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Verspätete Fertigstellung Eigentumswohnung – Berechnung Nutzungsausfallschaden

Oberlandesgericht Brandenburg  – Az.: 4 U 87/19 – Urteil vom 27.05.2020

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 13.05.2019, Az. 11 O 109/17, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen je zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen von der Beklagten den Ersatz ihres Nutzungsausfallschadens für den Zeitraum vom 25. August 2016 bis 31. Januar 2017, in dem sich die Beklagte mit der Verschaffung und Übergabe einer neu errichteten Eigentumswohnung in Verzug befand.

Die Kläger kauften von der Beklagten, die im notariellen Vertrag auch als Bauträgerin bezeichnet wird, mit Urkunde des Notars Dr. … vom … Mai 2015 für einen Kaufpreis von 622.409,01 € zwei zum Zeitpunkt des Kaufvertrags noch nicht hergestellte Eigentumswohnungen in …. Die gekauften Wohnungen wurden zu einer Wohnung zusammengelegt, die eine Wohnfläche von 139,62 m² aufweist. Vereinbarter Herstellungstermin war der 31. Mai 2016; die Übergabe der Wohnung erfolgte schließlich am 17. Februar 2017. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass sich die Beklagte unter Berücksichtigung einer vertraglich vereinbarten Schonfrist jedenfalls seit dem 15. Juli 2016 in Verzug befunden hat.

Die Kläger waren vom 25. August 2016 bis zum 14. September 2016 auf Kosten der Beklagten im Hotel (X) untergebracht. In der Zeit vom 15. September 2016 bis zum 18. September 2016 wohnten die Kläger im Hotel (Y); die Kosten für die Unterbringung in Höhe von 275,85 € trugen sie selbst. In der Zeit vom 19. September 2016 bis zum 30. September 2016 nächtigten die Kläger wiederum im Hotel (X), ohne dass ihnen Übernachtungskosten in Rechnung gestellt wurden. In der Zeit vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. Januar 2017 mieteten die Kläger eine ca. 65 m² große Ferienwohnung in … für eine Monatsmiete von 1.200 €.

Unter anderem hinsichtlich der Hotelkosten von 275,85 € sowie der Miete für die Ferienwohnung für Oktober und November 2016 erwirkten die Kläger einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid vom 17. Januar 2017 gegen die Beklagte, auf den diese im Rahmen der Zwangsvollstreckung vollständig gezahlt hat. Zum Aktenzeichen 20 C 73/17 betreiben die Kläger vor dem Amtsgericht Potsdam ein Verfahren, mit dem sie weitere Schadensersatzansprüche, insbesondere den Mietzins für die Ferienwohnung für die Monate Dezember und Januar geltend machen. Das Amtsgericht hat den Klägern mit Teilurteil vom 3. April 2019 für Dezember und Januar jeweils 829,69 € zugesprochen und die Differenz zu 1.200 € im Hinblick auf möglicherweise erspartes Wohngeld jeweils für nicht entscheidungsreif gehalten.

Die Kläger haben von der Beklagten den Ersatz ihres Nutzungsausfallschadens für den Zeitraum vom 25. August 2016 bis zum 31. Januar 2017 in Höhe von 6.639,39 € verlangt. Sie haben behauptet, für Wohnungen vergleichbarer Lage, Größe und Erstbezug wie die erworbene Wohnung würden derzeit Kaltmieten von 13 € pro Quadratmeter bezahlt. Dies ergebe eine monatliche Kaltmiete von 1.815 € (139,62 m² x 13 €). Unter Berücksichtigung eines Abschlages von 30% verbleibe ein monatlicher Nutzungsausfall von 1.270,50 €, insgesamt für die Zeit vom 25. August 2016 bis 31. Januar 2017 ein Betrag von 6.639,39 €.

Sie vertraten die Ansicht, die von ihnen seit dem 25. August 2016 bewohnten Standard-Hotelzimmer sowie die Ferienwohnung von 65 m², die sie zusammen mit ihrem Schäferhund bewohnt haben, seien nicht mit der von ihnen erworbenen Wohnung vergleichbar, weshalb ihnen über die Erstattung des Mietzinses hinaus ein Nutzungsausfallschaden entstanden sei.

