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Unwirksamkeit von Klauseln bei Bauverträgen von Einfamilien-, Doppel- und Stadthäusern

LG Halle (Saale) – Az.: 4 O 208/19 – Urteil vom 21.05.2021

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu vollstrecken an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern, derzeit Herrn Dr. S… und Frau M…., zu unterlassen, in Bezug auf Bauverträge mit Verbrauchern die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden und sich bei bestehenden Verträgen auf die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen:

1. § 2 Abs. 4 des „Bauvertrages Premium“ i. V. m. Ziffer 30. (Allgemeines) der „Bau- und Leistungsbeschreibung Premium“

„Abweichungen von der individuellen Bau- und Leistungsbeschreibung, der Baubeschreibung und den zeichnerischen Unterlagen sind zulässig, wenn sie gemäß behördlichen Auflagen rechtlich geboten sind und wenn sie sich als technisch notwendig erweisen, insbesondere aufgrund statischer Erfordernisse und dem Bauherrn zumutbar sind.“ „Änderungen, die unter anderem durch neue DIN-Vorschriften, Auflagen der Behörden, technische Erfordernisse, Weiterentwicklungen oder Lieferengpässe bestimmt werden, bleiben vorbehalten, sofern sie keine Wertminderung darstellen und für den Auftraggeber zumutbar oder unwesentlich sind.“

2. § 3 des „Bauvertrages Premium“

„Die Bauzeitverlängerung wird berechnet nach der Dauer der Behinderung mit einem Zuschlag von zwölf Werktagen für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine günstigere Jahreszeit.“

3. § 6 Abs. 1 des „Bauvertrages Premium“

„Ändert sich die gesetzliche Mehrwertsteuer während der Bauzeit, so wird die Differenz entsprechend den steuerlichen Vorschriften nacherhoben bzw. erstattet.“

4.

§ 6 Abs. 1 des „Bauvertrages Premium“

„Nach Ablauf des Gültigkeitszeitraumes der oben angegebenen Vergütung (netto) erhöht sich diese sowie die Mehr-/Minderleistung um 3 Prozent mindestens jedoch um die jährliche Inflationsrate des Abschlusskalenderjahres.“

5. § 6 Abs. 3 des „Bauvertrages Premium“

„Für Reduzierungen von gekauften Leistungen in diesem Vertrag werden nach Unterschrift max. 80 % des Kaufpreises der Leistung gemäß Kaufpreisaufstellung erstattet.“

6. § 7 des „Bauvertrages Premium“

„Greift der Bauherr in den Bauablauf ein, indem er dem Handwerker direkte Anweisungen oder Aufträge gibt, so hat die M…… ein Sonderkündigungsrecht.“

7. § 10 des „Bauvertrages Premium“

„Änderungen des Leistungsumfanges nach Auftragsannahme, auch wenn durch behördliche Auflagen hervorgerufen, werden nur von der M…. ausgeführt, wenn sie zuvor schriftlich vereinbart werden.“

8. § 11 Abs. 1 des „Bauvertrages Premium“

„Abschlagszahlungen zum Festpreis sind durch den Bauherrn wie folgt zu leisten:

1. Rate 2 % nach Gegenzeichnung des Bauvertrages durch die M… für Bauleistungen

2. Rate 20 % nach Fertigstellung der Bodenplatte

3. Rate 17 % nach Fertigstellung der Außenwände im EG

4. Rate 17 % nach Fertigstellung des Rohbaus zum Richtfest

10. Rate 2 % bei Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe“.

9. Klausel in § 11 Abs. 5 des „Bauvertrages Premium“

„Bei Unstimmigkeiten zum Bautenstand gilt die Bautenstandsbestätigung eines gemeinschaftlich beauftragten, vereidigten Gutachters als verbindlich. Die Kosten des Gutachtens trägt der Unterlegene. Die Bauzeit verlängert sich um die Verfahrenszeit.“

