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Per E-Mail geschlossener Architektenvertrag kann von Verbraucher widerrufen werden

Widerrufsrecht bei Architektenvertrag über Fernkommunikation

In einem Urteil des OLG Frankfurt (Az.: 21 U 49/23) wurde entschieden, dass Verbraucher einen per E-Mail geschlossenen Architektenvertrag widerrufen können, da es sich um einen Fernabsatzvertrag handelt, der nicht von den Ausnahmen des § 312c Abs. 1 BGB gedeckt ist. Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück, bestätigte die Rückzahlungspflicht von geleisteten Abschlagszahlungen an die Kläger und sah den Widerruf des Vertrages trotz der bereits erbrachten Leistungen und des fehlenden direkten Hinweises auf ein Widerrufsrecht als nicht rechtsmissbräuchlich an.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 U 49/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das OLG Frankfurt entschied, dass ein per E-Mail geschlossener Architektenvertrag von Verbrauchern widerrufbar ist, da er als Fernabsatzvertrag gilt.
  • Die Kläger hatten erfolgreich die Rückzahlung von Abschlagszahlungen nach Widerruf gefordert, und das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück.
  • Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass der Vertragsschluss eine Ausnahme vom Fernabsatz darstellte, und ihr wurde eine Vergütungspflicht trotz früherer Leistungserbringung verneint.
  • Ein Widerruf wurde auch im Falle von vorangegangenen Vertragswiderrufen und trotz der beruflichen Qualifikation eines Klägers als Rechtsanwalt nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen.
  • Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen und setzt klare Grenzen für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Widerrufs durch Verbraucher.
  • Der Fall betont die Verantwortung von Unternehmen, bei Fernabsatzverträgen die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen, um sich gegen Widerrufe zu schützen.
  • Die Entscheidung lehnt eine allzu enge Interpretation des § 242 BGB ab und bestärkt das Recht von Verbrauchern, von einem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, solange kein klarer Missbrauch vorliegt.
  • Das Gericht wies darauf hin, dass selbst die Kenntnis und das mögliche Ausnutzen der Rechtslage durch die Verbraucher deren Widerrufsrecht nicht einschränkt.

Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen

Im digitalen Zeitalter werden zunehmend Verträge über das Internet oder andere Fernkommunikationsmittel geschlossen. Dabei genießen Verbraucher einen besonderen Schutz durch das Widerrufsrecht. Dieses ermöglicht die Rückgängigmachung solcher Fernabsatzverträge innerhalb einer gesetzlichen Frist, ohne Angaben von Gründen.

Das Widerrufsrecht ist ein zentrales Instrument des Verbraucherschutzes. Es trägt der Tatsache Rechnung, dass Verbraucher bei Fernabsatzverträgen die Ware nicht vorher besichtigen und die Vertragsbedingungen nicht direkt erläutern lassen können. Fehler oder Übervorteilungen sollen so vermieden werden. Unternehmen sind daher verpflichtet, Verbraucher ordnungsgemäß über deren Widerrufsrecht zu belehren.

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➜ Der Fall im Detail


Widerruf eines per E-Mail geschlossenen Architektenvertrags

Im Zentrum des Falls steht ein zwischen den Klägern und der Beklagten per E-Mail geschlossener Architektenvertrag, der den An- und Umbau eines Einfamilienhauses in ein Drei-Familien-Haus zum Gegenstand hatte.

Architektenvertrag per E-Mail widerrufen?
Widerruf von Architektenvertrag per E-Mail: OLG Frankfurt stärkt Verbraucherschutz (Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Die Kläger hatten zunächst einen Architekten mit der Planung beauftragt und später über ein Internetportal, das von der Beklagten betrieben wird, einen weiteren Vertrag zur Überarbeitung dieser Pläne geschlossen. Der Vertrag enthielt keine Widerrufsbelehrung, und die Kläger widerriefen diesen Vertrag kurz nach Vertragsschluss. Sie forderten die Rückzahlung der bereits geleisteten Abschlagszahlungen und verlangten die Feststellung, dass der Beklagten keine weiteren Zahlungsansprüche zustehen.

Gründe und Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung

Die Kläger begründeten ihren Widerruf damit, dass es sich um einen Fernabsatzvertrag gemäß § 312c Abs. 1 BGB handele und sie infolge des Widerrufs ein Recht auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen hätten. Die Beklagte hingegen argumentierte, der Vertragsschluss falle unter eine Ausnahme des Fernabsatzrechts, da sie normalerweise keine Verträge über Fernkommunikationsmittel schließe und die Kläger bereits über Pläne verfügten. Zudem behauptete sie, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich.

Das Urteil des OLG Frankfurt

Das Landgericht gab der Klage der Verbraucher statt und entschied, dass die Kläger den Vertrag wirksam widerrufen hatten. Das Gericht führte aus, dass der Vertrag als Fernabsatzvertrag zu qualifizieren sei und die Beklagte nicht nachweisen konnte, dass eine Ausnahme vom Fernabsatzrecht vorliege. Die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Kläger wurde zurückgewiesen, da hohe Anforderungen an einen solchen Vorwurf gestellt werden und keine besondere Schutzwürdigkeit der Beklagten dargelegt wurde.

