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Kostenvorschuss für Dachsanierung eines Wohngebäudes

Rechtliche Auseinandersetzung um Mängelbeseitigung und Kostenvorschuss bei Dachsanierung

In der vorliegenden rechtlichen Auseinandersetzung geht es um die Klage einer Partei auf Kostenvorschuss für die Sanierung eines Daches eines Wohngebäudes in München, welches von der beklagten Bauträgerin zwischen 2001 und 2002 errichtet wurde. Die Klägerin argumentiert, dass Mängel vorliegen, die eine Sanierung notwendig machen, und fordert daher einen Kostenvorschuss von der Beklagten. Die Hauptproblematik liegt in der Klärung, ob die geltend gemachten Mängel berechtigt sind und ob die Beklagte zur Zahlung eines Vorschusses verpflichtet ist.

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Mängel und vorherige rechtliche Auseinandersetzungen

Kostenvorschuss für Dachsanierung eines Wohngebäudes
Spannungsfeld zwischen Mängelbeseitigung und Kostenvorschussforderung bei Dachsanierungen: Eine rechtliche Erörterung in München. (Symbolfoto: Eduard Goricev /Shutterstock.com)

Die strittigen Mängel am Dach waren bereits Gegenstand früherer Verfahren, in denen über Vorschuss- und Schadensersatzansprüche diskutiert wurde. In einem dieser Verfahren wurde die Beklagte bereits zur Zahlung eines Betrages verurteilt. Es wurden gravierende Systemmängel festgestellt, die eine punktuelle Sanierung unmöglich machen würden, und es wurde argumentiert, dass eine umfassende Sanierung erforderlich sei, um ein dauerhaft gebrauchstaugliches Dach gemäß den anerkannten Regeln der Technik zu erhalten.

Forderung nach Kostenvorschuss

Die Klägerin forderte auf Basis der festgestellten Mängel und der daraus resultierenden Sanierungsbedürftigkeit einen weiteren Kostenvorschuss von der Beklagten. Diese Forderung wurde durch ein Schreiben des Klägervertreters an den Beklagtenvertreter formalisiert. Die Klägerin behauptet, dass die Mängel, die bei einem baugleichen Dach festgestellt wurden, auch bei dem strittigen Dach vorliegen würden.

Sachverständigenbewertung und Mängelbestätigung

Ein Sachverständiger bestätigte im Verlauf des Verfahrens die von der Klägerin geltend gemachten Mängel und Schäden. Diese wurden als Systemmängel bewertet, die aufgrund von mangelhafter Ausführungsplanung, zu geringer Neigungen und anderen Faktoren entstanden sind. Die Aussagen des Sachverständigen wurden vom Gericht als nachvollziehbar eingestuft, und es bestanden keine Zweifel an seiner Sachkunde.

Endurteil und finanzielle Implikationen

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung hat. Die Höhe der Kosten für die Mängelbeseitigung wurde ebenfalls festgelegt. Die vorprozessualen Anwaltskosten, die für das Schreiben entstanden sind, mit dem der erweiterte Kostenvorschuss erstmals angefordert wurde, konnten jedoch nicht geltend gemacht werden, da die Klägerin den erweiterten Kostenvorschuss zunächst auch ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts hätte geltend machen können.

Diese Auseinandersetzung unterstreicht die Komplexität und die möglichen rechtlichen Folgen, die mit Baumängeln und der Forderung nach Kostenvorschüssen für deren Beseitigung einhergehen können. Es zeigt sich, dass eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation von Mängeln sowie eine klare Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien von entscheidender Bedeutung sind, um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden oder zu klären.

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Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 8 O 16867/16 – Endurteil vom 20.02.2020

1. Eine Mängelbeseitigung muss die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

2. Ein Vorschussverlangen führt nur dann zu einem Abrechnungsverhältnis, wenn es die Erklärung enthält, mit dem Unternehmer nicht mehr zusammenzuarbeiten. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)


1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus … € seit 30.01.2016 und aus … € seit 30.10.2019 zu zahlen.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Streithelfer tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

  • bis 29.10.2019 auf … €.
  • von 30.10.2019 bis 04.11.2019 auf … € und
  • ab 05.11.2019 auf … €.