10. § 12 Abs. 2 des „Bauvertrages Premium“

„Der Bauherr kann im Falle der Bezugsfertigkeit die Abnahme nicht verweigern wegen geringfügiger Nachbesserungsarbeiten oder wegen noch bestehender Unvollständigkeit von Straßen, Wegen und Außenanlagen, vorausgesetzt, der Bezug ist dem Bauherrn zumutbar.“

11. § 12 Abs. 3 des „Bauvertrages Premium“

„Erscheint der Bauherr bei Bezugsfertigkeit zum Abnahmetermin nicht, so gilt das Kaufobjekt als beanstandungs- und mängelfrei übergeben, falls er Mängel nicht innerhalb von sechs Werktagen nach Übergabetermin schriftlich gegenüber M…. rügt und M…. den Bauherren bei der Einladung zur Übergabe auf diese Rechtsnachfolge aufmerksam gemacht hat.“

12.  (keine Verurteilung)

13. § 13 Abs. 3 des „Bauvertrages Premium“

„Für alle vorstehenden Regelungen zur Haftung von der M…. gilt Folgendes:

Die Haftung der M…. bei Vorsatz oder Arglist bleibt von den vorstehenden Rechtsbeschränkungen unberührt. Im Hinblick auf Schadensersatzansprüche gelten die vorstehenden Rechtsbeschränkungen nicht bei einer Haftung für grob fahrlässig verursachte Schäden und ebenfalls nicht bei einer Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, soweit sie auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung von der M…. ihres gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen beruhen.“

14. § 14 Abs. 2 des „Bauvertrages Premium“

„Der Bauherr bevollmächtigt die M…., während der Durchführung des Bauvorhabens das Hausrecht auf der Baustelle auszuüben.“

15. § 14 Abs. 2 des „Bauvertrages Premium“

„Bei der Endabnahme wird von der M….. das Bauschloss gegen den endgültigen Schließzylinder ausgetauscht. Schlüssel und Besitz werden bei vollständiger Zahlung der Vergütung auf den Bauherrn übertragen.“

16. § 17 Abs. 1 des „Bauvertrages Premium“

„Anstelle der unwirksamen Bestimmungen soll vielmehr eine solche bereits jetzt als vereinbart gelten, welche dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt.“

17. § 17 Abs. 2 des „Bauvertrages Premium“

„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für eine Aufhebung des Schriftformerfordernisses selbst.“

II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 6 Prozent und die Beklagte 94 Prozent.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 28.500,00 Euro. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen sich abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des gegen den Kläger vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für den Verbraucherschutz im Bauwesen einsetzt. Er ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Die in H…. ansässige Beklagte errichtet Einfamilienhäuser, Stadthäuser, Bungalows und Doppelhäuser. Sie bedient sich gegenüber Verbrauchern vorformulierter Vertragsmuster, die als Bauvertrag Premium und Bau- und Leistungsbeschreibung Premium bezeichnet sind. Wegen deren Inhalt wird auf den Text dieser Vertragswerke (Anlage K 3) verwiesen.

Der Kläger forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Die Beklagte erklärte daraufhin, sie habe ihren Bauvertrag inzwischen überarbeitet und kündigte an, nur die neue Version künftig zu verwenden. Eine strafbewährte Unterlassungserklärung gab sie nicht ab.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt zu I., 1. bis 11. und 13. bis 17., sowie

12. § 13 Abs. 1 des „Bauvertrages Premium“

„Die Haftung der von der M… erbrachten Bauleistungen richtet sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Werkvertrag mit folgender Maßgabe:

Der Bauherr kann grundsätzlich zunächst nur Nacherfüllung im Wege der Mangelbeseitigung verlangen. Ist die Beseitigung eines Mangels unmöglich oder würde sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand fordern, so kann die M… die Nacherfüllung ablehnen.

Eine Herabsetzung des Festpreises (Minderung) kann der Bauherr erst verlangen,

a) wenn die Nacherfüllung unmöglich ist oder von der M…. wegen unverhältnismäßigem Aufwand verweigert wird

b) oder wenn die Nacherfüllung fehlschlägt oder dem Bauherrn unzumutbar ist.“

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und weitgehend begründet.

