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Pflicht des Unternehmers zur Äußerung von Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung

OLG Koblenz – Az.: 5 U 141/11 – Beschluss vom 03.05.2011

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 30.12.2010, Az. 6 O 63/10, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.

Gründe

Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:

1. Die Klägerin war als Ingenieurbüro im Juli 1998 von einer Gemeinde mit Planungsleistungen für eine Kanalisation beauftragt worden. Die Ausführung der Arbeiten lag in den Händen der Beklagten.

Später kam es an einem Kanalabschnitt mit starkem Gefälle zu einem Wasseraustritt. Nach dem Ergebnis eines Beweisverfahrens, das die Gemeinde im Jahr 2006 gegen die Klägerin einleitete, hatte sich das innere Kanalrohr in seinem Mantel verschoben. Das von der Klägerin vorgegebene (Leistungsverzeichnis Pos. 1.7.600: Medienrohr aus PVC-U DIN 19534 DN 100 mit 30 mm Isolierdicke aus PEX-Schaum und einem Mantelrohr aus PE-HD SN 8) und entsprechend von der Beklagten verwendete  Material war untauglich.

Die Beklagte hatte bereits längere Zeit vor Arbeitsbeginn in einem an die Gemeinde gerichteten Schreiben vom 22.01.1999 bemerkt, sie habe „Bedenken gegen die Art der Ausführung mit den Rohren DN 100 aus Pos. 1.7.600“, weil diese ihrer Meinung nach „nicht für den Gelände-Steilhang (60 Grad) von der Bauart her geeignet“ seien. Ein Plan der Klägerin vom 28.06.1999 hielt grundsätzlich an den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses fest, sah nunmehr allerdings einen größeren Rohrdurchmesser („DN 150“) vor. Die Beklagte fragte deshalb am 4.09.1999 bei der Klägerin an. Diese antwortete unter dem 13.09.1999, man könne das im Leistungsverzeichnis genannte Rohr DN 100 verlegen, da wegen „der Steilheit des Geländes eine Verstopfungsgefahr auszuschließen“ sei.

Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Beklagte für die Unzulänglichkeiten der Kanalisation verantwortlich gemacht. Ihre Remonstrationen seien ungenügend gewesen, weil „das schließlich schadensstiftende Problem, d. h. die fehlende Sicherung des Innenrohrs gegen ein Verrutschen“ nicht verdeutlicht worden sei. Sie hat daher beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie in Höhe von 50 % von den Ersatzansprüchen der Gemeinde freizustellen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Aus seiner Sicht liegt die Schadensverantwortlichkeit ausschließlich bei der Klägerin, der Planungs- und Ausschreibungsfehler unterlaufen seien. Die Beklagte habe ihren Hinweispflichten genügt. Dagegen wendet sich die Klägerin in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung. Sie hält daran fest, dass die Beanstandungen der Beklagten ohne konkrete Aussagekraft und damit unbehelflich gewesen seien.

2. Damit kann die Klägerin im Ergebnis nicht durchdringen. Die von ihr in den Vordergrund gerückte Frage, ob die Beklagte, die im Verhältnis zur Gemeinde den Regelungen der VOB/B unterlag und damit auch den Anzeigepflichten des § 4 Nr. 3 VOB/B unterworfen war, diese Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat oder nicht, bestimmt den Ausgang des Rechtsstreits nur insofern, als eine etwaige Pflichtverletzung eine Haftung der Beklagten im Verhältnis zur Gemeinde nach sich zieht. Das bedeutet aber nicht ohne weiteres eine Verantwortlichkeit auch gegenüber der Klägerin. Vielmehr kommt es dadurch nur zu einer Gesamtschuld der Parteien (BGHZ 43, 227), in deren Rahmen die Beklagte der Klägerin lediglich dann freistellungs- oder ausgleichspflichtig ist, wenn ihr schuldhaftes Fehlverhalten im Vergleich zu dem der Klägerin rechtserheblich ins Gewicht fällt (§ 254 BGB entsprechend, vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 70. Aufl., § 426 Rn. 14). Das ist indessen zu verneinen.

Die entscheidende Schadensursache rührt aus einem Planungsmangel der Klägerin her. Sie hatte für ein stark abschüssiges Gelände nicht ausreichend fest gefügte Rohre vorgesehen. Auf deren Untauglichkeit wies die Beklagte unter dem 22.01.1999 und damit frühzeitig hin. Das ist zwar nicht in Ausbreitung von Einzelheiten, aber im Kern zutreffend geschehen, indem auf den großen Neigungsgrad abgehoben wurde. Allerdings ist ein Auftragnehmer grundsätzlich gehalten, eine Mangelanzeige konkret zu fassen (Ganten in Beckscher Kommentar, VOB/B, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 53). Die Anforderungen dafür dürfen jedoch im vorliegenden Fall nicht überspannt werden, weil die Gemeinde, an die sich die Beklagte mit ihrer Mitteilung wandte, mit dem Büro der Klägerin über einen fachkundigen Berater verfügte (Ganten a. a. O.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., § Rn. 2040). Dass man sich dort Gedanken machte und die Probleme, die sich aus dem Gefälle ergaben, erwog,  ließ sich aus dem –  noch vor Verlegebeginn verfassten – Schreiben vom 13.09.1999 ablesen. Ein Wissens- und Kompetenzvorsprung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin ist weder behauptet noch sonst ersichtlich.

Im Hinblick darauf spricht viel dafür, die Beklagte bereits im Ansatz von einem Vorwurf freizuzeichnen und damit eine Gesamtschuld der Parteien zu verneinen. Sollte die Mitteilung vom 22.01.1999 der Gemeinde – wie die Klägerin in erster Instanz vorgetragen hat – nicht zugegangen sein, wäre das der Beklagten nicht anzulasten, da sie jedenfalls  mit einem Zugang rechnen durfte (vgl. Ganten a. a. O.). Aber auch wenn man von einem Pflichtverstoß der Beklagten ausgeht und von daher eine Gesamtschuldnerschaft der Parteien bejaht, wiegt der Verursachungs- und Verschuldensanteil der Beklagten im Vergleich zu dem der Klägerin so gering, dass eine Inanspruchnahme ausscheidet (vgl. BGHZ 51, 275).

3. Nach alledem sollte die Klägerin die Rücknahme ihres Rechtsmittels erwägen.

Bis zum 31.05.2011 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

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