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Selbständiges Beweisverfahren – Frage nach Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik

Erfolgreicher Einspruch: OLG Karlsruhe ordnet Mängelprüfung in Tiefgarage an

Die Rechtsstreitigkeiten über vermeintliche Mängel, die im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens an einer Tiefgarage eines Bauvorhabens erhoben wurden, haben eine neue Wende genommen. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat entschieden, dass der Beweisantrag der Antragstellerin hinreichend substantiiert ist und daher Beweis erhoben werden soll.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 W 6/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem selbständigen Beweisverfahren entschieden, dass die Antragstellerin das Recht hat, weitere Beweise in Bezug auf Mängel an einer Tiefgarage eines Bauvorhabens zu erheben. Dieser Beschluss hebt eine vorherige Entscheidung des Landgerichts Mannheim auf und ermöglicht die Fortsetzung der Begutachtung der behaupteten Mängel.

  • Das OLG Karlsruhe hat in einem selbständigen Beweisverfahren über Mängel an einer Tiefgarage entschieden.
  • Die Antragstellerin hatte bereits die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beantragt und zusätzliche Beweisfragen gestellt.
  • Das Landgericht Mannheim hatte die zusätzlichen Beweisfragen abgelehnt, da sie als Ausforschungsbeweis angesehen wurden und das Rechtsschutzbedürfnis fehlte.
  • Die Antragstellerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, die vor dem OLG Karlsruhe erfolgreich war.
  • Das OLG entschied, dass der Antrag ausreichend substantiiert war und die Beweiserhebung durchgeführt werden sollte.
  • Eine Beweisbehauptung in Frageform steht einer Beweiserhebung nicht entgegen.
  • Das Gericht betonte, dass die Feststellung der Einhaltung der „anerkannten Regeln der Technik“ zur Zustandsfeststellung eines Bauwerks gehört.
  • Es wurde festgestellt, dass ein rechtliches Interesse an der Feststellung besteht, da Ansprüche gegen den Antragsgegner in Betracht kommen und eine Einigung in Vergleichsverhandlungen möglich ist.
  • Der Beschluss des Landgerichts wurde aufgehoben, und die weiteren Anordnungen und Maßnahmen wurden dem Landgericht übertragen.
  • Eine Kostenentscheidung wurde nicht getroffen, und der Gegenstandswert wurde nicht festgesetzt.

Dieser Beschluss ermöglicht es der Antragstellerin, die behaupteten Mängel weiter zu untersuchen und könnte auch Auswirkungen auf ähnliche Fälle in der Zukunft haben.

Neue Wende im Bauvorhaben-Rechtsstreit: OLG Karlsruhe gibt Antragstellerin Recht

Die Parteien befinden sich seit Herbst 2019 in einem Rechtsstreit, der mehrere Aspekte eines Bauvorhabens betrifft, darunter die Vermörtelung oder Versiegelung der Wandanschlüsse mehrerer Räume sowie der Zustand des Bodens in bestimmten Bereichen. Die zusätzlichen Beweisfragen, die die Antragstellerin aufgebracht hat und die vom Landgericht Mannheim abgelehnt wurden, wurden nun vom OLG Karlsruhe für zulässig erklärt.

Bedeutung der Rechtsprechung: Beweisverfahren und Bauqualität im Fokus

In der Entscheidung des OLG wird betont, dass es kein Vortrag zu den (vermuteten) Ursachen von Mängeln erforderlich ist. Auch eine Formulierung der Beweisbehauptungen in Frageform steht einer Beweiserhebung nicht entgegen. Insgesamt betrachtet, stellt das Gericht deutlich heraus, dass eine Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der behaupteten Mängel gerechtfertigt ist.

Fairness im Gerichtssystem: Ein Sieg für gerechte Behandlung und Verständnis im Rechtsprozess

Die Einordnung einer sich in einem Bauwerk zeigenden Leistung als den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend oder widersprechend gehört zur Zustandsfeststellung einer Sache. In diesem Fall führt das OLG aus, dass es ein rechtliches Interesse an der Feststellung gibt und dass die Parteien erfolgreich Vergleichsverhandlungen führen könnten, falls ein eindeutiges Beweisergebnis vorliegt.