Argumentation und Abwägung des Gerichts

Das Gericht legte dar, dass die Beklagte die Pflicht gehabt hätte, eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, und dass das Fehlen einer solchen Belehrung den Widerruf nicht rechtsmissbräuchlich mache. Die Nutzung der erbrachten Leistungen durch die Kläger stünde dem Widerrufsrecht nicht entgegen, da das Gesetz dem Unternehmer hierfür einen Anspruch auf Wertersatz biete, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlagen.

Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Verbraucherschutzes im Fernabsatzrecht und klärt, dass der Widerruf eines Fernabsatzvertrags auch dann möglich ist, wenn bereits Leistungen erbracht wurden. Sie betont zudem die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung und setzt enge Grenzen für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bei der Ausübung des Widerrufsrechts.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Fernabsatzvertrag und wie erkenne ich ihn?

Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon, E-Mail, Internet oder Katalog abgeschlossen wird.

Folgende Merkmale kennzeichnen einen Fernabsatzvertrag:

  • Der Vertrag kommt zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zustande.
  • Für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss werden ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet, ohne dass die Parteien gleichzeitig körperlich anwesend sind.
  • Der Vertragsschluss erfolgt im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems des Unternehmers.

Verbraucher können einen Fernabsatzvertrag daran erkennen, dass

  • der Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers, sondern z.B. telefonisch, per E-Mail oder über einen Onlineshop abgeschlossen wird,
  • der Unternehmer über ein organisiertes System für Fernabsatzgeschäfte verfügt, d.h. regelmäßig Verträge auf diesem Weg abschließt.

Auch Verträge über Dienstleistungen wie Architektenverträge können Fernabsatzverträge sein, wenn sie die genannten Merkmale erfüllen. Wird ein Architektenvertrag z.B. per E-Mail geschlossen, handelt es sich in der Regel um einen Fernabsatzvertrag. Der Architekt muss dann die besonderen Informationspflichten beachten und der Verbraucher hat ein Widerrufsrecht.

Zusammengefasst ist ein Fernabsatzvertrag also ein Vertrag, der ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Parteien über Fernkommunikationsmittel im Rahmen eines organisierten Vertriebssystems des Unternehmers abgeschlossen wird. Verbraucher sollten bei Vertragsschlüssen ohne persönlichen Kontakt zum Unternehmer aufmerksam sein, da dann häufig Fernabsatzregeln mit besonderen Schutzvorschriften gelten.

Welche Rechte habe ich beim Widerruf eines Fernabsatzvertrags?

Als Verbraucher haben Sie bei Fernabsatzverträgen in der Regel ein 14-tägiges Widerrufsrecht, innerhalb dessen Sie den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen können. Die Widerrufsfrist beginnt bei Warenlieferungen, sobald Sie die Ware erhalten haben. Bei Dienstleistungen kann die Frist auch schon mit Vertragsschluss beginnen.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie den Widerruf gegenüber dem Unternehmer eindeutig erklären, z.B. per Brief oder E-Mail. Ein Grund muss nicht genannt werden. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Nach erklärtem Widerruf müssen die empfangenen Leistungen unverzüglich, spätestens binnen 14 Tagen zurückgewährt werden. Sie müssen erhaltene Waren an den Unternehmer zurücksenden. Die unmittelbaren Kosten der Rücksendung müssen Sie nur tragen, wenn der Unternehmer Sie darüber informiert hat. Andernfalls trägt der Unternehmer die Rücksendekosten und Sie können die Ware auch unfrei zurückschicken.

Wichtig ist, dass die 14-tägige Widerrufsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Unternehmer Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt hat. Andernfalls verlängert sich die Frist auf 12 Monate und 14 Tage.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen vom Widerrufsrecht, z.B. bei schnell verderblichen Waren, versiegelten Hygieneartikeln, individualisierten Produkten oder bestimmten Dienstleistungen.

Zusammengefasst gewährt Ihnen das Gesetz als Verbraucher bei Fernabsatzverträgen ein starkes Widerrufsrecht, mit dem Sie sich innerhalb von 14 Tagen unkompliziert vom Vertrag lösen können. Informieren Sie sich am besten schon vor Vertragsschluss über die geltenden Bedingungen und bewahren Sie alle relevanten Unterlagen auf, um Ihr Widerrufsrecht im Bedarfsfall schnell und einfach ausüben zu können.

Wie wirkt sich der Widerruf auf bereits erbrachte Leistungen aus?

Der Widerruf eines Fernabsatzvertrags durch den Verbraucher hat grundsätzlich zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von beiden Seiten zurückgewährt werden müssen. Das bedeutet, der Verbraucher muss die erhaltene Ware zurückgeben und der Unternehmer den gezahlten Kaufpreis erstatten.