Unwirksamkeit von Klauseln bei Bauverträgen von Einfamilien-, Doppel- und Stadthäusern
(Symbolfoto: shisu_ka/Shutterstock.com)

1) Der Kläger ist gemäß § 4 UKlaG unstreitig klagebefugt. Die Beklagte ist gewerblich als Bauunternehmen tätig und verwendet gegenüber Verbrauchern in ihren Bauverträgen „Premium“ Allgemeine Geschäftsbedingungen. Zwar hat sie erklärt, nunmehr andere Geschäftsbedingungen verwenden zu wollen. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat sie jedoch nicht abgegeben, so dass die aus der Erstbegehung folgende Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt ist. Insbesondere hat sie sich auch nicht verpflichten wollen, sich zukünftig nicht mehr auf entsprechende Klauseln berufen, sondern wickelt ihre Verträge weiterhin auf deren Grundlage ab.

2) Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG zu, da die beanstandeten Klauseln bis auf eine Ausnahme (Antrag zu 12 – unten Zif. 2 I) unzulässig sind.

a) Antrag zu 1

Die Klausel zu § 2 Abs.4 a.E. des Bauvertrages und ebenso die Klausel in Zif.30 der Bau- und Leistungsbeschreibung Premium verstößt gegen § 308 Nr.4 BGB. Sie gestatten Leistungsänderung in einem unangemessenen Ausmaß.

In beiden Fällen wird nur auf die allgemeine Zumutbarkeit für den Kunden abgestellt, ohne dies unter die Beschränkung der Interessen der Beklagten zu stellen. Es soll nach der Klausel entgegen dem Gesetz gerade keine Abwägung der beiderseitigen Interessen stattfinden, sondern es wird dem Abänderungswunsch der Beklagten immer der Vorzug gegeben, solange nur eine Zumutbarkeit für den Kunden besteht. Daraus ergeben sich nicht hinnehmbare Benachteiligungen für die Kunden, etwa dann, wenn hinsichtlich der Hinderungsgründe eine Verantwortlichkeit der Beklagten besteht.

So lässt die Klausel wegen der Beschränkung allein auf Zumutbarkeitsgesichtspunkte für die Kunden Änderungen etwa auch bei einer vorwerfbar verzögerten Bestellung hinsichtlich eines dann eintretenden Lieferengpasses zu. Oder immer bei fehlerhaften Planungen. Hinsichtlich der DIN-Vorschriften soll immer der Vertragsinhalt geändert werden können, obwohl diese oftmals keine Abweichung vom Vertragsinhalt notwendig machen – insbesondere dann, wenn Standards verringert werden, was durchaus vorkommt, da die Bauunternehmen in den DIN-Ausschüssen eine erhebliche Macht haben. Ebenso ermöglicht das Abstellen auf „Weiterentwicklungen“ der Beklagten allein aus eigenen Kostengesichtspunkten Änderungen ohne Beachtung des Grundsatzes, dass Verträge so zu erfüllen sind, wie sie vereinbart wurden. Die Klausel 30 der Allgemeinen Baubeschreibung ist so gefasst, dass es sich gerade nicht um notwendige Änderung handelt, sondern diese praktisch in das Belieben der Beklagten gestellt werden.

Beide Klauseln sind darüber hinaus unklar im Sinne des § 307 BGB. Für § 2 Abs.4 a.E. des Bauvertrages wird der Begriff des „rechtlich gebotenen“ verwendet, der in keiner Weise ausgefüllt ist. Ersichtlich liegt es im Auge des Betrachters, was geboten sein könnte. Es wird gerade nicht auf ein zwingendes Erfordernis für die Änderung abgestellt. Dass es sich bei der Verbindung der behördlichen Auflage und der technischen Notwendigkeit um eine kumulative Regelung handeln soll liegt eher fern und ist jedenfalls bei der anzuwendenden kundenfeindlichsten Auslegung nicht zugrunde zu legen.