Ferner machen sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für ein Mahnschreiben vom 13. Januar 2017 geltend.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ein Anspruch auf Nutzungsausfallschaden neben dem Ersatz für tatsächlich entstandenen Schaden nicht geltend gemacht werden könne. Die Kläger müssten sich darüber hinaus die ersparten Aufwendungen für das Wohngeld für die erworbene Eigentumswohnung in der im Kaufvertrag vereinbarten Höhe von 370,31 € anrechnen lassen.

Das Landgericht Potsdam hat die Beklagte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 13. Mai 2019 zur Zahlung von 4.134,68 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es unter Berufung auf das Urteil des BGH vom 20. Februar 2014 – VII ZR 172/13 – ausgeführt, dass den Klägern während des Verzugs kein in etwa gleichwertiger Wohnraum zur Verfügung gestanden habe. Unter Zugrundelegung einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 1.745,25 € errechne sich eine Gesamtnutzungsentschädigung für 160 Kalendertage in Höhe von 9.180,80 €. Dagegen zu rechnen seien die bereits titulierten Kosten der Ersatzunterbringung von 5.075,85 € sowie die von der Beklagten getragenen Kosten der Hotelunterbringung, die das Gericht gemäß § 287 ZPO auf täglich 91,95 €, somit insgesamt 3.034,35 € geschätzt hat. Von den gesamten Kosten der Ersatzunterbringung müssten sich die Kläger jedoch nur 60 % anrechnen lassen, denn der Nutzwert der Unterbringung in einem Hotelzimmer nebst Frühstück und der Unterbringung in einer Ferienwohnung, die deutlich kleiner sei als die geschuldete Eigentumswohnung, sei deutlich reduziert.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Das Landgericht Potsdam sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass den Klägern neben der Erstattung der Hotel- und Übernachtungskosten in der Ferienwohnung ein weiterer Anspruch auf Erstattung des Nutzungsausfalls zustehe. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall sei nicht vergleichbar, da diesem die Nutzung einer Ersatzwohnung zugrunde gelegen habe und im vorliegenden Fall der Nutzungsausfall durch das Mieten eines Hotelzimmers oder Ferienwohnung ausgeglichen sei. Sie beanstandet, dass das Landgericht den Abschlag von 30 % auf die Entschädigung nicht berücksichtigt hat; die Kläger würden selbst von einer monatlichen Nutzungsentschädigung von 1.270,50 € ausgehen. Jedenfalls aber seien die Übernachtungskosten zu 100 % abzuziehen.

Sie beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam, Aktenzeichen 11 O 109/17 vom 8.4.2019, zugestellt am 15. Mai 2019, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 13. Mai 2019 aufrechtzuerhalten und die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, unter Berücksichtigung einer üblichen Nutzungsentschädigung für die Wohnung von 12,50 € pro Quadratmeter ergebe sich ein monatlicher Nutzungsausfallschaden von 1.745,25 €. Sie hätten ersparte Betriebskosten für die Wohnung insofern berücksichtigt, als sie einen Abzug von 30 % von der Nutzungsausfallentschädigung durchgeführt hätten. Das Landgericht habe zu Recht die Kosten der Unterbringung lediglich mit 60 % berücksichtigt. Die hohen Kosten der Ferienwohnung seien nicht in vollem Umfang zu ihren Lasten anzurechnen; die monatliche Miete für eine der Ferienwohnung vergleichbare Wohnung hätte lediglich 5,52 € pro Quadratmeter betragen.