Allerdings kann der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein, dem Unternehmer Wertersatz für bereits erbrachte Leistungen zu zahlen:

  • Wertersatz für einen Wertverlust der Ware: Hat die Ware durch einen Umgang, der zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise nicht notwendig war, an Wert verloren und wurde der Verbraucher zuvor vom Unternehmer ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, muss er Wertersatz leisten.
  • Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen: Hat der Verbraucher verlangt, dass der Unternehmer mit der Dienstleistung schon während der Widerrufsfrist beginnt und wurde die Leistung bis zum Widerruf bereits (teilweise) erbracht, muss der Verbraucher dafür anteilig Wertersatz zahlen.

Voraussetzung für einen Wertersatzanspruch des Unternehmers ist aber immer, dass er den Verbraucher vor Vertragsschluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht und die mögliche Wertersatzpflicht informiert hat. Fehlt eine solche Belehrung, geht der Unternehmer trotz erbrachter Leistung leer aus.

Die Höhe des zu leistenden Wertersatzes muss der Unternehmer darlegen und beweisen. Sie richtet sich nach dem Wertverlust bzw. dem Wert der bis zum Widerruf erbrachten Leistung. Pauschale Wertersatzklauseln in AGB sind gegenüber Verbrauchern unwirksam.

Zusammengefasst führt der Widerruf also dazu, dass grundsätzlich bereits ausgetauschte Leistungen zurückgewährt werden müssen. Nur wenn der Verbraucher durch einen nicht notwendigen Umgang einen Wertverlust verursacht hat oder bereits Dienstleistungen in Anspruch genommen wurden und er darüber zuvor informiert wurde, muss er insoweit Wertersatz zahlen. Ohne ordnungsgemäße Belehrung geht der Unternehmer dagegen trotz erbrachter Leistung leer aus.

Kann mein Widerruf als rechtsmissbräuchlich angesehen werden?

Die Ausübung Ihres Widerrufsrechts bei einem Fernabsatzvertrag kann nur in absoluten Ausnahmefällen als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Grundsätzlich steht Ihnen als Verbraucher das Widerrufsrecht ohne Einschränkungen zu, wenn der Vertrag wirksam geschlossen wurde.

Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs gelten sehr hohe Anforderungen. Folgende Kriterien sind maßgeblich:

  • Der Widerruf erfolgt aus sachfremden Gründen, die dem Schutzzweck des Widerrufsrechts völlig zuwiderlaufen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Verbraucher den Unternehmer gezielt schädigen oder schikanieren will.
  • Es liegen besondere Umstände vor, in denen der Unternehmer in hohem Maße schutzbedürftig ist, z.B. bei arglistigem oder gezielt schädigendem Verhalten des Verbrauchers.
  • Die Grenze zur Arglist oder Schikane muss dabei eindeutig überschritten sein.

Allein die Tatsache, dass Sie mit dem Widerruf günstigere Vertragsbedingungen durchsetzen wollen oder den Vertrag aus anderen als den „typischen“ Gründen widerrufen, reicht für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht aus. Auch ein Preisvergleich nach Vertragsschluss und Verhandlungen mit dem Unternehmer über einen günstigeren Preis sind noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten.

Der Bundesgerichtshof stellt klar: Das Widerrufsrecht soll dem Verbraucher ein einfaches und effektives Recht zur Loslösung vom Vertrag geben. Eine Begründung ist nicht erforderlich. Deshalb ist es grundsätzlich unerheblich, aus welchen Gründen der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.

Zusammengefasst wird ein Rechtsmissbrauch beim Widerruf daher nur in extremen Ausnahmesituationen in Betracht kommen. Solange Sie nicht gezielt arglistig oder schädigend handeln, können Sie Ihr Widerrufsrecht ohne Bedenken ausüben. Die bloße Verfolgung eigener Interessen wie die Durchsetzung eines günstigeren Preises reicht für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht aus.

Welche Ausnahmen gibt es vom Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen?

Es gibt einige wichtige Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen, in denen Verbraucher den Vertrag nicht oder nur eingeschränkt widerrufen können:

  1. Individuell angefertigte oder personalisierte Waren: Wenn die gekaufte Ware speziell für den Verbraucher hergestellt wurde und auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist, besteht kein Widerrufsrecht. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer noch nicht mit der Produktion begonnen hat.
  2. Schnell verderbliche Waren: Bei Produkten, die schnell verderben können, wie z.B. frische Lebensmittel, Torten oder Fleischwaren, ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen.
  3. Versiegelte Waren: Wenn Waren aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene versiegelt geliefert werden und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde, erlischt das Widerrufsrecht.
  4. Entsiegelte Datenträger: Auch bei Software, CDs, DVDs oder anderen Datenträgern, die in einer versiegelten Packung geliefert und vom Verbraucher entsiegelt wurden, besteht kein Widerrufsrecht mehr.
  5. Zeitgebundene Dienstleistungen: Das Widerrufsrecht kann für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen ausgeschlossen sein, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, z.B. Hotelreservierungen, Konzert- oder Sportveranstaltungen.
  6. Zeitungen, Zeitschriften und Magazin-Abos: Hier besteht ebenfalls kein Widerrufsrecht, es sei denn, es handelt sich um Probeabos.
  7. Notarverträge: Verträge, bei denen ein Notar mitwirkt, wie z.B. Immobilienkäufe, unterliegen nicht dem Widerrufsrecht.
  8. Versteigerungen: Wenn Waren oder Dienstleistungen im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerung erworben werden, gibt es kein Widerrufsrecht.