Ebenso wenig ergibt sich zu Zif.30 der Baubeschreibung, was man sich unter „bestimmt werden“ vorstellen soll. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung erlaubt die Klausel die Interpretation dahingehend, dass allein der durch die aufgeführten Umstände (und auch weitere, die nicht näher benannt sind) bestimmte subjektive Wunsch der Beklagten ausreicht, um sie eingreifen zu lassen. Die Klausel ermöglicht daher auch insoweit eine unangemessene Benachteiligung der Kunden.

b) Antrag zu 2

Die Klausel zu § 3 Abs.3 des Bauvertrages zur Bauzeitenverlängerung verstößt gegen § 308 Nr.1 BGB, soweit dort für alle Fälle ausnahmslos eine Bauzeitverlängerung und eine Verschiebung in eine günstige Jahreszeit vorgesehen ist. Ersichtlich könne zumindest einige der unter Ziffer 3 a) bis g) genannten Umstände nur einen oder wenige Tage vorliegen und haben damit keinen Einfluss auf die tatsächliche Weiterführung der Arbeiten am Bauvorhaben. Die Klausel greift nach ihrer Fassung in kundenfeindlichster Auslegung jedoch bereits dann ein, wenn der Hinderungsgrund für nur einen Tag vorliegt und gewährt die Fristverlängerung auch ohne jede Beeinträchtigung des Bauablaufs. So etwa bei einer Zahlungsverzögerung von einem Tag. Sie missachtet auch die Pflicht der Beklagten, einen durch tatsächliche Hinderungsgründe eingetretenen Zeitverlust nach Möglichkeit durch besonders zügige Baudurchführung aufzufangen. Soweit die Baustelle nicht durch die Beklagte beräumt wurde, was nur bei einer längeren Unterbrechung zu erwarten ist, bedarf es auch keiner umfangreichen Disposition um die Mitarbeiter wieder auf die Baustelle zu senden. Die „Verschiebung in eine günstigere Jahreszeit“ ist völlig unbestimmt, stellt den Zeitpunkt der Leistungserbringung praktisch allein in den Willen der Beklagten und benachteiligt die Kunden damit unangemessen. Diese Klausel ist damit auch nach § 307 BGB unwirksam.

c) Antrag zu 3

Die Klausel zu § 6 Abs.1 des Bauvertrages zur Preisanpassung bei Mehrwertsteueränderungen ist ebenfalls unwirksam. Zwar liegt kein Verstoß gegen das Klauselverbot des § 309 Nr.1 BGB vor. Denn nach dem Klauselwerk der Beklagten ist ausgeschlossen, dass die Leistung der Beklagten innerhalb von 4 Monaten ab dem Vertragsschluss erbracht wird (309 Nr.1 BGB). Der Vertrag sieht Bauzeiten von zumindest 6 Monaten vor und es ist auch gerichtsbekannt, dass wesentlich kürzere Bauzeiten für ein Haus kaum erreicht werden können. Für nachträgliche Leistungsänderungen gilt die Regelung ausdrücklich nicht (§ 6 Abs.2 a des Vertrages).

Die Klausel verstößt jedoch gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB. Zwar ist entgegen der Ansicht des Klägers die Bauzeit in § 3 des Vertrages ausreichend definiert und der Mehrwertsteuersatz ist dem durchschnittlich informierten Kunden bekannt. Jedoch ist die Art der Preisanpassung nicht hinreichend deutlich geregelt. Es wird gerade nicht darauf abgestellt, dass sich der Baupreis nach der rechnerischen Differenz bestimmt. Vielmehr wird noch zusätzlich auf nicht näher definierte steuerrechtliche Vorschriften abgestellt. Bei kundenfeindlichster Auslegung könnten dies auch solche Vorschriften sein, die der Beklagten Möglichkeiten geben ihren Gewinn zu Lasten der Kunden zu maximieren. Zumindest ist für einen Kunden, der die steuerrechtlichen Vorschriften in der Regel nicht kennt, nicht mehr erkennbar, wie sich die Klausel konkret auf ihn auswirkt.