Das Urteil des OLG Karlsruhe ist nicht nur bedeutend für den aktuellen Fall, sondern könnte auch Implikationen für ähnliche Fälle in der Zukunft haben. Es unterstreicht, wie wichtig es ist, in Streitigkeiten über Baumängel eine gründliche Untersuchung der Mängelbehauptungen durchzuführen. Insbesondere betont das Gericht die Notwendigkeit, das Bauprojekt im Kontext der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu betrachten.

Letztlich stellt diese Entscheidung eine wichtige Erinnerung dar, dass das Gerichtssystem dazu dient, sicherzustellen, dass alle Parteien fair behandelt werden und dass alle Beschwerden ernst genommen und untersucht werden. Es ist ein Sieg für die Ausgewogenheit der Rechtssprechung und zeigt, dass es für Laien möglich ist, den juristischen Prozess zu verstehen und daran teilzunehmen.

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Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik – kurz erklärt


Die allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) beziehen sich auf eine Technikklausel für den Entwurf und die Ausführung von baulichen Anlagen oder technischen Objekten. Die zugehörigen technischen Regeln müssen nicht kodifiziert sein, sind es aber in der Regel. Man versteht darunter die Gesamtheit der in einem Fachgebiet anerkannten wissenschaftlichen, technischen und handwerklichen Erfahrungen, die allseits bekannt sind und sich als richtig und nutzbar erwiesen haben.

Um als anerkannt zu gelten, müssen sie theoretisch als wissenschaftlich korrekt betrachtet werden, sie müssen den technischen Experten in der Praxis bekannt sein und sich aufgrund praktischer Erfahrung bewährt haben. Dabei müssen die DIN-Vorschriften der Richtigkeitsüberzeugung der technischen Fachleute im Sinne einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung entsprechen und in der Praxis erprobt und bewährt sein.

DIN-Normen, die unter der Kollektivmarke vom Verein DIN herausgegeben werden, haben den Anspruch, Stand der Technik zu sein. Diese Normen sind allgemein anerkannt und repräsentieren die vorherrschende Meinung unter den technischen Praktikern in dem betreffenden Fachgebiet.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:


  1. Baurecht: Das Baurecht regelt die rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit Bauvorhaben, insbesondere die Anforderungen an Bauprojekte, Genehmigungsverfahren und Bauordnungsvorschriften.
  2. Zivilprozessrecht (ZPO): Das Zivilprozessrecht regelt das Verfahren vor Gericht, einschließlich der Anforderungen an Beweisanträge, die Zulässigkeit von Anträgen und die Ermessensausübung des Gerichts.
  3. Beweisrecht: Dieses Rechtsgebiet betrifft die Regeln und Verfahren für die Einholung von Beweisen in Gerichtsverfahren, einschließlich der Anforderungen an Beweisanträge und die Feststellung von Tatsachen.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.. 8 W 6/23 – Beschluss vom 04.09.2023

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 22.03.2023 im Verfahren 5 OH 15/19 aufgehoben.

II. Es ist nach Maßgabe der Antragsschrift vom 23.11.2022 Beweis zu erheben. Die weiteren erforderlichen Anordnungen und Maßnahmen werden dem Landgericht übertragen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel an der Tiefgarage eines Bauvorhabens in der ###-Straße ### in ###.

Auf Antrag vom 30.09.2019 wurde die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beschlossen. Noch vor Erstattung des schriftlichen Gutachtens stellte die Antragstellerin mehrfach weitere Beweisfragen, die ebenfalls dem Sachverständigen zur Beantwortung aufgegeben wurden.

Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens wurde auf Antrag der Antragsgegnerin Termin zur Anhörung des Sachverständigen auf den 05.12.2022 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 23.11.2022 formulierte die Antragstellerin weitere Beweisfragen zu weiteren behaupteten Mängeln der Tiefgarage. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aktenseiten 209 bis 212 verwiesen.