Tatbestand

Die Klägerin macht einen Anspruch auf Kostenvorschuss für die Dachsanierung des Wohngebäudes mit der Hausnummer … in München geltend.

Die Beklagte, die bis zum 01.01.2006 unter dem Firmennamen „…“ firmierte, errichtete in den Jahren 2001 und 2002 als Bauträgerin die Wohnanlage … in München und veräußerte diese mit inhaltlich gleichlautenden Formularkaufverträgen an die Käufer und derzeitigen Eigentümer. Gemäß Ziffer II. 2. der Erwerberverträge hatte die Beklagte die Wohnanlage nach den zum Zeitpunkt der Einreichung des Baugenehmigungsantrages geltenden Regeln der Technik herzustellen. In Ziffer IV.2.b) der Erwerberverträge war folgendes geregelt:

„Die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile und Anlagen werden (…) vom Verwalter unter Hinzuziehung eines vereidigten Sachverständigen unter Errichtung eines gemeinschaftlichen Protokolls übernommen und abgenommen. Der Verwalter wird hierzu vom Käufer beauftragt und bevollmächtigt; er ist hierbei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.“

Eine rechtswirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist nicht erfolgt.

Das streitgegenständliche Dach war bereits Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht München I mit dem Aktenzeichen 8 O 14663/07. Die Parteien stritten dort um Vorschuss- und Schadensersatzansprüche aus dem Kauf des von der Beklagten errichteten Anwesens. Gegenstand dieses Verfahrens waren Mängel am Gemeinschaftseigentum der Häuser mit den Hausnummern … und …. Mit Endurteil vom 16.05.2013 wurde die Beklagte unter anderem verurteilt, an die Klägerin … € nebst Zinsen zu bezahlen. Ausweislich der Entscheidungsgründe steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung in Höhe von … € aus §§ 633 Abs. 3 a.F., 242 BGB zu. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin sämtliche über den Betrag von … hinausgehenden Aufwendungen und Kosten zu ersetzen hat, die infolge der Beseitigung von Mängeln entstehen, die der Sachverständige … in seinen Gutachten vom 29.03.2006 und 07.09.2006 im Verfahren Landgericht München II mit dem Aktenzeichen 3 O 5220/03 festgestellt hat. Auf das als Anlage K 1 vorgelegte Endurteil wird Bezug genommen.

Die Beklagte zahlte an die Klägerin aufgrund des Endurteils des Landgerichts München I vom 16.05.2013 im Verfahren 8 O 14663/07 den Kostenvorschuss in Höhe von … €.

In einem Verfahren vor dem Landgericht München I mit dem Aktenzeichen 18 O 664/13 bzw. dem dort vorangegangenen Beweisverfahren mit dem Aktenzeichen 18 OH 10880/10 für das Dach des Hauses … erstattete der Sachverständige … am 27.08.2012 das im hiesigen Verfahren als Anlage K 6 vorgelegte Gutachten. Er stellte fest, dass eine punktuelle Sanierung der vom Sachverständigen … festgestellten Mängel nicht ausreichend sei, um ein dauerhaft gebrauchstaugliches und den Regeln der Technik entsprechendes Dach zu erhalten. Er stellte gravierende Systemmängel der Dachdeckung des Tonnendaches des Hauses … fest. In dem Verfahren 18 O 664/13 wurde der seitens der Beklagten gezahlte Vorschuss für die Dachsanierung Haus … in Höhe von … € entsprechend der klägerischen Berechnung berücksichtigt. Gegen das Urteil vom 25.02.2015 legte die Beklagte Berufung ein. Ein Hinweisbeschluss des OLG München, der sich unter anderem mit den Mangelbeseitigungskosten für die vom Sachverständigen festgestellten Dachmängel befasste, erging am 26.11.2015. Ein Endurteil des Landgerichts München I erging am 28.11.2018.

