soll hingegen aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin § 641a BGB gelten […]“. Die Gesetzesbegründung setzt demnach die Begriffe „Verträge“ und „Schuldverhältnisse“ gleich. Demnach ist nach Auffassung des Senats entscheidend auf den „Vertrag“ abzustellen. Wenn bei einem Werkvertrag später weitere Leistungen vereinbart werden, handelt es sich im einen eigenen Vertrag und damit auch um ein eigenes Schuldverhältnis im Sinne des Artikel 229 § 19 Abs. 1 EGBGB. Ob die Nachtragsverträge ihren Ursprung in einem früheren (Haupt-)Vertrag haben oder nicht, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass erst durch den Nachtrags-Vertrag selbst die Leistungspflicht des Unternehmers und die Vergütungspflicht des Bestellers begründet wird. Dieser Vertrag ist das Schuldverhältnis im Sinne des Artikel 229 § 19 Abs. 1 EGBGB. Jeder Nachtragsvertrag richtet sich demnach, wenn nichts anderes vereinbart wird, nach dem Recht, das zur Zeit der Nachtragsvereinbarung aktuell gilt.

Daran ändert auch die Bezeichnung „Nachtrags-Rechnung“ nichts. Damit ist nichts darüber ausgesagt, dass die Leistung selbst aufgrund eines früheren (Haupt-)vertrags erbracht wurde und nicht aufgrund einer Nachtragsvereinbarung. Vielmehr kann diese Bezeichnung auch darauf hindeuten, dass die Leistung gerade nicht auf dem ursprünglichen Vertrag beruht, sondern auf einem Nachtrags-Vertrag.

Der Vergleich mit Artikel 229 § 1 EGBGB („abgeschlossene Verträge“) spricht nicht für eine andere Auslegung. Der Gesetzgeber hat in Art. 229 EGBGB die Begriffe „Verträge“ und „Schuldverhältnisse“ offenbar nicht gezielt unterschiedlich verwendet, wie sich aus der bereits zitierten Begründung in der BT-Drucksache 16/51 ergibt, wo die Begriffe „Neuverträge“ und „Schuldverhältnisse“ synonym verwendet werden. Entscheidend ist die „Entstehung“ des Vertrags, also der Abschluss der konkreten Vereinbarung.

Auch aus der Vereinbarung der VOB/B ergibt sich nichts anderes. § 2 Abs. 6 VOB/B bestimmt lediglich, dass der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung hat, wenn eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert wird. Das sagt aber nichts darüber aus, ob Nachträge zu einem Vertrag eigenständige Verträge sind oder nicht. Hier hat die Klägerin ihre Ansprüche nicht darauf gestützt, dass von ihr Leistungen gefordert worden seien, die im Vertrag nicht bestimmt wurden, sondern darauf, dass sie mit diversen Regiearbeiten im Jahr 2009 sowie weiteren Arbeiten „beauftragt“ worden sei (Klageschrift Seiten 4 und 5). In der Klageschrift ist dargelegt, dass die Verträge Anlage K1 (Vertrag vom 30.7.2008), Anlage K4 und Anlage K7 geschlossen worden seien. „Zusätzlich“ sei die Klägerin mit diversen Regiearbeiten beauftragt worden. Eine nicht vereinbarte Vergütung aus § 2 Abs. 6 VOB/B wurde dagegen nicht eingefordert. In den Rechnungen ist die Rede von „beauftragten und erbrachten Leistungen“, ohne dass im Hinblick auf einen Vergütungsanspruch auf § 2 Abs. 6 VOB/B abgestellt wird. Die Vereinbarung der VOB/B lässt daher keinen Rückschluss darauf zu, dass die Leistungen aufgrund des ursprünglichen Vertrages erbracht worden seien.

Die Einwände in der Berufungsinstanz vermögen demnach insoweit einen Rechtsfehler des Landgerichts bzgl. den anderen Vergütungsansprüchen (außer bzgl. den EUR 7.397,50 aus dem Vertrag vom 17.11.2008) im Ergebnis nicht zu begründen.

Letztlich greift die Berufungsbegründung des Beklagten bezüglich § 648a BGB daher nur durch im Hinblick auf einen Betrag von EUR 7.397,50 aus dem Vertrag vom 17.11.2008 (Anlage K4) für Putz-/Spachtelarbeiten.

Nur insoweit stellt sich daher die Frage, ob ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nach § 273 BGB an mangelnder Konnexität scheitert.

b)

Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bzgl. des Vergütungsanspruchs der Klägerin in Höhe von EUR 7.397,50 aus dem Vertrag vom 17.11.2008 (Anlage K4) für Putz- / Spachtelarbeiten scheitert an der fehlenden Konnexität der Ansprüche.

Soweit die Beklagtenseite im Schriftsatz vom 18.12.2015 ausführt, dass § 273 BGB hier einschlägig sei, wurde in dem Hinweis des Senats vom 1.12.2015 ausgeführt, dass und warum der Senat der Auffassung ist, dass hier keine Konnexität vorliegt.