d) Antrag zu 4

Die Klausel § 6 Abs.1 zur Anpassung des Festpreises verstößt gegen § 307 BGB. Sie benachteiligt den Kunden unangemessen, da sie der Beklagten nach 9 Monaten eine zusätzliche Vergütung ohne jedes Erfordernis einer tatsächlich vorhandenen Kostensteigerung gewährt. Und dies bei kundenfeindlichster Auslegung sogar dann, wenn die Beklagte selbst für die Verzögerung verantwortlich ist. Sie verstößt auch gegen § 309 Nr.1 BGB soweit sie ausdrücklich auch Mehr- und Minderleistungen erfasst, denn diese können sich auf Leistungen beziehen, die innerhalb von 4 Monaten erbracht werden.

e) Antrag zu 5

Die Pauschalierung der Reduzierung auf 80 % des Preises für nicht ausgeführte Leistungen (§ 6 Abs.3 des Vertrages) ist unwirksam, da diese gegen §§ 308 Nr.7b, 309 Nr.5 b BGB verstößt. Dies bereits deshalb, weil dem Kunden nicht die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens gestattet (vgl. BGH, NJW 2011, 1954).

f) Antrag zu 6

Auch die Klausel zu § 7 des Bauvertrages zum Sonderkündigungsrecht der Beklagten bei Eingriffen des Bauherrn in den Bauablauf ist unwirksam. Zum einen liegt ein Verstoß gegen § 309 Nr.4 BGB vor, da die Klausel das Erfordernis der Abmahnung negiert.

Zum anderen wird durch die Klausel der Kunde unzumutbar benachteiligt, weshalb die Klausel auch gegen § 307 BGB verstößt. Sie gilt bei kundenfeindlichster Auslegung auch bei der Bedenkenäußerung des Bauherrn gegen die Art der Leistungsausführung. Und der Bauherr hat die Pflicht eine weitere Schädigung des Bauwerks zu verhindern bis eine Entscheidung der Beklagten ergehen kann oder die Meinungsdifferenz beseitigt ist. Die Beklagte setzt anstelle der bei einem Bauvertrag grundsätzlich bestehenden Kooperationspflicht sogleich ein Sonderkündigungsrecht, mithin das „schärfste Schwert“ des Vertragsrechts und hindert damit die Wahrung eigener Interessen des Bauherrn mit diesem Druckmittel. Nach der kundenfeindlichsten Auslegung gewährt die Klausel der Beklagten das Sonderkündigungsrecht sogar dann, wenn der Bauherr gegenüber einem Subunternehmen ein berechtigtes Baustellenverbot ausspricht.

g) Antrag zu 7

Die Klausel zur Leistungsänderung nur bei schriftlicher Vereinbarung benachteiligt den Kunden unangemessen (§ 307 BGB). Sie verstößt gegen das gesetzliche Leitbild des § 650 b BGB, nach dem gerade auch einseitige Änderungsverlangen des Bauherrn verbindlich sind.

h) Antrag zu 8

Die Klausel zur Höhe der Abschlagsleistungen (§ 11 Abs.5 des Vertrages) ist gemäß § 309 Nr. 15 a BGB unwirksam. Sie gewährt der Beklagten Abschlagszahlungen von 100 % des Baupreises. Dies widerspricht auch dem Leitbild des § 650 m, der maximale Abschlagsbeträge von 90 % des Baupreises vorsieht, weshalb auch eine unangemessene Benachteiligung der Kunden nach § 307 BGB vorliegt. Es kann dahinstehen, ob nicht in allen Fällen die 2 % der 1.Rate angekreuzt werden und für Häuser ohne Keller ausschließlich die 2. bis 10 Raten einschlägig sein sollen, wie die Beklagte darstellt. Auch damit erreichen die vorgesehenen Abschläge 98 % des Baupreises, wobei sich aus dem Beklagtenvortrag ebenfalls ergibt, dass bei Häusern mit Keller 100 % des Baupreises als Abschlagsraten verlangt werden.