Die Kläger müssten sich auch nicht im Rahmen der Vorteilsausgleichung die ersparten Wohngeldzahlungen, deren Höhe im Übrigen bestritten werde, anrechnen lassen, zumal die vereinbarten Vorauszahlungen von monatlich 370,31 € auch Instandhaltungsrücklagen enthielten. Hinsichtlich des anfänglich vereinbarten Wohngelds i.H.v. 2,70 €/m², das die Kläger nach dem Kaufvertrag vom Tage der Übergabe an zahlen müssten, sei längst Abrechnungsreife eingetreten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Zwar ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass für die Kläger dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 und 2 BGB auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens für die verspätete Herstellung der gekauften Eigentumswohnung in Betracht kommt.

a) Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass sich die Beklagte ab dem 15. Juli 2016 bis zum 17. Februar 2017- wobei der Zeitraum nach dem 31. Januar 2017 nicht streitgegenständlich ist – mit der Übergabe der Eigentumswohnung in Verzug befunden hat.

b) Die grundsätzlich erforderlichen Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit eines Nutzungsausfallschadens liegen vor.

aa) Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 1986 (GS Z1/86, BGHZ 98, 212) kann der deliktisch bedingte Entzug von Sachen, auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist, einen Vermögensschaden bewirken. Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss allerdings Fällen vorbehalten bleiben, in denen sich die Funktionsstörung typischerweise auf die materielle Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, Rn 11 unter Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senats vom 9. Juli 1986). Diese für eine deliktische Haftung entwickelten Grundsätze des Großen Senats für Zivilsachen hat der Bundesgerichtshof auf die Vertragshaftung übertragen (BGH Urteil vom 24. Januar 2013 – III ZR 98/12, juris). Dem Fall der Besitzentziehung hat der Bundesgerichtshof den Fall gleichgestellt, dass der Geschädigte noch nicht im Besitz der erworbenen Wohnung war (Urteil vom 20. Februar 2014 – VII ZR 172/13, Rn 14, juris), da auch in diesem Fall der Erwerber schutzwürdig sei.

Verspätete Fertigstellung Eigentumswohnung - Berechnung Nutzungsausfallschaden
(Symbolfoto: r.classen/Shutterstock.com)

Begrenzt ist der Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens lediglich von vornherein auf diejenigen Fälle, in denen sich der Umstand, dass die Nutzung einer erworbenen Eigentumswohnung vorenthalten wird, tatsächlich signifikant auf die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung des Erwerbers auswirkt. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (BGH Urteil vom 10. Juni 2008 – VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198, 1199; Urteil vom 20.02.2014, – VII ZR 172/13 juris). Daran fehlt es, wenn der Erwerber das erworbene Objekt ohnehin nicht eigenwirtschaftlich nutzen konnte oder wollte (BGH Urteil vom 21. Februar 1992 – V ZR 268/90, BGHZ 117, 260, 262), bei einem lediglich kurzfristigen Nutzungsausfall (BGH Beschluss vom 9. Juli 1986 – GS Z1/86, a.a.O., Seite 224; Senat, Urteil vom 23. November 2011 – 4 U 91/19 BeckRS 27537, 2a), oder wenn dem Erwerber während des Verzugs mit der Fertigstellung der Wohnung ein in etwa vergleichbarer anderer Wohnraum zur Verfügung steht und ihm die Kosten der Miete ersetzt werden (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O. Rn 15,19 m.w.N.).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist den Klägern eine Nutzungsausfallentschädigung dem Grunde nach zuzubilligen, denn ihnen stand während des Verzugs der Beklagten über einen Zeitraum von fünf Monaten mit der beabsichtigt selbst zu bewohnenden Eigentumswohnung kein in etwa vergleichbarer Wohnraum zur Verfügung.

Die Vergleichbarkeit der Ersatzwohnung richtet sich nicht danach, ob dem Erwerber ein „noch angemessener“ Wohnraum nach den Grundsätzen etwa des Wohnraumförderungsgesetzes zur Verfügung steht, sondern ist durch einen Vergleich der erworbenen Wohnung mit dem Ersatzwohnraum zu ermitteln (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O. Rn 19). Bei der Beurteilung, ob eine vorhandene Wohnung in etwa gleichwertig ist, legt der BGH eine objektivierte, typisierende Betrachtungsweise zugrunde (vergleiche BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, a.a.O. Rn 15). Dabei stellt er vornehmlich auf die Größe des zur Verfügung stehenden Wohnraums ab (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 a.a.O, Rn 18 ff.; Urteil vom 8. Mai 2014 – VII ZR 199/13, NJW-RR 2014, 979 Rn 25).