Im Zuge der Vorbereitung der Ausschreibung zur Durchführung der Nachbesserungsarbeiten bezüglich der Mängel an Haus … beauftragte die Klägerin Anfang 2014 Herrn …. Dieser stellte im April 2015 fest, dass die Mängel der Dachdeckung des Tonnendaches des Hauses … bei dem baugleichen Tonnendach des Hauses … ebenfalls vorlägen. Die Sanierung dieser Systemmängel des Hauses … erfordere unter Zugrundelegung und Beachtung der EnEV 2014 einen Kostenaufwand in Höhe von … € (…) € netto Sanierungskosten, … € Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % und … € Bauleitungskosten in Höhe von 20 %). Auf die als Anlage K 7 vorgelegte Kostenermittlung wird Bezug genommen.

Der Vorteil an Energieeinsparung, der der Klägerin und ihren Bewohnern tatsächlich merkbar zufließt, dadurch dass die Wärmedämmung durch Einhaltung der EnEV 2014 verbessert wird, ist minimal und wirkt sich nicht pekuniär aus.

Mit Schreiben vom 20.01.2016 forderte der Klägervertreter den Beklagtenvertreter auf, einen weiteren Kostenvorschussbetrag in Höhe von … € bis zum 29.01.2016 zu bezahlen. Durch dieses Schreiben sind der Klägerin Rechtsanwaltskosten in Höhe von … € aus einem Streitwert in Höhe von … € entstanden.

Die Klägerin behauptet, dass – wie von Herrn … festgestellt – die von dem Sachverständigen … festgestellten Systemmängel des Tonnendaches des Hauses Nr. … auch bei dem baugleichen Tonnendach des Hauses … vorlägen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Vorgaben der EnEV 2014 seien bei der Sanierung einzuhalten. Die Klausel in den Kaufverträgen, wonach die Beklagte lediglich die zum Zeitpunkt der Einreichung der Baugenehmigung geltenden Regeln der Technik einzuhalten habe, sei gemäß § 307 BGB nichtig.

Der Höhe nach hat die Klägerin ihr Klagebegehren zunächst auf die Kostenermittlung des Herrn … gestützt. Zuletzt behauptet sie, für die Mangelbeseitigung würden reine Baukosten in Höhe von netto … € entstehen. Zu ersetzen sei zudem 19 % Mehrwertsteuer sowie ein Zuschlag in Höhe von 20 % der Baukosten als Baunebenkosten. Die Klägerin verrechnet den bereits geleisteten Kostenvorschuss in Höhe von … € auf die Sanierungskosten für das Dach des Hauses ….

Nachdem die Klägerin in der Klageschrift zunächst die Zahlung von … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2016 sowie vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag seit Klagezustellung beantragt hatte (Bl. 2 d.A.), hat sie ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 nach Klarstellung auf einen Zahlungsbetrag in Höhe von … € nebst Zinsen erhöht (Bl. 189 d. A.). Mit Schriftsatz vom 05.11.2019 hat die Klägerin die Klage auf einen Zahlungsbetrag in Höhe von … € nebst weiterer Zinsen nochmals erhöht (Bl. 192 d. A.).

Die Klägerin beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu bezahlen … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz

– aus … € seit dem 30.01.2016 und

– aus weiteren … € seit dem 30.11.2019

sowie vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.A. über Basiszinssatz aus diesem Betrag seit Klagezustellung.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Der Streithelfer … sowie die Streithelferinnen … schließen sich dem Klageabweisungsantrag an.

Die Beklagte bestreitet, dass am streitgegenständlichen Dach des Hauses … vergleichbare Mängel vorliegen wie der Sachverständige … an dem Dach des Hauses Nr. … der Wohnanlage festgestellt hat. Sie behauptet, der bereits gezahlte Kostenvorschuss reiche zur Mängelbeseitigung aus.