Die Klausel ist im Übrigen bereits deshalb insgesamt unwirksam, da sie bei kundenfeindlichster Auslegung auch dann zur Zahlung der genannten Abschläge verpflichtet, wenn Mängel vorliegen und die Kunden dadurch unzumutbar beeinträchtigt. Insoweit verstößt die Klausel gegen die Leitbilder der §§ 632 a, 650 m BGB, die allein auf die Wertsteigerung am Bauobjekt abstellen, wobei Mängel diesen Wert mindern.

i) Antrag zu 9

Die Klausel zu einem verbindlichen Schiedsgutachten bei Meinungsverschiedenheiten zum Bautenstand (§ 11 Abs.5 des Vertrages) ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Sie benachteiligt die Kunden deshalb unzumutbar, da ihnen nach der Fassung der Klausel nicht der Einwand erhalten bleibt, das Schiedsgutachten sei offenbar unrichtig (vgl. BGHZ 101 317). Darüber hinaus ergibt sich der unzumutbare Nachteil des Kunden auch daraus, dass die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung auch dahingehend verstanden werden kann, dass es für die Berechtigung zur Abschlagsrechnung, der diese Schiedsklausel dienen soll, allein auf den Bautenstand nach den Festpunkten gemäß dem Zahlungsplan (§ 11 des Vertrages) ankommen soll. Abschlagszahlungen sind nach §§ 632 a und 650 m BGB jedoch an der Höhe des geschaffenen Wertes orientiert, wobei dieser durch vorhandene Mängel verringert wird.

Weiterhin werden die Kunden auch dadurch entgegen § 307 BGB unzumutbar benachteiligt, dass die Bauzeit um die Verfahrenszeit der Bautenstandsfeststellung verlängert werden soll, obwohl dieses Verfahren die Beklagte in keiner Weise hindert die Bauarbeiten fortzusetzen. Dem Bauherrn, der ein wesentliches Interesse daran hat, dass das Haus alsbald fertiggestellt wird – was im Vertrag sogar mit einer garantierten Bauzeit abgesichert wird – wird damit unzumutbar erschwert gegen die verlangte Abschlagszahlung die Einwendung zu erheben, diese sei noch gar nicht fällig.

j) Antrag zu 10

Die Klausel zur Abnahmepflicht bei dem Ausstehen von Bauleistungen zu Außenanlagen und Nachbesserungsleistungen ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Zwar ist die Bestimmung des § 640 Abs.1 BGB dispositiv. Die Grenzen der Abweichungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen werden jedoch durch § 307 BGB vorgegeben. Und die Klausel der Beklagten benachteiligt die Kunden unangemessen, da sie dem Leitbild des § 640 Abs.1 BGB widerspricht. Denn sie verpflichtet auch dann zur Abnahme, wenn wesentliche Leistungen ausstehen. Bei kundenfeindlichster Auslegung können „geringfügige Nachbesserungsarbeiten“ auch allein über deren Kosten verstanden werden. Auch mit geringen Kosten behebbare Mängel können jedoch wesentlich für die Benutzung sein. Die Beklagte stellt insofern ihr Interesse an einer möglichst frühzeitigen Abnahme über das Interesse der Bauherren, nach dem Bezug nicht noch durch Restarbeiten und Mangelbeseitigungen dauernd in ihrem Wohnen und ihrer Nutzung gestört zu werden. Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen der Vertragsparteien findet nach der Klausel nicht statt. Vor allem aber können Außenanlagen zu erheblichen Kosten vereinbart sein, so dass die Beklagte mit der Klausel die Abnahme verlangt, obwohl noch wesentliche Vertragsleistungen ausstehen.