Wichtig ist, dass der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss klar und verständlich über den Ausschluss des Widerrufsrechts informieren muss. Fehlt dieser Hinweis, kann sich der Unternehmer in der Regel nicht auf die Ausnahme berufen und der Verbraucher kann ggf. doch noch widerrufen.

Die genannten Ausnahmen sollen Unternehmer vor unverhältnismäßigen Belastungen schützen und Rechtssicherheit schaffen. Verbraucher sollten sich aber bewusst sein, dass sie in diesen Fällen an den Vertrag gebunden sind. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, vor dem Kauf beim Anbieter nachzufragen, ob ein Widerrufsrecht besteht.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 312c BGB
    Der § 312c BGB regelt Fernabsatzverträge und ist zentral, um zu verstehen, unter welchen Bedingungen Verbraucher Verträge widerrufen können, die sie nicht vor Ort, sondern über Distanzkommunikationsmittel wie E-Mail abgeschlossen haben. Dieser Paragraph ist besonders relevant, da der Streitfall einen per E-Mail geschlossenen Architektenvertrag betrifft, der von den Verbrauchern widerrufen wurde.
  • § 522 Abs. 2 ZPO
    Dieser Paragraph erlaubt es Gerichten, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Er ist relevant für das Verständnis des gerichtlichen Verfahrens und der Entscheidungsfindung im vorgestellten Fall.
  • § 357a BGB
    Regelt den Wertersatz nach Widerruf im Fernabsatzrecht. Dies ist besonders wichtig, da es um die Frage geht, inwiefern Verbraucher für bereits erbrachte Leistungen im Rahmen eines widerrufenen Vertrags Wertersatz leisten müssen.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben)
    Dieser allgemeine Grundsatz wird angewandt, um zu prüfen, ob das Verhalten der Verbraucher beim Widerruf des Vertrags als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Die Anwendung dieses Grundsatzes zeigt, wie das Gericht den Kontext und die Fairness der Vertragswiderrufung beurteilt.
  • § 13 BGB (Verbraucherbegriff)
    Definiert den Verbraucher im juristischen Sinne und ist relevant, um die Parteien des Vertragsverhältnisses korrekt einzuordnen und deren Rechte und Pflichten zu bestimmen. Im Kontext des Falls hilft es, den Anwendungsbereich von Verbraucherschutzvorschriften zu verstehen.
  • § 307 Abs. 1 S.2 BGB
    Betrifft die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ist relevant, wenn es um die Wirksamkeit von Vertragsklauseln geht, hier insbesondere im Hinblick auf die Nichtigkeit des Architektenvertrags wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz.


Das vorliegende Urteil

Architekten und Ingenieure – OLG Frankfurt – Az.: 21 U 49/23

Beschluss vom 30.01.2024

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.

2. Es besteht Gelegenheit, zu dem Hinweisbeschluss bis zum 04. März 2024 Stellung zu nehmen.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen von der Beklagten u.a. Rückzahlung von Architektenhonorar nach Widerruf des Architektenvertrages.

Die Kläger beabsichtigten den An- und Umbau ihres Einfamilienhauses in ein Drei-Familien-Haus. Hierfür hatten sie zunächst den Architekten ### mit der Planung beauftragt.

Die Parteien schlossen am 13.06.2022 per E-Mail einen Architektenvertrag (Anlage K 1 und K2). Die Beklagte, die das Internetportal ### betreibt, sollte u.a. die Ausführungsplanung erstellen und die Genehmigungsplanung des Architekten ### überarbeiten. Das Angebot der Beklagten vom 13.06.2022 enthielt keine Widerrufsbelehrung (Anlage K 1). Den Architektenvertrag mit dem Architekten ### widerriefen die Kläger am 15.06.2022.

Die Überarbeitung der Genehmigungsplanung wurde vereinbarungsgemäß auf Stundenbasis abgerechnet. Die Baugenehmigung wurde am 21.09.2022 erteilt. Die Kläger leisteten auf drei Abschlagsrechnungen Zahlungen in Höhe von insgesamt 23.102,13 Euro. Eine vierte Abschlagsrechnung in Höhe von 11.284,26 Euro wurde nicht mehr bezahlt. Mit E-Mail vom 28.11.2022 (Anlage K 7) erklärten die Kläger den Widerruf des Vertrags.