Das Landgericht hat durch den angegriffenen Beschluss

„den Antrag der Antragstellerseite vom 23.11.2022, weitere Fragen im Rahmen dieses Verfahrens zu klären“

zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei als Ausforschungsbeweisantrag unzulässig. Zudem

„erschließe sich das Rechtsschutzbedürfnis auch nicht im Hinblick auf die zeitliche Komponente“.

Das Verfahren laufe seit Herbst 2019. Die Bezugnahme auf Ausführungen im Ursprungsantrag vom 30.09.2019 genüge nicht für die Darlegung oder gar Glaubhaftmachung des Rechtsschutzbedürfnisses.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihr Ziel der Fortsetzung der Begutachtung weiterverfolgt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt. Ein Antrag sei unzulässig, wenn der Antragsteller ohne konkrete Anhaltspunkte die tatsächlichen Grundlagen für einen Anspruch ermitteln lassen wolle. Das Begehren nach dem Feststellen von Löchern und die Frage, ob die Bauteile den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, sei viel zu unkonkret. Zudem fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil über drei Jahre seit der ersten Antragstellung vergangen seien und nicht erkennbar sei, weshalb die Fragen erst jetzt/noch immer wesentlich sein sollen. Es sei bereits ein schriftliches Gutachten eingeholt und der Sachverständige habe dies mündlich erläutert.

II.

Die gegen die Ablehnung des Antrags zulässige (vgl. Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 91 m.w.N.) sofortige Beschwerde hat Erfolg. Die beantragte Beweiserhebung ist durchzuführen.

1. Der Antrag genügt den Anforderungen des § 487 Nr. 2 ZPO.

a) Eine hinreichende Bezeichnung der Tatsachen, über die ein Beweis erhoben werden soll (§ 487 Nr. 2 ZPO) liegt bereits bei Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen vor. Insbesondere ist kein Vortrag zu den (vermuteten) Ursachen von Mängeln erforderlich.

Andererseits müssen die Baumängel jedenfalls nach ihrem äußeren Erscheinungsbild („Symptome“) angegeben werden. Das geforderte Minimum an Substantiierung ist dann nicht erreicht, wenn ein Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrundeliegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen (BGH, Beschluss vom 10.11.2015 – VI ZB 11/15 -, NJW-RR 2016, 63 Rn. 9), oder die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau und pauschal bezeichnet werden, dass sie weder eine sachgerechte Stellungnahme des Antragsgegners ermöglichen noch einem Sachverständigen im Fall der Beweisanordnung konkrete Anhaltspunkte für die durchzuführenden Prüfungen geben (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Auflage, Rn. 51 m.w.N.).

Zudem ist eine reine Ausforschung unzulässig, wenn also keine konkreten Tatsachen vorgetragen werden, sondern lediglich Fragen an einen Gutachter in der Hoffnung gestellt werden sollen, um dadurch anspruchsbegründende Tatsachen zu erfahren und hierdurch die Grundlagen für einen beweiserheblichen Tatsachenvortrag zu gewinnen (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 53 m.w.N.).

b) Gemessen hieran liegt ein hinreichend substantiierter Antrag vor.

Im Schriftsatz vom 23.11.2022 unter IX. rügt die Antragstellerin eine den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprechende und damit mangelhafte Vermörtelung oder Versiegelung der Wandanschlüsse des Batterieraums, des Elektroraums sowie des Müllraums sowie der Notausgänge. Weiter rügt sie, dass die Tür des Elektroraums zu viel Bodenluft aufweise, Spalte außerhalb des zulässigen Bereichs bestünden und vom Rahmen Klotzhölzer herausstehen würden. Zudem habe der Boden des Müllraums einen sich außerhalb Toleranzen im Hochbau bewegenden Bogen nach unten und der Obertürschließer sei defekt. Weiter lässt sich dem Antrag bei sachgerechter Auslegung die Behauptung entnehmen, die Bodenabsenkdichtung des Müllraums sei defekt. Schließlich wird behauptet, dass die Kabelführung an der Decke am Wandanschluss außen den anerkannten Regeln der Technik widerspreche und Löcher mit Brandschutzsilikat abgedichtet werden müssen.