Die Beklagte meint, der geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss sei verwirkt, da die Verwendung und die Abrechnung des Vorschusses binnen angemessener Frist erfolgen müsse. Sie verweist zudem darauf, dass in dem Verfahren vor dem Landgericht München 15 O 4202/10 bereits im Jahr 2009 eine Stellungnahme des Privatsachverständigen von Haxthausen betreffend das Haus … vorgelegt wurde. Jedenfalls sei es unzulässig, nunmehr einen weiteren Vorschuss geltend zu machen. Ein weiterer Vorschuss sei dem Abrechnungsprozess fremd.

Mehrkosten aufgrund strengerer Anforderungen der EnEV 2014 müsse die Beklagte wegen Ziffer II.2. der Erwerberverträge und der Tatsache, dass die Baugenehmigung im Jahr 2001 beantragt wurde, nicht tragen. Die Vorschriften der EnEV 2014 seien bei der Sanierung des streitgegenständlichen Daches nicht einzuhalten.

Die Beklagte und die Streithelfer … und … erheben die Einrede der Verjährung. Die Streithelfer behaupten, die Klägerin habe seit 2007 eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums abgelehnt. Die Beklagte verweist darauf, dass in dem Verfahren 24 O 10555/08 vor dem Landgericht München I die Klägerin bereits im Juni 2008 eine Vorschussklage gegen die Beklagte eingereicht hat.

Die Klage ist der Beklagten am 17.11.2016, der Schriftsatz vom 05.11.2019 am 23.11.2019 zugestellt worden (nach Bl. 14 und 196 d.A.).

Mit Beschlüssen vom 30.01.2017 und 07.03.2019 sowie Verfügung vom 16.03.2017 hat das Gericht Hinweise erteilt (Bl. 37, 48 f., 163 ff. d.A.).

Das Gericht hat am 11.07.2017 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tag wird verwiesen (Bl. 69 ff. d.A.).

Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 14.09.2017 (Bl. 92 ff. d.A.) hat der Sachverständige H. B1.-van L. ein schriftliches Gutachten vom 23.11.2018 (Bl. 123 ff. d.A.) erstattet. Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 07.03.2019 (Bl. 163 ff. d.A.) hat der Sachverständige H. B1.-van L. unter Übergabe einer Tischvorlage vom 28.10.2019 in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 ein ergänzendes mündliches Sachverständigengutachten erstattet. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen (Bl. 185 ff. d.A.).

Nach Zustimmung der Klägerin vom 27.11.2019 (Bl. 197 d.A.) und der Beklagten vom 13.12.2019 (Blatt 205 d.A.) hat das Gericht am 03.01.2020 beschlossen, dass ohne mündliche Verhandlung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO entschieden wird (Bl. 206 f. d.A.). Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsatz eingereicht werden konnten, ist der 20.01.2020 bestimmt worden.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die genannten Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat weitgehend Erfolg.

A.

Die Klage ist zulässig und zum Großteil begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht ihr nicht gemäß § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts München I vom 16.05.2013 mit dem Aktenzeichen 8 O 14663/07 entgegen. Denn das Urteil im Vorprozess schöpft die Klage nicht quantitativ aus und stellt nicht endgültig fest, in welcher Höhe ein Vorschussanspruch der Klägerin zusteht (vgl. OLG München, Urteil vom 26.01.1994 – 27 U 513/93).

II.

Die Klage ist im Wesentlichen auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung an dem Dach des Hauses … in Höhe von … € (siehe Ziffer 1.) nebst Zinsen (siehe Ziffer 2.). Lediglich auf die Zahlung vorprozessualer Anwaltskosten samt Verzinsung hat die Klägerin keinen Anspruch (siehe Ziffer 3.).

1. Der Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 637 Abs. 3 BGB a.F., 242 BGB auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung an dem Dach des Hauses … in Höhe von … €.

a) Die von der Klägerin geltend gemachten Mängel liegen vor.