b) Die von den Klägern im Zeitraum 25. August 2016 bis 31. Januar 2017 bewohnten Standard-Hotelzimmer und die Ferienwohnung waren der erworbenen Eigentumswohnung nicht in etwa gleichwertig. Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, dass die Standard-Hotelzimmer eine Größe von 18-25 m² hatten, die sie zu zweit mit einem Schäferhund bewohnt haben. Auch die Ferienwohnung war mit 65 m² nicht mit der von den Klägern erworbenen Eigentumswohnung vergleichbar, da deren Wohnfläche mit 139,62 m² mehr als das Doppelte beträgt.

c) Der Höhe nach ist der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht begründet.

aa) Als Ausgangspunkt für die Berechnung des Nutzungswerts der vorenthaltenen Eigentumswohnung können entweder die anteiligen Vorhaltekosten (Senat, Urteil vom 23. November 2011 a.a.O. 3a; OLG München Beschl. v. 23. März 2010 – 1 W 2689/09, BeckRS 2010, 7737 Palandt-Grüneberg BGB 78. Aufl. § 249 Rn 52; Münchener Kommentar-Oetker 8. Aufl § 249 Rn 79f. Geigel Haftpflichtprozess 28. Aufl. 206 m.w.N.) oder die ortsübliche Vergleichsmiete herangezogen werden (dazu grundsätzlich BGH, Urteil vom 9. Juli 1986, a.a.O, IV; OLG Köln Urteil vom 11. April 2018 – 16 U 192/14 Rn 54 m.w.N.).

Bei der Bemessung des Ausfallschadens kann allerdings nicht ohne Weiteres der Betrag zu Grunde gelegt werden, den der Eigentümer für die Miete einer vergleichbaren Ersatzsache zur Überbrückung der Ausfallzeit hätte aufbringen müssen, weil es nicht um das Reparationsinteresse, sondern um das Kompensationsinteresse geht. Dieses richtet sich nicht danach, was der Eigentümer an Kosten erspart hat, sondern danach, was die Einsatzfähigkeit der Sache für den Eigengebrauch dem Verkehr in Geld wert ist (BGH [GSZ], BGHZ 98, 212, 225). Wird als Maßstab der fiktive Mietpreis angesetzt, ist er von allen auf Gewinnerzielung gerichteten und sonstigen, eine erwerbswirtschaftliche Nutzung betreffenden Wertfaktoren zu bereinigen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013, Rn 22). Der Senat schätzt den Abzug für die eine erwerbswirtschaftliche Nutzung einer Eigentumswohnung betreffenden Wertfaktoren auf 30 % der ortsüblichen Vergleichsmiete (ebenso Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 29. Mai 2013 – 7 660/12, BeckRS 2014,37901.2, unbeanstandet gelassen vom BGH in der Entscheidung vom 20. Februar 2014 a.a.O., Rn 21; OLG Köln, Urteil vom 11. April 2018 – 16 U 192/14, BeckRS 2018,30142).

Die ortsübliche Nettokaltmiete hat das Landgericht zutreffend unter Heranziehung der von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen … auf 12,50 € pro Quadratmeter monatlich beziffert. Wird vorliegend eine ortsübliche Nettokaltmiete von 12,50 €/m² zugrunde gelegt, ergibt sich bei einer Wohnfläche von 139,62 m² der erworbenen Eigentumswohnung eine Vergleichsmiete von 1.745,25 € monatlich. Bei einem Abzug von 30 %, den das Landgericht – anders als die Kläger – nicht berücksichtigt hat, verbleibt allerdings ein monatlicher Nutzungsausfallschaden von lediglich 1.221,68 € oder 40,72 € pro Tag. Dies ergibt bei einem Nutzungsausfall vom 25. August 2016 bis zum 31. Januar 2017 (160 Tage) einen Betrag von 6.515,20 €.

bb) Auf den solcherart errechneten Nutzungsausfallschaden sind jedoch die tatsächlich entstandenen und von der Beklagten zu tragenden Kosten der Unterbringung der Kläger im Hotel und der Ferienwohnung in voller Höhe anzurechnen.