Die Formulierung der Beweisbehauptungen in Frageform – anstelle tatsächlicher Behauptungen – steht einer Beweiserhebung nicht entgegen und macht den Beweisantrag nicht zum Ausforschungsbeweis (Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 53 m.w.N. sowie die Muster Rn. 66 und 74). Zudem ergibt sich aus dem von der Antragstellerin ausdrücklich in Bezug genommenen Angebot der Firma Mages vom 10.11.2022, dass die in Frageform formulierten Mangelbehauptungen aufgestellt werden sollen (vgl. etwa: „Wandanschluss innen hat stellenweise Löcher. Dieser muss ausgemörtelt werden.“ oder „Wandanschluss außen ist nicht versiegelt. Dieser muss versiegelt werden.“).

c) Die vom Landgericht angedeutete Unklarheit, um welche Räume es sich handele und der von Landgericht hervorgehobene Umstand, dass es das Gebäude nicht kenne, ist nicht nachvollziehbar.

Zum einen konnte sich die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 21.12.2022 jedenfalls teilweise zu den einzelnen Mangelbehauptungen eingelassen. Zum anderen hat das Landgericht auch in den bisher im Verfahren erfolgten Beweisanordnungen etwa auf den Müllraum abgestellt, ohne dass dies zu Schwierigkeiten der Zuordnung der Räume geführt hat (vgl. etwa S. 5, 9, 41, 45 f. des Gutachtens vom 18.05.2022), zumal die Räume im Angebot der Forma Mages vom 10.11.2022 nochmals hinsichtlich ihrer Lage näher beschrieben sind.

Zum anderen wurde bereits im Schriftsatz vom 25.02.2023 klargestellt, dass alle Türen der Tiefgarage vom Antrag umfasst seien. In der Beschwerdeschrift wurde zudem klargestellt, dass die Wandanschlüsse der Türen angeblich Löcher haben.

2. Die im Schriftsatz vom 23.11.2022 gestellte Frage nach der Einhaltung der „anerkannten Regeln der Technik“ steht einer Beweiserhebung nicht entgegen.

Zur Zustandsfeststellung einer Sache im Sinne des § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört auch die fachtechnische Einordnung einer sich in einem Bauwerk zeigenden Leistung als den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechend oder widersprechend (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.01.2017 – 15 W 170/16 -; OLG München, Beschluss vom 06.05.1993 – 27 W 101/92 -, BauR 1994, 275 f.; Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 487 Rn. 4; Manteufel in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 3117; Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 26).

3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt ein rechtliches Interesse an der Feststellung im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO vor. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO liegt bereits dann vor, wenn die Behauptungen erkennen lassen, dass aufgrund der gewünschten Feststellung Ansprüche gegen den Antragsgegner in Betracht kommen (vgl. hierzu Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 32 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall.

Zudem kann die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Parteien befinden sich nach wie vor in Vergleichsverhandlungen, sodass zumindest die vage Hoffnung auf eine Einigung im Fall eines eindeutigen Beweisergebnisses besteht (vgl. hierzu Frechen in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 32 m.w.N.). Zudem wird die Antragstellerin im Fall eines ihr ungünstigen Gutachtens eventuell von einer Klageerhebung abgehalten (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2013 – 9 W 15/13 -,).

Die Auffassung des Landgerichts, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil über drei Jahre seit der ersten Antragstellung vergangen seien und nicht erkennbar sei, weshalb die Fragen erst jetzt/noch immer wesentlich sein sollen, ist unzutreffend. Die nunmehr geltend gemachten Mängel waren noch nicht Gegenstand der sachverständigen Begutachtung. Auch war das Beweisverfahren zum Zeitpunkt der ergänzenden Antragstellung bereits deshalb noch nicht beendet, da die bereits terminierte mündliche Anhörung des Sachverständigen noch ausstand (vgl. Frechen, Der Bauprozess, 18. Aufl., Rn. 94 f.). Auf die Verfahrensdauer kommt es hierbei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht an.