k) Antrag zu 11

Die Abnahmefiktion gemäß § 12 Abs.3 des Bauvertrages stellt eine unzulässige Klausel dar. Sie verstößt gegen § 308 Nr.5 BGB. Es wird mit 6 Tagen der Erklärungsfrist keine angemessene Frist benannt und der Kunde wird unangemessen benachteiligt. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass gemäß § 3 Abs.1 Bauzeiten von zumindest siebeneinhalb Monaten vorliegen – bei Häusern mit Keller und vereinbarten Maler-, Tapezier- und Bodenbelagsarbeiten sogar noch erheblich länger. Da die Bauzeit erst nach Vorlage der Baugenehmigung beginnt, dürfte oftmals ab dem Vertragsschluss ein Jahr bis zum Abnahmetermin vergangen sein. Angesichts dieser Zeitdimension gibt es keinen tragfähigen Grund die sehr wesentlichen Abnahmewirkungen – insbesondere den Verlust jeglicher Rechte wegen bekannter Mängel – so schnell eintreten zu lassen. Mit der Klausel nimmt die Beklagte allein ihre Interessen in den Blick, ohne die Interessen ihrer Vertragspartner zu achten. Vor allem aber ist die Klausel deshalb unwirksam, da sie in keiner Weise ermöglicht die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und weicht damit von der in § 640 Abs.1 BGB geforderten Angemessenheit der Zeitbestimmung ab. So ist die Klausel verschuldensunabhängig formuliert und würde deshalb sogar dann Anwendung finden wollen, wenn der Bauherr erkrankt ist oder sich gar im Krankenhaus befindet.

Die Klausel verstößt im Übrigen auch gegen § 640 Abs.2 S.2 BGB, da sie keine zwingende Schriftlichkeit des Warnhinweises aufweist. Diese Bestimmung ist gemäß § 650 o BGB nicht dispositiv.

l) Antrag zu 12

Die Klausel der Beklagten zur Gewährleistungsbeschränkung (§ 13 Abs. 1 des Vertrages) ist entgegen der Ansicht des Klägers wirksam. Es liegt keine unzumutbare Benachteiligung der Kunden vor (§ 307 BGB). Zur vorrangigen Nacherfüllung entspricht die Klausel dem Gesetz. Das Gericht sieht keinen wesentlichen Unterschied darin, dass für das Verweigerungsrecht die gesetzliche Norm des § 635 Abs. 3 BGB von unverhältnismäßigen Kosten ausgeht, die Klausel aber von einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ausgeht. Es wird auch daran erinnert, dass die Regelungen des Gewährleistungsrechts grundsätzlich dispositiv sind. Eine unzumutbare Benachteiligung der Kunden durch diese Abweichung zum Gesetzestext ist nicht zu ersehen.

Einen Ausschluss des Ersatzvornahmerechts enthält die Klausel nicht. Sie erklärt ausdrücklich das gesamte Gewährleistungsrecht des BGB-Werkvertragsrechts für anwendbar. Die Sonderregelung zur Nacherfüllung und Minderung betreffen die Ersatzvornahme nicht.

m) Antrag zu 13

Die Klausel zur Haftungsbeschränkung der Beklagten (§ 13 Abs.3 des Vertrages) ist unwirksam, da sie die Kunden unangemessen benachteiligt (§ 307 BGB). Sie erfasst auch wesentliche Pflichten der Beklagten aus dem Bauvertrag. Die daraus folgende Vermutung der unzumutbaren Benachteiligung (§ 307 Abs.2 Nr.2 BGB) hat die Beklagte nicht widerlegt. Es können sich zum Beispiel aus der Verzögerung der Baufertigstellung ganz erhebliche Folgeschäden für die Kunden ergeben (etwa Hotelkosten, Einlagerungskosten für die Einrichtung aus der – gekündigten – früheren Wohnung). Ein Haftungsausschluss für vertragstypisch vorhersehbare Schäden ist nach ständiger Rechtsprechung unwirksam.

n) Antrag zu 14

Die Klausel zum Hausrecht der Beklagten (§ 14 Abs.2 des Vertrages) verstößt gegen § 307 BGB, da diese den Kunden unzumutbar benachteiligt. Zwar wäre die Klausel allein für sich genommen nicht zu beanstanden, da die Beklagte ein erkennbares Interesse daran hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen und Dritte auszuschließen. Die Klausel bewirkt jedoch im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen zu § 14 Abs.2, dass der auch Bauherr vollständig von der Baustelle ausgeschlossen wird. So lässt sich die Beklagte den Besitz auch am vollständigen Grundstück übertragen, in den der Bauherr dann nicht eingreifen dürfte. Mit der Regelung zum Bauschloss hat der Bauherr auch gar keine Möglichkeit mehr sich einen Überblick über die Tätigkeit der Beklagten, deren Qualität und den Leistungsstand zu verschaffen. Dennoch soll er zwingend die Abschläge – mit erheblichen Folgen bei Verzögerungen – zahlen, obwohl er gar keine Möglichkeit hat den Bauzustand zu prüfen. Bei kundenfeindlichster Auslegung besteht nach diesen Regelungen nicht einmal ein Zutrittsrecht des Bauherrn auf Verlangen.