Mag zwar schon das Endurteil in dem Verfahren 8 O 14663/07 die Mängel rechtskräftig feststellen, so hat sie jedenfalls der Sachverständige … in dem vorliegenden Verfahren festgestellt. Er hat in seinem Gutachten vom 23.11.2018 ausgeführt, an Haus … und an Haus …ägen Mängel und Schäden vor, die sich aufgrund zu geringer Neigungen, mangelhafter Ausführungsplanung, Führung der Dachdeckung an aufgehenden Bauteilen, nicht berücksichtigter Längenänderungen etc. am Dach Haus … und Dach Haus … ergeben. Diese seien als Systemmängel zu bewerten. In der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 hat der Sachverständige ausgeführt, dass aufgrund seines Augenscheins die von ihm bei Haus … festgestellten Mängel deckungsgleich seien mit den Mängeln, die der Sachverständige … bei Haus … festgestellt habe. Es gehe um das grundsätzliche Problem der thermischen Lageänderung der Scharen und den Temperaturwechsel. Die Scharen unterlägen Zwangspunkten. Auch gäbe es aufgehende Bauteile. Demgemäß seien auch die aufgetretenen Schadensbilder dieselben.

Das Gericht schließt sich den insofern nachvollziehbaren Aussagen des Sachverständigen, an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen.

b) Zur Mängelbeseitigung fallen Kosten in Höhe von … € an.

aa) Gemäß der Tischvorlage vom 28.10.2019 des Sachverständigen …, die dieser in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 nachvollziehbar erläutert hat, betragen die Sanierungskosten … € netto ohne Bauleitung an. Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen.

bb) In diesem Betrag sind auch die Mehrkosten für die Ausbildung gemäß den Vorgaben der EnEV 2014 enthalten. Eine Mängelbeseitigung muss die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik einhalten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 03.07.2012, 10 U 33/12; OLG Schleswig, Urteil vom 01.02.2019, 1 U 42/18). Dahinstehen kann insoweit, ob die Klausel in Ziffer II.2. der Erwerberverträge wirksam ist.

cc) Hinzu kommen 19% Mehrwertsteuer in Höhe von rund … € (abgerundet wie eingeklagt) sowie ca. 20% der Bruttobausumme als Bauleitungskosten in Höhe von rund 27.000,00 € (abgerundet wie eingeklagt). Letztere hat der Sachverständige … in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 überzeugend als für angemessen für Ausschreibung, Bauleitung und Abnahme erachtet.

dd) Abzuziehen ist der seitens der Beklagten bereits geleistete Vorschuss in der von der Klägerin angegebenen Höhe von 10.955,86 €. Aus dem Urteil des Landgerichts München I mit dem Aktenzeichen 8 O 14663/07 ergibt sich eindeutig, dass der Betrag in Höhe von … € den Vorschuss für die Mangelbeseitigung an den Dächern der Häuser … und … darstellt. Wenn die Beklagte aufgrund dieses Urteils den Betrag in Höhe von … € zahlt, ist nach den Umständen davon auszugehen, dass für die Mangelbeseitigung sowohl für die Sanierung des Daches an Haus Nr. … als auch für die Sanierung des Daches an Haus Nr. … bestimmt war (vgl. § 367 Abs. 2 BGB). Dementsprechend ist der Vorschuss in Höhe von … € in dem Verfahren 18 O 664/13 für die Dachsanierung verrechnet worden.

c) Die Entscheidung des BGH vom 19.01.2017 (VII ZR 301/13), wonach Mängelrechte grundsätzlich erst nach Abnahme geltend gemacht werden können, steht einem Anspruch der Klägerin auf Vorschusszahlung trotz fehlender Abnahme nicht entgegen.