Mit der Klage haben die Kläger die Rückzahlung der Abschlagszahlungen geltend gemacht sowie die Feststellung verlangt, dass der Beklagten keine weiteren Zahlungsansprüche zustehen.

Sie sind der Auffassung gewesen, es liege ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312c Abs. 1 BGB vor. Aufgrund des erklärten Widerrufs habe sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Die Beklagte habe weder dargelegt, noch unter Beweis gestellt, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem erfolgt wäre. Hierzu hat sie ergänzend behauptet, die Beklagte habe mit einer Vielzahl von Kunden Verträge auf elektronischem Wege geschlossen. Sie sind des Weiteren der Auffassung gewesen, sie seien nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben an der Ausübung des Widerrufsrechts gehindert. Die Beklagte habe eine besondere Schutzwürdigkeit ihrerseits schon nicht dargelegt. Die Beendigung des Vertrages mit dem Architekten ### sei für die Beurteilung unerheblich. Dessen Leistung sei im Übrigen mangelbehaftet gewesen und hätte von der Beklagten, wie sich aus der Abrechnung von 78 Arbeitsstunden ergebe, umfassend überarbeitet werden müssen. Zudem sei die von der Beklagten erstellte Planung nicht fertiggestellt und aufgrund von verschiedenen Mängeln unbrauchbar.

Sie haben beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, gemeinschaftlich an sie 23.102,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 07.12.2022 zu zahlen sowie

2. festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 11.282,26 EURO gemäß der am 21.10.2022 gestellten Rechnung RE0629 gegen sie habe.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht gewesen, es liege der Ausnahmetatbestand des § 312c Abs. 1 2. HS BGB vor, weil sie normalerweise nicht über Fernkommunikationsmittel Verträge abschließe. Es habe sich um eine Ausnahme gehandelt, weil die Kläger bereits über Pläne ihres zuvor beauftragten Architekten verfügt hätten.

Zudem hätten die Kläger – in Kenntnis der fehlenden Widerrufsbelehrung – ausdrücklich verlangt, dass mit der Leistungserbringung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werde, so dass entsprechend § 357a Abs. 2 BGB eine Vergütungspflicht folge.