4. Der Beschluss des Landgerichts war daher aufzuheben.

Das von § 572 Abs. 3 ZPO eingeräumte Ermessen, in der Sache selbst zu entscheiden oder dem Landgericht die erforderliche Anordnung zu übertragen, übt der Senat dahingehen aus, dass dem Landgericht die weiteren erforderlichen Anordnungen übertragen werden (vgl. ebenso OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.05.2013 – 9 W 15/13 -). Auch wenn aus Beschleunigungsgründen häufig eine eigene Sachentscheidung des Beschwerdegerichts angezeigt ist, ist es vorliegend zweckmäßig, dass das Landgericht den Sachverständigen auswählt und heranzieht (§ 1 JVEG) sowie die Vorschüsse anfordert und ihre Auskömmlichkeit überwacht.

5. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.02.2017 – 9 W 57/16 -; vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl, § 572 Rn. 47) . Der Gegenstandswert ist ohne Antrag nach § 33 RVG nicht festzusetzen.

? FAQ zum Urteil


  • Worum ging es in der Entscheidung des OLG Karlsruhe 8 W 6/23? In der Entscheidung des OLG Karlsruhe 8 W 6/23 ging es darum, ob im Hinblick auf behauptete Mängel an der Tiefgarage eines Bauvorhabens in Siegen-Kreuztal weitere Beweise erhoben werden sollen. Die Klägerin beantragte eine weitere Begutachtung durch einen Sachverständigen bezüglich zusätzlich behaupteter Mängel an der Garage. Das Landgericht wies diesen Antrag zurück, aber das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung auf und ordnete an, dass die beantragten weiteren Beweise zu erheben seien.
  • Welche Anforderungen muss ein Beweisantrag nach § 487 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) erfüllen? Nach § 487 Nr. 2 ZPO muss ein Beweisantrag die Tatsachen, über die ein Beweis erhoben werden soll, hinreichend bezeichnen. Die Tatsachen müssen in groben Zügen beschrieben werden, detaillierte Erklärungen zu vermuteten Mängelursachen sind nicht erforderlich. Baumängel müssen aber zumindest ihrem äußeren Erscheinungsbild nach angegeben werden. Eine bloße Ausforschung ist unzulässig – konkrete Tatsachen müssen vorgetragen werden, nicht nur Fragen in der Hoffnung, stützende Tatsachen zu ermitteln.
  • Kann die Prüfung der Einhaltung „allgemein anerkannter Regeln der Technik“ Grund für eine Beweiserhebung sein? Ja, die Prüfung, ob eine bauliche Komponente den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht, kann Teil der Feststellung des Zustands einer Sache nach § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO sein. Die technische Einordnung einer Komponente als regelkonform ist zulässig.
  • Was zeigt ein rechtliches Interesse an einer Feststellung nach § 485 Abs. 2 ZPO? Ein rechtliches Interesse an einer Feststellung nach § 485 Abs. 2 ZPO liegt schon dann vor, wenn die Behauptungen erkennen lassen, dass aufgrund der gewünschten Feststellung Ansprüche gegen den Antragsgegner in Betracht kommen. Die Feststellung kann auch der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen. Schon eine vage Hoffnung auf eine einvernehmliche Einigung bei eindeutigem Beweisergebnis zeigt rechtliches Interesse.
  • Aus welchen Gründen hob das OLG Karlsruhe die Entscheidung des Landgerichts in diesem Fall auf? Das OLG Karlsruhe hob die Entscheidung des Landgerichts auf, weil der Antrag auf weitere Beweiserhebung hinreichend substantiiert war und ein rechtliches Interesse zeigte, so dass die Beweise zu erheben waren. Die behaupteten Mängel waren noch nicht begutachtet worden und das Verfahren war noch anhängig, da eine Anhörung des Sachverständigen noch ausstand. Das Landgericht hatte fälschlicherweise wegen der Verfahrensdauer kein rechtliches Interesse angenommen.

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