Die Anerkennung eines Nutzungsausfallschadens als Vermögensschaden zur Kompensation der Vorenthaltung eigenwirtschaftlich genutzten Wohnraums rechtfertigt sich dadurch, dass sonst bei einem Verzicht des Geschädigten auf eine Ersatzbeschaffung die fehlende Gebrauchsmöglichkeit trotz der für diesen damit einhergehenden spürbaren Einschränkungen in der eigenen Wirtschaftsführung für den Schädiger weithin ohne Ersatzfolge wäre (BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986, NJW 1987, 50, Rn 3a). Die Differenzrechnung – die den Stand des Vermögens mit und ohne die Pflichtverletzung gegenüberstellt – kann deshalb im Wege der normativen Ergänzung um den Wertansatz für den Gebrauchswert ergänzt werden. Dabei ist es Ziel, der vermögensmehrenden erwerbswirtschaftlichen Verwendung des Wirtschaftsguts einen vermögensmäßig vergleichbaren eigenwirtschaftlichen Einsatz im Interesse eines gerechten Ausgleichs schadensrechtlich anzupassen, der nach objektiven Maßstäben gemessen werden kann, um nicht Gefahr zu laufen, zum Ersatz von Einbußen in der von der Person untrennbaren Sphäre zu führen, die nach § 253 BGB grundsätzlich entschädigungslos bleiben sollen (BGH a.a.O. Rn 4). Dies hat zur Folge, dass der Schädiger als Nutzungsausfallschaden nur die Differenz zwischen dem Wert des Nutzungsausfalls und den für den in Anspruch genommenen Ersatzwohnraum tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten hat. Soweit die zum Ersatz des Reparationsinteresses entstandenen Kosten den errechneten Wert des Nutzungsausfalls übersteigen, scheidet Ersatz eines zusätzlichen Nutzungsausfallschadens aus.

Kosten der Miete einer Ersatzwohnung (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014, a.a.O. Rn 27) sowie die Kosten der bisherigen Mietwohnung (BGH, Urteil vom 20. Februar 2014. a.a.O. Rn 21) sind deshalb in voller Höhe auf den Wert des Nutzungsausfalls anzurechnen. Dies gilt jedoch gleichermaßen für die Kosten eines Hotelzimmers oder einer Ferienwohnung.

Die tatsächlich angefallenen Kosten für Hotelzimmer und Ferienwohnung können allenfalls ausnahmsweise dann nicht zur Begrenzung des Nutzungsausfalls herangezogen werden, wenn Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass der Preis für die Ersatzunterkunft nicht dem Marktwert einer Ferienwohnung oder eines Hotelzimmers entspricht. Soweit die Kläger auf die fehlende Gleichwertigkeit der Hotel- und Ferienunterkunft mit der erworbenen Eigentumswohnung verweisen und deshalb meinen, dass die Kosten für Hotel und Ferienwohnung nur zu einem Bruchteil anzurechnen seien, geht dieser Ansatz fehl, denn deren Wert ist nach objektiven Kriterien danach zu bemessen, was die Verkehrsanschauung dafür zu zahlen bereit ist, mithin aus der Sicht eines Hotel- oder Feriengastes. Dass der Nutzwert von Hotelzimmer und Ferienwohnung subjektiv in der gegebenen Situation nicht den Bedürfnissen der Kläger entsprach, rechtfertigt keine Reduktion der in Ansatz zu bringenden Kosten.

Nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzes in § 253 BGB sind ideelle Folgen einer entgangenen Nutzung als immaterieller Schaden nicht zu ersetzen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 9. Juli 1986 hervorgehoben, dass Nichtvermögensschäden nicht die normative Ergänzung der Differenzrechnung rechtfertigen und daher nicht zu kompensieren sind.

Bei der verbleibenden subjektiven Beeinträchtigung der Kläger wegen des fehlenden Komforts einer eigenen Wohnung und „des Lebens aus dem Koffer“ im Hotel oder der Ferienwohnung – wiewohl durchaus gut nachvollziehbar – handelt es sich um einen immateriellen Schaden, der nicht ersetzt wird (ebenso OLG Hamm, Urteil vom 2. März 1993 – 28 U 16/92, NJW-RR 1993,1181; OLG Köln, Urteil vom 11. April 2018 – 16 U 192/14, BeckRS 2018,30142).