Jedenfalls handele es sich um eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB, da die Kläger bei Vertragsschluss ihr Widerrufsrecht gekannt und bereits den zuvor geschlossenen Architektenvertrag mit dem Architekten widerrufen und Rückzahlung des Honorars mit der Begründung verlangt hätten, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden seien. Dabei sei auch das Sonderwissen des Klägers zu 2) als Rechtsanwalt sowie im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Widerruf mit zu berücksichtigen. Die Kläger hätten die Planung entgegengenommen und zudem gegenüber der Bauaufsichtsbehörde verwertet. Mängel ihrer Leistung seien ihr erstmals im Klageverfahren entgegengebracht worden.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage – bis auf den Zinslauf – stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger hätten den Vertrag gemäß §§ 312, 312g Abs. 1, 312 c Abs. 1,2 BGB widerrufen können, da ein Fernabsatzvertrag geschlossen worden sei. Die Beklagte habe das Vorliegen des in § 312c Abs. 1 BGB geregelten Ausnahmetatbestandes weder hinreichend dargelegt noch Beweis angeboten. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei nicht rechtsmissbräuchlich. Dabei seien an die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beim Verbraucherwiderruf hohe Anforderungen zu stellen. Dies könne nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden, wenn sich das Unternehmen als besonders schutzwürdig darstelle oder im Falle eines besonders arglistigen oder schikanösen Verhaltens des Verbrauchers. Von einer solche Ausnahmekonstellation sei nicht auszugehen. Umstände, die ein besonders rücksichtsloses oder gar arglistiges Verhalten der Kläger begründen könnten, seien auch im Zusammenhang mit dem weiteren Widerruf nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Kläger zu 2) Rechtsanwalt sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, da ansonsten der Verbraucherbegriff des § 13 BGB unangemessen eingeschränkt würde. Die Verwertung der Planungsleistungen stehe dem Widerruf nicht entgegen, da der Verbraucher das ihm eingeräumte Widerrufsrecht auch zu seinem Vorteil nutzen dürfe. Das Gesetz stelle dem Unternehmer als Ausgleich den Wertersatz nach § 357a BGB zur Verfügung, dessen Voraussetzungen im BGB abschließend geregelt seien. Der Feststellungsanspruch sei begründet. Das besondere negative Feststellungsinteresse sei gegeben, weil sich die Beklagte mit der Abschlagsrechnung vom 21.10.2022 einem entsprechenden Vergütungsanspruch berühmt habe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird ergänzend auf das Urteil vom 26.06.2023 (Bl. 179 ff d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 11.07.2023 zugestellt worden ist (Bl. 188 d.A.), hat sie am 09.08.2023 Berufung eingelegt (Bl. 202,203 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist (Bl. 224 d.A.) am 11.10.2023 begründet (Bl. 234 ff d.A.). Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe es zunächst verfahrensfehlerhaft unterlassen, sie auf ein fehlendes Beweisangebot betreffend der üblicherweise nicht ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgenden Vertragsabschlüsse hinzuweisen sondern ermessensfehlerhaft eine nahliegende Vermutung angenommen. In der Regel finde die Beauftragung der Beklagten jedoch nicht unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln statt. Vielmehr würden sich 90 % der Bauherren, wie bereits mit Schriftsatz vom 15.06.2023 vorgetragen, nach der ersten Anbahnungsphase über die Website für einen regionalen Partner entscheiden. Sie habe mit Schriftsatz vom 11.05.2023 ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten, ob es hierzu weiteren Vortrags bedürfe, ohne dass ein solcher Hinweis erfolgt wäre. Nach Erteilung eines solchen Hinweises hätte die Beklagte entsprechend gehandelt und Beweis angeboten. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei in dem konkreten Einzelfall unter Würdigung der Interessen aller am Rechtsstreit beteiligter Personen und Würdigung der gesamten Umstände rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB. Das Landgericht habe die entscheidungserheblichen Tatsachen unvollständig festgestellt und die Umstände unzureichend gewürdigt. Die Tatsachen um den Widerruf des vormaligen Architekten seien für die Einzelfallbetrachtung von erheblicher Bedeutung. Dieser hätte in direktem zeitlichem und tatsächlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss mit der Beklagten gestanden und die Beweiserhebung hätte entscheidungserhebliche Feststellungen ergeben können. Es wäre geboten gewesen, den Zeugen ### zu dem mit ihm geschlossenen und ihm gegenüber widerrufenen Architektenvertrag zu vernehmen. Das Landgericht habe zudem rechtsfehlerhaft die erforderliche Einzelfallbetrachtung unterlassen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht nicht nur schon einmal sondern in einem derart engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang ausgeübt, dass der Widerruf die Grenze zur Schikane oder Arglist überschreite. Wenn die Kläger nicht gewusst hätten, dass sie sich auf einfache Art und Weise von dem Vertrag mit dem Architekten ### hätten lösen können, hätten sie nicht bereits vor Beendigung einen neuen Vertrag mit der Beklagten geschlossen. Die Kläger hätten sich in Kenntnis der Rechtsfolgen des Widerrufs umfangreiche Leistungen durch die Beklagte erbringen lassen und diese verwertet. Die Beklagte habe nach Erteilung der Baugenehmigung den Klägern die Ausführungsplanung übermittelt (Anlage B 3). Erst nach diesen wesentlichen Leistungserbringungen hätten die Kläger den Vertrag widerrufen. Daher sei bereits bei einem „normalen“ Verbraucher eine Grenzüberschreitung naheliegend, vorliegend komme das Sonderwissen des Klägers zu 2) als Rechtsanwalt hinzu. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätten die Kläger in rechtlicher Hinsicht und aufgrund der bereits erfolgten Prüfung des Vertragsverhältnisses mit dem Zeugen ### um ihr Widerrufsrecht wegen der fehlenden Widerrufsbelehrung durch die Beklagte gewusst. Dieses ergebe sich auch aus der Widerrufserklärung selbst, in der die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen über ein gewöhnliches Maß hinaus erklärt würden. Zu diesem bestehenden Sonderwissen führe das Gericht in den Urteilsgründen nichts aus. Die Beklagte sei auch besonders schutzwürdig, weil die Kläger ihr gegenüber vorliegend nicht strukturell unterlegen seien. Vielmehr fehle ihnen ein schutzwürdiges Interesse an der Ausübung des Widerrufsrechts.

Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 26.06.2023 – Az. 26 O 144/22 – die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Soweit eine Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt werde, werde nicht dargelegt, welcher Vortrag im Falle eines erteilten Hinweises erfolgt wäre. Die Beklagte könne sich nicht einerseits auf ein – rechtlich unerhebliches – Sonderwissen berufen, und zum anderen die Auffassung vertreten, die Kläger hätten Wertersatz zu leisten, weil entweder kein Fernabsatzvertrag vorliege oder § 357a BGB eingreife. Es fehle bereits an substantiiertem Vortrag betreffend eines – etwaigen – rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Das Landgericht habe seine Rechtsauffassung unter Darlegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung begründet, ohne dass sich die Berufungsbegründung damit auseinandergesetzt habe.

Sie hätten sowohl im Schriftsatz vom 22.03.2023 als auch vom 24.05.2023 bestritten, dass die Ausnahmeregel des § 312 c Abs. 1, 2. HS BGB eingreife und ausgeführt, dass die Beweislast bei der Beklagten liege. Im Übrigen sei der Vortrag in der Berufungsbegründung hierzu teilweise neu und nicht zu berücksichtigen. Dieser sei teilweise zudem bereits erstinstanzlich verspätet gewesen, soweit er im Schriftsatz vom 15.06.2023 nach Schluss der mündlichen Verhandlung außerhalb des Gegenstands des Schriftsatznachlasses erfolgt sei.