o) Antrag zu 15

Für die Klausel zu § 14 Abs.2 des Vertrages kann zum Bauschloss auf vorstehende Darstellung verwiesen werden. Auch der zweite Satz der Klausel zur Übergabe von Schlüsseln und Besitz erst nach der vollständigen Zahlung ist unwirksam, da er die Kunden unangemessen benachteiligt. Die Regelung verstößt zum einen bereits gegen § 309 Nr.2 BGB, da selbst bei berechtigten Zurückbehaltungsrechten des Bauherrn deren Geltendmachung in der Praxis verhindert wird. Zum anderen ist sie gem. § 307 BGB unwirksam. Sie verstößt gegen das Leitbild des § 640 BGB, der grundsätzlich eine Vorleistungspflicht des Bauunternehmers vorsieht. Sie verstößt weiterhin gegen das Leitbild des § 640 BGB, da nach dieser Klausel trotz der Abnahme dem Bauherrn das Haus und Grundstück weiterhin beliebig lange vorenthalten werden kann, solange die vollständige Kaufpreiszahlung aussteht. Und dies selbst dann, wenn der Bauherr wegen Mängeln oder Restleistungen gar keine weiteren Abschläge mehr zahlen muss oder es nur um geringste Beträge geht. Bei kundenfeindlichster Auslegung kann die Beklagte nach der Klausel den Bauherrn sogar dann weiterhin ausschließen, wenn sich eine Überzahlungssituation wegen (streitiger) Mängel ergibt. Die berechtigten Interessen des Bauherrn werden eklatant verletzt und der Beklagten wird ein Druckmittel in die Hand gegeben, mit dem sie den Kunden praktisch willfährig machen kann. Der Bauherr ist bereits wegen der finanziellen Doppelbelastung aus Darlehensabtrag für den Baukredit und die Mietbelastung der bisherigen Wohnung gezwungen eine möglichst baldige Übergabe des Hauses zu erlangen. Die Wichtigkeit der zügigen Bauausführung haben die Parteien dem Vertrag mit der verpflichtend vereinbarten Bauzeit auch ausdrücklich zum Inhalt des Vertrages gemacht.

p) Antrag zu 16

Die Klausel zu § 17 Abs.1 des Bauvertrages beinhaltet die geltungserhaltene Reduktion der unwirksamen Abrede. Eine solche Gestaltung verstößt gegen das gesetzliche Leitbild des § 306 Abs.2 BGB und ist gemäß § 307 BGB unwirksam (BGHjuris, Urteil vom 22.11.2001; Az. VII ZR 208/00; BGHjuris, Urteil vom 3.12.2015, Az. VII ZR 100/15).

q) Antrag zu 17

Auch die Klausel zu § 17 Abs.2 des Bauvertrages zum doppelten Schriftformerfordernis ist gemäß § 307 BGB unwirksam (vgl. BGHjuris, Urteil vom 15.2.1995, Az. VIII ZR 93/94; OLG Rostockjuris, Beschluss vom 19.5.2009, Az. 3 U 16/09). Sie verstößt gegen das Leitbild des § 305 b BGB, der den Vorrang der Individualabrede statuiert. Sie ist geeignet den Kunden von der Geltendmachung von Rechten aus Vertragsänderungen abzuhalten und diesen damit unangemessen zu benachteiligen.

3) Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs.1, 708 Nr.11, 709, 711 ZPO. Zur Sicherheitsleistung des Klägers hat das Gericht neben den Verfahrenskosten die vorläufige Pflicht zur Unterlassung mit 1.500 € pro Klausel bewertet.

 

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