Zutreffend wird in dem Schriftsatz vom 18.12.2015 darauf hingewiesen, dass die im Hinweis zitierten Entscheidungen des OLG München (Urteil vom 16.1.2008 – 27 U 468/07) und des OLG Naumburg (Urteil vom 30.9.1996 – 1 U 76/96), unterschiedliche Bauvorhaben zum Gegenstand hatten und es vorliegend um ein Bauvorhaben geht. Auf diesen Umstand ist der Senat auch bereits eingegangen (vgl. Hinweis vom 1.12.2015: „Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es um dasselbe Bauvorhaben in der H. Straße 31 geht.“).

Den genannten Entscheidungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Konnexität immer gegeben ist, wenn es sich um ein Bauvorhaben handelt. Der Senat ist der Auffassung, dass im vorliegenden Fall ein einheitlicher Lebenssachverhalt nicht vorliegt. Anders wäre es wiederum evtl. dann, wenn eine „dauernde/ständige Geschäftsverbindung“ bestünde, welche hier nicht vorliegt (zur Darlegung von deren Voraussetzungen wurden die genannten Entscheidungen zitiert).

Vorliegend handelt es sich um verschiedene Leistungskomplexe, die nicht so eng miteinander verbunden sind, dass ihre getrennte Geltendmachung und Verwirklichung gegen Treu und Glauben verstieße. Eine Verknüpfung i. S. des § 273 BGB wäre hier nach Auffassung des Senats allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn darüber hinaus zwischen den Prozessparteien zum damaligen Zeitpunkt eine dauernde Geschäftsverbindung im Sinne der genannten Entscheidungen bestanden hätte, was nicht der Fall ist. Allein der Umstand, dass es sich um dasselbe Bauvorhaben handelt, genügt nach Auffassung des Senats hier nicht für die Begründung der Konnexität. Die Grenze bei der Bestimmung eines einheitlichen Lebensverhältnisses ist dort zu ziehen, wo es nicht mehr treuwidrig wäre, den einen Anspruch ohne den anderen zuzulassen. (vgl. z.B. Staudinger, Kommentar zum BGB, 2014, nach juris, § 273, Rdn. 38). Der Komplex „Fassadenarbeiten“ (Anlage K7) und die übrigen Arbeiten stehen trotz des Umstandes, dass es sich um Arbeiten bei dem selben Anwesen („H. Str. 31“) handelt, nicht in einer so engen Verbindung, dass die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs bzgl. der anderen Arbeiten wegen Mängeln bei den Fassadenarbeiten treuwidrig wäre. Dies gilt insbesondere für den Komplex „Putz- und Spachtelarbeiten“ (Anlage K4) in Höhe von EUR 7.397,50. Bei dem Arbeitskomplex „Putz- und Spachtelarbeiten“ handelt es sich nicht lediglich um einen Nachtragsvertrag zum Komplex „Fassadenarbeiten“, sondern um einen völlig eigenständigen Bauvertrag (vgl. Anlagen K4 und K7). Zwischen dem Abschluss der Verträge liegen mehr als zwei Monate (3.9.2008 [Anlage K7] und 17.11.2008 [Anlage K4]). Die geplanten Fertigstellungstermine liegen vier Monate auseinander („2008“ bei der Anlage K7 und „31.03.2009“ bei der Anlage K4). Würde man bei diesen und ggf. weiteren völlig selbständigen Bauverträgen allein deshalb Konnexität annehmen, weil es sich um dasselbe Anwesen handelt, auf dem die Arbeiten vorgenommen werden, würde das dazu führen, dass der vorleistungspflichtige Unternehmer wegen Mängeln an nur einem Gewerk seine gesamte Vergütung für alle mangelfrei erbrachten Gewerke nicht verlangen könnte. Dies gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben, der dem § 273 BGB zugrunde liegt, nach Auffassung des Senats hier nicht, wenn nicht noch weitere Umstände hinzutreten (wie z.B. das Vorliegen einer ständigen Geschäftsbeziehung, was hier aber nicht der Fall ist).

Insgesamt liegen die Voraussetzungen des § 273 BGB hier nicht vor, so dass der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht hatte.

3.

Soweit die Klägerseite die Berufung zurückgenommen hat, beruht die Kostenentscheidung auf § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerseite begehrte mit der Berufung eine Erhöhung der Verurteilung in der Hauptsache um EUR 74.741,76. Die Beklagtenseite begehrte Klageabweisung im Hinblick auf die Verurteilung in erster Instanz von EUR 53.421,24.

Daraus ergibt sich, wie in erster Instanz, eine Kostenquote von 58% zu Lasten der Klägerin und 42% zu Lasten des Beklagten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt und entspricht hier zunächst dem Streitwert in erster Instanz.

Ab der Berufungsrücknahme der Klägerin ermäßigt sich der Streitwert auf EUR 53.421,24.

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