Hinsichtlich des vorangegangenen Widerrufs sei es schon abwegig, warum dieser irgendetwas mit dem hier relevanten Vertragsverhältnis zu tun haben sollte. Zudem sei die bloße Möglichkeit, dass sich Feststellungen ergeben könnten, nicht ausreichend, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Es hätten konkrete Beweisangebote bereits in erster Instanz erfolgen müssen. Es bleibe nach wie vor unklar, was der Zeuge ### hätte aussagen sollen, das angeblich für das hiesige Rechtsverhältnis relevant sei. Zudem hätten sie zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht gewusst, ob ihr Widerruf gegenüber dem Architekten Großmann gültig war, da diesem gegenüber das Risiko eines Scheitern gemäß § 312c Abs. 1 2. HS BGB bestanden hätte. Die Beklagte sei zudem auch deshalb nicht schutzwürdig, weil die Kläger ihr den Widerruf gegenüber dem Architekten G. mitgeteilt hätten. Sie habe sich daraufhin bereit erklärt, diese bei der Klage gegen den Architekten zu unterstützen. Die Verbraucherschutzvorschriften würden auch nicht nur ausschließlich bei struktureller Unterlegenheit des Verbrauchers gelten. Vielmehr habe die Beklagte mehrfach gegen geltendes EU-Recht verstoßen. Letztlich sei der Architektenvertrag auch entsprechend der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Stundenvergütung wegen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S.2 BGB nichtig.

Wegen des weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung dürfte in der Sache aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg habe. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat nach den §§ 529, 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, eine der Beklagten rechtlich vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).

1. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Insoweit wird zunächst vollumfänglich auf die Begründung in dem Urteil vom 26.06.2023 Bezug genommen.

Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen. Das Landgericht hat weder seine Hinweispflicht verletzt, noch beruht die Annahme, es liege kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Kläger vor, auf einer Verkennung der tatsächlichen Voraussetzungen bzw. einer unvollständigen Tatsachenfeststellung.

a) Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312c BGB. Die Beklagte bietet auch in der Berufungsbegründung keinen Beweis für ihre streitigen Behauptungen im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand des § 312c Abs. 1 2. HS BGB an. Zunächst war ausgehend von den eindeutigen Ausführungen der Kläger in der Klageerwiderung auf Seite 7 sowie in dem Schriftsatz vom 23.05.2023 auf Seite 2 zur Frage der Beweislast ein gerichtlicher Hinweis an die anwaltlich vertretene Beklagte schon nicht veranlasst. Sie war zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet, wobei es sich um einen der wesentlichen Streitpunkte zwischen den Parteien gehandelt hat (Zöller/Greger, ZPO, 2024, § 139 Rn. 7). Eine Hinweispflicht wird auch – soweit nicht anderweitig geboten – nicht durch eine entsprechend formulierte Bitte ausgelöst.

Unabhängig davon, dass somit erstinstanzlich kein Verstoß gegen die Hinweispflicht vorgelegen hat, hat die Beklagte den erforderlichen Beweisantritt weiterhin nicht nachgeholt.

b) Zutreffend hat das Landgericht auch angenommen, dass den Klägern die Ausübung des Widerrufsrechts nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB verwehrt ist. Dabei geht aus den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deutlichkeit hervor, dass das Landgericht sowohl den Umstand, dass die Kläger zuvor bereits den Vertrag mit dem Architekten ## widerrufen hatten sowie die Tätigkeit des Klägers zu 2) als Rechtsanwalt in seine Beurteilung des Einzelfalles eingestellt hat. Die Annahme des Landgerichts, dass auch unter Berücksichtigung dieser Umstände sich das Verhalten der Kläger in den von der obergerichtlichen Rechtsprechung geforderten engen Grenzen nicht als ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich darstelle, ist nicht zu beanstanden.

Eine Vernehmung des Zeugen ### war nicht veranlasst. Der Umstand, dass die Kläger das Vertragsverhältnis mit dem Zeugen ### am 15.06.2022 und mithin nach Vertragsschluss mit der Beklagten widerrufen haben, ist unstreitig. Streitig ist allein, ob dies mit der Begründung einer fehlerbehafteten Widerrufsbelehrung erfolgt sei. Hierauf kommt es indes nicht an. Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, dass die Vorarbeiten des Zeugen ### mangelbehaftet waren und mit 78 abgerechneten Arbeitsstunden von der Beklagten überarbeitet werden mussten. Die Beklagte, die in der Klageerwiderung lediglich pauschal vorgetragen hatte, dass Daten übernommen werden konnten – was streitig geblieben ist -, ist diesem substantiierten Vortrag in der Replik der Kläger nicht entgegengetreten. Es besteht danach aber schon kein Anlass für die Annahme, dass die Kläger sich unter Ausnutzung einer formalen Rechtsposition Leistungen in dem Bewusstsein erschleichen wollten, diese später nicht zu vergüten, wie die Beklagte dies darzustellen versuchen. Mit welcher Begründung die Kläger sich letztlich von dem Vertrag mit dem Architekten ### lösen wollten, ist für die Beurteilung der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit des gegenüber der Beklagten erklärten Widerrufs daher nicht maßgeblich.