Ziffer IV.2.b) der Erwerberverträge ist unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2016, VII ZR 188/13). Dem Verwender einer solchen unwirksamen Klausel ist es nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag noch im Erfüllungsstadium befinde (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, VII ZR 171/15).

d) Die Einrede der Verjährung greift nicht durch.

Die Verjährung beginnt mit der Abnahme, § 634a Abs. 2 BGB a.F. Eine solche ist unstreitig noch nicht erfolgt. Die Klägerin hat weder die Abnahme verweigert noch ist zwischen den Parteien ein Abrechnungsverhältnis eingetreten.

Der Vortrag der Streithelfer … und …, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums sei im Jahr 2007 abgelehnt worden, haben diese trotz Hinweises des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2017 (Bl. 71 d. A.) nicht substantiiert. Unerheblich ist insoweit, ob die Klägerin im Jahr 2006 beschlossen hat, Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegenüber der Beklagten durchzusetzen oder im Jahr 2007, Gewährleistungsansprüche wegen der Mängel an den Dächern gerichtlich geltend zu machen. Eine Abnahme oder Ablehnung der Abnahme vermag das Gericht darin nicht zu erkennen.

Ein Abrechnungsverhältnis ist aufgrund der als Anlage B 1 vorgelegten Klageschrift aus dem Jahr 2008 nicht eingetreten. Ein Vorschussverlangen führt nur dann zu einem Abrechnungsverhältnis, wenn es die Erklärung enthält, mit dem Unternehmer nicht mehr zusammenzuarbeiten (BGH NJW 2017, 1604).

e) Der Anspruch auf Vorschuss ist nicht verwirkt.

Schon aufgrund der Tatsachen, dass in dem Verfahren 18 OH 10880/10 bzw. 18 O 664/13 seit dem Gutachten des Sachverständigen B1.-van L. vom 27.08.2012 für die Mangelbeseitigung am Dach des Hauses … erheblich höhere Kosten im Raum standen als durch den Sachverständigen … festgestellt und dass das Endurteil vom 25.02.2015 noch mit der Berufung angegriffen worden ist, fehlt es insoweit jedenfalls an dem erforderlichen Umstandsmoment. Aus der als Anlage B 2 vorgelegten Stellungnahme des Privatsachverständigen … vom 15.11.2009 lassen sich keine Rückschlüsse auf das vorliegende Verfahren ziehen, da diese das Haus … und nicht das streitgegenständliche Haus … oder das bezüglich des Daches vergleichbare Haus … betraf.

2. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Verzinsung des Zahlungsbetrags.

Der Anspruch ergibt sich hinsichtlich des ursprünglich eingeforderten Betrags in Höhe von … € aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB. Denn dieser Betrag wurde mit Schreiben des Klägervertreters vom 20.01.2016 mit Fristsetzung zum 29.01.2016 angemahnt. Hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 05.11.2019 eingeforderten weiteren Betrages in Höhe von … € ergibt sich der Anspruch aus §§ 291 S. 1 BGB, 261 Abs. 2 ZPO. Der Schriftsatz ist der Beklagten am 23.11.2019 zugestellt worden.

3. Vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von … € samt Verzinsung kann die Klägerin nicht geltend machen.

Die Anwaltskosten sind für das Schreiben vom 20.01.2016 entstanden, mit dem der erweiterte Kostenvorschuss erstmals angefordert wurde. Erst durch dieses Schreiben geriet die Beklagte mit der Zahlung des weiteren Kostenvorschusses in Verzug. Die vorprozessualen Anwaltskosten wurden daher nicht durch den Verzug der Beklagten verursacht. Die Klägerin hätte den erweiterten Kostenvorschuss zunächst auch ohne die Einschaltung eines Rechtsanwalts geltend machen können.

B.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

C.

Der Streitwert entspricht nach §§ 48 GKG, 3 ZPO dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin und ergibt sich aus dem Leistungsantrag. Zinsen und vorgerichtliche Anwaltsgebühren bleiben gem. §§ 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO, 43 Abs. 1 GKG als Nebenforderungen außer Betracht.

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