Im Zeitraum vom 25. August 2016 bis zum 30. September 2016 steht den Klägern deshalb kein Ersatz des Nutzungsausfalls zu. Von dem Nutzungsausfall in Höhe von 1.506,64 € (40,72 € × 37 Tage) sind die von der Beklagten getragenen Hotelkosten, die der Senat auf der gleichen Grundlage wie das Landgericht gemäß § 287 ZPO auf 91,95 € pro Tag schätzt, i.H.v. 3.402,15 € abzuziehen.

Im Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis zum 31. Januar 2017 ist den Klägern ein Nutzungsausfall i.H.v. 4.886,72 € entstanden (1.221,68 €/Monat × 4 Monate). Davon sind die tatsächlich entstandenen Kosten der Ferienwohnungsmiete von 4.800 € (4 x 1.200 €) abzusetzen. Es verbleibt ein Betrag von 86,72 €.

cc) Auf den verbleibenden Betrag von 86,72 € müssen sich die Kläger darüber hinaus das zu zahlende Wohngeld für die erworbene Eigentumswohnung als ersparte Aufwendung anrechnen lassen. Ersparte Aufwendungen sind wegen ihres engen Zusammenhangs mit dem entstandenen Nachteil nach der für den Schadensersatz maßgebenden Differenzhypothese nach allgemeiner Meinung grundsätzlich anzurechnen (vgl. Palandt-Grüneberg, 78. Aufl., Vorb. § 249 Rdnr. 93).

Einer Anrechnung steht nicht entgegen, dass die Beklagte diesen Einwand auch in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Potsdam zum Az. 20 C 73/17 vorgebracht hat, in dem die Kläger unter anderem den Ersatz der von ihnen bezahlten Ferienhausmiete für die Monate Dezember 2016 und Januar 2017 eingeklagt haben. Der Einwand der Anrechnung ersparter Aufwendungen hat keine Rechtshängigkeit zur Folge, unabhängig davon, ob die ersparten Aufwendungen im Wege der Anrechnung von Amts wegen zu berücksichtigen sind (Palandt-Grüneberg BGB 78. Aufl. Vorbemerkung vor § 249 Rn 71) oder im Wege der Aufrechnung geltend gemacht werden (Zöller-Greger ZPO 33. Aufl. § 261 Rn 4; § 145 Rn 18). Die Gefahr einer doppelten Berücksichtigung der anzurechnenden Beträge sowohl im Verfahren vor dem Oberlandesgericht als auch vor dem Amtsgericht scheidet vorliegend ohnehin aus, da die Parteien das Verfahren vor dem Amtsgericht bis zur Entscheidung des Senats übereinstimmend zum Ruhen gebracht haben.

Soweit die Parteien darüber streiten, in welcher Höhe Aufwendungen für Wohngeld von den Klägern erspart sind und angerechnet werden können, bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung, ob die in 7.4 des Kaufvertrages vereinbarte Vorauszahlung von 370,31 € monatlich anzurechnen ist, oder der sich aus einer – noch immer ausstehenden – Abrechnung der Verwalterin über die Wohngeldvorschüsse ergebende Betrag. Es liegt auf der Hand, dass für eine Eigentumswohnung mit der Größe von 139,62 m² und einer Ausstattung wie der Wohnung der Kläger ein Wohngeld in einer 86,72 € erheblich übersteigenden Höhe anfällt. Der Senat schätzt deshalb gemäß § 287 ZPO die in dem streitgegenständlichen Zeitraum entstandene Wohngeldforderung auf mindestens 86,72 €; diese müssen sich die Kläger anrechnen lassen.

d) Mangels Anspruchs in der Hauptsache war den Klägern auch kein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren sowie Zinsen zuzusprechen.

2. Der Schriftsatz der Kläger vom 18. Mai 2020 erfordert nicht den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung, § 156 ZPO.

3. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4. Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

5. Der Streitwert für die zweite Instanz wird auf 4.134,68 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO).

 

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