Welche konkrete Tatsachenbehauptung die Beklagte in das Wissen des Zeugen ### in diesem Zusammenhang stellen möchte, trägt die Beklagte zudem nicht vor. Soweit sie die Auffassung vertritt, die Aussage könne entscheidungserhebliche Feststellungen ergeben, so handelt es sich um ein auf Ausforschung gerichtetes Beweisangebot.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem – von dem Landgericht im Übrigen ebenfalls erkennbar berücksichtigten und nach dem Parteivortrag zudem in der mündlichen Verhandlung umfassend erörterten – Umstand, dass die Kläger wegen der Stellung des Klägers zu 2) als Rechtsanwalt sowie wegen des erklärten Widerrufs gegenüber dem Zeugen ### ein „Sonderwissen“ gehabt hätten. Der Umstand, dass ein Verbraucher grundsätzlich Kenntnis von einem Widerrufsrecht sowie bei unterlassener Belehrung von einer verlängerten Widerrufsbelehrung hat, hindert diesen nicht an der Ausübung dieser ihm letztlich wegen eines Verstoßes des handelnden Unternehmens eingeräumten Rechtsposition. Insbesondere sehen die der Umsetzung der europarechtlichen Verbraucherschutzrichtlinien dienenden entsprechenden Regelungen wie in § 312c BGB keine Einzelfallbetrachtung des etwaigen Wissens des jeweils handelnden Verbrauchers vor. Ausweislich der Erwägungsgründe der Richtlinie 2011/83 EU über die Rechte der Verbraucher soll die vollständige Harmonisierung einiger wesentlicher Aspekte der einschlägigen Regelungen die Rechtssicherheit für Verbraucher wie Unternehmer erheblich erhöhen (7). Zudem sei es notwendig, dass die Mitgliedstaaten Sanktionen für Verstoße gegen diese Richtlinie festlegen und für deren Durchsetzung sorgen. Dabei sollen die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (57). Insoweit hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 17.05.2023 (Rs. C-97/22) entschieden, dass bei einem auf einen Verstoß gegen die Pflicht zur Widerrufsbelehrung beruhenden Widerruf auch kein Wertersatz unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung in Betracht komme. Es ist daher auch nur folgerichtig, eine etwaige Korrektur über § 242 BGB nur in sehr engen Grenzen zuzulassen. Ein solcher besonderer Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Dafür, dass die Kläger – wie die Beklagte dies im Ergebnis darzustellen versucht – systematisch und in betrügerischer Absicht sich von vorneherein Leistungen ohne Vergütungspflicht erschleichen wollten, bestehen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte.

Ebensowenig genügt allein die Verwertung der Leistung etwa im Zusammenhang mit der Erlangung der Baugenehmigung für die Begründung eines Vertrauenstatbestandes dahingehend, die Kläger würden von dem ihnen zustehenden Widerrufsrecht keinesfalls Gebrauch machen und den Vertrag unter allen Umständen fortsetzen, nicht. Dass die Kläger letztlich von dem Fehler der Beklagten profitieren können, soweit – was hier nicht zu entscheiden ist – die Leistungen der Beklagten mangelfrei gewesen sein sollten, ist Folge der gesetzlichen Regelung und steht der Ausübung der Rechtsposition nicht entgegen.

Nach dem ebenfalls unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Kläger war die Beklagte zudem bereits während der Vertragsbeziehungen über den Widerruf des Vertrages mit dem Zeugen Großmann informiert worden, ohne dass sie in diesem Zusammenhang die Möglichkeit wahrgenommen hätte, ihrerseits die gebotene Widerrufsbelehrung nachzuholen.

2. Ein Grund, durch Urteil statt durch Beschluss zu entscheiden, besteht für den Senat nicht. Insbesondere ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht im Sinne von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO zum Schutz der Beklagten als Berufungsführerin erforderlich. Weder ist erkennbar, dass die Rechtsverfolgung für die Beklagte existenzielle Bedeutung haben könnte, noch ist das angefochtene Urteil nur im Ergebnis richtig, hingegen unzutreffend begründet worden (vgl. zu diesen denkbaren Fällen RegBegr BT Drucks17/5334, S. 7). Gleichfalls sind weitere Umstände, die eine mündliche Verhandlung zum Schutz der Beklagten erforderlich machen könnten, nicht ersichtlich.

Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht ebenfalls nicht.

Der Senat regt daher im Kosteninteresse die Prüfung an, ob die Berufung zurückzunehmen ist.

3. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO war der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben.

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